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GESUNDHEIT & FITNESS<br />
61<br />
Um sich später in der Krabbelphase<br />
im Raum orientieren zu können, ist<br />
das gleichwertige Fixieren beider<br />
Augen auf Gegenstände sehr wichtig.<br />
Wird Schielen nicht behandelt,<br />
kann das heranwachsende Kind mit<br />
großer Wahrscheinlich kein dreidimensionales<br />
Sehen, sondern eine sogenannte<br />
„Amblyopie“ (Einäugigkeit)<br />
entwickeln. Ungleichsichtigkeiten<br />
und Amblyopien verhindern ein beschwerdefreies<br />
Sehen. Da meist nur<br />
ein Auge am Sehprozess beteiligt ist,<br />
kann sich das binokulare, also räumliche<br />
Sehen, nicht entwickeln. Kinder<br />
ohne ausgeprägtes räumliches Sehen<br />
können Abstände sehr schlecht einschätzen.<br />
Sie stoßen sich oft, wirken<br />
tollpatschig und sind eher ängstlich<br />
bei körperlichen Herausforderungen.<br />
Die „U4“ testet auf „Grauen Star“<br />
(Trübung der Augenlinse, frühkindlicher<br />
Katarakt) und Ungleichsichtigkeit.<br />
Bei einem Grauen Star wird die<br />
trübe Augenlinse entfernt und die<br />
fehlende Sehstärkenanpassung mit<br />
einer Brille oder Kontaktlinsen ausgeglichen.<br />
Bis zum ersten Lebensjahr entwickelt<br />
sich nun die Augenlinse in ihrer<br />
Funktion als „Fokussierer“. Jetzt<br />
kann das Kind aufrecht sitzen, hat die<br />
Krabbelphase hinter sich und beginnt<br />
zu laufen. Eine gute Entwicklung des<br />
Sehsinnes ermöglicht dem Kind, sich<br />
bald selbständig dem Gegenstand des<br />
Interesses zu nähern. Für die Orientierung<br />
und die Wahrnehmung des<br />
eigenen Standortes im Raum sind<br />
nun alle Funktionen der Augen notwendig:<br />
Scharf sehen in allen Entfernungen<br />
(Akkommodation), Bewegungen<br />
wahrnehmen und mit den<br />
Augen verfolgen können (peripheres<br />
Sehen und Vergenzen).<br />
Die Augen dienen als Vermittler, ähnlich<br />
wie Fenster, die Ausblicke in die<br />
Welt gewähren. Lichtreize werden als<br />
elektrische Impulse durch die Sehnerven<br />
in das Sehzentrum weitergeleitet<br />
und dort schließlich zu Bildern verarbeitet.<br />
Das Gehirn ist in der Lage,<br />
visuelle Defizite auszufüllen. Dafür<br />
sind die kognitiven Entwicklungsstadien<br />
des Kindes von großer Bedeutung.<br />
Mit Sensorik (Fühlen) und<br />
Motorik (Greifen) wird die eigene<br />
kleine Welt erkundet und wahrgenommen.<br />
Das passiert in den ersten<br />
zwei Lebensjahren und bildet den<br />
Grundstock für die Entwicklung des<br />
Denkens und der späteren Fähigkeit,<br />
kreativ zu handeln. Deswegen wird<br />
auf Hand-Augen-Koordination großer<br />
Wert gelegt. Mit der „U7“ im zweiten<br />
Lebensjahr kommt die Untersuchung<br />
der Kopfstellung dazu. Wenn sich das<br />
Sehen gut entwickelt hat, sind keine<br />
Schiefstellungen des Kopfes zu erkennen.<br />
Ungleichsichtigkeiten und<br />
Amblyopie (Einäugigkeit) könnten<br />
nämlich Ursache dafür<br />
sein.<br />
Warum nun sind die<br />
ersten Lebensjahre für<br />
die Sehentwicklung des<br />
Kindes so wichtig? Und<br />
wie können Defizite erkannt<br />
werden? Bei der<br />
Einschulung des Kindes<br />
ist die Sehentwicklung<br />
schon sehr weit vorangeschritten.<br />
Nicht aufgedeckte<br />
Sehdefizite<br />
kommen oft in diesem<br />
neuen Lebensabschnitt<br />
zutage. Die Sehanforderungen<br />
ändern sich.<br />
Der Blickwechsel auf<br />
die Tafel in der Ferne<br />
und die Lernvorlage<br />
auf dem Tisch erfordert<br />
einen reibungslosen<br />
Vorgang der<br />
Akkommodation und<br />
der Vergenz der Augen.<br />
Wurden Defizite<br />
vom Kind bisher erfolg-<br />
reich ausgeglichen, kann das jetzt ein<br />
großes Problem werden. Ermüdung,<br />
Kopf- und Augenschmerzen, Unkonzentriertheit,<br />
Unruhe, Träumerei, Unlust<br />
zu malen, schlechtes Schreibbild<br />
usw. sind zu beobachten. Was können<br />
Sie unternehmen? Beobachten Sie<br />
Ihr Kind und wenden Sie sich an den<br />
Augenarzt, Orthoptisten, erfahrenen<br />
Kinderoptometristen oder Funktionaloptometristen.<br />
Augenarzt und<br />
Orthoptisten untersuchen Augenkrankheiten,<br />
Optometristen decken<br />
physikalische Sehabweichungen auf<br />
und arbeiten z. B. eng mit Ärzten,<br />
Neurologen, Physiologen und Physiotherapeuten,<br />
Logopäden, Lehrern<br />
und Erziehern zusammen.<br />
Weitere Infos findet ihr u. a. hier:<br />
kindundsehen.de<br />
i<br />
„Die Frühentdeckung von Augenerkrankungen<br />
und die sichere Begleitung der Sehentwicklung<br />
beim Kind sind die vielleicht wichtigsten<br />
Aufgaben von Augenärzten. Nur in den ersten<br />
Lebensjahren bilden sich entscheidende Verknüpfungen<br />
(Synapsen) im Gehirn des Menschen,<br />
die eine vollständige Sehfähigkeit für<br />
den Rest des Lebens ermöglichen. Bleiben Sehfehler<br />
oder Erkrankungen des Auges in diesem<br />
Zeitraum unentdeckt, bestehen kaum noch Therapiemöglichkeiten,<br />
um die Sehfähigkeit zu verbessern.<br />
Das Resultat ist dann eine sogenannte<br />
Schwachsichtigkeit (Amblyopie). Besonders<br />
Kinder, deren Eltern an Sehstörungen (Fehlsichtigkeiten,<br />
Schielen und dergleichen) leiden,<br />
sollten in den ersten Lebensjahren augenärztlich<br />
untersucht werden. Grundsätzlich sollte<br />
aber jedes Kind in den ersten Lebensjahren für<br />
eine detaillierte Untersuchung beim Augenarzt<br />
vorstellig werden.“<br />
Dr. med. Markus Kraska,<br />
Betriebsarzt AOK Bayern