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Unabhängig von <strong>de</strong>r juristischen Legitimität<br />
<strong>de</strong>s Vorgehens <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverkehrsministeriums<br />
sollte jedoch in <strong>de</strong>r öffentlichen Diskussion<br />
um <strong>de</strong>n Einsatz von Gigalinern eine<br />
neutrale Abwägung <strong>de</strong>r Argumente im Mittelpunkt<br />
stehen.<br />
Durch die Einführung <strong>de</strong>r Gigaliner soll die<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Straßeninfrastruktur effizienter<br />
genutzt und <strong>de</strong>r Straßengüterverkehr ökologisch<br />
nachhaltig, d. h. ressourcenschonen<strong>de</strong>r<br />
und emissionsärmer im Vergleich zum Status-<br />
Quo, gestaltet wer<strong>de</strong>n. 12 Bei<strong>de</strong> Ziele lassen<br />
sich mit Hilfe <strong>de</strong>r Gigaliner realisieren: Das<br />
La<strong>de</strong>volumen steigt gegenüber einem konventionellen<br />
LKW (Sattelzug) um 50 Prozent<br />
von 100 Kubikmeter auf 150 Kubikmeter an.<br />
Somit können zwei Gigaliner drei herkömmliche<br />
LKW ersetzen. 13 Das aktuelle Straßengüterverkehrsvolumen<br />
ließe sich also durch<br />
die Lang-LKW mit weniger Fahrzeugbewegungen<br />
transportieren. Die knappe Straßeninfrastruktur<br />
wür<strong>de</strong> insbeson<strong>de</strong>re beim<br />
Transport von Gütern mit einem hohen Verhältnis<br />
von Volumen zu Gewicht weniger beansprucht.<br />
Die Kapazität <strong>de</strong>r Straße ließe sich<br />
folglich ohne teure Infrastrukturprojekte, die<br />
in <strong>de</strong>r Bevölkerung zunehmend auf Kritik stoßen<br />
(siehe Stuttgart 21) und vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />
knapper öffentlicher Kassen kaum im<br />
notwendigen Maße umsetzbar sind, erweitern.<br />
So könnte beispielsweise das im Straßengüterverkehr<br />
prognostizierte Verkehrsleistungswachstum<br />
von ca. 79% im Zeitraum<br />
zwischen 2004 und 2025 14 zu einem erheblichen<br />
Teil durch eine <strong>de</strong>rartige Effizienzsteigerung<br />
<strong>de</strong>s Straßengüterverkehrs aufgefangen<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Gigaliner als Substitut<br />
eines üblichen LKW zur Verfügung stün<strong>de</strong>.<br />
Betrachtet man die ökologischen Folgen <strong>de</strong>r<br />
flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Einführung <strong>de</strong>r Gigaliner,<br />
so wer<strong>de</strong>n neben einem reduzierten Flächenbedarf<br />
für Infrastrukturmaßnahmen auch die<br />
spezifischen Emissionen je Transporteinheit<br />
im Vergleich zum konventionellen LKW sin-<br />
ken. Trotz <strong>de</strong>s höheren La<strong>de</strong>volumens weisen<br />
Gigaliner schließlich einen geringeren Treibstoffverbrauch<br />
je Transporteinheit aus. Die<br />
Kraftstoffreduktion wirkt sich wie<strong>de</strong>rum positiv<br />
auf die Emissionen aus. Berechnungen<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>samtes für Straßenwesen kommen<br />
zu <strong>de</strong>m Ergebnis, dass <strong>de</strong>r Dieselverbrauch<br />
zwischen 15 und 25 Prozent sinken könnte,<br />
was einer Reduktion von CO 2 -Emissionen<br />
pro La<strong>de</strong>einheit in gleicher Höhe im Vergleich<br />
zum normalen Lkw entsprechen wür<strong>de</strong>. 15<br />
Studien zeigen ferner, dass die Beibehaltung<br />
<strong>de</strong>r Gewichtsbegrenzung bei höherer Achszahl<br />
zu einer geringeren Belastung <strong>de</strong>r Straßeninfrastruktur<br />
führt. 16 Es ist jedoch nicht<br />
von <strong>de</strong>r Hand zu weisen, dass einige Brücken,<br />
Tunnel, Rastplätze und Kreuzungen<br />
<strong>de</strong>n längeren Fahrzeugen anzupassen<br />
wären. Hierfür sollen bis 2015, auch um die<br />
bereits bestehen<strong>de</strong>n Engpässe auf überlasteten<br />
Rastplätzen zu beseitigen, bun<strong>de</strong>sweit<br />
15.500 neue Lkw-Parkplätze gebaut<br />
wer<strong>de</strong>n. 17 Die Erprobungsphase kann zur<br />
Notwendigkeit weiterer Infrastrukturanpassungen<br />
vermutlich neue Erkenntnisse liefern.<br />
Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit können<br />
Studien bisher keine zusätzlichen Gefährdungen<br />
durch <strong>de</strong>n Einsatz von<br />
Gigalinern nachweisen. Im Gegenteil: Die<br />
eingesparten Fahrten könnten sogar positiv<br />
auf <strong>de</strong>n Verkehrsfluss wirken, sodass bei<br />
konstantem Güterverkehrsaufkommen die<br />
Stau- und Unfallgefahr möglicherweise<br />
sogar sinken könnte. Zu be<strong>de</strong>nken ist jedoch,<br />
dass bei einer Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Güterverkehrsstruktur,<br />
d. h. dass zwar weniger, aber<br />
im Durchschnitt <strong>de</strong>utlich schwerere LKW fahren,<br />
so ist bei einem Unfallgeschehen mit<br />
schwerwiegen<strong>de</strong>ren Folgen zu rechnen. 18<br />
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wer<strong>de</strong>n<br />
durch <strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>r Gigaliner bei vielen<br />
Transportprofilen die Transportkosten je Gütereinheit<br />
gesenkt, wodurch sich betriebswirtschaftliche<br />
Kosteneffizienzsteigerungen<br />
erzielen lassen.<br />
Diese Kostensenkungen<br />
lassen sich<br />
vor allem durch<br />
Kraftstoffeinsparungen<br />
(siehe<br />
oben) und geringe<br />
Lohnkosten je<br />
Transporteinheit<br />
realisieren. Signifikant<br />
sinken<strong>de</strong><br />
Transportkosten<br />
sollten <strong>de</strong>n Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland stär-<br />
Quelle: Allianz pro Schiene/Kraufmann<br />
Titelthema - Gigaliner<br />
ken, führen jedoch auch zu einem weniger gewünschten<br />
Nebeneffekt: Sinken<strong>de</strong> Preise im<br />
Straßengüterverkehr wer<strong>de</strong>n zum einen zusätzliche<br />
Nachfrage induzieren und zum an<strong>de</strong>ren<br />
<strong>de</strong>n Modal Split, also die Aufteilung <strong>de</strong>r<br />
Transportvolumina auf die einzelnen Verkehrsmittel,<br />
zu Lasten <strong>de</strong>r Schiene und <strong>de</strong>s<br />
Binnenschiffs und zugunsten <strong>de</strong>r Straße beeinflussen.<br />
Das im Masterplan Güterverkehr<br />
und Logistik vom BMVBS angestrebte Ziel,<br />
mehr Verkehr auf die umweltfreundlichen Verkehrsträger<br />
Bahn und Binnenschiff zu verlagern,<br />
wird somit gefähr<strong>de</strong>t. 19 Dies gilt<br />
ebenfalls für <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs geför<strong>de</strong>rten kombinierten<br />
Verkehr. Eine Studie <strong>de</strong>r K+P Transport<br />
Consultants und <strong>de</strong>s Fraunhofer Instituts<br />
kommt zu <strong>de</strong>m Ergebnis, dass im Einzelwagenverkehr<br />
bis zu 38 Prozent und im kombinierten<br />
Verkehr bis zu 13 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Zug-Ladung auf die Straße verlagert wer<strong>de</strong>n<br />
könnte. 20 Dieses Resultat scheint plausibel:<br />
Wenn die Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>s Straßengüterverkehrs<br />
durch die Einführung von Gigalinern<br />
signifikant zunimmt, wird <strong>de</strong>r<br />
Schienengüterverkehr relativ teurer. Seine<br />
Nutzung wäre betriebswirtschaftlich häufig<br />
nicht mehr vorteilhaft. Fraglich ist jedoch, ob<br />
die Erzielung von Effizienzsteigerungen im<br />
Straßengüterverkehr die Ablehnung von Gigalinern<br />
zum Schutz an<strong>de</strong>rer Verkehrsträger<br />
rechtfertigt. Ökonomisch ist dies nicht plausibel.<br />
Dieser Argumentation folgend dürften<br />
jegliche Innovations- und Effizienzpotentiale<br />
im Straßengüterverkehr nicht gehoben wer<strong>de</strong>n.<br />
Schließlich wür<strong>de</strong> je<strong>de</strong> Preissenkung die<br />
aus Effizienzsteigerungen resultiert <strong>de</strong>n Verkehrsträger<br />
Straße stärken. Durch eine <strong>de</strong>rartige<br />
politische Strategie wer<strong>de</strong>n die<br />
Gesamteffizienz <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Transportsektors<br />
und damit die Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>r<br />
stark arbeitsteilig organisierten <strong>de</strong>utschen<br />
Volkswirtschaft aber sicher nicht begünstigt. 21<br />
Letztendlich stellt das Verbot <strong>de</strong>s Gigaliners<br />
einen nicht unerheblichen Eingriff in die dynamischen<br />
Marktprozesse dar. Eine rationale<br />
Verkehrspolitik sollte sich vielmehr darauf<br />
konzentrieren je<strong>de</strong>m Verkehrsträger seine<br />
wahren internen sowie externen Kosten 22<br />
verursachungsgerecht anzulasten, anstatt<br />
diskretionär in Teilmärkte einzugreifen. Verzerrungen<br />
<strong>de</strong>s intermodalen Wettbewerbs<br />
wür<strong>de</strong>n beseitigt. Diskussionen über <strong>de</strong>n<br />
Schutz bzw. die För<strong>de</strong>rung einzelner Verkehrsträger<br />
möglicherweise überflüssig. Sicher<br />
ist je<strong>de</strong>nfalls, dass aus<br />
volkswirtschaftlicher, verkehrswissenschaftlicher<br />
und umweltökonomischer Sicht die Verhin<strong>de</strong>rung<br />
von Effizienzsteigerungen, z. B. in<br />
Form <strong>de</strong>r Gigaliner, kein wünschenswerter<br />
Weg sein kann.<br />
DAS BEHÖRDENMAGAZIN April/2012 7