SB_19465BLP
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2019<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Entwicklung von Hochtemperatursieglern<br />
für<br />
thermisch gespritzte<br />
Schichten
Entwicklung von<br />
Hochtemperatursieglern für<br />
thermisch gespritzte Schichten<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.465 N<br />
DVS-Nr.: 02.103<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V.,<br />
Fraunhofer-Institut für Keramische<br />
Technologien und Systeme (IKTS)<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.465 N / DVS-Nr.: 02.103 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2019 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 436<br />
Bestell-Nr.: 170545<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-435-7<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 19.471 BG<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Motivation ............................................................................................................................ 4<br />
2 Aufgabenstellung und Ziele ................................................................................................. 4<br />
3 Stand von Wissenschaft und Technik .................................................................................. 5<br />
4 Experimentelle Durchführung .............................................................................................. 8<br />
4.1 Arbeitspakete ............................................................................................................... 8<br />
4.2 Übersicht über die verwendeten Siegler ......................................................................10<br />
4.3 Übersicht über die Proben zur Versieglung .................................................................11<br />
4.4 Probenvorbereitung .....................................................................................................12<br />
5 Charakterisierungsmethoden ............................................................................................ 13<br />
5.1 Kontaktwinkelmessung ................................................................................................13<br />
5.2 Erhitzungsmikroskopie ................................................................................................14<br />
5.3 Thermogravimetrische Untersuchung ..........................................................................15<br />
5.4 Porositätsbestimmungen .............................................................................................15<br />
5.5 Elektronenmikroskopie ................................................................................................15<br />
5.6 Röntgendiffraktometrische Untersuchungen ................................................................16<br />
5.7 Bestimmung der Korrosionseigenschaften ..................................................................16<br />
5.7.1 Elektrochemische Messungen ............................................................................. 16<br />
5.7.2 Corrodkote Test .................................................................................................. 17<br />
5.8 Elektrische Messungen ...............................................................................................18<br />
6 Ergebnisse und Verwendung der Zuwendung ................................................................... 19<br />
6.1 Untersuchung der Siegler ............................................................................................19<br />
6.2 Herstellung der versiegelten Proben ...........................................................................20<br />
6.3 Voruntersuchungen an substratfreien gespritzten Proben ...........................................22<br />
6.4 Benetzung der Sol-Gel-Siegler mit verschiedenen Schichtwerkstoffen ........................23<br />
6.5 Verwendung von Füllstoffen in Sieglern ......................................................................25<br />
6.6 Anwendbarkeit von Sol-Gel-Sieglern für verschiedene Schichten ...............................26<br />
6.6.1 Versiegelungsergebnisse Al 2O 3 Schichten .......................................................... 26<br />
6.6.2 Versiegelungsergebnisse Al 2O 3-13 TiO 2-Schichten ............................................. 32<br />
6.6.3 Versiegelungsergebnisse Cr 2O 3-Schichten ......................................................... 34<br />
6.6.4 Versiegelungsergebnisse MgAl 2O 4-Schichten ..................................................... 37<br />
6.6.5 Versiegelungsergebnisse ZrO 2-Schichten ........................................................... 42<br />
6.6.6 Versiegelungsergebnisse Cr 3C 2-NiCr .................................................................. 43<br />
6.7 Glassieglerentwicklung und -erprobung.......................................................................48
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 19.471 BG<br />
6.8 Vergleich der Versieglungskonzepte Sol-Gel und Glas ...............................................54<br />
6.9 Demonstratorfertigung und -tests ................................................................................55<br />
6.9.1 Zündelektrode ..................................................................................................... 55<br />
6.9.2 Keramikrohr ........................................................................................................ 56<br />
7 Zusammenfassung ............................................................................................................ 58<br />
8 Ausblick ............................................................................................................................. 58<br />
9 Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den Zielen ...... 59<br />
10 Verwendung der Zuwendung ............................................................................................ 59<br />
11 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ............................................... 60<br />
12 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der Ergebnisse und<br />
Anwendungsmöglichkeiten ....................................................................................................... 60<br />
13 Publikationen ..................................................................................................................... 60<br />
14 Fortschreibung des Plans zum Ergebnistransfer und Einschätzung der Realisierbarkeit des<br />
Transferkonzeptes .................................................................................................................... 61<br />
15 Danksagung ...................................................................................................................... 62<br />
16 Quellenverzeichnis ............................................................................................................ 63
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 19.471 BG<br />
1 Motivation<br />
Das Versiegeln ist ein Standardverfahren für die Nachbearbeitung thermisch gespritzter<br />
Schichten. Hauptziel ist die Verhinderung des Angriffs korrosiver Medien auf das Substrat durch<br />
das Verschließen der Poren. Gleichzeitig werden auch weitere Schichteigenschaften (z.B.<br />
Verschleißbeständigkeit, Durchschlagfestigkeit im Fall isolierender Schichten) durch das<br />
Versiegeln verändert. Die Bedeutung dieser Nachbehandlung in der industriellen Praxis ist größer<br />
als die Anzahl der hierzu publizierten wissenschaftlich-technischen Arbeiten. Die Auswahl der<br />
Siegler erfolgt bis heute zumeist empirisch, das gilt auch für die Art des Aufbringens. Häufig<br />
wurden und werden geeignet erscheinende Stoffe aus anderen Technologiegebieten für diese<br />
Anwendung getestet. Der überwiegende Anteil der aktuell verwendeten Versiegelungswerkstoffe<br />
ist lediglich für Anwendungen bei Raumtemperatur bis maximal 300 °C geeignet. Häufig werden<br />
gesundheits- und umweltgefährdende Materialien als Siegler oder deren Bestandteile eingesetzt.<br />
Für Schichtanwendungen im Temperaturbereich 500-800 °C werden so noch kostengünstige,<br />
umweltfreundliche und ungefährliche technische Lösungen für das Versiegeln der Schichten<br />
gesucht. Durch die temperaturinduzierten Veränderungen in den Schichten, der Wechselwirkung<br />
zwischen Schichtwerkstoff und Siegler ist Versieglung für den Hochtemperatureinsatz ein<br />
wesentlich komplexerer Prozess als für konventionelle Anwendungen bis 300 °C.<br />
2 Aufgabenstellung und Ziele<br />
Ziel des Projektes war die Entwicklung von neuen, umweltverträglichen anorganischen Sieglern<br />
für thermisch gespritzte Schichten für Anwendungen im Temperaturbereich von 500-800 °C. Zum<br />
Zeitpunkt des Projektantrages wurden zur Lösung dieser Aufgabe die Entwicklung von Sol-Gelund<br />
Glassieglern vorgeschlagen. Zum Zeitpunkt des Projektstarts waren bereits zwei neue<br />
kommerzielle Sol-Gel-Siegler verfügbar, so dass nach einer Evaluierung alternativer<br />
praxisrelevanter Konzepte die Projektarbeiten in Abstimmung mit dem PA mit diesen<br />
kommerziellen Sieglern erfolgten. Im Laufe des Projektes kam noch ein dritter kommerzieller<br />
Siegler hinzu. Die eigenen Entwicklungen konzentrierten sich daher auf die Glassiegler. Durch<br />
die Berücksichtigung der Veränderungen der Schichten bei hohen Temperaturen und die<br />
Abstimmung der Siegler auf diese Prozesse sollte ein entscheidender, bis jetzt vernachlässigter<br />
Faktor für die Langzeitstabilität der versiegelten Schichten aktiv in die Entwicklung mit einbezogen<br />
werden. Somit sollte eine Korrelation zwischen den Eigenschaften der Siegler (Benetzungsverhalten,<br />
Viskosität), deren Handhabung (Eindringverhalten, Aushärtung, Schrumpfung) sowie<br />
den Eigenschaften der resultierenden versiegelten Schicht (Wechselwirkungen mit dem<br />
Schichtwerkstoff, Korrosionsbeständigkeit und Isolationseigenschaften bei elektrisch isolierenden<br />
Schichten) aufgestellt werden. Die neuen Siegler sollten auch bei Raumtemperatur anwendbar<br />
sein. Die zu versiegelnden Schichten sind hauptsächlich oxidkeramische Schichten, aber auch<br />
Cr 3C 2-NiCr als Hartmetallschicht. Die Projektarbeiten sollten ein Ablaufschema für die<br />
Entwicklung und Prüfung von Sieglern etablieren, so dass das passende Sieglersystem für eine<br />
Schicht ausgewählt werden kann. So sollte die bis jetzt dominierende empirische<br />
Vorgehensweise bei der Entwicklung und Anwendung der Siegler überwunden werden.
Seite 5 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 19.471 BG<br />
3 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
Die Schichtbildung beim Thermischen Spritzen erfolgt aus erwärmten und beschleunigten<br />
Beschichtungspulverpartikeln, die beim Aufprall auf dem Substrat plastisch deformieren und so<br />
die überwiegend mechanisch an das Substrat gebundene Schicht mit einer typischen<br />
Schichtdicke im Bereich von 50 bis 500 µm bilden (Abbildung 1) [1]. Als Spritzzusatzwerkstoffe<br />
werden für keramische und Hartmetallschichten traditionell Beschichtungspulver, bei Oxiden<br />
mittlerweile auch Suspensionen verwendet.<br />
Abbildung 1 Prinzipien der Herstellung thermisch gespritzter Schichten am Beispiel<br />
oxidkeramischer Schicht aus Beschichtungspulver und Suspensionen [1].<br />
Bei der Herstellung der thermisch gespritzten Schichten sind hohe Abkühlraten charakteristisch.<br />
Diese führen insbesondere bei oxidkeramischen Schichten zu thermisch bedingten<br />
Eigenspannungen, die nur durch die Bildung eines Rissnetzwerks abgebaut werden können. Die<br />
Risse und Poren in den Schichten verhindern den Einsatz der Bauteile in korrosiven Medien (z. B.<br />
bei Raumtemperatur bereits bei hoher Luftfeuchtigkeit) ohne Nachbehandlung, da es zur
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 19.471 BG<br />
Untergrundkorrosion des beschichteten Substrates kommt. Ein umfassender Überblick über die<br />
relevanten Defekte und wesentlichen Mechanismen des Versieglungsprozesses wurden<br />
zunächst von Lugscheider et al. [2] und später von Knuuttila et al. [3] gegeben. Ein Überblick über<br />
die verschiedenen Verfahren und die verwendeten Werkstoffe für die Versiegelung ist zu meist<br />
kurz in den gängigen Fachbüchern [4–6] und ausführlicher in der Arbeit von Knuuttila et al. [3]<br />
und im DVS-Merkblatt 2320 [7] dargestellt. Ein alternativer technologischer Ansatz zum<br />
Versiegeln wurde kürzlich im AiF-Vorhaben „Innere Hydrophobierung thermisch gespritzter<br />
Schichten“ (IGF-Nr. 18.153 B, DVS-Nr. 02.092) der TU Chemnitz verfolgt [8], er ist allerdings nicht<br />
für den hier adressierten Temperaturbereich 500-800 °C geeignet.<br />
Für den Verschluss der Poren gibt es neben dem Versiegeln auch die Möglichkeit der<br />
Lasernachbehandlung [9], des heißisostatischen Pressens [10] und die Verwendung von<br />
Dünnschichtverfahren [11,12]. Diese Verfahren sind häufig verfahrensbedingt auf kleine Bauteile<br />
beschränkt. Die Siegler können nach der Natur des Materials unterteilt werden (Abbildung 2).<br />
Abbildung 2 Einteilung der Siegler nach Werkstoff mit Angabe des Einsatzbereiches [3,13].<br />
Gegenwärtig dominieren Siegler auf organischer Basis mit allen damit verbundenen Nachteilen<br />
(wie der Verwendung von Lösungsmitteln oder der Begrenzung auf den Niedertemperatureinsatz)<br />
den Markt [7,14,15]. An typischen oxidkeramischen Schichten mit organischen Versiegelungen<br />
konnten angestrebte Effekte wie Erhöhung der Verschleißbeständigkeit [16,17], Verbesserung<br />
der elektrischen Isolationsfähigkeit [18] und der Korrosionsbeständigkeit [19] realisiert werden. In<br />
vielen weiteren Arbeiten erfolgte jedoch die Beschreibung der Siegler nur in verschlüsselter Form<br />
ohne Angaben zu Material oder Konsistenz bzw. Aggregatszustand, z. B. [9,15].<br />
Für den Hochtemperatureinsatz thermisch gespritzter Schichten sind ausschließlich anorganische<br />
Materialien geeignet, die durch chemisches Abbinden mit möglichst geringer Schwindung<br />
aushärten und bis zur Einsatztemperatur stabil sind. So wurden z.B. zur Versiegelung von Y-<br />
stabilisierten ZrO 2-Schichten Ethylsilikat, Aluminiumisopropoxid, Aluminiumhydroxid,<br />
Zirkoniumbutoxid und Zirkonium-/ Yttriumacetat mit anschließender Kalzinierung bis 1200 °C<br />
untersucht [3]. Bevorzugt sind Chemikalien, die in einem flüssigen Medium löslich sind und sich<br />
damit leicht auf eine Spritzschicht applizieren lassen. Die Chemikalien müssen von ihrer Struktur<br />
befähigt sein zu polymerisieren. Dieser Prozess wird im Bereich Thermisches Spritzen als<br />
Aushärten bezeichnet und wird durch Veränderung der Temperatur, des pH-Wertes, Sauerstoffkontakt<br />
oder Veringerung der Lösungsmittelmenge initiiert. Die Reaktionsführung von der Lösung,