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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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Neue Rechtsprechung zu mietrechtlichen AGB-Klauseln<br />

Abweichungen von plus/minus 3% haben keinen Einfluss<br />

auf die Miethöhe. Ist die Abweichung größer, ändert sich die<br />

Miete entsprechend der tatsächlichen Fläche mit Wirkung ab<br />

dem auf die Feststellung der tatsächlichen Mietfläche folgenden<br />

Monat. Bereits erstellte Nebenkostenabrechnungen<br />

werden nicht geändert. Die so ermittelten Flächen werden Gegenstand<br />

einer Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag.“<br />

b) Flächenabweichung<br />

Die Rechtsprechung hat sich in neuerer Zeit wiederholt mit<br />

der Mietfläche <strong>und</strong> den Folgen der Abweichung befasst. Zur<br />

Wohnflächenermittlung bei einer Maisonette-Wohnung bemerkt<br />

der VIII. Zivilsenat: „Für die Beantwortung der Frage,<br />

ob die anrechenbare Wohnfläche einer Mietwohnung von der<br />

im Mietvertrag angegebenen Fläche in erheblicher Weise abweicht,<br />

können im Regelfall auch im frei finanzierten Wohnraum<br />

die Bestimmungen der §§ 42-44 der II. BerechnungsVO<br />

als Maßstab herangezogen werden.“ 26Ab dem 1.1. 2004 greift<br />

die neue Wohnflächenverordnung ein, welche die bisher geltenden<br />

Vorschriften der §§ 42-44 der II. BerechnungsVO ersetzt.<br />

27 Dem BGH zufolge kann auch ein anderer Maßstab<br />

bei der Wohnflächenermittlung herangezogen werden, um den<br />

besonderen Anforderungen der Mietsache im Einzelfall gerecht<br />

zu werden. Mangels eindeutigen Sprachgebrauchs für<br />

den Begriff der „Wohnfläche“ können die Mietvertragsparteien<br />

bei dessen Verwendung – etwa weil dies ortsüblich ist oder<br />

wegen der Eigenart der Mietwohnung, wie im Fall: einer Maisonette-Wohnung,<br />

näher liegt – diesem Begriff eine von rechtlichen<br />

bzw. gesetzlichen Wertungen bzw. Vorgaben abweichende<br />

Bedeutung beimessen. So kann bei einer Maisonette-<br />

Wohnung mit Dachschrägen im ausgebauten Spitzboden der<br />

Begriff „Wohnfläche“ auch bezogen auf die reine Gr<strong>und</strong>fläche<br />

nach DIN 277 verwendet worden sein, also ohne Abzug für<br />

Schrägen. 28<br />

Im Formularmietvertrag sollten präzise Angaben zur Mietflächenbestimmung<br />

<strong>und</strong> -berechnung enthalten sein. 29 Für<br />

gewerblich genutzte Flächen können die Gr<strong>und</strong>flächen angesetzt<br />

werden, ohne dabei einen Abzug von Flächen mit einer<br />

lichten Höhe unter 2 m vorzunehmen. Im „Maisonette-Fall“<br />

beträgt die tatsächliche Gr<strong>und</strong>fläche der angemieteten Wohnung<br />

unstreitig 109,03 qm, so dass – bei unterstellter Vereinbarung<br />

über die Berechnung nach der Gr<strong>und</strong>fläche – gegenüber<br />

der angegebenen Fläche von 110 qm nur eine unerhebliche<br />

Abweichung vorliegt, die nicht zur Minderung führt,<br />

§ 536 Abs.1 S. 2. Nach den §§ 42-44 der II. BerechnungsVO<br />

bzw. der neuen Wohnflächenverordnung beträgt die Wohnfläche<br />

dagegen nur 89 qm <strong>und</strong> führt zur erheblichen Mietminderung.<br />

30<br />

Die im konkreten Fall gegebene Wohnflächendifferenz von<br />

r<strong>und</strong> 20 qm <strong>und</strong> ca. 17,6% führt zur Annahme eines Mangels.<br />

Die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch<br />

setzt voraus, dass sie mit der vertraglich vereinbarten<br />

Größe nutzbar ist. Weist eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche<br />

auf, die mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen<br />

Fläche liegt, stellt dieser Umstand gr<strong>und</strong>sätzlich einen<br />

Mangel der Mietsache i.S. des § 536 Abs.1 S.1 dar, der<br />

den Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Einer zusätzlichen<br />

Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz<br />

die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen<br />

Gebrauch gemindert ist, bedarf es nicht. 31 Unerheblich<br />

ist, wenn dem Mieter die geringere Wohnfläche über einen<br />

längeren Zeitraum nicht aufgefallen war. Die Mietminderung<br />

erstreckt sich auf den vollen Umfang der Flächendifferenz.<br />

Seine Rechtsprechung hat der VIII. Senat jüngst in einem Fall<br />

einer überhöhten Wohnflächenangabe im Mieterhöhungsverlangen<br />

bekräftigt; danach ist eine Flächenabweichung von<br />

mehr als 10% erheblich. 32<br />

c) Rechtsfolgen der Flächenabweichung<br />

Nach der Rechtsprechung sieht die rechtliche Einordnung<br />

der Flächenabweichungsproblematik 33 wie folgt aus:<br />

Im Regelfall stellt die Mietflächenangabe im Mietvertrag<br />

keine Eigenschaftszusicherung gem. § 536 Abs. 2 dar. Regelmäßig<br />

bestimmt sie die Anforderungen an die Tauglichkeit<br />

zum vertragsgemäßen Gebrauch nach § 536 Abs.1 S.1, die<br />

sog. Sollbeschaffenheit. Nach dem im Mietrecht herrschenden<br />

subjektiven Mangelbegriff 34 liegt ein solcher vor, wenn<br />

die Fläche tatsächlich kleiner ist als im Vertrag festgeschrieben.<br />

§ 536 Abs.1 S. 2 zufolge ist der Mieter zur Minderung der<br />

Miete berechtigt, es sei denn, es handelt sich nur um eine unerhebliche<br />

Beeinträchtigung, § 536 Abs.1 S. 3 BGB. Die Bagatellabweichung<br />

liegt überwiegender Meinung zufolge bei maximal<br />

5% der Mietfläche. 35 In der gewerblichen Mietpraxis<br />

werden Mietverträge bereits im Planungsstadium der Immobilie<br />

geschlossen, um die sog. – angestrebte – Voll-Vermietung<br />

im Rahmen der Projektentwicklung zu erreichen. Diese<br />

sog. „Vermietung vom Reißbrett“ enthält des öfteren Klauseln,<br />

wonach bereits bei einer Abweichung von 3% der tatsächlichen<br />

von der vertraglich ausbedungenen <strong>und</strong> kalkulatorisch<br />

angesetzten Fläche eine Mietanpassung ergeht. 36 Schon ab<br />

3%, mindestens ab 5%, in jedem Fall bei 10% Abweichung<br />

ist stets ein wesentlicher Mangel zu bejahen. 37 Aus Klarstellungsgründen<br />

ist eine Vertragsregelung erforderlich. 38<br />

Die konkrete Beeinträchtigung des Mietgebrauchs aufgr<strong>und</strong><br />

der Minderfläche muss nach überwiegender Auffassung nicht<br />

dargelegt werden. 39 Die erhebliche Minderfläche stellt stets<br />

einen sog. quantitativen Mangel dar. 40 Bei einem wesentlichen<br />

Mangel ist die Minderung nach der prozentualen Flächenabweichung<br />

zu berechnen. 41<br />

Bei aufgr<strong>und</strong> der erheblichen Flächenunterschreitung zuviel<br />

gezahlter Miete steht dem Mieter gr<strong>und</strong>sätzlich unter dem<br />

Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gem.<br />

§ 812 Abs.1 S.1 ein Anspruch gegen den Vermieter auf Rück-<br />

26) BGH, Urteil vom 24. 3. 2004 – VIII ZR 44/03, NJW 2004, 2230 = WM<br />

2004, 337.<br />

27) Wohnflächenverordnung, BGBl. I 2003, S. 2346; dazu Langenberg, NZM<br />

2004, 41; im Überblick Zürn, AnwaltInfo Mietrecht, AIM 2004, 8.<br />

28) BGH, NJW 2004, 2230 = WM 2004, 337.<br />

29) Leo, in: Anwalts-Handbuch Mietrecht, A Rdn. 308 f; Borutzki-Pasing,<br />

Beck’sches Formularbuch Mietrecht, VI 1 Anm. 5.<br />

30) BGH, NJW 2004, 2230, 2231 = WM 2004, 337; BGH, NZM 2004, 456<br />

= WM 2004, 268 (keine Maßtoleranz).<br />

31) BGH, Urteil vom 24. 3. 2004 – VIII ZR 295/03, AIM 2004, 114 = WM<br />

2004, 336; zuvor OLG Karlsruhe, NZM 2002, 218 = <strong>GuT</strong> 2002, 179;<br />

OLG Frankfurt, NZM 2003, 431 = WM 2003, 25; eine erhebliche<br />

Flächendifferenz <strong>und</strong> die konkrete Gebrauchbeeinträchtigung forderten<br />

zuvor OLG Dresden, ZMR 1998, 417, 420 = WM 1998, 144; LG<br />

Berlin, NZM 1999, 412; eingehend Scheffler, NZM 2003, 17; Junker,<br />

in: Anwalts-Handbuch Mietrecht, D Rdn.129.<br />

32) BGH, Urteil vom 7. 7. 2004 – VIII ZR 192/03, NZM 2004, 699, 700 =<br />

WM 2004, 485.<br />

33) Im Anschluss an Scheffler, NZM 2003, 17, 18 f m.w. N.; Kraemer, NZM<br />

2000, 1121; Borutzki-Pasing, VI 1 Anm. 5.<br />

34) Aktuell König, Mietmängellexikon, 2004, Rdn. 3, 178 m.w. N.; Derleder,<br />

NZM 2002, 2002, 676; Kraemer, NZM 2000, 1121.<br />

35) Ggf. auch zwischen 5 bis maximal 10%, BGH, AIM 2004, 114 = WM<br />

2004, 336; zur Minderfläche der verkauften Wohnung von 10% BGH,<br />

NJW 1997, 2874 = WM 1997, 625; vgl. auch Schul/Wichert, ZMR<br />

2002, 633, 638; OLG Karlsruhe, NZM 2002, 218 = <strong>GuT</strong> 2002, 179,<br />

Toleranzgrenze von 10%; Borutzki-Pasing, zieht die Grenze bei 10%<br />

in seinem Muster, VI 1 Anm. 5.<br />

36) Dazu Schmidt, NZM 2003, 505, 507; Scheffler, NZM 2003,17, 18.<br />

37) So im Anschluss an die BGH-Rechtsprechung BGH, NZM 2004, 699,<br />

700 = WM 2004, 485; NZM 2004, 453 = NJW 2004, 1947 = WM 2004,<br />

336.<br />

38) Die sorgfältige Beratung bei der Flächenfestschreibung betont Junker,<br />

D Rdn.130 f; Borutzki-Pasing, a. a. O.<br />

39) BGH, AIM 2004, 114 = WM 2004, 336; Kraemer, NZM 1999, 156,<br />

160; Scheffler, NZM 2003, 17, 18; Junker, D Rdn.130.<br />

40) So Kraemer, NZM 1999, 156; Scheffler, NZM 2003, 17, 18.<br />

41) BGH, AIM 2004, 114 = WM 2004, 336; OLG Karlsruhe, NZM 2002, 218<br />

=<strong>GuT</strong> 2002, 179; Kraemer, NZM 1999, 156; Scheffler, NZM 2003, 17, 18.<br />

210 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · 6/04 · November/Dezember 2004

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