18.05.2021 Aufrufe

millstART 21 | konZENTRATION_Auftritt und Rückzug

Liebe Besucherinnen und Besucher von millstART. Der vorliegende Katalog soll Ihnen ein zuverlässiger, handlicher Begleiter durch die Ausstellung konzentration_Auftritt und Rückzug sein. Wir haben die Abfolge der Ausstellungsorte und KünstlerInnen an die geführten Touren angepasst, damit Sie keinen der vielen Höhepunkte verpassen.

Liebe Besucherinnen und Besucher von millstART. Der vorliegende Katalog soll Ihnen ein zuverlässiger, handlicher Begleiter durch die Ausstellung konzentration_Auftritt und Rückzug sein. Wir haben die Abfolge der Ausstellungsorte und KünstlerInnen an die geführten Touren angepasst, damit Sie keinen der vielen Höhepunkte verpassen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

28. MAI BIS OKTOBER 21

STIFT MILLSTATT

konZENTRATION

_Auftritt und Rückzug

Kuratiert von Tanja Prušnik


©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021


INHALT

Liebe Besucherinnen und Besucher

von millstART. Der vorliegende Katalog

soll Ihnen ein zuverlässiger, handlicher

Begleiter durch die Ausstellung

konZENTRATION_Auftritt und Rückzug

sein. Wir haben die Abfolge der

Ausstellungsorte und KünstlerInnen an

die geführten Touren angepasst, damit

Sie keinen der vielen Höhepunkte verpassen.

Vorworte | Begrüßungen | Einführung ab Seite 4

Plan der millstART-Ausstellung Seite 12

Ausstellungorte | Künstlerinnen und Künstler ab Seite 14

Programmpunkte ab Seite 74

Sponsoren und Förderer ab Seite 82

Impressum Seite 87

3


LIEBE BESUCHERINNEN DES PROGRAMMS millstART 2021,

der Vorstand des Vereins millstART begrüßt Sie aus dem schönen

Stiftsinnenhof und heißt Sie bei der Ausstellung „konZEN-

TRATION_Auftritt und Rückzug“ herzlich willkommen!

Das Konzept des Vereins - nun im vierten Jahr − hat sich weiterentwickelt.

Die Fokussierung sowohl im Umfang als auch

in der Anzahl der teilnehmenden KünstlerInnen sowie die

konZENTRIERTE Präsentation der Werke in und um das Stift

wird fortgeführt. Der Rundweg durch das Stift und die Stiftskirche

kann bequem zu Fuß erkundet werden. Das Fahrrad und

die sportliche Komponente haben wir damit hinter uns gelassen.

Folgerichtig wurden der Name und das Logo dem weiterentwickelten

Konzept angepasst.

Der Name ist Programm: Nämlich Kunst in Millstatt – eben

„millstART“.

Im zweiten Corona Kunstsommers ist das Zeil des Vereins,

eine Ausstellung zu präsentieren, die aktuell ist und Themen

aufgreift, die KünstlerInnen, BewohnerInnen von Millstatt und

der Region sowie Sie -die BesucherInnen- bewegen. Es soll ein

Forum der Begegnung, der gemeinsamen Auseinandersetzung,

des Hinterfragens geschaffen werden. Jede/r Kunstinteressierte

erhält Zugang zu vielfältiger Kunst in hoher Qualität. Der eintrittsfreie

Zugang über einen langen Zeitraum lädt immer wieder

zum Besuch ein.

Wir bedanken uns vorab für die Einhaltung geltender Coronabestimmungen.

Denn nur in gemeinsamer Anstrengung halten

wir Kunst und Kultur offen.

Herzlichst Anette Lang


Verein millstART: Obfrau Stellvertreter Michael Berndl,

Schriftführerin Elisabeth Rosegger,

Präsidentin Ina Maria Lerchbaumer,

Schatzmeister Markus Steindl, Obfrau Anette Lang,

Schatzmeister Stellvertreter Anderas Nestler. V.l.n.r.

5


VORWORT VON LANDESHAUPTMANN DR. PETER KAISER

Liebe Kunstinteressierte, liebe Künstlerinnen

und Künstler,

lassen Sie mich bitte gleich zu Beginn dieses

Vorwortes sagen, wie sehr ich mich über dieses

Ausstellungsprojekt im Rahmen von millstART

in Millstatt freue. Die Coronapandemie hat uns

als Menschen und Gesellschaft vor enorme Herausforderungen

gestellt, hat für Entbehrungen

und Leid gesorgt. Das alles aufzuarbeiten wird

noch einiges an Kraft und Zeit brauchen. Gerade

Kunst und Kultur spielen für mich dabei eine

große und wichtige Rolle. Sie eröffnen nämlich

neue Blickweisen, zeigen auf, beFASSEN sich,

motivieren, beflügeln und erfreuen Herz und

Seele.

Heuer geht es in Millstatt unter Kuratorin

Tanja Prušnik um „konZENTRATION_Auftritt

und Rückzug”. Kunstschaffende aus Österreich,

Italien, Slowenien und der Schweiz sind beteiligt.

Dieser breite Austausch und die daraus folgende

Reflexion sind ungemein wichtig und wertvoll.

Auch das ist etwas, das uns durch die Corona-

Krise wieder stärker ins Bewusstsein gerückt ist.

Danke, grazie, hvala an alle Mitwirkenden und

Verantwortlichen.

Millstatt und das Stift haben eine unglaubliche

Ausdrucksstärke. Millstatt gibt durch Kunst

und Kultur den Menschen der Region Identität

und schöpft daraus vielfältige Chancen. Ich

bin mir sicher, dass uns insbesondere heuer bei

millstART in Millstatt ein unvergessliches Kunsterlebnis

erwartet.


VORWORT VON ALEXANDER THOMA

Vincenz von Gogh sagte: „Ich kenne keine

bessere Definition für das Wort Kunst als

diese: Kunst – das ist der Mensch.“

Und Menschen, engagierte Menschen, braucht

es, um Kunst in Millstatt wieder lebendig werden

zu lassen. Aus KUNSTradln wurde millstART. Ich

gratuliere dem Vorstand des Kunstvereins zu

diesem überaus gelungenen Neustart. Die Ausstellung

vornehmlich heimischer KünstlerInnen

ist auf das Stift konzentriert. Den MillstätterInnen

und seinen Gästen wird in hoher Qualität

ein Überblick über die Kunst im Alpen Adria

Raum gegeben. Workshops, Filmvorführungen

und Performances runden das Angebot ab.

Tanja Prušnik, Präsidentin des Künstlerhauses in

Wien, ist die Kuratorin. Auch für sie steht der

Mensch im Vordergrund. Besonders die Solidarität

mit und unter den KünstlerInnen in Zeiten

der Pandemie.

Allen KunstfreundInnen wünsche ich unvergessliche

Eindrücke, spannende Momente und

interessante Begegnungen, nicht nur mit Kunst-

Objekten sondern auch mit den Menschen, die

hier in Millstatt leben und arbeiten und die aus

Millstatt das machen, was es ist, das kulturelle

Zentrum Oberkärntens.

Ihr Alexander Thoma, Bürgermeister Millstatt

7


„KONZENTRATION_AUFTRITT UND RÜCKZUG”, TANJA PRUŠNIK

Dobrodošla v Millstattu – ein Willkommen in Millstatt

Mit großer Dankbarkeit darf ich das besonders herzlich ausgefallene

Willkommen und Vertrauen in und um Millstatt und

seiner Umgebung annehmen. Gerade in dieser schwierigen Zeit

mit all ihren Einschränkungen und Umstellungen sehe ich es

als großes Privileg an, tun zu dürfen, was man besonders gerne

macht – neben der Beschäftigung mit der eigenen Produktion

von Kunst sich auch gemeinsam mit und für KollegInnen

aus dem Kunst- und Kulturbereich neue Handlungsräume anzueignen

und umzusetzen, was in diesen, von mir interpretiert,

umgesetzt werden kann. Die uneingeschränkte Unterstützung

seitens des Vereinsvorstandes und der Vereinsmitglieder, den

vielzähligen Unterstützern und Helfern, der Kulturabteilung des

Landes Kärnten und besonders der KünstlerInnen zeugt von

großem Interesse und Überzeugung an dieser Arbeit.

Eine neue kuratorische Ausrichtung gibt den Weg vor. Der

gegenwärtigen Situation entsprechend ergibt dies einen neuen

Fokus auf eine konzentrierte Präsentation. Der Name des Programms

und des Vereins wird dem Projekt- und den dazugehörigen

Programminhalten angepasst.

Der Anspruch an das Programm ist, dass es ein bewegliches

und rundes Konzept ist, das Spielraum offenlassen soll. Solidarität

mit und unter den KünstlerInnen steht dabei im Vordergrund,

das Eingehen auf die räumliche und gesellschaftsrelevante

Situation steht im Fokus.

Zielsetzung ist es, den Kunst-Standort Millstatt durch eine in

sich schlüssige Ausstellung zu stärken, den BewohnerInnen der

Umgebung und deren Gästen in hoher Qualität einen Überblick

auf den Letztstand der bildenden Kunst im Alpen Adria


Raum und weit darüber hinaus zu geben. Der direkte

Austausch der KünstlerInnen untereinander

trägt die Idee durch Vernetzung weit über diese

Region hinaus.

Das mittlerweile etablierte Kunstprojekt bietet

2021 zahlreiche Impulse in neuer Ausrichtung.

Ungefähr 200 Kunstwerke werden von über 29

national und international renommierter KünstlerInnen

aus dem Alpen Adria Raum, sowie dem angrenzenden

In- und Ausland, präsentiert.

Ihre Aussagen sind mittels Malerei, Licht, Skulptur,

Landart, Grafik, Crossover/Contemporary,

Film, Fotografie und Performance interdisziplinär

formuliert. Ein umfangreiches Programmangebot

als erweiterte Plattform bietet Kunst-Filme und

Performanceabende, Kunstgespräche, Artist in

Residence und eine neu interpretierte Präsentationspraxis:

die Galerie in Progress. Profund und

mit Herz geführte Vermittlung für BesucherInnen

und Schulklassen, sofern dies uneingeschränkt

möglich ist, ist Teil des Angebots.

Die Stiftskirche erhält als eingebundener Austragungsort

einen besonderen Stellenwert – sie ist

erstmalig an der Langen Nacht der Kirche beteiligt

und wird darüber hinaus zum ersten Mal von

Diözesanbischof Dr. Josef Marketz aus diesem

Anlass besucht.

9


DIE KÜNSTLERIN, DIE BETRACHTERIN UND DIE EIGENE REALITÄT

„konZENTRATION_ Auftritt und Rückzug ” stellt eine individuelle

künstlerische Untersuchung dessen dar, was denn eine

Verschiebung in unserem doch so vorgegebenen und kalkulierten

Leben bedeutet. Was bedeutet sie für uns im Einzelnen,

was in der unmittelbar umgebenden Gesellschaft und Region,

was in einem erweiterten Umfeld? Was produzieren unvorhergesehene

und nicht kalkulierbare Ereignisse und was tun sie mit

einem Werk, mit einem/r KünstlerIn, dem/der BeobachterIn?

Was geht hervor aus Rückzug, Entzug, Entziehen und Introvertiertheit,

was bedeutet Einsamkeit, was, wenn daraus eine neue

Gemeinsamkeit, ein neues Miteinander entsteht?

Resultiert physische, soziale Distanzierung darin bestimmte

Motive neu zu reflektieren und sie im neuen Licht zu sehen?

Sehnen nach Gemeinschaft, Berührungen, Umarmungen, das

Gesehen- und Wahrgenommenwerden und künstlerische Wartezonen

prägten die vergangene Zeit.

Steigert der durch Corona erzwungene Rückzug die Erwartungen

eines Auftritts, besteht damit auch die Wahrscheinlichkeit

einer Depression? Die verzögerte Hysterese, also die Veränderung

nach einem Auftritt lässt bereits unter normalen Umständen

eine große Vielfalt an Gefühlsebenen zu. Ergibt sich

allerdings keine Veränderung durch öffentliche Wahrnehmung

und Verkauf, dann wächst der Widerspruch zwischen einer Erwartung,

dem Wunsch nach Umsetzung und der Realität. Die

Ergebnisse künstlerischer Arbeit erfahren in einem neuen,

interdisziplinären Kontext mit interregionalem Austausch in

einem vorgegebenen Rahmen neue Dialogprozesse. Zu sehen

sind Werke, die exakt die Thematik des vergangenen Jahres auf-


nimmt, viele jedoch, deren Ursprung Jahre zurückliegen, die

Motive, ihre Symbolik und Aussagekraft sind dennoch aktueller

denn je.

Die Interaktion der BetrachterInnen mit den Arbeiten, ihre ganz

individuellen Betrachtungsweisen, der Umgang und die Reaktion

auf bisweilen reflektorische Momente der Ausstellung sind es,

die relevant sind. Was fühlen die BesucherInnen, wenn sie sich

wiederum in die durch ihre Präsentation ergebende Realität von

Werken, den gespiegelten Gefühlen begeben? Selbstreflexion

und Konfrontation mit dem eigenen Spiegelbild lassen tief in

diese Fragen eintauchen. Es ist eine Reise durch heterotopische

Räume, durch Dialoge zwischen der Umgebung und künstlerischer

Eingebung. Es entstanden Werke und Weiterführungen,

die nur durch die intensive Beschäftigung der KünstlerInnen mit

dem Ort entstehen konnten.

Ich sehe es als großes Privileg, die Durchführung des Projektes

mitten im strengen Lockdown durchführen zu können, der

Austausch mit den KünstlerInnen und dem Ort sowie im Besonderen

mit den Menschen, die das Kunstprojekt lebendig

machen, haben meine Gefühlswahrnehmung besonders positiv

beeinflusst.

11


7

6

9

5

8

3 4

1

2


IHR RUNDWEG DURCH DIE millstART AUSSTELLUNG

NR. AUSSTELLUNGSORT TAG / NACHT BESCHREIBUNG

1 Stiftswiese, Außenfassade Seite 19

2 Außenwand, Wiese, Treppenaufgang Seite 23

3 Waschküche, Garage Seite 29

4 Kreuzgang, Kreuzgang-Garten Seite 39

5 Stiftsinnenhof Seite 45

6 Mottozimmer Seite 49

7 Stiftskirche, Vorhalle Seite 63

8 Gewölbekeller Seite 69

9 Fischhalle, Galerie in Progress Seite 73

INFOBOX

10 Uhr bis 18 Uhr

In Abhängigkeit von

COVID-19-

Bestimmungen,

bis 20.00 Uhr.

Die aktuellen

Öffnungszeiten

finden Sie auf

unserer Website:

millstart.at

und auf Facebook.

Abenddämmerung

bis 01.00 Uhr.

13


EINFAHRT | AUSFAHRT

MILLSTATT


EINFAHRT | AUSFAHRT

MILLSTATT

Der Durst der Welt – der Durst nach Welt

Ich sehe etwas, und bewege mich weiter, ich sehe wieder und

staune, ich sehe es drei Mal und weiß! Der Erste Eindruck ist

relevant. Das Ankommen auf den ersten Blick definiert. In der

Ortseinfahrt West begrüßt uns die Installation, scheinbar direkt

in der Landschaft entstanden, in sparsamen, genau kalkulierten

Eingriffen, auf die Gegebenheiten vor Ort reagierend.

Halme direkt im See – Positionierung und Durchführung im Millstätter

See, 20 m vom Seeufer entfernt, bergen Herausforderungen

an der konstruktiven, unsichtbaren Unterkonstruktion.

Taucher, Statiker und Wasserbiologen unterstützen uns dabei.

Zzarten, schilfartige Halme schwanken leicht, erinnern an den

immer quälender werdenden Durst der außeralpinen Welt,

Wasser als eine der kostbarsten Ressourcen. Das Reservoir,

der See, steht mit seinem wunderbaren Ambiente und dem

Umgang mit sauberem Wasser im Kontrast zur weltweit wachsenden

Problematik über dessen Verfügbarkeit und ungleicher

Verteilung.

Das Thema SITIS MUNDI der Durst der Welt – der Durst nach

Welt wurde für das Ausstellungsprojekt neu aufgegriffen und

dem aktuellen Zeitgeschehen entsprechend adaptiert. Das

Grundrecht auf Wasser trifft auf das Grundrecht auf individuelle

Freiheit. Der Durst nach Welt steigt, nachdem unser Radius

auf eine uns bisher

unbekannte Weise begrenzt

ist. Begrüßung

und eine Verabschiedung

für weitere Beg-

KÜNSTLERIN

nungen.

Gerlinde Thuma | Seite 17

15



EINFAHRT | AUSFAHRT

MILLSTATT

GERLINDE THUMA

SITIS MUNDI _ der Durst der Welt − der Durst

nach Welt

In der Zeit der Betroffenheit und Einschränkung

durch die Pandemie stehen wir vor SITIS MUNDI.

Der Durst erstreckt sich auf viele Lebensbereiche

bis hin zum auf seine Weise lebensnotwendigen -

dem Durst nach der Welt der Kunst. Die überdimensionalen

Halme (Höhe etwa 6,5 m) sollen

wie Landmarks auf diese Tatsache aufmerksam

machen und gleichzeitig auf die Mittel der Kunst

und die Wege zur Kunst − hier im Kontext zu

den gezeigten Arbeiten im Rahmen der millstART

– verweisen. Die Halme stehen von Wind und

Wasser leicht bewegt in der Tiefe und Weite des

Sees und fest wie zum Mahnmal wurzeln wollend

als weiße Ausrufezeichen in der Grünfläche vor

dem Stift und an der Ortsausfahrt.

www.gerlindethuma.at

17

*1962, lebt und arbeitet

in Niederösterreich.

Studium an der Universität

für Angewandte Kunst

Wien (Maria Lassnig). Malerei,

Graphik, Skulptur,

Environment, Animationsfilm,

Bühnenbild,

Land Art, „site specifics“.

Ausstellungen, Projekte,

Symposien und Reisen im

und ins In- und Ausland.

Kunstpreise und Staatsstipendium.


STIFTSWIESE

-FASSADE


STIFTSWIESE

-FASSADE

Auftritt und Rückzug – hier erfährt die kuratorische Aussage ihre

große Wirkung. Die Themen ähneln dabei denen der Malerei:

die Dimension der Entfernung, ein räumliches Überschreiten,

ein Arbeiten mit der Linie des Horizontes, an der sich Ebenen

brechen und Zeitverläufe angehalten werden in signifikanten

Momenten und Augenblicken. Auf der Stiftswiese im ehemaligen

Klostergarten wird dies mit der gebündelten Anordnung

der Halme Sitis Mundis, dem Durst der Welt – der Durst nach

Welt begreifbar. Das Dursten erstreckt sich in viele Lebensbereiche

bis hin zum auf seine Weise lebensnotwendigen Durst

nach der Welt der Kunst. Die überdimensionalen Halme mit 5,5

m sollen wie Landmarks, fest wie zum Mahnmal wurzeln wollend

in der Grünfläche vor dem Stift, wie große weiße Fragezeichen,

die sich zu Ausrufezeichen strecken, auf Tatsachen aufmerksam

machend und gleichzeitig auf die Mittel der Kunst und die Wege

zur Kunst.

Chromotopia, wie Victoria Coeln die mehrdimensionalen Ergebnisse

ihrer chromotopen Interventionen nennt, könnte auch

der Name einer Weltlandschaft sein, die sie von Region zu Region

in ihr Licht setzt, um all die in ihr enthaltenen, sich überlagernden

und kreuzenden Wirklichkeiten sichtbar zu machen.

Lucas Gehrmann

KÜNSTLERINNEN

Victoria Coeln | Seite 21

Gerlinde Thuma | Seite 17

19


©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021


STIFTSWIESE

-FASSADE

VICTORIA COELN

Die Erfahrung, dass man Dinge auch anders sehen

kann, anders als man gewohnt war sie wahrzunehmen

– dass sich die Sicht auf diese verändern kann,

wenn man die Perspektive wechselt, sie aus einem

anderen Blickwinkel betrachtet, zu einem anderen

Zeitpunkt, aus der Entfernung von ein paar Stunden

oder Jahren – wirft ein kritisches Licht auf das

Sehen: Offensichtlich ist das Sehen kein Garant

dafür, dass die Dinge so sind, wie man sie sieht. Es

ist das Sehen selbst, das die Realität in einem bestimmten

Licht erscheinen lässt. Das Sehen sieht

nur dieses Licht, unter dem sich die Dinge zeigen:

Aus dieser Perspektive vermitteln die Lichtinterventionen

von Victoria Coeln ein Plädoyer dafür,

Orte und die mit diesen verbundene(n) Geschichte(n)

in einem anderen Licht sehen und die Perspektiven

verschieben zu können.

Diachrome werden in analoge Projektoren mit

Linsensystemen eingesetzt und damit bis zu

1000fach vergrößert. Das Linsensystem dient dazu,

außerdem Schärfen und Unschärfen zu gestalten,

ein wesentlicher Bestandteil des lichtbasierten

malerischen Prozesses. Andreas Spiegl

www.coeln.at I www.nipas.ac.at

*1962, lebt und

arbeitet in Wien. Co-

Gründerin des NIPAS

Chromotopia | Interventionen

im öffentlichen

Raum, Wiener Lichtblicke

| Menschenrechte im

Licht der Kunst 2020/21,

CAFÉ CHROMATIQUE

| Das Wiener Kaffeehaus

im Licht der Kunst 2021.

21


AUSSENWAND

WIESE

TREPPENAUFGANG


AUSSENWAND

WIESE

TREPPENAUFGANG

Das Stift Millstatt zählt zu den repräsentativen romanischen

Bauwerken Kärntens. Der Gebäudekomplex wurde vermutlich

um 1070 von Benediktinern gegründet. Vor dem Durchgang in

den inneren Stiftshof, werden die Besucher aufmerksam auf

weitere Halme von Gerlinde Thumas Sitis Mundi. Die Besucher

leitend und Orientierung gebend. Eine Reihe von Objekten

begleiten den hier verlaufenden Weg in und durch das Stiftsgebäude.

Objekthaft sind Andreja Eržens "Windmühlen", die

ihre Aufmerksamkeit darauf richten, über Windkraft in Rotation

zu kommen. Die Assoziation mit tibetanischen Gebetsmühlen

liegt nahe, und doch fern. In Jure Markotas Materialität scheint

Schwerkraft ausgehebelt zu sein. Wie ein parasitäres, organisch

fortpflanzendes Myzel ermächtigt sich seine oxidierend erscheinende

Skulptur. Nie ist sie angekommen, immer könnte sie sich

weiter ausdehnen, sich weitere Wandfläche aneignend. Der

ehemalige Treppenaufgang

erweist sich heute

als Schrein, einem besonderen

Ort gleich.

Verbliebene Stufen

führen hinauf und dennoch

nirgends hin.

KÜNSTLERINNEN &

KÜSTLER

Andreja Eržen | Seite 25

Jure Markota | Seite 27

Gerlinde Thuma | Seite 17

23



AUSSENWAND

WIESE

TREPPENAUFGANG

ANDREJA ERŽEN

Ihre Arbeiten erkunden die Verbindung zwischen

Raum und Zeit. Sie umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher

Medien, welche nicht in der fixen

Vorstellung auf der Leinwand enden. Verbindender

Einsatz von Zeichnung und Malerei, übersetzt

in einem größeren Übergangsraum, mündet in

der letzten Expedition mit „kinetic windmills",

die die Faszination für Bewegungen in der Natur

repräsentieren.

Die Gestaltung auf sehr freie Art und Weise −

nicht fixiert in Konventionen, ist ein wichtiger

Aspekt in Verbindung mit einheitlichen, stimmigen

Geschichten und Beziehungen, die sich zwischen

den Bildern ergeben. Das Hauptaugenmerk

richtet sich auf einen Mix unterschiedlicher Bilder,

eine menschliche Gestalt in einer stilisierten

Landschaft oder ein abstrakter Gestus unter

Verwendung einer großen Auswahl an Materialien

und Formen. Der Prozess gestaltet sich als Zusammenspiel

zwischen Ausdrucks- und Konzeptkunst,

welcher sich in einem langsamen Rhythmus

zwischen impulsiver und geplanter Arbeit bewegt.

www.andrejaerzen.com

25

*1969 lebt und arbeitet in

Medvode und Kranj/Slo

Studium an der Academy

of Fine Arts and

Design Ljubljana Malerei,

Zeichnung, Installationsprojekten,

Tiefdrucktechnik,

Computeranimation,

Graphikdesign Nationale

und internationale Einzelund

Gruppenausstellungen,

Mitglied ZDSLU



AUSSENWAND

WIESE

TREPPENAUFGANG

JURE MARKOTA

Seine künstlerische Arbeit kann in den künstlerischen

Ansatz des „Paradigmas der Datenverarbeitung”

oder ihrer Visualisierung gestellt werden.

Dafür ist es völlig irrelevant, wer den Prozess oder

die Visualisierung körperlich macht. Das heißt die

Intervention beschränkt sich auf die bloße Kompositionsauswahl

aus Datenfragmenten und ihrer

Übersetzung in ein visuelles oder künstlerisches

Medium. Die Werke sind eine Mischung aus der

Besonderheit des Alltags, die nicht unbedingt mit

seiner beruflichen Arbeit verbunden sind, sie aber

beeinflussen. „Das Kunstwerk ist kurz, eine hybride

Situation − kann ganz banal oder persönlich sein,

Reflexion über die Zeit und Position in der Welt, die

er direkt moniert".

https://markota.si

* 1985 Slovenj Gradec,

lebt und arbeitet in

Kühnsdorf und Slowenien.

Akademie der bildenden

Künste und Design

in Ljubljana. Bildhauerei,

Malerei, Grafikdesign,

Architektur und neue

Medien. Internationale

Ausstellungen, Symposien,

Wettbewerbe.

27


WASCHKÜCHE

GARAGE


WASCHKÜCHE

GARAGE

Ein Wirtschaftsraum des Stiftes, zuletzt als Waschküche benutzt,

gezeichnet vom Alter und der einfachen doch funktionalen

Ausstattung. Ein Steintrog. Ein Ofen. Tiefe Gewölbe.

Angrenzend, in diesem ältesten, noch romanischen Trakt des

Stiftshofes befindet sich einer der interessantesten Räume. Seine

Attraktion ruht auf weitläufiger Öffenbarkeit. Schwere Doppeltüren

aus Holz geben dem Raum eine Art Semi-Intimität,

selbst bei geöffnetem Zustand. Als wäre tatsächlich auf Einladung

oder gar ohne ein Fahrzeug eingestellt – oder ist es bereits

abgefahren? Diese Garage beherbergt ein Fahrzeug, eine

Karosserie, eine Hülle, ein Hauch davon und doch manifestiert.

Ein Stückwerk und doch ein großes Ganzes. BesucherInnen

werden eingeladen Dinge, die sie nicht mehr brauchen, zu hinterlegen

und zu bestimmten Terminen in gemeinsamer Arbeit

zu einem Objekt zu verarbeiten. Das gemeinsame Arbeiten

bietet die Gelegenheit über das eigene Brauchen und Haben

nachzudenken und sich mit anderen auszutauschen. Das Objekt

wächst. Und wächst. Aber auch unser Bewußtsein für das

Wesentliche, meint

Gudrun Lenk-Wane,

deren amorphe Gebilde

aus Übriggelassenem

weiterwanden.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Gudrun Lenk-Wane | Seite 37

Oliver Marčeta | Seite 31

Niko Sturm | Seite 35

29



WASCHKÜCHE

GARAGE

OLIVER MARČETA

Malen ist für den Grenzgänger Marčeta wohl die

unmittelbarste und ursprünglichste Art sich auszudrücken

und keine beherrscht er besser. Seine

Malerei und bis zu einem gewissen Grad auch

sein skulpturales Werk basieren auf einem großen

Zeichentalent, das es ihm ermöglicht mit präzisen

Strichen viele unterschiedliche Themen und

Motive spontan und expressiv auf das Papier zu

bringen, ganz ohne Furcht und Scham und immer

mit Virtuosität mit großer Lust am Erzählen. Der

permanente Perspektivenwechsel stimuliert unterschiedliche

und vielseitige Sichtweisen. Mit seinem

allseits präsenten Humor in seinen Arbeiten hält

sein Witz beides – Rebellion und Aussage – zusammen.

Im Lachen, das seine Arbeiten unmittelbar

evoziert, vereint sich das Einfache mit dem Tiefsinnigen,

Zugänglichkeit und Transzendenz sowie das

Eigensinnige mit dem Prinzipiellen.

www.olivermarceta.com

*1969 Onek bei Kočevje,

lebt und arbeitet in

Prekmurje und in Wien,

Hochschule für Angewandte

Kunst Wien (Adolf

Frohner) Zeichnungen,

Objekten, Installationen

und Malereien, Gründer

der Bewegung für Zumoderne

Kunst.

31



WASCHKÜCHE

GARAGE

EVA PETRIČ

Aus der Rezension von Dr. Cornelia Cabuk:

Eva Petric spielt mit den vielen Möglichkeiten der

erzählenden Fotografie; sie stellt intensive Motive

dar, welche durch eine überfüllte Einbildungskraft

inspiriert werden.

Die eindringlichen visuellen Lösungen ihrer inszenierten

Selbstporträts wenden sich an gender spezifische

Identitätsprobleme. Dafür verwendet sie

ausgewählte Objekte der Natur.

Ihre eigene visuelle Sprache entwickelt sie durch

die Verwendung unterschiedlicher Medien, welche

Malerei, Bildhauerei, Film und Literatur beinhalten.

Das erzählende Element findet eine Vielzahl von

auto-poetic visueller Verwirklichung und bezieht

die Inhalte aus Mythen und Märchen gepaart mit

eigenen Erfahrungen aus ihrem Leben in unterschiedlichen

Ländern und Motiven ihrer Erinnerung.

In dem Fluss der visuellen Ideen erscheint ihre individuelle

Arbeit mit der Fotografie als Reflexion

aus flüchtigen bildlichen Ideen.

www.evapetric.com

*1983 Slowenien, lebt

und arbeitet in New York,

Wien, Ljubljana Fotografie,

Video, Performance,

Installation, Sound und

Literatur. Psychologie,

Bildende Kunst Webster

University Wien, New

Media Transart Institute

New York-Berlin.

33



WASCHKÜCHE

GARAGE

NIKO STURM

Niko Sturm kommt als Künstler aus der gestischen

Abstraktion, dem Genre, das ihm aus seiner Sicht

die meisten malerischen Freiheiten einräumt. Auf

der Suche nach den Grenzen der Malerei und des

Tafelbildes experimentiert er – in einer reduzierten

Farbpalette – mit verschiedenen Materialen und

Techniken und lässt dabei – neben einer ganz eindringlichen

und aktuellen Bildästhetik – auch den

Humor nicht zu kurz kommen.

Eigens zur Ausstellung entstandene Werke auf

großformatigen Leinwänden mit Texterweiterungen

und Zitaten, denen er schlicht verbissenen Ernst

nimmt, stehen der durchlebten Zeit humorvoll und

stark entgegen. Monochrome Farbgestaltung gibt

Schrift und Tiefe den Vorrang. Die gemalt– und geschrifteten

Objekte kann man durchaus auch als

Installationen betrachten, als Wege in eine wilde,

vielschichtige und mächtige Freiheit. Gojko Mitić

soll einmal gesagt haben: "Auch Neid muss man

sich hart erarbeiten!"

35

* 1973 Klagenfurt, lebt

und arbeitet in Zinsdorf

/ Svinča vas, Wien und

Berlin. Bundesgymnasium

für Slowenen in

Kärnten und Universität

für angewandte Kunst

in Wien. Ausstellungen

in Österreich, Deutschland,

Slowenien, Kroatien,

Italien, Belgien, Ukraine,

Kirgisistan, Kasachstan.



WASCHKÜCHE

GARAGE

GUDRUN LENK-WANE

Die Objekte und Installationen beschäftigen sich,

nicht zuletzt aus ihrer eigenen Biografie heraus,

mit den Lebensrealitäten als Frau, Mutter und

Künstlerin, mit Migration und Grenzüberschreitung,

mit der Zerstörung der Natur, sei es durch

Plastikmüll oder Atomkraft und deren Rückwirkungen

auf den menschlichen Körper.

„Diese Themen sind meine Rohstoffe und ich vermische

sie, wie es die jeweilige Arbeit verlangt.“

Gudrun Lenk-Wane

In der Serie „having it all. wanting more.“ wird zu

amorphen Gebilden verarbeitet, was noch nicht

kaputt ist, aber niemand mehr braucht, aus Kunststoffen,

Textilien und Metall.

„garage“ Den Faden spinnen. Verkehrswege und

-netze. Im Netz der vorgegaukelten Individualität

gesichert. Vom Müssen und Haben; schneller,

stärker, weiter. Wohin kämen wir noch, wenn wir

da ausstiegen, die Fäden gekappt; und andere

Wege finden wollten. Haken schlagen, ausweichen,

glauben klüger zu sein als das Netz. Ich,

nur ich bin ich, wo ich mir den Vorrang erzwinge.

Dabei im Netz zappelnd, ein Beutestück.

www.gudrunlenkwane.at

*1967 in Villach, lebt und

arbeitet in Wien. Bühnen-

und Kostümbild,

Malerei, Performance,

Modelabel OKUNI, textile

Kunstinstallationen im

öffentlichen Raum Mitglied

der Gesellschaft für

bildende Künstlerinnen

und Künstler Österreichs,

Künstlerhaus.

37


KREUZGANG

KREUZGANG-GARTEN


KREUZGANG

KREUZGANG-GARTEN

Der romanische Kreuzgang des 12. Jahrhunderts öffnet sich

über Biforen mit breiten Mauerzungen in den Kreuzgarten.

Ein kulturgeschichtlich reizvoller Sonderfall ist auch das wegen

des Niveauunterschiedes zur Kirche um einige Stufen erhöhte

Kreuzgangportal.

Berühmt durch die außergewöhnliche Doppelsäule mit Tierdarstellungen

an der Basis und in den Kapitellen, ist der Kreuzgang

des ehemaligen Benediktinerstiftes ein herausragendes Baubeispiel

der Romanik in Österreich. An der Ostseite führt ein Portal

in den im Kern noch hochromanischen Kreuzgang, um den

sich das mittelalterliche Benediktinerkloster erstreckte.

Künstlerischer dialogischer Prozess findet durch die historisch

architektonischen Besonderheiten so mit dem Standort der

Werke selbst statt. Es gibt keinen besseren Standort für die,

strengen Gestaltungsprinzipien folgenden Urnen von Melitta

Moschik. Materialität und Monochromie spiegeln die Ruhe des

Ortes. Der ruhende Moment wird obsolet, sobald sich die Betrachterin

dem matten, hochpolierten Edelstahlspiegel von Tomas

Hoke nähert. Ein

Zuviel an Nähe lässt ihn

vibrieren, den Betrachter

zurückweisend.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Andreja Eržen | Seite 25

Tomas Hoke | Seite 41

Melitta Moschik | Seite 43

39



KREUZGANG

KREUZGANG-GARTEN

TOMAS HOKE

Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper,

seinen Verhältnissen, seinen Eigenschaften

und Möglichkeiten sowie die Reflexion der Physiognomie,

die Beschäftigung mit dem menschlichen

Mikrokosmos, mit Hirnforschung und Neuroästhetik,

bedingen die formale und materielle Erscheinung

sowie den Charakter der Werke: assoziative,

symbolische Formen, konfrontative, interaktive

Objekte, kinetische, pneumatische, akustische

Installationen, die als Vehikel der Wahrnehmung

die visuellen, taktilen und auditiven Sinne ansprechen.

Monumentale Metall-Skulpturen entstehen

im Spannungsfeld der Überschreitung der

Körpergrenzen in den Raum, dem Übergang vom

Mikro- in den Makrokosmos als Ort der Relationsverschiebungen,

aber auch der gesellschaftlichen

Wechselwirkungen.

Der seit dem Beginn zentrale Begriff, der künstlerischen

Auseinandersetzung ist der „Resonanzraum“,

ihn zu generieren, ist das Ziel.

www.hoke.at/tomas

*1958 Wien, lebt und arbeitet

in Wien, Berndorf

und Saager in Kärnten

Kunstgeschichte an der

Universität Wien, Universität

für Angewandte

Kunst Wien, Meisterklasse

für Metallgestaltung

(Prof. Carl Auböck).

41



KREUZGANG

KREUZGANG-GARTEN

MELITTA MOSCHIK

Die im Rahmen der Ausstellung präsentierte „HU-

MAN CONDITIONS“ beschäftigt sich mit den

Grundbedingungen des menschlichen Seins und

visualisert wesentliche Parameter der menschlichen

Existenz, vom Goldenen Schnitt der Körperproportionen

über exponentielles Wachstum bis

hin zum Faktum der Sterblichkeit.

Zwölf urnenförmige Acrylglas-Objekte aus dem

Zyklus „DAS KLEINE SCHWARZE“, angeordnet

in fortschreitender Anzahl der Fibonacci-Reihe,

thematisieren den Tod als unausweichliche Bedingung

der Existenz. Die Wandobjekte greifen die

signifikanten Umrissformen von Überurnen auf,

jenen Schmuckurnen, in welche nach der Feuerbestattung

die Aschekapsel gestellt wird. In Augenhöhe

montiert, spiegeln sich die Betrachter und

Betrachterinnen in den Bedingungen ihres Seins

wider.

www.moschik.at

43

* 1960 Villach, lebt und

arbeitet in Graz, Wien,

Klagenfurt. Mathematik

und Physik an der Universität

Graz. Mediale Installation,

Metallplastik und

Objektkunst, Kunst am

Bau und im öffentlichen

Raum, Interdisziplinäre

Projekte zur Verknüpfung

von Kunst, Wissenschaft

und Technik.


STIFTSINNENHOF


STIFTS-

INNENHOF

Das Benediktinerstift mit der Stiftskirche gilt als eines der wichtigsten

Denkmäler romanischer Baukunst in Kärnten.

Der Hof wird umsäumt von zweigeschoßigen Säulen- und Pfeilerarkaden,

in denen sich Kunst von Jure Markota materialisiert

und von Gudrun Lenk-Wane hinterfragend parasitär und leicht

wiederfindet. Der Gebäudekomplex mit vorspringendem Stiegenhaus

umrahmt eine herrschaftliche Linde.

Nataša Sienčniks 2010 entstandene erleuchtete räumliche Installation

aus Zeltobjekten leiten Nachts sanft durch den Hof

bis zur Stiftskirche, und scheint tagsüber wie eine temporären

Einnahme eines Gartens von dem wir doch täglich in den Nachrichten

hören. Und dennoch umgibt sie der Schein von Wärme.

An der Nordseite fällt eine barocke Sonnenuhr in Form eines

Freskos des heiligen Sebastian auf, der sehr drastisch vom Zeiger

in Gestalt eines Pfeiles durchbohrt wird. Genau darunter

positioniert Nives Widauer ihre Masken der Macht. Wie Male

auf Pfählen, in antiken Schirmständern als Füße, haben sie doch

nichts einschüchterndes,

verlieren durch

ihre Materialität alles

verängstigende und erinnern

an die Ästhetik

der Masken von Kiki

Kogelnik.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Grudru Lenk-Wane | Seite 37

Jure Markota | Seite 27

Nataša Sienčnik | Seite 46

Nives Widauer | Seite 61

45



NATAŠA SIENČNIK

STIFTS-

INNENHOF

Eine temporäre Siedlung besetzt einen Innenhof.

Weiße Zelte, von innen erleuchtet. Der Ursprung

der Zelte ist unbekannt, genauso wenig wissen wir,

ob es sich dabei um freiwillige oder unfreiwillige

Migration handelt. Eine räumliche Intervention mit

Licht und serieller Wiederholung, die eine neue

Topographie schafft. Die homogene Zeltsiedlung

befindet sich außerhalb ihres natürlichen Lebensraums

und scheint fehl am Platz. Die Intervention

verrät ihren Ursprung nicht, sondern verweist auf

ein abstraktes, wanderndes Subjekt. Letztendlich

verschwindet die Siedlung genauso schnell wie sie

den Hof eingenommen hat. Sienčniks künstlerische

Forschung liegt in einem hybriden Feld mit

kurzlebigen Grenzen, das die Grundlage eines Objekts

und seine Einbeziehung in jede Form künstlerischer

Kategorie in Frage stellt. Ihre Arbeiten sind

in Bezug auf Technik, Form und Dimension heterogen

und umfassen theoretische Untersuchungen,

Fotografien, Videos und die Modifikation realer

Objekte sowie öffentliche Installationen, an denen

das Publikum häufig direkt beteiligt ist. Angesichts

dieser formalen Komplexität ist der gemeinsame

Nenner die Aufmerksamkeit der Künstlerin auf die

Gegenwart, um ihre sozialen, politischen und kulturellen

Probleme zu untersuchen. (Text Michela

Lupieri)

www.natasasiencnik.com

47

*1984 Kärnten, lebt und

arbeitet in Wien und

Kärnten. Studium der

Transmediale Kunst an

der Universität für Angewandte

Kunst in Wien

und Networked Media

am Piet Zwart Institute

in Rotterdam. Interaktive

Installationen, Objekte,

Fotografien, Videos und

Texte.


MOTTOZIMMER

Erdgeschoss | Stiegenhaus | Gang | Zimmer 1 - Zimmer 5


MOTTOZIMMER

Durch eine unscheinbare Holztür neben dem im Norden liegenden gotischen Portal

mit den eingemauerten, berühmten Flechtsteinen aus der Karolingerzeit ausgestattet,

gelangt man über eine steile Treppe ins Obergeschoß. Die aneinanderreihenden

Räume wurden zuletzt als Wohnungen genutzt. Ihre Heterotopien ergeben ein Spannungsfeld

künstlerischer Raumaneignung. KünstlerInnen aus unterschiedlichen Regionen

begegnen sich im künstlerischen Kontext und treten so in einen künstlerischen

Dialog. Poesie contra Theorie, das ist das menschliche Paradox von Intellekt im Kampf

mit der Emotion – aktuell in Augenschein genommener, vielschichtig-rätselhafter Doppelsinn,

zitiert Brigitte Borchhardt-Birbaumer Werner Hofmanns Doppelsinn.

Über Kopf schwebende Schwärme, die sich wie lebendig aneinander schmiegen, bewegen

und berühren, geleiten hinauf. Ein langgezogener schmal verbindender Raum

bietet Nischen zum Verweilen, Monitore laden ein, sich eine eigene Intimität mit künstlerischen

Filmen zu schaffen. Von Raum zu Raum dringt man vor, eignet sich die künstlerischen

Formen und Formulierungen an.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Theres Cassini | Seite 51

Caroline | Seite 53

Tomas Hoke | Seite 41

Richard Klammer | Seite 55

Ina Loitzl | Seite 57

Ivan de Menis | Seite 59

Nataša Sienčnik | Seite 47

Nives Widauer | Seite 61

49



MOTTOZIMMER

THERES CASSINI

Als Schwarm präsentieren sich rätselhafte, fliegende

Objekte.

“Sie sind als Gurken erkennbar, alle vom selben

Stamm. Mit ihnen dringt Theres Cassini ein in die

Strukturlogik lebendiger Körper. Denn die Gurke

oder das Gurkenförmige, also die von ihren beiden

Polen her als in die Länge gezogen gedachte Kugel,

dürfte so ziemlich die überlegenste Form in diesem

Reich sein.“

In der biomorphen textilen Skulptur Ovum wird

die Skulptur zum Kleid, was sie auch ursprünglich

war, eine Hülle, auf deren (Ober)fläche sich die

Welt erklärt. Sie schwebt, ballettartig, schwerelos

schwimmend, auf jeden Hauch reagierende Skulptur,

die zur Welt der Phantasie gehört.

Zitate aus Fliegende Bionics von Elisabeth von Samsonow,

Gurkenschwarm, O&O DEPOT, Berlin 2020.

www.cassini.at

*1960, lebt und arbeitet in

Wien Fotografie, Objekte,

Textile Arbeiten, Rauminstallationen

Sammlungen:

Galerie Belvedere, Leopold

Museum, Ursula Blickle

Videoarchiv, Museum Villa

Haiss Stuttgart, Museum

Moderner Kunst Klagenfurt

51



MOTTOZIMMER

CAROLINE

Schmerzkörper schlafend, schmerzkörper erwacht,

2010

Denkt man an die künstlerische Kraft der Frau in

der Kärntner Kunstwelt, dann führt an Caroline

kein Weg vorbei.

Die augeprägte lyrische Komponente in Carolines

Malerei inspirierte bereits Schriftsteller wie H.C.

Artmann und Gert Jonke. Sie teilt uns vieles über

sich selbst als Künstlerin, als Mensch, als denkendes

Wesen, aber auch über die Welt, die sie

umgibt, mit. In ihrem autobiografisch anmutenden

Werk, in ihrem malerischen Kosmos tummeln sich

wunderbare Wesen, Engel, Dämonen, Tiere und

Menschen, denen eines gemein ist – sie schweben

zwischen Zeit und Raum, scheinen keine Schwere

zu kennen. Das Sinnliche und eine Ästhetik der

Sinnlichkeit umgeben ihre Werke, die durchaus

für Grenzerfahrung zwischen den Gefühlswelten

stehen.

www.caroline-art.com

53

*1940 Graz, lebt und arbeitet

in Kärnten. Grafikstudium

in Wien, Mitglied

Kunstverein Kärnten.

Malerei, Objekt, Kostümund

Ausstattungsarbeiten.

Einzelausstellungen

und Beteiligungen Wien,

Klagenfurt, Linz, Salzburg,

Graz, Paris, Köln, Laibach,

Venedig, New York.

Internat. Kunstmessen,

Symposien, Workshops.



MOTTOZIMMER

RICHARD KLAMMER

Seine Protagonisten in VIEL ZEIT GENOSSEN

positioniert Richard Klammer immer gleich. Trotz

dieses strengen Bildaufbaus weiß er die individuelle

Persönlichkeit seiner „Modelle“ nachzuspüren und

zu formulieren.

Die Portraitmalerei als eine der klassischen Genres

in der Kunstgeschichte, schien mit dem Aufkommen

der Fotografie obsolet. Mit der heutigen

Flut an Selfies in den elektronischen Medien ist

das gemalte Porträt oder Selbstportrait als Mittel

der Selbstvergewisserung komplett entwertet.

Dennoch ist das Porträt nie verschwunden, wurde

immer als malerisches Experimentierfeld bearbeitet

und wird in der aktuellen figurativen Malerei

der Gegenwart wieder aufgegriffen. Jedoch nicht

mehr zu möglichst realitätsnaher Darstellung der

Portraitierten, sondern als malerisches Verfahren,

in welchem es um Fragen des Bildraumes, der Figur,

der malerischen Mittel, der Abstraktion und

um die Vielfalt der individuellen malerischen Ausdrucksmöglichkeiten

geht. „Die zeitgenössische

Porträtkunst ist zum Transportmittel der subjektiven

Stilsetzung, der stilistischen Signatur des Autors

geworden“ Robert Fleck

www.richardklammer.net

*1964 Obervellach, lebt

und arbeitet als Maler

und Musiker in Klagenfurt.

Studium Malerei

Akademie der bildenden

Künste Wien (M. Prachensky).

Mitglied bei der

Kunstsportgruppe Hochobir

(mit Uwe und Heiko

Bressnik und Martin

Dean), The Talltones.

55



MOTTOZIMMER

INA LOITZL

Die Heimat, der Körper, der Tod und das Leben

sind Ausgangspunkte der künstlerischen Arbeiten.

Im Fokus steht immer der Mensch. Der Kern ihrer

Auseinandersetzung gilt dem eigenen weiblichen

Körper, wesentlichen Stationen und Phasen des

Lebens wie Schwangerschaft, Geburt oder das Altern.

Selbst Künstlerin, Ehefrau und Mutter untersucht

sie die verschiedenen Rollenbilder, die Frauenkörpern

von der Gesellschaft zugeschrieben

werden. Häufig verwendet die Künstlerin textile

Objekte, deren Herstellung, das Nähen, als traditionelle

weibliche Arbeit gilt – dem gegenüber setzt

sie neue Medien ein, um rauminstallativ die Thematik

ganzheitlich zu erfassen.

In ihrer filmischen Arbeit setzt Ina Loitzl assoziative

Bilderkombinationen ein, die Gefühle, Erlebnisse

und vollkommen surreale Thematiken miteinander

verbinden. Oft sind weibliche Situationen im Fokus,

in ihrer Kraft, aber auch ihrer Verletzlichkeit.

Durch Ton, Text, filmischen Übergänge und den

narrativen Erzählstrang in seiner animatorischen

Kürze bringt der Animationsfilm eine kleine Welt

auf den Monitor.

www.inaloitzl.net

*1972, Klagenfurt, lebt

und arbeitet in Wien.

Studium der Grafik und

Visuelle Medien am

Mozarteum in Salzburg

Fotografie, Trickfilm und

Video, Objektkunst und

Installation.

57



MOTTOZIMMER

IVAN DE MENIS

Compressione - Retta – Tessera | Der frontal gerichtete

Blick auf die Arbeiten der Werkreihe

Tessera – als Mosaiksteine zu verstehen, die aus

einem großen Ganzen entnommen wurden, offenbart

anderes, als der Blick nach einem Schritt

zur Seite. Die Seitenflächen der rechteckigen und

quadratischen Bildobjekte sind essenziell, dort

spielt sich die Malerei ab, und dort zeigen sich die

Spuren des Arbeitsprozesses weit mehr als auf der

glatten, mit Epoxidharz versiegelten Front.

Der Reiz liegt wie so oft im Kontrast, einerseits

intensive Farb- und Leuchtkraft und andererseits

offengelegte Farbschlieren und Strukturen.

Der Titel bezieht sich auf die bevorzugte Arbeitstechnik:

Zerrissene Leinwände, aus alten, ausgeschiedenen

Werken recycelt, werden im Atelier

über eine Holzkonstruktion gespannt. Hochpigmentierte

Acrylfarbe kommt ins Spiel. Schicht um

Schicht entstehen die Werke. Minimalität und Infinität,

über den Bildrand hinausgehend, Poesie und

Ästhetik stehen in subtilem Miteinander.

www.ivandemenis.com

* 1973 Treviso, lebt und

arbeitet in Treviso.

Bruno-Munari-Kunstinstitut

in Vittorio Veneto und

die Accademia di Belle

Arti in Venedig.

59



MOTTOZIMMER

NIVES WIDAUER

Die Suche nach Verbindungen zwischen dem Analogen

und dem Digitalen und verstärkte Beschäftigung

mit der Dekontextualisierung des eigenen

Werks stehen im Vordergrund.

Im »Bambuszimmer« erfährt man eine fiktive

Darstellung eines möglichen, bewohnten Raumes,

jeden Augenblick könnte die Bewohnerin eintreten

und in der Verdichtung und konzentrierten

Präsentation ihrer Wahrnehmung auf das Ausstellungsthema

deuten. Hinweise auf den Verlust

zeitlicher und sozialer Komponenten der letzten

Monate zitiert die Künstlerin ebenso, wie verschmelzende,

verdichtete, globale Informationen

aus Umwelt und religiöser Entität. So treffen zarte

Schmetterlingsflügel auf gepresste Stein- und Meteoritenformationen

im Bezug zur Sichtweise des

eigenen Ichs auf die menschliche Existenz.

www.widauer.net

61

*1965 in Basel, lebt und

arbeitet in Wien. Studium

audiovisuelle Gestaltung

an der Schule für Gestaltung

in Basel. Live-video

Bühnenbilder für Theater

und Oper, semidokumentarische

Filme. Kunsthaus

Zürich, Kunsthistorisches

Museum, Austrian

Cultural Forum NY, SPSI

in Shanghai, Museum

Belvedere.


STIFTSKIRCHE

Wiese vor der Kirche | Vorhalle


STIFTSKIRCHE

VORHALLE

Die Erfahrung, dass man Dinge auch anders sehen kann, anders

als man gewohnt war sie wahrzunehmen – dass sich die Sicht

auf diese verändern kann, wenn man die Perspektive wechselt,

sie aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, zu einem anderen

Zeitpunkt, aus der Entfernung von ein paar Stunden oder

Jahren – wirft ein kritisches Licht auf das Sehen: Offensichtlich

ist das Sehen kein Garant dafür, dass die Dinge so sind, wie man

sie sieht. Textauszug von Andreas Spiegl

In der ehemaligen Stifts- und heutigen Pfarrkirche im romanischen

Stil einer dreischiffige Pfeilerbasilika regen Licht und Glas

zu neuen Dialogprozessen an. Armin Guerino gibt das Innerste

seines Tabernakels in der Vorhalle preis und Nataša Sienčnik

setzt leuchtende Akzente auf der Wiese vor der Kirche, den

Weg aus dem Stiftsinnenhof weisend. Die Sichtbarkeit des Lichts

an der Fassade des Stifts zieht sich tagsüber in das Innere des

Stiftes und in den Kirchenraum zurück, um nachts wieder an

der Fassade in Erscheinung zu treten. Dies lässt einen direkten

Bezug zur gegenwärtigen

Lebenssituation

entsteht: Auftritt, gefolgt

von Rückzug und

Distanzierung in die

eigene Intimität.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Victoria Coeln | Seite 21

Armin Guerino | Seite 65

Nataša Sienčnik | Seite 47

63



STIFTSKIRCHE

VORHALLE

ARMIN GUERINO

Der Tabernakel, übersetzt in das 21. Jahrhundert,

erfährt eine grundlegende Umformung, er ist offen,

transparent, für jeden einsehbar und wandelt

sich somit vom verschließbaren, kompakten

Schrein zur Schauvitrine, in der das Private öffentliche

Teilung erfährt und jederzeit sichtbar ist.

Im Kontext des sozialen und gesellschaftlichen

Handlungsraums der Gegenwart finden sich Merkmale

einer Umkehrung: Die Individualität im Alltag

rückt in den Vordergrund und Persönliches wird

über Medien und digitale Kommunikationsforen

öffentlich zur Schau gestellt. Die Partizipation am

gesellschaftlichen Leben in der digitalisierten Gesellschaft

verlangt nach der Offenbarung des Rohstoffes

„Privates Leben“.

Die Form des Tabernakels baut auf eine Fibonacci-

Folge und dem goldenen Schnitt auf.

www.guerino.at

65

*1961, lebt und arbeitet

in Wien, Schloss Saager

Kärnten und München.

Studium an der Akademie

der bildenden Künste in

Wien. Malerei, Zeichnung,

Installation und

Objektkunst im öffentlichen

Raum, Preisträger

des ersten Calls der

Kärntner Kulturstiftung

2021.


©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021


STIFTSKIRCHE

VORHALLE

VICTORIA COELN

SEESTRAHLEN | Wir nennen die Dinge beim

Namen. Wir nennen die Orte und Dinge bei den

Namen, die man ihnen gegeben hatte. Oft ist es

allein der Name, der ein Ding erst zum Ding werden

lässt, dieses namentlich trennt von jenem, das

da anders heißt. Wirft man ein neues Licht auf die

Dinge, das diese nur streift, erhellt oder miteinander

verbindet, dann beginnen sich die Bezeichnungen

aufzulösen, um im Namen des Lichts nach

einer anderen Sprache und nach anderen Namen

Ausschau zu halten: nach Worten und Namen, die

erst gefunden werden wollen und die Grenzen in

jeder Sprache und zwischen den Sprachen sichtbar

werden lassen ... eine chromophone Sprache,

die sich in Victoria Coelns Chromotopen zu Wort

meldet – vielleicht wörtlich als Wortlicht.

67


GEWÖLBEKELLER


GEWÖLBEKELLER

Zwei eng aneinanderschmiegende Bögen führen 24 Stufen tief

in die historischen Kellergewölbe, die einst als kühle Lagerräume

im Sommer dienten. Hier findet Victoria Coelns Licht tagsüber

eine aufnehmende, Licht tragende Dunkelheit hier, findet

Licht Raum und wirkt fast körperhaft.

Coelns Licht ist konstruktiv. Es steht nahezu objekthaft im

Raum und kreiert eine eigene Körperlichkeit, einen zusätzlichen

Assoziations- und Vorstellungsraum schaffend, der sich mit dem

Realraum verwebt. (Heike Sütter)

Das Aufeinandertreffen von Licht und Material ergibt eine neue

Dimension von Geschichte. Was bleibt von uns, was wird gefunden

werden. Hinterlassene Spuren in Gold, einer Wegführung

gleich, kaum wahrnehmbar vibrierend beim geringsten

Lufthauch und Licht, gestalten einen neuen Wahrnehungsraum.

Chromotopia, wie Victoria Coeln die mehrdimensionalen Ergebnisse

ihrer chromotopen Interventionen nennt, könnte

auch der Name einer Weltlandschaft sein, die sie von Region

zu Region in ihr Licht

setzt, um all die in ihr

enthaltenen, sich überlagernden

und kreuzenden

Wirklichkeiten

KÜNSTLERINNEN

sichtbar zu machen.

Lucas Gehrmann

Victoria Coeln | Seite 21

Gudrun Lenk-Wane | Seite 37

Tanja Prušnik | Seite 71

69



GEWÖLBEKELLER

TANJA PRUŠNIK

Tanja Prušnik erweitert ihren malerischen Ansatz

durch dessen Transformation und Integration in

objekthafte, architektonische und raumbildende

„Konstruktionen“. Zunächst überschreitet sie

bereits im Malprozess selbst die „Grenzen“ des

Bildlichen. „Malspuren“ beschränken sich nicht

auf klassische Bildebenen und Materialien, sondern

werden zum räumlichen Bildkörper, durch

einbeziehen der Seitenflächen der Rahmung. Bei

bei der Werkserie Spuren_sledi arbeitet sie auf ungewöhnlichem

Material, das als Farbträger kaum

wahrnehmbar fungiert, es dominiert eine einzige

Farbe: Gold. In »Spuren-sledi« beschreibt sie Spuren,

die wir hinterlassen und die vielleicht einmal

jemand finden wird. Es entstehen subtile, sehr fragile

Arbeiten, Spuren von Farbe auf Folien, die als

Installationen ebenso in der Natur gespannt werden,

zwischen Bäume oder auf Mauern, als auch

im Rauminneren installativ zum Einsatz kommen.

Stark und fragil, glänzend und nichtglänzend, sich

leicht im Wind bewegend, mit zwei Ansichten. Die

Farbe selbst soll Hoffnung und Zukunftsweisendes

ausdrücken.

www.prusnik.com

*1971 Wolfsberg, lebt und

arbeitet in Wien. Architektur

an der Technischen

Universität Wien.

Malerei, Objekt, Installation,

Bühnenbild, Buchgestaltungen,

Architekturund

Designprojekte und

Kuratierungen.

71


GALERIE IN

PROGRESS

FISCHHALLE


PROGRAMM

GALERIE IN PROGRESS | FISCHHALLE

Wie der Namen verrät, wurde diese Halle als Fischmarkt genutzt und bis in die zweite Hälfte des

20. Jahrhunderts frischer Fisch aus dem Millstätter See verkauft. In der riesigen Halle im Westen

gelegen befindet sich eine skulptural anmutende Stahltreppe aus dem 19 Jahrhundert, die die

Halle mit den oberen Turmwohnungen verbindet.

Als Folge Neudenkens künstlerischer Präsentationspraxis, wird die Fischhalle zu einer Galerie in

Progress umfunktioniert. Hier wird wird die Dauerausstellung um Werke ergänzt, die quasi in situ

entstehen. Einerseits bietet sie Raum für eine eigene Form von Ausstellung, indem sie nach Beendigung

der Artist in Residence Zeit um jeweils ein vor Ort entstandenes Werk erweitert wird. So

wird die Finissage des Gesamtprojektes gleichzeitig von einer Vernissage geprägt. Weiters werden

Werke von KünstlerInnen präsentiert, die das Programm um Performance, Film oder temporäre

Präsenz erweitern.

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Christian Bazant-Hegemark

Franz Berger

Andreas Ehlers

Sabine Groschup

Ivan de Menis

Partnergarnelen

Johannes Rass

Elisabeth von Samsonow

Hubert Sielecki

Gerlinde Thuma

u.a.

73


ARTIST IN RESIDENCE

Das millstART Artist in Residence Programm wurde gemeinsam mit der Familie Berndl entwickelt.

Eingeladene KünstlerInnen arbeiten bis zu zwei Wochen lang begleitend zur aktuellen

Ausstellung und themenbezogen im Kunstatelier am Hafen des Romantik SPA Hotel Seefischer.

Es bietet KünstlerInnen die Möglichkeit, den Wirkungskreis ihrer künstlerischen Tätigkeit in Millstatt

zu erweitern. Wir versetzen die Residenzkünstler in die Lage, einen lebendigen Austausch

mit KünstlerInnen und Hotelgästen sowie ortsansässigen Kunstinteressierten zu pflegen. Im Abschluss

an die Residence-Zeit werden hier entstandene Arbeiten Teil der Ausstellung konZEN-

TRATION_Auftritt und Rückzug in der Galerie in Progress. www.seefischer.at

KÜNSTLERINNEN &

KÜNSTLER

Christian Bazant-Hegemark

Andreas Ehlers

Ivan de Menis

Johannes Rass

Elisabeth von Samsonow

Gerlinde Thuma

u.a.


Freitag, 28. Mai 2021 | 19:00 Uhr

LANGE NACHT DER KIRCHEN

Wo? Stiftskirche

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Lichtintervention und Kunstinstallation

Victoria Coeln _ PASSION LICHT : Millstatt

Armin Guerino und Nataša Sienčnik

Amirah Pranzl

Andrew York: Home, Gitarre solo

Begrüßung:

Pfarrer Slawomir Czulak

Diözesanbischof/škof Dr. Josef Marketz

Valentina Schantl

Augustin Barrios Mangore: La Catedral: Preludio, Gitarre solo

Vorstellung der KünstlerInnen: Tanja Prušnik, Kuratorin

PROGRAMM

Zur Kunst:

Victoria Coeln, Nataša Sienčnik, Armin Guerino

Duo Giojoso (Amirah Pranzl, Valentina Schantl)

Enrique Granados: Danza Espanola Nr. 2 Oriental, 2 Gitarren

Freitag, 11. Juni | 20:00 Uhr

PERFORMANCE

BARBARA AMBRUSCH-RAPP

(NO)HOPE performance (ca. 45 Minuten)

Wo? Stiftsinnenhof

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

*1972 Klagenfurt, lebt und arbeitet in Auen b. Velden Multimediakunst,

Fotografie, Text, Video, Installation und Performance.

www.barbara-rapp.com

75


In den Kunstgesprächen sprechen wir

mit Gästen über brennende Fragen

und Themen, die wir im gesellschaftsrelevanten

und künstlerischen Kontext

erfahren. Die Gespräche finden

in lockerer Atmosphäre an lauen

Sommerabenden im Kreuzgang statt.

Wir freuen uns über Ihre Teilnahme

und ihre Fragen.

Bitte entnehmen sie die aktualisierten

Termine unserer Website millstart.at

Sonntag 11. Juli 2021 | 20:00 Uhr

KUNSTGESPRÄCH

FELICITAS THUN-HOHENSTEIN

MIT TANJA PRUŠNIK

Kann eine Ausstellung Antworten auf Fragen der Solidarität geben und über

die (Un-)Möglichkeit von Dialog“

Wo? Kreuzgang

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Felicitas Thun-Hohenstein ist Kunsthistorikerin und Professorin am Institut

für Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der bildenden Künste Wien;

Kuratorin des Österreich Beitrags Biennale 2019.


PROGRAMM

Juli 2021

KUNSTGESPRÄCH

CHRISTINE WETZLINGER-

GRUNDNIG MIT TANJA PRUŠNIK

„Reaktionen und Auswirkungen“ Die Pandemie hat die Kunstwelt

dazu gezwungen viele ihrer Aktivitäten einzustellen und

ihre Vorgehensweisen zu ändern, ein Gespräch über die vielfältigen

Folgen und Auswirkungen für die zukünftige Arbeitsweise

im künstlerischen Kontext.

Wo? Kreuzgang

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Mag.a Christine Wetzlinger-Grundnig ist Kunsthistorikerin,

Kuratorin und Leiterin des Museum Moderner Kunst Kärnten.

30. Juli 2021

KUNSTNACHT MILLSTATT

20:00 Uhr Kuratorinnenführung | 21:00 Uhr Sound Installation

22:00 Führung | 23:00 Uhr Performance – Partnergarnelen

Wo? Stiftsinnenhof

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Partner Garnelen (Larissa und Frank Tomassetti)

*1972, 1973, leben und arbeiten in Treffenboden. Das Ehepaar

Tomassetti prägt das Kunst Konzept PARTNERGARNELEN

seit einigen Jahre und ist bekannt für seine unkonventionelle

Herangehensweise und erfrischend mutige Bildsprache, die es

in Form von surreal anmutenden Malereien, Zeichnungen und

Installationen zum Ausdruck bringt.

77


Donnerstag, 26. August | 20:00 Uhr

VORFÜHRUNG VON EXPERIMEN-

TELLEN KURZFILMEN

von Sabine Groschup, Ina Loitzl, Oliver Marčeta, Hubert

Sielecki, u.a.

Wo? Stiftsinnenhof (bei Regen Kreuzgang)

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Sabine Groschup

*1959 in Innsbruck, lebt und arbeitet in Wien und Berlin.

Ethnologie Studium an der Universität Wien; Hochschule für

angewandte Kunst Wien Experimentelles Gestalten bei Maria

Lassnig, Gaststudium an der Kunstakademie Düsseldorf, Videokunst

bei Nam June Paik; Studium an der Hochschule für

angewandte Kunst Wien Architektur bei Wilhelm Holzbauer;

Studium an der Universität Innsbruck Archäologie, Ur- und

Frühgeschichte und Architektur. sabinegroschup.at

Hubert Sielecki

*1946, Kärnten, lebt und Arbeitet in Wien. Hochschule für

angewandte Kunst in Wien und Filmhochschule in Lodz/PL.

Zusammenarbeit mit unzähligen KünstlerInnen, u.a. Maria

Lassnig, Gerhard Rühm, Valentin Oman.

www.hubert-sielecki.at

September | 20:00 Uhr

PERFORMANCE

ELISABETH VON SAMSONOW

Wo? Stiftsinnenhof/Kreuzgang

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig


PROGRAMM

10. September 2021 | 20:00 Uhr

KUNSTGESPRÄCH

GÜNTHER OBERHOLLENZER MIT

CHRISTIAN BAZANT-HEGEMARK

„Von Gemeinschaft und Isolation in der zeitgenössischen

Kunst“ Wie stark die Eindrücke und Erlebnisse des letzten Jahres

unseren Blick konditionieren und Kunstwerke eine

neue Beachtung erlangen.

Wo? Kreuzgang

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Günther Oberhollenzer ist Kunsthistoriker, Leitender Kurator

in der Landesgalerie Niederösterreich, bis 2015 Kurator im Essl

Museum, Jurymitglied STRABAG ART AWARD.

Christian Bazant-Hegemark ist Künstler, Doktor der Philosophie,

erste Einzelpräsentation derzeit laufend im Museum

Angerlehner, Netzwerk „JOMO–Joy of Missing Out“, Podcast

„Kunst und Klischee“, YouTube-Kanal „On Doubtin Creative

Practices“.

8. Oktober 2021 | 19.00 Uhr

VERNISSAGE / FINISSAGE

Galerie in Progress Abschlussveranstaltung – Kuratorin und

KünstlerInnen sind anwesend

Wo? Fischhalle

Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

79



81



SPONSOREN

950

Jahre

Stift

Millstatt



SPONSOREN


SPONSOREN

Logo

Werbemanufaktur

IN DER

-GALERIE

MILLSTATT IN DER AM SEE

-GALERIE

MILLSTATT AM SEE

C62 M0 Y78 K50

R66 G115 B58

#42733a

Pantone 7742 C

1C Version

C0 M65 Y100 K74

R95 G47 B0

#5f2f00


IMPRESSUM

Tanja Prušnik dankt den KünstlerInnen für die wunderbaren

Werke, der Präsidentin Ina Maria Lerchbaumer und dem

großartigen Vorstand und Team und Helfern von millstART für

die gute Zusammenarbeit, Thomas Kalt für die feine grafische

Gestaltung.

Der Verein millstART dankt allen Unterstützern, Sponsoren

und Förderern und ganz besonders Antje Güttler, Leiterin

Bundesforste.

konZENTRATION_Auftritt und Rückzug | millstART 2021

Für den Inhalt verantwortlich und Heruasgeber:

Verein millstART | ZVR: 1609016456 | Kaiser-Franz-Josef

Strasse 49 | 9872 Millstatt | office@millstart.at

IBAN: AT71 3947 9000 0015 5507

ISBN: 978-3-9503333-5-0

Kuratorin: DI Tanja Prušnik | Kunstvermittlung: Vanessa

Obereder, Lukas Oberzauchner, Johannes Rass | Grafik, Satz,

Layout: Thomas Kalt - Die Provokatur | Lageplan: DI Sabrina

Obereder | Fotos: Victoria Coeln, Helmut Prochart, Deborah

Schumann, Gernot Gleiss, Gert Perauer, Tanja Prušnik,

Elisabeth Rosegger, Gerlinde Thuma, Johannes Leitner

Photography, Thomas Kalt, Andreja Eržen, Jure Markota,

Oliver Marčeta, Niko Sturm, Gudrun Lenk-Wane, Tomas Hoke,

Melitta Moschik, Martin Rauchenwald, Nataša Sienčnik, Theres

Cassini, Caroline, Richard Klammer, Ina Loitzl, Ivan de Menis,

Nives Widauer, Armin Guerino, Irina Gavrich, Eva Kelety, Tim

Cavadini | Texte: wenn nicht anders vermerkt, Texte bei den

KünstlerInnen und Tanja Prušnik

Irrtum und Änderungen vorbehalten.


©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!