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<strong>9.</strong> <strong>März</strong> <strong>2021</strong><br />
AUS DER BÜMPLIZER VERGANGENHEIT – HEITERE GESCHICHTEN VON MAX WERREN<br />
Franz Ludwig von Erlach<br />
und sein Erker<br />
Anlässlich der Wiederaufbauarbeiten<br />
des durch einen Brand<br />
beschädigten Schlosses Bümpliz<br />
im Jahre 1980, wurden am<br />
Nordwestflügel des Gebäudes<br />
Überreste eines Erkers entdeckt.<br />
Der Fund wurde von<br />
Experten als besonders wertvoll<br />
bezeichnet, weil es sich hier um<br />
das älteste barocke Architekturzeugnis<br />
der Stadt Bern handelt.<br />
Die Bedeutung des Erkers in der<br />
städtischen Architektur ab dem<br />
Mittelalter<br />
Die Funktion eines der Fassade<br />
vorgesetzten Gebäudeteils – häufig<br />
aufwändig und repräsentativ<br />
gestaltet – hatte in der Regel zwei<br />
Zweckbestimmungen: Einerseits<br />
ermöglichte der Blick links und<br />
rechts der Fassade eine Übersicht<br />
über den Eingangsbereich des<br />
Hauses (was allerdings in der<br />
Stadt Bern mit den Laubengängen<br />
nicht immer möglich war),<br />
anderseits bildete der Erker ein<br />
Statussymbol, wie dies heute gelegentlich<br />
in Form von teuren Autos,<br />
Uhren oder ähnlichen Luxusgütern<br />
vor Augen geführt wird.<br />
In der Stadt Bern erreichte der<br />
Bau von Erkern nie dieselbe Bedeutung,<br />
wie dies beispielsweise<br />
in den Städten Schaffhausen oder<br />
St. Gallen der Fall war. Zu offensichtlich<br />
war in Bern die Einsicht<br />
verbreitet, dass man den Reichtum<br />
nicht öffentlich zelebrieren<br />
Archäologische Grabungsarbeiten am Fundament des Rundturms um 1974.<br />
sollte. Waren es im Spätmittelaltern<br />
noch fünf bis sechs Erker,<br />
finden sich heute noch gerade<br />
drei Exemplare, nämlich zwei gegenüberliegend<br />
beim Zytglogge<br />
untenaus sowie am oberen Mayhaus<br />
an der Münstergasse.<br />
Der Bau des Schlosses Bümpliz<br />
Ausgehend vom Bau einer einfachen<br />
hölzernen Wehranlage um<br />
900, rudimentär geschützt durch<br />
einen Palisadenzaun und einem<br />
rundum verlaufenden Wassergraben,<br />
erlebte das heutige (alte)<br />
Schloss Bümpliz einen steten<br />
Wandel in Abhängigkeit von den<br />
jeweiligen Herrschaftsverhältnissen.<br />
Ursprünglich als temporär<br />
genutzten Standort des Königreichs<br />
Hochburgund gebaut,<br />
erhielt die Anlage<br />
1255 durch Peter<br />
von Savoyen eine steinerne<br />
Wehrmauer und einen massiven<br />
Rundturm, dessen Fundamente<br />
noch heute sichtbar sind. Um<br />
1425 fiel die Herrschaft Bümpliz<br />
erbweise an die Familie von Erlach,<br />
die 1470 den Gebäudekomplex<br />
unter Verwendung älterer<br />
Teile in ein spätmittelalterliches<br />
Schloss umwandelte. Dadurch erfuhr<br />
der Besitz eine deutliche<br />
Aufwertung und die standesbewusste<br />
Patrizierfamilie konnte<br />
die Reihe ihrer herrschaftlichen<br />
Campagnen um ein weiteres Bijou<br />
erweitern. In diese Zeit fällt<br />
auch die Errichtung des dominanten<br />
Torturms samt hölzernem<br />
Brückenjoch als Widerlager für<br />
eine Zugbrücke.<br />
Seine grösste Ausdehnung erhielt<br />
das Schloss in den Jahren 1625 bis<br />
DER AUTOR<br />
Max Werren ist ehemaliger Inhaber einer Kommunikations-Agentur<br />
und einstiger ehrenamtlicher Co-Ortsarchivar<br />
von Bümpliz. Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen,<br />
darunter der «Bümplizer Geschichte(n)». Zudem ist<br />
Werren Präsident von «Kultur Schloss Bümpliz».<br />
Fotos: zvg<br />
1632. In dieser Zeit entstanden der<br />
bewohnbare Nordwestflügel und<br />
der Ringmauerzug im Nordosten.<br />
Zusammen mit den südlichen und<br />
südöstlichen Wehrbauten samt<br />
Torturm mit angebautem Abortturm<br />
und dem östlichen Eckturm<br />
von 1470 (am Ende der heutigen<br />
Thüringstrasse) vermittelte der<br />
Gebäudekomplex den Eindruck eines<br />
repräsentativen Herrschaftssitzes.<br />
Vom Weg aus der nahen<br />
Stadt Bern über die Murtenstrasse<br />
und der Abzweigung beim heutigen<br />
Gasthaus Jäger kommend, erblickten<br />
die Gäste des stolzen<br />
Schlossherrn Franz Ludwig von<br />
Erlach d.J. als erstes den wohl<br />
hübschesten Gebäudeteil des<br />
Schlosses: Den Barockerker an der<br />
Nordseite des Gebäudes.<br />
Die wechselvolle Geschichte des<br />
Franz Ludwig von Erlach d. J.<br />
1596 wurde Franz Ludwig als erstes<br />
Kind des einflussreichen Franz<br />
Ludwig von Erlach d. Ä. und der<br />
Salome Steiger in Bern geboren.<br />
Sein Vater galt mit seinen Herrschaftsrechten<br />
in Spiez, Schadau,<br />
Bümpliz und Oberhofen als sehr<br />
vermögend. Ihm ist beispielsweise