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Forstbetrieb<br />
des Tiergarten<br />
Nürbergs<br />
© Helmut Mägdefrau<br />
31<br />
nicht mehr da und andere schlichtweg<br />
in Überzahl vorhanden sind? „Wenn<br />
es ein Ungleichgewicht zwischen den<br />
Folgen der Klimaveränderung für Tiere<br />
und Pflanzen gibt, dann kann eine<br />
Intervention, also ein menschliches<br />
Eingreifen in die betroffenen Lebensräume,<br />
dem Arterhalt dienen, weil<br />
beides direkt zusammenhängt, aber<br />
faktisch auseinanderdriftet.“<br />
Wie stark die Zusammenhänge überall<br />
auf der Welt, wohl aber auch bei<br />
uns sind, das erleben die Mitarbeiter<br />
des Tiergartens direkt vor der eigenen<br />
Zoohaustür – im Wald, „mit dem wir<br />
uns stark auseinandersetzen.“ Was<br />
wahrscheinlich kaum jemand weiß:<br />
Als Forstbetrieb ist der Tiergarten<br />
Nürnberg für rund 200 Hektar städtischen<br />
Wald zuständig, zu denen beispielsweise<br />
auch die berühmte Sanddüne<br />
am Erlenstegener Tierheim zählt.<br />
Pflanzen, Tiere, Menschen – „alle“,<br />
sagt Dag Encke, „leiden zunehmend<br />
unter Seuchen.“ Ein reiner Schutz,<br />
also nur Bewahrung des Bestehenden,<br />
reicht da längst nicht mehr aus. Es gilt<br />
zu intervenieren. „Wir haben hier ein<br />
freches Ziel: Wir wollen zu hundert<br />
Prozent klimaneutral werden“, sagt<br />
Dag Encke. Der Tiergarten sei einer<br />
der großen Energieverbraucher in<br />
der Region mit 800 000 Euro Stromkosten<br />
jährlich!<br />
„Da macht man<br />
sich Gedanken“,<br />
gesteht der promovierte<br />
Biologe. Und<br />
gemeinsam mit<br />
den Bayerischen<br />
Staatsforsten, den<br />
Ämtern für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Forsten von<br />
Fürth und Roth, dem Servicebetrieb<br />
Öffentlicher Raum (SÖR) und dem<br />
Umweltamt der Stadt als „Baumbündnis“<br />
entwickelten sie nicht nur eine<br />
Waldstrategie, sondern ehrgeizige<br />
Pläne zur autarken Stromversorgung.<br />
Was da bislang noch nur als Pläne auf<br />
Schreibtischen und in Köpfen existiert,<br />
kann man an anderen Stellen im<br />
Tiergarten selbst schon sehen:<br />
Dem „Blauen Salon“, also der mystisch-schimmernden<br />
Unterwasserwelt,<br />
steht eine große Photovoltaikanlage<br />
zur Seite. Auch am anderen<br />
Ende des Geländes wird schon fleißig<br />
experimentiert: Eine innovative Firma<br />
zur Entwicklung regenerativer<br />
Energieerzeuger aus Norddeutschland<br />
erprobt eine Erfindung und hat<br />
hier, am alten Tapirhaus, eine sogenannte<br />
„SunOyster“ installiert. Die<br />
dreht sich mit der Sonne und sorgt so<br />
für Strom und Heizung. Weil davon<br />
auch im „Wüstenhaus“ ziemlich viel<br />
gebraucht wird, hat der Tiergarten<br />
das alte Gemäuer zum frischen Modellhaus<br />
umfunktioniert: Seitdem ist<br />
das Passivhaus mit Denkmalschutz zu<br />
fast einhundert Prozent CO2-neutral.<br />
Auch vor Ort entdecken kann man<br />
Schilder, auf denen der Tiergarten<br />
die Zusammenhänge sorgfältig aufbereitet<br />
darstellt – Bestandteil der<br />
Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung<br />
für Schulklassen oder in<br />
Abendveranstaltungen. „Es gibt unterschiedliche<br />
Wege, die man begehen<br />
kann“, sagt Tiergarten-Direktor Dag<br />
Wüstenhaus<br />
Blauer Salon<br />
Encke. „Aufgeben ist natürlich keine<br />
Lösung.“ Ob der Tiergarten Nürnberg<br />
die viele Energie, die beispielsweise<br />
am Wasserspielplatz zum Bauen von<br />
Staudämmen und Überfluten der Anlage<br />
freigesetzt wird, nicht vielleicht<br />
für die Stromerzeugung nutzen kann,<br />
bleibt indes vorerst ungewiss.<br />
© Helmut Mägdefrau © Helmut Mägdefrau<br />
© Mathias Orgeldinger<br />
tiergarten.nuernberg.de