urbanLab Magazin IMPULSE 08/2020 - Heimatwerker*innen
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Prof. Dipl.-Ing. Oliver Hall, Verena von Ohlen<br />
Potenziale und Herausforderungen in Nieheim<br />
Stadtforschung<br />
Die Studierenden des Bachelorstudiengangs Stadtplanung haben sich im Modul<br />
Stadtforschung mit der Stadtstruktur Nieheims beschäftigt.<br />
Anlass<br />
Die ausgesuchte Kleinstadt Nieheim sieht sich seit einem<br />
längeren Zeitraum mit einem Bevölkerungsrückgang<br />
konfrontiert, der neben der demografischen Entwicklung<br />
auch durch Wanderungsverluste begründet<br />
ist. Belastbare Prognosen zeigen auf, dass sich diese<br />
Entwicklung auch in der Zukunft fortsetzen wird,<br />
wenn die Stadt nicht aktiv entgegensteuert.<br />
Im Zentrum der stadtplanerischen Bemühungen der<br />
letzten Jahre steht die Stabilisierung der historischen<br />
Ortskerne. Die Städte möchten daher Neubürger in<br />
ihrer Mitte begrüßen und sie in ihr vielfältiges gesellschaftliches<br />
Leben einbinden. Periphere Gebiete und<br />
Kleinstädte sind seit Jahren stärker vom demografischen<br />
Wandel betroffen als Mittelstädte, somit können<br />
die vielen (jungen) Flüchtlinge eine Chance für<br />
die peripheren Lagen und Kleinstädte darstellen. Einerseits<br />
um Menschen zu helfen und ihnen eine neue<br />
Lebensperspektive zu geben und andererseits sie als<br />
Neubürger zu gewinnen, um so auf die mit dem demografischen<br />
Wandel verbundenen Probleme angemessen<br />
und erfolgreich zu reagieren.<br />
Voraussetzung für die Ausschöpfung der Potentiale,<br />
die von den Flüchtlingen ausgehen, ist deren dauerhafte<br />
Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft.<br />
Hierfür sind tragfähige, durchdachte und passgenaue<br />
Konzepte erforderlich, die die Teilhabechancen der<br />
Flüchtlinge fördern.<br />
Ein besonderer Gewinn für die Städte würde darin<br />
bestehen, leerstehende, stadtbildprägende Gebäude<br />
zu erhalten und im Zuge der Integration von Flüchtlingen<br />
mit neuen Nutzungen belegen zu können. Für ein<br />
solches Pilotprojekt, „Heimatwerker“, hat die Stadt<br />
Nieheim erst kürzlich in Kooperation mit der Hochschule<br />
OWL und der Landesinitiative StadtBauKultur<br />
NRW eine Förderung zugesagt bekommen, was u.a.<br />
Anlass für diese Übungsaufgabe ist.<br />
Die Flüchtlinge und die Attraktivität Nieheims ist Anlass<br />
der Übungsaufgabe. Welche Voraussetzungen<br />
müssen geschaffen werden, um Flüchtlinge dauerhaft<br />
als Dorfbewohner zu gewinnen?<br />
Das Leben im ländlichen Raum hat trotz der strukturellen<br />
Probleme und Veränderungsprozesse viele<br />
Vorzüge gegenüber der Stadt, beispielsweise<br />
aufgrund seiner engen Sozialstruktur und gesunden<br />
Lebensbedingungen für den Einzelnen und für die<br />
Erhaltungsfunktion der Daseinsvorsorge. Ländliche<br />
Kommunen müssen die Stärke der Attraktivitätsund<br />
Qualitätskriterien sichtbar werden lassen. Einige<br />
Kommunen haben das Potential das von den Flüchtlingen<br />
ausgeht bereits erkannt, wie Nieheim mit dem<br />
Projekt Heimatwerker. Doch ist Nieheim als Bleibe für<br />
die Flüchtlinge attraktiv? Wie viel ist von der „notwendigen“<br />
Infrastruktur vorhanden?<br />
Aufgabenstellung<br />
Die Aufgabe im Modul Stadtforschung diente dazu,<br />
die Stadtstruktur Nieheims zu analysieren. In der<br />
ersten Übung ging es zunächst um das Dechiffrieren<br />
und Verstehen der Nieheimer Stadtstrukturen<br />
und -angebote. Gearbeitet wurde mit intuitiver<br />
Wahrnehmung vor Ort, aber auch mit einer analytischen<br />
Beschreibung des städtischen Angebots in<br />
Form von Karten und Diagrammen, in denen durch<br />
bewusstes Weglassen von Details bzw. durch eine<br />
vereinfachte, interpretierende oder überzeichnende<br />
Darstellung die wesentlichen Strukturen sichtbar<br />
gemacht wurden. Der Fokus lag dabei auf der<br />
Beschaffenheit und den Angeboten der Stadt für<br />
die Einwohner und besonders für die Flüchtlinge.<br />
Im 2. Übungsteil ging es um ein Konzept zur Weiterentwicklung<br />
der Stadt Nieheim. Wie kann man mit<br />
den im 1. Übungsteil gefundenen Potentialen und<br />
Mängeln umgehen? Offensichtlich ist die Stadt bei<br />
den Einheimischen und den Flüchtlingen nicht als<br />
dauerhafte Bleibeperspektive angesehen, welches<br />
durch die Schrumpfung signalisiert wird.<br />
Aufgabe im zweiten Übungsteil war es, alle recherchierten<br />
Defizite mit einem Nutzungs-Programm zur<br />
Attraktivitätssteigerung als Bleibeperspektive für<br />
die Flüchtlinge zu entwickeln. Die Flüchtlinge sind<br />
zunächst noch temporäre und später erhoffte dauerhafte<br />
Einwohner der Altstadt. Es geht um die Darstellung<br />
und Bewertung dieses Szenarios und der<br />
möglichen Auswirkungen auf das Stadtbild. Hierbei<br />
spielt das Potential der Region als Ganzes, also auch<br />
die Landschaft drum herum und benachbarte Städte<br />
eine große Rolle.<br />
15<br />
KONZEPTIONELLE PHASE