Klöster <strong>und</strong> Stifte Neben Burgen <strong>und</strong> frühstädtischen Ansiedlungen dienten insbesondere Klöster der Etablierung <strong>und</strong> Festigung von Herrschaft, von adeligen Familientraditionen sowie der Ausbildung von Kulturl<strong>an</strong>dschaften. In der Regel waren es Angehörige des Adels selbst, die Klöster gründeten bzw. sich dar<strong>an</strong> beteiligten. Spätestens 979 entst<strong>an</strong>d das von Kaiser Otto II. <strong>und</strong> seiner Gemahlin Theoph<strong>an</strong>u geförderte Memleben, Krypta Benediktinerkloster in Memleben, eines der damals existierenden vier Reichsklöster, also von eminent großer Bedeutung für die politische, kirchliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Entwicklung der Region. Weitere Benediktinerklöster entst<strong>an</strong>den im zweiten Viertel des 11. Jahrh<strong>und</strong>erts in Naumburg (St. Georg: Männer, St. Moritz: Frauen), jeweils Gründungen der Ekkehardiner, in Goseck (1041) auf Initiative der Familie der Pfalzgrafen von Sachsen <strong>und</strong> in Zscheiplitz am Ende des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts als Frauenpriorat des Kloster<strong>an</strong>lagen Hausklosters der L<strong>an</strong>dgrafen von Thüringen in Reinhardsbrunn, gewiß gefördert von der Familie selbst. Schließlich muß auch das Domkapitel in Naumburg hinzugezählt werden, das sich nach 1028, der Verlegung des Bistumssitzes von Zeitz nach Naumburg, am neuen St<strong>an</strong>dort die baulichen Voraussetzungen für ein gemeinsames Leben innerhalb einer Klausur geschaffen haben wird. Schulpforte, Kreuzg<strong>an</strong>g Neben der Domin<strong>an</strong>z des Benediktinerordens im Raum um <strong>Saale</strong> <strong>und</strong> <strong>Unstrut</strong> waren seit 1119 auch Augustinerchorherren tätig: im Naumburger Moritzstift <strong>und</strong> in der Nachfolge der Benediktinerinnen. Auf Ver<strong>an</strong>lassung des Naumburger Bischofs Udo I. wurde im Jahre 1137 ein bereits in Schmölln existierendes Zisterzienserkloster in die Nähe des heutigen Bad Kösen verlegt, wo es als Kloster Pforte bis zur Reformation best<strong>an</strong>d. Höchst bemerkenswert sind neben der Kloster<strong>an</strong>lage selbst Ausstattungsdetails wie zwei rom<strong>an</strong>ische hölzerne Schränke <strong>und</strong> ein höchst bedeutender Rest einer Grisaillemalerei eines Chorfensters der Kirche aus Kloster<strong>an</strong>lagen dem dritten Viertel des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts sowie auf dem Friedhof eine steinerne Totenleuchte von 1268. Lebten Benediktiner <strong>und</strong> Zisterzienser nach den Gewohnheiten ihrer Orden in strenger Klausur innerhalb ihrer Klöster, so hatten die Naumburger Domherren <strong>und</strong> die Schulpforte, Steinerne Totenleuchte Augustinerchorherren als Angehörige so gen<strong>an</strong>nter Kollegiatstifte die Möglichkeit, weitere Aufgaben innerhalb kirchlicher Verwaltungsstrukturen (Seelsorge, Mission, Schulen), aber auch im weltlichen Bereich wahrzunehmen. Selbst wenn Kloster Memleben im Jahre 1015 durch Kaiser Heinrich II. in eine vom berühmten Kloster Hersfeld in Hessen abhängige Propstei herabgestuft wurde, hat es wie auch alle <strong>an</strong>deren Klöster über das gesamte Mittelalter hin bis ins 16. Jahrh<strong>und</strong>ert seinen Beitrag zur Festigung kirchlicher Strukturen, zur Besiedlung <strong>und</strong> <strong>zum</strong> Ausbau der L<strong>an</strong>dschaft geleistet. Die Intensivierung des Weinbaus <strong>an</strong> den Hängen von <strong>Saale</strong> <strong>und</strong> <strong>Unstrut</strong> ist insbesondere zu erwähnen, auch wenn wir über Einzelheiten bisher nur wenig wissen. Die Zisterzienser in Pforte betätigten sich als hervorragende Was- serbauer (Anlegung der Kleinen <strong>Saale</strong>, Mühlenbau). Von ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zeugt heute vor allem das so gen<strong>an</strong>nte „Rom<strong>an</strong>ische Haus” in Bad Kösen, ein aus dem dritten Viertel des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts stammender sehr bedeutender <strong>und</strong> höchst selten erhalten gebliebener Wohn-, Verwaltungs- <strong>und</strong> Wirtschaftsbau einer wirtschaftlichen „Außenstation” von Klöstern (Gr<strong>an</strong>gie). Die Klöster in Goseck, Naumburg (St. Georg) <strong>und</strong> vermutlich auch Zscheiplitz sorgten sich neben ihrer „normalen Alltagsarbeit” vor allem um das Gedächtnis ihrer Gründerfamilien <strong>und</strong> trugen somit entscheidend zur Traditions- <strong>und</strong> damit zugleich der Herrschaftsbildung sowie -festigung bei. Das Domstift <strong>und</strong> die beiden Klöster St. Georg <strong>und</strong> St. Moritz bildeten im Laufe der Zeit neben mehreren frühstädtischen Ansiedlungen das Areal der Domstadt Naumburg, besaßen aber jeweils eigene Immunitäten. Der Einfl uss bedeutender Vertreter der jeweiligen Gründerfamilien ermöglichte in m<strong>an</strong>chen Fällen auch außergewöhnliche bauliche Leistungen, etwa in Goseck, wo durch die aktive Mitwirkung des pfalzgräfl ichen Sohnes Adalbert, nunmehr Erzbischof von Bremen, zeitgemäße Baukunst vom Oberrhein (Speyer, Limburg) <strong>an</strong> die <strong>Saale</strong> vermit- telt wurde, oder im Naumburg des frü- hen 13. Jahrh<strong>und</strong>erts mit Einfl üssen aus dem Niederrheingebiet bzw. in den vierziger <strong>und</strong> fünfziger Jahren jenes Jahrh<strong>und</strong>erts dort <strong>und</strong> in Pforte mit Bau- <strong>und</strong> Zierformen der nordfr<strong>an</strong>zösischen Gotik (Paris, Tours). Seite 34 Seite 35 Bad Kösen, Rom<strong>an</strong>isches Haus, Schr<strong>an</strong>k aus Kloster Pforta Grisaille Speiche
Karte <strong>zum</strong> Antragsgebiet, St<strong>an</strong>d 2008 Hochmittelalterliche Monumente Hochmittelalterliche Monumente außerhalb des Antragsbereiches Seite 36 Seite 37