urbanLab Magazin IMPULSE 08/2020 - Heimatwerker*innen
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<strong>IMPULSE</strong><br />
NIEHEIM<br />
<strong>08</strong>.<strong>2020</strong><br />
<strong>Heimatwerker*innen</strong><br />
Beiträge aus der Lehre
VORWORT<br />
3<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wenn Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl am 16. Oktober 2019 offiziell das „Bildungs- und Integrationszentrum<br />
Lüttge Straße 14“ in Nieheim eröffnen wird, liegt hinter allen Beteiligten ein langer und spannender<br />
Weg. Tim Rieniets und Holger Pump-Uhlmann als Initiatoren der Idee waren es, die im Herbst 2015 den Stein ins<br />
Rollen gebracht haben. Und wenn jetzt fast genau vier Jahre später der letzte Stein gesetzt und der letzte Pinsel<br />
geschwungen wurde, war das Projekt alles - aber nie selbstverständlich.<br />
VORWORT<br />
Sowohl von seiner Entstehung als auch vom geplanten Ablauf her, war und ist dieses Projekt einzigartig. Ein Verbundprojekt<br />
von StadtBauKultur NRW, Technischer Hochschule OWL und Stadt Nieheim - das hat es in dieser Form<br />
noch nie gegeben und schon an dieser Stelle möchte ich allen Beteiligten dieser Institutionen meinen herzlichen<br />
Dank für ihr Vertrauen in dieses Projekt aussprechen.<br />
Um es gleich vorweg zu nehmen: dieses Projekt konnte nicht alle gesetzten Erwartungen erfüllen. Vielleicht waren<br />
auch die Erwartungen zu hoch oder aber die Umstände zu besonders. Entscheidend für den Projekterfolg ist<br />
aber, dass trotz vielfältiger Veränderungen in der Projektkonfiguration das Projektziel nie aus den Augen verloren<br />
wurde. Mit der Lüttge Straße 14 ist jetzt im Herzen des historischen Ortskern von Nieheim ein Begegnungszentrum<br />
entstanden, das auf vielfältige Weise integrativ gewirkt hat und das in Zukunft noch tun wird. Mehr als 50<br />
geflüchtete Menschen haben während der Projektkernzeit von Mitte 2016 bis Mai 2019 am und für das Projekt<br />
gearbeitet. Dabei wurden von ihnen mehr als 5000 Arbeitsstunden unentgeltlich geleistet. Mehr als 6000 Stunden<br />
entfielen auf das Engagement der Studierenden, Professoren und Betreuenden der Technischen Hochschule OWL,<br />
die sich nicht nur auf der Baustelle und in vielen Lehrveranstaltungen in das Projekt eingebracht haben, sondern<br />
auch durch Unterstützung in der Antragsphase, wissenschaftliche Begleitung und planerische Inputs zum Nutzungskonzept,<br />
Bauantrag und Berechnungen. Insbesondere der Textilworkshop trug zur Integration weiblicher<br />
Geflüchteter bei und bereitete dadurch die langfristige Nutzung als Kleiderstube vor.<br />
Das sind bemerkenswerte quantitative Kennzahlen, die aber auch mit einer hohen Qualität am Bau einhergegangen<br />
sind. Schließlich ging es nicht um eine simple Sanierung in die Jahre gekommener Bausubstanz, sondern um<br />
den Erhalt des baukulturellen Erbes der Ackerbürger-Stadt Nieheim. Damit war es auch das Initial für den Erhalt<br />
und den Umbau des Richterhauses, das als REGIONALE-Projekt zwei Jahre später an den Start gegangen ist.<br />
Die von dem Projektinitiatoren gewünschte Multipliziererung der Projektziele in die Stadtgesellschaft konnte in<br />
jeder Hinsicht erreicht werden. Jetzt gilt es, diesen neu gewonnenen Raum in der Bürgerschaft fest zu verankern<br />
und neben der Nutzung als Kleiderstube und Ort der Flüchtlingsberatung vielfältig zu nutzen. Dazu lade ich alle<br />
Nieheimer*innen herzlich ein, sich am Tag der Eröffnung und gerne bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst ein<br />
Bild von dem Raum und seinen Möglichkeiten zu verschaffen.<br />
Abschließend noch mal herzlichen Dank an alle - auch und insbesondere meinen Mitarbeiter*innen, die sich weit<br />
über das normale Maß hinaus in dieses Projekt eingebracht haben.<br />
Rainer Vidal<br />
Bürgermeister der Stadt Nieheim
INHALT<br />
4<br />
INHALT<br />
EINLEITUNG UND HINTERGRUND<br />
<strong>08</strong> - Schrumpfen war gestern, Zuwanderung ist heute<br />
Regionaler Salon Prof. Oliver Hall<br />
10 - Die Heimatwerker. Integration durch<br />
Gemeinsames Bauen<br />
Regionaler Salon Prof. Tim Rieniets, Dr. Christine Kämmerer<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
14 - Potenziale und Herausforderungen in Nieheim<br />
Stadtforschung Prof. Oliver Hall<br />
20 - Nieheim o.T.<br />
Projekt Landschaft Prof. Kathrin Volk, Bart Brands<br />
32 - Qualitative Forschung in Nieheim und andernorts -<br />
Schwerpunkt Integration von Geflüchteten<br />
Empirische Sozialforschung Prof. Dr. Reiner Staubach<br />
BEGINN DES BAUS<br />
42 - Bestandsanalyse und Nutzungskonzept<br />
Thesis Bauphysik Benjamin Jauch<br />
50 - Energetische Sanierung<br />
Thesis Bauphysik Martin Kornmayer<br />
52 - Bauantrag und Brandschutzkonzept<br />
Öffentliches Baurecht Prof. Oliver Hall, Dütting & Läsker Architekturbüro<br />
72 - Gebäudehülle eines Ackerbürgerhauses<br />
Bauen im Bestand Prof. Michel Melenhorst
WÄHREND DES BAUS<br />
80 - Nutzungskonzepte<br />
Masterworkshop Prof. Michel Melenhorst, Prof. Oliver Hall<br />
82 - Digital Crafting - Common Hut Projekt<br />
Masterprojekt Prof. Hans Sachs, Dipl.-Ing. David Ignatz Lemberski<br />
88 - ClipHut<br />
Masterprojekt Tomas Mena, Thomaz Vieira, Maria Wilkens<br />
5<br />
INHALT<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
94 - Modulare Möbel<br />
Thesis Möbelentwicklung Diandra Holzmüller<br />
96 - Textil als Kommunikation<br />
Projekt Entwurf Katrin Kollodzey, Ricarda Jacobi<br />
102 - Textil II<br />
Wahlpflichtfach Katrin Kollodzey, Ricarda Jacobi<br />
1<strong>08</strong> - Integration von Geflüchteten in Nieheim<br />
Wissenschaftliches Arbeiten Prof. Dr. Reiner Staubach<br />
ÜBERBLICK<br />
112 - Reallabor HeimatwerkerInnen* Haus<br />
Wahlpflichtfach Prof. Sandra Bruns, Eva Bartenbach<br />
126 - Beispielhafte Öffentlichkeitsarbeit<br />
Pressespiegel StadtBauKultur NRW<br />
128 - Von der Migration bis zur Kommunikation<br />
Differenzierte Sichtweise StadtBauKultur NRW Christoph Kremerskothen<br />
130 - Impressionen der Eröffnung<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
134 - Das urbane Potential globaler Migration<br />
Dissertation Thorsten Dettmer<br />
140 – Nieheim vs. Altena<br />
Gegenüberstellung beider Förderprojekte<br />
Verena von Ohlen, Laura Sportelli<br />
142 - Teilnahme beim Deutschen Landbaukulturpreis<br />
Heimatwerker.NRW Nieheim Prof. Oliver Hall, Martina Nering
EINLEITUNG UND<br />
HINTERGRUND
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall<br />
8<br />
EINLEITUNG UND HINTERGRUND<br />
"Schrumpfen war gestern, Zuwanderung ist Heute!"<br />
Suche nach Lösungen im Ländlichen Raum – aus einem Vortrag<br />
am 18.01.2016 Regionaler Salon<br />
Die Menschen, die in Deutschland Schutz suchen,<br />
müssen sich, da mit einer kurzfristigen Rückkehr in<br />
ihre Heimat nicht zu rechnen ist, auf einen längeren<br />
Aufenthalt einrichten. Mit der bloßen Schaffung<br />
von Schlafplätzen oder Turnhallenunterbringung ist<br />
es daher nicht getan. Ziel sollte es sein, die zu uns<br />
Geflüchteten dauerhaft angemessen unterzubringen<br />
und für sie eine „Ersatzheimat“ zu schaffen. Architekten<br />
und Planer sollten sich daher verstärkt damit beschäftigen,<br />
wie sie diese schaffen können, insbesondere<br />
müssen sie sich die Frage stellen, ob dazu eher<br />
die Großstadt oder der ländliche Raum geeignet ist.<br />
Aktuell werden Flüchtlinge sowohl in Großstädten als<br />
auch im ländlichen Raum untergebracht. Die daraus<br />
entstehenden Problemen werden exemplarisch an<br />
den Beispielen Berlin und Rettenbach vorgestellt:<br />
Beispiel Großstadt und ländlicher Raum<br />
Im ehem. Berliner Flughangar Tempelhof sind bis zu<br />
5000 Menschen untergebracht. Dies bedeutet eine<br />
städtebaulich segregierte, architektonisch unwürdige<br />
und sozial diskriminierende Verwahrung von Flüchtlingen<br />
und Migranten in einer lagerartigen Unterkunft<br />
in der „Großstadt“. Hier treffen in hoher Dichte verschiedene<br />
Kulturen aufeinander, mit entsprechendem<br />
Stress und Aggressionen. Vorteilhaft ist allenfalls die<br />
gute Erreichbarkeit der Anlage mit öffentlichen Verkehrsmitteln,<br />
die Nähe zu Grün- und Spielflächen auf<br />
dem Tempelhofer Feld und das kreative Bürgerschaftliche<br />
Engagement in großer Zahl, das den Flüchtlingen<br />
zu Gute kommt. In dem Haus BAGIN „Beherbergung<br />
ausländischer Gäste in Not“ in Rettenbach leben 37 geflüchtete<br />
Menschen unter einem Dach zusammen. Die<br />
Ortschaft ist abgeschieden von ärztlicher Versorgung,<br />
von Einkaufsmöglichkeiten, von Kontakten zu Personen<br />
gleicher ethnischer Herkunft. Langeweile stellt<br />
sich ein im sog. „lost in paradise“. Die Betroffenen sagen<br />
„This place is good for holidays, but we are not on<br />
holidays!“ Was hier gut funktioniert, ist die Nachbarschaftshilfe<br />
in Form von Fahrservice, Sprachhilfen, Patenschaften<br />
und Begleitung bei Behördengängen. Im<br />
BAGIN ist eine Selbsthilfe Radwerkstatt entstanden.<br />
Wohnungsnot/hohen Mieten, ländliche Räume<br />
beklagen hohe Leerstandsquoten, vor allem in Ortskernen<br />
mit historischer Altstadtbebauung. Allein in<br />
NRW geht man von 300.000 leerstehenden Wohnungen<br />
aus, in ganz Deutschland sollen es 1,7 Mio. sein.<br />
Das bedeutet während Großstädte mit einer adäquaten<br />
Wohnraumversorgung zu kämpfen haben, besteht<br />
im ländlichen Raum die Chance, durch die Leerstände<br />
heimatbietenden Wohnraum bereitstellen zu können.<br />
(empirica 2015) Konzepte für die Zuwanderung auf<br />
dem Land müssen daher als Investition in die Zukunft<br />
betrachtet werden, die sich amortisiert. Flüchtlinge<br />
dürfen dabei nicht als „Lückenfüller“ für schrumpfende<br />
Gebiete benutzt werden, aber dort, wo noch funktionierende<br />
Strukturen bestehen, wird Zuwanderung<br />
zur „Rettung“ des Arbeitsmarktes, der Sozialsysteme<br />
und des durch Leerstände verfallenden Stadtbildes.<br />
Wer hätte das gedacht: Die derzeitige Zuwanderungswelle<br />
bietet eine Chance, ja sogar Riesenchance, die<br />
Schrumpfung der Kleinstädte zu stoppen und durch<br />
Leerstandsnutzung zu kompensieren. Die Vorteile einer<br />
kleinen Gemeinde überwiegen: Überschaubarkeit,<br />
bürgerschaftliches Engagement, Nachbarschaftshilfe.<br />
Das was vor Ort nicht geboten werden kann, kann<br />
über Mobilitätsangebote erreichbar gemacht werden.<br />
Letztlich wird die „Erreichbarkeit“ von Orten auf dem<br />
Land über den Erfolg von Integration entscheiden. Zur<br />
Lösungssuche im ländlichen Raum ist die Technische<br />
Hochschule OWL und das <strong>urbanLab</strong> daher an dem Projekt<br />
HEIMATWERKER.de in Nieheim beteiligt, in dem<br />
Flüchtlinge und Studierende gemeinsam ein historisches<br />
Ackerbürgerhaus sanieren, getreu dem Motto<br />
„Make Home not War!“.<br />
Chancen<br />
Zum Wohlfühlen oder gar als Heimat ist beides<br />
nicht geeignet, erst recht nicht bei einem längerfristigen<br />
Aufenthalt. Die auf dem Land Untergebrachten<br />
möchten so schnell wie möglich weg,<br />
die in der Großstadt hoffen auf Arbeit und bessere<br />
Wohnverhältnisse. Großstädte leiden unter<br />
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall<br />
TH OWL - Lehrgebiet Stadtplanung & Städtebauliches Entwerfen<br />
Gesellschafter ASTOC Architects and Planners, Köln<br />
Mit der Gründung von ASTOC 1990 und der Professur für „Stadtplanung<br />
und Städtebauliches Entwerfen“ an der HS OWL seit 2003, ist die Arbeitsweise von<br />
Oliver Hall geprägt durch das Zusammenwirken von Berufspraxis, Forschung und Lehre.<br />
Er ist zudem Sprecher des Forschungsschwerpunktes „<strong>urbanLab</strong>“ und beschäftigt<br />
sich dort insbesondere mit der Klein- und Mittelstadtforschung im ländlichen Raum.
a project by<br />
ein Projekt von<br />
هذا المشروع برعاية<br />
یك پروژه توسط<br />
وطن بساز Heimatwerker<br />
بناة الوطن Homeworker<br />
Detmolder Schule für Architektur<br />
und Innenarchitektur
Prof. Dipl.-Ing. Tim Rieniets, Dr. Christine Kämmerer<br />
10<br />
EINLEITUNG UND HINTERGRUND<br />
Die Heimatwerker. Integration durch<br />
Gemeinsames Bauen<br />
Ein Kooperationsprojekt von StadtBauKultur NRW, der Technischen<br />
Hochschule Ostwestfalen-Lippe und der Stadt Nieheim<br />
Alle reden über die Integration von Flüchtlingen und<br />
darüber, wie man schnell neuen Wohnraum für sie<br />
schaffen kann. Meistens werden diese beiden Herausforderungen<br />
allerdings getrennt betrachtet,<br />
obwohl sie einander bedingen und nur durch eine<br />
gemeinsame Strategie erfolgreich und nachhaltig<br />
bewältigt werden können. Die aktuellen Diskussionen<br />
drehen sich vorrangig um die Schaffung von<br />
Wohnungsneubau in den Großstädten und Ballungsgebieten,<br />
deren Wohnungsmarkt ohnehin schon angespannt<br />
ist. Fast völlig außen vorgelassen werden<br />
hingegen Kommunen auf dem Land oder in den Peripherien,<br />
die aufgrund des demografischen Wandels<br />
unter rückläufigen Bevölkerungszahlen und hohen<br />
Leerstandsquoten leiden. Gerade für sie kann<br />
die Zuwanderung von Flüchtlingen aber eine Chance<br />
sein, neue Bewohner zu gewinnen und Leerstände zu<br />
beseitigen.<br />
Aber dazu bedarf es kluger Konzepte, denn so lange<br />
es keine Residenzpflicht gibt, zieht es die Flüchtlinge<br />
in die großen Städte und nicht in die ländlichen<br />
Gemeinden.<br />
Ein vielschichtiges Konzept<br />
Ein Konzept, das die vielschichtigen Aspekte der<br />
Integration berücksichtigt, hat die Landesinitiative<br />
StadtBauKultur NRW für die Stadt Nieheim vorgeschlagen<br />
und gemeinsam mit dieser und der Technischen<br />
Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickelt.<br />
In dem Projekt „Heimatwerker“ sollen Flüchtlinge<br />
gemeinsam mit ehrenamtlich engagierten Bürgern<br />
und mit Studierenden ein historisches Ackerbürgerhaus<br />
sanieren, das nur noch eingeschränkt<br />
marktfähig ist. Das rund 230 Quadratmeter große<br />
Abb. Organigramm (StadtBauKultur NRW)
Erdgeschoss des zentral in der Nieheimer Altstadt<br />
gelegenen Gebäudes soll nach dem Umbau allen<br />
offen stehen. Die Möglichkeiten reichen von<br />
Seminarräumen für Sprachkurse über eine Fahrradwerkstatt<br />
bis zum gemeinschaftlich betriebenen<br />
Café. Der große Hof kann als Spielplatz, Urban-Gardening-Fläche<br />
oder für andere Zwecke<br />
genutzt werden. In einer zweiten Projektphase sollen<br />
die Ober geschos se zu Wohnungen ausgebau t und bes -<br />
tenfalls an bleibewillige Flüchtlinge vermietet werden.<br />
Der gesamte Planungs- und Bauprozess ist als<br />
integrative Maßnahme gestaltet: Schon das Nutzungskonzept<br />
wird zusammen entwickelt, so dass<br />
die Interessen alter und neuer Einwohner berücksichtigt<br />
werden können.<br />
Potenziale und Synergien<br />
eine Woche lang intensiv gemeinsam zu arbeiten,<br />
Ideen für die Nutzung des Gebäudes zu entwickeln.<br />
Im Herbst soll dann mit der Umsetzung dieser Pläne<br />
begonnen werden, in die auch die Nieheimer Bürgerinnen<br />
und Bürger durch öffentliche Veranstaltungen<br />
oder durch aktive Mitwirkung eingebunden<br />
werden.<br />
Im Rahmen ihres <strong>urbanLab</strong> wird die Technische<br />
Hochschule Ostwestfalen-Lippe den Prozess wissenschaftlich<br />
erforschen. StadtBauKultur NRW begleitet<br />
und dokumentiert das Pilotprojekt, damit auch andere<br />
Kommunen, Initiativen oder Hauseigentümer<br />
von den Erfahrungen in Nieheim profitieren und das<br />
Konzept für ihren Ort adaptieren können.<br />
11<br />
EINLEITUNG UND HINTERGRUND<br />
Wichtiger Bestandteil des Projektes ist zudem die<br />
Qualifizierung von Flüchtlingen. Diese erfolgt zum<br />
einen durch die Beschäftigung von Flüchtlingen als<br />
Praktikanten oder Auszubildende in den beauftragten<br />
Handwerksbetrieben. Dadurch wird das Potenzial<br />
insbesondere der jungen Asylsuchenden genutzt,<br />
die eine sinnvolle Aufgabe und vor allem auch langfristig<br />
eine berufliche Perspektive erhalten.<br />
Zum anderen werden einfache handwerkliche Tätigkeiten,<br />
die auch durch ungelernte Kräfte geleistet<br />
werden können, von Flüchtlingen, Studierenden und<br />
Ehrenamtlichen selbst erbracht. Durch diese enge<br />
Einbeziehung in die Baumaßnahmen können nicht<br />
nur die Baukosten gering gehalten werden. Zudem<br />
stärkt das „Selberbauen“ die Identifikation mit dem<br />
Projekt und trägt durch die gemeinsamen Aktivitäten<br />
weiter zur Integration bei. Sprachliche und kulturelle<br />
Barrieren können abgebaut und ein gemeinschaftlicher<br />
Erfahrungsschatz geschaffen werden.<br />
Ein Ort, den man selbst mit viel Eigenleistung und<br />
Herzblut gestaltet hat, stärkt die Verbundenheit und<br />
kann zur neuen Heimat werden.<br />
Dipl.-Ing. Tim Rieniets<br />
Landesinitiative StadtBauKultur NRW<br />
Tim Rieniets ist Geschäftsführer von StadtBauKultur NRW. Ausgebildet als Architekt<br />
hat er sich in seinem beruflichen Werdegang der Erforschung, Vermittlung und Diskussion<br />
zeitgenössischer Fragen in Architektur und Städtebau gewidmet. In diesem<br />
Tätigkeitsfeld engagierte er sich als freiberuflicher Kurator und Publizist, sowie als<br />
Gastprofessor an der TU München und als Dozent an der ETH Zürich. Er war an Forschungs-<br />
und Ausstellungsprojekten im In- und Ausland beteiligt und ist Herausgeber<br />
mehrerer Fachbücher.<br />
Getragen wird das Projekt durch einen Zusammenschluss<br />
der Stadt Nieheim, der Technischen Hochschule<br />
Ostwestfalen-Lippe, StadtBauKultur NRW<br />
und weiteren Partnern. Die Immobilie wird von<br />
der privaten Eigentümergemeinschaft für die Dauer<br />
des Projekts zur Verfügung gestellt. Das Land<br />
Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt mit rund<br />
300.000 Euro aus einem Städtebau-Sonderprogramm<br />
für die Integration von Flüchtlingen.<br />
Dr. Christine Kämmerer<br />
Landesinitiative StadtBauKultur NRW<br />
Bereits seit Beginn des Sommersemesters setzen<br />
sich Studierende vor Ort mit dem Gebäude und seiner<br />
Umgebung auseinander, um die anschließenden<br />
Planungs- und Baumaßnahmen vorzubereiten. Im<br />
Spätsommer treffen sich Studierende und Flüchtlinge<br />
dann im Haus zu einer „Heimatwerkstatt“, um<br />
Christine Kämmerer betreut als Projektmanagerin bei StadtBauKultur NRW die Themenfelder<br />
UmBauKultur und LebensRäume. Die Kunst- und Bauhistorikerin absolvierte<br />
neben ihrer Promotion den Studiengang Redevelopment an der RWTH Aachen.<br />
Als freie Redakteurin, Autorin und Kuratorin sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
in verschiedenen Institutionen in Nordrhein-Westfalen beschäftigte sie sich u. a. mit<br />
Umbauprozessen sowie Sport- und Grünflächenplanung.
KONZEPTIONELLE PHASE
Vectorworks Educational Version<br />
Kartenausdruck<br />
www.tim-online.nrw.de<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Vectorworks Educational Version<br />
www.tim-online.nrw.de<br />
ca. 1 : 2000<br />
Geobasisdaten der Kommunen und des Landes NRW © Geobasis NRW - Keine amtliche Standardausgabe<br />
Für Geodaten anderer Quellen gelten die Nutzungs- und Lizenzbedingungen der jeweils zugrundeliegenden Dienste<br />
28.4.2016 14:21<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Geobasisdaten der Kommunen und des Landes NRW © Geobasis NRW - Keine amtliche Standardausgabe<br />
Für Geodaten anderer Quellen gelten die Nutzungs- und Lizenzbedingungen der jeweils zugrundeliegenden Dienste<br />
28.4.2016 14:57
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall, Verena von Ohlen<br />
Potenziale und Herausforderungen in Nieheim<br />
Stadtforschung<br />
Die Studierenden des Bachelorstudiengangs Stadtplanung haben sich im Modul<br />
Stadtforschung mit der Stadtstruktur Nieheims beschäftigt.<br />
Anlass<br />
Die ausgesuchte Kleinstadt Nieheim sieht sich seit einem<br />
längeren Zeitraum mit einem Bevölkerungsrückgang<br />
konfrontiert, der neben der demografischen Entwicklung<br />
auch durch Wanderungsverluste begründet<br />
ist. Belastbare Prognosen zeigen auf, dass sich diese<br />
Entwicklung auch in der Zukunft fortsetzen wird,<br />
wenn die Stadt nicht aktiv entgegensteuert.<br />
Im Zentrum der stadtplanerischen Bemühungen der<br />
letzten Jahre steht die Stabilisierung der historischen<br />
Ortskerne. Die Städte möchten daher Neubürger in<br />
ihrer Mitte begrüßen und sie in ihr vielfältiges gesellschaftliches<br />
Leben einbinden. Periphere Gebiete und<br />
Kleinstädte sind seit Jahren stärker vom demografischen<br />
Wandel betroffen als Mittelstädte, somit können<br />
die vielen (jungen) Flüchtlinge eine Chance für<br />
die peripheren Lagen und Kleinstädte darstellen. Einerseits<br />
um Menschen zu helfen und ihnen eine neue<br />
Lebensperspektive zu geben und andererseits sie als<br />
Neubürger zu gewinnen, um so auf die mit dem demografischen<br />
Wandel verbundenen Probleme angemessen<br />
und erfolgreich zu reagieren.<br />
Voraussetzung für die Ausschöpfung der Potentiale,<br />
die von den Flüchtlingen ausgehen, ist deren dauerhafte<br />
Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft.<br />
Hierfür sind tragfähige, durchdachte und passgenaue<br />
Konzepte erforderlich, die die Teilhabechancen der<br />
Flüchtlinge fördern.<br />
Ein besonderer Gewinn für die Städte würde darin<br />
bestehen, leerstehende, stadtbildprägende Gebäude<br />
zu erhalten und im Zuge der Integration von Flüchtlingen<br />
mit neuen Nutzungen belegen zu können. Für ein<br />
solches Pilotprojekt, „Heimatwerker“, hat die Stadt<br />
Nieheim erst kürzlich in Kooperation mit der Hochschule<br />
OWL und der Landesinitiative StadtBauKultur<br />
NRW eine Förderung zugesagt bekommen, was u.a.<br />
Anlass für diese Übungsaufgabe ist.<br />
Die Flüchtlinge und die Attraktivität Nieheims ist Anlass<br />
der Übungsaufgabe. Welche Voraussetzungen<br />
müssen geschaffen werden, um Flüchtlinge dauerhaft<br />
als Dorfbewohner zu gewinnen?<br />
Das Leben im ländlichen Raum hat trotz der strukturellen<br />
Probleme und Veränderungsprozesse viele<br />
Vorzüge gegenüber der Stadt, beispielsweise<br />
aufgrund seiner engen Sozialstruktur und gesunden<br />
Lebensbedingungen für den Einzelnen und für die<br />
Erhaltungsfunktion der Daseinsvorsorge. Ländliche<br />
Kommunen müssen die Stärke der Attraktivitätsund<br />
Qualitätskriterien sichtbar werden lassen. Einige<br />
Kommunen haben das Potential das von den Flüchtlingen<br />
ausgeht bereits erkannt, wie Nieheim mit dem<br />
Projekt Heimatwerker. Doch ist Nieheim als Bleibe für<br />
die Flüchtlinge attraktiv? Wie viel ist von der „notwendigen“<br />
Infrastruktur vorhanden?<br />
Aufgabenstellung<br />
Die Aufgabe im Modul Stadtforschung diente dazu,<br />
die Stadtstruktur Nieheims zu analysieren. In der<br />
ersten Übung ging es zunächst um das Dechiffrieren<br />
und Verstehen der Nieheimer Stadtstrukturen<br />
und -angebote. Gearbeitet wurde mit intuitiver<br />
Wahrnehmung vor Ort, aber auch mit einer analytischen<br />
Beschreibung des städtischen Angebots in<br />
Form von Karten und Diagrammen, in denen durch<br />
bewusstes Weglassen von Details bzw. durch eine<br />
vereinfachte, interpretierende oder überzeichnende<br />
Darstellung die wesentlichen Strukturen sichtbar<br />
gemacht wurden. Der Fokus lag dabei auf der<br />
Beschaffenheit und den Angeboten der Stadt für<br />
die Einwohner und besonders für die Flüchtlinge.<br />
Im 2. Übungsteil ging es um ein Konzept zur Weiterentwicklung<br />
der Stadt Nieheim. Wie kann man mit<br />
den im 1. Übungsteil gefundenen Potentialen und<br />
Mängeln umgehen? Offensichtlich ist die Stadt bei<br />
den Einheimischen und den Flüchtlingen nicht als<br />
dauerhafte Bleibeperspektive angesehen, welches<br />
durch die Schrumpfung signalisiert wird.<br />
Aufgabe im zweiten Übungsteil war es, alle recherchierten<br />
Defizite mit einem Nutzungs-Programm zur<br />
Attraktivitätssteigerung als Bleibeperspektive für<br />
die Flüchtlinge zu entwickeln. Die Flüchtlinge sind<br />
zunächst noch temporäre und später erhoffte dauerhafte<br />
Einwohner der Altstadt. Es geht um die Darstellung<br />
und Bewertung dieses Szenarios und der<br />
möglichen Auswirkungen auf das Stadtbild. Hierbei<br />
spielt das Potential der Region als Ganzes, also auch<br />
die Landschaft drum herum und benachbarte Städte<br />
eine große Rolle.<br />
15<br />
KONZEPTIONELLE PHASE
Julia Grzybowska, Philipp von Kölln<br />
16 Siedlungsstruktur<br />
Platz für neue Möglichkeiten<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
städtischer<br />
Haushalt<br />
Rückbau schlechter<br />
Bausubstanz<br />
Nieheimer<br />
Zugezogne<br />
Dagebliebene<br />
Identifikation &<br />
Zusammenhalt<br />
weniger<br />
Leerstand<br />
Raum für<br />
Grünflächen<br />
gesunde<br />
Wirtschaft<br />
Tourismus<br />
lebenswerte<br />
Stadt<br />
N<br />
Siedlungsstruktur o.M.<br />
Nutzungsstruktur<br />
Die Siedlungsstruktur der Nieheimer Altstadt zeichnet<br />
sich durch einen mittelalterlichen Stadtgrundriss<br />
aus. Die Gebäude sind zumeist giebelständig angeordnet.<br />
Zudem finden sich einige Solitärbauten im<br />
Amt Nieheim, bei denen es sich um repräsentative<br />
Gebäude wie das Richterhaus, das Rathaus, oder die<br />
Kirchen handelt.<br />
Eine baulich attraktive Nieheimer Innenstadt ist für<br />
das Konzept von entscheidender Bedeutung, um attraktiver<br />
für aktuelle Bewohner, sowie in und ausländische<br />
Zuwanderer – insbesondere Geflüchtete – zu<br />
werden.<br />
Als wichtigstes siedlungsstrukturelles Potenzial der<br />
Innenstadt Nieheims ist die mittelalterliche Stadtgestalt<br />
zu nennen. Es ist also von entscheidender<br />
Bedeutung, diese Struktur zu erhalten, ohne jedoch<br />
moderne Anforderungen an innerstädtische Bereiche,<br />
wie ausreichend Frei- und Grünräume, zu vernachlässigen.<br />
Innerhalb der Innenstadt gibt es mehrere leer stehende<br />
Gebäude, deren Bausubstanz einen Erhalt sehr aufwändig<br />
oder gar unmöglich macht. Durch den Rückbau<br />
dieser Gebäude würden nicht nur der Stadtgestalt abträgliche<br />
Gebäude entfernt, sondern auch Platz für innerstädtische<br />
Grünräume geschaffen werden. Andere<br />
Bauwerke gilt es zu sanieren und einer dauerhaften<br />
Nutzung zuzuführen. Beide Maßnahmen dienen dazu,<br />
die Attraktivität im Innenstadtbereich durch die Eliminierung<br />
unschöner Bausubstanz zu fördern.<br />
Wichtig ist es, für beide Maßnahmen einen finanziellen<br />
Unterbau zu schaffen.<br />
Die Errichtung von Neubauten ist zunächst nicht<br />
vorgesehen, da die entstehenden Baulücken nicht<br />
stadtbildverändernd oder -schädigend sind, sondern<br />
vielmehr einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen<br />
Freiraumgestaltung der Stadt leisten.<br />
Bei der Sanierung von Gebäuden sollte darüber<br />
nachgedacht werden, Geflüchtete mit einzubinden.<br />
Dies fördert zum einen die Identifikation und zum<br />
anderen die Integration in Nieheim. Es gilt ebenso<br />
zu hinterfragen, ob bauliche Elemente ausländischer<br />
Architektur en in Sanierungsarbeiten mit einfließen<br />
zu lassen. Ein solcher Ansatz könnte die Identifikation<br />
fördern und wäre besonders stadtbildprägend.<br />
Insgesamt bleibt durch diese Maßnahmen der mittelalterliche<br />
Charakter der Stadt erhalten, während<br />
gleichzeitig dessen Attraktivität gesteigert wird. Der<br />
dadurch zu erhoffende Beitrag zur Reduzierung der<br />
Abwanderung bei gleichzeitiger Zuwanderung trägt<br />
dazu bei, ein zukünftiges Verfallen von Bausubstanz<br />
zu verhindern und somit zu einer dauerhaft attraktiven<br />
Bausubstanz beizutragen. Die Verbesserung der<br />
Bausubstanz und der Siedlungsstruktur kann also<br />
dazu beitragen, Nieheim dauerhaft als lebenswerten<br />
Wohnstandort für alle Bevölkerungsgruppen zu etablieren<br />
und erhalten und weitere Menschen für das<br />
Wohnen in Nieheim zu begeistern.
Nutzungsstruktur<br />
Neunutzung von Leerständen<br />
städtischer<br />
Haushalt<br />
Nieheimer<br />
Zugezogne<br />
Dagebliebene<br />
Identifikation &<br />
Zusammenhalt<br />
Gebäudesanierungen<br />
kein Leerstand<br />
leben | wohnen | arbeiten<br />
gesunde<br />
Wirtschaft<br />
Tourismus<br />
lebenswerte<br />
Stadt<br />
17<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Moderne Bausubstanz<br />
N<br />
Nutzungsstruktur<br />
N<br />
Nutzungsstruktur o.M.<br />
Im ersten Teil wurde aufgezeigt, dass die Innenstadt<br />
Nieheims eine abwechslungsreiche Nutzungsstruktur<br />
aufweist. Diese ist weitgehend gewachsen und<br />
entspricht den Anforderungen der Stadt. Die Herausforderung<br />
besteht darin, für leer stehende Gebäude<br />
Nutzungen sicherzustellen, die dazu beitragen Nieheim<br />
langfristig zu einem attraktiven Wohn- und Arbeitsort<br />
für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen<br />
zu machen.<br />
Bestmöglich sollten neue Nutzungen ergänzt werden,<br />
vor allem um die Bildung, die Integration und<br />
das Miteinander der alteingesessenen und neuen<br />
Nieheimer zu fördern. Darüber hinaus soll die Arbeitsplatzsituation<br />
in Nieheim selbst durch neue<br />
wirtschaftliche Nutzungen ausgebaut werden.<br />
Kleinere Handwerksbetriebe, aber vor allem Einzelhändler<br />
und Dienstleistungsbetriebe sollten angezogen<br />
werden. Bei Misch- und Gewerbenutzungen<br />
ist darauf zu achten, dass es sich um emissionsarmes<br />
Gewerbe handelt und somit die Umgebung<br />
nicht negativ beeinflusst. Dazu gehören Schneider,<br />
Uhrmacher, Metzger, Bäcker, aber auch einzelhandelsorientierte<br />
Betriebe. Zudem ist es ein<br />
langfristiges Ziel, die Nahrungsmittelversorgung,<br />
die derzeit zum Teil noch durch einen Supermarkt<br />
im Nieheimer Gewerbegebiet gewährleistet wird,<br />
durch Einzelhändler auf der Marktstraße in der Nieheimer<br />
Innenstadt zu realisieren. Durch den Kaufkraftmagneten<br />
Nahrungsmittel, soll der innerstädtische<br />
Einzelhandel gefördert werden.<br />
Wohnnutzung<br />
Wohnunterkunft für Geflüchtete<br />
Mischnutzung<br />
Sondernutzung<br />
Gewerbe<br />
Leerstand<br />
neue Nutzungen<br />
Durch eine Kooperation mit dem Westfalen Culinarium<br />
könnten in leerstehenden Gebäuden Ladenlokale<br />
etabliert wenden, die Speisen aus dem In- und<br />
Ausland anbieten und zugleich durch die Kooperation<br />
dazu ermutigt werden, den kulturellen Hintergrund<br />
zu erläutern.<br />
Im Zuge dessen wäre es sinnvoll, eine zukünftige<br />
kulturelle Diversität Nieheims ebenfalls in den Vordergrund<br />
zu rücken und diese mit der Nieheimer<br />
Geschichte in Beziehung zu setzen. Insbesondere<br />
der jährliche Käsemarkt könnte dafür als Sprungbrett<br />
dienen.<br />
Durch die in diesem Kapitel dargestellten Maßnahmen<br />
könnte man in Zukunft neue Leerstände<br />
und damit stadtbildschädigende Entwicklungen<br />
weitgehend verhindern.
18 Soziale Infrastruktur<br />
Engagement ausbauen<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Bildungs- und Integrationsangebote<br />
Identifikation<br />
&<br />
Zusammenhalt<br />
Begegnungszentrum<br />
Werkstatt für<br />
Bürgerbus und<br />
Carsharing<br />
städtischer<br />
Haushalt<br />
soziale<br />
Angebote<br />
Nieheimer<br />
Zugezogne<br />
Dagebliebene<br />
gesunde<br />
Wirtschaft<br />
Tourismus<br />
lebenswerte<br />
Stadt<br />
weniger<br />
Leerstand<br />
N<br />
soziale Infrastrunktur o.M.<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Bebauung<br />
öffentliche Einrichtungen<br />
Ackerbürgerhaus<br />
Bildungseinrichtung<br />
kulturelle Einrichtung<br />
Änderung<br />
Arzt / Apotheke<br />
Wie oben dargelegt, ist – nicht zuletzt aufgrund des<br />
vorbildlichen bürgerschaftlichen Engagements der<br />
Nieheimer – eine ausgeprägte soziale Infrastruktur<br />
in Nieheim vorhanden. Im Kontext des Gesamtkonzeptes<br />
muss diese jedoch auch den zukünftigen Bedürfnissen<br />
angepasst werden.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Daseinsvorsorge soll<br />
im Richterhaus etabliert werden. Hier findet man<br />
ausreichend Platz um eine ambulante und stationäre<br />
Altenpflege zu ermöglichen. Dies ist erforderlich,<br />
da trotz einer Zuwanderung Nieheim in den nächsten<br />
Jahrzehnten durch einen großen Anteil älteren<br />
Bevölkerung gekennzeichnet sein wird. Im Richterhaus<br />
soll ein Begegnungsort zwischen jungen und<br />
alten Menschen geschaffen werden.<br />
Für Bildungs- und Integrationsangebote bieten sich<br />
die östlich der Pfarrkirche St. Nikolaus gelegeneren<br />
Leerständen an der Schäfer- und Marienstraße an.<br />
Diese Einrichtungen würden insbesondere dazu beitragen<br />
den Spracherwerb und somit auch die Integration<br />
von Zuwanderern aus dem nichtdeutschen<br />
Sprachraum zu fördern. Andersherum könnte es<br />
auch deutschsprachigen Bewohnern Nieheims die<br />
Möglichkeit bieten, andere Sprachen zu erlernen.<br />
Zudem könnten alle Bewohner von zusätzlichen<br />
Qualifikations- und Bildungsangeboten profitieren.<br />
Die Sportangebote könnten durch die erhöhte Anzahl<br />
an Teilnehmern ausgebaut werden, wodurch<br />
das aktive Leben insgesamt gesteigert wird.<br />
Zudem sollte berücksichtigt werden, dass viele Geflüchtete<br />
muslimischen Glaubensrichtungen angehören,<br />
sodass für ein Gefühl des Dazugehörens für<br />
diese Menschen die Schaffung einer oder mehrerer<br />
Moscheen sinnvoll erscheint.<br />
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass<br />
die soziale Infrastruktur in Nieheim ausgebaut werden<br />
muss. Dieser Infrastrukturausbau kommt dann<br />
sowohl Zuwanderern als auch alteingesessenen Nieheimern<br />
zu Gute. Dennoch ist die Etablierung von<br />
Sprachschulen ein entscheidender Schritt.
Mängel<br />
Missstände umkehren<br />
Die vorangegangenen Konzepterläuterungen machen<br />
deutlich, dass es möglich ist, auf eine Vielzahl<br />
von Mängeln positiv einzuwirken. Dies betrifft, insbesondere<br />
aus städtebaulicher Sicht, die Leerstände.<br />
19<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Gezielter Rückbau ermöglicht eine Optimierung der<br />
Siedungsstruktur, indem leerstehende Gebäude reduziert<br />
und neue Freiflächen geschaffen werden. Die<br />
Reduktion ungenutzter Häuser trägt dazu bei, Unorte<br />
zu beseitigen und positiv auf das Stadtbild einzuwirken.<br />
Leerstehende Gebäude, deren Bausubstanz eine Sanierung<br />
ermöglichen, werden großteilig saniert und<br />
wieder aktiv genutzt, sodass ein Verfall und somit<br />
negative Auswirkungen auf ihre Umgebung verhindert<br />
werden.<br />
N<br />
Mängel o.M.<br />
Durch ein städtebauliches Gesamtprojekt, können<br />
Unorte zu einem Raum entwickeln werden, der<br />
durch seine Aufenthaltsqualität dazu beiträgt, dass<br />
die Menschen sich gerne in der Nieheimer Innenstadt<br />
aufhalten. Ein neues Straßenraumkonzept<br />
führt ebenso wie die Sanierung der Häuser an den<br />
Straßenrändern und das Grün am Straßenrand dazu,<br />
dass der öffentliche Raum insgesamt lebenswerter<br />
wird und die vorhandene Unorte, die derzeit vor allem<br />
in der Nähe der Leerstände zu finden, sind sich<br />
positiv verändern.<br />
Eine bessere Anbindung der Nieheimer Innenstadt<br />
mit anderen Ortsteilen fördert die Vernetzung, welche<br />
derzeit noch Mängel aufweist. Dieser Mangel<br />
macht Nieheim für viele Zielgruppen zu einem unattraktiven<br />
Wohn- und Arbeitsort. Ehrenamtlich ist<br />
diese wichtige Aufgabe nicht zu leisten.<br />
Für eine lebendige und attraktive Stadt ist es<br />
entscheidend, dass die Innenstadt nicht nur als<br />
Wohnquartier dient. Insbesondere Einzelhandel<br />
und kulturelle Angebote sorgen dafür, dass<br />
sich in einem Viertel nicht nur die dort lebende<br />
Bevölkerung aufhält, sondern eine Anziehungskraft<br />
auf umliegende Räume ausgeübt wird.<br />
Insbesondere das Westfalen Culinarium ist dafür<br />
prädestiniert, eben diese beiden Aspekte – Kultur<br />
und Einzelhandel – miteinander zu verbinden.<br />
Um ein derartiges Einzelhandels- und Kulturkonzept<br />
aufzustellen, bedarf es jedoch dem<br />
aktiven Mitwirken aller Beteiligten. Wenn die Aktivierung<br />
aller jedoch gelingt, kann in Nieheim<br />
ein Mangel in ein für alle vorbildliches Konzept<br />
gewandelt werden.<br />
Neben den oben angesprochenen Punkten ist im Hinblick<br />
auf die zukünftig gegebenen Anforderungen die<br />
soziale Infrastruktur ebenfalls zum Teil mangelhaft.<br />
Allerdings muss man sich bewusst machen, dass bereits<br />
jetzt ein großes ehrenamtliches Engagement in<br />
Nieheim vorhanden ist, vor allem was das Mitwirken<br />
in sozialen Einrichtungen und anderen Vereinen betrifft.<br />
Es gilt, weitere Bürger für ehrenamtliche Arbeiten<br />
zu aktivieren.<br />
Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten:<br />
Die Behebung der Mängel wirkt sich sowohl auf<br />
alteingesessene Nieheimer, als auch Zugewanderte<br />
positiv aus. Insbesondere die Aufwertung des<br />
Stadtbildes und die Verbesserung der Infrastrukturen<br />
würde es Zugezogenen aus anderen Ländern<br />
erleichtern, in Nieheim Fuß zu fassen. Werden die<br />
Mängel wie oben beschrieben behoben, als indem<br />
man das bereits vorhandene Ehrenamt als Sprungbrett<br />
für weitere soziale Aktivitäten in Vereinen und<br />
städtischen Institutionen nutzt, wäre es möglich die<br />
Integration Neuzugezogener zu erleichtern und alteingesessene<br />
Nieheimer in Nieheim zu halten.
Maximal zwei<br />
Vollgeschosse<br />
Verschiedene<br />
Dachformen<br />
möglich<br />
Verschiedene<br />
Nutzungen<br />
möglich<br />
und anfassen“ für die Touristen attraktiv zu machen,<br />
führen wie in der zweiten Perspektive zu erkennen,<br />
zwischen den Weiden und Felder Fußwege entlang, die<br />
von Streuobstbäumen begleitet werden. Diese sollen<br />
zur Herstellung des Kontakts zwischen Mensch und Tier<br />
dienen, in dem die Tiere damit gefüttert werden könne.<br />
Insgesamt soll durch dieses Konzept das Interesse<br />
an eine ökologische Landwirtschaft, artgerechter Tierhof<br />
Demeter Bauernhof<br />
Perspektive 2: Fußweg zwischen den Weiden und Feldern, beg<br />
Menschen und Tieren.<br />
Nach dem Rückbau von<br />
Gebäuden werden<br />
neben der Renaturieesteht<br />
die Möglichkeit des<br />
aus. Hierbei Futter ergeben sich zahlreiche<br />
chekeiten, die die in NIEHEIMneo<br />
griffen werden. So ist zum Beispiel<br />
emeinschaftliche Nutzung der<br />
Freifläche, Dünger ein Aufteilen der Grundunter<br />
umliegenden Nachbargrundn<br />
oder eine Renaturierung denkbar.<br />
n der Prozess der Schrumpfung vermt<br />
werden, auf mögliche Herausungen<br />
eingegangen werden, sowie<br />
deregulierte Nutzungsmöglichkeis<br />
diesen positive Tourismus Aspekte Streuobst gezogen<br />
iten<br />
n.<br />
Nahrungsmittel<br />
rde Obst Gemüse Getreide<br />
Spinat<br />
Kräuter<br />
Karotten<br />
Zuckerrüben<br />
Mais<br />
Hafer<br />
Alley A l e<br />
Gerste<br />
Biogasrundweg<br />
Perspekt<br />
Nach Beendigung der<br />
Zwischennutzung<br />
können Gebäude<br />
zurückgebaut werden.<br />
Hierbei entstehen<br />
flexibel nutzbare Freiflächen,<br />
die ebenso dem<br />
Prinzip der Deregulation<br />
folgen.<br />
Regionale Produkte<br />
Am Brodberg<br />
markt Hofladen Foodsharing<br />
gsbereich hanr<br />
Zeit konventi-<br />
Bauernhöfe in<br />
Ziel ist es, die<br />
or allem in den<br />
rn Eversen und<br />
verbessern und<br />
nbieten zu kön-<br />
Bio-Produkten<br />
ischen Anbau<br />
gute Möglich-<br />
Entwicklung zu<br />
eren Ertrag und<br />
a ein Hauptaslfältiger<br />
Anbau<br />
sbild und wird<br />
sreicher gestalkerflächen<br />
und<br />
on Hecken und<br />
n neue Biotope<br />
Durch das Vielie<br />
die Tierhalirtschaftlichen<br />
dass neue Kooperationen zwischen<br />
den beiden Dörfern entstehen kann. Alle Komponente<br />
des Futters müssen Biozertifiziert sein, sodass die<br />
Bauern zur Versorgung der Tiere Futter zusätzlich von<br />
den restlichen ökologischen Landwirten bekommen<br />
könnten, während diese im Gegenzug Düngermittel<br />
von den Bauernhöfen erhalten. Im Lageplan ist ein Ausschnitt<br />
zwischen Eversen und Entrup zu erkennen, welcher<br />
die mögliche Veränderung der Landschaft zeigt. Es<br />
sind große Flächen für die Tierhaltung vorhanden, sowie<br />
für den Gemüse und Getreide Anbau. Die extensive<br />
Blumenwiese welche überwiegend mit Klatschmohn<br />
bepflanzt werden, was man in der ersten Perspektive<br />
erkennen kann, soll als Wegeleitung des Radweges dienen,<br />
wie die dunkelroten Solarlampen und Holzbänke.<br />
Um den Bereich unter dem Aspekt „Natur zum erleben<br />
Deregulation<br />
Versch<br />
ten de<br />
Perspektive 1: Kunstradweg entlang der Weiden und Felder, d<br />
Maximal zwei<br />
Vollgeschosse<br />
Verschiedene<br />
Dachformen<br />
möglich<br />
Verschiedene<br />
Nutzungen<br />
möglich<br />
Verschiedene Möglichkeiten<br />
der Zwischennutzung<br />
als Alternative<br />
zum Leerstand. Kombination<br />
von Deregulation<br />
und großem Angebot<br />
an verfügbaren Häusern<br />
steigert Attraktivität.<br />
Perspektiv<br />
Sozia
Prof. Dipl.-Ing. Kathrin Volk, Bart Brands<br />
Nieheim o.T.<br />
Die Studierenden des Bachelor Stadtplanung haben sich im Projekt Landschaft<br />
mit neuen innovativen Lösungsansätzen für eine nachhaltige, freiraumbasierte<br />
Stadt- und Dorfentwicklung beschäftigt. Am Beispiel der schrumpfenden Stadt<br />
Nieheim sollten neben räumlichen Entwicklungen auch Prozesse und Aktivitäten<br />
im Raum mitgedacht werden. Dabei spielten auch Begriffe wie Dörflichkeit,<br />
Privatheit und Gemeinschaft eine Rolle.<br />
Aufgabe<br />
21<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Die Landschaftsarchitektur positioniert sich in einem<br />
weiten Feld zwischen Kunst und Wissenschaft, somit<br />
stellt das Entwerfen eine hochkomplexe Aufgabe dar.<br />
Neben ästhetischen Aspekten zählen auch geschichtliche,<br />
soziale, ökologische, kulturelle, ökonomische,<br />
gesundheitliche, politische und zeitliche Faktoren zu<br />
den Gesichtspunkten, welche in einem Entwurfsprozess<br />
stets neu gewichtet und zu einer Strategie synthetisiert<br />
werden müssen. In diesem sehr intensiven<br />
Abgleichungsprozess, welcher sich nicht linear vollzieht,<br />
gibt es nicht die eine richtige Lösung, sondern<br />
eine Vielzahl von Möglichkeiten, die unterschiedliche<br />
Lösungsansätze hervorbringen. Ein gelungener<br />
Entwurf geht aus der erfolgreichen Abwägung und<br />
Synthetisierung einer Vielzahl von Faktoren hervor,<br />
dessen Resultat eine qualitative Verbesserung des<br />
Vorhandenen darstellt.<br />
Thema des Projektes<br />
"Nieheim ist eine der Städte im Kreis Höxter mit den<br />
geringsten Bevölkerungszahlen, es leben dort ca.<br />
6.700 Einwohner auf etwa 80 qkm, davon ca. 3.000<br />
Personen im Kernort, der den Siedlungsschwerpunkt<br />
darstellt. Daneben existieren neun weitere, kleine<br />
Ortschaften. Der Kernort weist neben dem historisch<br />
geprägten Stadtzentrum Wohngebiete, ein Gewerbegebiet,<br />
sowie ausgedehnte, teilweise öffentliche<br />
Grünbereiche auf.", so wird die Stadt Nieheim im Integrierten<br />
Handlungskonzept aus 2011 beschrieben.<br />
Und an anderer Stelle heißt es "In der Stadt Nieheim<br />
wird für den gleichen Prognosezeitraum (von 20 Jahren)<br />
sogar mit einem (Bevölkerungs-) Rückgang von<br />
20 % gerechnet." Keine guten Aussichten, aber eine<br />
Herausforderung für Stadtplaner, Landschaftsarchitekten<br />
und Utopisten, die im besten Falle beides sind.<br />
Die Stadt Nieheim mit ihrem pittoresken Erscheinungsbild,<br />
der räumlichen Lage inmitten von Landschaft,<br />
der Problematik der Schrumpfung, kann Beispiel<br />
werden für die Entwicklung neuer Lebensstile<br />
und Lebenskulturen. Wachstum als Paradigma ist<br />
bekannt, funktioniert aber in ländlichen Raum immer<br />
weniger.<br />
Wie aber ändert sich unser Denken als Stadtplaner,<br />
wenn nicht Wachstum, sondern Stabilität zum Paradigma<br />
werden. Oder, noch weiter gedacht: wenn<br />
Schrumpfung nicht als Makel, sondern als Gewinn von<br />
neuen Möglichkeiten, Freiheiten verstanden wird? Wie<br />
entwerfen und denken wir Stadt und Landschaft,<br />
wenn wir von vertrauten Handlungsmustern abweichen<br />
und neue erfinden müssen? Wenn die Idee der<br />
Gleichheit als Prinzip in allen Lebensräumen der Bundesrepublik<br />
sich nicht aufrecht erhalten lässt und Unterschiede<br />
zum Qualtiätsmerkmal werden können?<br />
Nieheim hat als städtebauliche Tatsache Modellcharakter,<br />
der im Rahmen des Projektes Landschaft gedacht<br />
werden soll.<br />
Die Anforderungen und Chancen sind vielfältig:<br />
• Da sind die eingesessenen Bürger, für die Nieheim<br />
Heimat und Lebens und Arbeitsort ist.<br />
• Da sind junge Menschen, die Nieheim verlassen,<br />
weil sie keine Zukunft dort sehen.<br />
• Da sind Flüchtlinge, die neu ankommen und für die<br />
Nieheim ein Ort ist, an dem sie mehr oder weniger<br />
freiwillig sind, Heimat ist es nicht.<br />
• Da ist der beeeindruckende Landschaftsraum,<br />
der Potentiale bietet für die Entwicklung neuer<br />
Post-Wachstums-Ökonomien und Lebensstile, die<br />
landschaftsbasiert und fortwärtsgewandt sind.<br />
• Was fehlt, sind Ideen, Konzepte, Utopien für<br />
die Zukunft Nieheims, die nicht aus der Sicht<br />
der klassischen Wachstumsstrategien entstehen.<br />
Stattdessen gilt es, neue Fragen zu stellen,<br />
mutig und ehrlich über eine Zukunft Nieheims<br />
nachzudenken.<br />
Nieheim bietet alle Potenziale für eine innovative,<br />
experimentelle Auseinandersetzung mit der Frage<br />
wie Landschaft, Freiraum, öffentlicher Raum ein innovatives<br />
zusammenhängendes Raumgefüge bilden<br />
können, das zu vielfältigen Nutzungen einlädt. In Nieheim<br />
sollte untersucht werden, wie Landschaftsraum<br />
Einfluss nehmen kann, auf städtisches und/ oder<br />
ländliches Leben.
Jörn Bollhöfer, Verena von Ohlen, Thorsten Walper<br />
22<br />
Wandel am W.E.G.<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Perspektive Gemeinschaftsgarten<br />
Konzept<br />
Der Masterplan „Wandel am Weg“ soll einen Denkund<br />
Möglichkeitsraum abbilden, in dem neues Handeln<br />
angeregt wird. Bei der Erarbeitung des Masterplanes<br />
ist darauf zu achten, dass die Chancen einer<br />
schrumpfenden Region, wie es bei Nieheim der Fall<br />
ist, gesehen werden und die vorhandenen Ressourcen<br />
der Stadt bei der Planung aufgegriffen werden.<br />
Besonders machen Nieheim folgende Aspekte: Das<br />
großzügige Angebot an Freiflächen in einer attraktiven<br />
Landschaft und die Bewohner, die sich engagieren<br />
und sich mit der Stadt identifizieren. Die Chancen<br />
liegen auch in den historisch gefestigten Gebäuden,<br />
die nun teilweise leer stehen. Bei Abriss und Neubau<br />
können positive Impulse entstehen, die auch infrastrukturelle<br />
Ressourcen aufgreifen. Insgesamt sind<br />
gerade die still liegenden Ressourcen zugänglich zu<br />
machen und miteinander zu verknüpfen, um eine Dynamik<br />
zu entfachen.<br />
Wie aus der Analyse hervorgeht, wird die Bevölkerung<br />
älter und in Zukunft schlechter versorgt sein,<br />
weshalb die Einführung von Gemeinschaftsgütern<br />
den nötigen Wandel zu einer stabilisierten Gesellschaft<br />
leisten kann. Dazu zählen also neue Formen<br />
der Lebensmittelversorgung, der Aufbau eines Netzwerkes<br />
für die Pflege, Anreize für gemeinschaftliches<br />
Wohnen und Gärtnern sowie ein Mobilitätskonzept.<br />
Ebenso soll die Einführung einer regionalen Währung<br />
die angestrebten Projekte stimulieren.<br />
Da eine wesentliche Gefahr schrumpfender Städte<br />
die gesellschaftliche Ausgrenzung ist, bei der vor allem<br />
alte Leute zurückbleiben, die sich nicht mehr am<br />
aktiven Leben in Nieheim beteiligen können, ist eine<br />
Stärkung der Gemeinschaft unumgänglich. Um einer<br />
Homogenität der Gesellschaft entgegenzuwirken<br />
müssen neue Voraussetzungen für eine Vielfalt unterschiedlicher<br />
Lebensstile geschaffen werden.
Neue Landschaftstypen<br />
Bachlandschaften<br />
Solidarische Landwirtschaft<br />
Waldgarten<br />
Neue Formen<br />
der Tierzucht<br />
Repräsentation<br />
der Gemeinschaft<br />
Verknüpfung<br />
23<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Nieheim Route<br />
neue<br />
Freiraumqualitäten<br />
Masterplan o.M.<br />
vertiefende<br />
Betrachtung<br />
vertiefende<br />
Betrachtung<br />
Lebensmittellager<br />
im<br />
alten Kornspeicher<br />
Bürgerbüro<br />
im<br />
Richterhaus<br />
Vertiefung Innenstadt o.M.<br />
Wohnen und Garten am Wallring<br />
Experimentelle Gärten<br />
Experimentelles Bauen<br />
Autofreie historische Altstadt<br />
Konzept Experimentelle Gärten o.M.
24<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Experimentelle Freiräume<br />
Verschiedene Lebensstile tragen zur Nieheimer Identität bei<br />
Die Stimulation erfolgt aber konkret auch mithilfe<br />
freiräumlicher und baulicher Experimente, sodass<br />
Investitionen in diesem Bereich gefördert werden:<br />
Zonal auf die Ortsteile und den Stadtkern begrenzte<br />
Regeln schaffen Impulse für gemeinschaftliche Garten-<br />
und Wohnkonzepte. Es geht dabei darum, Bewohner<br />
für die Gemeinschaftsprojekte zu mobilisieren,<br />
indem man Vorteile der Projekte aufzeigt und mit<br />
finanzieller Unterstützung erzeugt.<br />
Gezielt sollen Menschen, Vereine und Initiativen angesprochen<br />
werden, die ein Interesse haben, neue<br />
Formen des Zusammenlebens in Gärten und Wohngebäuden<br />
auszuprobieren. Dabei sollen auch temporäre<br />
Maßnahmen zugelassen werden, die eine<br />
Rückführung auf die vorherige Nutzung ermöglichen.<br />
Eine dauerhafte Umnutzung erfolgt nicht erzwungenermaßen,<br />
sondern in Zusammenarbeit mit den<br />
Menschen vor Ort.<br />
Konzept Experimentelles Bauen o.M.<br />
Konzept Lebensmittel<br />
Das Modell, das Nieheim damit repräsentiert, soll<br />
auch nach außen getragen werden. Einen Beitrag<br />
leisten dafür die unterschiedlichen Landschaftsformen,<br />
die im Zusammenhang mit dem Aufbau der<br />
solidarischen Landwirtschaft und einer nachhaltigen<br />
Tierzucht entstehen. Die Nieheimer Bachlandschaft<br />
eignet sich nicht nur für die Verknüpfung der Ortsteile<br />
untereinander, sondern zeigt auch alle charakteristischen<br />
Natur- und Kulturräume. Hier entsteht eine<br />
Radroute, die der Erholung dient und über die neuen<br />
Nieheimer Projekte informiert. Es soll erkennbar<br />
werden, dass Nieheim nicht nur vielseitige Ansichten<br />
bietet, sondern auch gemeinschaftsfördernd tätig ist.<br />
Perspektive Kornspeicher als Lebensmittellager
25<br />
KONZEPTIONELLE PHASE
Jan Belger, Thies Lübsen, Nikolaj Frank<br />
26<br />
Powerbank Nieheim<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Perspektive Floating Houses<br />
Konzept<br />
Das allgemeine Ziel des vorliegenden Masterplans,<br />
bezogen auf die Bevölkerungsanzahl ist die Stagnation.<br />
Durch die Maßnahmen des Masterplan werden<br />
Arbeitsplätze geschaffen, jedoch nicht so viele, dass<br />
es für eine Steigerung der Bevölkerungsanzahl ausreicht.<br />
Dieser positive Impuls sollte auf die Besonderheit<br />
Nieheims eingehen und dieses Potential nutzen,<br />
um die Probleme der Region zu lösen. Die Besonderheit<br />
und somit auch das Potential Nieheims sind landwirtschaftliche<br />
Flächen, welche im Masterplan eine<br />
wichtige Rolle spielen. Der Masterplan sieht eine Teilumnutzung<br />
der landwirtschaftlichen Flächen vor, um<br />
das Potential dieser Flächen voll zu entfalten, damit<br />
wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, die Bekanntheit<br />
und Attraktivität der Region zu steigern und somit<br />
aus der Abwärtsspirale zu gelangen. Das Modell funktioniert<br />
jedoch nur wenn die Effektivität und Funktionalität<br />
der Energielandschaften an erster Stelle steht<br />
und Design, bzw. Gestaltung sekundär ist.<br />
ist, liegt es ebenfalls von Interesse, Energie und Tourismus<br />
zu kombinieren. Daher wird eine Energiekurroute<br />
vorgesehen, die die Veränderungen Besuchern<br />
und Einwohnern nahe bringt.<br />
Investments<br />
2.Ausschüttung Restbetrag<br />
1.Reinvestierung<br />
Einspeisung<br />
Einnahmen<br />
Schema Reinvestition<br />
Es ist vorgesehen, mehrere kleinere Energielandschaften<br />
zu errichten, welche sich jedoch in der<br />
Makro-Ebene zu drei großen Bereichen zusammenfassen<br />
lassen. Diese Energielandschaften bestehen<br />
aus Energie aus Biomasse, Windenergie und Solarenergie.<br />
Überschüssige Energie aus den Energielandschaften<br />
wird primär in den Stauseen gespeichert,<br />
um die Region bei einem hohen Bedarf mit Energie zu<br />
versorgen und in das öffentliche Hochspannungsnetz<br />
eingespeist, um aus überschüssiger Energie Geld<br />
zu erzielen, welches wiederum reinvestiert werden<br />
kann, um Nieheim zu helfen. Da Nieheim ein Kurort<br />
A ley A l e<br />
Biogasrundweg<br />
Am Brodberg<br />
Vertiefung Biogasanlagen o.M.
Vectorworks Educational Version<br />
Eversen<br />
Einwohner: 448<br />
Sommersell<br />
Einwohner: 653<br />
27<br />
Himmighausen<br />
Einwohner: 471<br />
Merlsheim<br />
Einwohner: 327<br />
Oeyenhausen<br />
Einwohner: 500<br />
Bereich 1<br />
Entrup<br />
Einwohner: 346<br />
Nieheim<br />
Einwohner: 2869<br />
Holzhausen<br />
Einwohner: 377<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Schönenberg<br />
Einwohner: 56<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Erwitzen<br />
Einwohner: 138<br />
Potentielle Flächen für..<br />
..Biogasanlagen<br />
landwirtschaftliche Fläche<br />
Kurroute<br />
..Windkraftanlagen<br />
Waldflächen<br />
Lieferwege der Landwirte<br />
..Photovoltaikanlagen<br />
Naturschutzgebiet<br />
Gebietsgrenze<br />
..Speicherstauseen<br />
Landwirtschaftsbetriebe<br />
Schallschutzgebiete<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Landwirtschaft Deichanlage Speicher<br />
Pumpkraftwerk<br />
Retentionsflächen<br />
Masterplan o.M.<br />
1:20000<br />
Vertiefung Wasserspeicher o.M.
Daniela Vogt, Tabea A. Paulsen, Jan Philipp Steffen<br />
28<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Karriere im ländlichen Raum - neue Chancen<br />
für Nieheim<br />
Freies Internet<br />
Siedlungsflächen<br />
Mobile Praxis<br />
Straßen<br />
Schule<br />
Wanderwege<br />
Kindergarten<br />
Kinderbetreuung<br />
durch Senioren<br />
ÖPNV<br />
Hofladen<br />
Open Air Kino<br />
Point of Interest<br />
Wald<br />
Gewässer<br />
Landwirtschaft<br />
Home-Office|9-to-5 Job|<br />
Global Worklife<br />
Mögliche Forschungsstandorte<br />
Tourismus<br />
Grenze von Nieheim<br />
Maßstab M 1:20.000<br />
Masterplan o.M.<br />
SOMMERSELL<br />
EVERSEN<br />
ENTRUP<br />
HIMMIGHAUSEN<br />
OEYNHAUSEN<br />
NIEHEIM<br />
MERLSHEIM<br />
HOLZHAUSEN<br />
SCHÖNENBERG<br />
ERWITZEN<br />
Besonderheiten der Dörfer o.M.<br />
Vertiefung o.M.<br />
Konzept<br />
In dem strategischen Masterplan wird ein Blick auf<br />
die Gesamtstadt Nieheim geworfen, damit für die<br />
zukünftige Stadtentwicklung im Ganzen Optionen<br />
und Perspektiven aufgezeigt werden können, die die<br />
räumlichen Entwicklung der Stadt unterstützen.<br />
Ausgelegt ist der Masterplan in der Regel für einen<br />
Zeitraum von zehn bis 20 Jahren, so dass erste Erfolge<br />
in diesem Zeitabschnitt sichtbar werden sollten. Es<br />
wird bei den Stärken der Stadt angesetzt. Die eigene<br />
Analyse hat ergeben, dass die landwirtschaftlichen<br />
Nutzflächen ein hohes Potenzial ausweisen, so dass<br />
die Idee der Selbstversorgung aufgenommen wurde.<br />
Innerhalb dieses Kernthemas sollte erreicht<br />
werden, dass Nieheim eine Besonderheit erhält,<br />
mit der sich die Stadt von umliegenden Kommunen<br />
abheben kann. Doch Nieheim hat nicht nur im Bereich<br />
der Landwirtschaft eine Stärke, sondern auch<br />
in der ÖPNV-Anbindung, der Versorgung der Dörfer,<br />
Karrieren und Familie und Freizeit kombiniert mit<br />
ländlichem Leben.
29<br />
Entwicklungsphasen<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Vertiefung Innenstadt o.M.<br />
Als Inspiration für die Neuerungen dienen die Bedürfnisse<br />
der Bürger, da der Masterplan nur seine volle<br />
Wirkung entfalten kann, wenn er von den Menschen<br />
angenommen wird. Damit das Hauptziel erreicht werden<br />
kann, stehen im Masterplan für die Entwicklung<br />
Nieheims vor allem diversifizierte Karriereoptionen<br />
für den ländlichen Raum im Fokus, die eine Vereinbarkeit<br />
unterschiedlicher Berufsgruppen mit einem<br />
ländlichen Lebensstil ermöglichen sollen. Dabei ist zu<br />
beachten, allen berücksichtigten Karrieretypen und<br />
ihren Erfordernissen gerecht zu werden, ohne dass<br />
andere Menschen und deren Karrieremöglichkeiten<br />
eingeschränkt werden. Aus diesem Grund sind in<br />
dem Masterplan verschiedene Räume aufgezeigt, in<br />
denen die jeweiligen Karrieren stattfinden können.<br />
Das Konzept basiert sowohl auf schon vorhandenen<br />
Karrierefeldern, wie der Landwirtschaft, die beibehalten<br />
wird, sowie auf innovativen, wie Global Worklife<br />
und Forschung, die kombiniert werden.<br />
Stadt Nieheim, die sich in unterschiedlichen Bereichen<br />
widerspiegeln. Zum Beispiel stellt es, parallel zur<br />
Landwirtschaft, eine zusätzliche Einkommensquelle<br />
für die ortsansässigen Landwirte dar, da sie entweder<br />
über touristische Angebote oder Vermietung von Unterkünften<br />
auf ihren Flächen eine Ergänzung zu ihrem<br />
regulären Einkommen erwirtschaften können.<br />
Landwirtschaft<br />
Forschung<br />
Tourismus<br />
Home Office<br />
Global Worklife<br />
normaler Betrieb<br />
Organisation<br />
Bedingungen an<br />
einen Luftkurort<br />
erfüllen<br />
freies Wlan<br />
evtl.<br />
Neuparzellierung<br />
Attraktivität<br />
der Wanderwege<br />
Leerstand<br />
reaktivieren<br />
Konversion<br />
Projekte<br />
Einführung der<br />
Kinderbetreuung<br />
Organisation des<br />
Kinderhotels<br />
Organisation des<br />
Co-working-Space<br />
Die Möglichkeit, durch Anpassungen des bestehenden<br />
Baurechts eine Flächenumnutzung durchzuführen,<br />
verursacht zahlreiche positive Effekte für die<br />
9 - to - 5 Job<br />
Organisation eines<br />
Bürgervereins<br />
Etablierung der<br />
Bürgerbusse<br />
Kinderbetreuung<br />
durch Senioren<br />
Zeit<br />
Zeitliche Karriereentwicklung
Jeroen Erhardt, Malte Reimann, Lennart Schminnes<br />
30<br />
Mein Nieheim - Nieheim den Nieheimern<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Bildung Kultur Landwirtschaft Energie<br />
Lokale Ökonomie<br />
Konzept<br />
Umbau<br />
Sanierung<br />
ÖPNV<br />
Der Masterplan soll einen gesunden Schrumpfungsprozess<br />
für die Stadt Nieheim ermöglichen, der Verwahrlosung<br />
einzelner Dörfer verhindert und somit<br />
ein attraktives Stadtbild erhält. Die Kernstadt soll<br />
stabilisiert und aufgewertet werden, der Leerstand<br />
unter anderem durch den Umzug der Dorfbewohner<br />
gefüllt werden und die Dörfer unterlaufen einem<br />
Rückbauprozess.<br />
Windpark<br />
Kulturroute<br />
Gemeindegenzen<br />
Knopfhöfe<br />
ÖPNV Shuttle<br />
Masterplan<br />
Im neuen Bildungskonzept steht zunächst die Verwurzelung<br />
der jungen Leute mit der Region im Vordergrund,<br />
um ein stärkeres Heimatgefühl zu erzeugen,<br />
damit die Abwanderung langsam abnimmt.<br />
Schüler übernehmen<br />
Hofaufgaben als Schulfach<br />
Neue Schulfächer:<br />
• Ackerbau/Grünland<br />
• Ökolandbau<br />
• Tierproduktion<br />
• Tiergesundheit<br />
• Ländliche Entwicklung<br />
Museen<br />
Museumsroute<br />
• Regionale Produkte<br />
• Kunsthandwerk<br />
• Landschaft<br />
Gym<br />
Real<br />
Haupt<br />
Forschun<br />
g/Wisse<br />
nschaft<br />
Verwaltu<br />
ng/Facha<br />
rbeit<br />
Hofarbeit<br />
/Technik<br />
Belieferung der<br />
Schulkantine<br />
regionale Produkte:<br />
• Schinken<br />
• Käse<br />
• Bier/Schnaps<br />
• Wolle<br />
• Huhn<br />
• Gemüse<br />
neues Bildungskonzept<br />
Kulturkonzept<br />
Nudeln<br />
Molke als Futter<br />
Ei<br />
diente früher<br />
als Grundlage<br />
Abfallprodukt<br />
Treber als<br />
Futter<br />
Grundlage<br />
Molke zum<br />
Verzehr<br />
Renaturierung<br />
Dorffolgelandschaft<br />
Landwirtschaft<br />
Mehl für<br />
Produktion<br />
Gerste als<br />
wichtiger<br />
Bestandteil<br />
Grundlage<br />
Bier und<br />
Schnaps zum<br />
Verfeinern<br />
Milch<br />
Energie<br />
Mist als Dünger<br />
Landwirtschaftskonzept<br />
Umbaukonzept
31<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Gewässer Sonderfläche Schutz Rückbau Gebäude Straße/Weg Acker/Wiese Wald Abstandsgrün<br />
Lageplan Holzhausen M 1:5000<br />
Das Energiefinanzierungskonzept soll die Wirtschaftlichkeit<br />
der Region fördern und Anreize für die Bewohner<br />
geben, sich mit den Erneuerbaren Energien<br />
auseinander zu setzen. Das Konzept läuft über verschiedenen<br />
Methoden, die die Finanzierung des Konzeptes<br />
sichern sollen. Zudem hat die Stadt Nieheim<br />
über die folgenden Jahre bzw. Jahrzehnte eine sichere<br />
Einnahmequelle, mit der weitere Projekte gefördert<br />
werden können.<br />
Nieheim besitzt für eine Stadt mit leicht über 6000<br />
Einwohnern viele regionale Museen, die alle in der<br />
Kernstadt in unmittelbarer Nähe zueinander zu finden<br />
sind. Die Idee hinter dem Kulturkonzept ist es,<br />
die Besucher der Museen noch näher an das Leben<br />
auf dem Land zu bringen und ihnen nicht nur landwirtschaftliche<br />
Praktiken aus der Vergangenheit zu<br />
zeigen, sondern auch aktuelle. Um dies zu erreichen,<br />
sollen die Museen eine Kooperationen mit verschiedenen<br />
Bauernhöfen im Umkreis Nieheims eingehen.<br />
Nieheims lokale Wirtschaft soll gestärkt werden.<br />
Hierbei muss Wert auf Regionalität und lokale Verbundenheit<br />
gelegt werden. Um diese Solidarität, dieses<br />
Regionalitätsbewusstsein, wieder zu schärfen soll<br />
es in Zukunft die „NieheimCard“ geben, mit der Nieheimer<br />
vergünstigt regional einkaufen können.<br />
Energielandschaft<br />
Lageplan Kirchenvorplatz o.M.<br />
Perspektive Marktstraße
Prof. Dr. Reiner Staubach<br />
32<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Qualitative Forschung in Nieheim und andernorts<br />
Bericht aus einem laufenden Lehrforschungsprojekt<br />
Seit dem Sommersemester 2016 wird durch das Lehrgebiet<br />
„Planungsbezogene Soziologie, Planungstheorie<br />
und -methodik“ ein Lehrforschungsprojekt zur<br />
„Integration von Zugewanderten in Städten und Gemeinden“<br />
betrieben, ohne dies allerdings offensiv als<br />
solches zu propagieren (vgl. Kühl 2009, S. 112). Es greift<br />
ein, nicht erst seit den Bildern über den im September<br />
2015 tot an den Strand bei Bodrum gespülten zwei<br />
Jahre alten Jungen Alan Kurdi, hochaktuelles gesellschaftliches<br />
Thema auf und stellt zugleich eine direkte<br />
inhaltliche Verknüpfung zwischen mehreren Lehr-Modulen<br />
her. Die Umsetzung erfolgte zunächst vor allem<br />
in „Empirische Sozialforschung“ und „Stadtsoziologie“<br />
und nach der Novellierung der Studienordnung im<br />
Rahmen der Module „Wissenschaftliches Arbeiten“<br />
und „Gesellschaft“. Daran beteiligt sind zumeist Studierende<br />
des zweiten und des vierten Semesters.<br />
Die Studierenden erhielten die Aufgabe, an Hand einer<br />
von ihnen selbst ausgewählten Gemeinde lokale Erfahrungen<br />
bei der Integration von Geflüchteten bzw.<br />
Zugewanderten zu dokumentieren sowie Hinweise<br />
auf Gelingensbedingungen zu identifizieren. Da es sich<br />
bei der Thematik der Integration von Geflüchteten für<br />
viele kleinere und mittlere Gemeinden im ländlichen<br />
Raum um eine (zumindest in der Dimension) in weiten<br />
Bereichen neue Herausforderung handelte, wurde<br />
den Studierenden als Forschungsstrategie ein induktiv-schrittweiser,<br />
punktuell sogar zirkulär angelegter<br />
Untersuchungsansatz empfohlen. Im Gegensatz zu<br />
der klassisch-linearen Untersuchungsstrategie mit<br />
dem Ziel der Überprüfung zu Beginn aufgestellter Hypothesen<br />
geht es bei der „Grounded Theory“ (Glaser/<br />
Strauss 1967) zunächst darum, generelle Grundannahmen<br />
herauszudestillieren um dann auf der Basis<br />
des fallbezogenen empirischen Materials zur weiteren<br />
Ausdifferenzierung und illustrativen Aufhellung des<br />
Kontextwissens im Themenfeld (u.a. Generierung weiterer<br />
Fragen für zukünftige Studien) beizutragen (Witt<br />
2001).<br />
Bei einem Lehrforschungsprojekt geht es um ein „forschendes<br />
Lernen“, das den Studierenden ein hohes<br />
Maß an Eigenständigkeit und Initiative abverlangt. Dabei<br />
kommt es vor allem zu einem praxisnahen Lernen,<br />
während die Grenzen des Wissenstransfers von der<br />
Hochschule zur Praxis punktuell überschritten werden<br />
können. In diesem Fall dient die Beobachtung der<br />
gelebten Praxis der Integration vor Ort primär als instruktives<br />
Feld zur Anreicherung von theoriebasierten<br />
Seminarinhalten. Der Theorie-Praxis-Anspruch dieses<br />
Lehrforschungsprojektes reicht damit nicht soweit wie<br />
etwa in der bereits klassischen Forschungsstrategie<br />
der „Aktionsforschung“ oder auch bei sog. „Reallaboren“<br />
im Zusammenhang mit Ansätzen „transdisziplinärer“<br />
bzw. „transformativer Forschung“, bei denen es<br />
letztlich sogar zu Formen der Einmischung und Intervention<br />
in lokale Prozesse kommen kann (vgl. Moser<br />
1997, Schneidewind 2014). Ein beeindruckendes Referenzbeispiel<br />
liefert hier das Projekt „Heimatwerker“ in<br />
Nieheim.<br />
Aufgabenstellung und methodische<br />
Vorgaben für die empirische Feldarbeit<br />
Untersuchungsdesign<br />
Vorgegeben wurde ein Methoden-Mix von qualitativen<br />
Instrumenten der empirischen Sozialforschung. In einer<br />
ersten wesentlich internetgestützten Erhebungsphase<br />
ging es um das Recherchieren und Sichten<br />
thematisch relevanter Veröffentlichungen („Kontext-
wissen“), das Zusammenstellen gemeindebezogener<br />
Daten (etwa durch Zugriff auf das Kommunalprofil bei<br />
IT-NRW oder die Ratsinformationssysteme der Städte<br />
und Kreise) sowie die sekundäranalytische Auswertung<br />
lokaler Statusberichte, Dokumente und Zeitungsartikel.<br />
Auf dieser Grundlage sollten die kontextuellen Bedingungen<br />
und spezifischen Herausforderungen bei<br />
der Aufgabe der Integration von Geflüchteten in der<br />
jeweiligen Gemeinde skizziert und analysiert werden.<br />
Um eine wirklichkeitsfremde Außenperspektive zu vermeiden,<br />
schloss sich als zweite Phase die eigene empirische<br />
Feldforschung an. Nach einer Begehung und<br />
Ortserkundung mit Fotodokumentation sowie ersten<br />
informellen Kontakten sollten leitfadengestützte<br />
qualitative Interviews („face-to-face“) als Einzel- oder<br />
Gruppengespräche im Sinne einer „verstehenden“ empirischen<br />
Methode durchgeführt werden (vgl. Gläser/<br />
Laudel 2010, 4f.).<br />
Triangulation<br />
Die nach der ersten Analysephase zu erstellende<br />
SWOT-Analyse zu den „Stärken“, „Schwächen“, „Chancen“<br />
und „Risiken“ bei der wohnörtlichen Integration<br />
von Geflüchteten in der untersuchten Gemeinde trägt<br />
dem in der integrierten Quartiersentwicklung inzwischen<br />
verbreiteten Paradigmenwechsel von der bloßen<br />
Problem- und Defizitorientierung hin zu einer Ressourcenorientierung<br />
Rechnung. Die Adressat*innen<br />
von Interventionen werden hier in ihrem jeweiligen<br />
sozialräumlichen Setting nicht primär als mit Leistungen<br />
zu versorgende Klient*innen betrachtet, sondern<br />
insbesondere als Träger*innen von Ressourcen und<br />
Begabungen, die es im Sinne von Potenzialen zu mobilisieren<br />
oder als identifizierte Stärken noch weiter<br />
auszubauen gilt.<br />
33<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Expert*innengespräche<br />
Interviewt werden sollten Expert*innen mit unterschiedlicher<br />
Nähe bzw. Distanz zum jeweils untersuchten<br />
Handlungsfeld: Geflüchtete bzw. Zugewanderte,<br />
Nachbar*innen, Schlüsselpersonen (z.B.<br />
Kioskbetreiber*innen), professionelle institutionelle<br />
Stakeholder (z.B. Sozialberater*innen, Quartiersmanager*innen).<br />
Es ging also nicht nur um die Wahrnehmungen<br />
und Interpretationen von Funktionseliten aus<br />
Verwaltung, Politik und professionellen Helfer*innen,<br />
sondern nicht zuletzt auch um jene von Laien (u.a.<br />
Freiwillige, Betroffene) mit Insiderwissen aus erster<br />
Hand. Auf der Basis von mindestens drei qualitativen<br />
Interviews sollte eine Perspektiven-Triangulation erfolgen,<br />
um im Sinne eines „Cross-checking“ verschiedene<br />
Beobachtungsstandpunkte herauszuarbeiten und vergleichend<br />
zu erörtern. In der prozessorientierten und<br />
prozessoffenen Untersuchungsstrategie konnten zugleich<br />
vorangegangene Recherche- und Analyseergebnisse<br />
(u.a. Interviews) nachfolgend diskret hinterfragt,<br />
intersubjektiv gedeutet und rückgekoppelt werden.<br />
Viele Studierende zeigten sich interessiert, die Anstrengungen<br />
zur Integration von Geflüchteten in ihrem<br />
eigenen Heimatort zu untersuchen. Handlungsleitend<br />
waren dabei nicht nur Motivation und Neugier<br />
sondern es wurden vor allem auch forschungspragmatische<br />
Überlegungen angestellt. Neben der ressourcensparsamen<br />
Kopplung der Recherchearbeit<br />
mit einem gleichzeitigen Heimatbesuch, versprachen<br />
sich die Studierenden vor allem Vorteile bei der Identifizierung<br />
und Akquise von Interviewpartner*innen.<br />
So schwärmten viele zunächst in ihre Heimatorte aus<br />
– und zwar nicht nur in der Region OWL sondern gerade<br />
auch in entferntere Gemeinden. Dort suchten sie<br />
etwa mit Hilfe von Verwandten oder Freunden, die sich<br />
bei der Entstehung einer Willkommenskultur vor Ort<br />
bereits engagierten, den Zugang zu relevanten lokalen<br />
Stakeholdern. Insgesamt ist festzustellen, dass das Interesse<br />
und die Offenheit für diese Semesteraufgabe<br />
bei den Studierenden jeweils beeindruckend groß waren.<br />
Tatsächlich bildet sich die gestiegene Diversität in<br />
unserer Einwanderungsgesellschaft immer mehr auch<br />
in den Reihen der Studierenden an der TH OWL ab, so<br />
dass es stellenweise auch zu einer Beschäftigung mit<br />
der eigenen Migrationsgeschichte kam.<br />
Die Herausforderungen der globalen<br />
Migrationsdynamik<br />
Seit Ende der 1950er Jahre sind in der Regel mehr Menschen<br />
nach Deutschland ein- als ausgewandert. Der<br />
Blick in die Statistik zeigt aber auch, dass die Wanderungssalden<br />
sehr stark fluktuieren. Verschiedentlich<br />
war die Wanderungsbilanz sogar negativ, zuletzt im Jahr<br />
2007. Allerdings hat die Abwanderung bzw. Remigrati-
34<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Wanderungssalden in Deutschland - (https://www.demografie-portal.de/SharedDocs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Wanderung_Deutschland_Ausland.html | 30.09.2019)<br />
on aus Deutschland niemals jene Aufmerksamkeit erhalten,<br />
die der Zuwanderung zuteilgeworden ist, auch<br />
wenn diese in der Dimension zum Teil erhebliche Ausmaße<br />
angenommen hat (vgl. Alscher/Kreienbrink 2014).<br />
Nach 2007 setzte vor allem in Folge der EU-Erweiterungen<br />
eine verstärkte Migration aus den von der<br />
Finanz- und Schuldenkrise besonders betroffenen<br />
Länder im Süden Europas ein. Zudem erfolgte nun<br />
ein vermehrter Zuzug aus den EU-2-Erweiterungsländern<br />
Bulgarien und Rumänien. Letzterer bezog sich<br />
zunächst allerdings vornehmlich auf großstädtische<br />
Ankunftsorte. Gerade in Bezug auf die EU-Binnenmigration<br />
ist zudem ein hohes Maß an Pendelmigration<br />
zu beobachten. Trotz der erheblichen medialen<br />
Aufmerksamkeit für die Fluchtmigration kommt<br />
der weit überwiegende Teil der Zuwanderung nach<br />
Deutschland aus EU-Ländern.<br />
Die nach Deutschland Zugewanderten stammten<br />
zu keinem Zeitpunkt aus homogenen Gruppen.<br />
Insofern ist festzustellen, dass „die Herkunft (…) nur<br />
eine Dimension unter vielen im multidimensionalen<br />
Gefüge sozialer Praxis in der deutschen Einwanderungsgesellschaft“<br />
markiert (Geiling 2012, S. 13). Dennoch<br />
konnte bei den Arbeitsmigrant*innen der 60er<br />
und 70er Jahre in gewissem Maße noch von (sozialer)<br />
„Unterschichtung“ gesprochen werden. Bei den heutigen<br />
Migrationsdynamiken im Zuge der Globalisierung<br />
kann davon allerdings kaum die Rede sein. In der Tat<br />
sind es im Kontext der Fluchtmigration vor allem die<br />
ressourcenstärkeren Individuen und Gruppen, die aus<br />
den unterschiedlichsten Gründen die Gefahren der<br />
Flucht auf sich nehmen. Sie weisen bei verschiedenen<br />
regionalen Herkunftsgruppen nicht selten sogar ein<br />
durchschnittlich höheres Bildungsniveau auf als in der<br />
Aufnahmegesellschaft anzutreffen.<br />
Trotz der gegebenen Vielfalt kann es durch die asylrechtlichen<br />
Verteilungs- und Unterbringungsstrukturen<br />
in den aufnehmenden Gemeinden zeitweise zu einer<br />
Homogenisierung nach Herkunft, Familienstatus, Geschlecht<br />
oder Alter kommen. Bei größeren Unterkünften<br />
in der Phase der Orientierung und Klärung der Bleibeperspektive<br />
werden hier Vorteile gesehen, Konflikten<br />
entlang nationaler oder ethnisch-kultureller Identitäten<br />
entgegenzuwirken und die oftmals traumatischen<br />
Fluchterfahrungen durch Unterstützung aus der eigenen<br />
Community besser bewältigen zu können. Dies<br />
verweist auf die Notwendigkeit, in den untersuchten<br />
Gemeinden nicht nur die lokalspezifischen Quantitäten<br />
in den Blick zu nehmen, sondern auch die sich verteilungsbedingt<br />
ergebende konkrete Zusammensetzung<br />
der Zugewanderten (Geschlecht, Altersgruppen, Familienstatus<br />
etc.). Die über 20 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund<br />
machen inzwischen etwa ein Viertel<br />
der bundesdeutschen Bevölkerung aus.<br />
Wegen der sehr unterschiedlichen räumlichen<br />
Verteilung von Zugewanderten ist die migrationsbedingte<br />
Diversität allerdings in städtischen<br />
Regionen alltäglicher als in ländlichen Gebieten.<br />
Etwa 50 Prozent von ihnen leben in Großstädten und<br />
hier oftmals in bestimmten „Ankunftsstadtteilen“<br />
(vgl. Saunders 2011). Die Vielfalt ist zudem in Westdeutschland<br />
deutlich stärker ausgeprägt als in den<br />
ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) (Cars-
tensen-Egwuom 2018). Anders stellt sich dies bei<br />
Spätaussiedler*innen dar, deren Verteilung deutlich<br />
stärker durch die Lage von Aufnahmezentren und<br />
Unterkünften, Quotensysteme und temporäre Wohnsitzverpflichtungen<br />
bestimmt ist. Wie aktuell auch die<br />
Geflüchteten sind diese Gruppen deutlich dezentraler<br />
verteilt (Kühn 2018, S. 13).<br />
Bedeutung der lokalen Ebene<br />
Zusammenhalt, Integration und Teilhabe werden wesentlich<br />
auf der lokalen Ebene hergestellt (vgl. Gesemann<br />
u.a. 2019, S. 12).<br />
Gemeinde, Stadtteil und Quartier markieren<br />
damit bedeutsame integrationspolitische Handlungsebenen.<br />
Hier können Geflüchtete mit verschiedenen<br />
Teilen der Aufnahmegesellschaft in<br />
Kontakt kommen.<br />
Der lokale Sozialraum wird dabei zu einem „Kommunikations-<br />
und Interaktionsraum“ (Filsinger 2009, S. 27).<br />
Dies kann Formen eines friedlichen Nebeneinanders,<br />
eines (aktiven) Miteinanders aber auch eines Gegeneinanders<br />
und der Abweisung umfassen. Im besten<br />
Fall sammeln Geflüchtete hier erste Erfahrungen der<br />
Wertschätzung und Anerkennung. Diese Funktion<br />
und Bedeutung bei der Erstintegration sollten sich die<br />
Kommunen bewusst machen (vgl. Schiefer 2017, S. 8).<br />
Wandels. Sie bestehen vielmehr auch darin, durch<br />
proaktives und präventives Handeln zukünftig sonst<br />
anfallende Kosten der Nicht-Integration bzw. mangelnder<br />
Integration möglichst niedrig zu halten (vgl. Gesemann<br />
u.a. 2012, S. 38).<br />
Querschnittsauswertung der<br />
Fallstudien<br />
Von den Studierenden wurden im Rahmen des Lehrforschungsprojektes<br />
56 unterschiedliche Gemeinden<br />
in Deutschland untersucht. 12 Gemeinden liegen außerhalb<br />
von NRW, überwiegend in Niedersachsen oder<br />
Hessen. Mit 29 Gemeinden befindet sich mehr als die<br />
Untersuchte Gemeinden - ("Wortwolke")<br />
35<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Trotz des in Artikel 28 des Grundgesetzes verankerten<br />
Primats der kommunalen Selbstverwaltung fungieren<br />
die Kommunen in weiten Bereichen im Rahmen<br />
ihrer Pflichtaufgaben als unterste staatliche Ebene<br />
und werden damit zu einem Ausführungsorgan staatlicher<br />
Politiken. Die verschiedenen „Meilensteine“ der<br />
staatlichen Integrationspolitik – von der „Unabhängigen<br />
Kommission Zuwanderung“ (2001), über das Zuwanderungsgesetz<br />
(2005) bis hin zum Integrationsgesetz<br />
(2016), – die der Tatsache Rechnung tragen, dass<br />
Deutschland zu einer Einwanderungsgesellschaft geworden<br />
ist, definieren über gesetzliche Rahmenvorgaben<br />
und Förderprogramme den für die Kommunen gegebenen<br />
Handlungsspielraum. Chancen liegen für die<br />
Kommunen nicht nur in den positiven Wirkungen bei<br />
der Bewältigung der Dynamiken des demografischen<br />
Lokale Handlungsfelder<br />
Hälfte in Ostwestfalen-Lippe. Die Größenordnungen<br />
bewegen sich zwischen Schieder-Schwalenberg (ca.<br />
8.500 EW/2018) und Hamburg (ca. 1,85 Mio. EW/2018).<br />
Vom Zeitfenster her lagen die Berichte der Studierenden<br />
zwischen 2016 und 2019. In diesem Zeitraum ist<br />
die anfänglich zu verzeichnende fluchtbedingte Migrationsdynamik<br />
deutlich zurückgegangen. So lag die Zahl<br />
der Erstanträge auf Asyl bis September 2019 mit knapp<br />
100.000 erstmals wieder unter dem Niveau von 2013,<br />
während die EU-Binnenmigration insbesondere aus<br />
den EU-2-Erweiterungsländern deutlich darüber liegt.<br />
Damit haben sich schrittweise auch die Herausforderungen<br />
in den Kommunen verschoben.<br />
Wohlgemerkt: Es handelt sich bei Berichten der Studierenden<br />
keinesfalls um evaluative Ansätze im Sinne von<br />
Wirkungsforschung. In der Summe der 56 Gemeinde-Berichte<br />
finden sich allerdings durchaus plausible<br />
Hinweise auf verschiedene Erfolgs- und Störfaktoren.<br />
Die studentischen Arbeiten liefern hier vor allem Anschauungsmaterial<br />
gerade in den Handlungsfeldern<br />
„wohnörtliche Unterbringung“ sowie „bürgerschaftliches<br />
Engagement und Willkommenskultur“. Die Ergebnisdarstellung<br />
der Querschnittsanalyse der Fallstudien<br />
erfolgt hier in zusammenfassender und anonymisierter<br />
Form. Es kann kaum überraschen, dass sich dabei<br />
zahlreiche empirische Befunde aus bereits vorliegenden<br />
Studien zum Stand der Integration von Zugewanderten<br />
bzw. von Geflüchteten in unterschiedlichen Gebietskulissen<br />
bestätigen (vgl. Gesemann u.a. 2019; Gesemann/Roth<br />
2017; Dymarz 2016, Schader-Stiftung 2014)
36<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Querschnittsaufgabe und<br />
„Chef*innensache“<br />
In vielen der hier untersuchten Gemeinden ist die Zuständigkeit<br />
für die Integration von Geflüchteten bzw.<br />
Zugewanderten als Querschnittsaufgabe direkt bei<br />
der jeweiligen politisch-administrativen Spitze der<br />
Kommune angesiedelt. Für kleinere und mittlere Gemeinden<br />
gilt dies um so mehr.<br />
Die öffentliche Haltung und Positionierung der<br />
Stadtspitze hat ganz offensichtlich eine große<br />
Bedeutung für die Entstehung und Verstetigung<br />
einer Willkommenskultur.<br />
Ihr kommt vor allem eine Symbolwirkung zu, die die<br />
Herstellung von Brückenschlägen zwischen Teilen der<br />
Aufnahmegesellschaft und der Zugewanderten offenbar<br />
entscheidend befördern kann.<br />
Aus mehreren Gemeinden ist zu hören, dass sich die<br />
Kommunen bei der Bewältigung der Herausforderungen<br />
zur Integration von Geflüchteten sowie auch anderer<br />
Zuwanderergruppen von den übergeordneten<br />
staatlichen Ebenen im Stich gelassen sehen. Zumal<br />
diese Entwicklung in großen Teilen oftmals gerade den<br />
supralokalen Weichenstellungen geschuldet sind. Insbesondere<br />
wird beklagt, dass die Kommunen meist<br />
auf einem erheblichen Teil der entstandenen Aufwendungen<br />
sitzen bleiben und damit im Widerspruch zum<br />
sog. „Konnexitätsprinzip“ die Kommunen von Bund<br />
und Land zwar neue Aufgaben zugeteilt bekommen,<br />
dies aber nicht mit einem angemessenen Mittelfluss<br />
verbunden ist.<br />
Ressourcen und Interventionsmöglichkeiten auf der<br />
kommunalen Ebene sind zwar durchaus begrenzt. Die<br />
Entwicklungen in den untersuchten Gemeinden zeigen<br />
aber, dass nicht wenige Kommunen die hier erkennbaren<br />
Handlungsspielräume in unterschiedlichem<br />
Ausmaß offensiv nutzen und dies sehr wohl einen Unterschied<br />
für die Geflüchteten machen kann (vgl. auch<br />
Gesemann u.a. 2019, S. 12).<br />
Wohnörtliche Unterbringung<br />
In zahlreichen Gemeinden konnten Anstrengungen zur<br />
wohnörtlichen Integration beobachtet werden, die bisher<br />
weder in dieser Form noch in dieser Dimension von<br />
den Kommunen bei der Wohnungsversorgung sonstiger<br />
prekärer Bedarfsgruppen unternommen worden<br />
sind. Während in der Vergangenheit zwar immer wieder<br />
Mischungskonzepte zur Vermeidung segregativer<br />
Tendenzen propagiert wurden, wird hier deutlich, dass<br />
dies trotz der sichtbaren Widernisse auf den lokalen<br />
Wohnungsmärkten in der Unterbringungsstrategie der<br />
meisten Kommunen auch praktisch angegangen wird.<br />
Wie nachhaltig diese Bemühungen angesichts der real<br />
existierenden Selektivitäten auf den Wohnungs- und<br />
Immobilienmärkten tatsächlich sein werden, bleibt<br />
abzuwarten.<br />
Zwar fanden sich gerade zu Beginn der gestiegenen<br />
Fluchtmigration nahezu überall noch die für<br />
eine Notversorgung typischen und für die erste Aufnahmephase<br />
rechtlich obligatorischen zentralen Gemeinschaftseinrichtungen<br />
bzw. Massenunterkünfte.<br />
Zugleich wurden aber konkrete Schritte zur kleinteiligen<br />
Versorgung von Geflüchteten eingeleitet und<br />
auch unternommen wie vor allem die Anmietung von<br />
Normalwohnraum bei Wohnungsgesellschaften oder<br />
Privateigentümern, der Ankauf von einzelnen Häusern<br />
oder auch der Neubau von Wohnungen mit innovativen<br />
Formaten (z.B. Modulbauweise). Davon profitieren<br />
angesichts des Nachfrageüberhangs vor allem Geflüchtete<br />
mit Familien, während alleinstehende Männer<br />
oftmals mit Gemeinschaftsunterkünften vorliebnehmen<br />
müssen.<br />
Hier kommt ein Handlungsprinzip zum Tragen,<br />
das zukünftig auch bei anderen prekären Versorgungsgruppen<br />
auf dem Wohnungsmarkt zugrunde<br />
gelegt werden sollte, nämlich "Housing First".<br />
Die in den Gemeinde-Berichten zitierten Interviewpartner*innen<br />
verweisen durchweg auf die große<br />
Bedeutung der Unterbringung von Zugewanderten in<br />
Normalwohnraum als Ort der Privatheit und individuellen<br />
Selbstvergewisserung.<br />
Entscheidend sind hier aber nicht nur Größe und Art<br />
der Unterkunft, sondern vor allem der konkrete Standort<br />
und die Lage im jeweiligen Stadtgebiet. Immer<br />
wieder finden sich hier Hinweise auf eine Ansiedlung<br />
in der Peripherie oder in schlechteren Lagen (Industriegebiet,<br />
Gewerbegebiet etc.). Ob sich hier tatsächlich<br />
Chancen auf Teilhabe und Interaktion mit der aufnehmenden<br />
Gesellschaft auftun, hängt nicht zuletzt von<br />
der Anbindung und Erreichbarkeit der Standorte sowie<br />
den individuellen Mobilitätsmöglichkeiten der Geflüchteten<br />
ab (vgl. IFS / IRS 2017, S. 70f.).<br />
Bürgerschaftliches Engagement und<br />
Willkommenskultur<br />
Beeindruckt hat vielfach aber das vor Ort vorgefundene<br />
bürgerschaftliche Engagement von Teilen der Aufnahmegesellschaft.<br />
Rückblickend scheinen sich dabei<br />
verschiedene Phasen aufzutun. Die in zahlreichen Gemeinden<br />
sichtbar werdende nahezu ostentative Willkommenskultur<br />
beflügelte die Engagementbereitschaft<br />
im Sinne einer Anfangseuphorie. Dann kamen erste<br />
Frusterfahrungen auf, etwa weil sich die kommunalen<br />
Dienststellen erst mühsam über Zuständigkeitsgrenzen<br />
hinweg verständigen mussten und noch keine<br />
konkreten Tätigkeitsfelder anbieten konnten. Auch<br />
Wohlfahrtsverbände mussten meist neue Strukturen<br />
aufbauen oder bemühten sich, bei vorhandenen<br />
Strukturen für die neuen Formen von (z.T. eher temporärem<br />
und unverbindlichem) freiwilligen Engagement<br />
kompatible Andockmöglichkeiten zu schaffen.<br />
Einzelne Bürger*innen wollten hier schließlich nicht<br />
länger warten, nahmen das Heft selbst in die Hand,
machten direkte Angebote für Geflüchtete (Sprachkurse,<br />
Hausaufgabenhilfe, Wohnraum etc.) und riefen andere<br />
zum Mitmachen auf.<br />
Abgesehen davon, dass bürgerschaftliches Engagement<br />
immer auch mit einem gewissen<br />
Eigennutz verbunden ist, finden sich in den<br />
Gemeinde-Berichten der Studierenden mehrfach<br />
Hinweise auf Win-Win-Situationen.<br />
Sprich die Aufnahmegesellschaft oder zumindest Teile<br />
von ihr profitieren nicht nur von der Zuwanderung<br />
im Sinne einer kulturellen Vielfalt und Bereicherung<br />
sondern auch ganz praktisch in Form von neuen Infrastrukturen<br />
(Beratungsstellen, Mobilitätsmöglichkeiten<br />
etc.) oder auch der Aufrechterhaltung von Angeboten,<br />
die auf Grund des demografischen Wandels gefährdet<br />
sind oder schon aufgegeben werden sollten (Sportvereine,<br />
Schulen, Nahversorger, Arzt etc.). Dies wird aber<br />
eher selten offensiv herausgearbeitet.<br />
Ein in diesem Zusammenhang in weiten Bereichen<br />
neues Phänomen ist, dass Migrant*innen der zweiten<br />
oder dritten Generation (häufig auch aus den Reihen<br />
der traditionellen Arbeitsmigrant*innen) gerade in den<br />
Großstädten die Entwicklung dieser Willkommenskultur<br />
stark mitgeprägt haben und sich als selbstbewusster<br />
(gewissermaßen „postmigrantischer“) Partner und<br />
lokaler Stakeholder einbringen (vgl. auch Haman u.a.<br />
2017, S. 115). Sie können mit ihrem selbstbewussten<br />
Handeln durchaus wichtige Rollenvorbilder für die<br />
Neuzugewanderten darstellen.<br />
Bürgerschaftliches Engagement kann insbesondere<br />
dann an seine Grenzen stoßen, wenn es als bloßer<br />
Lückenbüßer fungiert für den Abbau professionell<br />
vorzuhaltender staatlich-öffentlicher Standards der<br />
Daseinsvorsorge. Zudem kann es überfordert sein<br />
und sich allein gelassen fühlen, wo eigentlich professionelle<br />
Hilfe Not tut wie etwa bei der Unterstützung zur<br />
Bewältigung traumatischer Erfahrungen von Geflüchteten<br />
oder auch notwendigen kultursensiblen Pflegeleistungen.<br />
Die empirischen Befunde in den untersuchten Gemeinden<br />
verweisen nicht zuletzt darauf, dass die<br />
Wahrnehmungen und Einschätzungen der Erfolge<br />
und Wirkungen der lokalen Integrationsbemühungen<br />
abhängig sind von der jeweiligen Verortung und Beobachtungsperspektive<br />
der Interviewpartner*innen. Wie<br />
sich in der gegenüberstellenden Betrachtung und Erörterung<br />
auf der Basis von Triangulation zeigt, können<br />
diese im Einzelfall deutlich auseinandergehen.<br />
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vor Ort von<br />
Seiten der ansässigen Nachbar*innen gezeigten Ängste<br />
und Abwehrreaktionen bei der räumlichen Verteilung<br />
und Ansiedlung von Geflüchteten. Insbesondere benachbarte<br />
Eigentümer*innen haben in verschiedenen<br />
Gemeinden die Ansiedlung von Unterkünften oder<br />
Wohnprojekten kritisch kommentiert und zu verhindern<br />
versucht. Zum Teil gelang es den Kommunen<br />
mit Hilfe engagierter Bürger*innen aber auch, durch<br />
Informations- und Dialogveranstaltungen und das<br />
Organisieren von Kontakt und Austausch mit den Geflüchteten<br />
eine bessere Akzeptanz in der aufnehmenden<br />
Nachbarschaft sicherzustellen. Die sich vor Ort<br />
engagierenden Freiwilligen sind zwar selbst im Einzelfall<br />
nicht vor Enttäuschungen gefeit. Können aber auch<br />
positive Erfahrungen gegenüber einer eher vorurteilsbeladenen<br />
und stereotypisierenden Stimmungsmache<br />
ins Feld führen (vgl. Hamann u.a. 2017).<br />
37<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
Von der „Willkommenskultur“ zur „Anerkennungskultur“ (n. Schader Stiftung 2014, S. 101)
38<br />
KONZEPTIONELLE PHASE<br />
In diesem Zusammenhang wird immer wieder auf die<br />
Bedeutung von Orten der Begegnung hingewiesen.<br />
Jenseits notwendiger zielgruppenbezogener gemeinschaftlicher<br />
Treffs werden vor allem inklusive Angebote<br />
für die gruppenübergreifende Kommunikation<br />
zwischen den unterschiedlichen Geflüchteten selbst<br />
als auch mit den unterschiedlichen Teilen der Aufnahmegesellschaft<br />
als sinnvoll erachtet (z.B. interkulturelle<br />
Begegnungszentren oder -cafés). Durch die Sichtbarkeit<br />
der Geflüchteten sowie die Begegnung und<br />
Interaktion mit ihnen, können – ganz im Sinne der empirisch<br />
inzwischen in beeindruckender Weise belegten<br />
Kontakthypothese – auch Offenheit, Verständnis und<br />
Respekt gegenüber Vielfalt wachsen (vgl. Asbrock et al.<br />
2012, 204 ff.).<br />
Zwar ist die in vielen Gemeinden entstandene<br />
Willkommenskultur zu begrüßen. Noch fehlt es<br />
aber an der schrittweisen Etablierung einer „Anerkennungskultur“<br />
im Sinne eines Rechts auf<br />
Teilhabe.<br />
Dies wäre der nächste notwendige aber noch ausstehende<br />
Qualitätssprung (vgl. Schader-Stiftung 2014, S.<br />
100f.; vgl. Hamann u.a. 2017, S. 114). Wie in den Fallstudien<br />
mehrfach deutlich wurde, stellen sich die Herausforderung<br />
der Integration in den Gemeinden nicht nur<br />
in Bezug auf die Geflüchteten selbst sondern in „doppelter“<br />
oder gar „dreifacher“ Richtung (vgl. auch Kühn<br />
2018, S. 16). Dies gilt zum einen für die von Prekarisierung<br />
bereits betroffenen Teile der einheimischen Aufnahmegesellschaft<br />
bzw. jene, die sich auf Grund der<br />
vermeintlichen oder auch objektiven Konkurrenz um<br />
Ressourcen von Desintegration bedroht und durch die<br />
Politik vernachlässigt sehen. Zum anderen gilt für dies<br />
für die schon früher angekommenen Zugewanderten,<br />
die sich nun möglicherweise in ihrem eigenen Status<br />
gefährdet sehen und deshalb mit Zurückweisung und<br />
„Platzanweisergehabe“ auf Geflüchtete reagieren.<br />
Schlussbemerkung<br />
Weltweit waren Ende 2018 über 70 Millionen Menschen<br />
auf der Flucht – mehr als je zuvor seit Beginn<br />
der globalen statistischen Erfassung im Jahre 1951<br />
(Hanewinkel 2019). Doch nur ein Bruchteil von ihnen<br />
findet bislang den Weg nach Europa. Immerhin 15 der<br />
56 von den Studierenden untersuchten Gemeinden<br />
gehören zu jenen 101 meist größeren Städten in dem<br />
bundesweiten Bündnis der Seebrücke, das sich für einen<br />
„sicheren Hafen für Geflüchtete“ einsetzt<br />
(www.seebruecke.org).<br />
Jenseits der Fluchtmigration belegen die vhw-Migrantenmilieu-Surveys<br />
zu den Einstellungen und Lebenswelten<br />
Zugewanderter und ihrer Nachfahren nachdrücklich,<br />
dass die jeweiligen Lebenswelten (soziale<br />
Lage, Familienstatus, Bildungsnähe etc.) letztlich andere<br />
Faktoren wie ethnische Herkunft oder die religiöse<br />
Zugehörigkeit überlagern. Insbesondere verweisen<br />
sie darauf, dass sich die empirisch vorgefundenen<br />
Migranten-Milieus ähnlich strukturieren wie jene der<br />
Aufnahmegesellschaft nämlich entlang der sozialen<br />
Lage und dem Grad der Modernität der Lebensstilorientierung.<br />
Sie zeigen also die im Rahmen des generellen<br />
sozialen Wandels fortschreitende typische Tendenz<br />
der Individualisierung und Pluralisierung (vhw<br />
2018, S. 52). Polarisierende und vereinfachende Positionierungen<br />
im Sinne eines „Wir“ und „Ihr“ entsprechen<br />
damit weder den Realitäten der aufnehmenden<br />
Gesellschaft noch der Vielfalt der Zugewanderten.<br />
Prof. Dr. rer. pol. Reiner Staubach<br />
Stadtplaner AKNW, Lehrgebiet Planungsbezogene Soziologie,<br />
Planungstheorie und -methodik, Mitglied <strong>urbanLab</strong><br />
studierte Raumplanung und Pädagogik an der Universität Dortmund und lehrt seit<br />
1997 an der Hochschule OWL, sowie seit 2007 zusätzlich im Master Städtebau NRW.<br />
Er engagiert sich seit 1982 als Gründungs- und Vorstandsmitglied des Planerladen e.V.<br />
in der Dortmunder Nordstadt.
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Hanewinkel, Vera (2019): Migrationspolitik – Juni 2019 / <strong>08</strong>.07.2019<br />
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30.09.2019<br />
39<br />
KONZEPTIONELLE PHASE
BEGINN DES BAUS
Thesis Bauphysik Bestandspläne<br />
Grundrisse<br />
42<br />
BEGINN DES BAUS
Thesis Bauphysik Bestandspläne<br />
Ansichten<br />
43<br />
BEGINN DES BAUS
Thesis Bauphysik Bestandspläne<br />
Schnitte und Sparren<br />
44<br />
BEGINN DES BAUS
Thesis Bauphysik Bestandspläne<br />
Details<br />
45<br />
Übergang Holzbalkendecke-Kappendecke<br />
Übergang Steindecke-Kappendecke<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Fußboden Stall<br />
Fußboden Diele<br />
Stalldecke<br />
Kappendecke Keller<br />
Geschossdecke Diele<br />
Traufe Altbau
M. Eng. Benjamin Jauch<br />
46 Umbau eines historischen Ackerbürgerhauses in Nieheim<br />
zur Schaffung eines Integrationszentrums für<br />
Flüchtlinge<br />
Masterthesis Bauingenieurwesen<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Die Masterarbeit wurde mit dem Ziel verfasst, im Zuge des Integrationsprojektes<br />
unter dem Aspekt einer gesamtheitlichen Betrachtungsweise ein mögliches<br />
Nutzungsänderungskonzept auszuarbeiten. So wurden nicht nur die Möglichkeiten<br />
von Flüchtlingsunterkünften erarbeitet, sondern auch mit den Parametern<br />
eines bestehenden Altbaus ein Konzept entwickelt, welches den Flüchtlingen<br />
ermöglicht, im selben Gebäude zu leben und zu arbeiten sowie Räume zur Fortbildung,<br />
Begegnung und Freizeitgestaltung bereitzustellen.<br />
Abb.1: Erdgeschoss - Entwurf<br />
Alles wurde unter Beachtung der geltenden Bauvorschriften<br />
geplant und mit den Anforderungen an den<br />
Schallschutz, Brandschutz und der Standsicherheit<br />
abgestimmt. Die Anforderungen an den Wärme- und<br />
Feuchteschutz wurden in einer Parallelarbeit von<br />
Herrn Martin Kornmayer auf der Grundlage dieses<br />
Entwurfes ausgearbeitet (siehe Seite 50). Zum damaligen<br />
Zeitpunkt befand sich das Projekt in der Vorbereitung,<br />
weshalb die oben genannten Randparameter<br />
noch nicht konkretisiert werden konnten, um einen<br />
Entwurf auszuarbeiten, der auch umgesetzt wird.<br />
Somit musste ein Nutzungskonzept nach eigenem<br />
Ermessen (innerhalb der geltenden Bauvorschriften)<br />
erstellt werden.
47<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Abb.2: Obergeschoss - Entwurf<br />
Die Bestandspläne (siehe S. 42 f.) wurden auf der<br />
Grundlage der zwei Ortstermine zum Aufmessen im<br />
Frühling 2016 erstellt. Parallel zu dem Aufmaß wurde<br />
eine umfangreiche Fotodokumentation aller einsehbaren<br />
Bereiche angefertigt. Während des Aufmaßes<br />
war das Gebäude noch bewohnt und möbliert,<br />
weshalb nicht alle Bereiche zugänglich waren. Maße<br />
und Konstruktionen (wie z.B. Deckenaufbauten oder<br />
Anschlüsse), die vor Ort nicht aufgemessen werden<br />
konnten, wurden anhand der Fotografien und der<br />
Einsicht von Fachliteratur rekonstruiert.<br />
Im Wesentlichen besteht das Gebäude aus zwei Teilen:<br />
Den vorderen Teil bildet das historische (und<br />
zwischenzeitlich umgebaute) Ackerbürgerhaus in<br />
Fachwerkbauweise mit der zentralen Diele und den<br />
seitlich angeordneten Nutzräumen sowie einem Zwischengeschoss.<br />
Dieses ist infolge seiner geringen<br />
Höhe lediglich als Nebennutzfläche geeignet. In den<br />
späten 1950-er Jahren wurde auf der rückwärtigen<br />
Seite ein zweigeschossiger Anbau errichtet, der als<br />
Stall genutzt wurde. Der Stall besteht aus zwei Vollgeschossen<br />
in Massivbauweise und einem abgestrebten<br />
Satteldach. Die Geschossdecken bestehen aus Stahlbetonrippen<br />
mit Hohlziegeln. Die Dachkonstruktion<br />
des Haupthauses besteht aus einer Mischkonstruktion<br />
als Kehlbalkendach mit Pfettenabstützung und<br />
schrägen Stützen. Die Sparren wiesen unterschiedliche<br />
Querschnitte auf und auch andere Holzbauteile<br />
waren nicht einheitlich ausgeführt. Einige Sparren<br />
waren nicht am Fußpunkt angeschlossen, es wurden<br />
zudem Schäden festgestellt. Durch die Einlagerung<br />
von Heu konnte der Zustand der unteren Balkenlage<br />
sowie die meisten Fußpunkte nicht erfasst und beurteilt<br />
werden. Der hintere Anbau hat sich nicht bloß äußerlich<br />
vom Haupthaus abgehoben – auch im Inneren<br />
gab es in jedem Geschoss Niveauunterschiede.<br />
Neben der Landesbauordnung muss der Entwurf<br />
auch im Hinblick auf die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung<br />
der Stadt Nieheim konform sein.<br />
Mit dem ausgearbeiteten Nutzungskonzept unter Betrachtung<br />
einer Dachneukonstruktion soll die Möglichkeit<br />
aufgezeigt werden, alle zur Verfügung stehenden<br />
Geschosse für Aufenthaltszwecke nutzbar zu<br />
machen, ohne die geltende Gestaltungs- und Erhaltungssatzung<br />
zu verletzen. Somit lässt sich das Gebäude<br />
bei Bedarf auch später noch individuell umnutzen.
48<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Abb.3: Dachgeschoss - Entwurf<br />
Die Dachkonstruktion des Altbaus wird abgetragen<br />
und durch ein Pfettendach mit gleicher Dachneigung<br />
ersetzt. Die Außenwände werden nicht erhöht. Mit<br />
der Platzierung der Fußpfette auf der ursprünglichen<br />
Traufebene und dem Erhalt der Dachneigung bleiben<br />
Trauf- und Firsthöhe und somit die bestehenden<br />
Außenabmessungen erhalten. Das Dach des Stallgebäudes<br />
bleibt erhalten. Alle neuen Wände sind als<br />
Trockenbaukonstruktion geplant. Die Pfettenstützen<br />
lassen sich in den Trennwänden platzieren. Dadurch<br />
lässt sich das Potential zur Raumgestaltung besser<br />
nutzen.<br />
Infolge dieser Konstruktion können die Deckenbalken<br />
zum DG auf das Höhenniveau des Anbaus gebracht<br />
werden. Auf diese Weise gibt es keine Höhenunterschiede<br />
im DG. Gleichzeitig wird das Zwischengeschoss<br />
neben der Diele als Aufenthaltsraum nutzbar<br />
Die alte Dachbalkenlage in der Diele bleibt erhalten.<br />
Zum einen bleibt die Authentizität der Diele erhalten<br />
und zum anderen ist diese Balkenlage das<br />
Verbindungsstück der beiden Seitenschiffe und<br />
somit wichtig für die Gebäudequeraussteifung.<br />
Durch den Erhalt der Balkenlage ist die Aufständerung<br />
der Innenwände zur unteren neuen Kehlbalkenlage<br />
zum DG nicht sichtbar.<br />
Die Aufteilung des neuen Grundrisses, insbesondere<br />
im Obergeschoss und Dachgeschoss, ergibt sich aus<br />
dem vorhandenen Tragwerk und den Brandschutzanforderungen.<br />
Die Anordnung der Trockenbauwände<br />
ist so geplant, dass bestehende und noch erforderliche<br />
Stützen in den Zwischenräumen der Wände<br />
gestellt werden und sich nicht offen im Raum befinden.<br />
Die Fassade bleibt erhalten. Die Fenster werden<br />
durch einheitliche Elemente ersetzt. Der Stall wird mit<br />
einem Wärmedämmverbundsystem versehen.<br />
Die Faschen an der Straßenfassade werden auch<br />
an den anderen Fassaden übernommen, wodurch<br />
der Stall mit dem Altbau eine Einheit bildet.<br />
Die Dämmung des Altbaus wird als biegesteife Innenwandschale<br />
geplant. Auch wenn nicht erforderlich,<br />
ist für eine spätere Nachrüstung eine Solaranlage in<br />
den Lastannahmen bedacht worden. Im Erdgeschoss<br />
sowie im Zwischengeschoss befinden sich die der<br />
Allgemeinheit zugänglichen Räume. Das Ober- und<br />
Dachgeschoss ist ausschließlich für Wohnungen verschiedener<br />
Größe vorbehalten. Verbunden sind die<br />
Geschosse mit einem zentralen Treppenaufgang.<br />
Die Erneuerung der Dachkonstruktion ermöglicht<br />
den Ausbau des Zwischengeschosses zu einem vollwertig<br />
nutzbaren Geschoss. Gleichzeitig lässt sich das<br />
DG ausbauen, ohne dass vorhandene Pfettenstützen<br />
und Kehlbalkenstützen die Grundrissgestaltung<br />
beeinträchtigen. Mit den gewählten Trockenbaukonstruktionen<br />
für Fußbodenaufbauten und Deckenabhängungen<br />
lassen sich die bestehenden Decken<br />
soweit ertüchtigen, dass sie den Anforderungen an<br />
den Schallschutz entsprechen. Die Aufbauten sind so
49<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Abb.4: Schnitt - Entwurf Altbau<br />
gewählt, dass die tragenden Konstruktionen in statischer<br />
Hinsicht nicht ertüchtigt werden müssen.<br />
Hierbei gab es häufig Konflikte zwischen den<br />
Anforderungen. So musste z.B. die Geschossdecke<br />
im Stall mit einer Abhängung und einem schwimmenden<br />
Aufbau versehen werden. Diese mussten so<br />
leicht wie möglich gewählt werden, um das zulässige<br />
Gesamtgewicht der Decke nicht zu überschreiten. An<br />
anderer Stelle mussten die Aufbauten möglichst flach<br />
gewählt werden, um ausreichend Raumhöhe zu erhalten.<br />
Mit den Trockenbaukonstruktionen sind auch<br />
die Anforderungen an den Brandschutz der LBO erfüllt.<br />
Im Brandfall bleibt das betroffene Bauteil länger<br />
geschützt, als wenn es direkt dem Feuer ausgesetzt<br />
wäre. Ebenso erfüllen die gewählten Trockenbauwände<br />
die Anforderung an den Schall- und Brandschutz.<br />
klare Trennung zwischen öffentlich zugänglichem<br />
Raum (Begegnungszentrum) und den Wohnungen.<br />
Privatsphäre ist somit gewährleistet. Im Gegensatz zu<br />
Einzelzimmern sind die Bewohner in der Lage, einen<br />
eigenständigen Haushalt zu führen. Insgesamt<br />
werden alle Nutzungserwägungen berücksichtigt,<br />
wie zum Beispiel das Cafè, Seminarräume, Fahrradwerkstatt<br />
(in der Garage), Computerraum, Bibliothek,<br />
Begegnungs- und Freizeitgestaltung.<br />
Das Nutzungskonzept ist darauf ausgelegt, dass lediglich<br />
die LBO und keine Sonderbauvorschrift zu<br />
berücksichtigen ist. Der Grundriss ermöglicht eine
nierung eines historischen Ackerbürgerhauses<br />
Martin K<br />
ebnisdarstellung zur Masterarbeit 14.<br />
M. Eng. Martin Kornmayer<br />
Ziel der Masterarbeit<br />
50<br />
Energetische Sanierung eines historischen Ackerbürgerhauses<br />
unter Berücksichtigung der thermisch-hy-<br />
Zuge der Masterarbeit ist ein Ackerbürgerhaus im unmittelbaren Stadtzentrum der<br />
m energetisch<br />
grischen<br />
und feuchtetechnisch<br />
Verhältnisse<br />
untersucht<br />
der Bausubstanz<br />
worden. Da das Gebäude mit Hilfe de<br />
wohner saniert Masterthesis werden Bauingenieurwesen<br />
soll, ist seitens des Bearbeiters Wert auf eine praxisnahe U<br />
Sanierungsarbeiten bei gleichzeitig möglicher Kosteneffizienz vorgenommen wo<br />
tschaftliche<br />
Im<br />
Betrachtung<br />
Zuge der Masterarbeit<br />
bzw. Amortisierungen<br />
ist ein Ackerbürgerhaus<br />
waren<br />
im<br />
jedoch<br />
unmittelbaren<br />
nicht Bestandteil<br />
Stadtzent-<br />
der Arb<br />
BEGINN DES BAUS<br />
rum der Stadt Nieheim energetisch und feuchtetechnisch untersucht worden.<br />
s betrachtete Gebäude ist in der vorliegenden Lebenszeit um einige Anbauten erweite<br />
eine Gebäudeaufnahme zur Darstellung des Ist-Zustands erschwert haben.<br />
. 1: Darstellung der Gebäudeerweiterung<br />
Aufbau der Berechnungen<br />
Abb. 1: Darstellung der Gebäudeerweiterung<br />
Da das Gebäude mit Hilfe der späteren Bewohner saniert<br />
werden soll, ist seitens des Bearbeiters Wert auf<br />
eine praxisnahe Umsetzung der Sanierungsarbeiten<br />
bei gleichzeitig möglicher Kosteneffizienz vorgenommen<br />
worden. Eine wirtschaftliche Betrachtung bzw.<br />
Amortisierungen waren jedoch nicht Bestandteil der<br />
Arbeit.<br />
Aufbau der Berechnungen<br />
die energetischen Berechnungen ist das Gebäude in zwei Abschnitte unterteilt word<br />
fasst der erste Abschnitt das Erd- und Obergeschoss des eigentlichen Ackerbürger<br />
sive des zurückliegenden Anbaus. Die energetische Bewertung erfolgte hier durch B<br />
Bestandsgebäude gemäß der gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV).<br />
Für die energetischen Berechnungen ist das Gebäude<br />
in zwei Abschnitte unterteilt worden. Hierbei umfasst<br />
der erste Abschnitt das Erd- und Obergeschoss des<br />
eigentlichen Ackerbürgerhauses inklusive des zurückliegenden<br />
Anbaus. Die energetische Bewertung<br />
erfolgte hier durch Berechnung als Bestandsgebäude<br />
gemäß der gültigen Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV).<br />
r zweite Abschnitt beinhaltet die energetische Betrachtung des Dachgeschosses. In d<br />
Das betrachtete Gebäude ist in der vorliegenden Lebenszeit<br />
Vorschlag um einige über Anbauten die erweitert Anhebung worden, die der Zwischendecke zum Dachgeschoss (s.<br />
durch den<br />
eine Gebäudeaufnahme zur Darstellung des Ist-Zustands<br />
erschwert haben.<br />
Der zweite Abschnitt beinhaltet die energetische<br />
t von Herrn Benjamin Jauch) sowie dem Neubau der Dachkonstruktion im Bereich<br />
gerhauses, eine energetische Berechnung als Betrachtung Neubau des Dachgeschosses. (Erweiterung In diesem des Fall Bestands<br />
ist<br />
genommen worden. Im Bereich des zurückliegenden Anbaus sind im Dachgeschos<br />
mmarbeiten in der ansonsten sehr gut erhaltenen Dachkonstruktion vorzunehmen.
durch den Vorschlag über die Anhebung der Zwischendecke<br />
zum Dachgeschoss (s. Masterarbeit von<br />
Herrn Benjamin Jauch) sowie dem Neubau der Dachkonstruktion<br />
im Bereich des Ackerbürgerhauses, eine<br />
energetische Berechnung als Neubau (Erweiterung<br />
des Bestandsgebäudes) vorgenommen worden. Im<br />
Bereich des zurückliegenden Anbaus sind im Dachgeschoss<br />
lediglich Dämmarbeiten in der ansonsten sehr<br />
gut erhaltenen Dachkonstruktion vorzunehmen.<br />
Da infolge der vorliegenden Ortssatzung das äußere<br />
Erscheinungsbild, bestehend aus Mauerwerksund<br />
Fachwerkfassade, nicht verunstaltet werden<br />
soll, werden im Bereich des Ackerbürgerhauses Innendämmsysteme<br />
vorgesehen. Der zurückliegende<br />
Ziegelanbau erhält dahingegen ein Wärmedämmverbundsystem,<br />
um zusätzliche Wärmebrücken und<br />
Raumverluste infolge von erforderlichen Innendämmungen<br />
zu vermeiden. Der optische Einfluss für das<br />
Stadtbild ist hierdurch nur im geringen Maß ersichtlich.<br />
Das Dachgeschoss erhält eine klassische Zwischensparrendämmung<br />
nach heutigem Standard.<br />
Berechnungen<br />
Neben der klassischen EnEV-Berechnung für die beiden<br />
Gebäudeteile (Abschnitte) sind ferner eine Wärmebrückenberechnung<br />
sowie eine hygrothermische<br />
Feuchtesimulation durchgeführt worden.<br />
Es sind insgesamt 115 Wärmebrücken aufgezeigt worden<br />
von denen 91 in die energetische Berechnung mit<br />
eingeflossen sind.<br />
Ergebnisse<br />
Die Anforderungen des Mindestwärmeschutzes gemäß<br />
der DIN 41<strong>08</strong>-2 konnten vollständig und die Vorgaben<br />
der EnEV in großen Teilen eingehalten werden.<br />
Hierzu gehört außerdem der Einbau einer effizienten<br />
Heizungsanlagentechnik, die gleichzeitig den Herausforderungen<br />
der Beheizung eines Fachwerkhauses<br />
mit unterschiedlichen Dämmstandards gerecht wird.<br />
Durch die einzelne Betrachtung vieler Wärmebrücken<br />
konnten der Materialeinsatz der Dämmstoffe bei Innen-<br />
und Außendämmung größtmöglich gemindert<br />
werden. Hierdurch ergibt sich im Bereich der Innendämmung<br />
zusätzlich eine Maximierung der Nutzfläche.<br />
Mit dem Einbau von Innendämmungen ist im Besonderen<br />
auf einen möglichen Feuchteausfall in der Konstruktion<br />
(den es zu verhindern gilt) zu achten. Alle<br />
durchgeführten hygrothermischen Simulationsberechnungen<br />
zeigen über eine betrachtete Periode von<br />
fünf Jahren einen sogenannten „eingeschwungenen<br />
Zustand“ auf. Die im Winter anfallende Feuchte kann<br />
in den Sommermonaten somit wieder austrocknen.<br />
Dabei ist insbesondere durch den Holzanteil (Fachwerk)<br />
in der Fassade, Wert auf ein diffusionsoffenes<br />
Innendämmsystem gelegt worden, dass die Austrocknung<br />
zu beiden Wandoberflächen ermöglicht.<br />
Nach Umsetzung der Maßnahmen ist das<br />
betrachtete Fachwerkgebäude mit einem<br />
Neubaustandard vergleichbar.<br />
51<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Zusätzlich ist eine hygrothermische Feuchtesimulationen<br />
im Bereich der Fachwerkwände vorgenommen<br />
worden, an denen eine Innendämmung vorgesehen<br />
wird. Ziel ist es hier die Dauerhaftigkeit der innengedämmten<br />
Konstruktionen gewährleisten zu können.<br />
Abb. 3.1: Momentaner End- und Primärenergiebedarf Istzustand<br />
Abb. 3.2: End- und Primärenergiebedarf Sanierung<br />
Erd- und Obergeschoss (Gebäudeabschnitt 1)<br />
Abb. 2: Wärmebrücke einer Gebäudeecke mit Außenmaßbezug<br />
Abb. 3.3: End- und Primärenergiebedarf<br />
Gebäudeerweiterung (Gebäudeabschnitt 2, Dachgeschoss)
Dütting & Läsker Architekturbüro, Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall<br />
52<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Öffentliches Baurecht - Bauantrag und<br />
Brandschutzkonzept<br />
Umbau Lüttge Straße 14
53<br />
BEGINN DES BAUS
54<br />
BEGINN DES BAUS
55<br />
BEGINN DES BAUS
56<br />
BEGINN DES BAUS
57<br />
BEGINN DES BAUS
58<br />
BEGINN DES BAUS
59<br />
BEGINN DES BAUS
60<br />
BEGINN DES BAUS
61<br />
BEGINN DES BAUS
62<br />
BEGINN DES BAUS
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BEGINN DES BAUS
64<br />
BEGINN DES BAUS
65<br />
BEGINN DES BAUS
66<br />
BEGINN DES BAUS
67<br />
BEGINN DES BAUS
68<br />
BEGINN DES BAUS
69<br />
BEGINN DES BAUS
70<br />
BEGINN DES BAUS
71<br />
BEGINN DES BAUS
Prof. Michel Melenhorst<br />
Bauen im Bestand - Von der Gebäudehülle zum<br />
Entwurf<br />
Im Wintersemester 2016 beschäftigten sich die Studierenden des Bachelorstudiengangs<br />
Architektur mit dem Entwurf eines Gemeinschaftshauses. Im September<br />
wurde zur Vorbereitung ein Workshop zum Ackerbürgerhaus in Nieheim<br />
veranstaltet. Dabei sollte die Gebäudehülle zu Eingang, Dach, Fenster und Fassade<br />
analysiert werden und Interventionsvorschläge entwickelt werden.<br />
73<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Christoph Meyer, Marvin Düsterhus, Moritz Pohlücke<br />
Wie aus der Analyse hervorgeht, ist das Ackerbürgerhaus<br />
geprägt von Umbauten. Um die Tradition des<br />
Fachwerkhauses jedoch nicht in Vergessenheit geraten<br />
zu lassen, bleibt in Variante 1 die östliche Wand erhalten.<br />
Alle weiteren Wände und Dachflächen orientieren<br />
sich an dem, für das Fachwerkhaus typischen, aber<br />
dennoch modernem Material Lehm. Die charakteristische<br />
Diele wird durch eine Teilung und Versetzung<br />
des östlichen Gebäudeteiles um etwa 4m verbreitert<br />
und durch die Glasfassade zusätzlich hervorgehoben.<br />
Ebenso wie die erste, befasst sich auch die zweite Variante<br />
mit der Zweiteilung des Gebäudes. Diese erfolgt<br />
außermittig und verursacht eine Verschiebung des<br />
östlichen Gebäudeteils um ca. 1,50m. Die entstehende<br />
Fuge wird durch eine Glasfassade gefüllt, welche sowohl<br />
Belichtungsmöglichkeit für die verbreiterte Diele,<br />
als auch den Zugang zum Gebäudeinneren ermöglicht.<br />
Durch Entfernung sämtlicher Nebenbaukörper<br />
entsteht eine großzügige Grünfläche. Die, für Nieheim<br />
charakteristischen, Ziegel sollen die Fassade bilden.<br />
Ideen zur Neugestaltung der Hülle<br />
Entwurf Variante 1<br />
Entwurf Variante 2
Hanna Bruns, Sophie Homrighausen<br />
74<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Ziel der Bearbeitung ist es, das Gebäude in Nieheim<br />
durch Fenster zu öffnen und durch die Fassadengestaltung<br />
eine neue Hülle mit energetischen, ästhetischen<br />
und bautechnischen Aspekten zu entwickeln.<br />
Hierfür wurde sich mit den Bestandsmaterialen, wie<br />
Fachwerk und Backsein befasst und diese in drei neuen<br />
Konzepten integriert und berücksichtigt.<br />
Im ersten Konzept werden die Fenster im Norden über<br />
zwei Etagen vergrößert. Dort wurde sich an den filigranen<br />
Bestandsfenstern orientiert. Anhand der Fassadenansicht<br />
wird der Kontrast zwischen den schwarzen<br />
Stahlfenstern und dem roten Backstein deutlich,<br />
außerdem bieten sie so mehr Tageslicht im Raum.<br />
Das zweite Konzept schlägt vor, die Fensteröffnungen<br />
im Gebäude auf wenige Fenster zu reduzieren. So entstehen<br />
kaum Wärmebrücken an den Glasflächen. Die<br />
holzbeplankte Fassade steht somit im Vordergrund.<br />
Eine große Fensterfläche befindet sich im Anbau. Hinter<br />
dem großen Holztor an der Nord- und Ostseite<br />
liegt eine innenliegende Terrasse. Von innen erreicht<br />
man diese durch zwei Schiebetüren. Sind die Holztore<br />
geöffnet hat man direkten Zugang zum Garten. Der<br />
Haupteingang befindet sich an der Lüttgestraße und<br />
liegt hinter dem Durchbruch. So entsteht ein Außenraum<br />
im Innenraum.<br />
Ansicht Nord o.M.<br />
Ansicht Ost o.M.<br />
Perspektive Konzept 1<br />
Zwei große Terrassentüren schaffen den direkten<br />
Zugang in den Garten. Der Glaseinsatz zwischen den<br />
beiden Häusern begrenzt das Hauptgebäude und den<br />
Anbau. Er dient als Verbindungsstück. Das Gebäude<br />
bekommt eine Transparenz, morgens und abends<br />
scheint die Sonne dort hinein. Die Bestandsfassaden<br />
werden einzeln betrachtet.<br />
Erdgeschoss geschlossen o.M.<br />
Erdgeschoss geöffnet o.M.<br />
Perspektive Konzept 2<br />
Ansicht Süd o.M.<br />
Das dritte Konzept ist die Idee eines Raum-in-Raum<br />
Entwurfs. Dieser Raum steht im Dachgeschoss. Seine<br />
Hülle ist energetisch gedämmt und wird somit zum<br />
Außenraum. Dort entsteht ein Atelier. In dem Dach<br />
von dem Raum im Raum befindet sich ein langes Fensterband,<br />
sowie an der Vorder- und Hinterseite auch.<br />
Längsschnitt Ost o.M.<br />
An der Südseite der Lüttgestraße entsteht ein großes<br />
Fenster, welches über zwei Etagen verläuft. Dieses<br />
ersetzt das Dielentor. Dadurch entsteht eine große<br />
natürliche Lichtquelle, wodurch die Bestandsfenster<br />
abgelöst werden. Auf der Nordseite spiegelt sich das<br />
Fenster der Südseite.
Lea-Marie Anton, Julia Dreisewerd, Sarah Borgstedt<br />
Im ersten Konzeptvorschlag wird eine Erhöhung des<br />
Daches um 1,5 m vorgesehen, um die Dachneigung zu<br />
senken und ein Gründach zu ermöglichen. Dadurch<br />
erhält der Dachboden eine Doppelgeschossigkeit.<br />
Eine Zwischendecke kann eingezogen werden, um<br />
den Zugang zu Einschnitten, die im Dach vorgenommen<br />
werden, zu sichern. Diese Einschnitte können als<br />
Terrasse genutzt werden.<br />
Das Fachwerk wird großteilig freigelegt und neue<br />
Fenster im Ständerwerk eingesetzt. Der hintere Anbau<br />
wird der vorderen Dachhöhe angeglichen und ebenfalls<br />
mit Ständerwerk versehen. Die Garage bleibt als<br />
Barriere zwischen Garten und Straße bestehen. Somit<br />
ist das Gebäude für private Nutzung geeignet.<br />
Das Hochsetzen des vorderen Daches im zweiten<br />
Konzept auf die Firsthöhe des hinteren Teils mit einem<br />
umlaufenden Bandfenster bewirkt eine optische<br />
Verbindung der beiden Hausteile. Das Fachwerk der<br />
Frontfassade wird freigelegt. Ein Einschnitt in die<br />
Dachfläche führt zu einer begehbaren Freifläche im<br />
Dachgeschoss. Gleichzeitig dient das Bandfenster als<br />
Brüstung des Balkons. Der Abriss des ehemaligen<br />
Balkons und der Garagen führt zu einer neuen Grünfläche,<br />
die als Garten und Außenbereich für ein Café<br />
genutzt werden kann.<br />
Perspektive Konzept 1<br />
Perspektive Konzept 2<br />
75<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Lageplan Konzept 2 o.M.<br />
Lageplan Konzept 3 o.M.<br />
An einigen Stellen werden in den Gefachbereichen<br />
Fenster durch neue, schlichte ersetzt.<br />
Das dritte Konzept sieht eine Dacherneuerung durch<br />
Entfernen des Krüppelwalms vor. Ein Anbau in der<br />
Dachfläche führt zu einer auskragenden Freifläche im<br />
Dachgeschoss.<br />
Herleitung Konzept 3<br />
Durch den Abriss des hinteren Anbaus und Balkons<br />
ergibt sich eine Freifläche, die mehr Platz für den Außenbereich<br />
und dem dazugehörigen Café schafft. Das<br />
Ständerwerk kann als Abtrennung und Sichtschutz<br />
für den Außenbereich genutzt werden.<br />
Perspektive Konzept 3<br />
Das Fachwerk wird am Giebel und an der Längsseite<br />
des Hauses freigelegt. Zwischen den Gefachbereichen<br />
werden Fenster und Blindfenster eingesetzt.<br />
Durch den auskragenden Anbau ergibt sich ein neuer<br />
repräsentativer Haupteingang mit Unterdachung.<br />
Der Eingang an der Straßenseite wird entfernt und<br />
durch große Fenster ersetzt.
Moritz Horstmann, Stefan Jättkowski, Dennis Hesse<br />
76<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Im ersten Entwurf zur Umgestaltung des Ackerbürgehauses<br />
wird die Pfannendeckung aufgenommen und<br />
durch neue Pfannen ersetzt, die Dachflächenfenster<br />
werden entfernt, die vorhandenen Dachüberstände<br />
aber erhalten. Die übrigen Fenster werden ausgetauscht,<br />
um eine einheitliche Wirkung mit braunen<br />
Holzfenstern und Rundbögen analog zum Eingang anzulegen.<br />
Der vorhandene Außenglattputz soll restauriert<br />
werden und in Anlehung an den Bestand einen<br />
Naturfarbton erhalten. Der Bereich des Fachwerks<br />
wird ebenfalls restauriert und durch einen neuen Anstrich<br />
neu inszeniert.<br />
Der zweite Entwurfsvorschlag sieht eine neue Pfannendeckung<br />
im Landhausstil vor. Ebenso neue moderne<br />
Holzfenster ohne Rundbögen. Die Fenster an<br />
Anpassung Gebäudehülle Vorschlag 1<br />
Anpassung Gebäudehülle Vorschlag 2<br />
der Frontseite werden zu vertikalen Lichtbändern zusammengefasst.<br />
Die Fester im Dachgeschoss werden<br />
zu einem großzügigen verglasten Giebel zusammengefasst<br />
und eine Dachgaube ergänzt. Ziel ist vor allem<br />
ein erhöhter Lichteinfall, auch in der Diele.<br />
Maximilian Pytlik, Michael Niemann, Gabriela Gondim, Paula Teles<br />
Vogelperspektive Südost<br />
Vogelperspektive Nordwest<br />
Der Dachboden wird offen<br />
und großzügiger gehalten,<br />
die Dacheinschnitte<br />
sorgen für einen lichtdurchfluteten<br />
Raum, eine<br />
großzügige Treppe mit einer<br />
Laufbreite von 2,20 m<br />
erschließt diesen Teil des<br />
Gebäudes. Der Glassarkophag<br />
verläuft genau über<br />
der Treppe.<br />
Grundriss Dachboden o.M.<br />
Die Dachaußenhaut wird<br />
komplett mit Mineralwolle<br />
gedämmt.<br />
Innenraumperspektive
Petra Kleist, Inga Jesußek, Janine Richter<br />
77<br />
Der erste Entwurf knüpft an der Südseite oberhalb<br />
der Wand an den ursprünglichen Fachwerkzustand<br />
an. Das übrige Mauerwerk wird freigelegt und der Eingang<br />
zurückgesetzt, um übergreifend alle Geschosse<br />
einzuschließen und in einer Kuppelform zu enden. Die<br />
Fenster stehen dabei bezüglich Größe und Materialität<br />
in Dialog zur Ostseite.<br />
Entwürfe zur Neugestaltung der Gebäudehülle<br />
BEGINN DES BAUS<br />
Der zweite Vorschlag sieht den Abriss des Heizraumanbaus<br />
vor. Die neuen Sprossenfenster schmeicheln dem<br />
Fachwerkstil und eine Glasfuge füllt den Versprung der<br />
beiden Dachflächen aus.<br />
Im dritten Entwurf steht die Verbindung aller Gebäudeteile<br />
im Vordergrund, die Fassade wird aus Holzlamellen<br />
gebildet, während im Innern das Fachwerk bestehen<br />
bleibt.<br />
Fassade Ackerbürgerhaus<br />
Johanna Schmidt, Louis Wanders, Katharina Rügge<br />
Vorschlag 2 - Substraktiver Raum<br />
Vorschlag 1 - Additiver Raum<br />
Als Bebauungsvorschlag wurde ein additiver Raum<br />
entworfen, der die momentan sehr dominante Dachfläche<br />
entschärfen soll. Der neue Raum entspringt<br />
aus dem bestehenden Dach und greift Konstruktionen<br />
aus dem bestehenden Fachwerk auf. Durch den<br />
großen Teil des Daches, der dabei entfällt, wird das<br />
nachträgliche Dämmen konstruktiv günstiger. Im Innenraum<br />
würde die Diele enorm an Höhe gewinnen,<br />
und die interessante Dachkonstruktion den Raum<br />
durchschneiden und von unten sichtbar sein. Falls<br />
das Haus hinsichtlich mehr Nutzfläche ausgebaut<br />
werden soll, kann der Raum auch auf eine neue Geschossdecke<br />
gebaut werden.<br />
Ostansicht o.M.<br />
Im zweiten Vorschlag wird subtraktiv gearbeitet. Aus<br />
dem bestehenden Fachwerk werden Flächen ausgeschnitten<br />
und verglast, ohne sich dabei an das Balkenraster<br />
zu halten. Dadurch wird teilweise die Konstruktion<br />
sichtbar. Die Fenster könnten in verschiedenen<br />
Ebenen angebracht werden oder aber durch Rahmen<br />
davor gesetzt werden.
WÄHREND DES BAUS
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall, Prof. Michel Melenhorst<br />
80<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Nutzungskonzepte<br />
Masterworkshop<br />
Die Studierenden des Master of Integrated Architectural Design (MIAD)<br />
besuchten im Rahmen einer Workshopwoche im Herbst 2016 das Heimatwerkerprojekt<br />
in Nieheim und erarbeiteten gemeinschaftlich mit den<br />
Geflüchteten vor Ort neue Nutzungskonzepte für das nun umgebaute Haus.<br />
Geflüchtete und Studierende im Arbeitsprozess<br />
Der Workshop, unter der Leitung von Prof. Oliver Hall<br />
und Prof. Michel Melenhorst, fand direkt vor Ort im<br />
Bauprojekt statt und bot den Teilnehmern unmittelbare<br />
Einblicke in die Räumlichkeiten. Zunächst berichteten<br />
sich die Studierenden und Geflüchteten über<br />
ihre Lebens- und Wohnsituation und beschäftigten<br />
sich mit folgenden Fragen:<br />
Wie wohnst du, wie lebst du in deiner Heimat?<br />
Was benötigst du an dem Ort, wohin du geflohen<br />
bist?<br />
Dabei entstanden vielfältige Texte und Zeichnungen.<br />
Im Anschluss wurden Ideen für die potenzielle zukünftige<br />
Nutzung des Ackerbürgerhauses in Nieheim<br />
gesammelt und graphisch in Skizzen und Modellen<br />
festgehalten. Die jeweiligen Nutzungsideen bauten<br />
Studierende und Geflüchtete dann in einzelnen<br />
Räumen als Modell im Maßstab 1:1 nach um sie als<br />
vorweggenommene Realität zu visualisieren. Dafür<br />
wurde Wellpappe der Firma prima Welle in Größe von<br />
zwei Volleyballfeldern zur Verfügung gestellt, aus der<br />
im Laufe des Workshops Möbel, Silhouettenfiguren,<br />
Maschinen oder Bodenbeläge simuliert wurden.
Lernwerkstatt für Holzverarbeitung<br />
So entstanden durch die gemeinsame Ideenentwicklung<br />
unter anderem:<br />
• Eine Lernwerkstatt für Holzverarbeitung<br />
• Eine Töpferwerkstatt<br />
• Eine Fahrradwerkstatt<br />
• Ein Fitnessstudio<br />
• Eine Bibliothek<br />
• ein Mädchenzimmer<br />
• und eine Gemeinschaftsküche<br />
Die entwickelten Ideen fanden in der tatsächlichen<br />
Projektumsetzung Bedeutung als Inspiration für potenzielle<br />
Nutzer.<br />
81<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Fahrradwerkstatt<br />
Mädchenzimmer<br />
Bibliothek<br />
Gemeinschaftsküche<br />
Geflüchtete und Studierende
Prof. Hans Sachs, Dipl.-Ing. David Ignatz Lemberski, Jan Christoph Kahre Heidemann<br />
Digital Crafting<br />
Master of Integrated Architectural Design - P5<br />
Digitale Medien, ihre Werkzeuge und Methoden haben in den letzten Jahren<br />
nicht nur die Art und Weise, wie Architekten und Designer arbeiten, stark beeinflusst.<br />
Es hat auch die Designsprache, das Erscheinungsbild und die Wahrnehmung<br />
von Architektur erheblich verändert. Der Computer ist das umfassendste<br />
und dynamischste Medium, das dem Architekten für die Entwicklung und Realisierung<br />
von Raumkonzepten zur Verfügung stand. Um dieses Potenzial wirklich<br />
zu nutzen, bedarf es der Fähigkeit, den Computer als interaktives Instrument zu<br />
verstehen und seine künstliche Intelligenz als kreative Erweiterung der Möglichkeiten<br />
zu nutzen.<br />
83<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Anlass<br />
Digitale Werkzeuge und Methoden dominieren große<br />
Teile der Design-, Entwicklungs-, Simulations- und<br />
Kommunikationsprozesse im Architekturdesign.<br />
In fortgeschrittenen Studios werden Architekturprojekte<br />
bereits überwiegend mit 3D-Modellen entwickelt.<br />
Ziel ist es, einen reibungslosen Arbeitsablauf zwischen<br />
Architekten, Projektentwicklern, Ingenieuren<br />
und Bauherren durch eine zeitnahe, gleichzeitige Projektentwicklungsumgebung<br />
zu gewährleisten. In diesem<br />
Zusammenhang können viele sinnvolle Prozesse<br />
durch integrierte und automatisierte Simulationstechniken<br />
in eine frühe Phase des Projekts verlagert<br />
werden, was im besten Fall zu einem transparenteren<br />
Projektentwicklungs- und Designprozess führt.<br />
In der Vortrags- und Seminarreihe "Digital Crafting"<br />
des Lehrgebietes CAAD geht es vor allem um Dynamik,<br />
Veränderlichkeit und Anpassungsfähigkeit im Architekturdesign<br />
mit den Schwerpunkten in Entwicklung,<br />
Präsentation und Umsetzung.<br />
Aufgabenstellung<br />
In diesem Kontext entwickelten die Studenten<br />
1:1-Installationen an der Schnittstelle zwischen<br />
digitalen Werkzeugen und Methoden und Integration<br />
von Materialeigenschaften in einem digital<br />
gesteuerten Entwicklungs- und Konstruktionsprozess.<br />
Auf Basis von 3 Teilaufgaben, wurden die<br />
Studenten von den Kernthemen der rechnergestützten<br />
Architektur unter der Verwendung verschiedener<br />
digitaler Techniken, in folgende Bereiche geleitet:<br />
1. 3D-Modellierung / Digital Prototyping<br />
2. Visualisierung / Animation<br />
3. Generative Konstruktion und Fertigung<br />
Ziel war die integrative Nutzung digitaler Werkzeuge<br />
für Gestaltung, Präsentation, Planung und Umsetzung<br />
von Architektur und Prototypen. Im Mittelpunkt<br />
steht die Vermischung von digitalem und analogem<br />
Material und deren gezielter Einsatz, ebenso die umfassende<br />
Reflexion der verwendeten Techniken und<br />
Methoden durch die Studenten selbst.<br />
Projektziel war der Entwurf einer "Common Hut", einer<br />
minimalistischen produktiven Wohneinheit, basierend<br />
auf einem parametrischen Entwurfs- und Konstruktionssystem,<br />
die bis in die letzten Entwicklungsschritte<br />
noch Anpassung ermöglicht. Dabei sollten die aus<br />
dem Handwerk inspirierten Holzverbindungen in die<br />
digital gesteuerten Modellierungsprozesse integriert<br />
werden.<br />
Das Konzept der "common hut" ist als Grundlage für<br />
Sozialwohnraum oder Unterkünfte für Geflüchtete<br />
vorgesehen. Denn die Nachfrage nach erschwinglichem,<br />
flexiblem und teilbarem städtischen Wohnraum<br />
wächst. Durch ihre flexible Anpassbarkeit soll die Hut zur<br />
städtischen Nachverdichtung als Solitär-, Erweiterungsoder<br />
mobiler Bau dienen.<br />
Das Projekt behandelte die gesamten Entwicklungsphasen<br />
vom Steckkonzept über die Konstruktion und<br />
deren Dokumentation, die digitalen Fertigungsmethoden<br />
bis zur finalen Produktion und dem 1:1 Aufbau für<br />
die Geflüchteten in der Stadt Nieheim.<br />
Im Folgenden werden die Arbeitsergebnisse und Ideen,<br />
die im Verlauf der Aufgaben des Projektes entstanden<br />
sind kurz vorgestellt und visuelle Einblicke gegeben.
84<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Glasstec Workshop<br />
Vom 20. bis 23. September richtete das European Facade<br />
Network (efn) in Kooperation mit der Detmolder<br />
Schule für Architektur und Innenarchitektur und der TU<br />
Del den Workshop "Form Finding Fabrication" und das<br />
Symposium "Digital Methods" auf der glasstec-Messe<br />
2016 in Düsseldorf aus.<br />
Der Workshop und das Symposium stellten das Semester-Kickoff<br />
für Detmolds neue Master-Studierende dar<br />
und wurden von Prof. Hans Sachs und Dipl.-Ing. David<br />
Lemberski geleitet. Mehr als 80 Studierende im Fachbereich<br />
Architektur (Master of Integrated Architectural<br />
Design - MIAD) und Innenarchitektur (Master Innenarchitektur<br />
- Raumkunst - MIAR) entwickelten eine große<br />
Vielfalt an digitalen und physischen Mauer- und Dachstrukturprototypen<br />
in einem interdisziplinären und interaktiven<br />
Entwurfs- und Modellbauprozess.<br />
Der Fokus dieses experimentellen Workshops lag auf<br />
der Verbindung von analogem und digitalem Modellieren<br />
und Fertigungstechniken mit Hilfe von 3D-Druckern,<br />
zwei CNC-laser cuttern, einer CNC Drahtbiegemaschine<br />
und Schneidplottern. Innerhalb dieser<br />
interdisziplinären Organisation knüpften die internationalen<br />
und heimischen Studierenden gute Kontakte in<br />
einer frühen Phase ihres Studiums und lernten direkt<br />
innovative Modell- und Prototypentechniken in ihren<br />
Entwurfsprozess zu integrieren.<br />
Der Workshop und das Symposium wurden durch<br />
die ALCOA Foundation mit dem Projekt "efnMOBILE.<br />
Efficient Envelopes", durch die glasstec Messe und<br />
interne Mittel der Technischen Hochschule OWL unterstützt.<br />
Erste Aufgabe: FORM FINDING FABRICATION<br />
Im „Form Finding Fabrication“ workshop, lernten die<br />
Studierenden handwerkliches Experimentieren, digitales<br />
Modellieren und Fertigen miteinander zu kombinieren.<br />
Die dabei entwickelten Faltstrukturen aus Papier und<br />
Prototypen wurden dann in fiktiven Räumen präsentiert.<br />
In diesem Prozess vermischten die Studierenden<br />
ebenfalls analoge und digitale Zeichentechniken<br />
z.B. durch die Integration und Verarbeitung von<br />
Handskizzen in Photoshop oder anders herum. Ziel<br />
der Aufgabe war es, diese Techniken in einer künstlerische<br />
Präsentation von architektonischem Raum<br />
anzuwenden.<br />
Beim integrierten Symposium "Digital Methods" präsentierten<br />
dann 8 Experten verschiedener Universitäten<br />
und Unternehmen ihre Strategien, Konzepte<br />
und Methoden für Entwurfs- und Entwicklungsprozesse<br />
in einem digitalen Kontext. Das Symposium legte<br />
seinen Fokus auf zukünftigen Strategien, Techniken<br />
und Arbeitsmethoden, die aus der Anwendung und<br />
Verbindung verschiedenartiger neuer digitaler Werkzeuge<br />
entstehen.<br />
Alle Redner legten ihren Fokus auf digitale Techniken<br />
und Arbeitsmethoden, während sie aber aus ganz<br />
verschiedenen Disziplinen, wie Architektur, Stadtplanung<br />
oder Industrie 4.0, heraus, darauf eingingen.<br />
Dadurch wurde eine große Vielfalt möglicher Anwendungsfelder<br />
digitaler Werkzeuge, nicht nur in der Architektur,<br />
sondern auch in der Überschneidung mit<br />
anderen produktverwandten Disziplinen aufgezeigt.<br />
"Transformation" - Jennifer Nagel
85<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
"Transformation" - Jemeela Eranpurwala<br />
Zweite Aufgabe (MIAR) - GENERATIVE SKIN<br />
Inspiriert durch die Experimente der Künstler- und<br />
Architektengruppe Haus Rucker & Co., z.B. der "Mind<br />
Expander" (1967) genauso wie von heutigen Arbeiten<br />
moderner Modedesigner, wie Anuk Wipprecht, Francis<br />
Bitonti and Iris van Herpen, sollten die Studierenden<br />
eine zweite, ergänzende menschliche "Haut" oder<br />
einen Kleidungsähnlichen "Umschlag" entwickeln.<br />
Das Konzept und ein erster Prototyp sollten auf der<br />
Basis der zahlreichen Möglichkeiten des Modellierens<br />
und computergestützter Produktions- und Fertigungsmethoden<br />
entstehen. Gleichzeitig sollte das<br />
Design dynamische und interaktive Elemente enthalten<br />
oder verschiedene, auch technische oder multimediale<br />
Funktionen.<br />
Das Hauptziel war der Entwurf eines Prototypen für<br />
einen zusätzlichen, dynamischen, möglicherweise<br />
interaktiven Umschlag für den Körper unter Verwendung<br />
digitaler Modell-, Prototypen- und Produktionstechniken.<br />
"One and a half skin" - Eva Gronemeier and Theresa Hütte<br />
"Generative Skin" - Luisa Hagenhoff and Diandra Holzmüller
86<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
"Femme" - Corinna Lüddecke, Birte Mahnken and Sarah Walter<br />
Zweite Aufgabe (MIAD) - LIQUID SPACE<br />
Das "Burning Man Festival" bietet eine enorme Menge<br />
an Inspiration um interaktive Installationen, Architektur,<br />
Objekte oder Fahrzeuge zu entwerfen. Anders<br />
als die meisten Museen, wo Arbeiten meistens bloß<br />
ausgestellt und nicht zu berühren sind, kreirt "Burning<br />
Man" einen riesigen interaktiven Spielplatz.<br />
Im Projekt "Liquid Space" entwickelten die Studierenden<br />
ein umfassendes Konzept und einen Prototypen<br />
einer interaktiven, kinetischen, mobilen oder adaptiven<br />
Installation. Das experimentelle Projekt basierte<br />
auf der Entdeckung (frei zugänglicher) digitaler Werkzeuge,<br />
Software oder neuen Materialien mit dem Ziel<br />
einen funktionalen Prototypen eines dynamischen<br />
und einzigartigen Kunstobjektes zu entwerfen und<br />
entwickeln.<br />
"Kairós" - Thomaz Vieira and Supak Kosolsirisukkul<br />
"N-A-G-A" - Azita Mazaheri and Tomás Mena
87<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
"Desert Eyes" - Pooya Kamranjam and Yonnie Kweon<br />
"A Well of Desires" - Urvashi Tuli, Radwa Abouelseoud and Tavishi Rana<br />
Dritte Aufgabe (MIAD) - COMMON HUT<br />
In dieser chaotischen Welt sind Millionen Menschen<br />
und ihre Familien gezwungen ihre Heimat zu verlassen<br />
und sich selbst in einem unbekannten Umfeld<br />
zurecht zu finden, nicht in der Lage die Sprache zu<br />
sprechen und sich in die lokale Gemeinschaft zu integrieren.<br />
Es ist unser Ziel dieser vertriebenen Bevölkerung zu<br />
helfen, sich mit ihrer Umgebung zu verbinden und<br />
mittels Design und Architektur eine Plattform zu<br />
schaffen, wo die ganze Gesellschaft zusammenkommen<br />
kann.<br />
In echter computergestützter Entwurfsweise, hat sich<br />
das ClipHut Projekt darauf konzentiert einen parametrischen<br />
Rahmen zu schaffen, der den Entwurfsprozess<br />
vereinfacht, sodass die Endnutzer in der Lage<br />
sind, sich aktiv am Design und der Funktion ihrer eigenen<br />
ClipHut zu beteiligen.<br />
Die Vision ist, dass sich Benutzer in mobilen Apps ihre<br />
ClipHut entwerfen können und die App einen G-Code<br />
generiert, der dann zur digitalen Fertigung gesendet<br />
werden kann.<br />
Die adaptiven Fähigkeiten der ClipHut machen sie<br />
zu einem Objekt, das das Potenzial hat öffentliche<br />
Räume und Stadtentwicklung neu zu definieren. Nutzeranpassung<br />
bedeutet, dass die ClipHut an nahezu<br />
jedem Ort existieren kann, vom Park bis zu Dächern<br />
von Gebäuden. Das erlaubt ihr sich durch ganze Bezirke<br />
zu verteilen.
Thomaz Vieira, Pavel Furtsev, Mona Makebrandt<br />
88<br />
ClipHut StartUp<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Im Jahr 2018 gewann das ClipHut-Projekt im Wettbewerb mit Experten aus aller<br />
Welt einen internationalen Wettbewerb (Open Source Wood Initiative), der von<br />
einem Global Player der Holzindutrie (MetsäWood) organisiert wurde und die<br />
Entwicklung eines Start-Ups ermöglicht.<br />
Visualisierung: ClipHut<br />
Das Projekt<br />
„Denken Sie global und handeln Sie lokal.“<br />
Kann Technologie zur Lösung eines der ältesten Probleme<br />
der Menschheit beitragen?<br />
Das Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Konstruktionssystem<br />
zu entwickeln, das den Wohnungsbau<br />
revolutionieren soll. Das System ist anpassungsfähig,<br />
modular und umweltfreundlich. Es ist einfacher<br />
und schneller als herkömmliche Techniken und wirtschaftlich<br />
in allen Phasen: Design, Konstruktion und<br />
Herstellung.<br />
Der Produktivitätsgewinn wird durch Automatisierung<br />
und Computeralgorithmen hinter dem System<br />
erzielt. Unter Berücksichtigung von Material, Ort und<br />
endgültiger Konstruktion werden alle Teile, Zeichnungen<br />
und Dateien, die für die lokale Fertigung und<br />
Konstruktion erforderlich sind, erstellt. Das Hauptanliegen<br />
liegt darin, die digitale Fabrikation weiterzuentwickeln,<br />
sodass es auf die obdachlosen Bevölkerungsgruppen<br />
reagiert und so die künftigen Bedürfnisse<br />
der Gesellschaft erfüllt.<br />
ClipHut<br />
Aus dieser Überlegung entstand ClipHut. Eine Hütte,<br />
welche flexibel und stabil zugleich ist sowie einfach<br />
montiert und demontiert werden kann, um es an einer<br />
anderen Stelle wiederaufbauen zu können. Da sie<br />
individuell anpassbar ist, kann ClipHut in fast jeder<br />
Umgebung stehen. Lediglich lokale Vorschriften und<br />
Gesetze beschränken die Größe, sodass in vielen Fällen<br />
auf einen aufwendigen Bauantrag verzichtet werden<br />
kann.
Das parametrische Verfahren<br />
Mithilfe des parametrischen Verfahrens wird der Entwurfsprozess<br />
deutlich vereinfacht. Sobald man die<br />
Form und Größe der Hütte verändern möchte, muss<br />
nicht direkt alles neu gezeichnet werden. Ein Algorithmus,<br />
der vom Team programmiert wurde, zerlegt die<br />
Struktur des ClipHut in einzelne Elemente, nummeriert<br />
alle Teile und legt gleichzeitig eine Fräsdatei an, bei<br />
der durch automatisierte Anordnung darauf geachtet<br />
wird, so wenig Holz wie möglich zu verschwenden.<br />
Ziel des Ganzen ist, den Benutzern mittels einer App<br />
die Möglichkeit zu geben individuelle Häuser zu entwerfen<br />
und im Anschluss Produktionsdateien, lokale<br />
Herstellerinformationen, Kosten sowie Aufbauanleitungen<br />
zugesendet zu bekommen.<br />
Die Funktion<br />
Die Kernstruktur des ClipHut‘s besteht aus gefrästen<br />
Holz-Elementen. Für das erste ClipHut wurden<br />
OSB-Platten verwendet. Der Clip ist mittlerweile soweit<br />
optimiert, dass man nicht mehr auf nur einen<br />
einzigen Holzwerkstoff angewiesen ist. Die Clips werden<br />
zu einer Art Fachwerk zusammengesteckt.<br />
Die Konstruktion ist so konzipiert, dass es auch<br />
nichtspezialisierten Personen möglich ist, das System<br />
zu montieren. Die Beschaffenheit der Clips sorgt dafür,<br />
dass hohe Lasten aufgenommen werden können<br />
und dass das System starken Windkräften standhält.<br />
Hier gilt genau wie beim Holz, dass auch bei der Fassade<br />
unterschiedliche Materialien eingesetzt werden können.<br />
Zurzeit wird an Fassadenclipsen gearbeitet, die<br />
ein Anbringen von Alucobond-Platten ermöglichen.<br />
89<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Foto: ClipHut<br />
Aussicht<br />
Auf Schrauben und andere typische Befestigungsmittel<br />
wird komplett verzichtet; das Wort wird gar zu einem<br />
Fremdwort für Thomaz Vieira, Pavel Furtsev und<br />
Mona Makebrandt, die das Projekt nun unabhängig<br />
von Lehrveranstaltungen mit der Unterstützung der<br />
Technischen Hochschule OWL zu einem start-up Unternehmen<br />
weiterentwickeln. Das ist eine große und<br />
vor allem neue und aufregende Herausforderung für<br />
das Team. Denn der Kern des Projekts besteht darin,<br />
die digitale Fabrikation in einem globalen Netzwerk<br />
zu erforschen. Das gesamte Potenzial von Technologie<br />
im Zusammenhang mit sozialen Problemen soll<br />
erkundet und ein globales Netzwerk von FabLabs geschaffen<br />
werden, um schnell und lokal reagieren zu<br />
können.<br />
Grafiken: ClipHut<br />
„Erstellen, Verwalten und Teilen komplexer Daten<br />
über eine benutzerfreundliche Schnittstelle, um eine<br />
lebensfähige Unterkunft zu schaffen, die minimale<br />
Wohneinheiten bietet, die in jeder Art von Bedingungen<br />
gebaut und gleichzeitig personalisiert werden<br />
können - das ist unsere Philosophie“.<br />
www.cliphut.org
Thomaz Viera, Tomas Mena, Maria Helena Wilkens, Onurcan Kurt, Alvaro Balderrama, Spencer Culhane, Angelina Aziz, Gesana Biti, Supak<br />
Kosolsirisukkul, Yonnie Kweon, Azita Mazaheri, Yi Ju<br />
90<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
ClipHut Projekt Nieheim<br />
ClipHut und die Heimatwerker in Nieheim arbeiten zusammen, um bezahlbares<br />
Wohnen zu ermöglichen. Studierende des Masterstuediengangs MID,<br />
entwickelten ein Holzbausystem für minimales Wohnen.<br />
Foto: ClipHut<br />
Heimatwerker Koorperation<br />
Heimatwerker ist ein Kooperationsprojekt zwischen<br />
der Stadt Nieheim, der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe<br />
und der StadtBauKultur NRW. Es<br />
richtet sich an die Geflüchteten, die eine neue häusliche<br />
und berufliche Perspektive im Baugewerbe suchen.<br />
Parallel zur Renovierung des historischen Ackerbürgerhauses,<br />
wurden die Studierenden des MID-Masterprogramms<br />
an der TH OWL, unter der Leitung von<br />
Prof. Hans Sachs, Prof. Jens-Uwe Schulz und Jan C.<br />
Kahre Heidemann, eingeladen, neue Holzbautechniken<br />
zu erproben.<br />
In einer Bottom-up-Methode war es das Ziel, zuerst<br />
eine Holzverbinung zu entwerfen und darausfolgend<br />
ein parametrisches Bausystem zu entwickeln, um gemeindefreundliches,<br />
minimales Wohnen anzubieten.<br />
Kontext<br />
In den letzten Jahren wurden neue Technologien im<br />
Bauwesen eingesetzt, die die Grenzen verschieben<br />
und eine neue Ästhetik für die Architektur schaffen.<br />
Allerdings haben nur wenige Initiativen das Potenzial<br />
dieser Technologien für die dringende Wohnungssituation<br />
untersucht. Ein bewusster und sensibler Ansatz<br />
für aktuelle und zukünftige Themen in unserer<br />
schnell wachsenden Gesellschaft kann Architektur<br />
und neue Technologien zusammenbringen.<br />
"Flüchtlingslager waren ursprünglich als kurzfristige<br />
Lösung für eine Notsituation konzipiert, aber der<br />
durchschnittliche Aufenthalt beträgt heute 17 Jahre".<br />
"Wenn die Flüchtlingslager drei Generationen dauern,<br />
müssen wir akzeptieren, dass sie nirgendwo hingehen",<br />
sagt die ehemalige Hochkommissarin, Killian<br />
Kleinschmidt, die Flüchtlingslager als die "Städte von<br />
Morgen" bezeichnet.
Bei der Analyse des aktuellen Modells von Notunterkünften<br />
werden wir im Wesentlichen zwei Arten von<br />
Unterkünften finden: Zelte oder Container. Die erste<br />
bietet keine gute Lebensqualität, und die zweite ist<br />
teuer für den Transport, hat eine komplexe Logistik<br />
und erlaubt keine Anpassungen.<br />
Das System<br />
Unter Berücksichtigung dieser Probleme entwickelten<br />
wir eine einfache Lösung, die es ermöglicht, eine<br />
ganze Struktur ohne Werkzeuge, Maschinen oder<br />
Baukenntnisse zu montieren und zu demontieren.<br />
ClipHut ist ein Holzbausystem, dass das Potenzial hat,<br />
sich an unterschiedliche Bedürfnisse anzupassen. Es<br />
ist ideal für Resilience Spaces oder Situationen mit<br />
ständigem Bedarfswandel und zudem auch benutzerfreundlich,<br />
so dass auch nicht fachspezifische<br />
Personen an der Planung und Konstruktion beteiligt<br />
werden können.<br />
91<br />
WÄHREND DES BAUS<br />
Nieheim Projekt<br />
Nach vielen Treffen, um die Integration von Geflüchteten<br />
in die lokale Gemeinschaft zu erleichtern, haben<br />
wir eine "Common Hut" entworfen.<br />
Diese Hütte soll ein flexibler Ort für sein, um mit den<br />
Bewohnern durch Aktivitäten, Veranstaltungen und<br />
Dienstleistungen zu kommunizieren.<br />
Fotos und Grafiken: ClipHut
NEUE <strong>IMPULSE</strong>
Diandra Holzmüller<br />
94<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Modulare Möbel<br />
Für ein Flüchtlings- und Integrationsprogramm in Nieheim<br />
Im Rahmen dieser Bachelorthesis im Themenbereich Möbelentwicklung wurde<br />
ein modulares Möbelkonzept für Veranstaltungen verschiedener Art im<br />
Nieheimer Pilotprojekt entwickelt.<br />
Perspektive<br />
Zielsetzung<br />
Nach einer intensiven Bedarfsanalyse sollten robuste<br />
multifunktionale Möbelelemente entworfen werden,<br />
die sowohl günstig in der Herstellung sind als auch eine<br />
flexible und platzsparende Aufbewahrung ermöglichen<br />
und für den Einsatz während der Bauphase geeignet sind.<br />
Der Themenbereich umfasste Ausstellungs- und<br />
Informationsebenen, Stellflächen für technische Geräte<br />
(Beamer, Lautsprecher, ...), Rednerpult, Arbeitsflächen,<br />
Thekenmöbel und flexible Sitzelemente.<br />
Mit Hilfe dieses Mobiliars sollten, in der Projektphase<br />
anstehende, Veranstaltungen, wie Präsentationen für<br />
interessierte Bürger, Meetings und Besprechungen<br />
und Workshops sowie gemeinsames Arbeiten von<br />
Studierenden und Geflüchteten ermöglicht werden.<br />
Gleichzeitig kann dieses modulare Möbelkonzept auch<br />
nach Projektende für die gemeinschaftliche Nutzung des<br />
Ackerbürgerhauses und in anderen Zusammenhängen<br />
weiter flexibel eingesetzt werden.<br />
Platzsparende Aufbewahrung
95<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Grundmöbel für die modulare Anwendung<br />
Konzept<br />
Das Möbelkonzept basiert auf drei Grundelementen,<br />
die im weiteren Gebrauch für die vielfältige modulare<br />
Anwendung geeignet sind. Durch ein Stecksystem sind sie<br />
einfach in der Handhabung und können aus handlichen<br />
Einzelteilen zusammengesetzt werden.<br />
Die Schnittstelle, also der Berührungspunkt zwischen den<br />
Möbelbeinen ist dabei symbolisch an das Pilotprojekt in<br />
Nieheim angelehnt. Auch hier entstehen Schnittstellen<br />
zwischen den Geflüchteten und den Bewohnern<br />
Nieheims.<br />
Aus den drei Grundmöbeln ist es über die Stecktechnik also<br />
möglich alle benötigten Möbelstücke zusammenzusetzen<br />
und in ihrer Anwendung stetig zu variieren.<br />
Modulare Anwendung<br />
Präsentation Prototypen<br />
Stecksystem zur einfachen Handhabung
Ricarda Jacobi, Katrin Kollodzey<br />
Textil als Kommunikation zwischen Kulturen<br />
97<br />
"Heimatwerker.Textil" entstand aus dem Wunsch heraus einen eigenen Bereich<br />
speziell für die geflüchteten Frauen und Mädchen in Nieheim einzurichten.<br />
Hierfür entwickelten Studentinnen der Detmolder Schule für Architektur und<br />
Innenarchitektur Entwürfe zu besonderen Orten für die neu angekommenen<br />
Nieheimerinnen. Das Projekt wurde im Rahmen von zwei Semesterprojekten realisiert.<br />
Im ersten Semester richtete sich der Fokus der Semesterarbeit auf das<br />
Mädchenzimmer, einem eigenen Zimmer für Frauen und Mädchen. Im darauf<br />
folgenden Semester erweiterten sich die Ideen zu umfänglicheren Konzepten für<br />
das gesamte Haus. Die Integration einer textilen Werkstatt soll zukünftig zum<br />
Austausch und gemeinsamen Schaffen einladen.<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Aufgabenstellung<br />
Die entstandenen Entwürfe stellen, neben der besonderen<br />
Auseinandersetzung mit Unterschieden und<br />
Schnittmengen der textilen Kulturen, die Bedürfnisse<br />
der geflüchteten Frauen in den Vordergrund.<br />
Die Abgeschiedenheit des Raumes zu den anderen<br />
Orten des Nieheimer Ackerbürgerhauses erlaubt es<br />
den Frauen zu beten, ihre Kinder zu stillen oder in<br />
den Austausch mit Neu- und Altnieheimerinnen zu<br />
treten. Im Entwurfsprozess kristallisierte sich heraus,<br />
dass trotz der notwendigen Rückzugsmöglichkeiten<br />
eine Verbindung zum Geschehen im restlichen Haus<br />
hergestellt werden sollte. Das Mädchenzimmer kann<br />
auf diese Weise ein unterstützendes Element für die<br />
Gemeinschaft bilden, die im Nieheimer Ackerbürgerhaus<br />
durch das Heimatwerker Projekt entsteht.<br />
Während der Workshops, in denen die Studentinnen<br />
und Neu- und Alt-nieheimerinnen gemeinsam mit<br />
Textilien handwerklich arbeiteten, wurde deutlich,<br />
dass ein großes Bedürfnis nach einem Begegnungsort<br />
besteht, welcher Raum für Kommunikation bildet.<br />
Wenn im ersten Teil des Projektes, „Heimatwerker.<br />
Textil“ der Rückzug und die Identifikation der Frauen<br />
mit einem eigenem Ort im Fokus stand, fokussierte<br />
der zweiten Teil vielmehr einen Kommunikationsort<br />
zu schaffen, mit der Möglichkeit zum handwerklichen<br />
Arbeiten und den darüber angeregten Austausch–<br />
die textile Handarbeit als Gesprächsgrundlage, als<br />
Vermittler zwischen den Frauen, zwischen Generationen<br />
und zwischen Neu- und Alt-Nieheimerinnen. Ziel<br />
war die Gestaltung einer textilen Lernwerkstatt und<br />
die inhaltliche wie räumliche Entwicklung eines regelmäßig<br />
stattfindenden Angebots als Austauschmöglichkeit<br />
für die Frauen Nieheims.<br />
In beiden Semestern verlief die Projektarbeit in aufeinander<br />
aufbauenden Phasen. Die Studentinnen<br />
setzten sich zu Beginn mit den Besonderheiten verschiedener<br />
textiler Kulturen und dem Thema Flucht<br />
auseinander.<br />
Im Rahmen dessen wurden traditionelle textile Techniken<br />
recherchiert und erprobt.<br />
Durch die gemeinsame Arbeit mit den Frauen vor Ort<br />
in den Workshops, welche von den Studentinnen geplant,<br />
organisiert und durchgeführt wurden, entwickelten<br />
die Seminarteilnehmerinnen sehr persönliche<br />
und sensible Konzepte zur Gestaltung des Mädchenzimmers,<br />
sowie einer textilen Werkstatt. Konzepte für<br />
Farbigkeit, Materialität und Oberflächen gliedern die<br />
Räume und schaffen besondere Orte – private Orte<br />
des Rückzugs, sowie sich öffnende Orte, die sich in<br />
die Gemeinschaft des Hauses einfügen.<br />
Die Studentinnen schafften räumliche Möglichkeiten<br />
der Aneignung durch sowohl Raumkonzepte, als auch<br />
durch differenzierte Ideen zu einzelnen, sich in den<br />
Raum fügenden Möbeln. Insbesondere im Mädchenzimmer,<br />
entstanden so Anregungen zu einem weiblichen,<br />
atmosphärischen Ort.
Klara Schönberg<br />
98<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Aufbewahrungssystem<br />
Klare Strukturen mit vielen Möglichkeiten<br />
In dem partizipativem Projekt „Heimatwerker.Textil<br />
als Kommunikation zwischen Kulturen“ wurde ein<br />
flexibles Aufbewahrungssystem entwickelt, welches<br />
sich an die individuellen Anforderungen der Nutzer<br />
anpassen lässt.<br />
Die Idee für das Aufbewahrungssystem reifte beim<br />
Beisammensein und Kommunizieren in den Workshops<br />
mit Neu– und Altnieheimern. In den Workshops<br />
wurde sich gemeinsam mit den Vorstellungen<br />
über die Zimmergestaltung auseinandergesetzt. Die<br />
Kommunikation fand verbal aber auch über Gesten<br />
und Mimik statt. Auch das Beobachten war ein wichtiger<br />
Faktor im Entwurfsprozess.<br />
Ein Aufbewahrungssystem soll den Frauen und Kindern<br />
ein eigenständiges Arbeiten, Nähen und Werken<br />
sowie Spielen und Lernen ermöglichen. Bastel- und<br />
Nähutensilien, sowie Spielzeug und Lernmaterialien<br />
finden gleichermaßen ihren Platz. Ein leichter Zugang<br />
wird durch klare Strukturen und eindeutige Zuordnungen<br />
ermöglicht. Unterstützend hierbei sind Symbole<br />
und Oberflächenstrukturen. Flexible Elemente,<br />
wie beispielsweise die veränderbare Anordnung von<br />
Einzelteilen, dienen der Erweiterung oder Anpassung<br />
an die Nutzung.<br />
Partizipativer Prozess<br />
Holzstäbe bilden eine Aufhängung für Taschen aus<br />
Stoff, die die Frauen selber nähen können. Die Idee<br />
ist, dass jede Frau mindestens eine Tasche an das<br />
Regal hängen kann, in der sie ihre Materialien aufbewahrt.<br />
Die Taschen sollen individuell nach eigenen<br />
Vorstellungen gestaltet werden.<br />
Durch den gemeinsamen Entwurfs- und Gestaltungs-prozess<br />
hatten die Studierenden die Chance<br />
den Frauen zu zeigen, dass sie aktive Gestalterinnen<br />
eines kreativen Prozesses sind.<br />
Aufbewahrungssystem für Nähutensilien<br />
Aufbewahrungssystem für Spiel- und Bastelsachen
Tosca Albrecht<br />
Netze knüpfen. Handarbeit. Kulturen verbinden.<br />
Gestaltung des Mädchenzimmers<br />
Die gemeinsame Handarbeit legte den Grundstein<br />
für die Zusammenarbeit mit den geflüchteten Frauen<br />
und so wurde es auch Grundlage für ein räumliches<br />
Gesamtkonzept: Handarbeit als etwas Verwobenes,<br />
Einzigartiges und Unregelmäßiges! Ein imaginäres<br />
handgeknüpftes Netz strukturiert den Raum. So<br />
entstehen freie Flächen zwischen den Fäden, die sich<br />
in dem Konzept zu Podesten, Sitzmöglichkeiten und<br />
unterschiedlichen Raumsituationen entwickeln.<br />
99<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Einblick in den Raum als 3D Ansicht<br />
Raumbeschreibung<br />
Es gibt eine Kinderspielecke, die auch Verstaumöglichkeiten<br />
durch ein bodennahes Podest bietet.<br />
Die Kinder können durch die eingebaute Kindertür<br />
im Kreis rennen und ihren eigenen Eingang nutzen.<br />
Das Netz gibt die Struktur für den Grundriss vor.<br />
Eine Trennwand zur "Erwachsenentür" bildet die<br />
Grundlage für ein Spielzelt, welches sich die Kinder<br />
aufbauen können. Auf der rechten Seite befindet<br />
sich eine Sitzbank, die sich zur Stillecke auf dem<br />
Boden wandelt, sich durch die ganzen Raumseite<br />
zieht und Verstaumöglichkeiten bietet. Am Fenster<br />
befindet sich ein Tisch, der auch gleichzeitig als Bank<br />
genutzt werden kann.<br />
Die Farbgestaltung wurde bewusst neutral<br />
gehalten, damit es sich den Projekten der anderen<br />
Studierenden gestalterisch anpassen kann und so<br />
zu einem Gesamtkonzept wird.<br />
"Ich bin sehr dankbar für die wundervollen<br />
Zusammenarbeit und die tollen Begegnungen mit<br />
den Frauen und Kindern."<br />
Nutzungsszenarien<br />
"Frauengespräche" Essenssituation Arbeitssituation
e i m a t w e r k e r T e x t il II<br />
i n t e x t il e s Gesa A t Trispel e li e r & Celina f ü r gBettmer<br />
e fl ü c h t e t e F r a u e n<br />
i n O r t d e r V e r d i c h t u n g<br />
100<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
e r d i c h t u n g b e d e u t e t d a s B ü n d e l n u n d A u s b a u e n p e r s ö n li c h e r<br />
h i g k e i t e n , b e d e u t e t V e r s t ä r k u n g u n d B e s t ä r k u n g .<br />
Angelehnt an die Verdichtung im textilen Prozess...<br />
n g e l e h n t a n d i e V e r d i c h t u n g i m t e x t il e n P r o z e s s . . .<br />
Im Fokus steht das Gemeinschaftliche und der Anspruch<br />
das Atelier gestärkter zu verlassen als man es<br />
... ist ein Atelier entstanden, welches Frauen die Mög-<br />
e r e geben n t s t a nsoll d eihre n , Kompetenzen w e l c h e s F rzu a ustärken e n d i e und M ö g li betreten c h k e i t hat.<br />
i s t e i n A t elichkeit<br />
e b e n s o ll I hsich r e im K oRahmen m p e t egemeinschaftlichen n z e n z u s t ü t z eArbeitens n u n d weiterzubilden.<br />
i m R a h m e n<br />
e m e i n s c h a f t li c h e n L e r n e n s u n d A r b e i t e n s s i c h w e i t e r z u b il d e n u m<br />
i n e b e s s e r e P e r s p e k t i v e a u f d e m d e u t s c h e n A r b e i t s m a r k t z u<br />
r l a n g e n .<br />
Ein textiles Atelier für geflüchtete Frauen<br />
Ein Ort der Verdichtung<br />
B a u m w o ll e G a r n G e w e b e<br />
l e i c h z e i t i g i s t e i n O r t d e s Z u s a m m e n k o m m e n s e n t s t a n d e n , d e r<br />
i n l ä d t s i c h a u f e i n e n T e e m i t d e r b e s t e n F r e u n d i n z u t r e f f e n o d e r<br />
e m e i n s a m a n t e x t il e n P r o j e k t e n z u a r b e i t e n .<br />
i n z u k o m m t e i n e m u l t i f u n k t i o n a l e N u t z u n g s m ö g li c h k e i t d e s<br />
a u m e s , e t w a f ü r M e e t i n g s o d e r K i n o a b e n d e . I m F o k u s s t e h t d a s<br />
e m e i n s c h a f t l i c h e u n d d e r A n s p r u c h d a s A t e li e r g e s t ä r k t e r<br />
e r d i c h t e t e r ) z u v e r l a s s e n a l s m a n e s b e t r e t e n h a t .<br />
Gleichzeitig wurde ein Ort des Zusammenkommens<br />
geschaffen, der einlädt, sich auf einen Tee mit der<br />
besten Freundin zu treffen, oder gemeinsam an textilen<br />
Projekten zu arbeiten.<br />
Hinzu kommt eine multifunktionale Nutzungsmöglichkeit<br />
des Raumes, etwa für Meetings oder Kinoabende.<br />
Grundriss<br />
Perspektive<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Perspektive
Theresa Hellings<br />
Schuhe ausziehen<br />
Von den Gesten eines Raumes<br />
Bevor man sich mit dem „Schuhe ausziehen“<br />
beschäftigt, stellt sich wohl als erstes die Frage:<br />
Weshalb ziehen wir eigentlich Schuhe an?<br />
Schuhe berühren weite Felder. So können sie als<br />
Schutzfunktion dienen, ebenso wie als Modefunktion<br />
oder als Hinweis auf den gesellschaftlichen Status.<br />
Sie können eine politische Richtung äußern oder<br />
auch von der Kultur beeinflusst sein.<br />
Das Schuhe eine wichtige Rolle für uns Menschen<br />
spielen, zeigen auch die zahlreichen Sprichwörter,<br />
die rund um den Schuh entstanden sind. „Wo<br />
drückt der Schuh?“, „Auf eigenen Füßen stehen“,<br />
„Jemandem die Schuld in die Schuhe schieben“ - der<br />
Schuh ist mehr als nur Schutz für unsere Füße.<br />
Manchmal ist es aber besser seine Schuhe<br />
auszuziehen! Wenn man sich seine Schuhe auszieht,<br />
kann man sich besser begegnen. Man kann sich<br />
zusammensetzen und dabei den Schutz genauso<br />
fallen lassen, wie den gesellschaftlichen Status.<br />
Sich vertrauen, auf einer Ebene begegnen und<br />
austauschen. Vielleicht versteht man danach den<br />
Schuh des anderen auch besser.<br />
Sich die Schuhe auszuziehen beinhaltet auch ein<br />
ganz bestimmtes Gefühl. Es ist befreiend, meistens<br />
ist es verbunden mit dem Gefühl des Feierabends:<br />
nach Hause kommen, entspannen, vertrauen, man<br />
spürt den Boden unter sich, man kommt an. Ist man<br />
zu Besuch und befreit seine Füße, ist das auch ein<br />
Zeichen, dass man beabsichtigt länger zu bleiben.<br />
Neben dem Gefühl hat das Schuhe ausziehen auch<br />
Einfluss auf unsere Handlungen. Man bewegt sich<br />
anders, man sitzt anders - zum Bespiel auf dem<br />
Boden oder mit einem hochgezogenen Bein auf dem<br />
Stuhl.<br />
Der Ausgangspunkt meines Entwurfs ist die<br />
Feststellung, dass der Raum am besten ohne<br />
Schuhe betreten werden soll, um eine Behaglichkeit<br />
zu schaffen, wie man sie von Zuhause kennt. Wie<br />
gibt man aber den Hinweis, dass man seine Schuhe<br />
ausziehen soll, ohne ein Schild aufzuhängen<br />
„Betreten mit Schuhen verboten!“?<br />
Meine Aufgabe war es also die richtigen Bedingungen<br />
zu bieten um Bedürfnisse, die beim Ausziehen der<br />
Schuhe aufkommen, zu beantworten. Die Schwelle<br />
zum Raum wurde mit einem Schaffell versehen. Ein<br />
Schaffell ist etwas gemütliches, weiches, feines, das<br />
man nicht mit Straßenschuhen betritt und außerdem<br />
gerne an seinen Füßen spüren möchte. Ein erster<br />
Hinweis also, dass man seine Schuhe ausziehen<br />
sollte.<br />
Ich habe im Rahmen meines Entwurfs das<br />
Bedürfnis zum Schuhe ausziehen unterstrichen,<br />
eine Sitzgelegenheiten hierfür entworfen und eine<br />
Möglichkeit zum Verstauen der Schuhe geschaffen.<br />
101<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Modell<br />
Skizzen<br />
Modell
Die Workshops<br />
103<br />
Einen besonders wichtigen Teil zu den Entwürfen und Konzepten der Studentinnen<br />
bildeten die Workshops, die im ersten Semester sorgfältig und umfänglich<br />
erarbeitet und im zweiten Semester aus den Erfahrungen der ersten Workshops<br />
verfeinert und auf die neuen Bedürfnisse zu geschneidert wurden.<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Anlass<br />
Die Aktivitäten, die die Studentinnen im Rahmen<br />
von gemeinsamen Handarbeitsworkshops mit den<br />
Frauen aus Nieheim entwickelten, verfolgten das<br />
Ziel die Wünsche, Anforderungen und Bedürfnisse<br />
der Nieheimer Frauen an ihren Begegnungsort<br />
herauszufiltern.<br />
Neben atmosphärischen Fragestellungen spielten im<br />
Fortgang des Projektes auch die Anforderungen an eine<br />
geeignete Ausstattung der Räume eine wichtige Rolle.<br />
Hierfür wurden sinnvolle Aufbewahrungsmöbel und<br />
-objekte für großen Maschinen, kleine Scheren, Nadeln<br />
und Garnspulen entwickelt. Die Studierenden setzten<br />
sich hierfür mit der Thematik des ergonomischen,<br />
handwerklichen Schaffens auseinander. Zudem<br />
setzen sie einen Fokus auf die Integration von Orten<br />
für Kinder.<br />
Das Binden von Wollkugeln, Sticken, Nähen und das<br />
Bedrucken von Stoffen, die zu einem Patchwork<br />
genäht wurden, das Färben von Stoffen mit natürlichen<br />
Färbemitteln wie Birkenblättern - Die Handarbeiten<br />
während der Workshops bildeten wichtige<br />
Anknüpfungspunkte und Austauschmöglichkeiten,<br />
die durch die sprachlichen Unterschiede zwischen<br />
Studentinnen und geflüchteten Frauen, als auch<br />
zwischen den Frauen vor Ort, erschwert war.<br />
Die gemeinsame textile Arbeit eröffnete eine<br />
ungezwungene und angeregte Kommunikation<br />
zwischen Studierenden und den Frauen aus Nieheim<br />
und nutzte die geschaffenen Beziehungen um im<br />
partizipativen Prozess Moodboards, Farbkonzepte<br />
und Ideen zur Gestaltung der Räume zu entwickeln.<br />
Diese wurden gemeinsam umgesetzt: Muster wurden<br />
gestickt, Patchworkdecken genäht und Möbelideen<br />
entwickelt.<br />
Die Workshops teilten sich in die zwei<br />
Studierendenprojekte auf und wurden durch<br />
Ausstellungen ergänzt. Folgende Tabelle gibt einen<br />
Eindruck zum Ablauf.<br />
Darstellung des Workshops von Theresa Hellings<br />
Titel<br />
Kurzbeschreibung<br />
1. Textiles Arbeiten 1 Erstes Kennenlernen bei einfachen textilen<br />
Handarbeitstätigkeiten.<br />
2. Textiles Arbeiten 2 Fortführung der Arbeiten. Erstellung von<br />
gemeinsamen Moodboards.<br />
3. Textiles Arbeiten 3 Fortführung der Arbeiten und Entwicklung<br />
erster Ideen für das Mädchenzimmer.<br />
4. Ausstellung & Prüfung Präsentation der Ergebnisse und öffentliche<br />
Ausstellung im Rathaus Nieheim<br />
5. Textiles Arbeiten 4 Kennenlernen der 2. Studierendengruppe.<br />
Weben, Recyclen & Stempeln<br />
6. Textiles Arbeiten 5 Fortsetzung der Arbeiten und Batiken mit<br />
natürlichen Färbemittel.<br />
7. Ausstellung & Prüfung Präsentation der Ergebnisse und öffentliche<br />
Ausstellung im Rathaus Nieheim<br />
8. Ausstellung Präsentation der Projektideen am Tag der<br />
offenen Tür in Detmold<br />
9. Nieheimer Käsemarkt Präsentation und Ausstellung der Arbeiten.
Klara Schönberg<br />
104<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
"Kommt vorbei und macht mit"<br />
Einladungen gestalten<br />
“Kommt vorbei und macht mit!“ Unter diesem Motto<br />
luden die Studierenden der Detmolder Schule für Architektur<br />
und Innenarchitektur zur Auftakt-veranstaltung<br />
für die gemeinsame Gestaltung des Mädchenzimmers<br />
in der Begegnungsstätte in Nieheim ein.<br />
Der erste Schritt für das Zustandekommen der<br />
ge-planten Auftaktveranstaltung war, das Interesse<br />
der Frauen in Nieheim zu wecken. Der Zugang<br />
für geflüchtete Menschen zu einem partizipativen<br />
Projekt ist nicht immer leicht. Daher war<br />
eine hohe Sensibilität sowie Respekt und Toleranz<br />
gegenüber anderen Kulturen und Religionen für<br />
die Studierenden ein wichtiger Bestandteil ihrer<br />
Arbeit, um eine Vertrauensebene zu schaffen.<br />
Ihre Wertschätzung zeigten die Studierenden mit<br />
der Vorbereitung besondere Einladungskarten.<br />
Dadurch wurde jede Einladungskarte zu einem Unikat.<br />
Um die Sprachbarrieren zu überwinden, wurde<br />
der Text in vier verschiedene Sprachen übersetzt.<br />
Wichtig war den Studierenden zudem, dass die<br />
Karten nicht postalisch, sondern persönlich überbracht<br />
wurden. Durch die persönliche Überbringung<br />
der liebevoll gestalteten Einladungskarten wurden<br />
erste Kontakte auf sensible Art und Weise geknüpft,<br />
womit die erste Hürde überwunden wurde.<br />
Zu jedem Workshop wurde mit einer neu gestalteten<br />
Einladung eingeladen. Außerdem wurde über<br />
soziale Netzwerke und einer Anzeige in der Nieheimer<br />
Zeitung auf die Workshops aufmerksam gemacht.<br />
Auf diese Weise wurden Neu – und Altnieheimer<br />
erreicht und miteinander bekannt gemacht.<br />
Die Einladungen aus handgeschöpftem Papier wurden<br />
in liebevoller Handarbeit mit Wimpeln bestickt.<br />
Einladungen
Melanie Kuhlmann<br />
Heimatwerker Hocker<br />
Gemeinsam bauen, gestalten und restaurieren<br />
"Bauen ist Bildung. Bauen bietet Arbeit.<br />
Bauen schafft vertrauen."<br />
Fördern, Fordern, Freisetzen!<br />
105<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Im Rahmen des Heimatwerker-Projektes sollen Räume<br />
entstehen, in welchen Neu- und Altnieheimer/innen<br />
zusammenkommen, sich austauschen und selbst<br />
tätig werden können. Dieses Projekt zeigt eine Idee,<br />
in welcher die Migranten in einer Lernwerkstatt neue<br />
Tätigkeiten erlernen und zugleich Kontakt zu den Einheimischen<br />
und den Ort Nieheim aufbauen.<br />
Der Grundriss strukturiert sich in verschiedene Bereiche<br />
fürs handwerkliche Arbeiten, wie eine Schneiderei,<br />
Kleiderkammer, Tischlerei und Färberei. In jedem<br />
Raum sollen nicht nur ein neues Produkt geschaffen<br />
werden, sondern auch die Möglichkeiten gegeben<br />
sein die Arbeiten zu präsentieren und in den Raum<br />
zu integrieren. Die Idee dahinter ist die Förderung der<br />
Identifikation und Aneignung des Ortes.<br />
Mit der Gestaltung eines recycelten Hockers,<br />
welcher mehrere handwerkliche Bearbeitungsschritte<br />
durchläuft, kann eine erste zusammenhängende<br />
Lerneinheit gebildet werden.<br />
Darüber hinaus kann der Hocker zum Markenzeichen<br />
der Heimatwerker-Projektes werden. Der Hocker<br />
verwendet recycelte Stuhlbeine und verbindet diese<br />
mit einem neu gestalteten, selbst gefärbten Polster.<br />
Die Ahornholzumrahmung des Polsters bekommt<br />
eine Gravur mit dem Schriftlogo der Heimatwerker.<br />
Die individuellen Batikstoffe verkleiden des weiteren<br />
die Beine und bilden so ein weiteres Wiedererkennungsmerkmal.<br />
Der Hocker kann so als Lernobjekt<br />
des Workshops dienen, als Raumgestaltunsgelement<br />
und darüber hinausgehend als finanzieller Support,<br />
durch den Weiterverkauf.<br />
Schneiderei<br />
Schneiderei<br />
Workshopraum<br />
Lager<br />
Teeküche Workshopraum<br />
Lager<br />
Teeküche<br />
Flur<br />
Flur<br />
Kleiderkammer<br />
Kleiderkammer<br />
Färberei<br />
Färberei<br />
Mädchenzimmer<br />
Mädchenzimmer<br />
Stofflager<br />
Stofflager<br />
Fahrradwerkstatt<br />
Bad<br />
Gemeinschaftsraum<br />
Fahrradwerkstatt<br />
Bad<br />
Gemeinschaftsraum<br />
offener Gemeinschaftsraum<br />
Tischlerei/Polsterei<br />
Bad<br />
offener Gemeinschaftsraum<br />
Büro<br />
Tischlerei/Polsterei<br />
Bad<br />
Bad<br />
Bad<br />
Büro<br />
Collage
Tosca Albrecht & Klara-Luise Rühe<br />
106<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Käsemarkt in Nieheim<br />
Play Me, I'm Yours!<br />
13 frei bespielbare Klaviere wurden in München<br />
aufgestellt und jeder darf auf den indiviudell gestalteten<br />
Straßenklavieren klimpern. Bei Play Me, I'm Yours geht<br />
es darum, sich einfach hinzusetzen und in die Tasten<br />
zu hauen. Allein, vor Publikum, als Laie oder Profi. Die<br />
Idee dieser Aktion stammt vom britischen Künstler<br />
Luke Jerram. Die Pianos regen zur Interaktion an und<br />
fördern Gemeinschaftlichkeit. Klara- Luise Rühe und<br />
Tosca Albrecht haben den Wettbewerb vom Isarlust e.V.<br />
gewonnen und durften eins der 13 Klaviere mit Humor,<br />
Geschick und Liebe fürs Detail gestalten.<br />
Inspiriert wurde diese Gestaltung von der kreativgestalterischen<br />
Zusammenarbeit mit den geflüchteten<br />
Frauen und Mädchen in Nieheim und ihrer Freude am<br />
Erschaffen von Dingen, die das Leben bunter machen.<br />
Multifarbene Fäden überkreuzen sich und finden am<br />
Ende zusammen. Dies soll den Austausch und Einklang<br />
symbolisieren, ganz als Metapher für das Projekt, in<br />
dessen Rahmen “Pull to Play“ umgesetzt wurde.<br />
Die Umsetzung erfolgte an den Tagen des Käsemarkts,<br />
zu dem die Studentinnen, zusammen mit den Frauen<br />
in Nieheim, das Klavier bemalten und die Bommeln<br />
bastelten. Die Umsetzung war ein voller Erfolg. Das Klavier<br />
hatte über einen Monat in München einen großen Auftritt<br />
und fand im Anschluss beim "Haus am Schuttberg", eine<br />
Kinderinitiative und Abenteuerspielplatz in München, ein<br />
neues Zuhause.<br />
Der Entwurf "Pull to Play“ ist ein interaktiver, spielerischer<br />
Gestaltungsentwurf mit vielfarbigen Kordeln und Woll-<br />
Bommeln. Die Lust am Spielen, Musizieren, blubbert hoch,<br />
wird plastisch, und das Klavier soll auf diese Weise zum<br />
Entdecken anregen. So wird der Deckel der Klaviertastatur<br />
nicht mit Händen hochgehoben, sondern durch Zug am<br />
Kordel-Bommel-Bündel durch eine Umleitung über den<br />
Rücken des Klaviers aufgeklappt. Das Anschlagen von<br />
Tasten führt zum Tanzen der Woll-Bommel. Musik wird in<br />
sichtbare Bewegung umgesetzt.
Umsetzung und Einbindung Caritas<br />
Ausblick und Resümee<br />
Damit Integration wirklich erfolgreich ist, darf sie<br />
kein Selbstzweck sein, sondern sollte auch echten<br />
Mehrwert für alle Beteiligten schaffen. Dann hat sie<br />
auch die Chance, ohne externe Betreuung weiter zu<br />
funktionieren. Nach dieser Überzeugung entstand<br />
der Gedanke zur Textilen Werkstatt. Und zwar ganz<br />
natürlich. Mit einem Problem.<br />
Wir wollten für das Projekt Heimatwerker nicht<br />
einfach einen Ort für Geflüchtete erschaffen, sondern<br />
mit ihnen – in diesem speziellen Fall mit Frauen und<br />
Mädchen. Doch wie gestaltet man ein Konzept mit<br />
Menschen ohne gemeinsame Sprache? Wir haben das<br />
„Problem“ Kulturunterschied zur Lösung gemacht.<br />
Zunächst haben wir Textil-Workshops veranstaltet<br />
und mit den Frauen einfach mal etwas gemeinsam<br />
gemacht. Bei der gemeinsamen Handarbeit entstand<br />
von ganz alleine eine eigene, konstruktive Art der<br />
Kommunikation.<br />
Ohne die Caritas wäre all das nicht möglich gewesen.<br />
Die Zweigstelle Nieheim stellte uns nicht nur das<br />
Material für die Arbeiten, sondern beteiligte sich<br />
auch mit großer Unterstützung bei dem Projekt.<br />
Aus den konzeptionellen Workshops entstand so<br />
eine umfassende Zusammenarbeit für ein höheres,<br />
langfristiges Ziel mit dem ersten Ergebnis, dass die<br />
Caritas mit ihrer Kleiderkammer in das Gebäude der<br />
Heimatwerker einzieht.<br />
So wurde aus dem Förderer ein Partner und aus<br />
einer partizipativen Idee ein festes Konzept mit<br />
Potenzial für dauerhaften Erfolg.<br />
107<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Die Menschen konnten sich mit oder ohne Worte<br />
über das austauschen, was sie taten. Und da die<br />
handwerklichen Fähigkeiten der zugezogenen Frauen<br />
die unseren überstieg, fühlte sich das Arbeiten<br />
auch mehr wie ein Austausch an, anstatt wie ein<br />
einseitiges Geben und Nehmen. Dabei entstand<br />
der gemeinsame Plan, die Textile Werkstatt zu einer<br />
dauerhaften Einrichtung zu machen.
Philipp von Kölln, Julia Maria Grzybowska, Prof. Dr. Reiner Staubach<br />
1<strong>08</strong><br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Integration von Geflüchteten in Nieheim<br />
Eine Studie über die Jahre 2016 und 2017<br />
Ziel dieser studentischen Arbeit war es, zu untersuchen, wie die Integration<br />
von Flüchtlingen in ländlichen Räumen erreicht werden kann. Dieses Ziel sollte<br />
durch eine Fallstudie des Integrationsprojekts Heimatwerker, der Stadt Nieheim,<br />
untersucht werden. Durch eine vergleichende Analyse von Daten aus 2016<br />
und 2017 wird die Frage beantwortet, wie sich die Integration in der Stadt Nieheim<br />
in der Zwischenzeit verändert hat. Es galt die These zu verifizieren, dass<br />
sich die Integrationsarbeit durch das Projekt verbessert.<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Integration von<br />
Flüchtlingen im Rahmen einer SWOT-Analyse betrachtet,<br />
die sich sowohl auf quantitative als auch auf qualitative<br />
Interviews aus den Jahren 2016 und 2017 stützt.<br />
Diese Einzelergebnisse werden durch eine Triangulation<br />
auf ihre Validität hin erörtert. Die Ergebnisse liefern einen<br />
Einblick in die Integrationsbestrebungen Nieheims<br />
zu dieser Zeit.<br />
Es lässt sich eine insgesamt positive Tendenz und<br />
eine differenzierte Einschätzung der Flüchtlingshilfe<br />
erkennen.<br />
Darüber hinaus zeigt sich eine verbesserte Integration<br />
der Geflüchteten in die Gemeinschaft, die sogar teilweise<br />
bis in das Privatleben der Nieheimer reicht. Ebenso<br />
lässt sich wahrnehmen, dass die Sprachfähigkeit und<br />
Kommunikationsbereitschaft in diesem Zeitraum deutlich<br />
verbessert wurden. Insgesamt zeigen die Ergebnisse<br />
eine signifikante Fortschrittsentwicklung innerhalb<br />
des letzten Jahres bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation<br />
in Nieheim.<br />
Anlass<br />
Spätestens seit Angela Merkels Ausspruch „Wir schaffen<br />
das!“ am 31. August 2015 ist die zunehmende Anzahl an<br />
asylsuchenden Flüchtlinge in den Fokus der Öffentlichkeit<br />
gerückt1 . Im Jahr 2015 stellten 476.676 Personen<br />
in Deutschland einen Asylantrag, im Jahr 2016 waren es
745.5452. Diese Zahlen und Merkels Ausspruch zeigen,<br />
dass viele Städte und Gemeinden, die die Flüchtlinge<br />
aufnehmen vor der Herausforderung stehen diese zu<br />
versorgen und in ihre Gemeinschaft zu integrieren. Als<br />
Gemeinschaftsprojekt von StadtBauKultur NRW, der<br />
Stadt Nieheim und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe<br />
startete 2016 das Projekt Heimatwerker,<br />
um dieser Herausforderung mit einem innovativen<br />
Ansatz zu begegnen. Die vorliegende Arbeit geht der<br />
Frage nach inwieweit es gelungen ist die Integrationsleistungen<br />
der Stadt Nieheim, beziehungsweise ihrer<br />
Bewohner weiterzuentwickeln.<br />
Methodik<br />
Die Beantwortung dieser These kann nur mit Hilfe des<br />
Kontextwissens um den Ort und seine spezifischen Begabungen<br />
und Herausforderungen gelingen. In einem<br />
ersten Schritt erfolgte deshalb eine SWOT-Analyse, die<br />
sich auf Gespräche, Sekundärquellen und Ortsbegehungen<br />
stützt. Darauf aufbauend wurde ein Fragebogen<br />
entwickelt, der quantitative Daten zur Integration<br />
speziell von jungen Familien erfragt. Die Erhebung der<br />
Daten erfolgte in den Jahren 2016 (n=31 ) und 2017<br />
(n=30). Zusätzlich wurde ein Leitfaden für qualitative<br />
Experteninterviews entwickelt, der sich ausschließlich<br />
an Schlüsselpersonen richtet. Auch hier erfolgt die Erhebung<br />
in den Jahren 2016 (n=3) und 2017 (n=3). Die jeweiligen<br />
Teilergebnisse eines Jahres werden einzeln evaluiert<br />
und im Anschluss miteinander verglichen. Durch<br />
die Triangulation der verschiedenen Methoden ergeben<br />
sich schließlich Hinweise auf die Entwicklungstendenzen<br />
in diesem Handlungsfeld.<br />
SWOT-Analyse<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker<br />
Nieheim ist eine Kleinstadt des Kreises Höxter in Ostwestfalen-Lippe.<br />
Die baukulturelle Qualität einer solchen<br />
Kleinstadt mit zahlreichen Altbauten stellt ein<br />
erlebbares Kulturgut dar und kann selbst als Integrationswerkzeug<br />
verstanden werden. Zusätzlich bietet die<br />
Museumsmeile das Potential Kultur und Gepflogenheiten<br />
der neuen Heimat kennenzulernen. Für die Versorgung<br />
des täglichen Bedarfs befinden sich ausreichende<br />
Einrichtungen in erreichbarer Nähe. Bildungseinrichtungen<br />
befinden sich ebenfalls vor Ort. Die Integrationsbemühungen<br />
können hingegen durch die periphere<br />
Lage Nieheims erschwert werden. Auch der schlecht<br />
ausgebaute öffentliche Nahverkehr der auf die geringe<br />
Bevölkerungsdichte zurückgeht kann potentiell die Integration<br />
erschweren. Mit den Geflüchteten erhält Nieheim<br />
die Chance weitere Nutzer für private und öffentliche<br />
Angebote in die Stadt zu integrieren. Strategisch<br />
bietet sich die Chance die Nachbarschaftshilfe weiter<br />
zu stärken und zeitgleich für die Integration einzusetzen.<br />
Die Leerstände in der Stadt bieten das Potenzial<br />
von Geflüchteten wieder belebt und bewohnt zu<br />
werden.<br />
Das beste Beispiel für diese Chance ist der Umbau des<br />
Ackerbürgerhauses in dem Projekt Heimatwerker. Risiken<br />
für die zukünftige Entwicklung bestehen in der<br />
Notwendigkeit viele dieser Angebote gleichzeitig zu aktivieren.<br />
Gelingt dies nicht, so kann Frust und weiterer<br />
Leerstand entstehen, da sowohl Kunden als auch Angebote<br />
abwandern. Grundsätzlich kann es dazu gerade in<br />
einer kleinen Stadt wie Nieheim zu einem ungewollten<br />
Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen auf engem<br />
Raum kommen, dass sofern nicht moderiert oder gesteuert<br />
auch negative Eindrücke erzeugen kann, die<br />
schnell zu einer generellen Ablehnung der Aufnahmegesellschaft<br />
führen können. Insgesamt wird deutlich,<br />
dass Nieheim einige Potentiale und Chancen für eine<br />
gelingende Integration aufweist. Gleichzeitig zeigt sich<br />
aber auch die Notwendigkeit diese Prozesse zu steuern<br />
und aktiv zu gestalten, um die vorgenannten Potentiale<br />
zu nutzen und die Risiken im Integrationsprozess zu<br />
minimieren.<br />
Die Befragung junger Familien zur<br />
Flüchtlingssituation<br />
Die erste Befragung aus dem Jahr 2016 zeigt ein insgesamt<br />
positives Bild von Geflüchteten und der Hilfsbereitschaft<br />
der Nieheimer. Die Versorgung der Geflüchteten<br />
wurde dennoch als nicht ausreichend wahrgenommen.<br />
Die Befragten sehen Erwachsene Geflüchtete nicht so<br />
gut integriert wie die Kinder. Als Verbesserungsmöglichkeiten<br />
wird insbesondere ein Ausbau der Infrastruktur<br />
genannt, einschließlich besserer Freizeitmöglichkeiten,<br />
Wohnsituationen und Bildungsangebote.<br />
Unverändert blieben in der Befragung 2017 die Art und<br />
Weise des Aufeinandertreffens.<br />
Ein Großteil der Befragten begegnet den Geflüchteten<br />
täglich auf der Straße.<br />
Gleichbleibende 7% treffen Geflüchtete an der Arbeitsstelle.<br />
Immerhin 2 von 30 Befragten gaben 2017 an sich<br />
auch privat mit Geflüchteten zu treffen. 2016 hat dies<br />
niemand angegeben. Größere Veränderungen zeigen<br />
sich in dem gestiegenen Bedürfnis nach besserer<br />
Sprachförderung und besseren Bildungs- und Ausbildungsangeboten<br />
für Jugendliche und Erwachsene.<br />
Hier zeigt sich eine große und nochmals gesteigerte<br />
Unzufriedenheit. Auch therapeutische Angebote empfinden<br />
die Befragten weiterhin lückenhaft (60%, +10%).<br />
109<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong>
110<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Genauso verhält es sich mit den Freizeitangeboten. Nur<br />
noch 20% sind damit zufrieden (-7%). Für die Schulbildung<br />
und Kinderbetreuungen zeigt sich ein positiver<br />
Trend. Zwei Drittel der Befragten empfinden die Betreuungssituation<br />
als gut (+17%).<br />
Die Antworten zur Integration in der Nachbarschaft polarisieren<br />
zunehmend in beide Richtungen. Gaben 2016<br />
noch 12% der Befragten an, dass die Geflüchteten gut<br />
in die Nachbarschaft integriert seien, so waren es 2017<br />
sogar 17%. Gleichzeitig stieg aber auch der Anteil derjenigen<br />
die das Gegenteil wahrnehmen. 2017 gaben 20% der<br />
Befragten an, die Geflüchteten seien nicht gut integriert<br />
(+9%). Insgesamt lässt sich in vielen Teilen eine Tendenz<br />
zur Polarisierung der Meinungen feststellen. Die Zahl der<br />
Befragten, die sich keine Meinung zum Sachverhalt zutrauen<br />
sank in allen Themen.<br />
Die Experteninterviews<br />
Die meisten Aussagen der Interviewpartner überschneiden<br />
sich im besonderen Maße. So verhielt sich<br />
ein Großteil der Nieheimer besonders zurückhaltend,<br />
während einige wenige stark engagiert sind.<br />
Alle Interviewpartner empfinden das gewachsene<br />
Kulturverständnis als großen Profit für die<br />
städtische Gesellschaft, bedauern jedoch die<br />
fehlende Durchdringung zu allen Bewohnern.<br />
Als integrationshemmend wird die unzureichende Infrastruktur<br />
wahrgenommen, welche die Mobilität der<br />
Nieheimer sowie der Geflüchteten stark eingrenzt.<br />
Grundsätzlich empfinden die Teilnehmer der Befragung<br />
die Integration in vielen Punkten als besonders<br />
gelungen. Gerade Kinder und Jugendliche seien besonders<br />
interessiert an der Kontaktaufnahme mit den Geflüchteten,<br />
die ohne Vorurteile stattfindet und besonders<br />
positiv wahrgenommen wird.<br />
Erörterung und Bewertung der Befunde<br />
(Triangulation)<br />
Die zusammenführende Betrachtung der Befunde offenbart<br />
die Ursachen für die Befragungsergebnisse an<br />
verschiedenen Stellen und bestätigt somit deren Plausibilität.<br />
So zeigt die Bewertung der Befunde, dass die<br />
Sprachförderung die von den ehrenamtlichen Helfern<br />
geleistet wird durchaus ausreichend ist, allerdings laut<br />
der Experten in die Verantwortung der Stadt fällt. Dieses<br />
bürgerschaftliche Engagement zeigt dennoch die<br />
Stärke der Stadt, die in den Befunden zum Ausdruck<br />
kommt.<br />
Gleichzeitig wird durch die Befragung in 2017 auch deutlich,<br />
dass die Bereitschaft der dauerhaften freiwilligen<br />
Hilfe zurückgeht und ein Risiko für die weitere Integrationsarbeit<br />
darstellt. Die Ergebnisse der städtebaulichen<br />
Analyse zu Leerständen, Freizeitmöglichkeiten und dem<br />
öffentlichen Nahverkehr unterstreichen das Risiko eines<br />
negativen Gesamtbilds der Stadt und bestätigen sich<br />
auch innerhalb der Befragungen. Ein weiteres Potenzial<br />
bietet laut der Analyse, die Einbindung der Lebensstile<br />
der Geflüchteten in die Kultur der Nieheimer. Hier bekräftigen<br />
Auswertungen der quantitativen und qualitativen<br />
Befragungen einen potenziellen Erfolgsweg.<br />
So bewerten die Befragten die Integration der Geflüchteten<br />
nach einem Jahr insgesamt positiver.<br />
Neuankömmlinge seien bereits teilweise in die Nachbarschaft<br />
und die Freizeitgestaltung eingebunden worden.<br />
Besonders die Einbindung von Kleinkindern und<br />
Jugendlichen gestalte sich zunehmend positiv.<br />
Fazit<br />
Die Integrationsbereitschaft und -leistung Nieheims<br />
zeigt insgesamt einen positiven Trend. Dazu gehört<br />
auch, dass die Anzahl der Menschen ohne Meinung zur<br />
Flüchtlingssituation zurückgeht. Der Kontakt zwischen<br />
den Gruppen nimmt zu und führt zu klareren Meinungsbildern,<br />
die zwar mehrheitlich positiv belegt sind,<br />
aber durchaus auch eine größere Zahl an Ablehnungshaltungen<br />
generieren.<br />
Diese Tendenz zur differenzierten Meinungsbildung<br />
zeigt sich nicht nur gegenüber den Geflüchteten selbst,<br />
sondern auch gegenüber den jeweiligen Institutionen,<br />
die ob ehrenamtlich oder bezahlt für die Integration<br />
zuständig sind und verbesserungsfähige Abläufe und<br />
Zuständigkeiten offenbaren.<br />
Insgesamt hat die Stadt Nieheim in dem Zeitraum<br />
zwischen 2016 und 2017 eine erfolgreiche<br />
Integrationsarbeit geleistet, die sich besonders<br />
an dem gesteigerten und intensivierten Zusammenleben<br />
zeigt.<br />
Die höhere Kontaktdichte und Unvoreingenommenheit<br />
der Kinder in Schulen und Betreuungseinrichtungen<br />
zahlt sich bereits nach einem Jahr messbar aus. Darüber<br />
hinaus lässt sich feststellen, dass die Sprachfähigkeit<br />
und Kommunikationsbereitschaft der Geflüchteten<br />
insgesamt deutlich entwickelt wurde. Zusammenfassend<br />
zeigen die Studienergebnisse insgesamt eine positive<br />
Entwicklung, die durch kontinuierliche Integrationsarbeit<br />
weiter verstetigt werden kann.
111<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker<br />
Bundesministerium des Inneren (2017): 280.000 Asylsuchende im Jahr 2016. Deutlicher Rückgang des Zugangs von Asylsuchenden. 745.545<br />
Asylanträge. Internet: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/01/asylantraege-2016.html. Abgerufen am 11.07.2017.<br />
Bürgerstiftung Nieheim (2015): Förderung bürgerschaftlichen Engagements. Nieheim. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2015) Asylgeschäftsbericht<br />
2016. Nürnberg.<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2016) Asylgeschäftsbericht 2017. Nürnberg<br />
Deutsche Agrarforschungsallianz (2016): Integration von Flüchtlingen in ländlichen Räumen. Braunschweig.<br />
Fischer, T. (20<strong>08</strong>): Alt sein im Ländlichen Raum – eine raumwissenschaftliche Analyse. In: Ländlicher Raum. Online-Fachzeitschrift des Bundesministeriums<br />
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Jahrgang 20<strong>08</strong>. Bonn.<br />
Heißler, J. (2016): Ein Jahr "Wir schaffen das". Merkels drei große kleine Worte. Internet: https://www.tagesschau.de/inland/merkel-wir-schaffendas-101.html.<br />
Abgerufen am 11.07.2017.<br />
Kreis Höxter (2017):Höxter Aktuell. Internet: https://www.kreis-hoexter.de/index.html. Abgerufen am 11.07.2017.<br />
Junker, R. (2011): Integriertes Handlungskonzept für die Stadt Nieheim. Endbericht. Dortmund.<br />
Junker, R. und S. Otto (2015): Nieheim: Image- und Marketingkonzept. Dortmund.<br />
Kruse, S. et al (2011): Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Nieheim. Dortmund.<br />
Nieheim Stadt im Herzen und Profil (2016): http://www.nieheim.de/fluechtlingsarbeit.html#c5178. Abgerufen am 11.07.2017.<br />
Stadt Nieheim (2016): Flüchtlingssituation in Nieheim. Internet: http://www.nieheim.de/fluechtlingsarbeit.html#c5178. Abgerufen am 11.07.2017.<br />
Töpper, V. (2017): Deutschland vernachlässigt Flüchtsingskinder. In: Spiegel Online. Internet: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/fluechtlinge-in-deutschland-kinder-haben-es-laut-unicef-studie-schwer-a-1139711.html.<br />
Abgerufen am 11.07.2017.<br />
WA (2017): Heimwerken als Integration: Flüchtlinge sanieren Bauernhaus. Internet: https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/heimwerken-integration-fluechtlinge-sanieren-bauernhaus-8192703.html.<br />
Abgerufen am 03.07.2017.<br />
WDR (2016): Besonderes Bauprojekt in Nieheim. Internet: http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/heimatwerker-ackerbuergerhaus-nieheim-100.html.<br />
Abgerufen am 05.07.2017.
Prof. Sandra Bruns, Eva Bartenbach<br />
Reallabor HeimatwerkerInnen* Haus<br />
113<br />
Im Rahmen des Wahlpflichtfachs "Reallabor HeimatwerkerInnen* Haus" wurden<br />
die Fäden in Nieheim im Sommersemester <strong>2020</strong> wieder aufgenommen. Nachdem<br />
die Sanierung des Heimatwerker-Hauses in weiten Teilen abgeschlossen<br />
wurde, steht nun ein neu geschaffener Ort der Begegnung für Alt- und Neu-NieheimerInnen*,<br />
aber auch andere Menschen aus der Region zur Nutzung bereit.<br />
Für die Studierenden der Detmolder Schule bietet dieses Haus das Potenzial<br />
eines Reallabors. Im Rahmen des Seminars sind Entwürfe sowohl für Innen- als<br />
auch Außenbereich entstanden, Ideen für künftige Workshops im Haus entwickelt<br />
worden und auch der Kontakt zu Geflüchteten aus der Region wurde wieder<br />
aufgenommen.<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Der dritte Ort auf neuer Ebene<br />
Basierend auf der fachbereichsübergreifenden Zusammenarbeit<br />
der Studiengänge Innenarchitektur<br />
und Landschaftsarchitektur sollten in diesem Semester<br />
die Menschen vor Ort in Workshops partizipativ<br />
eingebunden werden. Immer mit dem Ziel soziale<br />
Integration von Geflüchteten zu ermöglichen. Doch<br />
aufgrund der Covid19-Pandemie musste die Zusammenarbeit<br />
von neun Studierenden, vier Tutoren<br />
und drei Dozenten in diesem Sommersemester auf<br />
rein digitaler Ebene umgesetzt werden. Es war eine<br />
neue Herausforderung für die Lehre und eine neue<br />
Frage für alle Beteiligten, wie die Begegnungsstätte<br />
in Nieheim in diesen Zeiten bespielt werden kann.<br />
Beim wöchentlichen Online-Meeting wurden dazu<br />
die Ideenansätze in der interdisziplinären Gruppe<br />
ausgetauscht und ausgefeilt. Parallel zur Entwurfsentwicklung<br />
bestand für einzelne Studierende die<br />
Möglichkeit einer Ortsbegehung und der Besuch des<br />
Nieheimer Sackmuseums. Stadtheimatpfleger Ulrich<br />
Pieper stellte den Studierenden Jute- und Leinenstoffe<br />
zur Verfügung, um mit den Frauen zukünftige Textilworkshops<br />
durchführen zu können.<br />
Trotz der räumlichen Distanz war es eine Bereicherung<br />
in der Zusammenarbeit das Netzwerk für das<br />
Reallabor zu erweitern. In den Arbeitsgruppen Außenraum,<br />
Social Design, Ausstellungsdesign und<br />
Grafik wurden Lösungsansätze für Ausstattungsobjekte,<br />
aber auch künftige Workshops entwickelt.<br />
Abschließend wurden diese Ideen in einer Online-Präsentation<br />
von den Studierenden vorgestellt.<br />
Digitales Café<br />
Mit der Frage nach einem Begegnungsort in digitalen<br />
Zeiten kristallisierte sich im Verlauf der Zusammenarbeit<br />
die Idee eines digitalen Cafés heraus. Ziel war<br />
es, einen Kommunikationsraum zu schaffen, um die<br />
Vernetzung zwischen allen Interessenten interaktiv<br />
aufzubauen.<br />
Ein Ort an dem sich – wie sonst im Heimatwerker-Haus<br />
– Alt- und Neu-Nieheimer, Studierende und<br />
Geflüchtete aus der Region OWL begegnen können.<br />
Dafür wurden von der Grafik-Gruppe Einladungen<br />
gestaltet und vor Ort in Nieheim platziert und verteilt,<br />
um Nieheimer mit Fluchthintergrund einzuladen.<br />
Außerdem wurden Geflüchtete aus der Region<br />
gezielt auf digitalem Wege eingeladen. Dafür waren<br />
die Kontakte des Tutors Mohamad Almustafa sehr<br />
hilfreich. Neben den Geflüchteten und den Hochschulangehörigen<br />
nahmen auch der Nieheimer Bürgermeister<br />
Rainer Vidal und die Landschaftsarchitektin<br />
Christine Hall-Walleser am digitalen Café teil.<br />
Über eine Video-Kommunikationsplattform konnten<br />
alle Teilnehmer über einen Link dem digitalen Raum<br />
beitreten. Nach einer Begrüßung und einem kleinen<br />
Überblick über die bisherigen Aktivitäten rund um<br />
das Heimatwerker-Haus wurde die Atmosphäre unter<br />
den Teilnehmern mit einem kleinen Kennenlernspiel<br />
aufgelockert. Dank der interaktiven Plattform<br />
"Padlet" gelang eine bildhafte Vertiefung des kulturellen<br />
Austauschs. Spannend war dabei vor allem,<br />
wie schnell durch die digitale Vernetzung kulturelle<br />
Hürden abgebaut werden konnten. Daraus konnten<br />
einige Studierende Rückschlüsse für die eigenen Entwürfe<br />
ziehen. Jedoch scheint der persönliche Kontakt<br />
zu den Geflüchteten immer noch erstrebenswerter<br />
und nachhaltiger. So hoffen wir, die im Seminar entstandenen<br />
Ideen für künftige Workshops in Zukunft<br />
wieder vor Ort in Nieheim umsetzen zu können.<br />
Letztlich gibt es zwischen allem Verbindungen –<br />
Menschen, Ideen, Objekte, etc... Die Qualität der<br />
Verbindungen ist der Schlüssel zur Qualität an<br />
sich. - Charles Eames
Miriam Warnke und Bilal Cicek<br />
114<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Grafik<br />
Logoentwurf, Plakatgestaltung und Einladungen<br />
Die im Linoldruck-Verfahren hergestellte Einladungskarte für künftige Events<br />
Mit dem neuen Namen "HeimatwerkerInnen*", welcher<br />
der heutigen Genderpolitik Rechnung trägt, enstand<br />
auch der Bedarf nach einem neuen Logo. Auch deshalb,<br />
weil das Symbol des Hammers des alten Logos dem aktuellen<br />
Stand des Prozesses nicht mehr gerecht wurde.<br />
Nachdem die Sanierungsarbeiten am Haus vorerst abgeschlossen<br />
sind, steht nun die Nutzung des entstandenen<br />
Begegnungsortes im Vordergrund. So wird das Heimatwerker-Haus<br />
selbst zum Symbol. Der Ort, welcher<br />
Heimat bietet und Gemeinschaft fördert, wird durch<br />
ein Haus mit offenen Türen versinnbildlicht.<br />
In einem nächsten Schritt wurde das Logo im Linoldruck-Verfahren<br />
umgesetzt. So erhält es in der gestempelten<br />
Variante seinen handgemachten Charakter und<br />
schlägt so wiederum eine Brücke zum Thema Handwerk.<br />
Das Linoldruckverfahren bietet sich nicht nur an,<br />
um persönliche Einladungen für künftige Veranstaltungen<br />
im Haus zu gestalten, sondern kann selbst Inhalt<br />
eines künftigen Workshops sein.<br />
Neben dem Logo wurden außerdem analoge sowie<br />
digitale Einladungsflyer für das Digitale Café gestaltet.<br />
Da eine persönliche Einladung aus gegebenem Anlass<br />
nicht erfolgen konnte, wurden Geflüchtete aus der Region<br />
auf digitalem Wege eingeladen. Dafür wurden sowohl<br />
für Smartphone als auch E-Mail Einladungsgrafiken<br />
entwickelt. Eine besondere Bedeutung kam dabei<br />
der Viersprachigkeit der Medien zu. Um möglichst viele<br />
Menschen mit Fluchthintergrund ansprechen zu können,<br />
sind alle wichtigen Informationen auf Arabisch,<br />
Persisch, Englisch und Deutsch abgedruckt.<br />
Künftig soll ein Instagram-Profil über aktuelle Aktivitäten<br />
rund um das Heimatwerker-Haus informieren. Dafür<br />
wurde ebenfalls ein Mockup von der Grafik-Gruppe<br />
erstellt.<br />
Um für Alt- und Neu-Nieheimer sichtbar zu machen,<br />
dass die Planungen rund um das Heimatwerker-Haus<br />
weiterhin Fortbestand haben, wurde ein Plakat entworfen,<br />
welches im Fenster des Hauses auf die aktuellen<br />
Aktivitäten hinweist.<br />
Entwicklung des Logos aus der Fassade des Ackerbürgerhauses
115<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Viersprachiges Plakat<br />
Mockup des Instagram-Profils<br />
Das neue Logo
Sahra Belke<br />
116<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Social Design<br />
Gemeinsam Hocker bauen<br />
Zwei Varianten des Hockers aus Buche; 3D-Modell<br />
Das "Taburett" mit Jutestoff<br />
Konzept zum Workshop<br />
In dem Workshop „Taburett“ geht es darum,<br />
einen für zukünftige Workshops geeigneten Hocker<br />
in Zusammenarbeit mit Studierenden, Alt- und<br />
Neu-Neunieheimer_innen, zu bauen.<br />
Wichtig war mir bei der Entwicklung, dass der Hocker<br />
in das Heimatwerkerhaus und das Projekt, welches<br />
dahinter steht, passt. Daher habe ich eine<br />
Strebenbauweise integriert, welche durch das<br />
Fachwerk im Haus Bezug zu dem Ort nimmt.<br />
Zudem lernt man im Zuge des Zusammenbauens<br />
traditionelle Holzverbindungen wie Schlitz<br />
und Zapfen oder die Überblattung kennen. Da der<br />
Hocker für folgende Workshops gedacht ist,<br />
erhält dieser einen zusätzlichen Einhang aus<br />
Jutestoff, um darin benötigte Materialien platznah<br />
zu verstauen und eine freie Arbeitsfläche<br />
zu haben. Als Verzierung der Einhänge wird der<br />
Stoff mit traditionellen Sticktechniken und Mustern<br />
aus z.B. Syrien/Afghanistan/Eritrea verziert.<br />
Gerade in diese Ländern ist das Verzieren von<br />
Stoffen mit Stickmustern eine alte Tradition und<br />
wird bis heute noch oft gesehen. Es gibt zwei<br />
mögliche Varianten des Hockers, einmal mit<br />
Einhang, welcher auf beiden Seiten durch Druckknöpfe<br />
befestigt werden kann und einen Ein-<br />
hang, welcher an einer Seite herabhängt und eine<br />
integrierte Tasche hat, in der die Sachen verstaut<br />
werden können.<br />
Kombination der Hocker
117<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Bauanleitung; Stecksystem<br />
Sitzgruppe vor den Fenstern
Greta Popova<br />
118<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Social Design<br />
Gestalten von Altglas<br />
Perspektive mit Prototypen aus Altglas<br />
Heimisches "Altglas" von Morgen<br />
Konzept zum Workshop<br />
In Form eines DIY-Workshops mit Geflüchteten<br />
und Einheimischen soll die Integration gefördert<br />
werden. Im Erfahrungsaustausch werden zusammen<br />
individuelle Leuchten gestaltet, um die<br />
Räume im HeimatwerkInnen*Haus auszustatten.<br />
Es werden Altglas-Flaschen recycelt und als Leuchten<br />
mit verschiedenen Farben und Mustern neu gestaltet.<br />
Dadurch können die Migranten ihre Muster mit einbringen<br />
und somit in den Räumen mit den individuellen<br />
Leuchten eine heimische Atmosphäre schaffen.<br />
Zur Befestigung dient eine Aluminum-Rollenscheibe,<br />
welche leicht mit einer Halterung an einem Haken<br />
zu befestigen ist. Auf diese Weise erhalten wir<br />
eine stabile Konstruktion und die Leuchte lässt sich<br />
in der Höhe manuell einstellen. Zur Gestaltung des<br />
Glases kann entweder Glasfarbe verwendet werden<br />
oder ein Dremel. Zur Gestaltung der Formen gibt es<br />
mehrere Möglichkeiten: Die Teilnehmer können Vorlagen<br />
nutzen oder aus ihrem Heimatland welche ausdrucken<br />
oder im Workshop selber zeichnen. Eine<br />
Technik, um Formen schnell zu gestalten ist "Arabesque"<br />
– ein westliches Wort für die islamische Kunst<br />
"zakhrafa". Basierend auf geometrischen Mustern,<br />
die in der Strucktur erweitert werden oder<br />
mit organischen Mustern verziert werden können.<br />
Zur Sammlung der Altglas-Flaschen und<br />
Korkendeckel wird eine regionale Spendensammlung<br />
aufgerufen.<br />
Grundriss, mögliche Platzierung der Lampen
119<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Bemaltes Altglas mit Glasfarben<br />
Gefrästes Altglas mit einem Dremel
Mareen Borchardt<br />
120<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Ausstellungssystem<br />
Entwurf und Prototypbau<br />
40<br />
Die Stehende Die Lehnende Die Hängende<br />
1,20<br />
Vectorworks Educational Version<br />
40<br />
90<br />
40<br />
70<br />
85<br />
2,20<br />
80<br />
55<br />
30<br />
Klammermodul<br />
Regalmodul<br />
Kleiderstangenmodul<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Produktfamilie Ausstellungswand<br />
Multifunktionales Ausstellungssystem<br />
Um die Ausstattung des HeimatwerkerInnen* Hauses<br />
zu erweitern, wurde über ein Ausstellungssystem nachgedacht,<br />
welches für die verschiedenen Nutzungen<br />
und Veranstaltungen im Haus nützlich sein könnte. Für<br />
eine multifunktionale Nutzung wurde eine Produktfamilie<br />
an Ausstellungswänden entworfen und geplant.<br />
Genutzt werden können diese im Dielenbereich des<br />
Hauses, aber auch auf dem noch wenig beachteten<br />
Dachboden, welcher eine besondere Atmosphäre für<br />
Ausstellungsrundgänge bietet. Bei der Produktfamilie<br />
handelt es sich um eine frei stehende Wand „Die Stehende“,<br />
eine Wand, die angelehnt genutzt werden kann,<br />
„Die Lehnende“ und eine, die an die Wand oder von<br />
der Brücke gehängt werden kann: „Die Hängende“. Die<br />
Wände sind mit Einhängeleisten bestückt, welche dann<br />
mit den jeweiligen Modulen für verschiedene Zwecke<br />
genutzt werden können. Ein Kleiderstangenmodul bietet<br />
beispielsweise der Caritas die Möglichkeit Kleidungsstücke<br />
zu präsentieren. Am Klammermodul können Plakate<br />
für Events oder Prüfungsplakate befestigt werden.<br />
Das Regalmodul nimmt alles auf, was stehend präsentiert<br />
werden muss. Wichtige Faktoren bei der Gestaltung<br />
waren ein leichter Aufbau und somit auch Transport<br />
der Wände, aber auch der Wiedererkennungswert.<br />
Der Farbton des neuen HeimatwerkerInnen* Logos findet<br />
sich an einigen Stellen der Wände wieder.<br />
Im Zusammenhang der Modulbeschreibung des Reallabors<br />
wurde "Die Lehnende" Ausstellungswand als Prototyp<br />
gebaut und vor Ort getestet. Am Fester lehnend<br />
diente diese als Schaufensterfläche mit Plakaten. Es<br />
wurde auf unsere Arbeit in diesem Semester und auf<br />
das Digitale Café aufmerksam gemacht.<br />
Die Stehende neben der Eingangstür
121<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Ausstellungswand im Außenbereich währens eines Festes<br />
Prototyp auf dem Dachboden
Mohamad Almustafa, Zahra Zarei Baygi, David Moloci<br />
VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION<br />
122<br />
Außenraum<br />
Begegnung und Austausch<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
alte Weide - Bestand<br />
Wintergarten -<br />
geplant<br />
Lager<br />
Stall/ Kleiderstube<br />
Garage/ Werkstatt<br />
Außenbühne - geplant<br />
WC<br />
Flechthecken -<br />
geplant<br />
WC<br />
Küche<br />
Walnussbaum -<br />
Spende Baumschule Bruns<br />
gemeinsame Pflanzaktion<br />
Lehmofen -<br />
geplant<br />
Stube/<br />
Beratungsstelle<br />
Diele/ Saal<br />
Parken<br />
Flechthecken -<br />
geplant<br />
mobile Hochbeete<br />
Lageplan o.M.<br />
Lehmofen, Wintergarten und<br />
Baumpflanzung<br />
Der Außenbereich wird in zwei Zonen geteilt, die sich<br />
durch ihre Eigenschaften gegenseitig ergänzen und<br />
eine große Spannbreite von Aktivitäten anbieten.<br />
Der vordere Bereich, der direkt an der Lüttgestraße<br />
liegt, eignet sich besonders gut für Aktivitäten, die<br />
Kreativität und Partizipation fördern. Als Nutzer werden<br />
hier große Gruppen, Markt- und Stadtbesucher,<br />
Passanten, Spielgruppen (Kinder und Erwachsene)<br />
und allgemein die Öffentlichkeit angesprochen. Die<br />
Atmosphäre wirkt offen, spontan und einladend. Der<br />
Lehmofen spielt hierbei eine bedeutende Rolle, da<br />
dieser sich als Begegnungs- und Austauschpunkt zwischen<br />
den Einheimischen und den Geflüchteten versteht.<br />
Während gemeinsamen Koch- und Backabenden<br />
werden hier gegenseitig Rezepte ausgetauscht<br />
und Konservierungsmethoden (wie z. B. einlegen, räuchern,<br />
etc.) übermittelt. So werden alte, traditionelle<br />
Rezepte aus Nieheim vor der Vergessenheit gerettet,<br />
während neue Rezepte aus den Herkunftsländern<br />
der Flüchtlinge ein bisschen Heimatgefühl mit sich<br />
bringen und gleichzeitig die lokale Küche bereichern.<br />
Hierbei ist es wichtig, dass der Lehmofen möglichst<br />
multifunktional gebaut wird. Abgesehen von dem<br />
klassischen Gewölbe, das zum backen und räuchern<br />
dient, befindet sich daneben noch eine Stahlplatte,<br />
worauf man kochen und grillen kann. Das Feuer wird<br />
VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION<br />
hierbei möglichst effizient genutzt: die Hitze zum Kochen<br />
und Backen, das schöne Licht- und Schattenspiel<br />
als atmosphärisches Element, der Rauch zum<br />
Konservieren von Lebensmitteln oder die Asche als<br />
Gartendünger: alles wird geschätzt und verwertet!<br />
Der hintere Bereich, der sich zwischen dem Ackerbürgerhaus<br />
und der Garage befindet, ist dagegen besonders<br />
gut für Aktivitäten geeignet, die Ruhe und Konzentration<br />
benötigen. Mögliche Nutzer sind hier vor<br />
allem kleine Gruppen, deren Mitglieder sich schon<br />
kennen (z.B. Schulklassen, Senioren, Jugendliche,<br />
Freunde und Kollegen, etc.).<br />
Lehmofen
123<br />
NEUE <strong>IMPULSE</strong><br />
Wintergarten<br />
Die Atmosphäre wirkt heimlich-introvertiert. Der<br />
Wintergarten ist ein wichtiger Teil des Bereichs, da<br />
dieser die Möglichkeit zum Rückzug und Vertiefung<br />
anbietet. Als einzig geschlossener Raum des Außenbereiches<br />
stellt dieser einen Gegenpol zum offenen,<br />
„öffentlichen“ Bereich des Vorderhofes. Durch die Erschließung<br />
des vorstehenden Daches entsteht hierbei<br />
ein Raum, der ebenso multifunktional benutzt<br />
werden kann: sei es als grünes Klassenzimmer, als<br />
Meditations- oder Lektüre-Raum oder als Wintergarten<br />
für exotische Pflanzen, die den deutschen Winter<br />
nicht überleben würden – das reiche natürliche Licht<br />
vor Ort ermöglicht vielseitige Aktivitäten in einem<br />
vertrauten Kontext. Die Erschließung besteht aus<br />
alten, recyclten Fenstern, die nicht nur eine umweltfreundliche,<br />
sondern auch eine kostengünstige Alternative<br />
darstellen. Diese werden von der Umzugsfirma<br />
MY-Umzüge gespendet. Darüber hinaus werden ein<br />
Walnuss- und ein Apfelbaum der Baumschule Bruns<br />
in dem hinteren bzw. vorderen Bereich gepflanzt, die<br />
nicht nur für Schatten und Früchte sorgen, sondern<br />
auch eine symbolische Geste des Ankommens und<br />
der Integration darstellen.<br />
Schnitte Lehmofen
ÜBERBLICK
Kath. öffentliche Bücherei Nie-<br />
Urlaubspläne, nur zwölf Prozent<br />
wollen sicher nicht verreisen.<br />
Und als Reiseziel gefragt<br />
ist auch die heimische Region.<br />
Diese Stimmung war auf den<br />
Tourismus-Messen zu spüren, die<br />
von den Mitarbeiterinnen des Kulturlandes<br />
Kreis Höxter besucht<br />
wurden. »Egal ob in Münster, Düsseldorf,<br />
Bremen oder Utrecht – der<br />
Andrang war groß und die Nachfrage<br />
riesig«, so Katja Krajewski,<br />
Tourismusreferentin bei der GfW.<br />
Hoch im Kurs standen Informationen<br />
zu den Rad- und Wanderwegen<br />
in der Region – ganz nach<br />
dem Motto: bloß nicht zu eintönig,<br />
aber bitte auch nicht zu anstrengend.<br />
Denn der Kunde von heute<br />
vermischt gerne verschiedene<br />
Urlaubsarten. Guten Absatz fanden<br />
aber auch die Informationen<br />
zu den historischen Stadtkernen –<br />
wie Warburg und Höxter sowie die<br />
Wellness- 126 und Gesundheitsangebote<br />
in Bad Driburg. Auch der Käsemarkt<br />
in Nieheim, der dieses Jahr<br />
zum zehnten Mal stattfindet, stieß<br />
auf großes Interesse.<br />
»Mit den Auftritten haben wir<br />
die unterschiedlichsten Ziele verfolgt«,<br />
so Katja Krajewski. »Während<br />
es in Stuttgart vor allem darum<br />
ging, Neukunden zu gewinnen<br />
und die Bekanntheit der Region zu<br />
steigern, standen auf der ›Reise<br />
und Camping‹ in Essen zum Beispiel<br />
die Stammkundenpflege sowie<br />
die Präsentation unserer aktuellen<br />
Produkte im Mittelpunkt.«<br />
Auch die Touristiker der Städte<br />
Bad Driburg, Nieheim und Warburg,<br />
die personell unterstützen,<br />
zogen ein positives Resümee von<br />
den Messeauftritten.<br />
Die nächste Veranstaltung, die<br />
vom Kulturland Kreis Höxter besucht<br />
wird, ist der NRW-Tag in<br />
Düsseldorf, der vom 26. bis 28. August<br />
veranstaltet wird.<br />
ÜBERBLICK<br />
Steinheimer. Dazu gehöre jedes Alter<br />
– vom Kleinkind, über die Jugend,<br />
Erwachsenen bis zur älteren<br />
Generation. Hinzugekommen ist<br />
die intensive Integration von<br />
Flüchtlingen. Ehrenamtliches Wirken<br />
wird dabei vielfältig gefördert.<br />
NRW-Bauminister Michael Groschek<br />
stellte bei einer Visite fest,<br />
dass Steinheim als kleine Kommune<br />
Pionierarbeit leiste und Brücken<br />
zu den Menschen schlage.<br />
Für älter werdende Menschen<br />
StadtBauKultur werde mit der modernen Pflege-<br />
NRW<br />
Starke Frau: Helene Schweitzer (1879 – 1957) gab dem Zentrum in<br />
Steinheim den Namen. Sie war Lehrerin, Krankenpflegerin und eine der<br />
ersten Frauen, die an einer Universität Vorlesungen besuchte. Elisabeth<br />
Klennert (50) setzt das soziale Engagement fort und sucht nach neuen<br />
Formen des Miteinanders. Sie leitet die Steinheimer Einrichtung und das<br />
Albert-Schweitzer-Zentrum in Vörden.<br />
Fotos: Harald Iding<br />
einrichtung und dem Nachbarschaftszentrum<br />
das Recht auf Heiwestfälische<br />
Gesundheitsministe-<br />
Hausgemeinschaften bleibe den amt, er wahrnimmt. Er bringt sich brechen und den Menschen Mut<br />
sagte zum Beispiel die nordrheinnären<br />
Pflege aus. In den familiären Aufgaben, zum Beispiel im Ehren-<br />
bleibt isoliert. Das müssen wir aufmat<br />
statt Heimunterbringung realisiert.<br />
Steinheim sei in diesen Fra-<br />
Quartiersversorgung ist zukunftsbedarf<br />
Raum für gemeinsame Akti-<br />
Das ist wichtig. Wir müssen als ein tolles Beispiel für so ein Miteirin<br />
Barbara Steffens (Grüne): »Die Menschen mit Demenz und Pflege-<br />
in der Gesellschaft und für sie ein. machen.« Dorfwerkstätten seien<br />
gen ein Vorbild für andere Städte, weisend!« Das Modell »Wohnen im vitäten. Im Nachbarschaftszentrum,<br />
das für alle offen ist, gibt es gungen für eine intensive Begegschwellige<br />
Hilfe sei der Ansatz.<br />
Verantwortliche die Rahmenbedinnander,<br />
das Früchte trägt. Nieder-<br />
so Groschek (SPD). Das Interesse Alter in Steinheim«, das vom<br />
aus Düsseldorf, wenn es um Steinheimer<br />
Lösungen geht, ist an vie-<br />
der Stadt gemeinsam entwickelt tungen von Bürgern für Bürger – mit fünf Geschwistern aufgewachrum<br />
gelebt und das bauen wir wei-<br />
Evangelischen Johanneswerk und inzwischen fast täglich Veranstalnung<br />
schaffen«, so Klennert, die »Das wird im Nachbarschaftszent-<br />
Beispielhafte<br />
len Stellen spürbar. einer Fachtagung<br />
im Schweitzer-Zentrum einen modernen Ansatz der stationute<br />
dabei ist Hausleiterin Elisafamilie<br />
gut kennt. »Gegenseitige »Wir müssen mutig nach vorn ge-<br />
worden ist, zeichne sich durch<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
von jung bis alt. Von der ersten Misen<br />
ist und das Leben einer Großter<br />
aus.« Klennert ist überzeugt:<br />
beth Klennert, die auch das Albert- Rücksichtnahme ist das A und O. hen und uns gegenseitig stärken!«<br />
Schweitzer-Zentrum in Vörden leitet<br />
und vor zehn Jahren mit entwi-<br />
anderen Lebensbereichen bewah-<br />
Das ist ein Wert, den man auch in<br />
ckelt hat. Die 50-Jährige trägt heute<br />
Verantwortung für 150 Mitzunehmen.<br />
Jeder Mensch hat Stärren<br />
muss. Es gilt wirklich alle mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. ken. Man muss ihm nur die Chance<br />
Auszug aus dem Pressespiegel Sie ist stellvertretende Bürgermeisterin<br />
(CDU) ihrer Heimatstadt Und so wird aus der Quartiers-<br />
geben, des sie einsetzen Projekts<br />
zu können.«<br />
und hat sich inzwischen auch noch arbeit ein Motivationsschub für<br />
zur »Quartiers- und Netzwerk-Managerin«<br />
in einer Zusatzausbilren.<br />
Klennert findet: »Menschen<br />
Bürger. Jede könne davon profitiedung<br />
qualifizieren können. »Jeder müssen selbstbestimmt ihren Weg<br />
Mensch ist gefragt, ein Netz zu gehen dürfen und eine echte Wahlfreiheit<br />
haben. Dazu gehören The-<br />
spinnen und sich einzubringen.<br />
Von dem großen Netz kann er aber men wie bezahlbarer Wohnraum<br />
bei Bedarf auch aufgefangen werden.<br />
Der Bürger vor Ort weiß doch feindungen und Ausgrenzung sei-<br />
und Arbeitsplatzsicherung.« An-<br />
am besten, was er braucht und en dagegen kontraproduktiv. Allerdings:<br />
»Vom Sofa aus kann man Steffens zeigte sich vom Schweit-<br />
Quelle: Social Media, Auswahl (Clippings)<br />
Gesundheitsministerin Barbara<br />
NRW-Bauminister Michael Groschek wird von Elisabeth Klennert begrüßt.<br />
Er lobte bei seinem Besuch in 2014 die Steinheimer Initiativen. – egal, welchen Beruf oder welche anderen nicht begegnen – man zer-Zentrum beeindruckt. Erscheinungszeitraum: 05.04. -<br />
was zu ändern ist. Jeder ist wichtig<br />
erschienen: 25.03.2016<br />
22.09.2016<br />
Ackerbürgerhaus wird Begegnungsstätte<br />
NRW-Ministerium unterstützt geplante Integrationseinrichtung in Nieheim mit fast 300 000 Euro<br />
Von Harald Iding<br />
Euro für die Realisierung zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Integration<br />
Nieheim/Düsseldorf<br />
(WB). Die Freude in genauen Maßnahmen im Detail<br />
»Nach den Osterferien wollen<br />
wir mit allen Beteiligten vor Ort die<br />
als Komödie<br />
Nieheim ist groß: Die kleine vorstellen, die zu dieser Begegnungsstätte<br />
gehören werden«, be-<br />
Steinheim (WB). Ein Wiedersehen<br />
mit der Familie Öztürk gibt es den nur 100 Städten und Getonte<br />
der Bürgermeister. Integra-<br />
Kommune in OWL gehört zu<br />
am Freitag, 8. April, in der Aula<br />
tion sei aber keine Einbahnstraße.<br />
der Realschule Steinheim. Dort meinden des Landes, die für »Wir wollen bewusst das Miteinander<br />
fördern«, so Vidal.<br />
wird die erfolgreiche Integrations- das »Städtebau-Sonderprogramm<br />
zur Integration von Wie diese Zeitung von Helfern<br />
Komödienreihe über die türkische<br />
Familie mit dem Theaterstück »Öztürks<br />
III – Die Traumhochzeit«<br />
für die Begegnung von Menschen<br />
erfahren hat, soll das Erdgeschoss<br />
Flüchtlingen« ausgewählt<br />
Quelle: Neue<br />
fortgesetzt. Hierzu lädt das Kommunale<br />
Integrationszentrum<br />
worden Westfälische sind. Bürgermeister (Online)<br />
umgebaut und modern gestaltet<br />
Erscheinungsdatum:<br />
des Rainer Vidal bestätigte<br />
16.04.2016<br />
auf werden. Das alte Ackerbürgerhaus<br />
Kreises Höxter ein. Bereits die ersten<br />
beiden Teile »Stefanie integ-<br />
und liegt gleich neben dem Westfa-<br />
WESTFALEN-BLATT-Nachfrage,<br />
dass ein altes Ackerbürger-<br />
befindet sich in der Lüttgestraße<br />
riert die Öztürks« und »Almanya<br />
len-Culinarium. Es ist ein größerer<br />
ich liebe dich«, die in Brakel und haus zur Begegnungsstätte Vorplatz vorhanden und das Haus<br />
Steinheim aufgeführt wurden, waren<br />
ein voller Erfolg.<br />
Mit dem Umbau des Erdgeschos-<br />
ausgebaut werden soll.<br />
von allen Seiten gut zu erreichen.<br />
In der Fortsetzung der beliebten Insgesamt sind es in Nordrhein- ses könnte schon bald begonnen<br />
Reihe geht es nun um die Hochzeitspläne<br />
des türkischstämmigen dert werden – die Gesamtinvesti-<br />
in privaten Händen (Erbengemein-<br />
Westfalen 127 Projekte, die geför-<br />
werden. Das Haus bleibt weiterhin<br />
Hakans und seiner deutschen tionen haben ein Volumen von schaft). Der Erwerb durch die<br />
Freundin Nina. Die Vorführung beginnt<br />
um 19.30 Uhr. Vor der Aula Land kommen 72 Millionen Euro. nicht geplant.<br />
knapp 100 Millionen Euro, vom Stadt Nieheim als Kommune sei<br />
Nieheimer Schwestern stellen Haus für Flüchtlinge zur Verfügung | Nieheim - Neue Westfälische<br />
11.04.16 11:56<br />
der Realschule bietet um 18.30 »Unsere Stadt wird fast 300 000 »Mich beeindruckt besonders<br />
Uhr der Türkisch-Islamische-Kulturverein<br />
Steinheim internationale Nieheim wird im Kreis Höxter nur ment, das aus vielen Anträgen<br />
Euro erhalten«, so Vidal. Neben das große ehrenamtliche Engage-<br />
Köstlichkeiten und Getränke an. noch Borgentreich (»Errichtung deutlich wird. Ich freue mich daher,<br />
dass wir mit unserem Sonder-<br />
1902 über dem Türbogen) in der Kernstadt wird zu ration von Flüchtlingen. Foto: Harald Iding<br />
Dieses alte Ackerbürgerhaus (es trägt die Jahreszahl einer Begegnungsstätte umgebaut. Ziel ist die Integ-<br />
Karten sind im Vorverkauf im Bürgerbüro<br />
der Stadt Steinheim in der 84 000 Euro) aus diesem spezielprogramm<br />
die vielen engagierten<br />
eines Multifunktionsplatzes«,<br />
Marktstraße 2, beim TSC Steinheim<br />
oder im Servicebüro der Der genaue Zuschussbetrag für und stärken können«, betonte dazu nutzen, bestehende Begeg-<br />
oder zu erweitern. Diese Projekte im Ministerium von 184 Kommulen<br />
Topf gefördert.<br />
Bürger wirkungsvoll unterstützen Chancen des Sonderprogramms leistet haben, zu modernisieren wesen. Nach Bekanntgabe seien<br />
Kreisverwaltung in der Moltkestraße<br />
12 in Höxter erhältlich – und an Hinzu kommt noch ein Eigenanteil chael Groschek. »Ebenso erfreut die bisher schon einen hervorra-<br />
Gute.« Das Interesse an diesem rund einer halben Milliarde Euro<br />
Erwinsdate Nieheim liegt NW-Tippspiel bei 298 648 Tickets Euro. NW-Themenwelten Stadtentwicklungsminister Minungsstätten<br />
und Einrichtungen, Lesezeichen kommen Abo-Angebote letztlich allen ePaper Bürgern Kontakt zu nen Förderanträge in Höhe von<br />
der Abendkasse.<br />
der Stadt. Am Ende sollen 430 000 bin ich darüber, dass viele die genden Beitrag zur Integration ge-<br />
Sonderprogramm sei sehr groß ge-<br />
eingegangen.<br />
lle: Westfalen-Blatt (Print)<br />
heinungsdatum: 20.04.2016<br />
erschienen: 11.<strong>08</strong>.2017<br />
erschienen: 06.04.2016<br />
LOKALES STEINHEIM / NIEHEIM<br />
Quelle: WDR Lokalzeit (TV)<br />
erschienen: 20.04.2016<br />
WESTFALEN-BLATT Nr. 92 Mittwoch, 20. April 2016<br />
HOME LOKAL KREIS HÖXTER NIEHEIM NIEHEIMER SCHWESTERN STELLEN HAUS FÜR FLÜCHTLINGE ZUR VERFÜGUNG<br />
Erscheinungsdatum: 20.04.2017<br />
Spende für<br />
Frauenhaus<br />
Gelungener Aktionstag<br />
7<br />
110<br />
Kreis Höxter/Nieheim (nf).<br />
Den Erlös des diesjährigen Internationalen<br />
Frauentages in Nieheim<br />
in Höhe von 500 Euro haben<br />
jetzt die Initiatorinnen dem Frauenhaus<br />
im Kreis Höxter übergeben.<br />
Helga Niemöller, die als Vertreterin<br />
des Frauenhauses am<br />
Frauentag teilnahm, erinnerte sich<br />
gerne an die angenehme Atmosphäre<br />
der Veranstaltung in der<br />
Schnelle Küche<br />
musealen Umgebung.<br />
»Die Besucherinnen hatten viele<br />
mit der VHS<br />
Fragen zur Einrichtung oder wollten<br />
wissen, wie Frauen dort wohnen<br />
und leben.« Auch die aktuelle<br />
SIND BEGEISTERT: DIE SCHWESTERN LUCIA WALTER (L.) UND ELISABETH KLENNERT STELLEN IHR ELTERNHAUS FÜR ZEHN JAHRE EINEM FLÜCHTLINGSPROJEKT ZUR VERFÜGUNG. | © BURKHARD<br />
Nieheim (WB). Oft soll es<br />
BATTRAN<br />
schnell gehen, aber man möchte<br />
Flüchtlingssituation war ein Thema,<br />
mit dem gerade ältere Besu-<br />
nicht immer zu fertigen Gerichten<br />
NIEHEIM<br />
greifen. Be einem Kochkursus der<br />
cherinnen ihre eigenen Erfahrungen<br />
aus der Kriegsgeneration ver-<br />
VHS erfahren Teilnehmer, wie mit<br />
wenigen Hilfsmitteln auch in kurzer<br />
Zeit ausgewogen und lecker ge-<br />
AUTOR<br />
Die Spende wurde überhaupt<br />
Nieheimer Schwestern<br />
knüpften.<br />
kocht werden kann – ohne auf Fertigprodukte<br />
zurück zu greifen. Der<br />
ein Euro Eintritt zur Veranstaltung<br />
Burkhard Battran<br />
stellen Haus für<br />
erst möglich, weil in diesem Jahr<br />
Kursus unter der Leitung von Petra<br />
in Nieheim erhoben wurde, der<br />
Dörner-Schäl findet am Montag, 2. Aktualisiert am Flüchtlinge zur<br />
von vorneherein zweckbestimmt<br />
06.04.2016, 11:22 Uhr<br />
Mai, von 19 bis 22 Uhr statt und<br />
für das Frauenhaus gewesen ist.<br />
geht über zwei Termine. Die VHS<br />
Verfügung<br />
Das gespendete Geld werde nun<br />
nimmt Anmeldungen unter Telefon<br />
eingesetzt, um Frauen, die Hilfe in<br />
0 52 53/88 1700 entgegen.<br />
einem Frauenhaus suchen, von<br />
In OWL einzigartiges Projekt: Mithilfe von Flüchtlingen<br />
Kosten zu entlasten.<br />
wird das Gebäude so umgebaut, wie diese es<br />
Nina Nolte vom Nieheimer Tourismusamt<br />
zog ein zufriedenes Fazit<br />
vom Frauentag: »Viele der Aus-<br />
Tageskalender<br />
möchten<br />
Eine erschienen: Geldspende in 20.04.2016<br />
Höhe von 500 Euro ist als Erlös des Aktionstages geben worden (von links): Jekatarina Knyasewa, Regina Linhoff, Helga stellerinnen haben sich bereits für<br />
Steinheim<br />
jetzt von den Initiatorinnen an das Frauenhaus des Kreises Höxter über-<br />
Niemöller, Anja Schmidt und Nina Nolte. Foto: Heinz Wilfert die nächste Veranstaltung bei uns<br />
Nieheim. Es ist ein Vorhaben, das Schule machen könnte. „Wir<br />
angemeldet.«<br />
sind von der Projektidee so begeistert gewesen, dass wir Rat und Hilfe<br />
altes Elternhaus gerne zur Verfügung gestellt haben", sagt<br />
»Vielleicht Eigentümerin Lucia Walter (42, in Nieheim lebende unsere Optikerin). letzte Chance«<br />
Drogen- und Suchtberatung,Katholisches<br />
Jugendheim, Grandweg<br />
7, 16 bis 17.30 Uhr Kontakt unter<br />
Telefon 05272/371460.<br />
»Lüttge Straße<br />
Mit<br />
14«:<br />
fünf Geschwistern,<br />
Bürgermeister<br />
Eltern und Großeltern<br />
hofft auf<br />
ist sie in<br />
positive<br />
dem<br />
Effekte für Stadtentwicklung – viele Nieheimer sind skeptisch<br />
historischen Ackerbürgerhaus aus der Mitte des 19.<br />
Rathaus/Bürgerbüro<br />
Von Dennis Pape Jahrhunderts aufgewachsen. Seit dem Tod des Vaters<br />
dert das Bauvorhaben mit 298 830 Verwaltung auch in der Zusammenarbeit<br />
mit den Projektpart-<br />
Bürgerbüro Steinheim, 7.30 bis<br />
Johannes Rieks vor vier Jahren gibt es kein tragfähiges<br />
Euro über das Sonderprogramm<br />
12.30 Uhr geöffnet.<br />
Nieheim (WB). Nutzungskonzept In Zusammenarbeit<br />
mit der Landesini-<br />
»Wer baut, der bleibt« des Bauministeriums.<br />
Der Eigenanteil der zen sich im Sommersemester mit<br />
nern. Mehrere Fachbereiche set-<br />
mehr für das an der Lüttge Straße 14 im<br />
Büchereien<br />
zentralen Ortskern gelegene historische Ackerbürgerhaus.<br />
Stadt beträgt 127 910 Euro. der Entwicklung der Nieheimer Innenstadt<br />
auseinander. Auch der<br />
tiative Stadtbaukultur NRW<br />
Kritik aus der Bürgerschaft ernteten<br />
die Verantwortlichen auch Wettbewerb zur Wiederbebauung<br />
Stadtbücherei Steinheim, 15 bis und der Hochschule OWL will<br />
19 Uhr Hinter der Mauer. die Stadt Nieheim das Erdgeschoss<br />
eines Ackerbürgerhau-<br />
Erbengemeinschaft in zehn Seite Jahren 1 von 5 arbeit im Projekt »Lüttge Straße<br />
dafür, dass viel Geld in ein Haus in des Ratskrugs-Grundstückes wäre<br />
Privatbesitz investiert wird und die laut Vidal ohne die Zusammen-<br />
Vereine und Verbände http://www.nw.de/lokal/kreis_hoexter/nieheim/nieheim/20756432_Schwestern-verschenken-ein-Haus.html<br />
ses in der Lüttge Straße zu<br />
ein zumindest zum Teil saniertes 14« nicht zustande gekommen.<br />
Ev. Kirchengemeinde Steinheim, einer integrativen Einrichtung<br />
Haus habe. Es sei jedoch nicht sicher,<br />
ob sich die Investition auch<br />
17 Uhr Cafe international.<br />
umbauen (wir berichteten). Bei<br />
Kleiderökumene Steinheim, 15<br />
für die Nieheimer Allgemeinheit Kommentar<br />
bis 17 Uhr Bahnhofstraße 6. einer Bürgerinformation am<br />
lohne. Vidal erläuterte, dass die für<br />
MGV Liederkranz Steinheim, 20 Montagabend haben viele Nieheimer<br />
auch Bedenken und<br />
Nutzung auch ein Vorteil sei – soll-<br />
ein Jahrzehnt zweckgebundene Das Prinzip<br />
Uhr Chorprobe im Vereinslokal<br />
»Hotel am Markt«.<br />
te das Gebäude später nicht mehr<br />
Sorgen geäußert.<br />
Hoffnung<br />
Zur ersten Bürgerinformation in der Deele des Käsemuseums sind 45 interessierte<br />
Nieheimer erschienen. Foto: Dennis Pape Folgekosten entstehen. Zudem Ein Begriff 14 hatte bei der Bürger-<br />
gebraucht werden, würden keine<br />
Politik<br />
Dass sich CDU und SPD einig<br />
könne die Zweckbindung angesichts<br />
einer Ausnahmeregelung nung«. Die Stadt investiert nach<br />
information Hochkonjunktur: »Hoff-<br />
Stadt Steinheim, 18.30 Uhr Sitzung<br />
des Schulausschusses der keit – am Montagabend in der Dee-<br />
der Landesinitiative zwei Partner jektes erarbeitet werden.<br />
bereits eher gekündigt werden. Ratsbeschluss eine Menge Steuer-<br />
sind, ist keine Selbstverständlich-<br />
wir haben mit der Hochschule und schließlich erst im Laufe des Pro-<br />
Stadt Steinheim im Gymnasium, le des Käsemuseums demonstrierten<br />
Thomas Menne von der Union bewegen können und wollen«, er-<br />
Jahr 2015 vornehmlich um die Straße, die Sorgen äußerten, dass dass die integrativen Angebote gut<br />
an der Angel, die in Nieheim etwas »Von Seiten der Stadt ging es im Anwohnern der Steinheimer gelder und kann nur darauf »hoffen«,<br />
Raum 115.<br />
und Dr. Matthias Kros von den Sozialdemokraten<br />
vor 45 interessier-<br />
Einige Nieheimer kritisierten, mehr war angesichts der Kapazitä-<br />
Konflikten kommen könnte, ent-<br />
zwar Fördergelder, aber noch lange<br />
gänzte Menne.<br />
Unterbringung der Flüchtlinge – es zu Ruhestörungen oder anderen angenommen werden. Dafür gibt es<br />
Nieheim<br />
ten und zum Teil dem Projekt dass der Ratsbeschluss in nichtöffentlicher<br />
Sitzung gefasst worden drucks nicht möglich. Jetzt, wo zu-<br />
müssen gemeinschaftliche Spielreprojekt.<br />
Nicht wenige Nieheimer<br />
ten und des großen Handlungsgegnete<br />
der Bürgermeister: »Wir keine Garantie – es ist halt ein Pilot-<br />
gegenüber sehr kritisch eingestellten<br />
Nieheimer jedoch bewusst Einigkeit.<br />
»Der Rat hat es sich nicht wieder nicht rechtzeitig mit ins wollen und müssen auch wir – wie zweifelten auch, dass man mit dem ße 14« deshalb mit Sorgen ent-<br />
ist – man habe die Bürger »mal nächst etwas Ruhe eingekehrt ist, geln finden.« Einige Nieheimer be-<br />
blicken dem Vorhaben »Lüttge Stra-<br />
Rat und Hilfe<br />
einfach gemacht, aber letztlich Boot« geholt. Bürgermeister Rainer<br />
Vidal meinte jedoch, dass man – die Integration in den Vorder-<br />
bei dem Flüchtlinge bekanntlich jektpartner tun gut daran, diese Be-<br />
es viele Ehrenamtliche bereits tun Umbau des Ackerbürgerhauses, gegen. Verwaltung, Politik und Pro-<br />
Selbsthilfegruppe Sucht, 19.30 mehrheitlich für das Projekt gestimmt.<br />
Entscheidend waren zwei die Akzeptanz der Bürger brauche grund rücken«, sagte Bürgermeis-<br />
schon beteiligt sein sollen, langfrisdenken<br />
ernst zu nehmen. Was alle<br />
bis 21 Uhr Treffen im Albert-<br />
Schweitzer-Haus, Berliner Straße Knackpunkte: 1. Die Flüchtlingsproblematik<br />
kann auch als große der Stadtbaukultur NRW, fügte an: anderem durch den Umbau des und in der Käsestadt halten könne. die Stadt trotz Landflucht und de-<br />
und Tim Rienits, Geschäftsführer ter Rainer Vidal. Das solle unter tig diese Neubürger integrieren Nieheimer eint, ist die »Hoffnung«,<br />
16 in Vörden.<br />
Tourismusbüro Nieheim, 9.30 bis Chance gesehen werden. 2. Der »Alle sind eingeladen, sich an den Ackerbürgerhauses geschehen, Auch vor 20 Jahren habe man nur mografischem Wandel lebendig zu<br />
12.30 Uhr in den Räumlichkeiten Ortskern muss belebt und lebhaft Planungen in Zusammenarbeit mit das von einer Erbengemeinschaft wenige Asylbewerber halten können.<br />
Vidal: »Ich möchte aber, dass ohne Mut und Engagement gelin-<br />
halten. Das aber kann jedoch nicht<br />
des Westfalen-Culinariums, Telefon<br />
05274/8304.<br />
»Wir wollen kein zweites Haus teressierten Flüchtlingen zu beteistellt<br />
wird. Die Stadt bekomme das sie hier bleiben – denn das ist vielgen.<br />
Denn wer will sich schon allein<br />
gehalten werden«, erläuterte Kros. Studenten der Hochschule und in-<br />
für zehn Jahre zur Verfügung ge-<br />
Hartmann. Dennoch sollten wir ligen.« Wie das Erdgeschoss bis Haus nicht »geschenkt«, betonte leicht unsere einzige Chance.« auf das Prinzip Hoffnung verlassen?<br />
Büchereien<br />
unternehmerisch denken – denn 2018 mit Leben gefüllt wird, soll der Bürgermeister. Das Land för-<br />
Eine Chance sehen Politik und<br />
Dennis Pape<br />
erschienen: 20.04.2017<br />
51
erschienen: 27.05.2016<br />
127<br />
ÜBERBLICK<br />
Quelle: Westfalenblatt (Online)<br />
Erscheinungsdatum: 28.09.2016<br />
erschienen: 28.09.2016 erschienen: 12.<strong>08</strong>.2017<br />
Quelle: Bund Deutscher Baumeister, Architekten + Ingenieure e. V.<br />
Erscheinungsdatum: 01.01.2018<br />
erschienen: 01.01.2018 erschienen: 04.06.2018<br />
21<br />
37<br />
92
Christoph Kremerskothen<br />
128<br />
ÜBERBLICK<br />
Von der Migration bis zur Kommunikation<br />
Heimatwerker Nieheim – gemeinsam bauen mit Geflüchteten<br />
Das Projekt „Heimatwerker Nieheim“ hat die Integration<br />
und Qualifizierung von Geflüchteten im Bauprozess<br />
zum Ziel. Für alle beteiligten Akteure war<br />
es eine komplett neue Aufgabe und auch Herausforderung.<br />
StadtBauKultur NRW hat das Konzept,<br />
das die vielschichtigen Aspekte der Integration berücksichtigt,<br />
2015 der Stadt Nieheim vorgeschlagen<br />
und gemeinsam mit dieser und der Technischen<br />
Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickelt. In dem<br />
Projekt „Heimatwerker“ sanieren Flüchtlinge mit<br />
ehrenamtlich engagierten Bürgern und mit Studierenden<br />
ein historisches Ackerbürgerhaus, um es<br />
gemeinsam zu nutzen.<br />
Der anfängliche Projekt-Slogan Wer baut, der bleibt!<br />
fasst das Konzept in vier Kernaussagen zusammen:<br />
1. Integration im Planungs- und Bauprozess<br />
2. Bauliche Instandsetzung von Problemimmobilien<br />
und Leerständen<br />
3. Behebung des Fachkräftemangels im Baugewerbe<br />
durch Geflüchtete<br />
4. Entgegenwirken der Landflucht durch<br />
Identifikation mit der neuen Heimat<br />
Von Beginn an bestand die Idee, die Themen Zuwanderung<br />
und Integration positiv zu besetzen<br />
und dem Projekt gelebte Integrationskraft zuzuschreiben.<br />
Das bedeutet nicht, Herausforderungen und Konflikte<br />
zu verschweigen, die sowohl vor Projektbeginn<br />
absehbar waren, als auch im Laufe des Projektes<br />
entstanden.<br />
So konnte sich auch das Projekt Heimatwerker<br />
nicht der zunehmenden Polarisierung der deutschen<br />
Öffentlichkeit und der schwindenden Willkommenskultur<br />
entziehen. Spätestens mit der<br />
Kölner Silvesternacht 2015/ 2016 erfuhren viele Integrationsbestrebungen<br />
einen Dämpfer. Die schon<br />
vorhandenen extremen und extremistischen Stimmen<br />
bekamen Zulauf durch eine große Zahl von<br />
verunsicherten und verängstigten Bürgerinnen<br />
und Bürgern. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer<br />
mussten sich für ihr Engagement rechtfertigen.<br />
Integrationsprojekte, die auf eine bürgerschaftliche<br />
Unterstützung angewiesen sind, standen vor<br />
zusätzlichen Herausforderungen, nicht zuletzt in<br />
der Kommunikation.<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker
Im Projekt Heimatwerker fokussierte StadtBau-<br />
Kultur NRW sich auf die Organisation und die öffentliche<br />
Kommunikation des Projektes.<br />
Als landesweit agierende Baukultur-Initiative verfügt<br />
StadtBauKultur NRW über die Möglichkeiten,<br />
Projekte in der breiten Öffentlichkeit und in<br />
der Fachöffentlichkeit darzustellen und in Form<br />
von Veranstaltungen und Publikationen zu vermitteln.<br />
Von diesen Voraussetzungen getragen<br />
und unterstützt von den zahlreichen Aktivitäten<br />
der Projektpartner, insbesondere der Präsentation<br />
der Heimatwerker Nieheim auf Fachveranstaltungen,<br />
wuchs die öffentliche Wahrnehmung<br />
des Projektes. Viele Presseberichte sowie Radiound<br />
TV-Beiträge belegen dies, siehe Seite 74-75.<br />
Darüber hinaus waren es überwiegend Fachveranstaltungen,<br />
in deren Rahmen sich Heimatwerker<br />
Nieheim präsentieren konnten:<br />
15. Internationale Architekturausstellung 2016 – La<br />
Biennale di Venezia: Ausstellung „Making Heimat.<br />
Germany, Arrival Country“ im deutschen Pavillon<br />
(Aufnahme in den Flüchtlingsbauten-Atlas und Ausstellungskatalog)<br />
8. Körber Demografie-Symposium der Körber Stiftung<br />
in Hamburg (Vorstellung als eines von zehn nationalen<br />
Best-Practice-Beispielen)<br />
Kommunalpolitische Tagung attac, AG Kommunen<br />
zum Thema „Eine andere Kommune ist möglich!“ in<br />
Dortmund (Vorstellung des Projektes)<br />
<strong>urbanLab</strong>, Veranstaltungsreihe: Regionaler Salon<br />
„Schrumpfen wir noch oder wachsen wir schon?“ der<br />
Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld (Diskussion<br />
zu Thema Integration)<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker<br />
In der gut dreijährigen Projektlaufzeit gab es neben<br />
der Berichterstattung der Lokalpresse im Kreis Höxter<br />
auch ein verstärktes Interesse der Fachpresse.<br />
Der baukulturelle Aspekt des Projektes, die Revitalisierung<br />
von Leerstand in ländlichen Räumen, die Sanierung<br />
eines historischen Baubestandes im historischen<br />
Ortskern und nicht zuletzt die Bedeutung des<br />
gemeinsamen Bauens sind aufgegriffen worden. Im<br />
Rahmen der Konferenz „Mehr [als] Wohnraum! Bauen<br />
als Beitrag zur Integration sozial Benachteiligter“ Mitte<br />
2016 in Oberhausen widmete sich StadtBauKultur<br />
NRW dem Thema umfangreich. Gemeinsam mit dem<br />
Partner Kultur im Turm e. V. präsentierte StadtBau-<br />
Kultur NRW beispielhafte Projekte für gemeinschaftliches<br />
Bauen und Wohnen sowie für integrative Quartiersentwicklung.<br />
Das Umsetzungsprojekt wurde von Beginn an durch<br />
die eigene Website www.heimatwerker.nrw begleitet,<br />
die eine Dokumentation des Projekts in Texten sowie<br />
atmosphärischen Fotos und Videos zeigt.<br />
129<br />
ÜBERBLICK<br />
Heimat-Tour 2017, Besuch der Heimatwerker Nieheim<br />
durch die Ministerin Ina Scharrenbach, Ministerin für<br />
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (Vorstellung des Projektes)<br />
Christoph Kremerskothen<br />
Landesinitiative StadtBauKultur NRW<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Sebastian Becker<br />
Christoph Kremerskothen ist seit 2012 Mitarbeiter bei StadtBauKultur NRW. Auf<br />
eine langjährige Tätigkeit für Großbanken folgte 2009 ein Studium des Journalismus<br />
und Public Relation an der Westfälischen Hochschule. Nach Tätigkeiten<br />
am M:AI – Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW ist er heute für die<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von StadtBauKultur NRW verantwortlich. Seit<br />
2015 leitet er die Kommunikation des Projektes Heimatwerker Nieheim.
Fotograf: Serkan Akin<br />
130<br />
Impressionen der Eröffnung<br />
ÜBERBLICK<br />
Am 16.10.2019 konnte das sanierte und mit Leben gefüllte Ackerbürgerhaus<br />
offiziell eröffnet werden. Die erfolgreichen Veränderungen im und am Gebäude<br />
konnten nun zum Abschluss gebracht und von zahlreichen Interessierten<br />
erkundet werden.
131<br />
ÜBERBLICK<br />
© StadtBauKultur NRW, Fotograf: Serkan Akin
ZUSAMMENFASSUNG
Thorsten Dettmer<br />
134<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Mehr Innovation, weniger Integration<br />
Das urbane Potential globaler Migration<br />
Abstract<br />
Mit globaler Migration kommen internationale Erfahrung<br />
und Impulse in urbane Räume, die es zu aktivieren<br />
gilt und nicht zu unterdrücken. Planung spielt<br />
hierfür die Schlüsselrolle. Durch verantwortungsvolle<br />
Investitionen in dieses soziale Kapital könnten sich<br />
Städte und in Folge die Gesellschaft von innen heraus<br />
besser anpassen an eine sich verändernde Welt. Im<br />
Zuge urbaner Internationalität ist auch das deutsche<br />
Selbstverständnis reformbedürftig. Es stellt sich weniger<br />
die Frage nach der richtigen Integration von<br />
Zuwanderern, sondern nach einer gesellschaftlichen<br />
Innovation mit Zuwanderern.<br />
In der Theorie<br />
Wie Dreijährige im Sandkasten ihre Spielzeuge verteidigen<br />
die reichen Länder ihren Wohlstand, Sicherheit<br />
und Grundrechte gegenüber den ärmeren. Internationale<br />
Verflechtungen reicher Industrienationen haben<br />
globale Auswirkungen auf schwächere Nationen<br />
(Harvey, 2007; 2013; Sassen, 2001; 2006; Brenner,<br />
2011; Purcell, 2003; 2009).<br />
Anstelle eines wahrlich globalen Systems, welches<br />
die Schwächeren stärken würde, wächst die Ungleichheit<br />
im globalen Kapitalismus. Weder im Sandkasten<br />
noch in einer schrumpfenden Welt (Harvey,<br />
2007) bleibt solch Ungleichheit unbemerkt. Medien,<br />
soziale Netzwerke und Mobilität haben ihren Beitrag<br />
zu einer zugänglicheren Welt geleistet. Globale Ungerechtigkeit<br />
wird hinterfragt, und Bewegungsmöglichkeiten<br />
bieten sich. Dass globale Ungleichheit Migration<br />
auslöst, schürt in der reichen Welt Verlustängste.<br />
Die alte Polarität der „Push and Pull“-Faktoren verschwimmt;<br />
Menschen flüchten nicht nur, sondern<br />
haben auch Ziele. Das ist nur rational – wir würden<br />
ebenso handeln. Etwas fällt dabei auf: Wo früher eine<br />
allgemeine Migration von Ursprungs- zu Ankunftsländern<br />
stattfand, zeichnet sich heute eine Migration<br />
aus einer steigenden Anzahl von Ursprungsländern<br />
in eine schrumpfende Zahl von Ankunftsstädten ab<br />
(Czaika & de Haas, 2014; Saunders, 2018).<br />
Globale Migration ist somit ein urbanes Thema<br />
geworden.<br />
Die mit Abstand größte Gruppe globaler Migranten<br />
stellen qualifizierte junge Arbeiter aus Entwicklungsländern<br />
(Czaika & de Haas, 2014) – ein Weltmarkt, aus<br />
dem sich Deutschland bislang erfolgreich herausgehalten<br />
hat.Ein kurzer Blick in den Spiegel rückt die<br />
deutsche Sicht auf Migranten ins rechte Licht. Das<br />
deutsche Volk definiert sich in der Verfassung per Ius<br />
Sanguinis: Deutsches Blut. Schauen wir weit genug<br />
zurück, entflechten sich die Wurzeln des deutschen<br />
Stammbaumes in dutzende Völker, die durch das<br />
Machtvakuum des verfallenden Römischen Reiches<br />
streiften. Mitteleuropa blieb auch die nächsten Tausend<br />
Jahre ein Flickenteppich territorialer Ansprüche<br />
sich bekämpfender Gruppen, aber von „deutschem“<br />
Blut weiterhin keine Spur. Die germanischen Völker<br />
und diversen Königreiche, Länder und Fürstentümer<br />
sahen sich kaum als Einheit, bestenfalls im gemeinsamen<br />
Interesse, die Römer oder andere Mächte<br />
zurückzudrängen (Rosenstock, 1970; Liebesschuetz,<br />
2015). Was sie verband, waren Krieg und Leid. So<br />
kam Eugen Rosenstock bei seiner Suche nach den<br />
deutschen Ursprüngen zur nüchternen Feststellung:<br />
„Kriegsgemeinschaft hat das deutsche Volk geschaffen“<br />
(Rosenstock, 1970: 101). Luthers Bibelübersetzung<br />
war Geburtshilfe für die deutsche Sprache und<br />
die deutsche Aufklärung gründete eine Kulturnation<br />
der Dichter und Denker lange bevor unter Bismarck<br />
eine Staatsnation gebildet wurde. Die verschiedenen<br />
Fragmente bildeten ein Amalgam. „Deutschsein“<br />
musste erlernt werden und war seit jeher die Vereinheitlichung<br />
von Unterschieden (Münch, 2001).<br />
Binnen einer Generation zerbarsten dann die Konstrukte<br />
des deutschen Kaiserreiches, der Weimarer<br />
Republik und Nazideutschlands mit ihren jeweils verheerenden<br />
Folgen. Während sich die Alliierten noch<br />
gar nicht so sicher waren, ob diese Deutschen jemals<br />
wieder ein Land haben sollten, gelang den akademischen<br />
Urvätern unserer BRD (Eucken, Röpke und<br />
Rüstow) ihr ordoliberaler Geniestreich: Nicht unbedingt<br />
einen Nationalstaat sollten die Deutschen haben,<br />
sondern in erster Linie einen freien Wirtschaftsraum,<br />
in dem sie ihr Land aufbauen und sich selbst<br />
versorgen könnten (Foucault & Senellart, 20<strong>08</strong>, Bonefeld,<br />
2012).<br />
Diese Marktwirtschaft brauchte selbstverständlich<br />
Regeln und Schutz, gewährleistet durch ein staatliches<br />
Rahmenkonstrukt. Über die Aufrechterhaltung<br />
des Wirtschaftsraumes durch indirektes Agieren und<br />
Kontrollieren hinaus war eine wesentliche Aufgabe<br />
dieses Staates die Verwirtschaftlichung der Gesellschaft.<br />
Nicht umsonst wurde Müller-Armacks Begriff<br />
„soziale Marktwirtschaft“ von Hayek als irreführend<br />
kritisiert, da er die Idee von sozialer Gerechtigkeit<br />
als Gegenteil einer freien Marktwirtschaft impliziert<br />
(Hayek, 1979).
Eine zu befürchtende Systemkritik durch das Proletariat<br />
wurde umgangen, indem aus der bisherigen Arbeiterklasse<br />
„kleinen Kapitalisten“ gemacht wurden,<br />
die ihre Arbeitskraft zu Markte tragen, um eventuell<br />
auch einmal Aktien oder ein Haus besitzen zu können<br />
(Röpke, 1950). Der soziale Zusammenhalt dieser auf<br />
Konkurrenz basierenden Gesellschaft sollte allein<br />
„von unten“ entstehen durch Familie, Freundeskreis<br />
und Kollegen. Für alles andere, etwa eine nationale<br />
Idee war das Misstrauen der Beteiligten, von den Alliierten<br />
über die Urväter bis hin zum Volk selbst, zu<br />
groß. Ich will hier gar nicht weiter auf die Entstehung<br />
des modernen Deutschlands eingehen, außer festzustellen,<br />
dass die Deutschen eine schwere Geburt<br />
hatten (siehe hierzu auch Lorch, 2017; Zweynert,<br />
2013; Biebricher, 2011; Bonefeld, 2012; Somma, 2013;<br />
Kurthen, 1995; Oliver, 1960; Hall & Soskice, 2001;<br />
Foucault & Senellart, 20<strong>08</strong>).<br />
Die deutsche Identität, wenn es sie nun gibt, ist<br />
historisch stark gefärbt durch Krieg und Leid, gesellschaftlich<br />
durch homogenisierende Bildung<br />
und Kultur und in moderner Zeit durch wirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche Konkurrenz.<br />
Dies ist einerseits als Basis für eine weltoffene Einwanderungsgesellschaft<br />
etwas dürftig. Es erklärt<br />
aber, warum die Deutschen sich damit so schwertun,<br />
mussten sie sich schließlich auch selbst stets zusammenraffen.<br />
Andererseits ist die Aufnahme Anderer<br />
und kulturelles (Er)Lernen ebenso Teil der deutschen<br />
Gesellschaft. Es ist eine Frage der Einstellung, in welche<br />
Richtung sich die Gesellschaft entwickelt. Ein Immigrationsland<br />
war die BRD schon immer, eingestanden<br />
hat sie es sich jedoch nie und tut sich weiterhin<br />
schwer damit.<br />
Einwanderungswellen gab es einige, von den Kriegsvertriebenen<br />
über die Gastarbeiter, zu den Geflüchteten<br />
aus dem Ostblock, dem Balkan, anderen<br />
Krisenherden und schließlich aus Syrien. Man teilte<br />
notgedrungen den Sandkasten (weil so in der Verfassung<br />
verankert), nicht aber das kleinkapitalistische<br />
Spielzeug. Migranten durften zugucken, aber nicht<br />
mitspielen – sie würden ja sowieso nicht bleiben<br />
(Kurthen, 1995; Schuster, 2003; Senellart & Foucault,<br />
20<strong>08</strong>). Zuwanderer wurden als wirtschaftliche Bürde<br />
betrachtet, als soziales Problem und vermutlich<br />
auch als Bedrohung für eine schwächelnde deutsche<br />
Identität. Man war misstrauisch gegenüber fremden<br />
Gebräuchen und Religionen und behandelte Migranten<br />
jahrzehntelang mit ignoranter Überlegenheit. Inzwischen<br />
haben 25% der Bevölkerung und fast 40%<br />
der Kinder einen „Migrationshintergrund“ (destatis,<br />
2017), oder sagen wir lieber „internationale Erfahrung“<br />
(El-Mafaalani, 2018), etwas womit die Deutschen<br />
historisch gesehen nicht gerade brillieren.<br />
Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ hat unter<br />
Deutschen eine Integrationsdebatte losgetreten,<br />
wie es keine vorherige Einwanderungswelle geschafft<br />
hat.<br />
Es gibt nun zwei Möglichkeiten, mit Zuwanderung<br />
umzugehen. Zum einen können Migranten möglichst<br />
schnell eingedeutscht werden – Assimilation.<br />
Dieser Weg des Deutschwerdens ist den Deutschen<br />
schließlich historisch vertraut: Anpassen,<br />
Klappe halten, hinten anstellen (siehe auch Esser,<br />
2009). Dieser Weg ist aber ein gesellschaftlicher<br />
Holzweg. Er bringt keine neuen Erfahrungen oder<br />
Erkenntnisse und auch die gesellschaftliche Entwicklung<br />
nicht voran. Auch im internationalen<br />
Vergleich bietet er Deutschland keinerlei Vorteile,<br />
sondern ist ein Rückzug in eine nationale Ebene,<br />
die global zunehmend an Bedeutung verliert (Sassen,<br />
2001; Brenner, 2011; Robertson, 1994; 1995).<br />
Zum anderen kann sich Deutschland gesellschaftlich<br />
öffnen: schauen wir doch erstmal, was die<br />
Zuwanderer so mitbringen an Lebenserfahrung<br />
aus der großen weiten Welt. Es ist bestimmt etwas<br />
dabei, das die deutsche Welt erweitert und<br />
einen Mehrwert bildet. Der bessere Weg führt<br />
über eine ergebnisoffene Selbstfindung zur Revision<br />
des deutschen Selbstverständnisses: nicht<br />
inert, nicht hybrid, sondern genuin (Kuppinger,<br />
2014). Mit einer solchen Diskussion könnte sich<br />
Deutschland auch international besser positionieren,<br />
denn nicht nur Deutschland ändert sich,<br />
sondern Migration und diverse Gesellschaften<br />
sind ein globales Thema. Eine offene und diverse<br />
Gesellschaft hat bessere Zukunftsaussichten in<br />
einer globalisierenden Welt als Nationalnostalgie,<br />
Schließung und Schuldzuweisungen (Gaitanides,<br />
2011; 2012).<br />
Aladin el Mafaalani (2018) beschreibt sehr eindrücklich,<br />
wieviel sich in jüngster Zeit verbessert<br />
hat Hinsichtlich der Emanzipation von Minderheiten<br />
und dass das konstruktive Austragen von<br />
Konflikten kein Zeichen des sozialen Scheiterns,<br />
sondern des Gelingens einer Gesellschaft ist, die<br />
sich öffnet und an sich wächst. Er weist aber auch<br />
darauf hin, dass mit steigenden Ansprüchen die<br />
Diskussion auch schwieriger wird. In einer Gesellschaft<br />
mit derart hohem internationalen Anteil ist<br />
es schlicht anmaßend von Integration im Sinne von<br />
Assimilation zu sprechen. Die deutsche Gesellschaft<br />
steckt in einem identitären Veränderungsstau.<br />
Wenn dies nicht offen thematisiert wird, bremst sich<br />
Deutschland wirtschaftlich, sozial und politisch<br />
selber aus und desintegriert zu einer hinterwäldlerischen<br />
Angstnation à la Sarrazin, welche die<br />
Schuld ihres Versagens immer auf die Anderen<br />
schiebt.<br />
135<br />
ZUSAMMENFASSUNG
In einer urbanisierten Welt werden die Weichen<br />
136<br />
für die Zukunft in den Städten gestellt. Gesellschaftliche<br />
Veränderungen gerade in der „freien“<br />
Welt nehmen hier ihren Start. So auch in Deutschland.<br />
Vor diesem Hintergrund stehen viele deutsche<br />
Städte vor enormen gesellschaftlichen und<br />
städtebaulichen Herausforderungen, die Hand in<br />
Hand gehen. Nicht selten werden diese missinterpretiert,<br />
denn schuld an benachteiligten Stadtteilen<br />
sind nicht die Geflüchteten von 2015/16 oder<br />
andere Zuwanderer, sondern über 50 Jahre versäumte<br />
Investitionen in das soziale Kapital der<br />
Städte. Die neoliberale Hinwendung vieler Städte<br />
zur Akkumulation globalen Finanzkapitals beinhaltete<br />
automatisch die Abwendung von Investitionen<br />
in urbanes Sozialkapital (Harvey, 2007).<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Dort wo der Strukturwandel am heftigsten traf,<br />
hat die Ummünzung von Arbeitern in Kleinkapitalisten<br />
durch die freien Marktmechanismen versagt.<br />
Mangels sozialem Invest konnte hier auch<br />
kein finanzielles Kapital produziert werden.<br />
Keynesiansche Sonderprogramme wie etwa die<br />
„Soziale Stadt“ oder „Investitionspakt soziale<br />
Integration im Quartier“ versuchen hier zu unterstützen,<br />
sind aber oft räumlich und zeitlich<br />
zu begrenzt, um tatsächliche strukturelle Änderungen<br />
zu bewirken. So stellt sich die Frage,<br />
ob und wie man mit begrenzten Mitteln und oft<br />
durch informelle Planung und zivilem Engagement<br />
lokale Potentiale im Stadtteil durch die<br />
Aktivierung und Emanzipierung von Migranten<br />
und Flüchtlingen wecken kann, um gesellschaftliche<br />
Strukturen „von unten“ aufzubrechen.<br />
In der Praxis<br />
Die Basis der Feldarbeit bildet ein Mailing an alle<br />
deutschen Städte über 30.000 Einwohner mit<br />
der freundlichen Bitte, an einer Online-Umfrage<br />
teilzunehmen, sofern sie ein Projekt haben, dass<br />
Stadtentwicklung mit der Integration von Migranten/Flüchtlingen<br />
verbindet. Von knapp 400 Mailings<br />
wurden etwa 40% mit 1<strong>08</strong> negativen, aber<br />
auch 35 positiven Rückmeldungen beantwortet,<br />
zu welchen auch der Online-Fragebogen ausgefüllt<br />
wurde. Dreizehn der Projekte habe ich<br />
im Frühjahr 2019 besucht und mit persönlichen<br />
Experteninterviews vertiefend untersucht. Die<br />
Ergebnisse haben wiederum neue Perspektiven<br />
geliefert, welche weiteres Literaturstudium erfordern.<br />
Insofern ist alles weitere noch spekulativ.<br />
Hier dennoch ein kurzer Zwischenstand:<br />
Die meisten Absagen lieferten keine weiteren inhaltlichen<br />
Erkenntnisse, obwohl sich viele an der<br />
Thematik interessiert zeigten. Allerdings ließen<br />
auch einige der Rückmeldungen auf ein Unverständnis<br />
zum Zusammenhang von Migration und<br />
Planung schließen. Weiterhin stand für viele Städte<br />
die funktionale Not der Unterbringung und<br />
Erstversorgung im Vordergrund. Manche Städte<br />
hakten damit dann auch das Thema planerisch<br />
ab: Es wäre dann „schnell in den Bereich Soziales<br />
übergegangen.“ Oder es wurde daraus „die übliche<br />
Integrationsarbeit…“.<br />
Man kann ableiten, dass viele Städte keine Ressourcen<br />
für eine genauere Betrachtung haben<br />
oder sich der Zusammenhang zwischen Planung<br />
und Immigranten bestenfalls fragmentarisch erschließt.<br />
Das hat neben Ressourcenmangel aber auch mit<br />
Strukturen zu tun, in der Verwaltung und im Kopf.<br />
Verwaltungen arbeiten preußisch funktional und<br />
linear. Querdenken, Engagement und Verantwortung<br />
über die eigene Zuständigkeit hinaus zu<br />
übernehmen zählen selten zu den Einstellungsvoraussetzungen.<br />
Doch „bösartige Probleme“ (Rittel<br />
& Webber, 1973) lassen sich nicht konventionell<br />
lösen. Sie nehmen wenig Rücksicht auf lineare<br />
Verwaltungsstrukturen und bedürfen stattdessen<br />
einer übergreifenden Herangehensweise, die in<br />
öffentlichen Strukturen neu und selten ist. Noch<br />
seltener ist es, dass aus den Ansätzen auch tatsächlich<br />
Projekte entstehen. Aber es gibt sie.<br />
Die rückgemeldeten Projekte weisen eine große<br />
Bandbreite auf. Manche fallen in den Bereich<br />
Planung, andere in den Bereich Soziales, aber die<br />
meisten entspringen tatsächlich ressortübergreifenden<br />
Ansätzen. Es ist alles vertreten, von großstädtischen<br />
integrierten Stadtentwicklungskonzepten<br />
über Quartiersprojekte privater Stiftungen<br />
bis hin zum gemeinschaftlichen Umbau eines<br />
Ackerbürgerhauses mit und für die Nutzung von<br />
Flüchtlingen (siehe hierzu auch Beitrag Prof. Oliver<br />
Hall). Diese Vielfalt erschwert zwar die Auswertung,<br />
ist aber bereits ein Ergebnis:<br />
Die Arbeit mit Migranten passt in keine Schublade.<br />
Sie findet überall statt, im Großen wie im<br />
Kleinen, im Öffentlichen wie im Privaten.<br />
Die Rückmeldungen lassen bestimmte Schlüsselfaktoren<br />
erkennen, die ich hier nur als vorläufige<br />
Stichpunkte aufführen kann. Diese und andere Aspekte<br />
aus meiner Feldarbeit werde ich in meiner<br />
Dissertation natürlich vertieft diskutieren.<br />
Die Untersuchung bestätigt einen klaren Zusammenhang<br />
zwischen ethnischer Vielfalt und schlechterem<br />
städtischem Umfeld:<br />
Je mehr Zuwanderer, auch inzwischen „einheimi-
sche“ Zuwanderer, desto schlechter sind die urbanen<br />
Lebensbedingungen.<br />
Aber zugezogene Migranten sind, wie oben bereits<br />
dargestellt, nicht die Ursache benachteiligter<br />
Stadtteile, sondern ihre Opfer, die mangels<br />
finanzieller Freiheiten sich nichts anderes leisten<br />
können. Diese Ankunftsstadteile wird es immer<br />
geben aber sie dürfen nicht in einen strukturellen<br />
Benachteiligungsstrudel geraten. Sie sollten eine<br />
Schleusenfunktion zur gleichberechtigten Aufnahme<br />
in die Gesellschaft bieten. Dies bedarf neben<br />
einer durchmischten Bevölkerung einer angemessenen<br />
Investition in soziales Kapital, Bildung und<br />
Existenzgründung, ohne dadurch Gentrifizierung<br />
auszulösen. Die notwendigen Netzwerke ethnischer<br />
Gruppen sind keine feindliche Mobilisierung,<br />
sondern als Orientierungshilfe Schlüssel<br />
der Vergesellschaftung. Vielfalt schwächt nicht die<br />
urbane Gesellschaft, sondern stärkt sie und gibt<br />
Impulse, sich in einer verändernden Welt besser<br />
zu behaupten.<br />
Vertrauen ist die grundlegende Herausforderung<br />
für die Aktivierung sozialen Kapitals, sowohl bei<br />
Zugezogenen als auch bei Einheimischen.<br />
Viele, die vor langer Zeit zugezogen sind, fühlen<br />
sich nicht angesprochen, wenn es um Stadtteilentwicklung<br />
geht. Man erreicht vielleicht wenige<br />
Sprecher, aber nicht die Menschen dahinter – ein<br />
deutliches Zeichen von Segregation. Jahrzehnte<br />
benachteiligt und sich selbst überlassen, fehlt<br />
die Identifikation mit der Aufnahmegesellschaft<br />
und die Bereitschaft für Engagement. Neuzugereiste<br />
haben schlicht dringlichere Prioritäten wie<br />
Asylverfahren, Sprachkurse, Arbeitssuche, Familienlogistik,<br />
etc., um sich gedanklich auf langfristige<br />
Planungsprojekte einzustellen. Das Vertrauen<br />
in staatliche Machtstrukturen ist meist gering,<br />
schließlich waren diese oft genug Fluchtursache.<br />
Verwaltungen brauchen mehr „Bodenhaftung“ im<br />
Quartier, um Bedarfe zu erkennen. Quartiersmanager,<br />
Botschafter und andere lokale Mittler zwischen<br />
Bedarfen und Möglichkeiten sind hierfür<br />
gut geeignet.<br />
Integration suggeriert Assimilation, aber das Gegenteil<br />
erscheint nötig: Emanzipation.<br />
Zugezogene sind im Schnitt motivierter als Einheimische<br />
und wollen mit den ihnen gegebenen<br />
Möglichkeiten etwas erreichen. Die aktuelle Debatte<br />
betrachtet Integration als Mittel zur möglichst<br />
schnellen Verdeutschung internationaler Vielfalt.<br />
Nicht ausreichend im Fokus stehen die Anerkennung<br />
und Emanzipation von Immigranten und Geflüchteten<br />
als integrale Bestandteile der städtischen Gesellschaft.<br />
Ebenso bedarf es nicht nur einer kulturellen<br />
Öffnung der Behörden, sondern der deutschen<br />
Gesellschaft hin zur Vielfalt. Der Schwerpunkt einer<br />
gesellschaftlichen Identität kann sich bei einer Bevölkerung<br />
mit 25% Migrationshintergrund und 40%<br />
bei Kindern unmöglich um „Verdeutschung“ drehen.<br />
Es ist Zeit, sich zusammenzusetzen und eine gemeinsame<br />
Identitätsdebatte zu beginnen, die zu<br />
einer Innovation des gesellschaftlichen Selbstverständnisses<br />
führt.<br />
Hier sind nicht nur staatliche Institutionen gefragt,<br />
sondern die Köpfe und Herzen aller Deutschen.<br />
Das ist weder einfach noch schnell zu erreichen.<br />
Die Kunst ist es, auf eine neue Situation nicht<br />
mit Rückzug, Feindseligkeit oder Arroganz zu reagieren,<br />
sondern mit Interesse und Forschergeist<br />
(El-Mafaalani, 2018: 91).<br />
Die Zeit präskriptiver Planung ist vorbei.<br />
Der Technokrat, der aus seinem administrativen<br />
Elfenbeinturm heraus weiß, was gut und richtig für<br />
den Stadtteil ist, ist ein Auslaufmodell. Öffentliche<br />
Bekanntmachungen haben nichts mit Partizipation<br />
zu tun (siehe hierzu Arnsteins Leiter der Partizipation,<br />
1969). Städtebauliche Wettbewerbe sind ein<br />
Ansatz, aber das Plenum meist elitär besetzt, ohne<br />
ausreichende Stimme aus dem Stadtteil. Governance<br />
und deliberative Demokratie, ob durch kommunale<br />
oder private Stiftungen Institutionen initiiert<br />
zeigen experimentelle Ansätze, die es auszubauen<br />
gilt. Versagt der Neoliberalismus aufgrund seiner<br />
Struktur und finanzkapitalistischen Ausrichtung in<br />
der Planung (siehe Gunder, 2010), oder schafft er<br />
dadurch auch einen Freiraum, der es ermöglicht<br />
kooperative Planungsarbeit „von unten“ zu bilden,<br />
mit welcher das soziale Kapital der Stadt informell<br />
zurückerobert werden kann (siehe Lefebvre, 2013;<br />
Harvey, 2013; Sandercock, 1998; 2003)?<br />
In diesem Zusammenhang gilt es die Crux der Bürokratie<br />
zu lösen. Die Herausforderungen einer<br />
zunehmend vielfältigen Gesellschaft sind komplex<br />
und können nicht in funktionalen Fachbereichen<br />
abgearbeitet werden, die optimale Lösungen produzieren.<br />
Um das Vertrauen in die Verwaltung nicht<br />
zu verlieren, muss sich die Verwaltung öffnen. Der<br />
Schlüssel zur Bewältigung liegt nicht nur in ressortübergreifendem<br />
Denken und Handeln, sondern<br />
auch in der Fusion öffentlicher und privater Initiativen.<br />
Städtische Gesellschaften, unabhängige<br />
Stabstellen in der Verwaltung und öffentlich-private<br />
Partnerschaften ermöglichen übergreifendes<br />
Denken und schnelleres Handeln. Hierfür sollten<br />
neue Lösungsansätze gefunden werden, welche<br />
die Vorteile beider Strukturen nutzen.<br />
137<br />
ZUSAMMENFASSUNG
138<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Je stärker die Wirtschaftskraft einer Stadt ist,<br />
desto weniger Probleme hat sie mit Zuwanderung.<br />
Das ist keine Überraschung, aber dennoch eine<br />
wichtige Erkenntnis: Wirtschaft braucht Zuwanderung,<br />
Zuwanderer brauchen Arbeitsplätze. Bildung<br />
und Ausbildung bringen beide zusammen und<br />
schaffen Chancen zur strukturellen Vergesellschaftung.<br />
Allerdings kann man mit Investitionen in die<br />
Schaffung sozialen Kapitals keine Renditen berechnen.<br />
Diese entstehen indirekt und sind schwer<br />
messbar. Das widerstrebt kapitalistischem Denken<br />
und kann daher kaum in den Bereich der privaten<br />
Marktwirtschaft fallen. Staatliche Förderprogramme<br />
sind daher Dreh- und Angelpunkt eines jeden<br />
Projektes. Die bereitgestellten Mittel von Bund und<br />
Ländern spiegeln nicht die gesellschaftliche oder<br />
politische Bedeutung des Themas wider. So veranschlagt<br />
etwa der Bundeshaushalt 2019 weniger für<br />
das Programm „Soziale Stadt“ als für Lärmschutzmaßnahmen<br />
an Bundesstraßen.<br />
Die Organisation von Projekten ist eine Herausforderung.<br />
Vor dem Hintergrund knapper finanzieller Mittel<br />
sind Projekte im Wesentlichen auf Ehrenamtliche<br />
angewiesen. Ehrenamtliches Engagement ist extrem<br />
wichtig, jedoch eben leider weder professionell<br />
noch Vollzeit oder kontinuierlich verfügbar.<br />
Migranten und Geflohene haben in der Regel am<br />
Projekt mitgearbeitet oder Einfluss genommen.<br />
Aufgrund anderweitiger Herausforderungen und<br />
Verpflichtungen konnten sie ihre Arbeitskraft allerdings<br />
nicht wie gewünscht bzw. erhofft einbringen.<br />
Als entscheidende Erfolgsfaktoren für die<br />
teilnehmenden Projekte wurden daher mehrfach<br />
Manager (Kümmerer) vor Ort für Professionalität<br />
und Kontinuität in der Mitarbeit genannt.<br />
Erfahrungsaustausch ist wichtig.<br />
aus der Ökologie, die Transformationsprozesse in<br />
Ökosystemen beschreibt. In vitalen Ökosystemen<br />
entstehen selbstregulierende adaptive Zyklen in<br />
verschiedenen Sphären, von Mikro über Meso bis<br />
zur Makrosphäre. Jeder Zyklus ist in sich selbstständig<br />
und lernfähig, aber eingebettet in größere<br />
und kleinere Abhängigkeiten (Gunderson & Holling,<br />
2001). Es gibt durchaus Analogien zum Thema:<br />
Die Ungleichheiten des globalen Systems resultieren<br />
in Migration. Diese globale Migration führt in<br />
gesättigte urbane Systeme.<br />
In relativ kurzen Zeiträumen können auf lokaler<br />
Ebene durch Impulse von Migranten kreative Umstrukturierungen<br />
entstehen, welche das urbane<br />
Leben anreichern.<br />
Diese Phase ist entscheidend, nicht nur für die Zukunft<br />
des urbanen Systems, und bedarf der sozialer<br />
Investitionen, um das soziale Potential zu aktivieren<br />
und zu lenken. So entstehen Synergien von<br />
Erfahrung und Entwicklung, welche die lokale Ebene<br />
neu strukturieren. Reichere sozialkapitalstarke<br />
Stadtteile bilden eine höhere urbane Resilienz der<br />
gesamten Stadt. In Summe können lokale Veränderungen<br />
das nationale System beeinflussen, welches<br />
sich dadurch ebenfalls von unten nach oben justiert<br />
und sich in einer verändernden Welt besser positionieren<br />
kann. Es entsteht ein adaptiver Zyklus, der<br />
globale Impulse lokal entwickelt, um sich national<br />
gestärkt global zu positionieren. Aus meiner Sicht<br />
sind daher Segregation und Assimilation nicht nur<br />
menschenunwürdig, sondern gesellschaftlich (und<br />
wirtschaftlich) eine vertane Chance. Verantwortliche<br />
Investitionen in emanzipierendes Sozialkapital<br />
führt zu gesellschaftlichem Gewinn. Deshalb plädiere<br />
ich für mehr Innovation und weniger Integration.<br />
Sämtliche Projekte haben Pilotcharakter mit extrem<br />
steilen Lernkurven. Leider stehen sie in so gut<br />
wie keinem Austausch untereinander – aus Fehlern<br />
der Einen lernen nicht die Anderen und auch Synergien<br />
bleiben aus. Eine gemeinsame Plattform<br />
mit entsprechendem Netzwerk könnte die Wirkung<br />
dieser und weiterer Projekte deutlich steigern. Es<br />
könnten sich vernetzte Berater herausbilden, die<br />
neue Projekte erfolgreich begleiten, um aus experimentellen<br />
Pilotprojekten Leuchtturmprojekte zu<br />
machen.<br />
Ein Ausblick<br />
Während meiner Forschung habe ich festgestellt,<br />
dass die Verbindung von Migration und Planung<br />
einen sphärenübergreifenden Kreislauf bildet, der<br />
über lokale Veränderungen weit hinausgeht. Dieser<br />
Gedanke ist angelehnt an eine Betrachtung<br />
Thorsten Dettmer<br />
Thorsten Dettmer ist Architekt (TU Lund in Schweden) und ist nach ein paar Jahren<br />
in einem großen Architekturbüro 2003 zur Bauaufsicht Frankfurt gewechselt, wo er<br />
als Abteilungsleiter die „Flüchtlingskrise“ miterlebte. Diese fiel zusammen mit seinem<br />
Wunsch nach Veränderung und bewegte ihn zu einem Doktorandenstudium im Bereich<br />
Migration und Stadtentwicklung an der University of Auckland in Neuseeland.
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139<br />
ZUSAMMENFASSUNG
Laura Sportelli, Verena von Ohlen<br />
140<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Nieheim vs. Altena - Evaluation<br />
Am 20. November fand im Rathaus Nieheim ein Evaluationsworkshop zu den<br />
Projekten „Heimatwerker“ in Nieheim und „Freiheit26“ in Altena statt. Hier kamen<br />
zu zahlreichen Themen hilfreiche Ergebnisse und Erfahrungen zusammen,<br />
die rückblickend Erfolge und Fehler der Projektprozesse darstellen und für zukünftige<br />
Projekte eine Hilfestellung sein können.<br />
Förderdimensionen<br />
Das Projekt "Heimatwerker" als auch das Projekt<br />
"Freiheit26" wurden durch das Landesprogramm<br />
„Hilfen im Städtebau für Kommunen zur Integration<br />
von Geflüchteten“ finanziert. Die Fördersumme des<br />
Projektes „Freiheit26“ betrug 488.000€. Im Antrag<br />
wurde mit mehr Arbeitsstunden der Geflüchteten kalkuliert<br />
als real geleistet wurden, daher überstieg das<br />
Projekt das geplante Budget. Das zusätzlich benötigte<br />
Geld für die Fertigstellung wird nun von der Stadt aufgefangen.<br />
Die Fördersumme beim Nieheimer Projekt<br />
wird dagegen voraussichtlich nicht überschritten.<br />
Insgesamt werden die Förderrichtlinien allerdings als<br />
unflexibel wahrgenommen und der Förderzeitraum<br />
zu kurzfristig und zu spät eingestuft, um viele Geflüchtete<br />
in den Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />
Einbindung von Handwerksbetrieben<br />
In der Ausschreibung für die beteiligten Handwerksbetriebe<br />
in Altena wurde verankert, dass die Geflüchteten<br />
bei den Arbeiten mitwirken sollen. Die Betriebe<br />
haben dauerhaft mit einem Geflüchteten kalkuliert<br />
und konnten die geleisteten Stunden aus der Rechnung<br />
ausklammern. Die Arbeitsleistungen der Geflüchteten<br />
waren Zuarbeiten und der Aspekt der Qualifizierung<br />
war dadurch stark beschränkt. Der Fokus bei den<br />
Geflüchteten lag vorwiegend auf dem Erlernen der<br />
Sprache und dem Ausbau sozialer Kontakte.<br />
In Nieheim wurde ein Grundkurs Holz für 20 Geflüchtete<br />
an zehn Terminen angeboten, der gut angenommen<br />
wurde. Eine Fortsetzung konnte aufgrund fehlender<br />
Helfer*innen nicht angeboten werden.<br />
Beteiligung, Anreize und Mehrwert für<br />
die Geflüchteten<br />
0,80€ und ein monatliches Nahverkehrsticket bezahlt.<br />
Die Menschen kamen mit sehr unterschiedlichen<br />
Motivationen, Zielen und Prioritäten. Daher wurden<br />
oft Sprachkurse und andere Maßnahmen dem<br />
Projekt vorgezogen, da vor allem der Spracherwerb<br />
für viele das wichtigste Ziel nach der Ankunft in<br />
Deutschland ist. In Nieheim wurde versucht die Tage<br />
der Sprachkurse mit den Baustellentagen abzugleichen,<br />
um beides zu ermöglichen. Die Koordinierung<br />
war im Verlauf des Projekt nicht immer gegeben.<br />
Darüber hinaus besitzt nicht jede*r das Ziel in Zukunft<br />
eine handwerkliche Ausbildung zu absolvieren bzw.<br />
handwerklich zu arbeiten. Daher könnte eine Abfrage<br />
der Vorstellungen und Wunschperspektiven bei<br />
den Geflüchteten eine Aufteilung ermöglichen. Zum<br />
einen könnten die Flüchtlinge rein ehrenamtlich mitarbeiten<br />
und andere, die ihre Perspektive durchaus<br />
in dem entsprechenden Gewerbe (Bausektor) sehen,<br />
nutzen die Möglichkeit in Form einer Fortbildung.<br />
Eine Herausforderung am Hausprojekt in Nieheim<br />
war außerdem die hohe Fluktuation der Geflüchteten.<br />
Geflüchtete, die durch das Projekt viel lernten und<br />
eine Ausbildung beginnen konnten, fielen als Helfer<br />
für das Projekt weg, jedoch ist diese Entwicklung für<br />
die Geflüchteten natürlich positiv zu bewerten. Fortzug<br />
und Abschiebungen haben den Helfermangel zusätzlich<br />
beeinflusst.<br />
Anreize für Frauen sind durch die spezifisch adressierte<br />
Einladung von weiblichen Studierenden zu einem<br />
Textilworkshop erfolgt. Die gezielte Ansprache<br />
von weiblichen Geflüchteten wurde erst im Laufe des<br />
Projektes ergänzt. Wichtige Erkenntnis bezüglich des<br />
Mehrwertes für die Teilnehmer ist die wünschenswerte<br />
Verknüpfung des Projektes mit einer offiziellen<br />
berufsqualifizierenden Maßnahme durch einen Bildungsträger.Die<br />
"Muskelhypothek" der Geflüchteten<br />
belief sich insgesamt auf über 5.000 Stunden.<br />
Die Teilnahme von Geflüchteten bei den Projekten<br />
war aus weiteren Gründen relativ gering. Das ursprüngliche<br />
Ziel, den Geflüchteten eine offizielle Berufsqualifizierung<br />
in Aussicht zu stellen konnte nicht<br />
erreicht werden, da keine Beschäftigung in einem<br />
Betrieb oder einer Bildungseinrichtung vorlag. In Nieheim<br />
konnte im Verlauf des Projektes eine Aufwandsentschädigung<br />
von 1,50€ bezahlt werden. Hingegen<br />
in Altena wurde eine Aufwandsentschädigung von<br />
Einbezug der Zivilgesellschaft<br />
In Altena sollten ursprünglich Ehrenamtliche die bauliche<br />
Betreuung des Projektes übernehmen. Das ist<br />
nicht gelungen, da die vielen engagierten Personen<br />
bereits mit sozialen Hilfeleistungen ausgelastet sind<br />
und sich die Motivation meistens eher auf Einzelfälle<br />
bezieht als auf körperliche Arbeit. Ehrenamtliche<br />
Helfer werden vor allem bei der Nutzung des Hauses
elevant, da es bereits bei vielen bestehenden Projekten,<br />
Gruppen und Kursen beliebt ist. Um ein Konkurrenzdenken<br />
zwischen existierenden starken Strukturen<br />
und dem Projekt zu verhindern, wird in Altena auf<br />
den Aufbau eines Vereins verzichtet.<br />
Auch in Nieheim hat die Einbindung des Ehrenamts<br />
in den Umbau, trotz großen Engagements in der Bevölkerung<br />
nicht in erhofftem Maße funktioniert. Neue<br />
Ehrenamtliche Helfer*innen konnten hier durch die<br />
Kooperation mit der Hochschule gewonnen werden.<br />
Eine wichtige übergreifende Erkenntnis ist, falls wichtige<br />
bauliche oder soziale Aufgaben nicht von Ehrenamtlichen<br />
übernommen werden, müssten Hauptamtliche<br />
mit entsprechenden fachlichen Hintergründen<br />
im Projekt eingestellt werden, die die Geflüchteten<br />
konkret beraten können.<br />
Berichterstattung in der Presse<br />
Die Berichterstattung ist ein wichtiger Faktor um Akzeptanz<br />
für das Projekt in der Stadtgesellschaft zu<br />
fördern. Eine frühe Einbindung ist hier förderlich.<br />
In Altena gab es einen klaren Unterschied zwischen<br />
(über-)regionaler und Lokalpresse, da die überregionalen<br />
Beiträge vor allem durch Preise und allgemeine<br />
Berichte über die Integrationsarbeit in Altena<br />
geprägt waren und daher entsprechend positiver<br />
ausfielen als die persönlich geprägte Berichterstattung<br />
der Lokalreporter.<br />
In Nieheim ist die Lokal- sowie Fachpresse vor allem<br />
an der Zusammenarbeit von Geflüchteten und Studierenden<br />
sowie am Potenzial des Zuzugs für den<br />
ländlichen Raum interessiert. Die Reaktionen waren,<br />
außer in den sozialen Medien, insgesamt positiv. Aufmerksamkeit<br />
erhielt Nieheim auch durch das Projekt<br />
„making heimat“ auf der internationalen Architekturausstellung<br />
in Venedig.<br />
Wahrnehmung durch die Stadtgesellschaft<br />
Im Verlaufe des Projektes wurde deutlich, dass die<br />
Projektarbeit und vor allem der Einsatz von Fördergeldern<br />
zur Errichtung von Infrastrukturen für Geflüchtete<br />
ein brisantes Thema ist. In Altena sowie in<br />
Nieheim überwogen zu Anfang Skepsis, Vorurteile<br />
und Kritik vor allem aus der direkten Nachbarschaft.<br />
Das Bild hat sich in Nieheim mittlerweile zu Unterstützung<br />
und Interesse gewandelt, doch das Engagement<br />
durch Nieheimer*innen ist immer noch gering.<br />
Die Einladung an die Nachbarschaft auf die Baustelle<br />
oder zu einer Informationsveranstaltung zu Projektbeginn<br />
zu kommen hat sich positiv auf die Wahrnehmung<br />
der Bürger*innen ausgewirkt. Die Einsehbarkeit<br />
des Projektes trägt positiv zur Kommunikation<br />
nach außen bei und weckt besonders bei Gästen der<br />
Stadt Interesse.<br />
In Altena besteht insgesamt wenig Interesse am Projekt.<br />
Mittlerweile wird vor allem hinterfragt, warum<br />
das Haus angeblich kaum genutzt werde. Dabei gibt<br />
es derzeit viele Nutzungsanfragen von Vereinen und<br />
Gruppen. Um Vorurteile einzudämmen sollten Stadtgesellschaft<br />
und Presse von Beginn an umfassend über<br />
das Projekt informiert und daran beteiligt werden.<br />
Rolle der Technischen Hochschule OWL<br />
Die Studierenden haben zum Teil körperliche Arbeiten<br />
übernommen und waren eine Unterstützung und<br />
eine Art „geistige Hypothek“ neben der Muskelhypothek.<br />
Von Seiten der Studierenden wurden die<br />
Themen „baukulturelle Bedeutung von Leerstand in<br />
ländlichen Räumen“, „Fluchtzuwanderung als Chance<br />
für Wachstum und Arbeitsmarktentwicklung“, Bestandsanalysen,<br />
Innenraumgestaltung, Evaluation<br />
aber auch Entwürfe und Konzepte in verschiedenen<br />
Phasen des Projektes durch Seminare und Wahlpflichtfächer<br />
behandelt.<br />
Engere Beziehungen zwischen Studierenden und Geflüchteten<br />
sind auf Grund der weiten Distanzen und<br />
fehlender Kontinuität nicht entstanden, im Gegensatz<br />
zu Freundschaften zwischen den Geflüchteten.<br />
Alles in allem summieren sich die "Muskel- und geistige<br />
Hypothek" auf über 6.500 Stunden.<br />
Etablierung langfristiger Nutzungsstrukturen<br />
Die Nutzung der Gebäude nach Fertigstellung der<br />
Baumaßnahmen ist ein wichtiges Thema, das frühzeitig<br />
mitgedacht werden sollte. Auch der weitere<br />
Betrieb und die Verwaltung ist noch unklar. Bis das<br />
Haus in Nieheim nach 10 Jahren wieder ins Eigentum<br />
der Erbengemeinschaft übergeht, gibt es Überlegungen<br />
aus dem Verein heraus einen Hausmeister mit<br />
der Verwaltung zu betrauen. In Altena wurden auch<br />
städtische Nutzungen, wie das Touristeninformationsbüro<br />
und eine Sprechstunde des Integrationsbüros<br />
im Haus untergebracht.<br />
Die Funktion als Begegnungsort unterschiedlicher<br />
Bevölkerungsgruppen ist in Altena noch nicht gegeben.<br />
Es gestaltet sich schwierig Formate für Alt-Bürger<br />
und Neu-Bürger gleichermaßen zu finden und der<br />
Mangel an freiwilligen Verantwortlichen erschwert<br />
den Betrieb als offenen Raum. Aufgrund der starken<br />
Vereinskultur in Nieheim kann hier eine sinnvolle Nutzung<br />
voraussichtlich gut organisiert werden.<br />
Die Studierenden der Hochschule OWL haben sich mit<br />
der Frage der zukünftigen Nutzung in Nieheim nach<br />
Fertigstellung beschäftigt. Vor allem die Werkstatt<br />
erregt viel Interesse, daher ist eine Nutzung als Textilwerkstatt<br />
und Kleiderkammer denkbar und vor allem<br />
Angebote für Frauen und Mädchen nicht unwahrscheinlich.<br />
Die erfolgte Evaluation beider Pilotprojekte bietet die<br />
Möglichkeit Erfahrungen an zukünftige Projekte ähnlicher<br />
Art zu kommunizieren und auch konkrete Hinweise<br />
bezüglich der handwerklichen Umsetzung und<br />
Möglichkeiten zur Weiternutzung der vorhandenen<br />
Geräte zusammenzustellen.<br />
141<br />
ZUSAMMENFASSUNG
Vectorworks Educational Version<br />
Vectorworks Educational Version<br />
Prof. Oliver Hall, Martina Nering<br />
142<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Teilnahme beim Deutschen Landbaukulturpreis<br />
Heimatwerker.NRW Nieheim<br />
Das Modellprojekt Heimatwerker.NRW wurde von der Stadt Nieheim und den<br />
Projektpartnern im Jahr <strong>2020</strong> als Beitrag zum Deutschen Landbaukulturpreis<br />
eingereicht. Das Ergebnis der Jurysitzung stand zum Zeitpunkt dieses Artikels<br />
noch aus. Die Einreichung umfasst einen Bericht über den Projektverlauf von<br />
Anlass und Zielsetzung bis zur Fertigstellung.<br />
Luftbild Nieheim<br />
Quelle: https://www.hso-nrw.de/Bilder/Bilderpool/denkmal_des_Monats/Gross/denkmal_des_Monats-pi-x-el-237096722.jpg<br />
Anlass und Zielsetzung<br />
Nieheim ist eine kleine Stadt in Ostwestfalen. Ihre<br />
gerade mal rund 6000 Köpfe zählende Bürgerschaft<br />
lebt in einer reizvollen, weitgehend unberührten<br />
Hügellandschaft zwischen Weser und Eggegebirge.<br />
Abwanderung, Leerstand und zerfallende Fachwerkgebäude<br />
sind keine unbekannten Phänomene im<br />
hübschen, noch immer mittelalterlich strukturierten<br />
Ortszentrum. Hier und in vielen weiteren pittoresken<br />
Altstädten landauf landab gibt es immer mehr<br />
dieser leerstehenden Häuser, die das Stadtbild trüben.<br />
Das hier vorgestellte Gebäude ist eines jener<br />
Ortsbild prägenden Ackerbürgerhäuser, die nur<br />
noch schwierig zu nutzen sind, da kaum noch Äcker<br />
bestellende Bürger in den Städten leben, diese aber<br />
als Einfamilienhaus viel zu groß sind und demzufolge<br />
ungenutzt leer stehen.<br />
Als 2015 mit dem Flüchtlingsstrom die Kommunen<br />
Unterbringungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten<br />
für Migranten suchten entstand die Idee zu dem Modellprojekt<br />
Heimatwerker.NRW: Das leerstehende<br />
Ackerbürgerhaus im historischen Ortskern wurde<br />
mit vereinten Kräften von Geflüchteten, Studierenden<br />
der Technischen Hochschule OWL und Anwohnern<br />
saniert. Während des Umbaus der Immobilie<br />
erwarben die Projektteilnehmer*innen auf der Baustelle<br />
und in begleitenden Kursen handwerkliche<br />
Kenntnisse, die z.B. für die Qualifizierung im Bau-
143<br />
Ansicht Süden M 1:100<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Heimatwerker.NRW ist somit ein Pilotprojekt zur Integration<br />
von Flüchtlingen auf dem Land, aber auch<br />
zur Bekämpfung des teilweise stadtbildprägenden<br />
Leerstands in historischen Ortskernen. Das betrifft<br />
v.a. die sog. Ackerbürgerhäuser, die ehemals multifunktional<br />
genutzt wurden zum Wohnen, zur Unterbringung<br />
von Vieh und Lagern von Heu. Dieser<br />
Archetyp findet sich tausendfach in deutschen Kleinstädten,<br />
meist aber als Leerstand. Das Pilotprojekt<br />
zeigt, dass mit der Gemeinbedarfsnutzung nicht nur<br />
das Gebäude sinnvoll revitalisiert wird, sondern als<br />
öffentlicher „dritter“ Ort auch eine Vitalisierung des<br />
historischen Stadtkerns der ehemaligen Ackerbürgerstadt<br />
einhergeht.<br />
Historischer Ortskern Nieheim / Heimatwerker (rot)<br />
gewerbe nützlich sind. Bei der Umsetzung wurden<br />
sie fachkundig durch Architekten und Bauleiter mit<br />
sozialer Kompetenz angeleitet.<br />
Nach Fertigstellung des Umbaus wird das offene<br />
Haus nun von allen Bewohner*innen der Stadt Nieheim<br />
weiterhin für handwerkliche und kreative Tätigkeiten<br />
sowie für andere gemeinschaftliche Zwecke<br />
genutzt. Es entstand ein Begegnungsort der<br />
Kulturen, im Erdgeschoss ein Raum für Sprachkurse,<br />
eine Gemeinschaftsküche, im rückwärtigen ehemaligen<br />
Stall eine Caritas Kleiderstube mit Textilwerkstatt,<br />
im niedrigen Zwischengeschoss eine Bibliothek,<br />
ein Mädchenzimmer und Lagerräume, in den<br />
Garagen eine Lehr- und Fahrradwerkstatt, der Hof<br />
und Garten werden für Veranstaltungen, zum Werken<br />
und zur Selbstversorgung genutzt. Der Betrieb<br />
wird durch die Caritas Kleiderstube, die AWO Beratungsstelle,<br />
und demnächst die VHS sichergestellt.<br />
Die Hochschule nutzt das Haus für regelmäßige interkulturelle<br />
Veranstaltungen und Seminare.<br />
Das Projekt ist ein integratives Real-Labor: gemeinsam<br />
mit Studierenden und Anwohnern entwickelten<br />
und bauten die Geflüchteten einen Ort, der später<br />
einmal ihre Heimat werden könnte, deshalb der Projektname<br />
„Heimatwerker“.<br />
Der Materialeinsatz war geprägt von Sparsamkeit,<br />
Nachhaltigkeit, einfacher Handhabung für Laien,<br />
aber auch von baubiologischen Produkten, wie<br />
Lehmputz und Holz. Notwendige Ertüchtigungen<br />
des Fachwerks werden offen gezeigt, wie die aussteifende<br />
Stahlkonstruktion mit Brücke in der Diele.<br />
Fertigstellung<br />
Projektpartner der „Heimatwerker Nieheim“ sind<br />
die Stadt Nieheim, die Technische Hochschule OWL<br />
mit ihrem Forschungsschwerpunkt <strong>urbanLab</strong> und<br />
Konzeptmerkmale<br />
Fotos © Copyright 2017 - StadtBauKultur NRW e.V.<br />
Fotograf: Sebastian Becker
VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION<br />
144<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
die Landesinitiative StadtBauKultur NRW (heute<br />
Baukultur Nordrhein-Westfalen), sowie Dr. Holger<br />
Pump Uhlmann und die bauleitenden Architekten<br />
Friedhelm Dütting und Roman Läsker.<br />
Das Konzept wurde in einer Projektwoche im Jahr<br />
2016 partizipativ entwickelt, an der rund 50 Personen<br />
mitwirkten, Geflüchtete, Studierende, Schüler,<br />
ehrenamtlich aktive Nieheimer. Die Technische<br />
Hochschule OWL nahm mit insgesamt 9 Lehrgebieten<br />
an den Planungs- und Sanierungsarbeiten teil,<br />
koordiniert vom Forschungsschwerpunkt <strong>urbanLab</strong>.<br />
Beteiligt waren Studierende der Architektur, Innenarchitektur,<br />
Stadtplanung und Bauingenieurwesen,<br />
die als „Heimatwerker“ Ideen einbrachten, Pläne<br />
zeichneten, Praxiserfahrung sammelten und an den<br />
Forschungsarbeiten mitwirkten.<br />
Wichtigster Bestandteil des Projektes war die Qualifizierung<br />
von Geflüchteten, die in interkulturellen<br />
Workshops mit Studierenden und Nachbarn bereits<br />
an der Planung mitwirkten und danach als Baustellenhilfen<br />
tätig waren. Für die Durchführung der<br />
Bauarbeiten wurden zwei mit der Sanierung von<br />
Garten<br />
Stall/<br />
Kleiderstube<br />
Garage/Werkstatt<br />
WC<br />
WC<br />
Hof/ Veranstaltungen<br />
Küche<br />
Stube/<br />
Beratungsbüro<br />
Diele/ Saal<br />
Parken<br />
Lüttgestraße<br />
Grundriss Erdgeschoss o.M.
historischen Bauwerken und in der Anleitung von<br />
handwerklichem Nachwuchs erfahrene Architekten<br />
beauftragt, unterstützt von einem Bauleiter, der als<br />
Handwerksmeister mit Fachkenntnissen und durch<br />
seinen eigenen Migrationshintergrund mit den Kulturen<br />
der beteiligten Geflüchteten vertraut war und<br />
somit den sozialen Herausforderungen auf der Baustelle<br />
begegnen konnte.<br />
145<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Fotos © Copyright 2017 - StadtBauKultur NRW e.V.<br />
Fotograf: Sebastian Becker<br />
Schnitt C-C M 1:100<br />
Ansicht Osten M 1:100<br />
Dütting & Läsker Architekturbüro/ Detmold
146<br />
ZUSAMMENFASSUNG
147<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Fotos © Copyright 2017 - StadtBauKultur NRW e.V. , Fotograf: Sebastian Becker
148<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Mit Eröffnung am 16.10.2019 durch die Regierungspräsidentin<br />
Marianne Thomann-Stahl wurden die<br />
Bauarbeiten fertiggestellt. Das Pilotprojekt der Gemeinbedarfsnutzung<br />
hat eine Gesamtlaufzeit von 10<br />
Jahren und soll bei Erfolg auch auf andere Kommunen<br />
übertragen werden.<br />
Es ist weniger der fertige Bau, sondern vielmehr der<br />
Weg des gemeinschaftlich angelegten Handelns das<br />
eigentliche Ziel des Projekts gewesen. Neben der<br />
Stadtbildpflege mit einem wieder strahlenden und<br />
belebten Haus liefert das Prozesshafte mit den zahlreichen<br />
Beteiligten die eigentlich wichtigen Erkenntnisse.<br />
Fotos © Copyright 2017 - StadtBauKultur NRW e.V. ,Fotograf: Sebastian Becker<br />
Weitere Informationen auf https://heimatwerker.nrw
149<br />
ZUSAMMENFASSUNG
IMPRESSUM<br />
150<br />
IMPRESSUM<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
KONFERENZEN & FORTBILDUNGEN<br />
MACHBARKEITSSTUDIEN<br />
MAGAZIN & VERÖFFENTLICHUNGEN<br />
REALLABORE<br />
WETTBEWERBE<br />
Besuchen Sie unsere Website:<br />
www.th-owl.de/urbanlab<br />
Beteiligte Lehrgebiete<br />
Herausgeberin<br />
Stadtplanung & städtebauliches Entwerfen<br />
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall<br />
Verena von Ohlen , Sandra Marin, Laura Sportelli<br />
Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe<br />
Forschungsschwerpunkt <strong>urbanLab</strong><br />
Emilienstraße 45, D-32756 Detmold<br />
Landschaftsarchitektur & Entwerfen<br />
Prof.'in Dipl.-Ing.'in Kathrin Volk<br />
CAAD | Computer Aided Architectural Design<br />
Prof. Dipl.-Ing. Hans Sachs<br />
<strong>urbanLab</strong>@th-owl.de - www.th-owl.de/urbanlab<br />
Verantwortlich (<strong>Magazin</strong>)<br />
Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall<br />
Johanna Julia Dorf (Projektleitung Wissenstransfer)<br />
Planungsbezogene Soziologie, Planungstheorie<br />
und -Methodik<br />
Prof. Dr. rer. pol. Reiner Staubach<br />
Bauphysik<br />
Prof.'in Dr. Dipl.-Ing'in Susanne Schwickert<br />
Studentische Redaktion, Layout & Grafik<br />
Verena von Ohlen, Sandra Marin, Laura Sportelli<br />
Abbildungen<br />
Die Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet,<br />
Eigentum der jeweiligen Verfasser. Cover: Linda Bögelein<br />
Kontextuelles Entwerfen<br />
Prof. ir. Michel Melenhorst<br />
Möbelentwicklung<br />
Prof.'in Iris Baum<br />
Entwerfen von Räumen und Einrichtungen,<br />
Schwerpunkt Wohnen<br />
Prof.'in Dipl.-Ing.'in Sandra Bruns<br />
Detmolder Campus Agentur<br />
M.A. Ricarda Jacobi, M.A. Eva Bartenbach<br />
Hinweis<br />
Einige Artikel in diesem <strong>Magazin</strong> verwenden das generische<br />
Maskulin und verzichten auf eine gendergerechte<br />
Schreibweise. Wir möchten betonen, dass mit Begriffen im<br />
generischen Maskulin gleichermaßen männliche, weibliche<br />
und diverse Personen gemeint sind.<br />
Projektpartner
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26.03.18 11:27<br />
MEHR VON UNS:<br />
Kein <strong>Magazin</strong><br />
X mehr verpassen.<br />
FACHZEITSCHRIFT FÜR STADT- & REGIONALPLANUNG<br />
Ausgabe 03 | März 2018<br />
MAGAZIN<br />
FACHZEITSCHRIFT FÜR STADT- & REGIONALPLANUNG<br />
Ausgabe 04 | September 2018<br />
MAGAZIN<br />
Was ist<br />
Heimat?<br />
Ministerin<br />
Ina Scharrenbach<br />
MHKBG NRW<br />
Heimat<br />
gestalten<br />
Ministerin<br />
Neue »Heimat«?<br />
Prof. Dr. Klaus Selle<br />
Ina Scharrenbach<br />
MHKBG NRW<br />
Das Dorf<br />
von Morgen<br />
Gerhard Matzig<br />
Süddeutsche Zeitung<br />
Gemeinsinn,<br />
Verantwortung,<br />
Heimat<br />
Dr. Gregor Gysi<br />
Web:<br />
3 MAGAZIN Regionale Netzwerke<br />
Das Neue<br />
UrbanLand<br />
REGIONALE 2022<br />
Interview mit der<br />
OWL GmbH und<br />
Urban Catalyst<br />
Print:<br />
Web:<br />
REGIONALE NETZWERKE<br />
Das <strong>urbanLab</strong> ist ein Forschungsschwerpunkt der Fachbereiche<br />
WACHSTUM.<br />
1 (Detmolder Schule für Architektur<br />
KOOPERATION.<br />
und Innenarchitektur), 3<br />
TRANSFORMATION.<br />
(Bauingenieurwesen) und 9 (Landschaftsarchitektur und Umweltplanung)<br />
der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. in der Region - Dokumentation des internationalen<br />
Neue Wohnraumangebote<br />
NRW.BANK Studierendenwettbewerbs und des dazugehörigen NRW.Symposiums 2017<br />
4 MAGAZIN Heimat planen<br />
HEIMAT PLANEN<br />
IDENTIFIKATION. PARTIZIPATION. INTEGRATION<br />
Dokumentation der 13. Bielefelder Stadtentwicklungstage und des 11. Regionalen Salons<br />
FACHZEITSCHRIFT FÜR STADT- & REGIONALPLANUNG<br />
AUSGABE 05 | SEPTEMBER 2019<br />
MAGAZIN<br />
STADT & LAND. Kein Platz mehr?<br />
Barbara Ettinger-Brinckmann<br />
STRUKTUREN & AKTEURE. Wege zum<br />
bezahlbaren Bauen und Wohnen<br />
Eva Stelzner<br />
ZUKUNFTSVISION. Stadt Land Quartier<br />
Erkenntnisse aus dem Wettbewerb<br />
Prof. Oliver Hall, Marcel Cardinali<br />
STADT LAND QUARTIER<br />
ZWISCHEN REALITÄT UND ZUKUNFTSVISION<br />
Mit Dokumentation des Studierendenwettbewerbs Stadt Land Quartier in Kooperation mit der<br />
Wohnungswirtschaft Ostwestfalen-Lippe und des 14. Bielefelder Kongress für Stadtentwicklung<br />
Erfolgreiche metropolenferne<br />
Regionen<br />
PROF. DR. CARL-HANS HAUPTMEYER<br />
Das Comeback der Provinz<br />
DR. DANIEL DETTLING<br />
Wie Höxter die<br />
Landesgartenschau 2023 plant<br />
CLAUDIA KOCH<br />
MEHR ALS PROVINZ<br />
Besondere Stadtentwicklung in<br />
Klein- und Mittelstädten<br />
Ausgabe 06 ISSN 2566-8900<br />
<strong>2020</strong>