Alkohol - Highländer Albmagazin
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<strong>Highländer</strong> 14<br />
heckenscheisser<br />
Es ist Samstag und die Familie H. ist<br />
mit typisch schwäbischen Wochenendarbeiten<br />
beschäftigt: Frau H.<br />
putzt die Fenster, Herr H. das echt<br />
schwäbische Statusmobil. Zwar<br />
glänzten sowohl die Fenster wie<br />
auch das Auto schon vorher, aber die<br />
H.´s befinden sich, wie viele gleichgesinnte<br />
Schwaben auch, im steten<br />
Polierwettkampf mit der gesamten<br />
Nachbarschaft.<br />
Stolz präsentiert Herr H. die Familienkutsche<br />
auf der Garageneinfahrt. Er<br />
genießt die Blicke der Nachbarn und<br />
meint, deren Neid förmlich zu spüren.<br />
Ein erhebendes Gefühl für einen<br />
echten Schwaben. Doch auch Frau<br />
H. triumphiert innerlich. Ihr schweifender<br />
Blick hat zweifelsfrei festgestellt,<br />
dass ihre Fenster am klarsten,<br />
schönsten und zudem auch noch am<br />
schnellsten geputzt waren.<br />
Im Gefühl der absoluten Überlegenheit<br />
wagt sie sich nun hinaus zu<br />
ihrem Mann und serviert auf einer<br />
Sitzbank neben der Garage einen<br />
kleinen Erfrischungstrunk für sich<br />
und ihren Göttergatten. Ein schöner<br />
Platz, um die ganze Nachbarschaft<br />
zu überschauen und den Sieg im<br />
Putzwettbewerb zu genießen. Herr H.<br />
ist mit der Pause sofort einverstanden<br />
und stolziert noch eine bestätigende<br />
Runde um seinen geliebten<br />
Wagen.<br />
Einmütig sitzen die beiden auf der<br />
Gartenbank, Dackel Waldi zu ihren<br />
Füßen und die konkurrierende<br />
Nachbarschaft immer im Auge: Das<br />
Lehrerehepaar, das immer gestresst<br />
ist - auch in den Ferien, (wobei nicht<br />
immer leicht zu unterscheiden ist,<br />
wann denn nun Ferien, freie Stunden,<br />
pädagogische Ruhezeiten oder<br />
Krankheitstage sind, angesichts der<br />
häufigen Anwesenheiten im Hause);<br />
Der Arbeiter, der Herrn H. als vorruhenden<br />
Beamten gar nicht so gut leiden<br />
kann und eine junge Dame,<br />
deren Herrenbesuche Frau H. ganz<br />
genau beobachtet. Die anderen<br />
scheinen entweder noch beschäftigt,<br />
oder gar nicht zu Hause zu sein.<br />
Die H.´s schlürfen ihr Wässerchen<br />
und träumen still vor sich hin. Er von<br />
einem Viertele, das er jetzt gern<br />
hätte, sie von alten Zeiten als sie<br />
noch faltenfrei und begehrt war.<br />
Nicht dass sie jetzt nicht mehr<br />
begehrt wäre, ganz im Gegenteil.<br />
Aber die Komplimente, die ihr Mann<br />
ihr früher zu ihrem Aussehen<br />
gemacht hat, kommen inzwischen<br />
nur noch für ihre Kochkünste: "Tolle<br />
Klöpse!" und ähnlich. So ändern sich<br />
eben die Zeiten…<br />
Als beide so ganz vertieft in ihre<br />
Tagträume sind, ertönt ein dumpfer<br />
Schlag am Haus. Frau H. schreit<br />
schockiert auf. Ein Vogel ist in das<br />
glasklare, für ihn völlig unsichtbare<br />
Wohnzimmerfenster geknallt. Das<br />
Fenster ist befleckt und befedert, der<br />
Vogel liegt totenstarr in H.´s Garten.<br />
Dackel Waldi bewegt sich trotz Übergewicht<br />
zügig zu dem Opfer, um es<br />
zu beschnuppern. Gerade wollen<br />
sich Frau und Herr H. zum Ort des<br />
Geschehens bewegen, da ruft der<br />
Nachbar: "Lassen Sie die Finger<br />
davon! Das gibt Vogelgrippe!". Wie<br />
erstarrt bleiben die H.´s stehen.<br />
Daran hatten sie gar nicht gedacht.<br />
Der Nachbar kreischt weiter: "Und<br />
der Hund ist jetzt auch infiziert!". Ihr<br />
geliebter Waldi, nein, das kann Frau<br />
H. nicht zulassen. Völlig aufgelöst<br />
rennt sie zu ihm hin und reisst ihn<br />
förmlich von der Beute. Waldi ist völlig<br />
perplex, weiss nicht, was mit ihm<br />
geschieht, da sitzt er auch schon eingesperrt<br />
in der Garage.<br />
Die H.´s sind ratlos. Der Nachbar<br />
steht inzwischen schon auf dem<br />
Grundstück und drückt sich ein Tuch<br />
als Schutz vor den Mund: "Wissen<br />
Sie, ich bin bei der freiwilligen<br />
Feuerwehr und wir hatten erst kürzlich<br />
ein Seminar über so was!", erklärt<br />
er den verdutzten H.´s. "Wir müssen<br />
jetzt erst mal eine Schutzzone<br />
abgrenzen und dann den kranken<br />
Vogel entsorgen!", fährt er fort.<br />
"Woher wollen Sie wissen, dass der<br />
Vogel krank ist?", fragt Frau H. "Das<br />
sieht man doch," erwidert der<br />
Nachbar wissend, "schon allein wie<br />
der gegen die Scheibe geflogen ist.<br />
Der muss doch krank sein!".<br />
Bevor es zu einer weiteren Diskussion<br />
kommt, übernimmt der Herr<br />
Nachbar das alleinige Kommando.<br />
Er lässt Herrn H. mit Gartengeräten<br />
und Trassierband eine Straßensperre<br />
aufbauen während Frau H. eilends<br />
eine Sprühflasche mit Desinfektionsmittel<br />
aus dem Haus holt und den<br />
armen Dackel Waldi von oben bis<br />
unten mit dem übel riechenden Zeug<br />
besprüht.<br />
"Jetzt müssen Sie den Vogel entsorgen!",<br />
weist der Nachbar Herrn H. an.<br />
"Ich? Wieso ich? Sie haben doch den<br />
Feuerwehrlehrgang gemacht!", protestiert<br />
Herr H. "Kommt gar nicht in<br />
Frage!", schallt es zurück: "Ich bin ja<br />
gar nicht im Dienst." So kommt es,<br />
dass Herr H. auf Anweisung des<br />
Nachbarn eine Art Schutzanzug<br />
überstreift: Gummistiefel, den<br />
Blaumann, eine Wintermütze mit<br />
Ohrschutz und natürlich Gummihandschuhe<br />
und den obligatorischen<br />
Mundschutz. Wäre die Situation<br />
nicht so ernst, hätte selbst Frau<br />
H. sich ein Lachen nicht unterdrükken<br />
können. Angesichts der bedrohlichen<br />
Situation allerdings war niemandem<br />
zum Lachen zu mute.<br />
Gerade als Herr H. sich mit einer<br />
Schaufel über den Vogel her machen<br />
will, hält ein Polizeiwagen in der<br />
Hofeinfahrt: "Wer hat die Strasse hier<br />
abgesperrt?", ruft der Mann in Uniform<br />
etwas ungehalten. "Er war´s!",<br />
antwortet der Nachbar wie aus der<br />
Pistole geschossen, zeigt auf Herrn<br />
H. und verschwindet ganz schnell<br />
hinter die Hecken auf seinem eigenen<br />
Grundstück.<br />
"So, Sie waren das!", brummelt der<br />
Polizist, "Wie sehen Sie eigentlich<br />
aus?". "Das ist ein Schutzanzug!",<br />
platzt Frau H. hervor, um ihrem Mann<br />
zu helfen, "gegen Vogelgrippe." -<br />
"Wie kommen Sie darauf, dass hier<br />
Vogelgrippe herrscht?" wundert sich<br />
der Polizist merklich. "Ja der tote<br />
Die Vogelgrippe<br />
Vogel hier…", Frau H.´s Stimme<br />
erstickt. Dort wo bis gerade eben der<br />
Vogel lag, ist nichts mehr zu sehen.<br />
Der Flattermann hat den Flattermann<br />
gemacht. Der Aufprall gegen das<br />
Fenster hatte ihn nur benommen<br />
gemacht. Während der Polizeidebatte<br />
erhob sich der Piepmatz<br />
wieder in die Lüfte. "Das glauben Sie<br />
doch wohl selber nicht, oder können<br />
tote Vögel fliegen?", wird der Polizist<br />
langsam ungehalten. "Doch so war<br />
es!", mischt sich nun auch Herr H.<br />
ein, "Der Vogel ist gegen die Scheibe<br />
geprallt…" - …"weil ich so sauber<br />
geputzt hab!", kommentiert Frau H.<br />
nicht ohne Stolz dazwischen.<br />
"So, ich sehe hier keinen einzigen<br />
Vogel! Wie können Sie uns denn<br />
beweisen, dass das hier so gewesen<br />
sein soll?", fragt der Polizist nun süffisant-hintergründig.<br />
Herr H. kommt<br />
ins Stottern: "Ja ähhhh, mein<br />
Nachbar von der Feuerwehr, der<br />
nicht im Dienst ist, ähhh und unser<br />
desinfizierter Waldi, ähhh…". Genau<br />
in diesem Moment klatscht etwas<br />
Weißes, Klebriges auf den hochglanzpolierten<br />
Brenz von Herrn H.<br />
Entsetzt sieht er den Vogelschiss auf<br />
seinem Wagen und will gerade in<br />
größte Wut ausbrechen, da hält ihn<br />
seine Frau zurück und grunzt dem<br />
Polizisten entgegen: "Sehen Sie, der<br />
war´s. Genau der gleiche Vogel!"<br />
Der Polizist stutzt, um dann zu antworten:<br />
"Wenn das so ist, dann muss<br />
das analysiert werden! Lassen Sie<br />
alles wie es ist. Der Vogelschiss ist<br />
hiermit beschlagnahmt. Und das<br />
Auto natürlich auch. Beide dürfen<br />
weder entfernt noch bewegt werden.<br />
Und wenn der Tierarzt übers Wochenende<br />
nicht kommt, bleibt der<br />
Wagen bis Montag unangetastet!"<br />
Völlig erschlagen starren die H.´s auf<br />
den Beamten. Das ganze Wochenende<br />
zu Hause bleiben. Und das verdreckte<br />
Auto auch noch vor der<br />
Haustür im Blickfeld aller Nachbarn<br />
und sie dürfen es nicht blank polieren.<br />
Das ist die Höchststrafe für die<br />
H.´s.<br />
Selbst der grinsende Kopf des Nachbarn<br />
hinter den Hecken kann dies in<br />
diesem Moment nicht mehr toppen,<br />
mit seinem dazu noch völlig überflüssigen<br />
Kommentar: "Alles Gute<br />
kommt von oben!".<br />
Übrigens stellte sich heraus, dass<br />
der Vogel keine Grippe hatte. Dafür<br />
litt Dackel Waldi 2 Wochen lang unter<br />
starkem Augenbrennen und das<br />
Schlimmste: Der Lack von Herr H.´s<br />
Heiligtum zeigte eine leichte Aufhellung<br />
nachdem der Vogelschiss erst<br />
am zweiten Tag entfernt werden durfte.