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Beim Aktionstag zum ACTA-Abkommen stehen die vier Buchstaben vor <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>skanzleramt.<br />
Hellhörig gewor<strong>de</strong>n sind die Parteien.<br />
Grüne, Linke und Piraten zeigen auf <strong>de</strong>r Berliner<br />
Demo ihre Fahnen. Dort spricht sich <strong>de</strong>r<br />
Grünen-Bun<strong>de</strong>stagsabgeordnete Christian<br />
Ströbele für das Mo<strong>de</strong>ll einer Kultur-Flatrate<br />
aus: Die Urheber geistiger Werke sollen Geld<br />
aus einem großen Topf bekommen, in das<br />
alle Internet-Nutzer einzahlen, etwa über<br />
eine Pauschalabgabe zum Internet-Zugang,<br />
die über die Provi<strong>de</strong>r erhoben wer<strong>de</strong>n<br />
könnte.<br />
Der netzpolitische Sprecher <strong>de</strong>r Grünen,<br />
Malte Spitz, sieht in <strong>de</strong>r großen Beteiligung<br />
an <strong>de</strong>n Protesten ein Zeichen für grundlegen<strong>de</strong><br />
Verän<strong>de</strong>rungen: «Wir sind mitten drin<br />
im Wan<strong>de</strong>l unserer politischen Kultur.» Die<br />
Demonstrationen seien nicht Ausdruck abstrakter<br />
Ängste, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Sorge um konkrete<br />
Folgen <strong>de</strong>r Politik. «Dass diese<br />
erfolgreichen Proteste innerhalb von zwei<br />
Wochen kollaborativ im Internet vorbereitet<br />
und beworben wur<strong>de</strong>n, zeigt die Be<strong>de</strong>utung<br />
und Möglichkeiten <strong>de</strong>s Internets für unser <strong>de</strong>mokratisches<br />
Zusammenleben.» Diesem<br />
Wan<strong>de</strong>l dürften sich Politiker und Parteien<br />
nicht verschließen.<br />
Auch in München, Düsseldorf, Stuttgart und<br />
vielen weiteren Städten hüpfen die Demonstranten<br />
gegen ACTA und gegen die Kälte an<br />
- zur selben Zeit gehen auch in an<strong>de</strong>ren europäischen<br />
Län<strong>de</strong>rn Internet-Nutzer auf die<br />
Straße, vernetzen sich über Twitter mit <strong>de</strong>n<br />
Gleichgesinnten in Deutschland. Netzaktivisten<br />
wie Beckedahl erwarten: «Die Proteste,<br />
wie wir sie gera<strong>de</strong> sehen, sind sicher erst <strong>de</strong>r<br />
Anfang, wenn die Politik nicht eine bessere<br />
Netzpolitik macht.»<br />
30 DAS BEHÖRDENMAGAZIN April/2012<br />
Be<strong>de</strong>nken gegen ACTA-Abkommen:<br />
Deutschland setzt Unterschrift aus<br />
Seit Wochen wächst die Protestwelle gegen<br />
das ACTA-Abkommen. Jetzt legte Deutschland<br />
die Unterzeichnung <strong>de</strong>s umstrittenen<br />
Vertrags zur Durchsetzung von Urheberrechten<br />
vorerst auf Eis.<br />
Berlin (dpa) - Deutschland wird das umstrittene<br />
ACTA-Abkommen zum internationalen<br />
Urheberrecht vorerst nicht unterzeichnen. Die<br />
zuständige Bun<strong>de</strong>sjustizministerin Sabine<br />
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) habe Be<strong>de</strong>nken<br />
angemel<strong>de</strong>t, sagte am Freitag ein Sprecher<br />
<strong>de</strong>s Auswärtigen Amts. Eine Entscheidung<br />
in <strong>de</strong>r Sache sei damit aber nicht verbun<strong>de</strong>n.<br />
Die Gegner <strong>de</strong>s umstrittenen Vertrags, unter<br />
ihnen die Grünen, die Linke und die Piratenpartei,<br />
begrüßten die Entscheidung als einen<br />
ersten Erfolg. Der Bun<strong>de</strong>sverband <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Industrie (BDI) kritisierte sie hingegen.<br />
«Es ist notwendig und geboten, dass alle<br />
Fakten auf <strong>de</strong>m Tisch liegen», for<strong>de</strong>rte Leutheusser-Schnarrenberger.<br />
Jetzt müsse sich<br />
das Europaparlament mit <strong>de</strong>m Abkommen<br />
befassen und «entschei<strong>de</strong>n, ob es ACTA will<br />
o<strong>de</strong>r nicht will».<br />
Der auf Initiative <strong>de</strong>r USA und Japans ausgehan<strong>de</strong>lte<br />
Vertrag regelt unter an<strong>de</strong>rem die<br />
«Durchsetzung von Rechten <strong>de</strong>s geistigen Eigentums<br />
im digitalen Umfeld». Kritiker sehen<br />
darin hingegen eine Einschränkung von Freiheitsrechten<br />
im Internet.<br />
Das Anti-Counterfeiting Tra<strong>de</strong> Agreement<br />
(Han<strong>de</strong>lsabkommen zur Abwehr von Fälschun-<br />
gen) wur<strong>de</strong> am 26. Januar von <strong>de</strong>r EU sowie<br />
von 22 <strong>de</strong>r 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet.<br />
Deutschland habe <strong>de</strong>n Vertrag nur «aus formalen<br />
Grün<strong>de</strong>n» noch nicht mit unterzeichnet,<br />
die fehlen<strong>de</strong> Unterschrift wer<strong>de</strong> «in Kürze»<br />
nachgeholt, hieß es daraufhin im Auswärtigen<br />
Amt. Eine bereits erteilte Weisung für die Unterschrift<br />
unter das Vertragswerk wur<strong>de</strong> nach<br />
Informationen <strong>de</strong>r Nachrichtenagentur dpa<br />
wie<strong>de</strong>r zurückgezogen.<br />
«Wir begrüßen es, dass die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
zurückru<strong>de</strong>rt und ACTA vorerst nicht unterzeichnen<br />
wird», hieß es in einer<br />
schriftlichen Erklärung <strong>de</strong>r Grünen. Jetzt<br />
müsse das Europaparlament die Ratifizierung<br />
verhin<strong>de</strong>rn und ACTA endgültig zu Fall bringen,<br />
for<strong>de</strong>rten Parteichefin Claudia Roth und<br />
<strong>de</strong>r netzpolitische Sprecher Malte Spitz. Die<br />
Grünen hielten daher an ihrem Aufruf zu europaweiten<br />
Protesten am Samstag fest.<br />
Be<strong>de</strong>nken wur<strong>de</strong>n auch innerhalb <strong>de</strong>r FDP<br />
laut. Deren Abgeordneter Manuel Höferlin erklärte:<br />
«Die Verhandlungspartner <strong>de</strong>s Abkommens,<br />
unter an<strong>de</strong>rem die EU-Kommission,<br />
müssen sich vorwerfen lassen, dass sie die<br />
aktuellen Proteste durch ihre sehr intransparente<br />
Verhandlungsweise selbst ausgelöst<br />
haben.» Hingegen sprach <strong>de</strong>r Hauptgeschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Industrie (BDI), Markus Kerber, von<br />
einer «Rolle rückwärts», die <strong>de</strong>m Innovationsstandort<br />
Deutschland scha<strong>de</strong> und ein fatales<br />
Signal nach Brüssel sen<strong>de</strong>.<br />
Die Veranstalter <strong>de</strong>r Anti-ACTA-Demonstrationen<br />
am Samstag, zu <strong>de</strong>nen auch die Piratenpartei<br />
gehört, erwarten mehrere<br />
zehntausend Teilnehmer in insgesamt 60<br />
<strong>de</strong>utschen Städten. Weltweit rechne man mit<br />
150 000 bis 200 000 Teilnehmern, teilte <strong>de</strong>r<br />
internationale Koordinator <strong>de</strong>r Kampagne<br />
«Stopp ACTA», Sebastian Radtke, am Freitag<br />
<strong>de</strong>r Nachrichtenagentur dpa mit.<br />
Der ACTA-Vertrag sieht unter an<strong>de</strong>rem vor,<br />
dass Internet-Provi<strong>de</strong>r Daten wie die IP-<br />
Adresse herausrücken sollen, um bei Verstößen<br />
gegen das Urheberrecht eine<br />
I<strong>de</strong>ntifizierung von Personen zu ermöglichen.<br />
Inhaber von Urheberrechten können dann<br />
ihre Ansprüche juristisch durchsetzen. Bun<strong>de</strong>sjustizministerinLeutheusser-Schnarrenberger<br />
erklärte hingegen: «Internetprovi<strong>de</strong>r<br />
sind keine Hilfssheriffs.»<br />
Auch in an<strong>de</strong>ren EU-Län<strong>de</strong>rn nahmen in <strong>de</strong>n<br />
vergangenen Tagen die Be<strong>de</strong>nken zu. In<br />
Polen, Tschechien und Lettland wur<strong>de</strong> die Ratifizierung<br />
<strong>de</strong>s Vertrags nach heftigen Protes-