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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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Neue Rechtsprechung zu mietrechtlichen AGB-Klauseln<br />

Im vorliegenden Fall zieht die Unwirksamkeit der „starren“<br />

Fristenbestimmung die Unwirksamkeit der ganzen Schönheitsreparaturverpflichtung<br />

nach sich. Die Zurückführung der<br />

Klausel auf das gerade noch zulässige Maß durch Streichen<br />

der Worte „mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge“<br />

wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Formularklausel.<br />

76<br />

f) Vorschussanspruch auf Schönheitsreparaturen im<br />

laufenden Mietverhältnis<br />

Der Vermieter hat auch während des laufenden Mietverhältnisses<br />

einen Anspruch auf Vorschuss für die erforderlichen<br />

Kosten der Schönheitsreparaturen, wenn der Mieter damit in<br />

Verzug geraten ist. Dieser Anspruch besteht selbst dann, wenn<br />

eine Substanzgefährdung der Mietsache noch nicht eingetreten<br />

ist. 77<br />

g) Schönheitsreparaturklausel bei der<br />

Geschäftsraummiete<br />

Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den <strong>Gewerbemiete</strong>r<br />

ist durch Formularklausel möglich. 78 Fraglich ist<br />

die Anwendbarkeit der Rechtsprechung des VIII. Senats auf<br />

die Gewerberaummiete. Eine Schönheitsreparaturklausel in<br />

einem Geschäftsraummietvertrag ist einer neueren Entscheidung<br />

des KG zufolge nach der BGH-Rechtsprechung zum<br />

Wohnraummietrecht auszulegen. Es gilt daher auch ohne Angaben<br />

die Fristenregelung in § 7 des Mustermietvertrags 1976<br />

<strong>und</strong> wegen des Umfangs der Arbeiten § 28 Abs. 4 S. 5 der II.<br />

BerechnungsVO. Der Fristenplan greift auch für das Streichen<br />

der Türen, Fenster <strong>und</strong> Heizungsrohre. Der Nachweis, dass<br />

die Durchführung der Arbeiten nicht notwendig ist, steht dem<br />

Mieter zu. 79 Das KG folgt dem VIII. Senat des BGH zum Wohnungsmietrecht.<br />

Dem ist unter Hinweis auf die nötige Flexibilität,<br />

welche die gewerblich Tätigen bei der Vertragsgestaltung<br />

benötigen, gr<strong>und</strong>sätzlich zuzustimmen.<br />

Im Gewerberaum kann die Außenwirkung <strong>und</strong> Attraktivität<br />

der gesamten Immobilie durch die Art <strong>und</strong> Weise der Schönheitsreparaturen<br />

des Mieters in seinem Laden, d. h. seiner<br />

Mietsache, betroffen sein. Deshalb hat der Vermieter einer Ladenzeile<br />

oder eines Einkaufszentrums einen Erfüllungsanspruch,<br />

der auf eine dauernde <strong>und</strong> einheitliche bzw. vom Vermieter<br />

vorgegebene Vornahme der Arbeiten gerichtet ist, um<br />

das einheitliche Erscheinungsbild der Gewerbeimmobilie<br />

während der Vertragslaufzeit durchgängig zu erhalten; ggf.<br />

kann er die Arbeiten koordinieren, einheitlich ausführen (lassen)<br />

<strong>und</strong> eine Kostenabwälzung auf den Mieter vornehmen. 80<br />

In einem weiteren aktuellen Fall aus dem Gewerberaummietrecht<br />

betont das OLG Celle die Besonderheiten der Gewerberaummiete.<br />

Das Gericht erachtet neben der formularmäßigen<br />

Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen<br />

eine zusätzliche Schlussrenovierungsklausel in einem Mietvertrag<br />

über Gewerberäume als wirksam. In Kenntnis der einschlägigen<br />

Rechtsprechung zum Wohnungsrecht setzt sich das<br />

OLG Celle darüber bewusst hinweg, <strong>und</strong> zwar unter Hinweis<br />

darauf, dass ein gewerblicher Mieter nicht wie ein Wohnungsmieter<br />

sozial schutzbedürftig sei. Zudem könne er sich<br />

bei den üblicherweise langfristig abgeschlossenen Gewerbemietverträgen<br />

durch entsprechende Kalkulation seiner Einkünfte<br />

auf die Schlussrenovierung einstellen. Die Vereinbarung<br />

kürzerer Fristen als beim Wohnraum für die Durchführung<br />

der Arbeiten ist anerkanntermaßen beim Gewerberaum<br />

zulässig, <strong>und</strong> zwar namentlich unter Hinweis auf die unterschiedlich<br />

starke Abnutzung der Mietsache, z. B. bei einer<br />

Gaststätte im Jahresturnus. 81 Korrekturen im Einzelfall nimmt<br />

das OLG Celle bei extrem kurzem Abstand seit der letzten Renovierung<br />

über den Einwand des Rechtsmissbrauchs i.S.v.<br />

§ 242 vor. 82 Da nach dieser Entscheidung verschiedene BGH-<br />

Judikate zur Einschränkung der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln<br />

ergangen sind, ist gr<strong>und</strong>sätzlich Vorsicht<br />

geboten. Die Haltung des im Gewerberaummietrecht zu-<br />

ständigen XII. Senats bleibt abzuwarten. Allerdings greifen<br />

die Obergerichte zu Recht die regelmäßig weiterreichende Gestaltungsfreiheit<br />

im Gewerberaum- gegenüber dem Wohnraummietrecht<br />

auf, nicht zuletzt unter Hinweis auf die gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

bei der <strong>Gewerbemiete</strong> nicht von vornherein zu bejahende<br />

Schutzbedürftigkeit des Mieters. Der Rechtspraktiker<br />

legt den Gedanken der Beherrschung der Einfluss- <strong>und</strong> Risikosphäre<br />

bei der Mietsache zugr<strong>und</strong>e: Welche Partei soll für<br />

etwas einstehen, weil sie es beherrschen <strong>und</strong> beeinflussen<br />

kann? Welche Partei hat den nahen Zugriff? Welche Partei<br />

kann die daraus folgende finanzielle Belastung tragen? Unter<br />

Heranziehung <strong>und</strong> Beantwortung solcher <strong>und</strong> ähnlicher Fragen<br />

kann der <strong>Gewerbemiete</strong>r auch für die Pflege <strong>und</strong> Erhaltung<br />

des Fußbodens der Mietsache zuständig <strong>und</strong> einstandspflichtig<br />

sein.<br />

Festzuhalten ist, dass bei der <strong>Gewerbemiete</strong> starre Fristen<br />

vermieden, flexible Klauseln, z. B. Abgeltung, zugr<strong>und</strong>egelegt<br />

werden sollen. Der Vertrag sollte Art, Umfang, Zeitplan<br />

<strong>und</strong> Endrenovierung exakt regeln.<br />

4. Haftungsbegrenzungen<br />

Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (SMG), das Mietrechtsreformgesetz<br />

(MRG) <strong>und</strong> das Schadensrechtsänderungsgesetz<br />

(SchadÄG) beinhalten Konkretisierungen <strong>und</strong><br />

tendenziell Begrenzungen von vermieterseitigen Schadens<strong>und</strong><br />

Haftungsfreizeichnungsklauseln. Angesichts des – europarechtlich<br />

gestärkten – Verbraucherschutzes <strong>und</strong> eines effektiven<br />

Mieterschutzes sind derartige Klauseln gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

eng auszulegen. Sie sind zu werten vor den Schranken für<br />

– Pauschalierungen von Schadensersatzansprüchen gemäß<br />

§ 309 Nr. 5,<br />

– den unzulässigen Haftungsausschluss nach § 309 Nr. 7, <strong>und</strong><br />

zwar<br />

– bei sog. Integritätsverletzungen von Leben, Körper, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

§ 309 Nr. 7 a) <strong>und</strong><br />

– über § 253 Abs. 2 von Freiheit <strong>und</strong> sexueller Selbstbestimmung<br />

sowie<br />

– bei grobem Verschulden, § 309 Nr. 7 b); ferner sind ausdrückliche<br />

Verbote zu beachten, im Wesentlichen<br />

– das Verbot überraschender Klauseln i.S.v. § 305 c,<br />

– das in seinem Anwendungsfeld zunehmende Transparenzgebot<br />

von § 307 Abs.1 S. 2,<br />

– das weitreichende Verbot unangemessener Benachteiligung<br />

des § 307 Abs. 2.<br />

Zwar mag im Gewerberaummietrecht dem Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Vertragsfreiheit bei Vertragspartnern – in etwa – gleich verteilter<br />

wirtschaftlicher Verhandlungsmacht („bargaining po-<br />

76) BGH, NZM 2004, 653, 654 = WM 2004, 463; aktuell LG Hamburg,<br />

NZM 2004, 295 = WM 2004, 194; LG Duisburg, NZM 2004, 63 =<br />

NJW-RR 2004, 161; zuvor LG Berlin, WM 2002, 668; ZMR 2003,<br />

487 = GE 2003, 124; LG Hamburg, WM 1992, 476; LG Köln, WM<br />

1989, 506; Langenberg, in: Schmidt-Futterer, § 538 Rdn. 203, 221; a.A.<br />

Häublein, ZMR 2000, 139, 142 f; Lützenkirchen, ZMR 1998, 605, 608;<br />

zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion BGH, NJW 1982, 2309;<br />

Sonnenschein, NJW 1980, 1713, 1720; Langenberg, a. a. O.<br />

77) BGHZ 111, 301 = NJW 1990, 2376 = WM 1990, 496; aktuell LG Berlin,<br />

NZM 2004, 655 = WM 2004, 465; zuvor LG Berlin, GE 2001,<br />

137; GE 2002, 1198.<br />

78) Fritz, Gewerberaummietrecht, 3.Aufl. 2000, Rdn. 222 f; Langenberg,<br />

in: Schmidt-Futterer, § 538 Rdn.11f, 24 ff, 77 ff; Borutzki-Pasing,<br />

Beck’sches Formularbuch, VI 1 Anm. 40.; Leo, A Rdn. 384 f; Treumann,<br />

Formularbuch, S. 576 f.<br />

79) KG, <strong>GuT</strong> 2004, 172.<br />

80) Neuhaus, NZM 2000, 222; Langenberg, in: Schmidt-Futterer, § 538<br />

Rdn. 235; Borutzki-Pasing, VI 3 Anm. 21.<br />

81) BGH, NJW 1983, 446; OLG Düsseldorf, ZMR 1988, 174; Langenberg,<br />

in: Schmidt-Futterer, § 538 Rdn. 226.<br />

82) OLG Celle, AIM 2004, 77; OLG Düsseldorf, NZM 2004, 501 = <strong>GuT</strong><br />

2004, 83 zu einer gr<strong>und</strong>sätzlich bejahten Auszugsrenovierung von Räumen<br />

einer Anwaltskanzlei.<br />

214 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · 6/04 · November/Dezember 2004

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