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EM 2021 2020<br />
// DIE DREI EM-TITEL IM ÜBERBLICK<br />
#14<br />
DREIMAL<br />
TITELREIF<br />
Sie hofften auf ein gnädiges<br />
Resultat. „Wenn<br />
wir keine fünf Tore<br />
kriegen, haben wir ein<br />
gutes Ergebnis erreicht“, sagte<br />
Günter Netzer zu Franz Beckenbauer<br />
in der Kabine in<br />
den Minuten vor dem vielleicht<br />
größten deutschen EM-Spiel.<br />
Am 29. April 1972 überraschte<br />
die deutsche Nationalmannschaft<br />
nicht nur ihren großen<br />
Gegner England, sondern auch<br />
sich selbst.<br />
Die Form der Stars war<br />
schlecht und die Liste der Verletzten<br />
lang. Torwart Sepp Maier<br />
verlängerte sie, doch sein<br />
Name stand quasi nur in Geheimtinte<br />
darauf, sodass Bundestrainer<br />
Helmut Schön ihn<br />
nicht lesen konnte. Die Ärzte<br />
verheimlichten ihm, dass der<br />
Bundes-Sepp am Spieltag mit<br />
dickem Ellenbogen aufgewacht<br />
war und später mit Schaumverband<br />
auflief. Dieses Spiel<br />
wollte er nicht verpassen,<br />
hinterher<br />
sagten das alle elf<br />
Sieger. Deutschland<br />
gewann erstmals<br />
in England,<br />
nach furiosem Spiel<br />
hieß es 3:1, womit<br />
die Endrunde schon<br />
fast erreicht war.<br />
Erreicht hatten<br />
sie vor allem ein<br />
neues Level und<br />
das neue Hochgefühl<br />
trug den Namen<br />
Rambazamba.<br />
Eine Erfindung der<br />
„Bild“-Zeitung, die<br />
im Jugendslang der<br />
Siebziger für großes<br />
Durcheinander stand.<br />
Im positiven Sinne,<br />
beschrieb sie doch<br />
das Wechselspiel<br />
der Feldherren jener<br />
Tage, Libero Franz<br />
Beckenbauer und<br />
Spielmacher Günter<br />
Netzer, der das Spiel<br />
seines Lebens machte.<br />
Er sagt bis heute:<br />
„In Wembley waren<br />
wir der Perfektion sehr<br />
nahe!“Vor allem er,wenn er mit<br />
wehendem Haar „aus der Tiefe<br />
18<br />
deutsche<br />
Feldspieler<br />
kamen bei<br />
der EM 1996<br />
aufgrund von<br />
zahlreichen<br />
Sperren und<br />
Verletzungen<br />
zum Einsatz.<br />
1972,1980,1996: Die deutsche Fußball-<br />
Nationalmannschaft mussteauf dem Weg<br />
zu ihren EM-Titeln reichlich Hürden<br />
überwinden. Drei Erfolgsgeschichten<br />
unterhöchstunterschiedlichen<br />
Voraussetzungen –Ein Rückblick.<br />
DFB-Stürmer GerdMüller (großes<br />
Bild, r.)trifft im EM-Finale 1972<br />
doppelt. Anschließend kann Kapitän<br />
Franz Beckenbauer den Pokal<br />
in Empfang nehmen (kleine Bilder,<br />
vonoben).1980 istHorstHrubesch<br />
per Weitschuss undKopfball erfolgreich<br />
und sichert Deutschland den<br />
zweiten EM-Titel.<br />
Fotos: IMAGO (4)/Colorsport, Sportfoto<br />
Rudel, PressefotoBaumann,<br />
Sven Simon<br />
des Raumes“ hervorstieß, wie<br />
es ein „FAZ“-Feuilletonist beschrieb,<br />
um Chance auf Chance<br />
einzuleiten.<br />
Nach diesem Spiel war die<br />
Tristesse der Hoffnung gewichen,<br />
vor einer erfolgreichen<br />
Zukunft zu stehen. Die Endrunde<br />
in Belgien war die Vollendung<br />
dessen, was in Wembley<br />
begonnen hatte. Gastgeber<br />
Belgien wurde im Halbfinale<br />
durch zwei Gerd-Müller-Tore<br />
bezwungen (2:1), souveräner<br />
als es das Ergebnis aussagt.<br />
Noch leichter fiel der Sieg in<br />
Brüssel gegen die UdSSR, der<br />
schon nach einer Stunde feststand,<br />
als Müller sein zweites<br />
Tor zum 3:0-Endstand erzielt<br />
hatte. Auch Gladbachs Hacki<br />
Wimmer traf im wohl einseitigsten<br />
Finale der EM-Historie,<br />
dessen Ende Tausende<br />
Fans kaum erwarten konnten.<br />
Sie säumten das Spielfeld und<br />
sorgten für chaotische Szenen,<br />
so groß war die Freude über<br />
den ersten EM-Titel, um den<br />
die Fachwelt Lorbeerkränze<br />
wand. Frankreichs Sportblatt<br />
„L’Équipe“ schwärmte vom<br />
„Fußball 2000“.<br />
Acht Jahre später war ein<br />
WM-Titel (1974) dazugekommen,<br />
den das DFB-Team 1978<br />
in Argentinien nicht verteidigen<br />
konnte. Inmitteneines radikalen<br />
Umbruchs reiste die Nationalelf<br />
1980 somit unter dem neuen<br />
Bundestrainer Jupp Derwall mit<br />
dem jüngsten Kader des Turniers<br />
nach Italien und erreichte<br />
Großes. Unerwartete Siege in<br />
einer Gruppe mit Titelverteidiger<br />
CSSR (1:0) und Vizeweltmeister<br />
Niederlande(3:2) brachten<br />
schon vordem 0:0 gegendie<br />
Griechen den Finaleinzug nach<br />
Rom ein. Dort wartete die Überraschungsmannschaft<br />
Belgiens.<br />
Für die meisten Deutschen war<br />
es das bis dahin größte Spiel ihrer<br />
Karriere.<br />
Vorstopper Karl-Heinz Förster<br />
(21), Mittelfeldkämpfer<br />
Hans-Peter Briegel (24), die<br />
Spielmacher Bernd Schuster<br />
(20) und Hansi Müller (22) und<br />
die Stürmer Klaus Allofs (23)<br />
und Karl-Heinz Rummenigge<br />
(24) waren alle noch titelhung-