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EBM-Report 3-2021

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stellt. Ziel der im Herbst 1989 in das so genannte Operationsgebiet entsandten

MfS-Expeditionsgruppe war die Erstbesteigung des Gipfels, um damit den

Klassenfeind vorzuführen und die Überlegenheit des Sozialismus durch das

Hissen der DDR-Fahne jedermann vor Augen zu führen. Wie die Unterlagen

zeigen, haben Mitglieder der Ostberliner Klettersektion „Rote Bergsteiger“

maßgeblich an der Vorbereitung der Aktion mitgewirkt, erhielten aber letztlich

aufgrund eines nicht geleisteten Subbotniks keine Ausreisegenehmigung.

Lediglich ihr Namensvorschlag (Pik Honecker) wurde mit Wohlwollen bedacht.

So war das streng geheime Unternehmen von Anfang an zum Scheitern

verurteilt, zumal die Apfelsinen, welche über die Stasi-Tarnfirma

„Vitamex“ ins Basislager geschickt wurden, ihr Ziel nie erreichten. Wie sich

später herausstellte, war Anfang November eine Mauer, die sich rund um

Westberlin befunden haben soll, umgefallen und hatte die Südfrüchtelieferung

beim Umladen an der Sektorengrenze unter sich begraben. Wenig später

riss auch der Funkkontakt ab. Die letzte, etwas wirr klingende Nachricht

vom STASI-Chef in Ost-Berlin („Ich liebe Euch doch alle!“) wollte allerdings

keiner der Expeditionsteilnehmer wörtlich nehmen. Aufgrund der offensichtlich

unklaren Befehlslage, den sich von der DDR her orkanartig ausbreitenden

Stürmen sowie aufgebrauchter Devisen für die Rückfahrt, beschloss die Truppe,

die Wende ihres Unternehmens einzuleiten. Am Berg wurde abgerüstet

und die Materialschlacht um den immer noch unbestiegenen Pik Honecker

damit beendet. Die inzwischen völlig demoralisierten STASI-Leute tauchten in

den umliegenden Wäldern unter, schließlich konnten sie ja nicht ohne Gipfelsieg

in das sozialistische Vaterland heimkehren. Bis heute weiß kein Mensch,

ob sie dort noch immer in Erdlöchern hausen.

Jahre später gab es seitens des BND Vermutungen, dass sich einzelne bis

nach Bonn durchgeschlagen haben könnten, um dort - als persönliche Referenten

getarnt - den Klassenkampf im Bundestag fortzusetzen. Auch das

vermehrte Auftauchen von so genannten „Ruppberg-Karabinern“ im Frankfurter

Raum gab den Schlapphüten des BND Rätsel auf. Die vom DDR Museum

aufgestellte Vermutung, dass es sich dabei um Relikte der gescheiterten

STASI-Expedition aus dem Herbst 1989 handeln könnte, wurde als völlig ab-

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