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4 UNIversalis-Zeitung Sommer 2021

schaft, Ruhe, Erholung, aber auch

dem aufreibenden Glücksspiel.

„Wenn man etwa im 19. Jahrhundert

durch die Lichtentaler Allee

spazierte, war es – wie heute – nicht

unwahrscheinlich, Muße zu erleben.

Aber im Baden-Baden, zumindest

des 19. Jahrhunderts, gibt es eben

auch die Kehrseite, die absolute

Nicht-Muße.“ Ein berühmtes Zeugnis

dafür gibt Fjodor Dostojewskis

Roman Der Spieler (1867). Der

spielsüchtige Dostojewski war ein

gern gesehener Gast in den Kasinos

Baden-Badens. Elisabeth Cheauré

beschreibt anschaulich, welcher

Stress innerhalb der Kasinos geherrscht

haben musste. Der Roman

legt davon eindrucksvoll Zeugnis

ab. Stress, Sorge, Nicht-Muße kann

es aber auch an den idyllischen Orten

Baden-Badens geben. Der Gang

durch die Lichtentaler Allee kann

auch zur unangenehmen Erfahrung

werden. Erschien man dort nicht

standesgemäß gekleidet, war das

Gefühl, sozial diskreditiert zu sein

vorherrschend. „Für viele Menschen

war das Bestehenkönnen in

einer mondänen Gesellschaft mit

großer Anspannung verbunden, vor

allem, wenn man nicht die finanziellen

Mittel hatte.“ Idylle nur für

den, der sie sich leisten kann. „In

Baden-Baden können wir die Pole

von Muße und Nicht-Muße mit allen

Zwischentönen sehen. Dieses

Spannungsverhältnis schlägt sich

auch in den literarischen Texten

vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart

nieder. Deshalb ist Baden-

Baden als Museumsort so reizvoll.“

Wer eine bloße selbstherrliche Verklärung

des Kurorts im Spiegel

der Literatur erwartet, kann in der

Ausstellung durchaus überrascht

werden.

Anspannung und Sorge sollen

nicht für die Mußeerfahrung im

Dr. Elisabeth Cheauré

Museum gelten. Muße soll schließlich

nicht nur Gegenstand des Muße-Literaturmuseums

sein, sondern

auch zur Museumserfahrung selbst

werden. Um die Besucher*innen

des Museums als Gestaltende ihrer

Muße dabei entsprechend zu

fördern, nutzt Cheauré das Prinzip

„maximaler Freiheit“ und Sinnesvielfalt.

„Unsere Besucher und Besucherinnen

sollen im Museum die

Freiheit haben, das zu tun, wozu

sie Lust haben. Im Museumsraum

sollen sie selbst wählen können, ob

sie zuerst zu Hörstationen, zu einer

Informationstafel oder zu Filmen

Foto: Privat

gehen wollen. Vielleicht wollen sie

auch zuerst in einem Buch lesen.

Dazu sollen verschiedene Sinne aktiviert

werden. Unsere Gäste sollen

Ausstellungsobjekte nicht nur sehen,

sondern auch riechen, hören,

anfassen können. So kann eine andere

Form von Zugang zu Literatur

geschaffen werden.“

Ehepartner Dostojewski

Kinder sind echte Stresstests für

Museen. Gerade für Literaturmuseen

kann es als echte Leistung gelten,

auch die Kleinen unterhalten zu

können. Und auch wenn Elisabeth

Dr. Regine Nohejl

Foto: Privat

Cheauré betont, dass das Muße-Literaturmuseum

kein Kindermuseum

wird, soll das interaktive und intermediale

Programm auch jüngere

Besucher*innen ansprechen. Ein

Highlight dürften hier die eigens

produzierten Filme zu Literaturgrößen

wie dem besagten Dostojewski

sein. „Die Filme, die wir zeigen,

probiere ich zum Beispiel nicht

nur mit Kolleginnen und Kollegen,

Freunden und Freundinnen, sondern

auch immer mit meinen Enkelkindern

aus und das funktioniert

auch. Sie verstehen meist sofort,

worum es darin geht. Auch die Hörstationen

und das Bildmaterial eignen

sich für kleinere Besucher. Zudem

haben wir Spiele, sodass auch

haptische Zugänge möglich sind.“

Das Prinzip maximaler Freiheit ist

schließlich etwas, das gerade besondere

Entdeckernaturen wie Kinder

anspricht. Aber auch darüber hinaus

sind Besucher*innen gefragt,

auf Entdeckungsreise zu gehen, sich

von ihrer Fantasie, Muße führen zu

lassen. Eine kindliche Neugier dürfte

beim Museumsbesuch nicht schaden

– falsche Hemmungen sollte

man nicht haben.

Aber zum Schluss zurück zu

Dostojewski, der mit seiner Ehefrau

Anna G. Dostojewskaja einige

Zeit in Baden-Baden verbrachte.

Zu ihren Erlebnissen hält das Literaturmuseum

einen animierten

Kurzfilm bereit. Besonders ist nicht

nur das Format Film zur Darstellung

literarischer Stadtreflexionen,

sondern auch der Blickwinkel.

Statt die bekannte Perspektive des

männlichen Schriftstellers zu bedienen,

gibt der Film der Perspektive

der Ehefrau Platz. „Anna Dostojewskaja

muss nach ihrer Heirat

mit Dostojewski erfahren, dass sie

nun Frau eines süchtigen Glücksspielers

ist. In ihrem Tagebuch

beschreibt sie die Erfahrungen mit

Dostojewski sehr eindrücklich.“

Baden-Baden als Ort der Nicht-Muße

wird im Muße-Literaturmuseum

auch aus weiblicher Perspektive

greifbar. Elisabeth Cheauré betont,

dass man viele Texte unter Gender-

Gesichtspunkten integriert hätte.

So wolle man gerade vergessene

Frauenfiguren wieder ins Licht der

Öffentlichkeit rücken.

Die Dauerausstellung Muße-Literaturmuseum

Baden-Baden öffnet

im Herbst. Genaue Öffnungszeiten

und einzelne Veranstaltungen werden

noch angekündigt. Das Museum

ist ein Kooperationsprojekt

des Sonderforschungsbereichs

1015 „Muße“, des Internationalen

Graduiertenkollegs 1956 „Kulturtransfer.

Freiburg – Moskau“

und des Zwetajewa-Zentrums für

russische Kultur, die alle an die

Universität Freiburg angeschlossen

sind. Das Museum wird von

Elisabeth Cheauré und Regine

Nohejl in enger Kooperation mit

der Stadtbibliothek Baden-Baden

konzipiert und geplant. Weitere Infos

auf der Website des SFB Muße:

www.sfb1015.uni-freiburg.de

Fabian Lutz

1921 – 2021: Das Studierendenwerk Freiburg feiert

sein 100-jähriges Bestehen

„Seit 100 Jahren an eurer Seite“

– so könnte man die Arbeit des

heutigen Studierendenwerks und

die seiner Vorgängerinstitutionen

beschreiben. In diesem Jahr wird

nun Geburtstag gefeiert. Mit einer

historischen Ausstellung,

vielen Veranstaltungen und zahlreichen

Angeboten und Vergünstigungen

für Studierende.

Soziale Förderung und Betreuung

der Studierenden standen immer

im Zentrum der Arbeit der Studierendenwerke

bzw. ihrer Vorgängerinstitutionen.

Heute haben die

Studierendenwerke den gesetzlichen

Auftrag, den Studierenden

optimale Voraussetzungen zu bieten

und sie darin zu unterstützen,

dass ihr Studium unabhängig von

ihrer sozialen Herkunft gelingt.

Doch von der Gründung der „Freiburger

Studentenhilfe“ im Jahr

1921 bis zum heutigen Studierendenwerk

war es ein langer Weg:

Er führte von der frühen Selbsthilfeorganisation

„Studentenhilfe“ der

20er Jahre über das nationalsozialistische

„Reichsstudentenwerk“

zum „Studentenwerk e.V.“ der

Nachkriegszeit und schließlich zur

heutigen Anstalt des öffentlichen

Rechts.

Zum 100-jährigen Jubiläum wird

nun die wechselvolle Geschichte

des Studierendenwerks Freiburg in

einer historischen Ausstellung erfahrbar

gemacht. Die Ausstellung

ermöglicht interessante Einblicke

in das Leben und die soziale Situation

der Freiburger Studierenden

im Rahmen der historischen

Verhältnisse. Daneben wird die

Entwicklung der Förder- und Unterstützungsleistungen

durch das

Studierendenwerk (bzw. die Vorgänger-Institutionen)

über die vergangenen

zehn Dekaden gezeigt.

Und natürlich wird auch ein Blick

in die Zukunft geworfen und auf die

Ziele, die das Studierendenwerk in

den kommenden Jahren verfolgt.

Die Ausstellung soll ab 6. Mai

2021 in der Universitätsbibliothek

Freiburg zu sehen sein, begleitend

erscheint eine Festschrift mit vielen

Fotos und Illustrationen aus den

vergangenen hundert Jahren.

Neben der Ausstellung wird der

runde Geburtstag mit einem abwechslungsreichen

Jubiläumsprogramm

gefeiert, das allen Interessierten

offen steht: geplant sind z.B.

Mensa-führungen, Kulturveranstaltungen,

ein Open-Air-Flohmarkt,

ein Sommerfestival im MensaGarten

und die Zwanziger-Jahre-Revue

„CRASH…BANG…BOOM!!!“

des studentischen MONDO Musiktheaters.

Neben den Veranstaltungen gibt

es für die Studierenden spannende

Mitmach-Projekte. Zum Beispiel

einen Fotowettbewerb oder einen

internationalen Kunst-Workshop.

Und es gibt spezielle Jubiläums-

Vergünstigungen, beispielsweise

Gratis-Milchreis-Essen in der

Mensa. Oder die Teilnahme an

Fortbildungen und Seminaren des

Studierendenwerks zum Schnäppchenpreis

von 10 Euro während des

gesamten Jubiläumsjahrs.

Die eigens eingerichtete Website

www.swfr.de/100 (unser Jubiläumshashtag:

#swfr100) informiert

über das Jubiläumsprogramm, hält

aber auch andere interessante, nützliche

oder amüsante Schmankerl bereit.

So kann man etwa die beliebtesten

Mensagerichte nachkochen,

die auf vier Personen heruntergerechnet

im Online-Kochbuch nachzulesen

sind. Oder man erfährt, wie

sich ehemalige Freiburger Studierende

an ihre Studienzeit erinnern.

Übrigens: Alle, die gern selbst ihre

Erinnerungen an ihr

Studium in Freiburg teilen

wollen, sind herzlich

eingeladen, ihre Texte

für die Jubiläums-Website

an das Studierendenwerk

zu schicken

– gerne mit einem Foto

von damals und heute.

Natürlich steht das gesamte

Programm unter

dem Vorbehalt der pandemiebedingten

Einschränkungen.

Sollten

Präsenzveranstaltungen

nicht möglich sein, wird

es, wo möglich, Online-

Varianten geben. Aktuelle

Informationen zu

allen Terminen gibt es

auf der Website www.

swfr.de/100.de

Studierende vor der UB, Freiburg 2017

Studierende vor der Uni um 1955

Freiburg

Foto: Stadtarchiv

Foto: SWFR

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