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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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Neue Rechtsprechung zu mietrechtlichen AGB-Klauseln<br />

sehen unwirksam ist. 56 Nach der Rechtsprechung des VIII.<br />

Senats ist eine Regelung in einem vom Vermieter verwendeten<br />

Formularmietvertrag, die den Mieter verpflichtet, die Mieträume<br />

bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom<br />

Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert<br />

zurückzugeben, wegen unangemessener Benachteiligung<br />

des Mieters – jetzt – nach § 307 unwirksam. Etwas anderes<br />

gilt dann, wenn die Fristen seit Ausführung der letzten<br />

Schönheitsreparaturen bei Vertragsende bereits abgelaufen<br />

waren. Im Vertrag des vorliegenden Falls heißt es gegenteilig,<br />

dass die Renovierung bei Beendigung der Mietzeit ohne<br />

Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen vereinbarten<br />

Zeitablauf zu erfolgen hat.<br />

Dem VIII. Senat zufolge können jeweils für sich unbedenkliche<br />

Klauseln einen Summierungseffekt aufweisen <strong>und</strong><br />

in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung<br />

des Vertragspartners des Verwenders führen. Diese<br />

Gesamtschau greift bei Beurteilung 1.) der Schönheitsreparaturregelung<br />

während <strong>und</strong> 2.) der Beendigungsbestimmungen<br />

am Ende des Mietverhältnisses, kann zur Kollision von<br />

Bedarfs- <strong>und</strong> Endrenovierungsklausel <strong>und</strong> somit zur Unwirksamkeit<br />

der Gesamtregelung führen. Zudem dürfte eine<br />

unangemessene Benachteiligung aus dem Zusammenwirken<br />

zweier Klauseln daraus resultieren, wenn eine dieser Klauseln<br />

für sich betrachtet unwirksam ist <strong>und</strong> eine Unwirksamkeit<br />

der Gesamtregelung nach sich zieht. 57 Die vom Senat entwickelte<br />

„Infizierungstheorie“ kann Regelungszusammenhänge<br />

zwischen verschiedenen Formularvertragsklauseln herstellen<br />

<strong>und</strong> zur Unwirksamkeit von Schönheitsreparatur-, Instandhaltungs-,<br />

Instandsetzungs-, Bedarfs- <strong>und</strong> Endrenovierungsklauseln<br />

sowie sonstigen Beendigungsbestimmungen<br />

führen. Ein „Kaskadeneffekt der Klauselunwirksamkeit“<br />

drängt sich auf. Dem kann der Mietrechtler nur durch sorgfältige<br />

Vertragsgestaltung unter Beachtung der Rechtsprechung<br />

zu entgehen suchen. Komplizierte Regelungen können<br />

zudem bei Berücksichtigung des „durchschnittlichen Teilnehmers<br />

am Mietrechtsverkehr“ vor dem Hintergr<strong>und</strong> des an<br />

Bedeutung zunehmenden Transparenzgebots des § 307 Abs.1<br />

S. 2 zur Klauselunwirksamkeit führen. 58 Daraus erwächst die<br />

Forderung, Mietvertragsformulare insofern transparenter zu<br />

gestalten, dass die Renovierungspflichten des Mieters in einer<br />

zentralen Klausel konzentriert werden. 59<br />

c) „Bedarfsklausel“<br />

Flexible Schönheitsreparaturfristen <strong>und</strong> eine eingeschränkte<br />

Endrenovierungsklausel können wirksam sein. In<br />

diesem Sinn hat der VIII. Senat entschieden60: Eine Mietvertragsklausel<br />

zur Tragung von Schönheitsreparaturen durch den<br />

Mieter, wonach die schlichte Abwälzung derselben flankiert<br />

wird mit einer Fußnote „Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen<br />

in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen<br />

erforderlich sein: in Küchen, Bädern <strong>und</strong> Duschen alle 3<br />

Jahre, in Wohn- <strong>und</strong> Schlafräumen, Fluren, Dielen <strong>und</strong> Toiletten<br />

alle 5 Jahre, in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre“, die<br />

kombiniert ist mit der weiteren Klausel „Hat der Mieter die<br />

Schönheitsreparaturen übernommen, hat er spätestens bis Ende<br />

des Mietverhältnisses alle bis dahin je nach dem Grad der<br />

Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Arbeiten auszuführen,<br />

soweit nicht der neue Mieter sie auf seine Kosten –<br />

ohne Berücksichtigung im Mietpreis – übernimmt oder dem<br />

Vermieter die Kosten erstattet …“ hält der Inhaltskontrolle –<br />

jetzt – nach § 307 stand.<br />

Der Senat erachtet die Klausel als hinreichend transparent,<br />

weil in der oben angeführten Fußnote in einem Fristenplan<br />

die „im Allgemeinen“ angemessenen zeitlichen Abstände für<br />

die erforderlichen Renovierungsarbeiten in den verschiedenen<br />

Räumen einer Wohnung festgelegt werden. Das Verständnis<br />

der im Zusammenhang zu lesenden Klausel überfordert<br />

den Mieter dem BGH zufolge nicht. 61 Ein anderes zu<br />

begründendes Ergebnis hätte vermutlich eine Überforderung<br />

des „Durchschnittsmieters“ nach sich gezogen.<br />

Im Fall konstatiert der Senat eine eingeschränkte Endrenovierungsklausel,<br />

welche mit den anderen Mietvertragsregelungen<br />

im Zusammenhang zu erfassen ist. Daraus folgt für<br />

den BGH unmissverständlich, dass der Mieter bei Ende des<br />

Mietverhältnisses nicht unbedingt <strong>und</strong> ohne Rücksicht auf die<br />

seit Mietbeginn oder der letzten Renovierung verstrichenen<br />

Fristen eine vollständige Endrenovierung der Wohnung vorzunehmen<br />

hat. Hier ist der Mieter nur insoweit verpflichtet,<br />

als nach dem Abnutzungszustand unter Berücksichtigung des<br />

Fristenplans ein Bedürfnis besteht. Eine derart eingeschränkte<br />

Renovierungspflicht erfasst in angemessener <strong>und</strong> ausgewogener<br />

Weise sowohl die Belange des Mieters, von einer<br />

starren, über den eigenen Abnutzungszeitraum hinausreichenden<br />

Renovierungslast verschont zu bleiben, als auch das<br />

Interesse des Vermieters an der Erlangung einer rechtlich <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich als Teil des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung<br />

der Wohnung anzusehenden Leistung des Mieters. 62<br />

Nach der Senatsrechtsprechung ist eine formularmäßige<br />

Abgeltungsklausel mit § 307 vereinbar, die den Mieter zur<br />

Zahlung eines dem seit Mietbeginn oder der letzten turnusmäßigen<br />

Schönheitsreparatur verflossenen Zeitraum entsprechenden<br />

prozentualen Anteils an den geschätzten Renovierungskosten<br />

verpflichtet. Im Fall scheidet eine solche zeitanteilige<br />

Quotelung der Renovierungslast <strong>und</strong> deren finanzielle<br />

Abgeltung aus, weil die konkrete Klausel nur davon spricht,<br />

der Mieter habe „die erforderlichen Arbeiten auszuführen“. 63<br />

Bei dieser Klausel greift die Verpflichtung zur Endrenovierung<br />

nur dann ein, wenn die Fristen für die turnusmäßigen<br />

Schönheitsreparaturen „unerledigt“ abgelaufen sind. Dadurch<br />

unterscheidet sich diese Klausel von der unbedingten bzw.<br />

starren Endrenovierungspflicht, welche der Klauselkontrolle<br />

eben nicht standhält. Der Sinn <strong>und</strong> Zweck der Klausel bestätigt<br />

die Auslegung: Wenn der Mieter schon nicht die turnusmäßigen<br />

Erhaltungsarbeiten vornimmt, soll er bei Beendigung des<br />

Mietverhältnisses seine vertragliche Renovierungspflicht erfüllen;<br />

anderenfalls würde er entgegen den Mietvertragsregelungen<br />

ungerechtfertigt bereichert, <strong>und</strong> dem Vermieter entginge<br />

ein Teil des kalkulierten Entgelts der Gebrauchsüberlassung<br />

der Wohnung. 64 Da die Pflicht zur Endrenovierung<br />

nicht unabhängig von den erwähnten Fristen, sondern erst<br />

nach deren Ablauf besteht, wird der Mieter nicht unangemessen<br />

benachteiligt. 65 Im Fall ergibt sich die Unwirksamkeit<br />

der Klausel auch nicht wegen der aus dem Summie-<br />

56) BGH, Urteil vom 14. 5. 2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234 = WM<br />

2003, 436; Bestätigung von BGHZ 127, 245, 253 f = NJW 1995, 254<br />

= WM 1995, 28; Langenberg, in: Schmidt-Futterer, § 538 Rdn.179.<br />

57) BGH, NJW 2003, 2234, 2235 = WM 2003, 436; zuvor BGH, NJW<br />

1998, 3114 = NZM 1998, 710 = WM 1998, 592; BGH, NJW 1993, 532<br />

= WM 1993, 175; BGHZ 101, 253, 268 f = NJW 1985, 2564 = WM<br />

1987, 306.<br />

58) Zur Aufwertung des Transparenzgebots <strong>und</strong> den Konsequenzen für das<br />

Mietrecht Schumacher, NZM 2003, 13; Schmidt, NZM 2003, 505, 506;<br />

Pfeiffer, in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht <strong>und</strong> AGB-Klauselwerke,<br />

Änderung AGB-rechtlicher Vorschriften, Stand: Januar 2002, Rdn. 25.<br />

59) Kappus, NZM 2002, 761, 762, das GdW-Muster kritisierend; dagegen<br />

Erwiderung aus dem GdW von Bachmann, NZM 2002, 768; zwischenzeitlich<br />

änderte der GdW sein Formular nach dem „Kappus-Katalog“,<br />

vgl. NZM-aktuell, Heft 6/2003, S. V; Anm. der Schriftleitung,<br />

NJW 2003, 2235.<br />

60) BGH, Urteil vom 28. 4. 2004 – VIII ZR 230/03, NZM 2004, 497 = WM<br />

2004, 333 mit Anm. Wiek.<br />

61) BGH, NZM 2004, 497 = WM 2004, 333.<br />

62) BGH, NZM 2004, 497, 498 = WM 2004, 333; zuvor Senat, BGHZ 105,<br />

71, 79 = NJW 1988, 2790 = WM 1988, 294.<br />

63) BGH, NZM 2004, 497, 498 = WM 2004, 333; Langenberg, in: Schmidt-<br />

Futterer, § 538 Rdn.182 ff.<br />

64) BGH, a. a. O.<br />

65) BGH, a. a. O.; OLG Bremen, NJW 1983, 689 = WM 1982, 317; Langenberg,<br />

in: Schmidt-Futterer, § 538 Rdn.163, 183.<br />

212 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · 6/04 · November/Dezember 2004

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