WOLL Magazin 2020.4 Winter I Warstein, Möhnesee, Rüthen
WOLL Magazin 2020.4 Winter I Warstein, Möhnesee, Rüthen
WOLL Magazin 2020.4 Winter I Warstein, Möhnesee, Rüthen
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<strong>Winter</strong> 2020<br />
12<br />
Worte, Orte, Land und Leute.<br />
Ausgabe für<br />
<strong>Warstein</strong>,<br />
<strong>Möhnesee</strong> und<br />
<strong>Rüthen</strong><br />
Sauerland<br />
<strong>Möhnesee</strong>-Günne im Portrait<br />
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Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Günne ist ein kleiner Ort, den aber fast jeder kennt. Ja klar, mit dem <strong>Möhnesee</strong><br />
und der imposanten Sperrmauer zieht das Dorf Besucher an. Auch wir waren<br />
dort und haben unter anderem an Häusern, Gartenzäunen oder an Straßeneingängen<br />
Schilder entdeckt, die auf Schützenkönigspaare und die Zeit ihrer Regentschaft<br />
hinweisen - auch mit einem Schuss Humor.<br />
Unter die Lupe genommen haben wir <strong>Warstein</strong>, und zwar das alte <strong>Warstein</strong>, das<br />
sich anders als vergleichbare Städte entwickelt hat. Der historische Teil bildet in<br />
<strong>Warstein</strong>, eines der ältesten Siedlungsgebiete im Sauerland, nicht den Kern wie<br />
das in anderen Kommunen der Region der Fall ist.<br />
Gefreut haben wir uns über die Bekanntschaft mit der 84-jährigen Künstlerin<br />
Christa Middendorf aus <strong>Rüthen</strong>, die eine Töpferstube betreibt und malt. Früher<br />
gab die kinderliebe Frau Grundschülern kostenlos Nachhilfe. Und wer sich traut,<br />
bei ihr an der Tür ihres Fachwerkhauses zu klingeln, bekommt heute noch ein<br />
Stück Mäusespeck oder ein Kaubonbon.<br />
Paul Senske<br />
Chefredakteur<br />
In unseren Themenschwerpunkt beschäftigen wir uns mit Strom. Das Sauerland<br />
unter Strom mit rund 100 Stromanbietern. Dabei geht es nicht nur um die Bekanntschaft<br />
mit Weidezäunen. Wir zeigen die Geschichte des Stroms auf und<br />
beantworten die Fragen, wo der Strom herkommt und wie er transportiert wird.<br />
Wir beleuchten auch den Stand der Energiewende in der Region. Dabei stellen<br />
wir fest, dass der Weg der propagierten Energiewende noch weit ist.<br />
Bei der Lektüre dieser <strong>Winter</strong>ausgabe wünschen wir Ihnen viel Spaß.<br />
Paul Senske<br />
Kontakt:<br />
www.woll-magazin.de<br />
redaktion-wmr@woll-magazin.de<br />
facebook.com/<strong>WOLL</strong><strong>Warstein</strong><br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 3
<strong>Warstein</strong><br />
<strong>Möhnesee</strong><br />
07 Superfood für alle <strong>Warstein</strong>er<br />
14 Der Geopark Suttrop<br />
18 Die Erich-Dassel-Straße in <strong>Warstein</strong><br />
52 Planilux: Die Sprache der Kunden<br />
in ein Produkt umsetzen<br />
59 Volksbank Hellweg: Wir gehen neue Wege<br />
60 Das alte <strong>Warstein</strong><br />
64 Therese Bergenthal<br />
120 Twirling in Sichtigvor<br />
135 Haus Teiplaß<br />
140 Der Nagelpfad<br />
Schwerpunkt „Das Sauerland<br />
unter Strom“ ab Seite 19<br />
Aus dem Sauerland<br />
08 Perspektive: Staumauer <strong>Möhnesee</strong><br />
12 Das Soest ABC<br />
56 Ortsporträt Günne<br />
131 Dorfladen Völlinghausen<br />
138 Von <strong>Möhnesee</strong> nach Feuerland<br />
143 Der Künstler Horst Rellecke<br />
<strong>Rüthen</strong><br />
10 Die Künstlerin Christa Middendorf<br />
12 Das Kreis Soest ABC<br />
19 Orts-Netzbau <strong>Rüthen</strong><br />
80 <strong>Rüthen</strong>er Hachtor<br />
66 Cantuccini<br />
67 Die Kochbruderschaft Marmite<br />
70 Big Six: Gemeinsam geht mehr –<br />
In Brilon geht mehr<br />
73 Die Veramed-Klinik<br />
76 Fotoserie Tore und Türen<br />
82 LH Security Sicherheit ist immer aktuell<br />
83 Eisblumen<br />
84 „Doktormutter“ Gertrud Siebers aus Madfeld<br />
86 Woll-Verlag<br />
88 Woll Online-Shop:<br />
Geschenkideen aus dem Sauerland<br />
89 Das bewegte Leben des Freiherrn von Wendt<br />
93 Tauchen am Sorpesee<br />
96 Die Schlacht bei Bredelar<br />
98 Der Mensch dahinter: Meinof Niemand<br />
102 Der Buiterling<br />
103 Woll im Duden<br />
104 Ein Neheimer ist der Erfinder der Maus<br />
108 Pia und der Borberg<br />
110 imsauerland <strong>WOLL</strong><br />
112 Der RC Racer Hochsauerland<br />
115 Gedicht: Ein <strong>Winter</strong>tag<br />
116 Ortsporträt Stormbruch<br />
124 Robert geht wandern<br />
128 Gipfelstürmer aus dem Sauerland<br />
134 Grünkohl<br />
146 Impressum<br />
4 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Musste gucken: Lustige Esel<br />
Quelle: https://youtu.be/8Oq3PEiQuGA<br />
Wenn ein Esel (bei Pferden ist<br />
das ebenso) einen anderen trifft,<br />
bläst er ihm manchmal sanft in<br />
die Nase. Das ist ein Zeichen<br />
von Zuneigung, Vergleichbar<br />
mit einem Kuss.<br />
Dass Esel stur sind, ist ja<br />
allgemein bekannt. Meist sind<br />
es aber sehr sanftmütige und<br />
duldsame Wesen. Und durchaus<br />
auch recht intelligent, wie unser<br />
Video zeigt.<br />
Kerzenlicht<br />
Die Zeit der Kerzen<br />
ist wieder da. Wenn es<br />
draußen kalt und ungemütlich<br />
ist, sorgen sie<br />
mit ihrem Licht für eine<br />
gemütliche Atmosphäre.<br />
Das hellste Licht besitzen die nach Honig duftenden Bienenwachskerzen.<br />
Ihr Lichtspektrum kommt dem der Sonne am nächsten. Eben natürliches<br />
und daher gesundes Licht. Kerzenlicht strahlt in warmen, rötlichen Tönen.<br />
Es erinnert an ein Lagerfeuer, steht für Entspannung und Ruhe und<br />
lässt das Schlafhormon Melatonin ausschütten. Anders als das bläuliche<br />
Licht vom Fernseher, Handy oder von Lampen mit kaltem Licht, das dem<br />
Körper signalisiert aktiv zu sein.<br />
Sleigh bells ring, are<br />
you listening?<br />
In the lane, snow is<br />
glistening.<br />
Dean Martins Lied vom “<strong>Winter</strong><br />
Wonderland” lässt uns jedes Jahr<br />
aufs Neue von weißer Weihnacht<br />
träumen. Doch weiße Weihnach ten<br />
werden immer seltener. Zumindest<br />
ist das ist unsere subjektive<br />
Wahrnehmung. Wetteraufzeichnungen<br />
von vor 120 Jahren belegen<br />
allerdings, dass man schon damals<br />
„über die zunehmend milden<br />
Dezember erstaunt war“.<br />
Manchmal können Statistiken allerdings<br />
auch Mut machen. Während<br />
die Wahrscheinlichkeit für weiße<br />
Weihnachten in Deutschland bei<br />
rund 12,5 % liegt, beträgt sie in den<br />
Mittelgebirgen (zu denen das Sauerland<br />
gehört) 30 bis 50 %. Und<br />
das ist doch gar nicht so schlecht,<br />
woll? Hoffen wir also weiter auf<br />
den Schnee, der die Welt ganz still<br />
werden lässt …<br />
Unterm<br />
Mistelzweig<br />
Die Mistel wohl der einzige Schmarotzer,<br />
den man mag. Sie trägt unterschiedliche<br />
Stoffe in sich, die in<br />
der Heilmedizin zum Einsatz kommen. In welcher Konzentration ist u. a.<br />
davon abhängig, auf welchem Baum sie gewachsen ist. Schon Germanen<br />
und Kelten war die Mistel heilig. Auch der Arzt Hippokrates, der vor über<br />
2300 Jahren auf Kos in Griechenland lebte, setzte sie als Heilpflanze ein.<br />
Im England des 18. Jahrhunderts nannte man die Früchte des Mis telzweiges<br />
„Kuss-Kugeln“. Und damit verbunden war der Brauch, dass man einen<br />
Kuss unterm Mis telzweig nicht ablehnen durfte. Die Anzahl der Beeren<br />
bestimmte dabei auch die Anzahl der Küsse.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 5
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6 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Die „Aktion gegen Lebensmittelverschwendung“ hat viele Vorteile<br />
Kostenloses Superfood für alle <strong>Warstein</strong>er<br />
Christel Zidi<br />
S. Droste<br />
„I<br />
ch werde sehr häufig von Bürgerinnen<br />
und Bürgern angesprochen, die<br />
sich darauf freuen, die Früchte von<br />
den städtischen Obstbäumen zu ernten und<br />
weiterzuverwerten. Die Bürgerschaft ist sehr<br />
naturverbunden, deshalb ist es hier für viele eine<br />
Selbstverständlichkeit, die gegebenen Ressourcen<br />
zu nutzen“, berichtet uns Bürgermeister Thomas<br />
Schöne.<br />
Bis zu 50 Jahre alt sind die Obstbäume, die von der<br />
Stadtverwaltung an Feld- und Wegrändern gepflanzt<br />
wurden. Meist sind es Äpfel und Birnen. Völlig<br />
naturbelassen und chemisch unbehandelt. Und zudem<br />
noch kostenlos. Denn das Obst von städtischen<br />
Bäumen in der Stadt <strong>Warstein</strong> soll nicht einfach<br />
ungenutzt verrotten, sondern darf von allen Bürgern<br />
geerntet werden. Was sie daraus machen, bleibt ihrer<br />
Fantasie überlassen: Marmelade, Mus, Obstkompott,<br />
als kleiner Snack oder als Dekoration an den Weihnachtsbaum.<br />
Dass allein Äpfel sehr gesund sind, ist ja allgemein<br />
bekannt. Weniger, dass sie echtes „Superfood“ sind.<br />
Der gute alte Apfel mit seinen vielen Nährstoffen<br />
kann mit exotischen Lebensmitteln wie Goji-Beeren,<br />
Chia-Samen, Papaya und Açai-Beeren durchaus mithalten.<br />
Ganz besonders solche Äpfel, die nicht über<br />
lange Strecken transportiert wurden.<br />
In Arnsberg gibt es ein ähnliches Projekt. Dort<br />
kennzeichnen Bürger ihre privaten Obstbäume,<br />
die sie nicht selbst abernten mit Bändern. Bürgermeister<br />
Schöne schlägt auch vor, dass seine Bürger<br />
solche Bäume beispielsweise mit einem breiten, roten<br />
Band kennzeichnen. Und wer noch Platz im Vorratsschrank<br />
hat: Auf der<br />
Internetseite mundraub.<br />
org finden sich noch<br />
mehr Stellen –<br />
auch im <strong>WOLL</strong>-<br />
Gebiet - an denen<br />
kostenlos Superfood<br />
geerntet<br />
werden kann. ■<br />
Bürgermeister Thomas Schöne<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 7
8 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Perspektive<br />
Die <strong>Möhnesee</strong>-Staumauer bei Günne.<br />
Matthias Koprek<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 9
Mausespeck für<br />
Mutige und Neugierige<br />
Christa Middendorf, die menschenliebe<br />
Künstlerin aus <strong>Rüthen</strong><br />
Monika Loerchner<br />
S. Droste<br />
Zielstrebig, wenn es um Projekte geht<br />
Die 14-jährige Christa aus Magdeburg war in der 7c, als sie einen<br />
Malwettbewerb zum Thema “1. Mai” gewann. Der Schulleiter bat<br />
sie, das Motiv noch einmal stark vergrößert zu malen, um damit<br />
eine ganze Schulwand zu schmücken – nur woher so eine große<br />
Leinwand nehmen?<br />
„Wir lebten in der Bahnhofstraße, unweit des Hochhauses, in<br />
dem die Zeitung ‚Volksstimme‘ saß“, erzählt Christa Middendorf,<br />
„Von draußen konnte man die großen Rotationswalzen sehen, auf<br />
die dann gedruckt wurde. Unzählige Meter Papier. Also ging ich<br />
schnurstracks hinein, sprach einen Mitarbeiter an – und durfte mir<br />
ein 10 Meter langes Stück Papier mitnehmen.“ 10 Meter Leinwand<br />
für die Wand im Klassenzimmer.<br />
Liebe zur Technik und Flucht in den Westen<br />
Ihr Leben verlief nicht ganz so, wie sie es sich gewünscht hatte.<br />
Technikinteressiert war Christa schon als Kindergartenkind: „Es<br />
gab da diese Ausstellung der Magdeburger Halbkugeln von Otto<br />
von Guericke.“ Die Entstehung und Idee eines Vakuums fasziniert<br />
sie seit diesem Tag. „Am liebsten hätte ich Physik studiert“, bekennt<br />
die Künstlerin. Stattdessen absolvierte sie eine Lehre als Friseurin.<br />
1954 dann floh sie mit einer Freundin in den Westen. „Dort hätte<br />
ich wohl studieren können. Da ich aber kein politischer Flüchtling<br />
war, bekam ich als Unterstützung nur 40 Mark. Also hieß es:<br />
arbeiten!“<br />
Die Töpferstube<br />
Ein Jahr verbrachte sie in der Schweiz, wo sie Kinder betreute und<br />
im Haushalt half. Danach kehrte sie als verheiratete Frau mit ihrem<br />
Mann zurück nach Deutschland, in <strong>Rüthen</strong> ließ sich das Paar nieder.<br />
Vier Jahre nachdem sie ihre Töpferstube eröffnete hatte, bezogen<br />
sie 1984 das Haus gegenüber der Grundschule, die Töpferstube<br />
10 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
zog gleich mit. Demnächst will die Künstlerin ihre Werke mit<br />
Hilfe eines Bekannten auch über das Internet verkaufen.<br />
Das Töpfern hatte sie von ihrer Tochter Judith gelernt, die<br />
eine Ausbildung zur Töpferin absolviert hatte. Die brachte es<br />
dann auch ihrer Mutter bei. Christa Middendorf fertigt heute<br />
sogar Werke aus dem schwer zu verarbeitenden <strong>Rüthen</strong>er Ton<br />
an. „Dafür habe ich ein spezielles Waschverfahren entwickelt.“<br />
Das kleine Fachwerkhaus, in dem sie lebt, zieht Blicke auf<br />
sich. Nicht aufgrund seiner Makellosigkeit, sondern wegen<br />
seiner Originalität. Viele Menschen, besonders viele Kinder<br />
gehen täglich diesen Weg. Keinen Blick auf das Haus zu werfen,<br />
ist fast nicht möglich. Manchmal bleiben die Menschen<br />
auch stehen und werfen einen Blick durch die Fenster, denn<br />
dort sitzt Christa Middendorf und macht das, was ihr seit<br />
Kindesbeinen an besondere Freude bereitet hat: Sie malt. „Am<br />
liebsten in der Küche; da habe ich Nordlicht“.<br />
Und immer wieder Bilder<br />
Wer Christas Töpferstube betritt, sieht sich von zahlreichen<br />
Blumengemälden in kräftigen Farben umgeben. Die fünffache<br />
Mutter malt, was sie sieht und wie sie es sieht. „Ich mag es<br />
nicht, einfach etwas abzumalen.“ Oft malt sie Bilder, die an<br />
ganz besondere Menschen gehen. „Ich bekam zum Beispiel<br />
neulich eine Anfrage nach zwei gelben Bildern.“ Andere Motive<br />
gehen an Menschen, denen sie damit ihren Dank ausdrücken<br />
möchte. Oder an trauernde Menschen, denen sie damit<br />
Mut machen und wieder ein Stück Lebensfreude schenken<br />
möchte.<br />
Freude bereiten<br />
Lebensfreude ist überhaupt das, was die Künstlerin ausmacht.<br />
„Ich will“ lautet ihr Lebensmotto. Und das, was die Künstlerin<br />
besonders „will“, ist anderen Menschen eine Freude zu bereiten.<br />
Lange Zeit gab sie Grundschulkindern kostenlos Nachhilfe.<br />
Und wer sich traut zu klingeln, bekommt auch heute<br />
noch ein Stück Mausespeck oder die bekannten Kaubonbons.<br />
Die 84-jährige Christa Middendorf arbeitet noch immer gern<br />
und viel. „Wenn ich mal da oben ankomme, möchte ich nicht<br />
sagen müssen, ich hätte nur zugesehen.“ Auch ihre Kunst soll<br />
zum Handeln und Nachdenken anregen. Doch nicht auf bedrückende,<br />
sondern auf die ihr eigene leichte und positive Art<br />
möchte sie „die Freiheit zeigen, das Ungezwungene.“ ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 11
Mein „Kreis-Soest-ABC“<br />
<strong>WOLL</strong> hat Landrätin Eva Irrgang gebeten für die <strong>Winter</strong>ausgabe des <strong>WOLL</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong>s ein Sauerland-ABC zu erstellen. Aus verständlichen Gründen hat die<br />
Landrätin natürlich daraus ein “Kreis-Soest-ABC” gemacht. 2007 wurde Eva<br />
Irrgang erstmalig zur Landrätin des Kreises Soest gewählt. In diesem Jahr erfolgte<br />
mit 56,81 Prozent der Stimmen eine erneute Bestätigung für die Amtsinhaberin<br />
bis 2025.<br />
Eva Irrgang<br />
– Landrätin des Kreises Soest<br />
Ausflüge in die 14 Städte und Gemeinden<br />
des Kreises Soest lohnen<br />
immer. Nicht nur wegen der vielen<br />
Sehenswürdigkeiten, sondern auch<br />
wegen vieler attraktiver Feste und Feiern.<br />
Nicht nur Lokalpatrioten hoffen,<br />
dass im nächsten Jahr viele Gäste wieder<br />
unbeschwert feiern können.<br />
Bier fällt einem ein, wenn man an<br />
<strong>Warstein</strong> denkt. Das ist richtig, weil<br />
eine Weltmarke dort zu Hause ist.<br />
Wissenswert und wichtig ist aber<br />
auch, dass die Stadt mit etwa 5.000<br />
Hektar Wald der drittgrößte Waldbesitzer<br />
in Deutschland ist. Das ist<br />
in Zeiten von Klimawandel, Trockenheit<br />
und Borkenkäfer mit vielen<br />
Sorgen verbunden. <strong>Warstein</strong> wurde<br />
zur PEFC-Waldhauptstadt 2020 und<br />
2021 gekürt.<br />
Christliches Leben prägt den Kreis<br />
Soest, die schönen Kirchen in den<br />
Städten und Gemeinden sind weithin<br />
sichtbar und legen Zeugnis davon<br />
ab. Wallfahrer pilgern zum Werler<br />
Gnadenbild oder zum Ida-Schrein in<br />
Herzfeld und bitten um Schutz, Hilfe<br />
und Trost.<br />
Die <strong>Warstein</strong>er Internationale Montgolfiade<br />
ist ein besonderes Highlight.<br />
Jedes Jahr im Sommer treffen sich<br />
23 12 - <strong>WOLL</strong><br />
<strong>Winter</strong> 2020<br />
Ballonpiloten, ihre Crews und Fans<br />
der bunten Luftgefährte bei Deutschlands<br />
größtem Ballonfestival.<br />
Entdeckungen im Reich der Sinne<br />
ermöglichen bekannte Künstler, die<br />
unsere Heimat hervorgebracht hat.<br />
Namen wie Hugo Kükelhaus oder<br />
Hans Kaiser sind wohlbekannt.<br />
Fantastische Aussichten gewähren im<br />
Kreis Soest der Lörmecke-Turm, der<br />
<strong>Möhnesee</strong>-Turm. Die beiden Türme<br />
bieten an der Sauerland-Waldroute<br />
die Möglichkeit, den Blick über<br />
Baumwipfel schweifen zu lassen. Die<br />
Stahlkonstruktion Skywalk Möhnetal<br />
ragt 30 Meter weit über den Liethsteilhang<br />
hinaus und erschließt einen<br />
einzigartigen Panoramablick über das<br />
Möhnetal bis in den Arnsberger Wald<br />
und auf dem Rückweg in die Ackerlandschaft<br />
der Soester Börde.<br />
Grünsandstein, heute auch als Anröchter<br />
Stein bezeichnet, ist ein prägendes<br />
Baumaterial im Kreis Soest.<br />
Er ziert Kirchen und Gebäude oder<br />
bildet Mauern, die Parks und Gärten<br />
umschließen. In der Dombauhütte<br />
der Soester Wiesenkirche, in der Restaurierungsarbeiten<br />
mit diesem Naturstein<br />
ausgeführt werden, existiert<br />
ein Grünsandstein-Museum.<br />
Hexen gibt es nicht nur im Märchen.<br />
Unschuldigen Frauen, aber auch<br />
Männern und Kindern, wurde in der<br />
frühen Neuzeit vorgeworfen, mit dem<br />
Teufel im Bunde zu sein und „Hexerei“<br />
oder „Zauberei“ zu betreiben.<br />
Der Hexenturm als besonderes Wahrzeichen<br />
der Stadt <strong>Rüthen</strong> steht für<br />
dieses dunkle Kapitel der Geschichte.<br />
Ideal sei die Konzeption für den neuen<br />
Kreis Soest, das befand die Landespolitik,<br />
als das neue Gebilde 1975<br />
zusammengeschmiedet und aus der<br />
Taufe gehoben wurde. Als Landrätin<br />
werde ich da nicht widersprechen,<br />
würde es aber anders ausdrücken: Wir<br />
leben in einem der schönsten Kreise.<br />
Jagd ist kein Freizeitvergnügen, sondern<br />
ein Beitrag zum Naturschutz.<br />
Eine wichtige Aufgabe übernehmen<br />
die Jäger derzeit auch bei der Tierseuchenvorbeugung.<br />
Denn angesichts<br />
der vordringenden Afrikanischen<br />
Schweinepest ist es wichtig, die Wildschwein-Population<br />
zu reduzieren.<br />
Köhlerei ist ein uraltes Handwerk. In<br />
<strong>Warstein</strong>-Hirschberg veranstaltet der<br />
SGV regelmäßig Köhlerwochen, die<br />
diesen alten Beruf greifbar machen.<br />
Ein schöner Brauch, ein tolles Engagement!<br />
Leben im Kreis Soest, dazu gehört<br />
Geselligkeit in allen Facetten. Sie findet<br />
sich in allen Orten. Eine<br />
ganze Schützenfest-Saison<br />
musste aber leider ausfallen.<br />
Wir alle wollen bald wieder<br />
A C B
die Gelegenheit haben, den Vogel abzuschießen,<br />
oder uns zumindest zum<br />
Zuschauen und Mitfiebern unter der<br />
Vogelstange einfinden.<br />
<strong>Möhnesee</strong> ist eine schöne Gemeinde<br />
und mit seinen 14 Ortsteilen ein touristisches<br />
Zentrum des Kreises Soest,<br />
auch weil der <strong>Möhnesee</strong> als Namensgeber<br />
bundesweit bekannt ist. Er ist<br />
ein Paradies für Wasservögel und ein<br />
beliebtes Ausflugsziel. Wer segeln,<br />
surfen, angeln, tauchen, baden, aber<br />
auch wandern oder radeln möchte,<br />
kommt am „Westfälischen Meer“, wie<br />
der flächengrößte Stausee in Nordrhein-Westfalen<br />
oft genannt wird, voll<br />
auf seine Kosten.<br />
Naturschutzgebiete: Im Kreis Soest<br />
gibt es derzeit über 90 ausgewiesene<br />
Naturschutzgebiete auf einer Fläche<br />
von 15.000 Hektar. Dies entspricht<br />
etwa 11 Prozent der Fläche des Kreises.<br />
Die Gebiete bieten zahlreichen<br />
Tier- und Pflanzenarten Rückzugsund<br />
Lebensraum und bewahren „naturraumtypische<br />
Landschaftsstrukturen“.<br />
Ohne Karneval müssen auch die<br />
Hochburgen im Kreis Soest im kommenden<br />
Jahr auskommen. Dazu gehören<br />
<strong>Warstein</strong>, <strong>Rüthen</strong> und <strong>Möhnesee</strong>.<br />
In <strong>Warstein</strong> beispielsweise finden<br />
normalerweise sogar zwei Rosenmontagsumzüge<br />
statt, und zwar in der<br />
Kernstadt einschließlich Suttrop sowie<br />
in Belecke.<br />
Partnerschaft: Der Kreis Soest pflegt<br />
über Grenzen hinweg einen Austausch<br />
mit dem Landkreis Strzelce Opolskie<br />
(Groß Strehlitz) in Polen. 2021 ist es<br />
runde 20 Jahre her, dass die Verbindung<br />
offiziell besiegelt wurde.<br />
Quellen entspringen in allen Städten,<br />
die am Hellweg liegen. Wasser<br />
ist ein Symbol des Lebens. Die Bibel<br />
nennt das Wasser sogar den Ursprung<br />
des Lebens. Der Kreis Soest ist also<br />
wirklich<br />
„lebenswert“.<br />
<strong>Rüthen</strong> hat<br />
trotz seiner relativ<br />
geringen<br />
Einwohnerzahl<br />
von gut<br />
10.000 Einwohnern<br />
das<br />
Recht, sich<br />
Stadt zu nennen.<br />
Denn<br />
das <strong>Rüthen</strong>er<br />
Stadtrecht,<br />
ehemals von<br />
Soest übernommen, diente anderen<br />
Städten als Vorbild für deren Rechtsordnung.<br />
Ein Stadtbummel in <strong>Rüthen</strong><br />
lohnt aber nicht nur wegen dieses historischen<br />
Privilegs.<br />
Salz war im Mittelalter eines der<br />
wichtigsten Handelsgüter der Orte<br />
am Hellweg. Das Baden in der Sole<br />
schloss sich an. Heute setzen die Bäder<br />
Sassendorf, Waldliesborn und Westernkotten,<br />
die weit über die Grenzen<br />
des Kreises Soest hinaus bekannt sind,<br />
auf erfolgreiche Reha-Maßnahmen<br />
und moderne Wellness-Angebote.<br />
Türme prägen die Silhouetten von<br />
Städten und Dörfern, sind aber auch<br />
bestimmende Landmarken einer Region.<br />
Die beste Aussicht in die Soester<br />
Börde und die Wälder des Sauerlands<br />
bietet der Bismarckturm, der auf der<br />
Haar zwischen Soest und dem <strong>Möhnesee</strong><br />
steht.<br />
Unternehmerisches Engagement ist<br />
der Garant für die prosperierende<br />
Wirtschaft im Kreis Soest. Die Wirtschaftsförderung<br />
Kreis Soest tut erfolgreich<br />
alles dafür, um unsere leistungsfähigen<br />
Firmen zu unterstützen.<br />
Vielfalt ist ein Synonym für das Soester<br />
Kreisgebiet. Im Norden finden<br />
sich die Lippe-Niederung und das beginnende<br />
Münsterland. Die Hellwegbörden<br />
mit fruchtbaren Ackerflächen<br />
prägen die Mitte. Den Übergang ins<br />
Sauerland markiert der Haarstrang.<br />
Südlich der Möhne dehnen sich die<br />
Höhen des Naturparks Arnsberger<br />
Wald aus, der zu den größten zusammenhängenden<br />
Waldgebieten<br />
Deutschlands gehört.<br />
Windräder finden sich auf dem<br />
Haarstrang aber auch in anderen Teilen<br />
des Kreises Soest zuhauf. Sie sind<br />
ein wichtiger Beitrag zur Energiewende<br />
und damit zum Klimaschutz. Entscheidend<br />
ist es, bei der Errichtung<br />
neuer Anlagen und beim Repowering<br />
die Menschen mitzunehmen und zu<br />
beteiligen.<br />
X steht in der Mathematik für eine<br />
Unbekannte. Durch vorausschauende<br />
Politik möchte ich alles dafür tun,<br />
dass die Weichenstellungen im Kreis<br />
Soest nicht in eine unbekannte Richtung<br />
vorgenommen werden.<br />
Yachten auf dem <strong>Möhnesee</strong> sind ein<br />
schöner Anblick, bei dem mir immer<br />
folgender Herbert-Grönemeyer-Liedtext<br />
einfällt: „Weg mit dem fixen Problem,<br />
ich will mehr Schiffsverkehr.“<br />
Zuckerrüben haben über Jahrhunderte<br />
die Kulturlandschaft im Kreis Soest<br />
geprägt und standen sinnbildlich für<br />
den Erfolg der Landwirte rund um die<br />
Soester Börde.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 24 2020 - <strong>WOLL</strong> - 13
380 Millionen Jahre Erdgeschichte<br />
und das Handwerk des Kalkbrennens<br />
Geopark Suttrop<br />
Monika Loerchner<br />
S. Droste<br />
W<br />
er sich für alte, wirklich alte Steine interessiert, ist im Geopark Suttrop genau richtig. Der jüngste Stein ist<br />
gerade mal 50 Millionen Jahre alt. Heiß geht es gleich nebenan zu. Dort steht ein originalgetreu nachgebauter<br />
Kalkofen, der zu regelmäßig in Betrieb gesetzt wird.<br />
Ortsheimatpfleger Bernhard Meyer<br />
Der Geo-Steinkreis<br />
„Alles begann mit dem Diamantenpfad“, erzählt der Suttroper<br />
Ortsheimatpfleger Bernhard Meyer. Dort kann man<br />
Gesteinsarten aus der Umgebung ansehen und anfassen.<br />
Der „jüngste“ Stein ist der Hornstein mit circa 50 Million<br />
Jahren, die ältesten Arten sind 380 Millionen Jahre alt.<br />
Passend dazu geben Schautafeln Informationen über die<br />
heimatliche Geologie. Benannt wurde der Pfad nach den<br />
weltweit berühmten „Suttroper Diamanten“, hexagonalen<br />
(sechseckigen) Quarzkristallen, die von der Natur geformt<br />
wurden und hier einfach aus dem Boden kommen.<br />
2017 legte der Heimatverein den Geo-Steinkreis an. Im<br />
äußeren Ring führen 36 Informationstafeln die Besucher<br />
durch 380 Millionen Jahre Erdgeschichte. Innen befinden<br />
sich Glasvitrinen, in denen rund 300 Mineralien ausgestellt<br />
werden. Außerdem gibt es 300 Meter vom Gelände
entfernt eine Aussichtsplattform an der Steilkante eines<br />
aktiven Steinbruchs. Im Ausstellungs- und Tagungsraum<br />
befinden sich ebenfalls Exponate und Informationsmaterial.<br />
Der Kalkofen<br />
Herzstück der Anlage aber ist der Kalkofen. Die Idee zu<br />
dem originalgetreuen Nachbau entstand 2005, der erste<br />
Probebrand fand 2008 statt. Rund 11.000 Stunden<br />
ehrenamtliche Arbeit und die Unterstützung zahlreicher<br />
heimischer Firmen sowie der NRW-Stiftung waren nötig,<br />
um dieses Projekt umzusetzen. „Um 1900 gab es im Umkreis<br />
drei Kalköfen, einen davon in meiner Nachbarschaft“,<br />
erzählt Bernhard Meyer. „Wir wollten zeigen, wie unsere<br />
Großväter aus Stein nützlichen Kalk getrennt haben.“<br />
Der Kalkofen misst unten etwa ein Meter mal ein Meter<br />
und wird nach oben hin breiter, sodass die obere Öffnung<br />
um die 3,5 Quadratmeter groß ist. Dieser Trichter hat ein<br />
Fassungsvermögen von sieben Kubikmetern.<br />
Kalksteinein<br />
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Vereinigte <strong>Warstein</strong>er Kalksteinindustrie GmbH & Co.KG<br />
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<strong>Winter</strong> 2020 - 15<br />
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Der Trichter des<br />
nachgebauten Kalkofens<br />
„Kalkbrennen ist dreckig, staubig und gefährlich.“<br />
„Zunächst wird kalkhaltiger Stein gebrochen, maximal<br />
zehn Zentimeter cm groß“, erklärt Bernhard Meyer. Unten<br />
im Ofen wird dann ein Tisch aufgebaut, auf den Holz<br />
geschichtet und dann entzündet wird. Darüber werden<br />
kalkhaltiger Stein und Koks* im Wechsel bis oben hin<br />
aufgeschichtet. Zwei Kammern zu beiden Seiten sorgen<br />
für Luftzufuhr. „Als Kinder sind wir als Mutprobe immer<br />
oben über den Kalkofen drüber gelaufen“, erzählt Bernhard<br />
Meyer und schmunzelt. „Der Betreiber hat zwar gut<br />
aufgepasst, aber ab und zu haben wir es geschafft.“ Rückblickend<br />
ein extrem gefährliches Unterfangen: „Der Stapel<br />
im Trichter hätte ja jederzeit nachgeben können.“<br />
Kalkbrennen, wie es unsere Großväter taten<br />
Ist der Ofen erst einmal an, werden schnell Temperaturen<br />
von 1.000 - 1.300 Grad Celsius erreicht. Die gilt es<br />
mindestens 24 Stunden zu halten. In der Regel führt der<br />
Heimatverein Suttrop mit den „Jungen Kalkbrennern“ das<br />
Spektakel einmal im Jahr Interessierten vor. Der Ertrag<br />
eines Brennvorgangs kann sich übrigens sehen lassen: Das<br />
Verhältnis zwischen Stein und gewonnenem Kalk beträgt<br />
3:1. Der so gewonnene Kalk wird auch heute noch vielfältig<br />
eingesetzt, etwa in der Stahl-, Kunststoff-, Glas- oder<br />
Bauindustrie oder zur Düngung.<br />
Ausflugsziel unter freiem Himmel<br />
Die Anlage des Heimatvereins Suttrop ist eine Erfolgsgeschichte:<br />
Das zunächst vom Heimatverein angepachtete<br />
Gelände konnte mit Hilfe von Unternehmen und der<br />
NRW-Stiftung 2020 gekauft werden. 700 bis 1.000 Besucher<br />
aus Deutschland und der ganzen Welt melden sich<br />
jedes Jahr zu den Führungen an.<br />
Derzeit finden keine Führungen statt, jedoch steht das<br />
Gelände mit seinen Exponaten den Besuchern offen.<br />
Neben dem Kalkofen befindet sich eine selbst zu bedienende<br />
Videoanlage, über die Besucher sich unter anderem<br />
den ersten Probebrand anschauen können. Die Mediathek<br />
enthält außerdem einen Film über die nicht öffentlich<br />
zugängliche Liethhöhle.<br />
*Koks ist ein Brennstoff, der aus Kohle gewonnen wird.<br />
Er ist poröser als diese und stark kohlenstoffhaltig. Beim<br />
Verbrennen von Koks fällt im Vergleich zur Kohle weniger<br />
Rauch, Ruß und Schwefel an. ■<br />
16 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
..<br />
GL CK<br />
HUFEISEN BRINGEN<br />
Christel Zidi<br />
Auf jeden Fall dann, wenn sie auch von einem Pferd<br />
getragen wurden und sieben Löcher haben.<br />
Warum ist eigentlich dieser früher so ganz normale Gebrauchsgegenstand<br />
zum Symbol für Glück geworden?<br />
Nun, einmal, weil Hufeisen aus Eisen gefertigt werden<br />
– und dieses Material galt früher zauberabwehrend.<br />
Und den Handwerkern, die Hufeisen herstellten, den<br />
Schmieden, traute man schon immer überirdische<br />
Kräfte zu. Einer, der so hartes Material wie Eisen formen<br />
kann …<br />
Auch der eigentliche Träger des Hufeisens, das Pferd,<br />
zählt zu den magischen Tieren. Pferden sagte man eine<br />
Verbindung zur jenseitigen Welt nach. Klar, wie sonst,<br />
sollte Wotan, der höchste Gott der Germanen, denn<br />
sonst auf der „Wilden Jagd“ unterwegs gewesen sein? ■<br />
Öffnungszeiten:<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 17<br />
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Wer war das eigentlich… Erich Dassel?<br />
Viele <strong>Warstein</strong>er Straßen wurden nach verdienten<br />
Bürgern benannt<br />
Britta Melgert<br />
Haus Dassel<br />
Ü<br />
berall in <strong>Warstein</strong> und Umgebung sind Straßen<br />
nach früheren Bürgern benannt. Doch wer waren<br />
diese Menschen? <strong>WOLL</strong> hat mal recherchiert…<br />
Erich Dassel wurde 1892 in Allagen als Sohn des Unternehmers<br />
Georg Anton Dassel und dessen Ehefrau Maria<br />
Karoline geboren. Er wuchs zunächst in Allagen auf, wurde<br />
aber in späteren Schuljahren in weiter entfernte Schulen<br />
gegeben. Nach dem Erreichen der Oberprimarreife kam<br />
er in die Heimat zurück, um im väterlichen Marmor- und<br />
Granit-Werk eine Kaufmannslehre zu absolvieren.<br />
In Allagen und Carrara zuhause<br />
Die Metropole der Marmorgewinnung war seinerzeit Carrara.<br />
Und so verbrachte Erich Dassel anschließend einige<br />
Jahre in der dortigen Betriebsabteilung des Unternehmens.<br />
Es folgte die Soldatenzeit im Zweiten Weltkrieg und<br />
anschließend wieder die Aufgaben im Familienunternehmen,<br />
das während des Krieges stark gelitten hatte und nun<br />
mühsam wieder aufgebaut werden musste. Der Vater war<br />
1943 verstorben und so leiteten Erich und seine Brüder das<br />
Werk. Man spricht davon, dass bereits 1947 wieder 250<br />
Arbeitsplätze geschaffen worden waren.<br />
Familientradition, Heimatliebe und<br />
politische Verantwortung<br />
Doch nicht nur die unternehmerische Nachfolge trat Erich<br />
Dassel an; er engagierte sich, wie bereits sein Vater, für<br />
den Sauerländischen Gebirgsverein. Zudem bemühte er<br />
sich von 1945 bis zu seinem Tod im Jahr 1956 als Bürgermeister<br />
um die Geschicke seines Dorfes.<br />
388 verkehrsberuhigte Meter: Die Erich-Dassel-Straße<br />
Zu Ehren von Erich Dassel wurde in Allagen eine Straße<br />
nach ihm benannt. Die 388 Meter lange Wohnstraße, in<br />
der sich auch die Feuerwache befindet, liegt ruhig in einer<br />
30er-Zone, ganz in der Nähe des Friedhofes, auf dem er<br />
einst bestattet wurde. ■<br />
18 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Leben im Sauerland<br />
<strong>WOLL</strong><br />
Worte, Orte, Land und Leute.<br />
Verlags-Spezial<br />
Das Sauerland<br />
unter Strom<br />
<strong>WOLL</strong> – mit Herz und Hand von<br />
Das Sauerland unter Strom Seite 20<br />
Hasse chehört…? Seite 23<br />
Die Geschichte des Stroms im Sauerland Seite 24<br />
Strom zum Nulltarif? Seite 26<br />
Strom aus der Kraft des Wassers Seite 28<br />
Der Weg des Stroms Seite 30<br />
Kinder und die Elektrizität Seite 31<br />
Der Turbinenflüsterer Seite 32<br />
Pee Power Seite 35<br />
Energisch für Erneuerbares Seite 36<br />
E-Mobilität für Handwerker Seite 38<br />
E-Mobilität Infrastruktur Seite 39<br />
Strom im Haushalt Seite 40<br />
Liebe, eine Art Elektrizität Seite 42<br />
Grundversorger im Sauerland Seite 43<br />
Unternehmensportrait: CAB e-design Seite 44<br />
Im Westen was Neues Seite 46<br />
F.Lux Schülerlabor Seite 47<br />
Der Mensch unter Strom Seite 48<br />
Blitzableiter versus Donnerkeil Seite 50<br />
...und weitere hochspannende Themen ab Seite 51<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 19
Das Sauerland unter Strom<br />
Starke und stromintensive Industrieregion:<br />
Plädoyer für regionale Wertschöpfung<br />
Paul Senske<br />
Iris Böning<br />
Strom ist ein faszinierender Energieträger. Ein Leben<br />
ohne Strom ist kaum vorstellbar. Seit der Liberalisierung<br />
des Energiemarktes, der damit verbundenen<br />
Privatisierung sowie der beschlossenen Energiewende hat<br />
der Strommarkt eine starke Dynamik entwickelt, die auch<br />
im Sauerland festzustellen ist. Bis zu 100 Stromanbieter<br />
liefern vor Ort die Energie. Als starke Industrieregion<br />
ist die heimische Region besonders stromintensiv. Im<br />
Gegensatz zum Bundestrend ist der Anteil des Stroms aus<br />
erneuerbaren Energien in der Region mit unter 15 Prozent<br />
gering. Unabhängig vom Strommix plädieren lokale<br />
Akteure für „eine dezentrale Versorgung mit großer Wertschöpfung<br />
für die Region als zukunftsweisenden Weg“.<br />
Davon sind jedenfalls Christoph Rosenau und Siegfried Müller<br />
fest überzeugt. Sie sind die beiden Geschäftsführer der HochsauerlandEnergie<br />
GmbH, dem Energieversorgungs-Unternehmen<br />
der Städte Meschede und Olsberg sowie der Gemeinde<br />
Bestwig. Gesellschafter sind die HochsauerlandWasser GmbH<br />
und die Stadtwerke Lippstadt GmbH. Derzeit versorgt die<br />
HochsauerlandEnergie rund 17.200 „Abnahmestellen“ mit<br />
Strom und 6.500 mit Gas. Gleichzeitig ist das Unternehmen<br />
alleinige Gesellschafterin der Hochsauerland-Netze GmbH &<br />
Co. KG, die ihrerseits Eigentümerin der Strom- und Gasnetze<br />
in Bestwig, Meschede und Olsberg ist und diese gegen<br />
Zahlung einer Pacht von der Westnetz GmbH, einer Tochtergesellschaft<br />
von Westenergy AG, betreiben lässt. „Strom ist ein<br />
Grundbedürfnis für die Menschen, die dezentrale Versorgung<br />
ist der Weg der Zukunft“, sagt Müller, der technische Geschäftsführer<br />
der beiden Gesellschaften. „Die lokalen Stromanbieter<br />
bringen die Wertschöpfung ins Sauerland, weil durch<br />
günstige Preise das Geld bei den Kunden, also in der Region,<br />
bleibt. Zudem profitieren die Kommunen von Steuern und<br />
Abgaben, die wir entrichten.“ Rosenau, der kaufmännische Geschäftsführer,<br />
sieht die Kundennähe als weiteres Kriterium an:<br />
„Der persönliche Kundenkontakt ist ein Pfund.“<br />
Darauf setzen auch die Stadtwerke Arnsberg und Brilon. In<br />
<strong>Warstein</strong> liefert unter anderen die <strong>Warstein</strong>er Verbundgesellschaft<br />
als lokales Unternehmen die Energie. Im Kreis Olpe ist<br />
die Bigge Energie GmbH & Co. KG der regionale Player. In<br />
den Gemeinden Diemelsee und Willingen spielt die Energie<br />
Waldeck-Frankenberg GmbH die dominierende Rolle.<br />
20 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Fördern und Fordern!<br />
Nach diesem Motto bilden wir aus.<br />
Was bedeutet das?<br />
• Unterstützung und Hilfsbereitschaft<br />
Alle Mitarbeiter setzen sich für unsere Azubis<br />
ein und stehen mit Rat und Tat zur Seite.<br />
• Teamwork<br />
Alle Auszubildenden arbeiten gemeinsam an<br />
Projekten und tauschen sich in regelmäßigen<br />
Meetings untereinander aus.<br />
• Förderung der Persönlichkeit<br />
Die persönliche Weiterentwicklung unserer<br />
Azubis ist uns wichtig.<br />
• Abwechslungs- und umfangreich<br />
Unsere Auszubildenden durchlaufen auch<br />
ausbildungsfremde Abteilungen und erhalten<br />
einen Überblick des ganzen Unternehmens.<br />
Strommarkt ein kompliziertes Gebilde<br />
Der Strommarkt ist nach der Liberalisierung und teilweisen Rekommunalisierung<br />
ein nicht nur rechtlich kompliziertes Gebilde. Auf der einen Seite werben die<br />
Stromanbieter um Marktanteile. Auf der anderen Seite stehen die Eigentümer der<br />
Stromnetze. Es gibt Eigentümer, die die Netze selbst betreiben und Eigentümer, die<br />
das Netz an Betreiber verpachten. Der Verteilnetzbetreiber (DSO: „Distribution<br />
System Operator“) ist in seinem Gebiet für den Anschluss der Abnahmestellen an<br />
das Strom- und Gasnetz, für Instanthaltung und den sicheren Betreib zuständig.<br />
Alle 20 Jahre werden die Strom- und Gaskonzessionen neu vergeben. Alle drei<br />
Jahre legt die Bundesnetzagentur fest, welcher Stromanbieter für die Grund- und<br />
Ersatzversorgung zuständig ist. Grundversorger ist das Unternehmen, das im Netzgebiet<br />
vor Ort die meisten Haushaltskunden mit Strom beliefert. „Jeder Haushaltskunde<br />
hat einen Anspruch auf diese Grundversorgung“, erklärt Siegfried Müller.<br />
Rund 100 Stromanbieter im Sauerland<br />
Der Blick auf den heimischen Strommarkt zeigt eine große Vielfalt. Seit der Liberalisierung<br />
vor 22 Jahren können Kunden den Stromanbieter wechseln. In Deutschland<br />
gibt es rund 900 entsprechende Unternehmen. Im Sauerland und der Region<br />
haben bis zu 100 Stromanbieter im jeweiligen Netzgebiet Kundenverträge. Willin<br />
Ab August 2021 bilden wir in einem<br />
neuen Ausbildungsberuf aus:<br />
Fachkraft für Lagerlogistik<br />
(m/w/d)<br />
Als Fachkraft für Lagerlogistik lernst du<br />
unsere Lager- und Versandbereiche mit<br />
moderner Lagerhaltung bis ins Detail<br />
kennen und entwickelst dich zum<br />
modernen Waren- und Logistikexperten.<br />
Du hast andere Interessen?<br />
Folgende Ausbildungsberufe bieten wir Dir:<br />
Elektroniker für Geräte und<br />
Systeme (m/w/d)<br />
Auch als Duales Studium bei der<br />
FH Soest<br />
Technischer Produktdesigner<br />
(m/w/d)<br />
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Ausbildung <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> bei 2020 INOTEC - 21<br />
Mit Sicherheit der richtige Weg!
gen (49) und Diemelsee (63) liegen unter dem Schnitt. Für die<br />
Grundversorgung sorgt in den meisten Gebieten E.ON: Im<br />
HSK sind es elf Kommunen, nur Bestwig (HochsauerlandEnergie)<br />
hat derzeit einen anderen Grundversorger. E.ON ist auch<br />
in der Gemeinden Ense, <strong>Möhnesee</strong> und <strong>Rüthen</strong> momentan der<br />
Grundversorger. In <strong>Warstein</strong> weist die <strong>Warstein</strong>er Verbundgesellschaft<br />
die meisten Kunden auf. In Olpe und Attendorn ist<br />
es die Bigge Energie, in Diemelsee und Willingen die Energie<br />
Waldeck-Frankenberg.<br />
Wo kaufen die Energieversorger den Strom ein? Eine Möglichkeit<br />
ist der Bezug über die Strombörsen, der größte Teil wird<br />
zwischen den Marktteilnehmern abgewickelt. Die HochsauerlandEnergie<br />
kauft den Strom „Over The Counter“: „Dieser sogenannte<br />
OTC-Handel erfolgt außerbörslich“, erklärt Siegfried<br />
Müller. „Wir kaufen bei vier bis fünf Stromhändlern.“ Einer<br />
der Händler ist die Repower AG, ein Energieversorgungsunternehmen<br />
mit Hauptsitz in der Schweiz. Von Repower erhält die<br />
HochsauerlandEnergie den „grünen Strom“, der mit dem „OK-<br />
Power-Label“ ausgezeichnet ist. Die Stadtwerke Brilon setzen<br />
vor allem auf Strom aus Norwegen. Die Bigge Energie verweist<br />
auf die „Kraft der Bigge“.<br />
meisten Windräder in der Region, im HSK sind es 144 und im<br />
Kreis Olpe 21.<br />
Der Blick in die Zukunft: „Wir setzen auf den dezentralen<br />
Weg“, betont Christoph Rosenau. „Es war ein wichtiger Schritt,<br />
ein Stück Daseinsvorsorge wieder in die kommunale Hand zu<br />
geben. Wir sind auf dem richtigen Weg. Unser Kundenstamm<br />
weist eine gesunde Basis auf, wir haben kaum Fluktuation und<br />
ein seit Jahren stetiges Wachstum an Kundschaft.“ Siegfried<br />
Müller formuliert ein ehrgeiziges Ziel: „Die Verteilernetze, die<br />
wir in Meschede, Bestwig und Olsberg verpachtet haben, müssen<br />
auch hier betrieben werden. Wir wollen auch der Grundversorger<br />
für Strom in allen drei Kommunen werden.“ ■<br />
Ausbau der Windkraft stagniert<br />
Was die Produktion von Ökostrom vor Ort betrifft, so hinken<br />
das Land NRW und die heimische Region dem Bundestrend<br />
deutlich hinterher. Nur 16,2 Prozent des Stromverbrauchs<br />
wurden 2019 in NRW durch erneuerbare Energien gedeckt.<br />
Für das Sauerland und Südwestfalen dürften das deutlich unter<br />
15 Prozent sein. Ein Grund ist die Stagnation beim Ausbau der<br />
Windkraft. Mit 290 Anlagen drehen sich im Kreis Soest die<br />
Christoph Rosenau und Siegfried Müller<br />
22 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Hasse chehört…?<br />
Anke Kemper<br />
ma, Fine, wat is denn mit deinem Otto los,<br />
den kricht man jar nich mehr zu Jesicht.“<br />
„Sach<br />
„Jau, der is in seinem Bastelkeller am Fuckeln.<br />
Weißte, der macht doch jetzt auf Strom.“<br />
„Wie dat denn?“<br />
„Na, mit seinem Fahrrad, über diesen Dynamo und so<br />
nen Jedöns. Weißich auch nich, wie er dat meint, abba<br />
da sparen wa dann wenichstens den Strom für de janzen<br />
Cheräte im Haus.“<br />
„Haste Töne. Und dat lohnt sich?“<br />
„Dat hoffe ich, Lisbeth. Wir hatten nach der letzten Stromrechnung<br />
ma so jedacht, dat muss doch auch anders chehen,<br />
woll? Jetzt hat er für sein Fahrrad so nen Jestell jebaut<br />
und dann musser halt reichlich strampeln, um Spannung<br />
zu erzeujen.“<br />
„Ja biste jescheit? Für Spannung kannste abba auch anders<br />
sorjen. Sachma, wie viel Strom erzeucht man denn überhaupt<br />
mit so nem Drahtesel?“<br />
„Bei acht Stunden im Sattel chibt dat so unjefähr 400<br />
Watt. Da ham wa schon ma morjens de Kaffeemaschine<br />
am Laufen.“ „Donnerlittchen! Und wenn de mittags<br />
kochen willst?“ „Chet nich, chibt Rohkost. Is auch viel<br />
jesünder. Und am Wochenende chehen wa dann aus.“<br />
„Ach, und dat is umsonst? Hömma Fine, da chibt es<br />
doch auch andere Möchlichkeiten. Wie wäre es denn mit<br />
Solarenerjie? Da musste nix für tun, dat erledigt de Sonne<br />
von janz alleine.“<br />
„Is doch <strong>Winter</strong>, dat können wa uns ma für nächstes Frühjahr<br />
überlejen.“<br />
„So lange hält dat der Otto doch nich durch! Odda chest<br />
de auch aufn Sattel sitzen und strampeln?“<br />
„Dat schafft der Otto schon. Männlicher Ehrjeiz, weißte<br />
doch.“<br />
„Und wenn ich dich jetzt mit weiblichem Ehrjeiz zu<br />
mir aufn leckeren warmen Kakao mit frisch geschlajener<br />
Sahne und ner Waffel mit heißen Kirschen einlade, dann<br />
kommste sicha cherne mit.“<br />
„Da kannste einen drauf lassen, woll?“ ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 23
Leitungsbautrupp <strong>Rüthen</strong><br />
Die Geschichte des Stroms im Sauerland<br />
Christel Zidi<br />
Historisches Konzernarchiv RWE<br />
Mit der industriellen Revolution wurde Elektrizität<br />
nicht mehr nur von Wissenschaftlern<br />
erforscht, sondern auch im Alltag genutzt. Die<br />
ersten Sauerländer, die das elektrische Licht nutzten, waren<br />
die Niedermarsberger. Bereits 1893 nutzte die dortige<br />
Stadtberger Hütte mit Dampfkraft angetriebene Elektromotoren.<br />
Im westlichen Sauerland wiederum waren es die<br />
Neheimer, die als Erste „elektrifiziert“ wurden.<br />
Bevor in Privathaushalten der elektrische Strom genutzt werden<br />
konnte, waren es zunächst Fabrikanlagen, die davon profitierten.<br />
Das erste E-Werk im Sauerland wurde 1893 in Niedermarsberg<br />
gebaut, 1896 zog Neheim nach. Die beiden Werke<br />
erzeugten den Strom mittels Dampfkraft. Später nutzte man<br />
vielfach die Kraft des Wassers, und zwar von den Bächen und<br />
Flüssen Alme, Diemel, Henne, Neger, Röhr, Ruhr, Stockumer<br />
Bach und auch Lenne und Salwey.<br />
Westfalens geschaffen worden. Der rasche Prozess - von der<br />
Stromnutzung nur weniger Konsumenten bis hin zur öffentlichen<br />
Versorgung für viele Verbraucher - zeigte durchschlagenden<br />
Erfolg. Schon bald war Elektrizität keine teure Angelegenheit<br />
mehr, sondern eine alltägliche Selbstverständlichkeit.<br />
Im Handwerk und im Kleingewerbe wurden Elektromotoren<br />
schon früh als „bester Geselle“ angesehen, die Industrie inter-<br />
Accumulatorenfabrik Hoppecke, Kreis Brilon, 1958<br />
In den ländlichen Regionen des Sauerlandes vollzog sich die<br />
Elektrifizierung nur langsam und vereinzelt. Erst am Vorabend<br />
des ersten Weltkriegs waren die technischen, wirtschaftlichen<br />
und politischen Grundlagen für die extensive Elektrifizierung<br />
24 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020<br />
Elektrische Dreschmaschine, Soest, 1954
Wasserkraftwerk Steinhelle, Francis-Turbinen, 1929<br />
Trafotransport in Neheim, Anfang 1920er Jahre<br />
Die ersten E-Werke im Sauerland<br />
1893 Niedermarsberg<br />
1896 Neheim<br />
1899 Sundern-Stockum<br />
1902 Arnsberg /<br />
Bestwig / Herdringen<br />
1903 Gleidorf / Sundern<br />
1904 Meschede<br />
essierte sich schnell für mehr als nur die elektrische Beleuchtung.<br />
Der Bereich der Kleineisenindustrie zählte bald zu den<br />
wichtigsten Stromverbrauchern.<br />
Elektrisches Licht gab es zunächst nur in betuchten Privathaushalten.<br />
Nur langsam kam der Strom auch bei den ärmeren<br />
Menschen an: Während nach und nach der Strompreis gesenkt<br />
wurde, stieg der Preis für das traditionelle und immer knapper<br />
werdende Petroleum.<br />
Mit dem Einzug der Elektrifizierung wurde die Stadt Arnsberg<br />
mehr und mehr zum wichtigen Wirtschaftsstandort. Neheim-<br />
Hüsten entwickelte sich bald zur „Stadt der Leuchten“ und<br />
auch die übrigen Städte und Gemeinden des Sauerlandes, allen<br />
voran Brilon als wichtiger Standort für die Herstellung von<br />
Batterien, zogen nach. ■<br />
1905 Alme / Brilon<br />
Oberkirchen / <strong>Warstein</strong><br />
1906 Belecke /<br />
Meschede / Westheim<br />
1907 Eslohe<br />
1908 Hirschberg /<br />
Hoppecke<br />
1909 Freienohl<br />
1910 <strong>Winter</strong>berg<br />
1911 Fredeburg<br />
1912 Bredelar /<br />
Finnentrop<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 25
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Petra Kleine<br />
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Kein Atomkraftwerk, keine unsaubere<br />
Kohleverbrennung, sondern Windräder,<br />
die umweltfreundlichen Strom<br />
erzeugen, prägen das Bild von Meerhof,<br />
einer Gemeinde am Rande des Sintfeldes.<br />
Zusammen mit den angrenzenden Gebieten<br />
von Bad Wünnenberg und Lichtenau<br />
steht hier eines der größten zusammenhängenden<br />
Windkraftgebiete Deutschlands.<br />
Rund 130 MegaWatt Strom sollen<br />
zukünftig von den beiden Meerhofer<br />
Windparks produziert werden, soviel<br />
wie von einem kleinen Atomkraftwerk.<br />
Aber der Meerhofer Strom ist<br />
„sauber“, wie es so schön heißt. Er<br />
stammt aus regenerativen Energien<br />
und steht somit nicht nur heutigen,<br />
sondern auch zukünftigen Generationen<br />
zur Verfügung. Neuerdings<br />
ist er für interessierte Meerhofer<br />
sogar umsonst. Die Betreiber-<br />
gesellschaften des Windparks Meerhof übernehmen für<br />
mindestens fünf Jahre den reinen Strompreis, sodass lediglich<br />
die Steuern, Umlagen, Abgaben und Netzkosten vom<br />
Kunden getragen werden müssen. Das Angebot gilt bis<br />
5.000 kWh pro Haushalt und Jahr, bei Mehrgenerationenhäusern<br />
sogar bis 7.000 kWh.<br />
Mit dieser Aktion möchten die Betreiber von zwei Meerhofer<br />
Windparks (Windpark Heubusch mit den Geschäftsführern<br />
Christoph Luis und Josef Dreps, sowie<br />
Windpark Grüner Weg Meerhof mit Geschäftsführer<br />
Michael Flocke), dass sich die Anwohner noch mehr mit<br />
dem Projekt identifizieren. Zusammen mit dem Vermarkter<br />
Westfalen Wind Strom ist das nun gelungen. Schon<br />
über 300 Haushalte haben sich für „eigenen Strom aus<br />
frischem Meerhofer Wind“ entschieden.<br />
(K)eine windige Erfolgsgeschichte<br />
Die Grundstimmung im Ort ist durchweg positiv. Von<br />
den 84 Anteilseignern, der Eigentümergemeinschaft,<br />
kommen fast alle aus Meerhof. Ortsansässige Vereine<br />
werden seit Jahren von den Grundeigentümern und Betreibern<br />
der Anlagen unterstützt.<br />
Christoph Luis, Petra Kleine (<strong>WOLL</strong>), Michael Flocke, Josef Dreps (vlnr)<br />
26 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
In Meerhof blickt man bereits auf<br />
eine lange Erfolgsgeschichte zurück:<br />
Mitte der 90er Jahre wurden die ersten<br />
kleineren Anlagen, damals noch<br />
mit Gittermasten, in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft in Lichtenau errichtet.<br />
Zur Jahrtausendwende wurde dann<br />
der Windpark Meerhof in Betrieb<br />
genommen. Zu jener Zeit war er der<br />
größte Europas. „Sogar der damalige<br />
Umweltminister Jürgen Trittin kam<br />
zur feierlichen Einweihung,“ erinnert<br />
sich Michael Flocke. Die Stadt<br />
Marsberg hatte frühzeitig Windvorrangzonen<br />
ausgewiesen, auf denen<br />
Windräder errichtet werden durften.<br />
So konnte Windkraft sinnvoll<br />
gebündelt werden und es herrschte<br />
Planungssicherheit. 2017 wurde der<br />
Flächennutzungsplan überarbeitet<br />
und das Gebiet vergrößert.<br />
Mit Wind-Energie<br />
in die Zukunft<br />
Zunächst kamen fremde Investoren,<br />
die aber nach der Inbetriebnahme<br />
weit weg waren. Es gab weder Ansprechpartner<br />
vor Ort noch Unterstützung<br />
für die Region. So sind die<br />
Landwirte selbst aktiv geworden. „Ich<br />
bin da einfach so reingerutscht,“ erzählt<br />
Christoph Luis. „Wir waren uns<br />
als Grundeigentümer einig, dass Einheimische<br />
das selber regeln können.<br />
Als Landwirte wussten wir doch am<br />
besten, was vor Ort zählt. Wir wollten<br />
keinen Streit untereinander und<br />
das hat auch geklappt. Wir waren uns<br />
einig, dass die Wertschöpfung hier<br />
vor Ort stattfinden sollte. Michael<br />
Flocke ist ein gutes Beispiel. Er war<br />
von Anfang an dabei und hat vor Ort<br />
Pionierarbeit geleistet. Inzwischen<br />
sind alle Firmen mit Sitz in Marsberg<br />
gemeldet und die Gewerbesteuern<br />
bleiben in der Kommune.“<br />
Josef Dreps ergänzt: „Unser Wohlstand<br />
braucht auch in Zukunft Energie,<br />
erneuerbare Energie. Duschen,<br />
baden, fernsehen, das alles geht nicht<br />
ohne Strom. Ältere Anlagen werden<br />
nach und nach rückgebaut und<br />
durch neue, leistungsstärkere und<br />
vor allem energieeffizientere ersetzt.<br />
Rund 150 Millionen Euro sollen bis<br />
2022 in dieses Projekt der Energie<br />
von morgen fließen. Durch dieses<br />
sogenannte Repowering wird der<br />
Stromertrag im Gebiet verdreifacht.<br />
Jedes einzelne Windkraftwerk kann<br />
circa 2000 Haushalte mit sauberem<br />
Strom versorgen.“<br />
Weitere Information erhalten Sie<br />
unter 0170 / 794 27 39 ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 27
Strom aus der Kraft des Wassers<br />
Die Stauseen des Sauerlandes und das Pumpspeicherwerk Rönkhausen<br />
Christel Zidi<br />
Mark-E/Carsten Engel<br />
K<br />
aum noch eine Mühle<br />
klappert „am rauschenden<br />
Bach …“. Turbinen haben<br />
die Arbeit der Mühlenräder übernommen.<br />
Geblieben ist das Grundprinzip<br />
bei der Nutzung der Wasserkraft:<br />
Umwandlung der Wasserenergie<br />
(Strömung) sowie der potenziellen<br />
Energie - also der Höhendifferenz an<br />
Aufstauungen - in nutzbare Energie.<br />
Generatoren wandeln die Kraft des<br />
Wassers in Strom um. Und das gleich<br />
an mehreren Stauseen im Sauerland.<br />
Während das erste Wasserkraftwerk<br />
1880 in England (Northumberland)<br />
in Betrieb ging, wurden im Sauerland<br />
erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
die ersten Stauseen gebaut. Sie dienen<br />
einerseits als Wasserreservoir, andererseits<br />
zur Gewinnung von Strom. So hat der<br />
Diemelsee eine jährliche Stromleistung<br />
von 2,5 Gigawattstunden, der Hennesee<br />
5,8, der Sorpesee 7,4, der <strong>Möhnesee</strong> 15<br />
und der Biggesee 22 Gigawattstunden.<br />
Das Speichern der Energie<br />
Schwieriger als die Erzeugung von Strom<br />
ist das Speichern elektrischer Energie.<br />
Dazu dienen sogenannte Pumpspeicherkraftwerke<br />
(PSW). Das PSW besteht aus<br />
zwei Wasserbecken aus unterschiedlichen<br />
Höhen. Gespeichert wird die Energie<br />
im oberen Becken. Die Stromerzeugung<br />
erfolgt durch das Ablassen des Wassers<br />
in das untere Becken. Das Wasser treibt<br />
dabei Turbinen an, die den elektrischen<br />
Strom produzieren. Die potenzielle Energie<br />
aus dem höher gelegenen Speicherbecken<br />
kann ganz nach Bedarf abgerufen<br />
werden. Und das sogar in Sekundenschnelle.<br />
Das Ausgleichswerk<br />
PSW haben die vorrangige Aufgabe,<br />
Schwankungen in der Energieversor-<br />
28 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
gung, wie sie z. B. bei erneuerbaren Energien<br />
immer wieder vorkommen können,<br />
auszugleichen. Bei geringer Nachfrage<br />
nehmen diese Werke ein Überangebot<br />
von elektrischer Energie im Stromnetz<br />
auf, in Spitzenverbrauchszeiten wird die<br />
Energie dann wieder ins Netz gegeben.<br />
Das geht jedoch nicht ohne Verluste. In<br />
Pumpen, Turbinen und Wasserleitungen<br />
geht so einiges der gespeicherten Energie<br />
verloren. Genauer gesagt beläuft sich der<br />
Verlust bei modernen Anlagen auf 15 bis<br />
25 %. Vergleicht man diese Verluste mit<br />
denen anderer Speicherarten sind diese<br />
zwar recht hoch, dafür sind die Investitionskosten<br />
und die Kosten pro gespeicherter<br />
Kilowattstunde geringer. PSW<br />
werden auch immer häufiger eingesetzt,<br />
um Einspeisungen aus der Windkraft<br />
aufzunehmen.<br />
Ein energiegeladener<br />
Touristenmagnet<br />
In der Gemeinde Finnentrop liegt das<br />
Rönkhauser Pumpspeicherwerk, eines<br />
der beiden Pumpspeicherwerke in NRW<br />
(das andere befindet sich in Herdecke).<br />
Es verfügt über eine installierte Leistung<br />
von 140 Megawattstunden, die sich<br />
gleichmäßig auf zwei Turbinen aufteilen.<br />
Diese Turbinen befinden sich – ebenso<br />
wie die beiden Motoren - im unterirdischen,<br />
kreiszylinderförmigen Krafthaus,<br />
das am Ende des Druckstollens liegt.<br />
Das Oberbecken hat eine Speicherkapazität<br />
von 735 Megawattstunden und<br />
kann Innerhalb von fünf Stunden befüllt<br />
oder geleert werden.<br />
Das Oberbecken des Rönkhauser<br />
Speicherwerkes auf dem Dahlberg (570<br />
Meter ü.NN) hat sich zu einem touristischen<br />
Magnet entwickelt. Sehenswert<br />
ist aber auch die Glingetalsperre, das<br />
Unterbecken des Speicherwerkes, das<br />
270 Meter tiefer im Tal liegt. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 29
Der Weg des Stroms<br />
Paul Senske<br />
Der Transport des Stroms von den Kraftwerken in die Haushalte ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung.<br />
Er erfolgt über Übertragungs- und Verteilernetze, wobei die Spannung in Umspannwerken schrittweise von<br />
380 KV (380.000 Volt) auf im Endeffekt 230 bzw. 400 Volt reduziert wird.<br />
In Deutschland gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber:<br />
Amprion GmbH, TransnetBW GmbH, 50Hertz Transmission<br />
GmbH und Tennet TSO GmbH. Daneben sind<br />
knapp 1.000 Verteilungsnetzbetreiber registriert. Die<br />
großen Übertragungsnetze transportieren den Strom über<br />
Höchstspannungs- (380 KV) und Hochspannungsleitungen<br />
(110 KV). Die regionalen und lokalen Verteilungsnetzbetreiber<br />
liefern über Mittel- und Niederspannungsnetze<br />
den Strom unter anderem in die Haushalte.<br />
Foto: www.amprion.net<br />
Ein Blick in den Hochsauerlandkreis: In Brilon-Nehden<br />
steht ein großes Umspannwerk, wo die Höchstspannung<br />
von 380 bzw. 220 KV auf 110 KV transformiert und<br />
weitergeleitet wird (Hochspannung). Diesen Strom nutzen<br />
unter anderem die Großindustrie oder die Deutsche Bahn.<br />
Die Reise des Stroms geht weiter, beispielsweise in die<br />
Umspannwerke in Freienohl, Bestwig, Meschede oder<br />
Olsberg, wo die Spannung auf bis zu 10 KV reduziert<br />
wird (Mittelspannung).<br />
Wie kommt der Strom schließlich in die Haushalte? Über die den Ortsnetzstationen angeschlossenen Mittelspannungskabel<br />
wird der Strom in kleine Transformationsstationen (Trafohäuschen) weitergeleitet. Die Spannung wird auf einen Niederspannungs-Wert<br />
von 230 bzw. 400 Volt reduziert. Die unterirdische Feinverteilung erfolgt schließlich über mehrere Leitungen<br />
zu den Verteilerkästen, die den Strom an Haushalte, Betriebe oder öffentliche Einrichtungen weiterleiten. ■<br />
30 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
“Strom ist dafür da, dass die<br />
Lampen brennen.”<br />
“Woher der Strom kommt?<br />
Vom Wasserwerk und<br />
aus dem Wind.”<br />
“Strom ist gefährlich!”<br />
Kinder und die Elektrizität<br />
Stromexperimente im Haus der Kleinen Forscher<br />
Christel Zidi<br />
Jürgen Eckert<br />
Charlotte, Louis, Leander, Olivia, Sofie, Julius und Anton<br />
“Wenn es blitzt, ziehen<br />
wir alle Stecker aus den<br />
Steckdosen.”<br />
“Man darf nicht in<br />
die Steckdose fassen.”<br />
“Auf jeden Fall gab es<br />
den früher nicht.”<br />
„Haus der kleinen Forscher“ in der MON-<br />
TEKITA in Bestwig wird die Lust der Kinder<br />
Im am (Er-) Forschen gefördert. „Die Erkundung<br />
zur Welt” ist eines der Konzepte der Kindertagesstätte<br />
MONTEKITA in Bestwig.<br />
Dass Elektrizität zu unserer modernen Welt dazugehört, wissen<br />
selbst die Kleinen. Wie es sich anfühlt, wenn man einen ganzen<br />
Tag einmal auf Strom verzichtet, hat die Leiterin der Kindestagesstätte,<br />
Petra Hülshoff, schon einmal mit den Kindern<br />
ausprobiert. Und damit auch die Neugier der Kinder an diesem<br />
Thema verstärkt. Was die Mädchen und Jungen, für die in der<br />
KiTa auch ein eigener Experimentierraum zur Verfügung steht,<br />
schon so alles über den Strom wissen, haben sie uns bei unserem<br />
Besuch erzählt. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 31
Der Turbinenflüsterer<br />
Dr. Bernd Walters im vollen Einsatz<br />
für Wasserkraftwerke<br />
Das Kraftwerk in Wildshausen<br />
Britta Melgert<br />
S. Droste<br />
Erneuerbare Energiequellen<br />
– in Deutschland wird rund<br />
drei Prozent des erzeugten<br />
Stroms aus Wasserkraft gewonnen.<br />
Auch bei uns im Sauerland gibt es<br />
Wasserkraftwerke. Wir haben eines<br />
an der Ruhr bei Arnsberg-Wildshausen<br />
besichtigt und dabei Dr. Bernd<br />
Walters kennengelernt, der alte Anlagen<br />
wie diese am Leben erhält.<br />
Oft werden Kinder aufgefordert, gut<br />
aufzupassen, wenn ihnen Erwachsene<br />
etwas zeigen wollen. „Hier lernst du<br />
was fürs ganze Leben“, heißt es dann.<br />
Wenn Opa Walters vor rund 60 Jahren<br />
mit seinem Enkel Bernd unterwegs<br />
war, zog es beide oft zu alten Mühlen.<br />
Der Großvater hatte ein Faible für die<br />
dort erzeugte Energie, und so mancher<br />
Müller war stolz, seinen Besitz zu<br />
präsentieren. Logische Folge: Der Enkel<br />
wuchs wie selbstverständlich mit physikalischem<br />
und technischem Wissen<br />
auf, mit einer besonderen Vorliebe für<br />
Turbinen und das „Klappern der Mühle<br />
am rauschenden Bach“.<br />
Marode Mühle auf Ratenzahlung<br />
Doch bevor dieser Kindheitstraum für<br />
ihn Hand und Fuß annehmen sollte,<br />
studierte Bernd Walters Medizin und<br />
wurde Arzt. Eine Stelle im Dortmunder<br />
Krankenhaus, eine eigene Praxis<br />
in Brilon – so weit, so gut! Doch die<br />
Wasserkraft-Gedanken waren stets<br />
präsent. Als er eines Tages hörte, dass<br />
an der Möhne in <strong>Rüthen</strong> eine marode<br />
Mühle verkauft und abgerissen werden<br />
Dr. Bernd Walters<br />
sollte, sah er seine Chance gekommen.<br />
„Der alte Müller war so begeistert von<br />
meiner Idee „Restauration statt Abriss“,<br />
dass er auf Ratenzahlung einging“,<br />
erinnert sich Walters, und er räumt<br />
ein: „Ein solches Investment hätte ich<br />
mir damals gar nicht auf einen Schlag<br />
leisten können.“<br />
Einfache Rechnung: Eine Nachtschicht<br />
= eine neue Bohrmaschine<br />
Mit viel Zeit, Muskelkraft und Ideenreichtum<br />
hatte er grad sein erstes kleines<br />
Wasserkraftwerk in Gang bekommen,<br />
da kamen bereits die nächsten<br />
Verkäufer auf ihn zu. „Ich erwarb eine<br />
32 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
zweite Mühle sowie eine Beteiligung an<br />
einem Kraftwerk in Allagen“, erzählt<br />
Walters. „Es war wie eine Mischung aus<br />
Hobby und Nebenerwerb. Na ja, verdient<br />
habe ich damit kaum etwas. Um<br />
mir diesen Spaß überhaupt leisten zu<br />
können, habe ich als Arzt Überstunden<br />
gemacht; gelegentlich für Dortmunder<br />
Fachärzte die Nachtschicht oder<br />
Wochenendnotdienste übernommen.<br />
Da habe ich immer gerechnet: Eine<br />
Nachtschicht bringt 600 Mark, und<br />
das bedeutet eine neue Bohrmaschine.<br />
Ja, so war das damals.“<br />
Der Verdacht liegt nah, es mit einem<br />
Workaholic zu tun zu haben, denn<br />
eigentlich bestand ja seine Freizeit aus<br />
„Rumbasteln“ an den Turbinen, Wellrädern,<br />
Generatoren etc. „Ach, das war für<br />
mich ein wunderbarer Ausgleich zum<br />
Dienst an den Patienten“, lacht Walters.<br />
„Ich hätte beides nicht missen wollen.“<br />
Die größte Herausforderung –<br />
mit Erfolg abgeschlossen<br />
Richtig Fahrt aufgenommen hat sein<br />
kleines Energieunternehmen allerdings<br />
erst mit dem Erwerb einiger Kraftwerke<br />
an größeren Flussläufen, beispielsweise<br />
an der Diemel bei Giershagen, an<br />
der Hoppecke bei Brilon-Wald, an der<br />
Ruhr in Wickede und das Kraftwerk<br />
in Wildshausen, das er uns heute zeigt.<br />
1873 ging das Kraftwerk erstmals in<br />
Betrieb, um zunächst Strom für eine<br />
Holzschleiferei, später für eine Zellstofffabrik<br />
zu erzeugen. Die Fabrik ist<br />
längst Geschichte, aber dank Bernd<br />
Walters wird hier immer noch Strom<br />
erzeugt, der heutzutage an Energieunternehmen<br />
abgegeben wird. „Man hatte<br />
hier in den 1990ern leider alles schon<br />
in Schutt und Asche gelegt“, so Walters.<br />
„Ich habe dann nächtelang alles mit<br />
eigenen Händen wieder hochgezogen.“<br />
Heute bezeichnet er dieses Projekt als<br />
seine größte, erfolgreich abgeschlossene<br />
Herausforderung.<br />
So sah es vor dem Neuaufbau aus.<br />
Stolz zeigt er uns das Gebäude: ein<br />
Mix aus neuen Mauern und antiken<br />
Fenstern, die steile Stahltreppe, die er<br />
selbst geschweißt hat – und natürlich<br />
die Gerätschaften. Das große Wellrad<br />
und der Generator fangen den ersten<br />
Blick des Besuchers. Ein untergestellter<br />
Traktor weist darauf hin, dass der,<br />
der hier zu tun hat, keinen digitalen<br />
Schreibtischjob betreibt. „Ja, hier<br />
geht’s auch schon mal zur Sache!“ sagt<br />
Walters und lacht, und er nimmt uns<br />
mit nach oben zum Wasserstau, wo wir<br />
heute vor dem Rechen der Anlage nur<br />
angeschwemmte Blätter sehen. Diese<br />
zu beseitigen, ist wohl ein Kinderspiel<br />
im Vergleich zu größeren Objekten.<br />
„Ich hab einem Landwirt so ´nen alten<br />
Mistkran abgekauft. Damit ist auch<br />
beispielsweise ein großer Ast schnell beseitigt“,<br />
weiß Bernd Walters. Er ist ganz<br />
in seinem Element.<br />
Energie für 2.200 Haushalte<br />
Und wenn es mal größere Probleme<br />
gibt? „Ich beschäftige Schlosser und<br />
Elektriker in Vollzeit, die sich um Turbinen<br />
& Co. kümmern, dazu diverse<br />
Teilzeitkräfte fürs Grobe. Zur Not bin<br />
UNSER SPEKTRUM<br />
Hilfe im Haushalt<br />
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Spaziergänge, Vorlesen,<br />
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wir beraten Sie gerne!<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 33
ich ja auch rund um die Uhr erreichbar<br />
und fahre dann raus. Neben meinem<br />
heutigen Hauptjob als Betriebsarzt bin<br />
ich wöchentlich rund 25 Stunden in<br />
Sachen Wasserkraft tätig.“ Doch der<br />
Aufwand lohnt sich: „Der Gesamt-<br />
Output meiner Werke reicht für den<br />
umweltfreundlichen Energiebedarf für<br />
rund 2.200 Haushalte, das macht mich<br />
schon ein bisschen stolz.“<br />
Und so kämpft er an gegen schwimmende<br />
Objekte, gegen Schäden an den<br />
Anlagen – und gegen Interessenverbände.<br />
„Vorschriften und Auflagen müssen<br />
sein, machen es uns Betreibern aber<br />
auch nicht leicht. Dabei investieren<br />
wir beispielsweise in gute Fischtreppen<br />
und können von einer Fischschädlichkeit<br />
gleich Null sprechen“, versichert<br />
Walters.<br />
Ans Aufhören denkt Bernd Walters<br />
mit seinen 67 Jahren noch lange nicht.<br />
„Die Anlagen sind stabil und halten<br />
bestimmt noch 100 Jahre durch“,<br />
meint er. „Wenn ich mal nicht mehr<br />
kann, dann übernimmt mein Sohn das<br />
alles hier. Aber erst mal habe ich selbst<br />
hoffentlich noch lange Freude daran!“<br />
Wie recht doch der Großvater hatte, als<br />
er sagte „…da lernst du was fürs ganze<br />
Leben!“ ■<br />
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Pee Power -<br />
Eine besondere Form von Bioenergie<br />
Christel Zidi<br />
Eine echte Mutprobe. Eine Männermutprobe wohlgemerkt,<br />
ist das Urinieren an elektrische Weidezäune.<br />
Schließlich könnte den kleinen oder großen Mann ja<br />
der Schlag treffen. Aber ist dem wirklich so? Als Frau hat man<br />
da ja so keinerlei Erfahrungswerte …<br />
Nun ist salzhaltiger Urin ein sehr guter elektrischer Leiter.<br />
Würde der Harnstrahl aus allernächster Nähe auf den Elektrozaun<br />
treffen, könnte es tatsächlich gefährlich werden. Normalerweise<br />
wird aber ein gewisser Abstand zum Zaun eingehalten,<br />
so dass sich der Harnstrahl schon nach wenigen Zentimetern<br />
in viele, kleine Tröpfchen auslöst. (Bitte deshalb immer die<br />
Klobrille hochklappen, liebe Herren). Das Urinieren auf den<br />
Elektrozaun ist – von einem Restrisiko abgesehen – deshalb<br />
ziemlich risikofrei.<br />
Vor einigen Jahren ist es dem englischen Professor Ioannis<br />
Ieropoulos mit seinem Team gelungen, aus Urin Energie zu erzeugen,<br />
Pee Power (deutsch: Pinkelenergie). Dabei hat er es sich<br />
zunutze gemacht, dass Urin, der zu 95 % aus Wasser besteht,<br />
Anke Kemper<br />
einen Anteil von 5 % der für die Stromerzeugung wichtigen<br />
Kohlenhydraten besitzt. Die Stromerzeugung erfolgt in einem<br />
Keramikzylinder, einer sogenannten „mikrobielle Brennstoffzelle“.<br />
Dort sind innen und außen jeweils unterschiedliche<br />
Elektroden befestigt. Der Zylinder wird in einen Behälter mit<br />
Urin gestellt. Um Strom zu erzeugen, haben Wissenschaftler<br />
Bakterien im säurearmen Urin angesiedelt, die sich von<br />
Kohlenhydraten ernähren und sie zersetzen. Als Nebenprodukt<br />
aus diesen Prozessen entstehen Protonen und Elektronen. Die<br />
Elektronen gelangen über einen Draht in die Brennstoffzelle<br />
und erzeugen dort ein Übermaß an negativer Ladung. Zum<br />
Ausgleich bewegen sich die Protonen durch die Keramikschicht<br />
der Brennstoffzellen hindurch - und Strom entsteht.<br />
Durch Nutzung dieser Bioenergie können z. B. LED-Lampen<br />
zum Leuchten gebracht werden. Auch Handys konnten schon<br />
mit Pee Energy geladen werden.<br />
Wichtiger Hinweis: Auch bei dieser Form von Bioenergie muss<br />
zunächst eine Umwandlung erfolgen. Der direkte Weg sollte -<br />
auch versuchsweise - nicht gewählt werden! ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 35
Energisch für<br />
Erneuerbares<br />
Erneuerbare Energien etablieren sich auch im<br />
Hochsauerland immer mehr<br />
Sonja Heller<br />
S<br />
auerland – das Land der tausend Berge. Schweift der Blick über unsere schöne Heimat, fällt jedoch weit mehr<br />
als das ins Auge und man grübelt, es sei doch auch das Land von Wind und Wasser. Dass in den Elementen große<br />
Kraft liegt, nämlich die der Erneuerbaren Energien, erläuterte im Gespräch mit der <strong>WOLL</strong> der Energieberater der<br />
Verbraucherzentrale NRW am Standort Arnsberg, Carsten Peters.<br />
Strom und Wärme aus Erneuerbaren Energien werden sowohl<br />
zwischen als auch auf unseren Bergen produziert. Dabei ist die<br />
Windkraft der Vorreiter in der Stromproduktion des Kreises.<br />
Im Jahr 2018 war sie mit satten 54 Prozent an der Gesamtleistung<br />
beteiligt. Ihr folgt Biomasse, meistens in Form von Holzpellets,<br />
und Photovoltaik. Und obwohl das Hochsauerland<br />
über wundervolle Stauseen verfügt, erzeugen die knapp 100<br />
Wasserkraftanlagen nur acht Prozent des Stromertrags. Die<br />
Biogase liegen zwar mit unter einem Prozent auf dem letzten<br />
Platz, doch es sind Entwicklungen zu verzeichnen. So entstand<br />
2019 auf der Hellefelder Höhe eine der größten Biogasanlagen<br />
Deutschlands, die aus alltäglichen Bioabfällen Strom für über<br />
1100 Haushalte produziert.<br />
Engagement im Klimadorf Wallen<br />
Carsten Peters von der Verbraucherzentrale verzeichnet<br />
steigendes Interesse in der Bevölkerung und viel Engagement<br />
in dem Bereich. Als gelungenes Beispiel führt er das Klimadorf<br />
Wallen an. Hier beliefert ein Blockheizkraftwerk fast<br />
90 Prozent der 117 Haushalte mit Wärme. Sie stammt zu 40<br />
Prozent aus der Biogasanlage eines örtlichen Landwirts, den<br />
Rest liefert eine genossenschaftlich organisierte Hackschnitzelanlage.<br />
Finanziert wurde das Projekt per Crowdfunding. Und<br />
die Motivation für die Dorfbewohner aus Wallen? Das war der<br />
Klimawandel, erzählt Carsten Peters. Die Menschen, die in<br />
und mit der Natur leben, werden am direktesten mit den Auswirkung<br />
konfrontiert, beispielsweise mit den Dürresommern<br />
und den vom Borkenkäfer zerstörten Fichtenwäldern.<br />
CO2-Steuer ebenfalls Auslöser fürs Umdenken<br />
Es gibt einen weiteren Grund für immer mehr Beratungstermine<br />
bei Carsten Peters. „Ich verzeichne einen deutlichen<br />
Run auf Erneuerbare Energien wegen der CO2-Steuer“, so der<br />
Fachmann. 2021 werden sich durch die CO2-Steuer Gas- und<br />
Ölpreise verteuern, was viele Verbraucher über Alternativen<br />
nachdenken lässt. Unterstützt wird Umdenken auch durch<br />
staatliche Förderprogramme. Doch welche regenerative Energieform<br />
ist eigentlich für den Privathaushalt interessant? Als<br />
Klassiker führt der Energieberater die Holzpellet-Heizung an<br />
und die Solarthermie. Carsten Peters hält Holzpellets für die<br />
geeignetste Form der Erneuerbaren Energie bei uns im Hochsauerland.<br />
Nachdem so viel über den Klimaschutz gesprochen<br />
wurde, fragen wir nach der Ökobilanz der Holzpelletheizung.<br />
Pellets sind getrocknete Industrie-Sägespäne und Holzreste<br />
der Forstwirtschaft. „Da sind wir hier an der Quelle“, stellt<br />
Peters fest. Die Holzmasse wird unter hohem Druck zu gleich<br />
großen Stäbchen gepresst, die viel Energie enthalten und sehr<br />
platzsparend gelagert werden können. „Und auch das Käferholz<br />
wird verarbeitet“, nennt Carsten Peters einen weiteren,<br />
positiven Aspekt.<br />
Biomasse und Solarthermie optimal<br />
Bei der Solarthermie verzeichnet der Fachmann einen extremen<br />
Anstieg des Beratungsbedarfs. „Da ist Dynamik drin!“<br />
bekräftigt er. Bei der Solarthermie wird die Sonneneinstrahlung<br />
in Wärme umgewandelt und direkt im Haus zur Erhitzung<br />
von Trinkwasser und zur Unterstützung der Heizung<br />
genutzt. Doch Solar ist nicht nur im großen Stil interessant,<br />
auch das Interesse an Mini-Solaranlagen steigt. Diese kleinen<br />
Mini-Kraftwerke werden ohne großen Aufwand auf dem<br />
36 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
eigenen Balkon oder der Terrasse montiert. Die Anlage wird<br />
entweder an das Stromnetz angeschlossen oder als kleines<br />
Solarkraftwerk genutzt.<br />
Gemeinsam Umsteigen<br />
Neben der Verbraucherzentrale bieten jedoch auch private<br />
Vereine bei der Umsetzung von Maßnahmen und Projekten<br />
Unterstützung, z.B. Erenvo in Meschede. Der Verein berät<br />
Hauseigentümer bei der Neukonzeption seiner Energieanlage<br />
ebenso, wie das Dorf bei der Projektierung. Beratungsbedarf<br />
kann auch anders gestillt werden, auf der jährlich in Meschede<br />
stattfindenden BAULOKAL-Messe oder im Zentrum Holz<br />
in Olsberg. Dort ist das Informations- und Demonstrationszentrum<br />
Erneuerbare Energien (I.D.E.E.) ansässig, das über<br />
moderne Feuerungssysteme, die Nutzung von Holzenergie<br />
und Erzeugung von Biowärme informiert.<br />
Fahrradtour durch die<br />
Erneuerbaren Energien<br />
Auch an einem schönen <strong>Winter</strong>tag ist die „Erneuerbare Energie-Tour“<br />
ein Erlebnis. Im Stadtgebiet der Klimakommune<br />
Schmallenberg verlaufen die 16 Stationen dieser Fahrradtour,<br />
welche alle erneuerbaren Energien in echter Anwendung zeigt.<br />
Die insgesamt 31 km lange Tour informiert anschaulich über<br />
die Erzeugung von Strom und Wärme mittels Wasserkraft,<br />
erklärt Solarthermie und Photovoltaik und als weitere Themen<br />
Umweltwärme, Holz, Biogas und Windenergie. Wer sich die<br />
Zeit nimmt, erhält an jeder Station die nötigen Hintergrundinformationen.<br />
■<br />
Starker Partner der Landwirte im Sauerland!<br />
✓ Wir bieten innovative Erzeugnisse für individuelle<br />
Fütterungskonzepte<br />
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Deklaration<br />
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sieben Jahre Garantie auf alle Weidezaungeräte.<br />
Informationen zur<br />
heutigen Landwirtschaft<br />
Daten: Hochsauerlandkreis<br />
Josera. Landhandel Babilon<br />
Josef Babilon<br />
Mönekind 1<br />
57392 Schmallenberg<br />
Deutschland<br />
02971 86016<br />
0171 7792242<br />
babilon.josera@t-online.de<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 37<br />
www.landhandel-babilon.de
E-Mobilität auch für Handwerker<br />
„Meine E-Bullis ziehen wunderbar!“<br />
J<br />
örg Leuchtenberger ist erklärter Fan von Elektrofahrzeugen.<br />
Privat fahren seine Frau und er schon<br />
seit vier Jahren E-Autos, womit sie auch schon bis<br />
an die Ostsee und auch in die Alpen zum Skilaufen<br />
gefahren sind. Im Januar 2017 war die Fahrt in die Alpen<br />
noch eine Pionierleistung, da es kaum Ladestationen gab.<br />
Hier wurden reichlich Erfahrungen gesammelt. Die Ladeinfrastruktur<br />
wurde jedoch von Jahr zu Jahr besser, so dass<br />
heute Langstrecken problemlos bewältigt werden können.<br />
In Ense besitzt Leuchtenberger ein Küchenstudio, zu dessen<br />
Leistungsspektrum auch die Lieferung und der Aufbau von<br />
Küchen gehören. Ausgeliefert wird mit Montagefahrzeugen.<br />
Aber nicht mit Benzinern oder Diesel-Fahrzeugen, wie das<br />
größtenteils in der Branche noch der Fall ist, sondern mit<br />
E-Bullis des Typs SAIC Maxus.<br />
„Ich habe immer schon gehofft, dass E-Montage-Fahrzeuge<br />
auf den Markt kommen“, berichtet uns<br />
Jörg Leuchtenberger. Allerdings<br />
war ihm die Anschaffung<br />
entsprechender Transporter<br />
im Sprinter-<br />
Format bis dato<br />
noch viel zu teuer<br />
als Montagefahrzeug.<br />
Leasing<br />
kam für ihn nicht<br />
in Frage. Dann<br />
Christel Zidi<br />
Philipp Nolte<br />
hörte er, dass die Firma Maxus, die ihren Sitz in Shanghai<br />
hat, E-Bullis auf den Markt bringt, die von den Anforderungen<br />
genau dem entsprechen, was er für seine Montage-Fahrzeuge<br />
benötigt. Aber noch waren die chinesischen Fahrzeuge<br />
in Deutschland nicht zu bekommen. Aber in Holland.<br />
Also macht er sich mit seiner Frau Elke auf den Weg dorthin.<br />
Seit Anfang des Jahres erweitern zwei E-Fahrzeuge seinen<br />
Fuhrpark. Die Entscheidung für die Anschaffung der E-Bullis<br />
hat Leuchtenberger bisher nicht bereut: „Die Bullis ziehen<br />
wunderbar“, berichtet er, „und die Reichweite von 200 Kilometern<br />
reicht für unseren Betrieb völlig aus.“ Und er ergänzt:<br />
„Die Drosselung auf 100 Kilometer pro Stunde ist dabei<br />
völlig ausreichend.“<br />
Der umweltbewusste Unternehmer hat – selbstverständlich<br />
– eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, um Strom selbst zu<br />
erzeugen. Geladen werden seine Kastenwagen aus dem Reich<br />
der Mitte an Schuko Steckdosen, die aber separat gesichert<br />
sind. Damit überwiegend der selbsterzeugte Strom genutzt<br />
werden kann, werden die Fahrzeuge über eine Zeitschaltuhr<br />
mit Energie „aufgetankt“.<br />
Jörg Leuchtenberger plädiert dafür, dass E-Fahrzeuge auch<br />
verstärkt von Handwerkern eingesetzt werden können und<br />
sollten – und geht mit gutem Beispiel voran. Auf seinem Hof<br />
stehen - wenn sie nicht gerade im Einsatz sind – insgesamt<br />
fünf Elektrofahrzeuge. ■<br />
38 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Anzeige<br />
Elektrisch in die Zukunft<br />
Fördermittel machen<br />
die Anschaffung von<br />
eigenen E-Ladesäulen<br />
immer attraktiver<br />
Daniela Weber<br />
Philipp Nolte<br />
E<br />
lektroautos gewährleisten eine nachhaltige und klimafreundliche Beförderung. Doch wer sich für die E-Mobilität<br />
entscheidet, benötigt eine Ladesäule beziehungsweise eine Wallbox. Der Bund und das Land NRW<br />
bezuschussen die Anschaffung mit attraktiven Fördermitteln. Das E-Mobilität Zentrum in Freienohl, das<br />
durch den Zusammenschluss von drei sauerländischen Betrieben Kompetenzen im Bereich Beratung, Installation<br />
und Landschaftsbau bündelt, unterstützt beim Kauf und Einbau und findet für jeden Interessenten die passende<br />
Förderung.<br />
PRO-EL aus Freienohl schult akademisch bereits seit<br />
Jahren bundesweit Handwerker, Industrie und Energieversorger<br />
zum Thema E-Mobilität. Mit dieser Kompetenz<br />
ist PRO-EL erster Ansprechpartner, wenn es um<br />
das beratungs intensive Thema Ladeinfrastruktur geht.<br />
„Die Empfehlung für das passende Modell, die Prüfung<br />
der baulichen und infrastrukturellen Möglichkeiten und<br />
nicht zuletzt auch die Beantragung von Fördermitteln<br />
sollte man dem Profi überlassen“, sagt Geschäftsführer<br />
Thomas Pöttgen.<br />
Wenn die Kalkulation steht, schauen Pöttgen und sein<br />
Team nach der profitabelsten Fördermöglichkeit. Der<br />
neue KFW-Kredit vom Bund, der seit dem 24. November<br />
beantragt werden kann, bezuschusst den Kauf, Einbau<br />
und Anschluss einer 11-Kilowatt-Wallbox mit 900 Euro.<br />
„Die Gesamtkosten müssen mindestens bei 901 Euro<br />
liegen, damit die Förderung gewährt wird. In den meisten<br />
Fällen ist ein Eigenanteil von 50 bis 100 Euro realistisch“,<br />
betont Pöttgen. Das Besondere an dem KFW-Kredit:<br />
Die Förderung ist nicht davon abhängig, ob jemand ein<br />
Elektroauto besitzt oder sich in Zukunft eines anschaffen<br />
möchte. „Das ist natürlich schon der Hammer. So<br />
eine Wallbox wertet ein Haus definitiv auf“, stellt er die<br />
Vorteile des KFW-Kredits heraus. Doch nicht für jeden<br />
Privathaushalt ist das die rentabelste Lösung. Bei höheren<br />
Gesamtkosten rät der Experte zu der Landesförderung.<br />
Diese garantiert eine Erstattung von 60 Prozent. In jedem<br />
Fall empfiehlt der Berater privaten Haushalten, diese<br />
Chancen zu nutzen: „Wer jetzt eine Ladesäule anschafft,<br />
der ist für die Zukunft gerüstet.“ ■<br />
KFW- und Landesförderung im Vergleich<br />
Arnsberg/Meschede<br />
www.e-mobilitaet-wissen.de<br />
Tel. 02903 96990 20<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 39
Elektrische Beleuchtung in einer Arbeiterwohnung, 1913 Elektrisches Bügeln, 1912 Elektrifizierte Küche, 1913<br />
Kohle im Bügeleisen und Wasser im Ofen<br />
Geschichte des Stroms in den Privathaushalten<br />
Christel Zidi<br />
Historisches Konzernarchiv RWE<br />
Der elektrische Strom beschert uns ein komfortables<br />
Leben. Der erste Gang am Morgen: zum<br />
Lichtschalter. Eine schöne, warme Dusche, der<br />
erste Kaffee des Tages kommt aus dem Kaffeevollautomaten.<br />
Schnell noch die frisch gewaschene Hose gebügelt...<br />
Vor hundert Jahren sah die Welt noch völlig anders aus.<br />
Elektrisches Licht in den Straßen<br />
Zwar wurde bereits 1893 erstmals elektrischer Strom im<br />
Sauerland erzeugt, bis das elektrische Licht aber auch in den<br />
Privathaushalten Einzug hielt, war es noch ein langer Weg –<br />
zumindest für die weniger betuchten Zeitgenossen.<br />
Ab den 1940er Jahren war ganz Deutschland an das Stromnetz<br />
angeschlossen, die Strompreise sanken und waren dadurch<br />
auch für Otto Normalverbraucher bezahlbar.<br />
Der Siegeszug der elektrischen Geräte im Haushalt<br />
Ebenso wie die elektrischen Haushaltsgeräte, die sich nun nicht<br />
mehr nur die Familien aus der höheren Gesellschaftsschicht<br />
leisten konnten. Die bis dahin körperlich hart arbeitenden<br />
Frauen aus der Mittelschicht konnten langsam aufatmen. Die<br />
neuen Elektrogeräte verschafften ihnen immense Erleichterungen<br />
bei der Verrichtung ihrer “hausfraulichen Pflichten”.<br />
Kurz nach der Jahrhundertwende kamen die ersten elektrisch<br />
angetriebenen Waschmaschinen auf den Markt, die in vielen<br />
Haushalten die Rubbelei auf dem Metall- bzw. Holzwaschbrett<br />
und das Stampfen im Waschkessel weitestgehend überflüssig<br />
machten. Vollautomatische Waschmaschinen gab es in<br />
Deutschland ab 1951 zu kaufen.<br />
Noch unsere Großmütter standen vor dem Holz- und Kohleherd,<br />
auf dem nicht nur gekocht wurde, sondern der gleichzeitig<br />
die Wohnung beheizte. Anders als der Gasherd, den<br />
es bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gab. Elektroherde<br />
etablierten sich erst nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland,<br />
obwohl der erste bereits 1893 auf der Weltausstellung in<br />
Chicago präsentiert wurde<br />
Bis 1926 bügelten die Frauen (denn die waren es ja überwiegend)<br />
mit dem Plätteisen, das mit Holzkohle oder Brikett<br />
40 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Elektrifizierte Küche, um 1910 Elektrischer Koch- und Backherd, um 1930<br />
Wir verbessern<br />
Arbeitsplätze und sorgen<br />
für glücklichere Mitarbeiter<br />
in Industrie und Handwerk!<br />
gefüllt wurde. Einige besaßen auch Gasbügeleisen oder solche, die mit einem<br />
Spiritusbrenner befeuert wurden.<br />
JETZT KONFIGURIEREN UNTER:<br />
WWW.PETEC-GMBH.DE<br />
Der Amerikaner Hoover bracht 1916 den ersten Handstaubsauger auf den Markt,<br />
der die folgenden zwei Jahrzehnte Standard war. Der Teppichklopfer wurde ab<br />
diesem Zeitpunkt nur noch gelegentlich aus der Abstellkammer geholt.<br />
Das für uns heute so selbstverständliche, warme Wasser aus der Leitung ließ noch<br />
länger auf sich warten. Wer nicht ganz so abgehärtet war, musste z. B. das Badewasser<br />
zunächst im Badeofen oder auf dem Herd erhitzen. Erst in den 1960er-<br />
Jahren kamen Durchlauferhitzer auf.<br />
Insgesamt bescherte der elektrische Strom den Menschen im privaten Bereich<br />
enorme Erleichterungen und große Zeitersparnisse. Die Zeitersparnisse machten<br />
es vielen Frauen möglich, einem Beruf nachzugehen. Auch die Schichtarbeit<br />
in Produktionsbetrieben nahm spätestens seit der Einführung des elektrischen<br />
Lichts an Fahrt auf. Einige Berufe blieben ganz auf der Strecke, wie der der<br />
Nachtwächter Brambrink und Dohle, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch<br />
das elektrische Licht der Briloner Straßenlaternen noch an- und ausschalteten. ■<br />
Nie wieder Schmerzen –<br />
immer sofort die richtige Arbeitshöhe!<br />
PETec GmbH<br />
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Telefon: +49 291 95277807<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 41
Liebe, eine Art<br />
Elektrizität<br />
Heinrich Heine in „Reisebilder“<br />
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FÜR PRIVAT- UND<br />
GEWERBEKUNDEN<br />
„W<br />
as Prügel sind, das weiß man schon;<br />
was aber die Liebe ist, das hat noch<br />
keiner herausgebracht. Einige Naturphilosophen<br />
haben behauptet, es sei eine Art Elektrizität.<br />
Das ist möglich; denn im Momente des Verliebens ist uns<br />
zumute, als habe ein elektrischer Strahl aus dem Auge<br />
der Geliebten plötzlich in unser Herz eingeschlagen.<br />
BEI UNS ERHALTEN SIE UMFASSENDEN SERVICE – SCHNELL UND ZUVERLÄSSIG!<br />
SauerlandVolt bietet intelligente Photovoltaikanlagen und Speichersysteme von der Planung bis zur kompletten<br />
Montage sowohl für Privat- als auch für Gewerbekunden an. Hier arbeiten wir mit namhaften Lieferanten zusammen.<br />
Die komplette Abwicklung und Montage wird mit eigenen Mitarbeitern und langjährigen Partnerfirmen vor Ort umgesetzt.<br />
So haben Sie den Vorteil, dass Sie immer einen Ansprechpartner in Ihrer Nähe haben.<br />
Als unabhängiges Unternehmen arbeiten wir nur mit Produktanbietern zusammen, die Ihren und somit auch unseren Ansprüchen<br />
in Leistung und Sicherheit gerecht werden.<br />
Weiterhin sind wir ständig auf der Suche nach Freiflächen (ab 5ha) und Dachflächen (ab 600qm) zur Pacht!<br />
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Ach! Diese Blitze sind die verderblichsten, und wer gegen<br />
diese einen Ableiter erfindet, den will ich höher achten als<br />
Franklin. Gäbe es doch kleine Blitzableiter, die man auf dem<br />
Herzen tragen könnte und woran eine Wetterstange wäre,<br />
die das schreckliche Feuer anderswohin zu leiten vermöchte!<br />
Ich fürchte aber, dem kleinen Amor kann man seine Pfeile<br />
nicht so leicht rauben wie dem Jupiter seinen Blitz und den<br />
Tyrannen ihr Zepter. Außerdem wirkt nicht jede Liebe blitzartig;<br />
manchmal lauert sie, wie eine Schlange unter Rosen,<br />
und erspäht die erste Herzenslücke, um hineinzuschlüpfen;<br />
manchmal ist es nur ein Wort, ein Blick, die Erzählung<br />
einer unscheinbaren Handlung, was wie ein lichtes Samenkorn<br />
in unser Herz fällt, eine ganze <strong>Winter</strong>zeit ruhig darin<br />
liegt, bis der Frühling kommt und das kleine Samenkorn<br />
aufschießt zu einer flammenden Blume, deren Duft den<br />
Kopf betäubt“. ■<br />
42 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Wer versorgt die Sauerländer<br />
mit Strom?<br />
Christel Zidi<br />
Die Zuständigkeit der Stromverbreitung ist im<br />
<strong>WOLL</strong>-Verbreitungsgebiet nicht ganz einheitlich<br />
geregelt. Wer in welchen Städten und Gemeinden<br />
Übertragungsnetzbetreiber, oder Grundversorger ist, erfahren<br />
Sie hier.<br />
Übertragungsnetzbetreiber sorgen für den störungsfreien,<br />
überregionalen Stromaustausch. Dafür, dass Erzeugung<br />
und Verbrauch des Stroms sich jederzeit im Gleichgewicht<br />
befinden und die Systemstabilität sichergestellt ist.<br />
Deutschlandweit gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber.<br />
Im Hochsauerlandkreis und in <strong>Möhnesee</strong>, <strong>Rüthen</strong> und<br />
<strong>Warstein</strong> ist Amprion zuständig, in Willingen und Diemelsee<br />
Tennenet TSO. Daneben gibt es deutschlandweit noch<br />
die Betreiber 50Hertz Transmission und TransnetBW.<br />
Strom-Netzbetreiber sind für den Aufbau, den Ausbau<br />
und die Erhaltung der Strom- und Gastnetze in einem<br />
bestimmten Gebiet zuständig. Im Hochsauerlandkreis und<br />
in <strong>Möhnesee</strong>, <strong>Rüthen</strong>, <strong>Warstein</strong> ist das die Westnetz, einer<br />
100-prozentigen Tochter der Westenergie AG. Nur Marsberg<br />
bildet eine Ausnahme; hier ist die „Westfalen Weser<br />
Netz“ Betreiber. In Diemelsee und Willingen ist das die<br />
„Energie Waldeck-Frankenberg“.<br />
Grundversorger ist das Energieversorgungsunternehmen,<br />
das vor Ort die meisten Haushaltskunden mit Strom beliefert.<br />
Auf der Karte unten ist zu sehen, wie die Verteilung der<br />
Grundversorger in unserem Verbreitungsgebiet aussieht. ■<br />
Strom-Grundversorger im Sauerland<br />
Ense<br />
<strong>Rüthen</strong><br />
<strong>Möhnesee</strong><br />
Arnsberg<br />
<strong>Warstein</strong><br />
Brilon<br />
Marsberg<br />
Bestwig<br />
Diemelsee<br />
Meschede<br />
Olsberg<br />
Willingen<br />
Sundern<br />
Eslohe<br />
<strong>Winter</strong>berg<br />
Medebach<br />
Schmallenberg<br />
Hallenberg<br />
Grafik: Werbeagentur netzpepper<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 43
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Smarte Konzepte -<br />
smarte Lösungen<br />
Briloner Unternehmen CAB e-design<br />
bietet industrielle Elektrotechnik<br />
aus einer Hand<br />
Britta Melgert<br />
Jürgen Eckert<br />
Christopher Stimpel<br />
Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären der Inhaber<br />
eines Betriebes. Vielleicht handelt es sich um ein<br />
traditionsreiches Familienunternehmen; vielleicht<br />
haben Sie es aber auch vor Jahren selbst gegründet und<br />
zu dem gemacht, was es heute ist. Sie und Ihre Mitarbeiter<br />
sind unglaublich gut bei dem, was Sie tun, und<br />
Sie verfolgen Ihr Ziel mit voller Konzentration auf das<br />
Wesentliche. Aber die Zeiten haben sich geändert. Es<br />
geht inzwischen um so viel mehr als nur um das eigentliche<br />
Business. Überall lauern Fallstricke und Gefahren.<br />
Es muss ja nicht zwingend der befürchtete Blackout<br />
eintreten. Allein schon die gesetzlichen Auflagen und<br />
Normen, die erfüllt werden müssen, IT-Sicherheit, immer<br />
komplexer werdende Maschinen, Geschäftspartner,<br />
die von Ihrem Unternehmen den Grünen Fingerabdruck<br />
erwarten … wer kann das schon alles sicherstellen?<br />
„Solche Herausforderungen sind in Betrieben heute an der<br />
Tagesordnung“, weiß Christopher Stimpel, Geschäftsführer<br />
des Briloner Unternehmens CAB e-design. „Oft wird viel<br />
Geld für Maschinen und Anlagen ausgegeben, aber über<br />
die Sicherung und Wartung der Steuerungen, wie sie im<br />
EDV-Bereich selbstverständlich sind, wird nicht ausreichend<br />
nachgedacht. Bei der Konzentration auf die eigene Kernkompetenz<br />
werden diese Dinge als nicht so eilig angesehen<br />
und verschoben auf irgendwann später, wenn mehr Zeit ist.<br />
Und richtig: Mehr Zeit kommt eigentlich nie! Zunächst<br />
geht das gut, aber irgendwann kann man die Augen davor<br />
nicht mehr verschließen – man benötigt Hilfe!“<br />
Gute Entscheidung für die<br />
Spezialisten mit Knowhow<br />
Genau hier kommt CAB e-design ins Spiel. Wo die betriebsinternen<br />
Kompetenzen nicht mehr ausreichen, es sich<br />
aber nicht rechnet, Personal für diese Aufgaben einzustellen<br />
bzw. zu qualifizieren, übernehmen die Briloner Spezialisten.<br />
„Egal, ob im Gesamten oder in Teilbereichen eines Betriebes<br />
– CAB e-design ist der kompetente Ansprechpartner für<br />
die Entwicklung und Installation von elektrischen Anlagen,<br />
aber auch bei allen Fragen zu Energiesystemen, steuerungstechnischen<br />
Komponenten und Infrastruktur von industrieller<br />
Datenkommunikation. Unser Knowhow kommt unseren<br />
Auftraggebern zugute“, verspricht Stimpel.<br />
Der Sprung in die Selbstständigkeit<br />
Christopher Stimpel war lange Zeit als Elektro-Montageleiter<br />
für das Briloner Unternehmen Egger im In- und Ausland<br />
tätig. Er ist sich sicher: „Meine gute Ausbildung, viel<br />
44 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
mmunikation. Infrastruktur.<br />
nik wirtschaftlich,<br />
ukunftsweisend<br />
Der Geschäftsführer mit seinen Mitarbeitern<br />
Berufserfahrung, umfangreiche Weiterbildung und ganz viel<br />
Wissbegierigkeit bildeten die Basis für meine Entscheidung<br />
Zukunft zur Selbstständigkeit.“ gestalten Im angesagt.<br />
Jahr 2017 war dann soweit,<br />
zunächst mit einem kleinen Mitarbeiterstamm. „Alle meine<br />
Was wir Leute für Sie sind tun entweder können? in der Finden Industrie wir großgeworden gern heraus. oder<br />
bringen ihre Fähigkeiten vom Technikstudium mit“, erklärt<br />
Buchen Sie unseren kostenlosen Technologiecheck.<br />
Stimpel. „Und wir wachsen weiter, schaffen neue Arbeitsplätze<br />
und bilden sehr engagiert<br />
Gleich jetzt!<br />
aus.“<br />
Engagement für den Nachwuchs und die Kunden<br />
Verantwortung für den Nachwuchs – die übernimmt der<br />
Firmenchef nicht nur im eigenen Betrieb, sondern gibt<br />
sein Wissen auch als Dozent bei der Handwerkskammer<br />
Südwestfalen an Meisterschüler der Elektrotechnik weiter;<br />
ein Engagement, das er in gleicher Weise in jedes einzelne<br />
Kundenprojekt steckt. Bei CAB e-design ist der Chef<br />
selbst „dabei“ und für seine Auftraggeber ein verfügbarer<br />
Ansprechpartner. „Unser Angebot zeichnet sich nicht zuletzt<br />
auch dadurch aus, dass smarte Lösungen, von der Erstellung<br />
des Konzepts bis zur Übergabe, aus einer Hand angeboten<br />
werden. Energie- und Automatisierungstechnik, EDV,<br />
Maschinensteuerung, Schaltschränke, industrielle Netzwerke,<br />
optimale Stromversorgung am Standort, Gebäudemanagement<br />
usw. Ich kenne keinen Mitbewerber hier in<br />
concepts<br />
automation<br />
building<br />
technologies<br />
der Region, der ein ähnlich umfangreiches Leistungspaket<br />
anbietet“, so Stimpel.<br />
Blick zurück und nach vorn<br />
Vier Jahre alt ist das Briloner Unternehmen inzwischen.<br />
„Das erste Geschäftsjahr war definitiv turbulent“, erinnert<br />
sich Christopher Stimpel. „Aber seitdem lief es von Jahr zu<br />
Jahr runder. Wir haben nun einen Punkt erreicht, an dem<br />
man deutlich spürt, dass sich sowohl der Bekanntheitsgrad<br />
als auch das Vertrauen der Kunden auf einem hohen Level<br />
eingependelt haben. Das gibt Mut für die nächsten Jahre und<br />
dafür wünsche ich mir weitere qualifizierte Mitarbeiter sowie<br />
Auszubildende. Es gibt viel zu tun bei CAB e-design!“ ■<br />
CAB e-design GmbH & Co. KG<br />
Papestraße 19<br />
59929 Brilon<br />
Tel.: +49 (2961) 911030-0<br />
Fax: +49 (2961) 911030-9<br />
info@cab-edesign.de<br />
www.cab-edesign.de<br />
Grafik, Design und Text: www.werbeagentur-netzpepper.de Bildnachweise: Shutterstock 255141511_ronstik, 370043891_Roman Zaiets,<br />
495353839_Moon Light PhotoStudio, 518160529_spainter_vfx, 605472758_Jenson, 606840716_whiteMocca, 47070460_Pand P Studio,<br />
708060073_tonton, 782845411_Gorodenkoff, 1009873033_guruXOX, 1119927341_PopTika, 1160096404_elenabsl und Eigenfoto<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 45
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Im Westen was Neues!<br />
Advertorial<br />
Die Kommunalen Ansprechpartner vor Ort:<br />
Johannes Kobeloer (li.) für die Kommunen Sundern, Arnsberg, <strong>Möhnesee</strong>, <strong>Warstein</strong>, Ense, <strong>Rüthen</strong> und<br />
Stefan Lange (re.) für die Regionen Eslohe und Schmallenberg.<br />
Nach der Transaktion von RWE und E.ON sind die Geschäfte<br />
der innogy zwischen den beiden Partnern aufgeteilt<br />
worden. Die Westenergie AG ist aus dem Netzbereich<br />
der innogy entstanden. Sie ist eine 100-prozentige<br />
E.ON-Tochter und vereint alle Aktivitäten des Konzerns<br />
in den Feldern Kommunen, Konzessionen und Netzkooperationen<br />
in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und<br />
Niedersachsen. Mit seinen rund 10.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern ist das Unternehmen der führende Energiedienstleister<br />
und Infrastrukturanbieter in Deutschland.<br />
Schwerpunkt des Geschäfts sind die mehr als 1.500 kommunalen<br />
Partnerschaften zur Versorgung der Menschen<br />
mit Energie sowie die 130 Beteiligungen an Stadtwerken<br />
und Netzgesellschaften.<br />
Zur Westenergie gehören zudem die Westenergie Metering,<br />
die Westenergie Breitband und die Westenergie Netzservice.<br />
Eine weitere 100-prozentige Tochtergesellschaft ist die<br />
Westnetz GmbH.<br />
Die Westnetz GmbH mit Sitz in Dortmund ist der Verteilnetzbetreiber<br />
für Strom und Gas im Westen Deutschlands.<br />
Westnetz betreibt mit 5.100 Mitarbeitern eine Vielzahl<br />
von Netzen unterschiedlicher Eigentümer im Westen<br />
Deutschlands. Sie ist ein unabhängiger Verteilnetzbetreiber<br />
und stellt die Gas- und Stromnetze allen Marktteilnehmern<br />
diskriminierungsfrei zur Verfügung. Innerhalb der<br />
Westenergie AG verantwortet Westnetz im regulierten<br />
Bereich Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von<br />
180.000 Kilometern Stromnetz und 24.000 Kilometern<br />
Gasnetz. Westnetz unterstützt die Energiewende in<br />
Deutschland mit zukunftsorientiertem Aus- und Umbau<br />
der Netze sowie zahlreichen Innovationsprojekten.<br />
46 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 161
Ein Lernort für kleine Tüftler<br />
Daniela Weber<br />
Das F.Lux Schülerforschungslabor in Neheim<br />
macht die Welt des Lichts erlebbar<br />
H<br />
istorische Leuchten bewundern oder moderne<br />
Taschenlampen im 3D-Drucker produzieren<br />
– im F.Lux, dem Schülerforschungslabor für<br />
Licht und Beleuchtung, in Neheim kommen Wissenshungrige<br />
und Tüftler gleichermaßen auf ihre Kosten. Der<br />
außerschulische Lernort, der eine interaktive Ausstellung,<br />
den Erlebnisraum, mit einem Schülerforschungslabor<br />
verbindet, soll bei Schülern das Interesse an Naturwissenschaften<br />
wecken und für die Leuchtenindustrie vor Ort<br />
potentiellen Nachwuchs generieren.<br />
Ob ein Zeitstrahl, der die Geschichte des „Lichtmachens“<br />
zeigt, Exponate von historischen Leuchten oder Fotos, die die<br />
Veränderung des natürlichen Lichts zu verschiedenen Tageszeiten<br />
abbilden – der Erlebnisraum informiert alle kleinen<br />
und großen Einsteins über die Geschichte, Gegenwart und<br />
Zukunft des „Lichtmachens“.<br />
Im Erlebnisraum des F.Lux<br />
Ganzheitliches Kulturgut<br />
„Licht hat eine sehr spannende Geschichte und ist nicht nur<br />
ein technisches Kulturgut, sondern ein ganzheitliches Kulturgut“,<br />
betont Dennis Köhler, Geschäftsführer des Lichtforums<br />
NRW, einer der Mitbegründer des F.Lux. Ähnlich wie in<br />
einem interaktiven und multimedialen Museum erhalten die<br />
Besucher ergänzende Audio- und Textdateien zu den Infotafeln<br />
und Ausstellungsstücken via QR-Codes und AR-Marker.<br />
Dafür ist eine App notwendig. „Die App zeigt auch Sachen,<br />
die sich nicht in der Ausstellung befinden, sondern nur im<br />
virtuellen Raum vorhanden sind, so etwa Lampen, die wir<br />
nicht als Exponate erhalten haben.“<br />
Im Schülerforschungslabor haben Kids die Gelegenheit, zu<br />
forschen und zu bauen. Die selbst kreierten Leuchtmittel<br />
kommen frisch aus dem 3D-Drucker. Für dieses Erlebnis bietet<br />
das F.Lux Schulen und Bildungseinrichtungen Kurse an,<br />
die mit Fördermitteln oder auch sogenannten F.Lux-Gutscheinen<br />
finanziert werden. Die Idee dahinter: Unternehmen<br />
aus Industrie und Wirtschaft sponsern diese Gutscheine, so<br />
dass für die Schulen keine Kosten entstehen. ■<br />
Staatssekretär Klaus Kaiser, Bürgermeister Ralf Paul Bittner, Dennis Köhler<br />
(Lichtforum NRW) und Regierungspräsident Hans-Josef Vogel bei der Eröffnung<br />
DAs „F.Lux.Mi“ erkennt mithilfe einer Kamera<br />
die Bewegung von Menschen und ahmt diese durch LEDs nach.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 47<br />
Das richtige Licht lässt Lebensmittel appetitlicher und frischer aussehen.
Ständig unter Strom:<br />
Der Mensch<br />
Christel Zidi<br />
Elektrische Nervenimpulse kontrollieren jede<br />
Funktion unseres Körpers. Bei jedem Herzschlag,<br />
bei jeder Bewegung, bei jedem Gedanken spielen<br />
elektrische und elektromagnetische Felder die Hauptrolle.<br />
Bei einem gesunden Menschen fließen dabei Gleichstrom-<br />
Mikroströme von 60 bis 70 Mikroampere*. Zum Vergleich:<br />
Schaltet man den 2000-Watt-Fön an, so fließen circa 8.7<br />
Ampere durch die Steckdose.<br />
Lauter kleine Leuchten<br />
Es gibt viele Menschen, von denen man sagt, dass sie keine<br />
großen Leuchten sind. Genau genommen könnte man das<br />
von allen Menschen behaupten. Das ist sogar wissenschaftlich<br />
erwiesen und zwar von dem Physiker Fritz-Albert Popp.<br />
Ihm gelang 1975 der experimentelle Nachweis der Biophotonen.<br />
Damit gemeint ist das Licht, das jede lebendige Substanz<br />
von sich gibt, ein Licht mit Wellenlängen zwischen<br />
200 und 800 Nanometer. Um das zu sehen, benötigte man<br />
allerdings ein Sichtgerät, das flackerndes Kerzenlicht noch<br />
in einer Entfernung von 20 Kilometern erkennt. Riesenglühwürmchen<br />
sind wir Menschen deshalb jedoch nicht,<br />
denn die Leuchtstoffe, die diese Lebewesen in sich tragen,<br />
sind chemischer Art.<br />
Wie kommt der Strom in die Körperzelle?<br />
Jede Zelle unseres Körpers ist negativ geladen, wie eine Art<br />
Batterie. Die Spannung darin entsteht durch ein Konzentrationsgefälle<br />
der verschiedenen Ionen*. Durch dieses elektrochemische<br />
Gefälle werden Nährstoffe und Stoffwechselprodukte<br />
aufgenommen. Ist eine Zelle im Ruhezustand, enthält<br />
sie in ihrem Innern elektrisch geladene Kalium-Atome, an<br />
der Zellenwand befinden sich geladene Natrium-Atome.<br />
Bei Erregung der Zelle, wechseln die Atome ihre Ladungen,<br />
dadurch verändert sich die elektrische Spannung. Die<br />
Ionen, die positiv geladene Teilchen, sorgen also dafür,<br />
dass Strom fließt. Auf ihrer Reise durch den Körper nutzen<br />
Natrium-, Kalium- oder Chlorid-Ionen unsere Körperflüssigkeiten.<br />
Neuronen leiten Strom<br />
Um sich untereinander zu verständigen, benutzen unsere<br />
Nervenzellen chemische Botenstoffe, aber auch Nervenim-<br />
48 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
pulse, elektrische Signale, die sich entlang der langen Nervenfaser<br />
(Axon) bis zur Synapse fortsetzen. Dann erfolgt die<br />
Informationsübertragung über die Synapse zur Empfängernervenzelle<br />
(Neuron).<br />
1976 entwickelten Forscher eine Technik, mit der sich zum<br />
ersten Mal der Strom messen ließ, der durch einen Ionenkanal<br />
fließt („Patch-Clamp-Technik“). Ionenkanäle spielen<br />
eine universelle Rolle. Sie vermitteln nicht nur die elektrische<br />
Aktivität von Nerven- und Muskelzellen, sondern<br />
übersetzen auch physikalische oder chemische Sinnesreize<br />
in neuronale Signale.<br />
SAUBER<br />
GELD VERDIENEN!<br />
REINIGUNG VON<br />
PHOTOVOLTAIKANLAGEN<br />
Das schlagende Herz<br />
Ab der 10. Schwangerschaftswoche lassen sich im Mutterleib<br />
Herzaktionen erkennen. Ausgelöst vom sog. Reizbildungssystem<br />
erfolgt die Zündung des „Herzmotors“.<br />
Dieses System (Sinusknoten) besteht aus Zellen, die sich in<br />
der Wand des rechten Vorhofs befinden. Der Sinusknoten<br />
ist sozusagen der „Schrittmacher” des Herzens, gibt vor,<br />
wie häufig das Herz pro Minute schlägt. Jedes Mal entsteht<br />
dabei ein elektrischer Strom. Das Herz zieht sich durch die<br />
elektrische Erregung zusammen und kann so das Blut in<br />
den Körper pumpen.<br />
„Drahtige“ Sportler<br />
Auch die Steuerung unserer Muskeln geschieht durch<br />
elektrische Signale. Kein Wunder, dass gerade Menschen,<br />
die besonders viel Sport treiben, als „drahtig“ beschrieben<br />
werden, ihre „Drähte“, ihre elektrischen Leitungsbahnen,<br />
sind besonders aktiv. Bei Muskel-Beschwerden muss<br />
manch mal allerdings nachgeholfen werden. Das geschieht<br />
z. B. durch Reizstrom bei Schmerzbehandlungen, zur<br />
Durchblutungsförderung und Muskelkräftigung.<br />
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Für uns Menschen ist es also enorm wichtig, stets alle<br />
Körperzellen in Bewegung zu halten, damit der Strom<br />
fließen kann. Den besonders quirligen und hyperaktiven<br />
unter unseren Zeitgenossen sagt man nach, dass sie „unter<br />
Strom“ stehen. Spätestens seit der Stromfluss wissenschaftlich<br />
- bei allen Menschen - nachweisbar ist, sollte man bei<br />
ihnen vielleicht eher von Starkstrom sprechen.<br />
*Ion= geladenes Atom oder Molekül ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 49
Blitzableiter versus Donnerkeil<br />
Von elektrischen Götterströmen und Voltladungen<br />
Christel Zidi<br />
Im<br />
Norden Europas war<br />
Donar, bei den Germane<br />
Thor für Blitz und<br />
Donner verantwortlich. Bei den Römern<br />
feuerte Jupiter höchstpersönlich<br />
Blitze. War der griechische Göttervater<br />
Zeus verärgert, schleuderte auch<br />
er Blitze auf die Erde. Sie alle hatten<br />
den Donnerkeil in der Hand und waren<br />
damit Herr über die Blitze und<br />
den anschließenden Donner.<br />
Die Ära dieser Gottheiten endete<br />
spätestens dann, als die Menschen<br />
herausfanden, wie und wann Blitze<br />
tatsächlich entstehen. Und zwar dann,<br />
wenn warme, feuchte Luftmassen zusammenkommen<br />
und aufsteigen. Kondensiert<br />
der Wasserdampf in der Luft,<br />
entwickelt sich zunächst eine Haufenwolke<br />
(Cumulus). Wenn die schwüle<br />
Luft weiter in die Höhe strömt, bilden<br />
sich Gewitterwolken. Haufenwolken<br />
mit einem ambossförmigen Dach, das<br />
aus kleinen Eiskristallen besteht. Im<br />
Inneren laden sich die Eiskristalle im<br />
oberen Teil der Wolke positiv auf, die<br />
Wassertröpfchen im unteren Teil negativ.<br />
Diese Spannung wächst an - bis<br />
die Ladung mehrere hundert Millionen<br />
Volt beträgt. Beim Überschreiten einer<br />
kritischen Schwelle von 170.000 Volt<br />
pro Meter kommt es zu einem riesigen<br />
Kurzschluss, dem Blitz.<br />
Seit 1752 kann uns der Zorn der Gewittergötter<br />
endgültig egal sein. Denn<br />
Benjamin Franklin, einer der Gründerväter<br />
der USA, erfand den Blitzableiter.<br />
Und der funktioniert so: Ein Blitzableiter<br />
besteht aus Metall mit einer hohen<br />
Leitfähigkeit, z. B. Kupfer. Da Blitze<br />
immer an den höchsten Punkten eines<br />
Gebäudes einschlagen, wird er ebenda<br />
angebracht. Hat der Blitzableiter einen<br />
Blitz abgefangen, wird er der Blitz<br />
durch Fangleitungen vorbei in die Erde<br />
geleitet, wo sich Platten oder ein Kupfernetz<br />
befindet. Häuser neben Metallmasten<br />
oder höheren Gebäuden haben<br />
oft keinen Blitzableiter, weil das Risiko<br />
des Blitzeinschlags relativ gering ist.<br />
Gefährlich sind starke Blitze aber trotz<br />
Blitzableiter noch. Sie können Überspannungen<br />
durch ebenfalls geerdete<br />
Leitungen verursachen und Elektrogeräte<br />
zerstören. Deshalb wird auch<br />
weiter empfohlen, bei starken Gewittern<br />
den Stecker zu ziehen. ■<br />
50 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Christel Zidi<br />
Historisches<br />
Konzernarchiv RWE<br />
SPANNENDE<br />
LEITUNGEN<br />
Haben Sie auch im ersten Moment gedacht, dass dort<br />
auf den Hochspannungsleitungen Vögel sitzen?<br />
Natürlich erkennt man bei genauerem Hinsehen,<br />
dass das Männer sind. Aber es ist schon ein recht ungewöhnlicher<br />
Sitz- äh Arbeitsplatz. Denn dort in luftiger Höhe können<br />
– sobald der Strom eingeschaltet ist – nur Vögel überleben.<br />
Schließlich haben sie keinen Kontakt zum Boden, sind nicht<br />
geerdet. Der Strom fließt – weil er immer den kürzesten Weg<br />
nimmt, nur durch die Leitung und nicht durch sie hindurch.<br />
sich nur auf Leitungen mit Mittel- oder Niedrigspannung. Und<br />
wenn sie mal ein paar Menschen dort oben erblicken, können<br />
sie sicher sein: Die Leitung ist ohne Spannung. ■<br />
59581 <strong>Warstein</strong> · Domring 3<br />
Aber sind die Vögel wirklich sicher auf den Leitungen? Nicht<br />
unbedingt. Sobald ein Vogel gleichzeitig Mast und Stromleitung<br />
berührt, trifft ihn der Strom-Schlag. Leitungen, die nah<br />
nebeneinanderher laufen, können besonders für größere Vögel<br />
zur Gefahr werden. Zum Glück für unsere gefiederten Freunde<br />
geht man dazu über, Strommasten zu isolieren und Abstandhalter<br />
zu setzen.<br />
Überlandleitungen sind besonders für Wasservögel wie Schwäne,<br />
Gänse, Kraniche und Enten gefährlich. Speziell dann, wenn<br />
sie die Leitungen nicht rechtzeitig erkennen und dann nicht<br />
mehr ausweichen können. Die Gefahr, dass sie sich dort das<br />
Genick brechen, ist groß. Um Vögel vor solchen Kollisionen zu<br />
schützen, werden oft Markierungen an den Leitungen angebracht.<br />
Wir sind für Sie da!<br />
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Auf Hoch- und Höchstspannung werden sie keine zwitschernden<br />
Vögel vorfinden, denn diese sind viel zu heiß und die Vögel<br />
würden sich dort die Füße verbrennen. Deshalb versammeln sie<br />
Ihr lokaler Anbieter. Seit über 20 Jahren!<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 51
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planilux® GmbH, <strong>Warstein</strong><br />
„Wir sind dafür da, die Sprache unseres<br />
Kunden in ein Produkt umzusetzen.“<br />
Monika Loerchner<br />
Jürgen Eckert<br />
Praktisch jeder hat die analogen und digitalen<br />
Betrachtungssysteme von planilux® schon einmal<br />
gesehen. Sogar im Fernsehen, denn diese Systeme<br />
werden regelmäßig für Sets wie die von „Tatort Münster“<br />
oder „Bettys Diagnose“ eingesetzt. Rund 6.000 Operationssäle<br />
sind mit planilux® ausgestattet, über 500.000<br />
Röntgenfilmbetrachtungssysteme verkauft worden. „Wir<br />
bieten alle Lösungen, die jemand braucht, aus Stahl und<br />
Edelstahl“, verspricht Bertin Sobkowiak. Ein großes Versprechen,<br />
aber eines, das er hält. 2015 übernahm er die<br />
planilux®-Produktionslinie von der Gerätebau Schulte<br />
GmbH und machte sie zum Namen seines Unternehmens.<br />
Gehäuselösungen für OP-Säle, Reinräume<br />
oder das heimische Wohnzimmer<br />
Zehn hochqualifizierte Mitarbeiter setzen so die Wünsche der<br />
Kunden weltweit um. Zu den Kunden zählen Ausstatter von<br />
OP-Sälen, Architekten, Designer, aber auch einfach „Menschen<br />
mit Ideen“. Genauso vielfältig wie sie selbst sind auch<br />
die Wünsche der Kunden: „Eine klassische Anfrage sieht so<br />
aus, dass wir die Maße einer Einbaunische bekommen. Da<br />
heißt es dann: ‘Macht uns das und das mal eben da rein‘. Und<br />
das machen wir dann“, berichtet Bertin Sobkowiak. Und<br />
die planilux® Kunden sind immer wieder begeistert von der<br />
immensen Produktionstiefe der Firma: Das Team bietet die<br />
gesamte Fertigungstiefe, begonnen bei der CAD-Konstruktion,<br />
über den Metallbau, eine eigene Pulverbeschichtung,<br />
die Fertigung elektrischer Komponenten sowie die teil- oder<br />
vollständige Montage der Systeme.<br />
„Wir sind schnell in dem, was wir tun!“<br />
Dabei legt das Team großen Wert auf die Bedien- und Servicefreundlichkeit<br />
seiner Geräte. „Wenn ein analoges Gerät<br />
im OP gegen ein digitales ausgetauscht werden muss oder<br />
ein Informationsterminal eine neue Hardware braucht, ist es<br />
wichtig, dass man das schnell und unkompliziert umsetzen<br />
kann“, weiß André Sobkowiak, Sohn von Bertin Sobkowiak<br />
zu berichten. Überhaupt ist Schnelligkeit eine Stärke des<br />
Unternehmens. „Falls der Kunde kurzfristige Änderungen<br />
wünscht, sind diese bei uns in der Regel von heute auf morgen<br />
umsetzbar.“<br />
Von der Idee bis zur Serienreife<br />
Das Unternehmen ist Profi in Sachen Sonderkonstruktionen.<br />
Auf Kundenwunsch werden vor der Fertigung eines Prototyps<br />
52 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Bertin Sobkowiak und André Sobkowiak<br />
3D-Vorkonstruktionen erstellt, die dem Kunden bereits vor<br />
Fertigungsbeginn eine visuelle Vorstellung von dem möglichen<br />
Endprodukt vermitteln. „Wir begleiten den Kunden von der<br />
Idee bis zur Umsetzung“, sagt André Sobkowiak. Der 39-jährige<br />
Konstruktions-Techniker ist seit Gründung der planilux®<br />
GmbH im Betrieb tätig und sichert somit die Nachfolge. „Mit<br />
dem Prototyp kann der Kunde dann erst mal sein Produkt testen.<br />
Dann machen wir uns daran, das Produkt zu optimieren<br />
und zur Serienreife zu bringen.“<br />
Auch Einzelanfertigungen sind bei planilux® in guten Händen.<br />
Sogar die einfachste Idee, auf dem Bierdeckel entstanden,<br />
setzt das Team zusammen mit dem Kunden in ein fertiges<br />
Produkt um. Ob innovative StartUp-Konstruktion oder<br />
Informationsterminals mit Touchoberflächen, Gehäusebau<br />
fürs Eigenheim oder smartes Konzeptdesign. Für alles findet<br />
man die passende Lösung.<br />
Das planilux®-Team steht dafür, dass es in kurzer Zeit neue<br />
Produkte mit hohen Ansprüchen an Funktion und Design<br />
entwickeln und fertigen kann. Auch eigene, innovative Erfindungen<br />
am Puls der Zeit finden Einzug in das Produktangebot,<br />
wie z. B. das patentierte Swingboard. Neben weiteren<br />
Produkten ist auch diese eingehauste Computertastatur mit<br />
Schwenkscharnieren reinraumgeeignet, so erzählt André<br />
Sobkowiak: „Die können Sie praktisch in Desinfektionsmittel<br />
baden.“ Ein weiteres Produkt der Eigenkonstruktionslinie ist<br />
eine stromlose Handdesinfektionssäule.<br />
„Wir sind dafür da, die Sprache unseres Kunden in ein Produkt<br />
umzusetzen“, erklärt Bertin Sobkowiak. Und sein Sohn ergänzt:<br />
„Wir finden für alles eine perfekte Lösung!“ ■<br />
Erfindungen am Puls der Zeit<br />
planilux® GmbH<br />
Rangestraße 48 | D-59581 <strong>Warstein</strong><br />
Telefon +49 (0) 29 02 / 97 13 - 0 | Telefax +49 (0) 29 02 / 97 13 - 88<br />
E-Mail: info@planilux.com | Internet: www.planilux.com<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 53
Elektroniker: Eine im wahren Sinne des Wortes spannende<br />
Ausbildung mit hervorragenden Zukunftsperspektiven<br />
Christel Zidi<br />
Ohne Strom kommt man in der<br />
modernen Welt nicht mehr aus<br />
– ohne den Elektroniker auch<br />
nicht. Ganz allgemein gesagt, sorgt er<br />
dafür, dass alle Leitungen am richtigen<br />
Ort und vor allem richtig verbunden<br />
sind. Natürlich ist das aber wesentlich<br />
komplizierter. So eine Ausbildung als<br />
Elektroniker hat es ganz schön in sich.<br />
Bevor aus dem jungen Menschen, der<br />
als Kind von seinem Elektronikbaukasten<br />
begeistert war und später ein<br />
Faible für Mathematik und Physik<br />
hatte, ein Fachmann im Bereich Elektronik<br />
wird, dauert es mindestens 3 ½<br />
Jahre.<br />
Wer gern einen handwerklichen Beruf<br />
erlernen möchte, der zugleich auch anspruchsvoll<br />
ist, liegt mit dem des Elektronikers<br />
genau richtig. Einige Elektroniker<br />
arbeiten im industriellen Bereich,<br />
andere im handwerklichen. Das erste<br />
Ausbildungsjahr ist für alle Ausbildenden<br />
gleich, danach beginnt die Spezialisierung<br />
für den Bereich, für den man sich mit der<br />
Ausbildung entschieden hat. Die Fachbereiche<br />
sind sehr unterschiedlich:<br />
Die Fachbereiche<br />
Foto: AdobeStock_79427571_industrieblick<br />
Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik<br />
kümmern sich um die Stromversorgung<br />
von Gebäuden, warten und<br />
reparieren. Dieser Beruf gehört in den<br />
Handwerksbereich. Ein ähnlicher Beruf,<br />
der aber in den Industriebereich gehört,<br />
ist der des Elektronikers für Gebäudeund<br />
Infrastruktur - systeme. Dieser beobachtet<br />
und repariert hauptsächlich Versorgungssysteme<br />
und Sicherheitsanlagen<br />
zusammen mit dem Gebäudemanagement.<br />
Elektroniker für Automatisierungstechnik<br />
gibt es sowohl nach der Industrie-<br />
als nach der Handwerksordnung. In<br />
beiden Fällen ist man spezialisiert auf<br />
das Warten und Einstellen von Automaten<br />
und Industrieanlagen. Nach einem<br />
Schaltplan werden elektrische Anlagen<br />
54 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
gebaut. Dafür müssen Drähte verlegt und gebündelt und Sensoren<br />
angebracht werden. Anlagen müssen programmiert und<br />
getestet werden, bevor sie in Betrieb gehen.<br />
Alle anderen Ausbildungen zum Elektroniker sind spezialisiert<br />
auf bestimmte Gerätetypen und Systeme: Elektroniker für luftfahrttechnische<br />
Systeme sind auf ebendiese ausgerichtet, der<br />
Elektroniker Geräte und Systeme ist zuständig für Kontrollsysteme,<br />
Feingeräte oder auch medizinische Geräte. Als Elektroniker<br />
für Maschinen und Antriebstechnik kümmert man sich<br />
überwiegend auf industrielle Großmaschinen.<br />
Alarm-, Netzwerk- und Telefonanlagen plant und montiert<br />
man, wenn man sich für den Fachbereich Informations- und<br />
Telekommunikationstechnik entscheidet. Auch die Installation<br />
von Überwachungssoftware, der Einbau von Bewegungsmeldern<br />
und Videokameras gehört dazu.<br />
Wer ein besonderes Faible für IT hat, kann sich<br />
auch zum Systemelektroniker ausbilden lassen.<br />
Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, Elektroniker für<br />
Betriebstechnik oder für Informations- und Systemtechnik zu<br />
werden.<br />
Die Ausbildung<br />
Zur schulischen Ausbildung gehört das Zeichnen von Plänen,<br />
das Erlernen vieler physikalischer Berechnungen, z. B. wie Steuerungstechnik<br />
funktioniert. Die betrieblichen Aufgaben sind<br />
je nach Betrieb und Abteilung sehr unterschiedlich. In der Instandhaltung<br />
geht es um Maschinen und Geräte, die nicht mehr<br />
funktionieren. Wer auf Baustellen unterwegs ist, also bei größeren<br />
Projekten mit dabei ist, kann auch beobachten, wie das theoretische<br />
Wissen praktisch angewendet wird. Bis der erste Strom<br />
in Häusern fließt, dauert es natürlich eine ganze Weile. In dieser<br />
Zeit kann man auf den Baustellen beobachten, wo überall die<br />
Leitungen verlegt werden, wie der Plan ausgeführt wird.<br />
Soft Skills<br />
Wer den Beruf des Elektronikers erlernen will, sollte Interesse an<br />
Physik und Mathe haben. Handwerkliches Geschick und technisches<br />
Verständnis ist ebenfalls sehr wichtig.<br />
Logisches Denken und eine bildliche Vorstellungskraft ist ebenfalls<br />
erforderlich, da man es oft mit recht komplexen Systemen<br />
zu tun hat. Als Elektroniker muss man sehr präzise, verantwortungsbewusst<br />
und konzentriert arbeiten. Schließlich muss ein<br />
Elektroniker konzentriert sein, ein Fehler kann schwerwiegende<br />
Folgen haben.<br />
Und zuletzt muss er auch körperlich fit und schwindelfrei sein,<br />
wenn man eine Fachrichtung gewählt, in der elektrotechnische<br />
Anlagen auch schon mal in großer Höhe gewartet werden<br />
müssen.<br />
Zukunftsaussichten<br />
Wer seine Ausbildung als Elektroniker abgeschlossen hat, ist<br />
hochqualifiziert. Die Zukunftsaussichten in diesem Beruf sind<br />
hervorragend. Wer Lust hat, sich nach der Ausbildung fortzubilden,<br />
kann auf die Meisterschule gehen oder ein Studium mit Abschluss<br />
Diplom-Ingenieur an einer Fachhochschule beginnen. ■<br />
Die Bezeichnung Elektroinstallateur oder Elektriker<br />
sind veraltet. Seit 2003 heißt der Beruf Elektroniker<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 55
GÜNNE LEBT VON DER<br />
VERBINDUNG VON ALTEM<br />
UND NEUEM<br />
„Immer ein Dorf geblieben“ Daniela Weber Matthias Koprek<br />
G<br />
ünne, ein Ort mit rund 2.000 Einwohnern, ist<br />
vielen Menschen von nah und fern ein Begriff.<br />
Mit der Sperrmauer als Besuchermagnet zieht<br />
das idyllische Örtchen in der Gemeinde <strong>Möhnesee</strong> viele<br />
Touristen an. Doch Günne hat mehr zu bieten als nur die<br />
imposante Talsperre. Die Verbindung von Altem und Neuem,<br />
historisch bedingte Veränderungen und eine vielfältige<br />
Natur am Rande des Ortes – und ein Quäntchen Humor -<br />
machen Günne zu einem Dorf mit vielen Facetten.<br />
„Günne besteht aus dem Ursprünglichen und dem,<br />
was neu hinzugekommen ist.“<br />
Egbert Nölle, Ortsvorsteher<br />
„Im Kerndorf findet man alte Gassen und Häuser mit kleinen,<br />
schön angelegten Gärten. Das ist sowohl im Altdorf Günne<br />
mit seiner markanten Kirche als auch in Brüningsen der Fall.<br />
Dort ist es sehr beschaulich. Das Dorf ist dann immer mehr<br />
nach außen hin gewachsen“, erklärt Ortsvorsteher Egbert<br />
56 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Nölle. Die wohl ausgeprägteste Veränderung für Günne sei<br />
jedoch der Bau der Sperrmauer Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
gewesen. Und auch die Möhnekatastrophe im Jahr 1943 habe<br />
das Ortsbild beeinflusst. „Der Ausgleichsweiher beispielsweise<br />
war vor der Möhnekatastrophe nur halb so groß wie jetzt“, betont<br />
Nölle. Hinweisschilder am Ausgleichsweiher erinnern an<br />
die ursprüngliche Ortsansicht. Zwei Denkmäler - eines direkt<br />
an der Sperrmauer für alle Opfer der Möhnekatastrophe und<br />
eines im Ortskern für die Gefallenen der beiden Weltkriege<br />
und die 28 Einwohner Günnes, die der Bombardierung der<br />
Sperrmauer zum Opfer fielen - dienen als Gedenkorte. „Heutzutage<br />
ist die Fläche rund um die Sperrmauer sehr touristisch<br />
geprägt. Und der Sportplatz befindet sich gegenüber vom Ausgleichsweiher.<br />
Viel Wohnbebauung gibt es dort in der heutigen<br />
Zeit nicht “, stellt der Ortsvorsteher heraus. Die Veränderungen<br />
des Ortes durch einschneidende Ereignisse und die weitere<br />
Ausdehnung durch Neuansiedlung seien aber genau das, was<br />
Günne ausmache. „Günne besteht aus dem Ursprünglichen<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 57
und dem, was neu hinzugekommen ist.“ Charakteristisch für<br />
den Ort am <strong>Möhnesee</strong> sei aber, dass trotz aller Veränderungen<br />
eine Verstädterung nicht eingetreten sei. „Günne ist immer ein<br />
Dorf geblieben“, freut sich Egbert Nölle.<br />
„Da sind die Füchse wieder am schmäuken.“<br />
Egbert Nölle, Ortsvorsteher<br />
Ein Dorf, für das neben bedeutender Architektur vor allem<br />
auch die Naturverbundenheit prägend sei. Die Berglage des<br />
Dorfes, der Möhnefluss und der sich am Rande des Ortes<br />
weitläufig erstreckende Arnsberger Wald machen das Dorf zu<br />
einem Ort mitten in der Natur. Diese Naturvielfalt biete vor<br />
allem auch den Einwohnern, die eher für sich sein möchten,<br />
Möglichkeiten zum Abschalten, fern von durch Touristen<br />
hochfrequentierten Gebieten und dem gut funktionierenden<br />
Dorfleben. Dieser Tipp gilt jedoch für jedermann: „Von dem<br />
Ortskern von Günne hat man einen schönen Ausblick ins<br />
Tal und von Brüningsen ebenfalls. Man schaut entweder von<br />
Nord nach Süd oder von Süd nach Nord“, sagt der Ortsvorsteher<br />
begeistert.<br />
Auch einige alte Sprüche und Weisheiten zeugen von der<br />
Verbundenheit zur Natur. So weiß zumindest der Ur-Günner<br />
bei Nebel und Regen genau was Sache ist: „Wir sagen immer,<br />
wenn der Nebel morgens über dem Arnsberger Wald heraufsteigt,<br />
dann gibt es in drei Tagen Regen, wenn er heruntergeht,<br />
dann gibt es beständiges Wetter“, berichtet Nölle schmunzelnd<br />
über eine typisch Günner Weisheit. Und jeder Ur-Günner<br />
wird wohl auch schon einmal folgenden Satz gesagt haben,<br />
wenn nach längerem Regen aufsteigende Nebenschwaden zu<br />
sehen waren: „Da sind die Füchse wieder am schmäuken.“<br />
Lustige Sprüche - und auch lustige Taten - sind typisch für<br />
Günne. Im Ort stehen an einigen Stellen alte Haltestellenschilder,<br />
die zu Ehren ehemaliger Schützenpaare aufgestellt<br />
wurden. „Ein Gag, der sich durch den Ort zieht. Irgendwer<br />
hat mal herausgefunden, wo man alte Haltestellenschilder<br />
herbekommt. Die Schilder mit Namen und Jahreszahl werden<br />
seitdem dem Königspaar am Ende der Amtszeit von den<br />
Nachbarn geschenkt.“ Die „Königsallee“, eine kleine Gasse<br />
im Ort, beherbergt direkt mehrere ehemalige Schützenpaare.<br />
Diese lustige Idee diene selbstverständlich auch der Anerkennung<br />
für das, was das Königspaar in seiner Amtszeit für den<br />
Ort angestoßen habe.<br />
Günne – ein Ort, der Altes schätzt und offen für Neues ist.<br />
Ein Ort, der durch viele Veränderungen, zu dem geworden ist,<br />
was er heute ist und von dieser Vielfalt lebt. ■<br />
58 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Wir gehen neue<br />
Wege und starten mit<br />
unserem Videoservice<br />
im neuen SB-Pavillon<br />
in Sichtigvor.<br />
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Die persönliche Serviceberatung per Video ist<br />
neu und einmalig im Kreisgebiet. Als erste<br />
Bank in der Region bieten wir ab sofort einen<br />
ganz neuen und modernen Weg der Serviceleistung: den<br />
VideoService, an.<br />
Der „Video-Schalter“ ermöglicht Banking von Angesicht<br />
zu Angesicht. „Wir erweitern unser Serviceangebot<br />
für unsere Kunden und gehen dafür neue Wege. Dabei<br />
pflegen wir den persönlichen Kontakt zu unseren Mitgliedern<br />
und Kunden auf moderne Art und Weise“, erklärte<br />
Bernd Wesselbaum, Vorstandsvorsitzender der Volksbank<br />
Hellweg, bei der Einweihung des neuen Videoservices in<br />
Sichtigvor.<br />
Und so funktioniert der Videoservice: Kunden betreten<br />
den räumlich und akustisch hoch geschützten Videoserviceraum<br />
und sehen ihre Serviceberaterin oder ihren Serviceberater<br />
auf dem Bildschirm. Beide können sich nun<br />
gegenseitig hören und sehen. Dann kann es auch schon<br />
losgehen und das Anliegen besprochen werden.<br />
Zur Legitimation legt der Kunde ein aktuelles Ausweisdokument<br />
(Personalausweis oder Reisepass) unter die<br />
Dokumentenkamera. Der Service per Video entspricht<br />
vollständig dem Leistungsspektrum, das auch über den<br />
telefonischen Kundenservice angeboten wird. Neben den<br />
Überweisungsaufträgen können zum Beispiel Daueraufträge<br />
angelegt oder geändert werden, Termine vereinbart,<br />
Karten bestellt und gesperrt werden oder persönliche<br />
Daten aktualisiert werden. Die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung sitzen in unserem<br />
Privatkundencenter und sind montags bis freitags<br />
von 8.00 – 19.00 Uhr erreichbar. Die neue Filiale ist<br />
60qm groß und wurde mit modernster Solartechnik ausgestattet.<br />
Für die Inneneinrichtung wurden ausschließlich<br />
natürliche und recyclebare Materialien verwendet. Der<br />
Pavillon ist täglich von 5 Uhr bis 23 Uhr für Sie geöffnet.<br />
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann probieren Sie es<br />
doch gerne mal aus! ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 59
<strong>Warstein</strong>:<br />
Die etwas<br />
andere<br />
Altstadt<br />
Sonja Nürnberger<br />
S. Droste & Dietmar Lange<br />
Schaut man sich die historischen Altstädte im Sauerland und überhaupt in Deutschland an, so stellt man in<br />
der Regel fest, dass sich die Städte zumeist drumherum entwickelt haben, von dort ausgehend gewachsen sind<br />
und der historische Teil häufig den Kern bildet. Nicht so in <strong>Warstein</strong>.<br />
Geht man durch die Straßen rund um die Alte Kirche, liest<br />
man viele interessante Straßennamen, die Auswärtige rätseln<br />
lassen. Aber es sind nicht nur die plattdeutschen Namen,<br />
die irritieren: Einige der Straßenschilder deuten auf<br />
Gebäude hin, die man vergeblich sucht. Die alte Straßenführung<br />
ist geblieben, aber was ist mit all den historischen<br />
Gebäuden geschehen?<br />
Ortsvorsteher Dietmar Lange, der zwar in Meschede geboren,<br />
aber in <strong>Warstein</strong> aufgewachsen ist, wohnt auch heute<br />
noch in der <strong>Warstein</strong>er Altstadt – wie auch schon seine<br />
Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. Er kennt sich gut in<br />
der Geschichte seiner Heimatstadt aus. „Die Geschichte<br />
dieses <strong>Warstein</strong>er Stadtteils hat mich schon als Kind fasziniert,<br />
sodass ich eigentlich mein ganzes Leben der Regionalund<br />
Heimatgeschichte gewidmet habe“, erklärt er.<br />
Aber was ist so besonders an <strong>Warstein</strong> und der, wie der<br />
60-Jährige sagt, „sogenannten“ historischen Altstadt?<br />
60 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Tor in der Altstadt<br />
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Partie in der Altstadt<br />
Gegründet wurde <strong>Warstein</strong> im 13. Jahrhundert<br />
auf dem Berg, auf dem sich der historische Bereich<br />
mit der Alten Kirche befindet. Die damalige Stadt,<br />
die umgeben war von einer Stadtmauer mit drei<br />
Toren, oben auf dem Berg war ein guter Ausgangspunkt<br />
zur Verteidigung der damaligen kurkölschen<br />
Landesherrschaft gegen den Grafen von Arnsberg<br />
und die Bischöfe von Paderborn. Doch die Berglage<br />
brachte auch große Gefahren mit sich. „Da der Platz<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 61
Die „Alte Kirche“ von innen<br />
auf dem Berg begrenzt war, wurde die Fläche sehr<br />
eng bebaut, was das Risiko für einen Stadtbrand stark<br />
erhöhte.“ Fast in jeder zweiten oder dritten Generation<br />
brannte die Stadt in großen Teilen oder sogar vollständig<br />
ab. Der letzte Stadtbrand war im Dezember 1802.<br />
„Die damaligen Landesherren, die Landgrafen von<br />
Hessen-Darmstadt, erlaubten es danach nicht mehr, die<br />
Stadt auf dem Berg wieder aufzubauen.“ Dort standen<br />
nun nur noch einzelne Häuser. Die Stadtpfarrkirche,<br />
die heutige Alte Kirche und der Zehnthof vom Kloster<br />
Grafschaft hatten das Feuer überstanden. Die neue<br />
Stadt wurde 600 Meter weiter unten im Tal neu aufgebaut,<br />
wo sich auch heute das Stadtzentrum <strong>Warstein</strong>s<br />
erhebt.<br />
Altstadt rund um die Alte Kirche<br />
„Was wir heute als Altstadt bezeichnen, ist also gar<br />
nicht so alt. Nur einige wenige Gebäude sind historisch.<br />
Geografisch und gesellschaftlich blieb die Altstadt<br />
jedoch fest im Bewusstsein der Menschen verankert,<br />
sodass man heute immer noch davon spricht.“<br />
Im 19. Jahrhundert wuchs das Stadtgebiet im Tal und<br />
auch der Stadtberg wurde langsam wieder bebaut – bis<br />
hinauf zur Alten Kirche und rundherum. Der gesamte<br />
62 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Die „Alte Kirche“<br />
Bereich um die Alte Kirche besteht aus Gebäuden, die<br />
etwa seit 1830/40 bis heute gebaut wurden.<br />
Die kleinen Leute<br />
Das Interessante an dieser Altstadt ist, dass sich hier<br />
damals die „kleinen Leute“ ansiedelten. In <strong>Warstein</strong> war<br />
im 19. Jahrhundert große Industrialisierung angesagt,<br />
gerade in der Eisen- und Stahlfabrikation. Die Arbeiter,<br />
die aus dem ganzen Sauerland und aus dem Hellwegbereich<br />
nach <strong>Warstein</strong> zogen, fanden auf den terrassierten<br />
Plätzen der alten Haus- und Hofplätze gute Baumöglichkeiten.<br />
„Diese Ansiedlung, hauptsächlich von Arbeitern<br />
der damaligen <strong>Warstein</strong>er Industriebetriebe“, so<br />
erfahren wir vom Ortsvorsteher, „führte natürlich auch<br />
gesellschaftlich zu einer gewissen Schichtung der Leute,<br />
die damals überwiegend gewerkschaftlich orientiert<br />
waren und auch oft dementsprechend wählten. Auch so<br />
kam es, dass die Altstadt von <strong>Warstein</strong> einen ganz besonderen<br />
Charakter erhielt und sich den auch bis heute<br />
bewahrt hat.“ ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 63
Sabina Butz<br />
Haus Kupferhammer<br />
Therese Bergenthal, die Herrin von<br />
“Haus Kupferhammer”<br />
Der folgende Brief der Therese Bergenthal (1805-1883) aus <strong>Warstein</strong> an ihre Freundin Dorothea in Eslohe aus<br />
dem Jahr 1851 ist fiktiv, aber angelehnt an die historischen Fakten der damaligen Hausherrin des Haus<br />
Kupferhammer.<br />
64 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Meine liebe Freundin Dorothea!<br />
Du kannst nicht erahnen, wie sehr ich Dich vermisse.<br />
Deine unbeschwerte Fröhlichkeit, Deine Vertrautheit,<br />
Deine tief empfundene Anteilnahme an meinem Leben.<br />
Nun sind es schon fast zwanzig Jahre her, dass ich mich<br />
von meiner wundervollen und geliebten Freundin in unserem<br />
heimatlichen Eslohe verabschieden musste. Ich erinnere,<br />
wie Du mich damals schwesterlich und ausdauernd in<br />
meinem Entschluss bestätigt hast und mir die Zukunft in<br />
den buntesten Farben ausgemalt hast: „<strong>Warstein</strong> ist nicht<br />
das Ende der Welt. Mit der Kutsche ist man immer in einem<br />
Tag dort.“ Notfalls, so versprachst Du es, würdest Du<br />
auch zu Fuß kommen. Da mussten wir dann doch lachen,<br />
weil das ja viel zu gefährlich ist.<br />
Wilhelm Bergenthal war mir damals schon vorgestellt<br />
worden, er sei, so mein Herr Vater „ein ehrgeiziger, begabter<br />
Unternehmer in der Eisenindustrie“, und mein Bruder<br />
ergänzte „der traut sich was, und der wird Erfolg haben“.<br />
Sie hatten beide recht, auch wenn es meine damaligen<br />
Bedenken, bezüglich seiner Eignung als Gatte und zukünftiger<br />
Vater meiner Kinder nicht unbedingt zerstreute. Es<br />
war ja von Anfang an klar, dass sich die Gabriel-Werke<br />
unserer Familie mit Bergenthals Unternehmen vereinigen<br />
wollten. Damals wusste ich aber noch nicht einmal, was<br />
ein „Stahlraffinierhammer“ ist, und wenn ich ehrlich bin,<br />
weiß ich es bis heute immer noch nicht richtig. Ich weiß<br />
nur, dass es vielen Menschen Lohn und Arbeit gibt, dass<br />
mein Gatte ein guter Unternehmer ist, der sich fürsorglich<br />
um seine Arbeiter kümmert. Inzwischen hat er übrigens<br />
noch einen Reckhammer und ein Achsenwerk gegründet.<br />
Alle diese Werke und Gründungen haben <strong>Warstein</strong> zu<br />
einem bedeutenden Standort der Eisenindustrie gemacht,<br />
und ja, man kann wohl auch sagen, meinen Gatten zu<br />
einem wohlhabenden Mann. Manchmal mache ich mir allerdings<br />
Sorgen: Er arbeitet zu viel, will immer noch mehr<br />
erreichen und neue Ideen verwirklichen.<br />
Dir nur vorstellen kannst. Nein, es geht einmal nicht um<br />
meine Haare oder die unsäglichen Perücken, die mir schier<br />
den Kopf eindrücken und an die ich mich wohl nie gewöhnen<br />
werde. Wie gerne denke ich an die wilde Zeit unserer<br />
Kindheit zurück, als sich die Zöpfe auflösen und im Wind<br />
flattern durften. Wenn ich heute ausgehen möchte, muss<br />
ich mindestens eine Stunde für die Toilette einrechnen und<br />
bin auf die Hilfe meiner Haar- und Ankleide-Mädchen<br />
angewiesen. Und jetzt steht auch noch das neue Heim wie<br />
ein Riesenberg vor mir: Wilhelm hat vor zwei Jahren das<br />
„Haus Kupferhammer“ gekauft. Es ist kein Haus, sondern<br />
eher ein Herrschaftssitz, riesengroß, unzählige Zimmer,<br />
<strong>Winter</strong>garten, alles, was man sich nur erträumen kann. Die<br />
Einrichtung hat Wilhelm überwiegend in meine Hände<br />
gelegt. Wir werden exotische Gewächse haben, Vögel in<br />
Volieren, Skulpturen, Gemälde und das feinste Mobiliar.<br />
Ich denke da an ein Biedermeierzimmer, einen Festsaal,<br />
und Wilhelm hat angedeutet, dass er mich zu meinem<br />
nächsten Geburtstag bestimmt überraschen werde. Ob<br />
er wohl meine dezenten Hinweise der letzten 20 Jahre<br />
für meine Vorliebe florentinischen Mobiliars umzusetzen<br />
gedenkt? Ach, das wäre wirklich eine große Überraschung.<br />
Genug von mir, ich bin gespannt auf Deinen Bericht und<br />
wünsche, dass mein sehnlichster Wunsch nach Deiner<br />
Gegenwart in unserem neuen Haus sich endlich erfüllen<br />
kann. Wilhelm hat als Hausinschrift „Nichts ohne Müh“<br />
gewählt. So lass uns denn gemeinsam Mühe aufwenden,<br />
uns recht bald zu sehen. ■<br />
Deine treu und innigst<br />
verbundene Freundin Therese<br />
Das Florentiner Zimmer im Haus Kupferhammer.<br />
Stell Dir vor, er redet von einem Puddlings- und Walzwerk,<br />
und sogar von einer <strong>Warstein</strong>-Lippstädter-Eisenbahn<br />
träumt er. Wo soll das nur enden?<br />
Die Eisenbahnidee stößt natürlich bei Constantin Wilhelm<br />
und Hubert auf großes Interesse. Beide Söhne sind wohlauf<br />
und gescheite Buben, die uns viel Freude bereiten.<br />
Liebste Dorothea, wenn Du doch jetzt hier sein könntest,<br />
Ich stehe vor den allergrößten Herausforderungen, die Du<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 65
Cantuccini - beinahe ein Weihnachtsgebäck<br />
Während man das ganze Jahr über jede Obst- und Gemüsesorte kaufen kann, gibt es Weihnachtsgebäck normalerweise<br />
erst ab dem Spätherbst. Dadurch wird es zu etwas Besonderem. Cantuccini, ein Gebäck aus der italienischen<br />
Provinz Prato, nahe Florenz, ist kein typisches Weihnachtsgebäck. Obwohl es so einige der für Weihnachtsgebäck<br />
typischen Gewürze enthält. Das leckere Mandelgebäck kann man im Sommer wie im <strong>Winter</strong> genießen. Am besten schmeckt es,<br />
wenn es selbstgebacken ist. Hier ist unser Rezept:<br />
Zutaten:<br />
250 g Mehl, 175 g Zucker<br />
1 Päckchen Vanillinzucker<br />
1 Prise Salz, 1 TL Backpulver<br />
30 g Butter, 2 Eier,<br />
Je nach Geschmack eine<br />
kleine Messerspitze<br />
Kardamom, Zimt, Nelken und/oder Sternanis<br />
2 EL Mandellikör und einige Tropfen Bittermandel-Aroma<br />
200 g geschälte Mandelkerne<br />
Mehl zum Ausrollen, Frischhaltefolie, Backpapier<br />
Mehl, Zucker, Vanillinzucker, Salz und Backpulver<br />
vermischen. Butter, Eier, Mandellikör und Bittermandel-Aroma<br />
zufügen, alles zu einem glatten Teig verkneten.<br />
Anschließend die Mandeln vorsichtig unterkneten. Teig<br />
in Folie wickeln und 30 Minuten kalt stellen. Auf einer<br />
bemehlten Arbeitsfläche zu fünf langen Rollen formen.<br />
Diese mit Abstand auf ein mit Backpapier ausgelegtes<br />
Backblech legen. Im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 200<br />
°C/ Umluft: 175 °C/ Gas: Stufe 3) 12-15 Minuten backen.<br />
Herausnehmen und abkühlen lassen. Die Rollen schräg in<br />
jeweils elf Scheiben schneiden. Mit der Schnittfläche auf das<br />
Backblech legen noch einmal bei gleicher Temperatur 8-10<br />
Minuten rösten.<br />
66 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Das Gruppenfoto entstand zur Zeit der gelockerten Corona-Beschränkungen<br />
Kochbruderschaft Marmite –<br />
Club der Kochenden Männer<br />
Verena Sen<br />
Philipp Nolte<br />
W<br />
ahre Gaumenfreuden und eine gepflegte<br />
Tischkultur zelebrieren zehn kochende Männer<br />
einmal im Monat in Neheim. Die Hobby-Köche<br />
sind Mitglieder der Marmite Bruderschaft, deren kulinarisches<br />
Herz für die gehobene Küche schlägt.<br />
Der „CC-Club kochender Männer in der Bruderschaft<br />
Marmite e.V.“ hat seinen Ursprung in der Schweiz. Das<br />
„CC“ steht dabei für „Confrèrie Culiniaire“, also „Kochbruderschaft“.<br />
Die Gruppe rund um Neheim ist die „Handwerkerchuchi“,<br />
die vor sage und schreibe 42 Jahren durch die<br />
Initiative zweier Obermeister der Handwerkerinnung aus der<br />
Chuchi „Alt-Arnsberg“ hervorgegangen ist. Das Wort Chuchi<br />
kommt ebenfalls aus dem Schweizerischen und bedeutet<br />
„Küche“. Nun aber genug der grauen Theorie und „Butter<br />
bei die Fische!“.<br />
Die anspruchsvollen Hobby-Köche aus Niederense, Hachen,<br />
<strong>Möhnesee</strong> und Balve treffen sich einmal im Monat in ihrer<br />
Küche in Neheim und kreieren einen vollendeten Gaumenschmaus.<br />
Jedes Mal ist ein anderer Bruder – der jeweilige<br />
„Chef de Jour“ – für die Organisation des Abends zuständig:<br />
Dieser wählt die Menüfolge aus, schreibt die Einladungen,<br />
kümmert sich um den Einkauf, überlegt sich die passenden<br />
Weine zu jedem Gang. Den Tisch mit bis zu vier verschiedenen<br />
Essbestecken und den richtigen Gläsern nach<br />
formvollendeter Etikette zu decken, gehört hier noch zu den<br />
leichtesten Übungen. Hinzu kommt eine geschmackvolle<br />
Tischdeko, und servieren lernt man sowieso.<br />
„Vielleicht noch ein Sorbet zwischendurch…“<br />
Der Chef de Jour verteilt die Aufgaben und beim Kochen<br />
selbst legt jeder Bruder in stilsicherer, weißer Marmite-Kochjacke<br />
mit Hand an. „Standard in der Handwerkerchuchi ist<br />
mindestens ein Fünf-Gänge-Menü“ erklärt Grand Maitre<br />
Hans-Werner Neumann aus Ense. „Vielleicht noch ein Sorbet<br />
zwischendurch, um die Geschmacksnerven zu neutralisieren“<br />
ergänzt unser Chef de Jour Maitre Hans Vornweg,<br />
Hobby-Imker und pensionierter Elektroingenieur.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 67
Wichtigste Voraussetzung für die Aufnahme in die Bruderschaft<br />
ist die Leidenschaft fürs Kochen. Man(n) muss kein<br />
Meisterkoch sein, aber das ergibt sich dann später wohl auch<br />
ganz von selbst. Drei Menüs mit mehreren Gängen müssen<br />
vor den geschulten Gaumen der Kochbrüder bestehen.<br />
„Wenn er sich dann nicht zu dusselig anstellt und auch noch<br />
ganz nett ist…“, dann steht laut Grand Maitre Neumann,<br />
Bauingenieur im Unruhestand, einer Aufnahme in die<br />
Bruderschaft nichts mehr entgegen. Das jüngste Mitglied ist<br />
gerade einmal Anfang Vierzig, der älteste Kochbruder zählt<br />
stolze 78 Lenze.<br />
Die Kochbrüder haben sich auch schon für den guten Zweck<br />
ins Zeug gelegt, wie z. B. ein Sieben-Gänge-Menü für 16<br />
Genießer in Niederense. Der Erlös des Abends wurde für die<br />
Instandhaltung der Kapelle in Niederense gespendet. Auch<br />
für die Rodentelgenkapelle in Bruchhausen wurde schon der<br />
Kochlöffel geschwungen. Das Niveau dieser Festmahle ist u.<br />
a. geprägt durch regelmäßige Fortbildungen bei Sternekoch<br />
Hans Stefan Steinheuer. „Der kennt uns inzwischen schon,<br />
aber das ist jedes Mal ein Highlight“, schwärmt Apotheker<br />
Ulrich Kellner.<br />
Bruderschaft mit Damenbesuch<br />
Eine Besonderheit der Handwerkerchuchi: Die Ehefrauen<br />
genießen während der Kochabende ihrer Männer ein Essen<br />
im Restaurant und werden danach von der Bruderschaft zum<br />
Dessert geladen. Diese Sauerländer Sonderregel ist einmalig<br />
in ganz Deutschland. Das sei nicht nur gesellig, sondern<br />
sorge auch für einen sicheren Heimweg nach einem guten<br />
Tröpfchen zu jedem Gang, bemerkt Grand Maitre Neumann<br />
augenzwinkernd.<br />
Seit 25 Jahren Ihr „in Ihrer Nähe“ Spezialist für<br />
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68 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
„Marmite“ – das kommt aus<br />
dem Französischen und bedeutet<br />
„Kochtopf“. Da hinein kommen<br />
nur erlesene, möglichst regionale<br />
und saisonale Zutaten. In<br />
seltenen Fällen haben sich die<br />
Ingredienzien allerdings auch<br />
schon selbstständig gemacht.<br />
So sollte es vor etlichen<br />
Jahren zum ersten Mal Flusskrebse<br />
geben, aber niemand<br />
der Brüder konnte sich dazu<br />
überwinden, die lebenden<br />
Tiere ins kochende Wasser zu<br />
werfen. Also entschied man sich<br />
letztlich dafür, den Tieren die Freiheit<br />
zu schenken. Die Flusskrebse<br />
sind noch einmal davongekommen<br />
– und was haben die Kochbrüder<br />
dann gegessen? „Die anderen fünf<br />
Gänge“, bringt es Grand Maitre<br />
Neumann schmunzelnd auf den<br />
Punkt.<br />
Jedes Gericht ein Gedicht<br />
Beim Kochereignis in<br />
diesem August standen zwar<br />
keine Krustentiere auf der<br />
Speisekarte, das Menü von<br />
Maitre Hans Vornweg ließ<br />
jedoch nichts zu wünschen<br />
übrig: Los ging es mit einem<br />
Amuse Bouche, dem Gruß aus<br />
der Küche, in Gestalt eines feinen<br />
Nusstörtchens gefüllt mit Roter<br />
Bete und Ziegenfrischkäse mit<br />
frischen Kräutern und einem<br />
Senf-Dressing. Anmerkung<br />
der Redaktion: eine wahrlich<br />
köstliche Kreation!<br />
Weiter ging es mit auf den<br />
Punkt gebratenem Kabeljau auf<br />
einer pikanten Mangosalsa an<br />
knusprigen Risottobällchen mit<br />
Mandelkruste, wobei sehr deutlich<br />
zu Tage trat, dass die Sauerländer<br />
Kochbrüder so leicht nichts aus<br />
der Ruhe bringt, denn hierbei<br />
durfte sogar ich als Gast der<br />
schreibenden Zunft unter<br />
der fachkundigen Anleitung<br />
von Hans-Werner Neumann<br />
mitschnippeln, rühren,<br />
abschmecken, rollen, ummanteln<br />
und frittieren. Es<br />
folgte ein köstliches, geeistes<br />
Möhrensüppchen.<br />
Vor dem außergewöhnlichen<br />
Entrecote im Salz-Kaffee-<br />
Mantel mit hinreißendem Kartoffelstock<br />
im Rübliring gab es ein kühles<br />
Sorbet von roten Beeren. Das Dessert<br />
aus Guinnessschaum, Zuckerrübeneis,<br />
Cassis und Nougatcreme<br />
bildete schließlich den krönenden<br />
Abschluss.<br />
Und bei all diesen Köstlichkeiten<br />
und Genüssen, hätte man<br />
der Bruderschaft eigentlich ein<br />
Gedicht schreiben müssen! ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 69
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Big Six Brilon:<br />
Gemeinsam geht mehr – In Brilon geht mehr<br />
Christel Zidi<br />
Sabrinity<br />
Den Fachkräftemangel kann man akzeptieren – oder man kann etwas dagegen tun. Gesagt, getan. Die ersten<br />
Veranstaltungen fanden noch mit sechs Unternehmen statt. 1 ½ Jahre später waren es bereits sieben Firmen,<br />
die dann die Unternehmensinitiative Big Six Brilon gründeten. Das ist nun schon acht Jahre her. Aus sechs<br />
wurden zwölf Big Six, die jetzt in Brilon so richtig was bewegen.<br />
Ursprünglich eine lose Vereinigung von Briloner Unternehmen,<br />
haben sich die Big Six zu einem festen Begriff, einer<br />
Größe der regionalen Wirtschaft entwickelt. „Gesellschaftliches<br />
Engagement, Bodenständigkeit, Handschlagqualität<br />
und - bei aller Weltoffenheit - auch Heimatverbundenheit“,<br />
fasst Martin Ansorge, kaufmännischer Geschäftsführer der<br />
Egger-Werke zusammen. Dafür stehen die Big Six und das<br />
„Habt ihr gehört, was die<br />
da in Brilon machen?“<br />
- Oliver Dülme<br />
sind „auch alles Tugenden der kaufmännischen Hanse, nach<br />
dessen Werten die größtenteils noch inhabergeführten mittelständischen<br />
Unternehmen hier im Sauerland, in Brilon,<br />
handeln.“ Und er fügt hinzu: „Ein funktionierendes Wertesystem<br />
ist heutzutage wichtiger denn je.“<br />
Attraktives Lebensumfeld in Brilon<br />
Die Werte stehen, die Ziele auch. Vorrangig geht es den Big<br />
Six darum, Mitarbeiter in Brilon zu halten und in die Region<br />
zu holen. Das funktioniert aber nur, wenn man das Lebensumfeld<br />
für diese Zielgruppe so attraktiv wie möglich gestal-<br />
70 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Martin Ansorge, EGGER Sabine Henke, ABB Peter Kaiser, Centrotherm Oliver Dülme, BWT<br />
tet. Vor allem um junge Menschen geht es. Junge Menschen,<br />
die ihre Ausbildung möglichst vor Ort absolvieren sollen, die<br />
hier zu Fachkräften ausgebildet werden und als solche die<br />
heimische Wirtschaft beleben und erweitern. Letzteres gilt<br />
auch für Fachkräfte, die in die Region geholt werden sollen.<br />
Beides funktioniert nur, wenn potenzielle Mitarbeiter erkennen,<br />
dass man in Brilon nicht nur innovative Arbeitgeber<br />
und attraktive Arbeitsplätze findet, sondern dass auch das<br />
Lebensumfeld anziehend ist.<br />
Davon profitieren alle, sowohl die Stadt Brilon als auch die<br />
Unternehmen. Deren Aufgabe ist die Schaffung dieser Angebote<br />
eigentlich nicht, aber sie sind weitsichtig genug, um<br />
zu erkennen, welche Vorteile langfristig damit einhergehen.<br />
„Corporate Social Responsibility“ ist der Fachbegriff dafür.<br />
Er beschreibt die unternehmerische Sozialverantwortung,<br />
den freiwilligen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung.<br />
Kernpunkt ist, Brilon als attraktiven Wohn- und Arbeitsort<br />
zu vermarkten.<br />
Die Maßnahmen<br />
Die Attraktivität soll z. B. durch diverse Veranstaltungen<br />
für junge Menschen gesteigert werden. Das hält auch Sabine<br />
Henke von der Firma ABB für sinnvoll „Wir waren mit<br />
bei den ersten Unternehmen der Big Six und uns ging es<br />
natürlich um die Fachkräfte. Aber auch besonders um das<br />
Bewerben von Auszubildenden und in diesem Zusammenhang,<br />
uns als Ausbildungsunternehmen gemeinsam mit den<br />
anderen Big Six Unternehmen in Brilon darzustellen und<br />
dafür Aktionen und Events (z. B. die Ausbildungsbörse) zu<br />
unterstützen oder selber zu organisieren.“<br />
Ein Beispiel: SchoolOFF BrilON, eine Veranstaltung gezielt<br />
für Ausbildende, denen dabei bewusst gemacht werden<br />
„Ein funktionierendes Wertesystem<br />
ist heutzutage wichtiger denn je.“<br />
- Martin Ansorge<br />
soll, dass jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Und dass<br />
Arbeitgeber auf sie warten, die sich darauf freuen, dass sie<br />
bei ihnen starten. Verschiedene Redner wurden schon dazu<br />
eingeladen, z. B. Joey Kelly, der über das Thema „Motivation<br />
am Arbeitsplatz“ sprach. Dem offiziellen Teil schließt sich<br />
immer eine Fete zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls an.<br />
Daneben gibt es seit 2013 den großen Fußball- und Familientag.<br />
Dazu treten insgesamt 16 Firmen-Fußballmannschaften<br />
gegeneinander an. Rundum gibt es gute Unterhaltung<br />
für die ganze Familie, auch und besonders für Kinder. Über<br />
2.000 Menschen besuchen dieses Event regelmäßig. Nicht<br />
unerwähnt bleiben darf das anschließende Public Viewing –<br />
das einzige Public Viewing zum DFB-Pokalfinale im ganzen<br />
HSK. Weiter gibt es auch Einzelveranstaltungen wie das<br />
Autokino vor zwei Jahren und Schulhofkonzerte des hiesigen<br />
Gymnasiums. Auch an Aktionen wie „Heimvorteil-2-Go“<br />
sind die Big Six beteiligt.<br />
Die Unternehmensinitiative<br />
Big Six ist auch ein Netzwerk Briloner Unternehmen, die<br />
sich untereinander helfen und unterstützen. Auf kurzem<br />
Weg, schnell und unkompliziert. Alle Mitglieder sind gleichberechtigt.<br />
Alles, was in Angriff genommen wird, geschieht<br />
gemeinschaftlich und in Übereinkunft. Jeder ist zu gleichen<br />
Teilen dabei, auch bei den Ausgaben. Voraussetzung für die<br />
Aufnahme ist u. a., dass das Unternehmen Mitglied im Regionalmarketing<br />
Südwestfalen ist, denn dort wird ebenfalls<br />
gezielt gegen den Fachkräftemangel gekämpft.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 71
KARRIERE<br />
IN BRILON<br />
Fußball- und Familientag in Brilon: 16 Firmen-Fußballmannschaften<br />
und ganz viel Spaß für die Mitarbeiter und Angehörigen der Big Six<br />
Mitgliedsunternehmen (Bild aus dem Jahr 2019)<br />
tttttttttttttttttttttttttt<br />
Sie suchen eine neue Herausforderung? Dann sind<br />
„Zudem sind wir durch diese Zusammenarbeit bei den<br />
Big-Six auch deutlich besser in der Region vernetzt“, so beschreibt<br />
Peter Kaiser von Centrotherm einen weiteren Vorteil<br />
der Big Six. „Und wir haben die Wahrnehmung als attraktiver<br />
Arbeitgeber in der Region deutlich steigern können“,<br />
ergänzt er. Das ist besonders wichtig für ein relativ junges<br />
Unternehmen wie Centrotherm, welches seine Produkte und<br />
Dienstleistungen nicht an Endverbraucher, sondern direkt an<br />
die großen Hersteller der Heizungsindustrie verkauft.<br />
Sie bei uns genau richtig. Die „,Big Six BRILON“ stehen<br />
für hervorragende Karrieremöglichkeiten in einer<br />
familienfreundlichen Region. Hier finden Sie zum<br />
perfekten Job immer den idealen Ausgleich.<br />
Weitere Infos zu den Big Six<br />
Das Backoffice der Big Six<br />
erhalten Sie auf unserer Homepage.<br />
Die Organisation www.t1p.de/brilon-big-six<br />
ihrer Aktivitäten haben die Big Six in die<br />
Hände der Wirtschaftsförderung der BWT (Brilon Wirtschaft<br />
und Tourismus GmbH) gelegt, einer Tochter der Stadt<br />
Brilon. Sie fungiert als BackOffice; hier laufen alle Fäden<br />
zusammen.<br />
Manche Veranstaltungen wären ohne die gegenseitige Unterstützung<br />
nicht möglich. Ein Vorteil für beide Seiten – für die<br />
Stadt und für Big Six. „Wenn man die Stimmen von außen<br />
hört, dann heißt es nicht ‚Habt ihr gehört, was Egger oder<br />
Centrotherm machen’ , nein, dann heißt es ‚Habt ihr gehört,<br />
was die da in Brilon machen?’“, weiß Wirtschaftsförderer<br />
Oliver Dülme<br />
Den Big Six geht es vorrangig darum, zu zeigen: ‚Hier ist was<br />
los, hier ist es cool. Hier kannst du Spaß haben und bei uns<br />
kannst du gut arbeiten’. Das ist immer der Kernpunkt, die<br />
Aussage, Brilon als attraktiven Wohn- und Arbeitsort zu vermarkten<br />
und die Infrastruktur der Region auf einem guten<br />
Niveau zu halten. ■<br />
Caritasverband<br />
Brilon e.V.<br />
72 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Vom Rittergut über<br />
die Auguste-Victoria-<br />
Heilstätte zur<br />
Geister-Klinik<br />
Sabina Butz<br />
Jürgen Eckert<br />
Gibt man in den gängigen Suchmaschinen „Vera<br />
med-Klinik Meschede“ ein, erfährt man schnell,<br />
wo sie zu suchen ist: In Beringhausen, einem<br />
Stadtteil von Meschede mit 17 Einwohnern. Die ebenfalls<br />
angebotenen Fotos sind überwältigend: Ein Riesenareal<br />
mit einem Gebäudekomplex, dessen imposante Gebäudefassade<br />
beeindruckt. Und das Ganze mitten im Wald.<br />
Großartig und definitiv sehenswert. Die Anfahrt kann<br />
ja wohl nicht so schwer sein, Beringhausen 5 steht als<br />
navi-taugliche Adresse zur Verfügung. Die Anfahrt von<br />
Meschede aus ist allein schon eine Reise wert: Sauerland<br />
pur, immer wieder wunderschön! In Beringhausen versagt<br />
allerdings das Navi. Kein Problem, eine so große Klinik<br />
müsste doch sichtbar sein? Fehlanzeige. Wo man hinschaut<br />
nur Wald. Die einzige, als Zufahrtsstraße geeignete<br />
Abzweigung, ist gesperrt. Kein Hinweis, wie es weiter<br />
gehen könnte und von den 17 Einwohnern ist auch gerade<br />
niemand in der Nähe. Und genau das ist das historische<br />
Stichwort: Niemand in der Nähe.<br />
Niemand in der Nähe<br />
Ursprünglich war hier im Wald die Ritterfamilie von Beringhausen<br />
ansässig, deren Ursprung bis heute unbekannt ist. Der<br />
Name lässt sich als der Bären- oder Heldenkühne aus dem altdeutschen<br />
Perinhart ableiten. Heute erinnern noch Bernhard<br />
oder Bernd an den kühnen Bärenjäger. Erwähnt wird die<br />
Ritterfamilie erstmalig 1313 im Güterverzeichnis des Grafen<br />
Wilhelm von Arnsberg. Es muss eine der bedeutendsten<br />
Ritterfamilien im Kreis Meschede gewesen sein: Pröpste und<br />
Dekane des Stifts Meschede gehören genauso dazu wie ein Abt<br />
des Klosters Grafschaft und der Besitz anderer adeliger Häuser<br />
in der Umgebung (Antfeld, Gevelinghausen, Laer, Meschede<br />
und Blessenohl). Auch für die Damen des Hauses war gut<br />
gesorgt: Bis 1310 treffen wir sie im adeligen Damenstift in<br />
Meschede an.<br />
Das Rittergut stand niemals weder dem Stift Meschede noch<br />
den Grafen zu Arnsberg als Lehen zu. Das Rittergut benötigte<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 73
ganz offensichtlich keinen Schutz. Merkwürdig ist auch, dass<br />
es keine Siedlung um das Gut herum gab, die Gefolgsleute<br />
wohnten alle in den Wäldern ringsherum, aber eben nicht<br />
direkt am Gut. Unklar ist bis heute, welche Anbindung an<br />
das damalige Verkehrsnetz bestanden haben könnte. Kein bekannter<br />
Verkehrsweg führte hier vorbei, was vielleicht erklärt,<br />
warum das Gut nie belagert, bekämpft oder eingenommen<br />
wurde: Die möglichen Feinde fanden es erst gar nicht! Da geht<br />
es uns heute nicht viel anders.<br />
Die Auguste-Victoria-Knappschaftsheilstätte<br />
Bis ins 16. Jahrhundert war die Familie von Beringhausen<br />
Besitzer dieses stattlichen Guts. Danach wechselten die Eigentümer<br />
in rascher Abfolge, was für das Gut selbst nicht vorteilhaft<br />
war. Schließlich verkaufte Vetter zu Halbeswig um 1900<br />
das Gut an den Allgemeinen Knappschaftsverein Bochum, der<br />
darauf eine Heilstätte für lungenkranke Bergleute errichtete.<br />
1904 wurde die Auguste-Victoria-Knappschaftsheilstätte<br />
nach Plänen des Architekten Julius Boethke mit 118 Betten<br />
eröffnet. Zu der damaligen Zeit eine imposante Architektur<br />
und eine mustergültige Heilstätte. Eine verkehrstechnische<br />
Besonderheit bot die Seilbahn, die die 110 Meter zwischen Tal<br />
und Krankenhaus überbrückte und erst 1913-1921 durch eine<br />
Zufahrtsstraße ersetzt wurde. Im Zweiten Weltkrieg diente die<br />
Heilstätte als Reservelazarett, die Amerikaner nutzen sie weiter<br />
als Kriegsgefangenen-Lazarett und gaben sie 1946 an die<br />
Ruhr-Knappschaft in Bochum zurück. Der Name wurde in<br />
„Bundesknappschafts-Klinik-Tannenberg“ geändert. Bis zum<br />
Verkauf der Klinik 1986 wurden hier ca. 44.000 Patienten<br />
behandelt.<br />
Die Geister–Klinik<br />
Nach dem Verkauf wurde das Haus vollkommen umgestaltet<br />
und mit einem 20-jährigen Pachtvertrag unter dem Namen<br />
Veramed-Klinik neu aufgestellt auf der Grundlage des Konzeptes<br />
einer Ganzheitsmedizin zur Nachsorge von Krebs-Patienten.<br />
Ein Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
wurde die Klinik 2009 geschlossen und steht seitdem leer.<br />
Eine so einsam gelegene pittoreske Kulisse zieht zwangsläufig<br />
fragwürdige Aktionen an: Vandalismus ist quasi vorprogrammiert,<br />
Metalldiebstahl lockt Interessierte unwiderstehlich an.<br />
Geisterfreaks und Softair-Waffen-Spieler sind in Versuchung<br />
geführt. Sie alle haben ihre Spuren hinterlassen. Die leidige<br />
Affäre um die hinterlassenen Patientenakten, für deren Archivierung<br />
sich niemand verantwortlich fühlte, gehört ebenfalls<br />
in diese Aufzählung, wobei die tatkräftige Aktion unseres<br />
Landrats Karl Schneider sicherlich zu den positiven Aspekten<br />
zählt. Ebenso wie die 2019 im Rahmen des NRW Projektes<br />
„Stadtbesetzung“ von der Kulturregion „aufruhr“ durchgeführte<br />
Veranstaltung „Versehrt“ als Versuch einer sinnvollen<br />
Nutzung dieser Kulisse gewertet werden darf.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Das Fragezeichen ist groß, riesengroß. 2015 erwarb die Vital<br />
Meschede GbR die ehemalige Veramed-Klinik mit der Auflage,<br />
zwingend eine medizinische Einrichtung entstehen zu<br />
lassen. Bislang liegt der Stadt Meschede dazu noch kein Bauantrag<br />
vor. Der Investor hält sich bedeckt und versichert, dass<br />
„alles gut wird“. ■<br />
Bierbutler<br />
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„Die schöne Lage inmitten der Berge...“<br />
...bietet dem für die Reize der Natur<br />
empfänglichen Gemüt reichen Genuss.“*<br />
„Die Waldesluft und das frische Klima<br />
der Berge wirkt kräftigend auf die Nerven.“*<br />
„Keine leichte Aufgabe ist es, die Forderungen der Hygiene<br />
„.. damit das Gemüt der Insassen durch den Anblick ihrer Umgebung erfreu...“<br />
Mehrbettkrankenzmmer<br />
„...mit denen einer strengen Ästhetik immer in Einklang zu bringen,“*<br />
„..und nicht etwas durch Hässlichkeiten abgestoßen wird.“*<br />
*Aus ”Die Auguste Viktoria Knappschafts-Heilstätte” Denkschrift von 1904 Historische Fotos: Digitale Sammlungen der Uni Münster)<br />
Die Krankenhaus-Küche<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 75
TORE UND TÜRME<br />
IM SAUERLAND<br />
Christel Zidi<br />
S. Droste<br />
Limps- oder Mäuseturm in Arnsberg<br />
In diesem Turm aus dem 13. Jahrhundert befindet sich eine begehbare Camera Obscura.<br />
Früher diente er unterschiedlichsten Zwecken: u. a. Befestigungsanlage, Ziegenstall,<br />
Gefängnis. Limps ist wohl von Limes (lat. = Grenzweg) abgeleitet.<br />
76 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Benediktusbogen in Obermarsberg<br />
Ab hier beginnt der Eingang zum alten Klosterbezirk. Über dem Schlussstein in der Nische ist die Figur des Ordensgründers,<br />
des Heiligen Benedikt, zu sehen. Darüber ist die Papstkrone, die Tiara, abgebildet. Das Kloster selbst stammt<br />
aus dem 8., der Bogen aus dem 18. Jahrhundert.<br />
Das Burgtor Hachen<br />
Der Ort Hachen wurde nicht planmäßig angelegt, sondern wuchs nach und nach um die Burg Hachen, die um 1000<br />
erbaut wurde. Von den Ruinen der einst wohl hochaufragenden Burg hat man einen sehr schönen Ausblick.
Das Kropff´sche Haus in Olsberg<br />
Ursprünglich als Gewerkenhaus gebaut, wurde das Haus der Unternehmerfamilie Kropff in den folgenden Jahrhunderten<br />
mehrfach umgebaut und erweitert. Im zweiten Weltkrieg wurde es als Lazarett benutzt, heute befindet sich darin<br />
ein Kinderheim.<br />
Schloss in Gevelinghausen<br />
Auf dem vorgelagerten Wirtschaftshof steht der Torturm mit seinen Zinnen.<br />
Das Schlosss selbst erbauten die Ritter von Gevelinghausen. 1299 wurde es erstmals urkundlich erwähnt.
Der Bilsteinturm in Niedermarsberg<br />
Ende des 19. Jahrhunderts wurden vielerorts Aussichtstürme errichtet. Einer davon ist der Bilsteinturm, der nach 12-jähriger<br />
Bauzeit 1892 fertiggestellt wurde. Um noch mehr Touristen anzulocken, wurde drumherum eine „Ruine“ errichtet.<br />
Hirschberger Tor in Arnsberg<br />
Dieses Tor war eigentlich Teil des Hirschberger Jagdschlosses und wurde im Auftrag des Kurfürsten Clemens August<br />
1753 errichtet. Von seinen Nachfolgern wurde das Jagdschloss kaum genutzt und verfiel später. Um das Tor vor dem<br />
Verfall zu schützen, wurde es 1826 nach Arnsberg transportiert und am Schlossberg wieder aufgebaut.
Das Hachtor in <strong>Rüthen</strong><br />
Das im 14. Jahrhundert aus <strong>Rüthen</strong>er Grünsandstein erbaute Hachtor ist das einzig erhalten gebliebene von einst vier<br />
Stadttoren. Es diente lange Zeit als Gefängnis. Vom Tor aus verläuft um die gesamte Altstadt die drei Kilometer lange,<br />
begehbare Stadtmauer.<br />
80 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Das Derkere Tor in Brilon<br />
Es ist das einzig erhaltene Tor der Stadtbefestigung und wurde im 18. Jahrhundert erbaut. Früher war der Durchgang<br />
durch Torflügel gesichert, die in der Nacht abgeschlossen wurden. Im oberen Teil war ein Gefängnisraum untergebracht<br />
– ohne Treppen als Zugang. Neben dem Tor befand sich die Dienstwohnung des Pförtners.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 81
Anzeige<br />
Sicherheit ist immer aktuell<br />
Anna Verburg<br />
LH Security beim<br />
Einsatz an der FH<br />
Meschede Südwestfalen.<br />
Corona hat für uns alle Veränderungen gebracht.<br />
Größere Veranstaltungen finden kaum oder gar<br />
nicht mehr statt. Für das Team von LH Security<br />
Service aus Bestwig hat sich damit ein neuer Aufgabenbereich<br />
aufgetan: Die Unterstützung bei den Corona-Schutzmaßnahmen.<br />
Dabei gibt es unterschiedliche<br />
Herausforderungen zu bewältigen: „Für mich war es<br />
schon immer spannend, in unserem Betrieb mitzuarbeiten.<br />
Durch die neuen Aufgaben wird es gerade sogar noch<br />
interessanter. Aber es macht Spaß, sich diesen Herausforderungen<br />
zu stellen.“ So sieht das Stephanie Hilgenhaus,<br />
Ehefrau von Firmengründer Ludger Hilgenhaus.<br />
“Wie spürt LH Security Service die Krise?”<br />
„Mit Corona sind auf uns zusätzliche Aufgaben zugekommen“,<br />
so Ludger Hilgenhaus, der Sicherheit und<br />
Schutz schon vor der Pandemie großgeschrieben hat. Aus<br />
jahrelanger Erfahrung weiß LH Security Service um die<br />
Wichtigkeit und den Wert der richtigen Prävention. „Leider“,<br />
weiß Hilgenhaus, „wird der richtige Schutz meist erst<br />
zum Thema, wenn es zu spät ist. Nach dem Motto: ‚Wir<br />
haben das Unheil kommen sehen.’“ Nach der Karnevalszeit<br />
schlug die Firma neue Wege ein. Und so gehören nun<br />
- neben der Hauptaufgabe des Werk- & Objektschutzes -<br />
unterschiedlichste Dienstleistungen rund um das Thema<br />
„Unterstützung bei den neuen Schutzmaßnahmen“ zum<br />
Angebot.<br />
„Wir von LH passen uns den<br />
neuen Aufgaben flexibel an.“<br />
„Wichtig ist uns dabei, mit so viel Einfühlungsvermögen<br />
wie möglich vorzugehen“, erklärt Firmenchef Hilgenhaus.<br />
„Die Auswirkungen der Pandemie haben Veränderungen<br />
in unseren Alltag gebracht. Wir erleben eine Zeit, in<br />
der die Menschen auf sehr viele neue Reglungen achten<br />
müssen und da ist besonderes Fingerspitzengefühl und<br />
Verschwiegenheit gefragt.“<br />
Schutz in sämtlichen Bereichen<br />
Seit über zwanzig Jahren hat sich LH Security Service der<br />
Sicherheit und dem Schutz verschrieben. Spezialisiert auf<br />
die Bereiche Veranstaltungsschutz, Objektschutz, Werksschutz<br />
bis hin zum Empfang- und Pfortendienst für Unternehmen,<br />
weiß man daher genau, worauf man in einer<br />
Ausnahmesituation wie Corona achten muss. Mittlerweile<br />
beschäftigt er über 50 engagierte und bestens ausgebildete<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tag und Nacht mit<br />
Rat und Tat zur Verfügung stehen.<br />
Denn eines steht fest: Sicherheit ist nicht nur während<br />
Corona aktuell. ■<br />
Ludger Hilgenhaus<br />
Marktplatz 6 | 59909 Bestwig-Ostwig<br />
02904 / 70396<br />
post@lh-security-service.de<br />
www.lh-security-service.de<br />
82 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Eisblumen:<br />
fragil, fraktal<br />
und faszinierend<br />
Leidenschaft<br />
siegt!<br />
Christel Zidi<br />
Sie sind sehr selten geworden,<br />
die Eisblumen am Fenster.<br />
Kaum finden sie noch die<br />
richtigen „Wachstumsbedingen“ vor.<br />
Denn Eisblumen brauchen sehr kalte<br />
Fensterscheiben und nicht zu warme<br />
Raumluft. Mit ein wenig Feuchtigkeit.<br />
Ein wenig wohlgemerkt, denn<br />
sonst beschlagen die Fensterscheiben<br />
nur. Zu glatt und zu sauber dürfen<br />
die Scheiben auch nicht sein, damit<br />
die Eiskristalle an kleinen Staubpartikeln<br />
oder Unebenheiten auf der<br />
Scheibe Halt finden.<br />
Aber kommen wir zurück zu den<br />
„eiskalten“ Fakten: Wenn das gefrorene<br />
Wasser aus der Luft an einem<br />
Partikel der Scheibe Halt gefunden<br />
kann, bilden sich von diesem Kristallisationskern<br />
aus weitere Verzweigungen<br />
und Verästelungen. Immer<br />
mehr Wassermoleküle lagern sich an,<br />
wachsen zusammen, verzweigen sich<br />
und lassen die besonderen Muster<br />
der Eisblumen entstehen. Welche<br />
Form Eisblumen annehmen, kann<br />
bis heute kein Wissenschaftler vorhersagen.<br />
„Ausgezeichnet“!<br />
Mit dem Südwestfalen Award 2020<br />
in der Kategorie Kundenansprache<br />
für die Website<br />
www.skiliftkarussell.de<br />
Nicht gerade gute Bedingungen in<br />
einer Zeit der gut isolierten, doppelt<br />
und dreifach verglasten Fenster.<br />
Mollig warme Stuben und Eisblumen<br />
an den Fenstern – das funktioniert<br />
leider nicht zusammen. Gelegentlich<br />
lassen sich noch im Auto,<br />
an den Innenseiten der Windschutzscheiben,<br />
Eisblumen entdecken.<br />
Die niederländische Schriftstellerin<br />
Mellie Uyldert erklärte Eisblumen<br />
als „ätherischer Stoff des Formmusters<br />
von Pflanzen, der sich materialisiert<br />
hat.“<br />
Als Pflanzenschatten sozusagen.<br />
Eine schöne Vorstellung …<br />
Faszinierend an Eisblumen ist auch,<br />
dass ein kleiner Ausschnitt eines<br />
Eisblumengebildes dem des ganzen<br />
Gebildes entspricht. Fraktal nennen<br />
Mathematiker und Physiker diese<br />
Selbstähnlichkeit und stehen – ebenso<br />
die Meteorologen noch immer<br />
vor ungelösten Rätseln. Und wir vor<br />
einem der schönsten Wunderwerke<br />
der Natur. ■<br />
Strategie<br />
Kreation<br />
Web<br />
Print<br />
Content<br />
Foto & Video<br />
Social Media<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 83
„Doktor-Mutter“ Gertrud Siebers<br />
aus Madfeld<br />
„Es sind ihre inneren<br />
Werte, auf die ich<br />
wirklich stolz bin.“<br />
Petra Kleine<br />
sabrinity<br />
„Ü<br />
ber mich möchtest du einen Artikel im<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Magazin</strong> schreiben?“ Kopfschüttelnd<br />
schaut Gertrud Siebers mich an.<br />
„Aber ich bin doch gar nichts Besonderes. Ich stehe nie im<br />
Mittelpunkt.“<br />
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von 1.000 € erstatten wir<br />
Ihnen für Ihren Erstauftrag<br />
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Das ist doch ein Wort, oder?<br />
Die Aktion ist gültig<br />
bis Dezember 2020<br />
Rainer Grundhoff · 59581 <strong>Warstein</strong><br />
Telefon 02925-4070 · info@dhs-druckservice.de<br />
www.dhs-druckservice.de<br />
Mit dem Mittelpunkt hat die 97-jährige Madfelderin natürlich<br />
recht, denn dort steht sie tatsächlich nie. Sie ist die gute<br />
Seele im Hintergrund, die mit viel Herz, Humor und Fleiß<br />
durchs Leben geht. Selbst im eigenen Garten ist sie noch aktiv<br />
und erzählt mir, was sie gerade alles an Obst eingekocht<br />
hat. Sofort bekomme ich einen tollen Tipp, wie die Birnen<br />
besonders lecker werden.<br />
Auch sonst sieht es im mollig warmen und gemütlichen Haus<br />
nicht nach Langeweile aus. Schnell stellt sich heraus, dass die<br />
Nähmaschine die wichtigste Maschine des Hauses ist, denn<br />
wenn die mal kaputt ist… Herrliche Patchwork-Teile werden<br />
dort von Gertrud Siebers sorgfältig und akkurat genäht.<br />
Kissenbezüge, Decken, Wichtel und vieles mehr. Ihr Traumberuf<br />
war Handarbeitslehrerin, aber stattdessen hat sie ihre<br />
gelähmte Mutter 20 Jahre lang gepflegt.<br />
Überall hängen Fotos ihrer großen Familie. Immerhin<br />
sind es fünf Kinder und acht Enkelkinder, die bis hin nach<br />
Kanada verstreut wohnen. „Ich habe eine tolle Familie. Auf<br />
die bin ich wirklich stolz“, strahlt sie. „Das sind alles ganz<br />
patente, liebe und nette Menschen geworden.“<br />
Fast scheint sie ein bisschen erschrocken, dass sie „stolz“<br />
gesagt hat, weil das ja so klingt, als ob sie sich da was drauf<br />
einbildet. Nein, das tut sie wirklich nicht. Aber sie hätte<br />
genauso gut sagen können, dass von ihren fünf Kindern vier<br />
einen Doktortitel haben oder sogar Professor sind, und dass<br />
selbst die ersten Enkel in Kürze Doktor sind. Aber das läge<br />
ihr total fern.<br />
84 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Die inneren Werte zählen<br />
Für Gertrud Siebers war immer entscheidend, ihren Kindern<br />
ein gemütliches Nest zu geben und sie in Liebe und Freiheit<br />
aufwachsen zu lassen. „Man muss sie einfach gedeihen<br />
lassen und jeder wird anders. Hauptsache war immer, dass sie<br />
glücklich werden. Ich bin es ja sowieso schon. Wir haben oft<br />
zusammen gelacht und waren eine große, fröhliche Familie,“<br />
erinnert sie sich an die Zeit, als alle noch im Hause waren.<br />
„So einfach waren die Zeiten natürlich nicht. Mein verstorbener<br />
Mann war als selbstständiger Malermeister nicht<br />
gerade ein Großverdiener und ich war im Hause ganz schön<br />
ausgelastet.“ Gertrud Siebers blickt für uns zurück. „Mein<br />
Mann, der übrigens noch elf Geschwister hatte, war im Krieg<br />
Flieger und kam erst mit dreißig aus der Kriegsgefangenschaft<br />
zurück. Er las immer Hefte über Sternenkunde und<br />
Technik und das faszinierte unsere Kinder früh und weckte<br />
ihre Begeisterung für Technik und Wissenschaft. Wir haben<br />
sie gerne so gut es ging unterstützt und waren natürlich froh,<br />
dass es durch Bafög die Möglichkeit gab, ihnen ein Studium<br />
zu ermöglichen.“<br />
Schnell will sie wieder auf ein anderes Thema kommen, denn<br />
sie möchte nicht ansatzweise prahlen von den Titeln ihrer<br />
Kinder. „Sie haben auch hart dafür gearbeitet“, weiß sie. „Es<br />
sind ihre inneren Werte, auf die ich wirklich stolz bin.“<br />
Hier war immer was los!<br />
Alle Kinder kommen gerne zu Familientreffen nach Madfeld.<br />
„Inzwischen sind wir aber so viele, dass wir uns nur<br />
ganz selten alle zusammen hier sehen können,“ so Tochter<br />
Tina. „Wir lachen dann immer viel und erzählen von den<br />
vielen kleinen Streichen damals“, fährt sie fort. „Da wurde<br />
kurzerhand mal das Wohnzimmer zum Turnraum umfunktioniert<br />
und Mama gab den Prellbock, an dem wir Bocksprung,<br />
Handstand und anderes üben konnten.“<br />
„Oder der Wettbewerb, wer es schafft den Apfelpfannkuchen<br />
beim Wenden so hoch zu schleudern, dass er an der<br />
Decke kleben bleibt. Oder die „Schlüssel-Krankheit“ meines<br />
Bruders, der kurzerhand alle Schlüssel im Haus abzog und<br />
gut versteckte. Jahre später haben wir sie im Garten beim<br />
Umgraben gefunden“, schmunzelt sie.<br />
„Was ich aber ganz besonders an meiner Mutter schätze“, so<br />
Tina weiter: „Sie ist so hilfsbereit und immer für alle da! Sie<br />
geht offen auf Menschen zu, ohne jegliche Vorurteile.“<br />
Das Schlusswort überlassen wir aber Gertrud Siebers selbst:<br />
„Ein schlechter Tag ist ein Tag, an dem es nichts zu tun gibt.<br />
Aber das kommt nie vor“, stellt sie verschmitzt fest. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 85
Unsere Lesetipps für die <strong>Winter</strong>zeit<br />
Weihnachten ist die Zeit der Besinnung. Doch neben all der Melancholie über das vorbeigezogenene Jahr und den bald nahenden<br />
Vorbereitungen für die Festtage hält uns bereits jetzt eine Angelegenheit in Aufruhr: die Geschenkesuche für die Liebsten.<br />
Wir liefern Ihnen die passenden Geschenkideen für Ihre Liebsten, mit denen Sie Kindern und Erwachsenen gleichermaßen ein<br />
Lächeln ins Gesicht zaubern können. Denn über ein Buch aus dem <strong>WOLL</strong>-Verlag freut sich garantiert jeder, woll!<br />
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SOLLTESTE KENNEN: UNNÜTZE<br />
FAKTEN „SAUERLAND“<br />
Von Bastian Struwe<br />
555 Fakten zeigen das Sauerland, wie es (noch)<br />
nicht jeder kennt.<br />
ISBN 978-3-943681-85-7<br />
192 Seiten · 14,90 €<br />
FRAGEN SIE<br />
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die schönste Sprache<br />
der Welt<br />
Von Michael Martin<br />
Große Fragen der Sauerländer<br />
Menschheit werden in diesem<br />
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Sprachexperten des <strong>WOLL</strong>-<strong>Magazin</strong>s.<br />
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Hardcover · 116 Seiten · 12,90 €<br />
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BESSER GEHT’S NICHT<br />
Alles, was man über die Eingeborenen der tausend<br />
Berge wissen sollte<br />
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Für alle, die noch nicht oder nicht mehr lesen<br />
können, gibt es lustige Bilder für zum Ankucken<br />
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Ommas Küche de luxe<br />
Von Klaus Lürbke und Niklas Thiemann<br />
Was kommt hier im Sauerland eigentlich auf den<br />
Tisch? Damit die Tradition dabei nicht auf der<br />
Strecke und die Heimat auf dem Löffel bleibt,<br />
entstand dieses Kochbuch mit dem Anliegen, alte<br />
Gerichte neu und modern zu interpretieren.<br />
ISBN 978-3-943681-81-9<br />
96 Seiten ·19,90 €<br />
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Ein Schwank vom Schützenfest<br />
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260 Seiten · 14,90 €<br />
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Die Vorstellung, unsere Freiheit<br />
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580 Seiten · 26,90 €<br />
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Werk und Leben<br />
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»Das Shakespeare-Prinzip« in kurzweiligen Kapiteln<br />
13 Wege zum Erfolg. .<br />
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Von Jochem Ottersbach<br />
Dieses Buch präsentiert alte und meist bekannte<br />
Sagen und Anekdoten in einer neuen Form von<br />
Bild und Text.<br />
ISBN 978-3-948496-17-3<br />
130 Seiten, 17,90 €<br />
82 86 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Die vorgestellten Bücher erhalten Sie in den<br />
Sauerländer Buchhandlungen und unter www.woll-verlag.de<br />
Lesebegierige Kinder und Jugendliche finden sicherlich an einem dieser Bücher Spaß<br />
PAULA PITRELLI<br />
UND DER UNHEIM-<br />
LICHE NACHBAR<br />
Von Anke Kemper<br />
„Paula Pitrelli und der unheimliche<br />
Nachbar“ ist ein<br />
kindgerechter, mitreißenden<br />
Krimi für jüngere Leser.<br />
ISBN 978-3-948496-11-1<br />
136 Seiten · 12,90 €<br />
HA.M.LET 2.0<br />
Shakespeare im Schaufenster<br />
Von Markus J. Beyer<br />
Der empfindsame Oz, Cris, der Bastler, und Lilith<br />
mit der großen Klappe staunen nicht schlecht, als<br />
ein ehemals erfolgreicher Shakespeare-Schauspieler<br />
in ihrer Schule auftaucht und der Leiter der<br />
neu gegründeten Theater-AG wird. Er führt Oz<br />
und seine Freunde in eine völlig neue Welt: voller<br />
Worte, voller Gefühle, voller Dramatik. .<br />
ISBN 978-3-948496-15-9<br />
384 Seiten · 14,90 €<br />
DUNKLE DICHTER<br />
Von Markus J. Beyer<br />
Merle und ihr umtriebiger Erfinder-Onkel Bömmellöh<br />
reisen ins 18. Jahrhundert. Eine aufregende<br />
Reise in die sauerländische Vergangenheit!<br />
ISBN: 978-3-948496-00-5<br />
456 Seiten · 14,90 €<br />
PAPA COOL<br />
Von Kurt Wasserfall<br />
Eine Kindheit im Sauerland<br />
vor dreißig Jahren, in der es<br />
noch keine Handys gab, kein<br />
Internet und keine PC-Spiele.<br />
Müssen die Kinder damals<br />
nicht schrecklich unglücklich<br />
gewesen sein? Kurt Wasserfall<br />
liefert mit seinem neuen Buch<br />
„Papa cool“ den eindeutigen Gegenbeweis.<br />
ISBN 978-3-943681-93-2<br />
112 Seiten · 14,90 €<br />
EINE REISE IN DEN<br />
GLÜCKLICHEN GEIST<br />
Von Jonas Hren<br />
Das großformatige Kinder-Glücksbuch von Jonas<br />
Hren enthält 14 fantastische Glücksbilder.<br />
ISBN 978-3-948496-02-9<br />
36 Seiten · 29,90 €<br />
MATILDA<br />
SCHWÄRMT<br />
FÜR BIENEN<br />
Von Susanne Köhler<br />
Mit Illustrationen von<br />
Alina Fabri<br />
Matilda findet eine fast<br />
leblose Biene und kümmert<br />
sich um sie. Dabei lernt sie eine freundliche<br />
Polizistin, einen Imker und Milan kennen, der<br />
ihr das faszinierende Bienenvolk ein bisschen näher<br />
bringt.<br />
ISBN 978-3-948496-05-0<br />
40 Seiten · 9,90 €<br />
Märchenerzähler bezaubern Sie mit einer unserer Geschichtensammlungen<br />
SAUERLÄNDER<br />
MÄRCHENSTUNDE<br />
Von Michael Martin<br />
Spaßmärchen & Lügengeschichten aus dem<br />
Land der 1000 Berge<br />
Haarsträubend unterhaltsam sind die Märchen<br />
und Lügensagen, die Michael Martin da zusammengetragen<br />
hat. Allerbeste Unterhaltung zum<br />
Lesen und Vorlesen!<br />
ISBN 978-3-9453681-30-7<br />
158 Seiten · 18,90 €<br />
SAUERLÄNDER<br />
SAGENSCHÄTZE<br />
Die schönsten Sagen aus dem<br />
Land der tausend Berge<br />
Von Michael Martin und Karin<br />
Hessmann<br />
Michael Martin hat sich die<br />
„Sauerländer Sagenschätze“<br />
erzählen lassen und einige der<br />
schönsten Sagen hat die Fotografin Karin Hessmann<br />
an vielen Originalschauplätzen neu in Szene<br />
gesetzt.<br />
ISBN 978-3-9453681-74-1<br />
184 Seiten · 19,90 €<br />
WEIHNACHTSGE-<br />
SCHICHTEN AUS<br />
DEM SAUERLAND<br />
Von Sabine Stracke<br />
Weihnachten und die langen<br />
<strong>Winter</strong>abende waren stets eine<br />
Zeit des Vorlesens. Wie wäre es<br />
mit den „Weihnachtsgeschichten<br />
aus dem Sauerland“?<br />
ISBN 9783943681-58-1<br />
144 Seiten · 14,90 €<br />
Erinnerungssammler reißen Sie mit diesen Büchern in den Bann<br />
DIE KATHOLISCHE<br />
MUTTER<br />
Glaube. Heimat. Liebe. Aus Tagebüchern<br />
und Briefen 1935-<br />
2005<br />
Von Christoph Wagener<br />
Ihr Sohn Christoph Wagener<br />
hat jetzt einen wichtigen Abschnitt<br />
des Lebens seiner Mutter<br />
Josefine Zeppenfeld (1913 in Attendorn<br />
geboren) in der bebilderten Biografie „Die katholische<br />
Mutter“ festgehalten – ein bewegendes<br />
und lehrreiches Stück Zeitgeschichte.<br />
ISBN 978-3-948496-13-5<br />
192 Seiten · 14,90 €<br />
HERZKARTOFFEL<br />
Von Hellmut Lemmer<br />
Das neue Schuljahr beginnt. Die Kinder suchen<br />
sich einen Weg, in diesem Nachkriegsleben zurechtzukommen.<br />
Immer noch gibt es Alt-Nazis,<br />
traumatisierte Kriegsheimkehrer, britische Besatzungstruppen.<br />
Es gibt Vorurteile und Verbohrtheit,<br />
aber auch hoffnungsvollen Neuanfang, Lebensfreude<br />
und Hilfsbereitschaft. .<br />
ISBN 978-3-943681-91-8<br />
232 Seiten · 14,90 €<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 83 87
Geschenkideen<br />
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88 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020<br />
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Gültig bis 31.01.2021<br />
Solange der Vorrat reicht.
Erinnerungen an einen berühmten Gevelinghauser<br />
Das bewegte Leben des Karl von Wendt<br />
Monika Loerchner<br />
Bernhard Vorderwülbecke & Dennis Sterr<br />
M<br />
it 24 Jahren hatte er<br />
alles – mit 48 fast nichts<br />
mehr: Karl von Wendt<br />
führte ein Ausnahmeleben, das deutliche<br />
Spuren im Sauerland hinterlassen<br />
hat. Die Geschichte eines Mannes,<br />
der stets nach dem Außergewöhnlichen<br />
strebte.<br />
Mächtiges Erbe<br />
Karl von Wendt war der Sohn Carl Freiherr<br />
von Wendt-Papenhausens. Conrad<br />
Freiherr von Wendt, Mitbegründer des<br />
Josefsheims, war sein Großvater und<br />
zudem der Schwager des bekannten Kardinals<br />
Clemens August Graf von Galen.<br />
Als Karl von Wendts Vater im Zweiten<br />
Weltkrieg in Russland fiel, hinterließ er<br />
seinem Sohn ausgedehnte Güter in Gevelinghausen,<br />
Wiggeringhausen und das<br />
Namensgut Papenhausen bei Lemgo.<br />
1961 dann trat Karl das Erbe seines<br />
Vaters an. „Damals hatte er vier Millionen<br />
Mark auf der Bank“, erinnert<br />
sich Bernhard Vorderwülbecke. Der<br />
Gevelinghauser Ortsheimatpfleger<br />
kannte den gelernten Wald- und Forstwirt<br />
persönlich. Und erinnert sich noch<br />
an den Eklat, den es gab, als von Wendt<br />
eine Bürgerliche heiratete. „Er hatte seine<br />
Hilke während seiner Stationierung<br />
in Lippstadt in einer Bar kennengelernt.“<br />
Gemeinsam bekam das Paar drei<br />
Kinder. Sein Sohn, der Unternehmer<br />
Karl-Ludwig Max Hans Freiherr von<br />
Wendt, ist heute vielen als Schriftsteller<br />
bekannt; als Hommage an seine Heimat<br />
wählte er als Pseudonym den Namen<br />
„Karl Olsberg“.<br />
Große Pläne waren sein<br />
Markenzeichen<br />
In Gevelinghausen bepflanzte von<br />
Wendt 1961 die alte Josefsallee mit<br />
Rhododendronsträuchern. Im dortigen<br />
Wald ließ er auf einer Lichtung einen<br />
Gedenkstein zu Ehren seins Vaters und<br />
Schwiegervaters errichten; auch wollte er<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 89
Macht`s euch schön!<br />
Die gerade eröffnete Wildwasserbahn<br />
dort selbst einmal beigesetzt werden,<br />
bekam aber keine Genehmigung<br />
dafür.<br />
‚Ach, ich habe doch in Schüren ein<br />
Flugzeug – ich fliege los und hole<br />
ihn!‘, und so geschah es dann auch.“<br />
Bodenbeläge<br />
Wandgestaltung<br />
Sonnenschutz<br />
Malerarbeiten<br />
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Im Alter von 30 Jahren ließ Karl<br />
von Wendt 1967 einen Schlepplift in<br />
Wasserfall errichten. 1972 baute er<br />
dort zwei Sommerrodelbahnen und<br />
ein Feriencamp und schließlich Fort<br />
Fun. Doch wie kam er auf die Idee,<br />
ausgerechnet im Hochsauerland einen<br />
Freizeitpark zu errichten? Dennis<br />
Sterr vom Fort-Fun-Club kennt die<br />
Antwort: „Damals herrschte hier eine<br />
hohe Arbeitslosigkeit.“ Zudem wurden<br />
immer mehr Kumpels aus dem<br />
Erzbergwerk Ramsbeck entlassen, bevor<br />
der Betrieb 1974 ganz eingestellt<br />
wurde. „Karl von Wendt wollte den<br />
Menschen der Region Arbeit geben.“<br />
Großzügig und sorglos<br />
„Geld spielte für ihn nie eine Rolle.“<br />
Ortsheimatspfleger Vorderwülbecke<br />
erinnert sich an viele Begebenheiten:<br />
„Einmal sollte Bundespräsident Karl<br />
Carstens in Olsberg sprechen. Doch<br />
wegen Glatteis kam er nicht aus Saarbrücken<br />
weg. Da sagte von Wendt:<br />
Überall war der Millionär als großzügiger<br />
Mensch bekannt. „Der hat den<br />
Vereinen immer Geld gegeben. Oft<br />
sogar mehr, als sie angefragt hatten.“<br />
Auch den Einheimischen gegenüber<br />
zeigte sich von Wendt großzügig und<br />
verkaufte vielen Baugrundstücke zum<br />
Vorzugspreis.<br />
Immer etwas Neues<br />
Karl von Wendt segelte gern und<br />
begründete er auf den Elpewiesen<br />
ein jährliches Reitturnier, zu dem die<br />
gesamte damalige Reiterelite Deutschlands<br />
kam. Seine größte Leidenschaft<br />
aber war der Motorsport, dem er von<br />
1959 bis 1971 frönte. Er fuhr alles -<br />
von Kart bis hin zur Formel 3. 1966<br />
erreichte er als Fahrer den zweiten Platz<br />
der Nationalwertung, 1967 wurde er<br />
mit Porsche Europameister, besaß später<br />
einen eigenen Rennstall (German<br />
BG Racing) und initiierte das Nuttlarer<br />
Bergrennen.
Sein ehrgeizigstes Projekt war wohl der<br />
Bau des Sauerlandringes. Er lud sogar<br />
Helmut Schmidt, damals Fraktionsvorsitzende<br />
der SPD, und seine Loki<br />
ein, sich den Plan für die Rennstrecke<br />
anzusehen. Doch die Genehmigung<br />
zum Bau wurde ihm vom Ministerpräsidenten<br />
von NRW verweigert. Da die<br />
nächste Autobahnabfahrt damals Soest-<br />
Ost war, hatte der Sorge, dass es zu<br />
Staus bis Dortmund kommen würde.<br />
Danach beendete von Wendt seine<br />
Motorsportkarriere. Seine Ehe scheiterte<br />
und er verlor immer mehr Geld.<br />
1985 musste er Fort Fun sowie Schloss<br />
Gevelinghausen, das seit 1796 im Familienbesitz<br />
war, verkaufen. Der übrige<br />
Landbesitz ging an Fabrikant Heinz<br />
Kettler und Karl von Wendt kehrte<br />
Deutschland den Rücken.<br />
Die damals neue Westernstadt<br />
Ein letztes Mal…<br />
Vor seinem Tod ließ von Wendt noch<br />
einmal seinen alten Traum aufleben:<br />
Er tauschte ein geerbtes Stück Buschland<br />
in Kanada mit der Regierung<br />
gegen ein Grundstück an der US-amerikanischen<br />
Grenze und errichtete dort<br />
einen kleinen Freizeitpark. Karl von<br />
Wendt bewegtes Leben endete am 6.<br />
Februar 2006. ■<br />
Karl von Wendt bei der Vorstellung seiner Rennstreckenpläne<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 91
Anzeige<br />
Was für ein Jahr - 2020<br />
N<br />
ach dem leider viel zu frühen Tod des Kollegen<br />
Christof Volmert haben wir 2019 dessen Buchhandlung<br />
nahe des Brückencenters in Arnsberg<br />
übernommen. In unserem Team durften wir seine langjährige<br />
Mitarbeiterin Julia Marx begrüßen. Gemeinsam mit<br />
Ivonne Durand – die bis dahin in unserem Geschäft in Meschede<br />
tätig war – haben wir die Kundinnen und Kunden<br />
der ehemaligen CAB-Buchhandlung mit unserem ausgesuchten<br />
Sortiment überzeugt, der Buchhandlung in<br />
Arnsberg auch weiterhin die Treue zu halten.<br />
Das Jahr 2020 begann wie jedes Jahr - ruhig. Aber<br />
dann kam alles anderes. Mit Corona kam es zu weitreichenden<br />
Einschränkungen und Mitte März sogar<br />
zum Lockdown.<br />
Zum Glück verfügt WortReich – Lesen und mehr –<br />
über einen Onlineshop. Die Bestellungen können nach<br />
Hause geschickt oder in „ihrer“ Filiale abgeholt werden. In<br />
Meschede, Schmallenberg und Arnsberg gibt es Abholstationen,<br />
an denen die Kunden mit Nachschub versorgt werden<br />
können. Außerdem bieten wir einen Lieferservice an und sind<br />
auch beratend am Telefon da.<br />
Wir haben festgestellt, dass der Zusammenhalt hier in der Region<br />
groß ist. Dieser Vorteil trägt dazu bei, dass eben nicht alle<br />
im Internet kaufen, sondern sich darauf besinnen, was man<br />
alles regional und lokal bekommen kann.<br />
Für möchten uns bei unseren Stammkundinnen und –kunden<br />
für die Treue während dieser für uns alle nicht einfachen Zeit<br />
bedanken. Durch das Einkaufen in der Region und lokal<br />
– egal ob für den täglichen Bedarf oder durch Gutscheine -<br />
ermöglichen Sie es, dass hoffentlich viele kleine und etwas<br />
größere Geschäfte, Restaurants und Hotels im Sauerland eine<br />
Chance haben, diese Krise durchzustehen.<br />
Danke auch an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
die in dieser Zeit immer ihr Bestmöglichstes gegeben haben,<br />
um die Betriebe aufrecht zu erhalten, den Kundinnen und<br />
Kunden, egal ob langjähriger Stammkunde oder Tourist,<br />
Wünsche zu erfüllen und in unseren Buchhandlungen für eine<br />
schöne Atmosphäre sorgen. Deshalb nun noch ein Wunsch<br />
für das neue Jahr<br />
2021: Mögen alle gut<br />
durch diese schwierige<br />
Zeit kommen und es im<br />
kommenden Jahr wieder<br />
ein gemeinsames Feiern und<br />
Freuen geben. Es wäre wünschenswert,<br />
wenn alles, was der eine oder andere an Werten neu oder<br />
wiederentdeckt hat, auch in Zukunft Bestand hat, so dass wir<br />
gestärkt aus dieser Krise gehen.<br />
Bleiben Sie gesund - das wünschen Ihnen<br />
Ihre Teams von WortReich – Lesen und mehr<br />
In Meschede, Schmallenberg und Arnsberg<br />
Ihre Katrin Föster ■<br />
Meschede<br />
Rebell 2a<br />
Tel: 0291 908 35 53<br />
Fax: 0291 908 35 54<br />
Arnsberg<br />
Clemens-August-Straße 5<br />
Tel: 02931 3800<br />
Schmallenberg<br />
Oststraße 4<br />
Online Bestellungen unter www.wortreich-meschede.de<br />
Tel: 02972 5157<br />
92 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Unterwasserwelt im Sorpesee<br />
Schwerelosigkeit und Farbenrausch für Taucher<br />
Britta Melgert<br />
Frank Ullrichskötter<br />
S<br />
tellen Sie sich vor, liebe Leser, Sie stehen am Ufer eines Sees, beispielsweise des Sorpesees. Ihre Kleidung fällt auf,<br />
denn Sie tragen einen Neoprenanzug, Flossen und eine Tauchermaske. Ein ungewohntes Gefühl - gleichzeitig pocht<br />
Ihr Herz wild und aufgeregt. Heute ist der Tag, auf den Sie sich schon lange gefreut haben, denn zum allerersten<br />
Mal geht es tief unter die Wasseroberfläche. Nach dem Erlernen der Theorie und einem Übungswochenende im Pool steht<br />
Ihr erster Tauchgang im „Open Water“ an!<br />
Die Pressluft in der Flasche auf Ihrem Rücken wird für Ihre<br />
ersten 45 Tauchminuten ausreichend sein, haben Sie erfahren.<br />
Man hat Ihnen prophezeit, dass Sie geflasht sein werden von<br />
dem, was Sie sehen und erleben werden, und sie können es<br />
kaum erwarten, endlich das „Go“ vom Tauchlehrer zu hören.<br />
Kein Vergleich zu den Erwartungen<br />
Meter für Meter geht es tiefer in diese ganz andere Welt. Sie<br />
haben sich vorab Bilder und Videos davon angesehen, aber das<br />
war in keinster Weise ein Vergleich zu dem, was Sie hier nun<br />
live erwartet. Natürlich haben Sie als Kind mal geschnorchelt<br />
und dabei vielleicht zwei Meter hinabgeblickt; mit Glück<br />
dabei ein paar Fischlein umherschwimmen gesehen. Wenn Sie<br />
nur geahnt hätten, was irgendwann, viel tiefer, noch auf Sie<br />
zukommen würde!<br />
Ein fetter Hecht, der direkt in Ihre Richtung schwimmt, zum<br />
Beispiel. Und dort rechts die beiden bunten Flussbarsche!<br />
Spontan bedauern Sie, Ihre Kamera nicht parat zu haben, um<br />
diesen Augenblick im Foto festzuhalten, doch schon wird Ihre<br />
Aufmerksamkeit auf die sich im Wasser hin und her bewegenden<br />
Pflanzen gerichtet. Ihr Tauchlehrer hatte im Theorieunterricht<br />
gesagt, dass deren Vorhandensein und ihre Vielfalt<br />
ein Zeichen für die gute Wasserqualität seien. Die Theorie ist<br />
die eine Sache, aber die Realität haut sie fast um. Nur gut, dass<br />
Sie in der Gruppe hier unten sind und sich nachher über das<br />
Erlebte austauschen können!<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 93
„Immer wieder anders – immer spannend“<br />
„Genau DAS erleben wir immer wieder mit unseren Schülern“,<br />
erzählt Tauchlehrer Matthias Richter. Als Inhaber der<br />
Tauchschule Sauerland ist er hier an vier Stand-, nein Tauchorten<br />
tätig. Sein eigenes erstes Taucherlebnis liegt bereits rund<br />
30 Jahre zurück, aber er kann sich noch gut an die damaligen<br />
Emotionen erinnern. „Diese Faszination hört niemals auf“,<br />
verrät er. „Jeder Tauchgang, egal ob irgendwo in den Seen und<br />
Meeren der Welt oder hier zuhause in den bekannten Gewässern,<br />
ist immer wieder anders, daher bleibt es spannend.“<br />
Eine Welt in Blau und Grün<br />
Richter schmunzelt, wenn er über Menschen berichtet, die<br />
seine Leidenschaft nicht verstehen können und ihn beim<br />
Blick von oben auf den Sorpesee fragen, was er „in dieser<br />
Plürre“ denn wolle. Klar, hier hatten vor rund 100 Jahren ein<br />
paar Häuser gestanden, aber die wurden noch vor der ersten<br />
Flutung abgerissen. Versunkene Schiffe mit Piratenschätzen<br />
– ebenfalls Fehlanzeige! „All das braucht man nicht, wenn<br />
man erfüllt wird vom Farbenrausch. Das von der Oberfläche<br />
eindringende Licht verzaubert das Wasser in eine Welt in Blau<br />
und Grün. Die große Vielfalt an Lebewesen, die dort unten<br />
anzutreffen sind, ist bemerkenswert. Hechte, Seeforellen, Aale,<br />
Krebse, Rotaugen, Süßwassergarnelen und noch vieles mehr<br />
sind dort unten zu beobachten. Wer Glück hat, begegnet sogar<br />
den wenigen, im See lebenden Wasserschildkröten, oder man<br />
findet sich mitten in einem Schwarm aus Jungfischen wieder.<br />
Und live dabei zu sein, wenn in der Dämmerung die großen<br />
Barsche Jagd auf kleinere Fische machen – das sind immer<br />
wieder sehr beeindruckende Erlebnisse.“<br />
Sommer- und <strong>Winter</strong>tauchplatz<br />
Zwei ganz unterschiedliche Tauchgebiete befinden sich an der<br />
westlichen Seite des Sorpesees: In einer rund 27 Meter tiefen,<br />
durch Bojen abgegrenzten Bucht werden die Taucher für die<br />
Dauer der Sommermonate vor Booten und Surfern geschützt.<br />
<strong>Winter</strong>tags wird das Areal im Bereich eines alten Steinbruches<br />
zum Tauchen freigegeben. Es gilt als einer der schönsten<br />
Tauchplätze in Deutschland und ist mit seinen 36 Metern<br />
Tiefe zum Eldorado für Taucher aus Nah und Fern geworden.<br />
Schwerelos und unbekümmert dahinschweben<br />
Das eigentliche Highlight aber, das mit dem Tauchen verbunden<br />
ist, kommt auf all das Genannte noch obendrauf:<br />
„Die Schwerelosigkeit! Nirgends sonst auf der Welt kann man<br />
Vergleichbares erleben wie im Wasser“, schwärmt Matthias<br />
Richter. „Sich ohne Erdanziehungskraft in alle Richtungen<br />
bewegen, sich treiben lassen, keine Widerstände überwinden<br />
94 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
müssen … nach diesem Gefühl wird man süchtig“, weiß er.<br />
Der Spruch vom Wohlfühlen wie ein Fisch im Wasser kommt<br />
einem in den Sinn. „Genau“, so Richter, „unten im Wasser<br />
wird man leicht und beweglich. Gesundheitliche<br />
Beeinträchtigungen, wie beispielsweise Gelenkschmerzen,<br />
sind wie weggeweht. Und selbst der<br />
größte Alltagsstress verblasst im schwerelosen<br />
Zustand innerhalb kurzer Zeit.“<br />
Wenn Sie nun, liebe Leser, nach Ihrem ersten<br />
Tauchgang wieder an Land kommen, werden Sie<br />
vermutlich aus dem Erzählen nicht mehr herauskommen.<br />
Vollgepumpt mit Adrenalin werden<br />
Sie noch tagelang an Ihr wunderbares Erlebnis<br />
denken und auf den nächsten Tauchgang<br />
hinfiebern.<br />
Die Frage „Warum hab ich das nicht schon<br />
viel früher angefangen“ stellt sich fast jeder<br />
Anfänger, weiß Richter. „Das Gute ist“, so der<br />
Tauchlehrer, „dass es für diese Sportart kaum ein<br />
Höchstalter gibt. Wer sich wohlfühlt und die Regeln<br />
einhält, darf sein Hobby Tauchen lange ausüben,<br />
Adrenalinschub und Herzklopfen inklusive!“ ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 95
Bildquelle: Landesarchiv NRW<br />
Schlacht bei Bredelar im Jahre 1761<br />
Als die Franzosen aus Westfalen vertrieben wurden<br />
Britta Melgert<br />
Als im Jahre 1932 die alte Straße zwischen Bredelar und Giershagen verbreitert werden sollte, stieß man auf einen<br />
grausigen Fund. Auf Höhe der Diemel kamen Gräber zum Vorschein, immer mehr. Schnell war klar: Es musste<br />
sich um französische Soldaten handeln, die im Siebenjährigen Krieg ihr Leben einbüßen mussten.<br />
Kramen wir doch mal unser verstaubtes Schulwissen hervor!<br />
Siebenjähriger Krieg – 1756 bis 1763 - im Prinzip der erste<br />
Weltkrieg überhaupt - oder mehrere Kriege gleichzeitig, wie<br />
man es nimmt. In Europa kämpften im Gebiet des Heiligen<br />
Römischen Reiches die Preußen quasi allein gegen alle anderen<br />
Großmächte; Großbritannien/Kurhannover, die österreichische<br />
Habsburg-Monarchie, Frankreich, Russland. Es ging<br />
um Territorien, um Macht und um die Ehre. Hart gekämpft<br />
wurde seinerzeit auch hier bei uns im damaligen “Herzogtum<br />
Westpfahlen“.<br />
Bredelarer Kloster im Zentrum der Gefechte<br />
August 1761: Aus allen Richtungen kommend waren feindliche<br />
Truppen, u. a. ein französisches Corps in den Großraum<br />
„Stadtbergen“ (heute Marsberg) weitergezogen.<br />
In den Morgenstunden des 5. August 1761 kam es dann in<br />
Bredelar, u. a. direkt vor dem dortigen Zisterzienserkloster, zu<br />
ersten Kämpfen gegen die Preußen. Dieses führte zu erheblichen<br />
Zerstörungen des Klostergebäudes. Nicht ganz unbeteiligt<br />
am Geschehen scheint ein militärliebender Mönch<br />
96 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
gewesen zu sein, dem man nachsagt, als „Sympathisant“ der<br />
Franzosen zum Geheimnisrisiko geworden zu sein.<br />
Das Massaker an der Diemel<br />
Im Verlauf der Schlacht verlagerte sich das Geschehen in<br />
Richtung Giershagen, früher Upsprunge, wo es im Areal der<br />
Diemel zur preußischen Überlegenheit kam. Alten Unterlagen<br />
ist zu entnehmen, dass es den französischen Truppen<br />
an Munition mangelte, sodass diese den Rückzug antraten.<br />
Massive Verluste: Rund 350 gefallene Soldaten waren seinerzeit<br />
durch Kriegsberichterstatter erwähnt worden.<br />
Alles hat zwei Seiten<br />
Dass sich ein Ereignis stets von zwei Seiten betrachten lässt,<br />
beweist hier sehr schön die Berichterstattung auf französischer<br />
Seite. Dort ist unter dem Stichwort „Affaire de<br />
Bredelar“ zu lesen, dass das französische Bataillon heldenhaft<br />
„oberhalb einer Anhöhe (Berg Orthelle) oberhalb der<br />
(Diemel-)Brücke“ kämpfte. Verbündete Schweizer Brigaden<br />
desselben Regiments kämpften zunächst im Tal gegen die<br />
Preußen, wurden aber aufgefordert, sich zurückzuziehen, um<br />
nicht von den verbündeten Soldaten getroffen zu werden.<br />
So wurde dann der geschickte Schachzug des Rückzuges<br />
erklärt.<br />
Die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Das, was<br />
uns heute zu dieser Auseinandersetzung außer den Kriegsberichten<br />
noch vorliegt, sind ein alter Kupferstich und militärische<br />
Karten, die eher von Erinnerungen als von Tatsachen<br />
geprägt sind. Da wird aus dem Fluss Hoppecke schon mal<br />
die Diemel, die Klosterkirche trägt zwei Türme statt nur<br />
einen und die Lage der Orte ist nicht immer stimmig. Fakt<br />
ist jedoch, dass die Upsprunger Kluskirche, die sich im<br />
Bereich der damaligen Kampfhandlungen befindet, stark<br />
in Mitleidenschaft gezogen wurde; ihr fehlte danach der<br />
komplette Turm.<br />
Bredelarer Klosterschützen erinnern an 1761<br />
In Anlehnung an die Kämpfe in und um Bredelar haben<br />
sich vor einigen Jahren junge Männer zu den Klosterschützen<br />
als Unterabteilung der Bredelarer Bürgerschützen<br />
zusammengefunden. In ihren, den preußischen Originalen<br />
nachempfundenen Uniformen, werten Sie den Schützenzug<br />
optisch auf, und sie erinnern Jahr für Jahr mit Böllerschüssen<br />
von der Orthelle an die Geschehnisse von damals. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 97
„Im Handwerk kommt<br />
man aus dem Staunen<br />
nicht heraus“<br />
Sauerländer LEUTE –<br />
Der MENSCH dahinter<br />
Meinolf Niemand:<br />
Hauptgeschäftsführer der<br />
Handwerkskammer mit viel Herzblut<br />
Dirk Bannenberg & Paul Senske<br />
Tom Linke<br />
„M<br />
ich erfüllt es mit Stolz rund 12.000 Betriebe vertreten zu dürfen.“ Meinolf Niemand ist Hauptgeschäftsführer<br />
der Handwerkskammer Südwestfalen mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und<br />
das aus „voller Überzeugung und mit viel Herzblut“. Das Handwerk in der Region fasziniert den Juristen<br />
aus Neheim-Bergheim, weil es „leistungsstark, innovativ und sympathisch ist“. Als große Herausforderungen der<br />
kommenden Jahre sieht Niemand den Fachkräftemangel, den Bürokratieabbau, die Digitalisierung sowie die „brandaktuelle“<br />
Nachfolge-Problematik der Betriebe.<br />
98 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020<br />
Lesen Sie weiter aus Seite 100
Ein <strong>Winter</strong>tag<br />
Robert Dröge<br />
Wer kennt nicht aus Kindertagen<br />
im <strong>Winter</strong> noch die „Schlünderbahnen“?<br />
Etwas Schnee auf glattem Boden,<br />
ein kurzer Anlauf, glatte Sohlen.<br />
Dabei das Gleichgewicht behalten,<br />
die Rutschbahn länger dann gestalten.<br />
Ja, das „Schlündern“ machte Spaß,<br />
wurd´ auch mancher Hosenboden nass.<br />
Schlittenfahren, Schneemann bauen,<br />
lieber Gott, lass es nicht tauen.<br />
Durchgefroren, doch gesund.<br />
Husten, Schnupfen war kein Grund,<br />
im Haus zu bleiben, sich kurieren;<br />
lieber draußen etwas frieren.<br />
Denn bergauf beim Schlittenziehen,<br />
ist die Kälte nicht zu spüren.<br />
Runter geht es dann sehr schnell.<br />
Einmal noch, es ist noch hell.<br />
Ein letztes Mal, dann geht´s nach Haus.<br />
Ein schöner <strong>Winter</strong>tag klingt aus.<br />
Ja, die schöne <strong>Winter</strong>-Kinderzeit<br />
liegt für viele ach so weit.<br />
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Ein ungehobener<br />
Schatz im Upland<br />
Gisela Wilms<br />
Iris Boening<br />
Das 260-Seelen-Dorf Stormbruch liegt im Naturpark<br />
Diemelsee. Vor fast 970 Jahren wurde es<br />
unter dem Namen „Sturibrock“ zum ersten Mal<br />
urkundlich erwähnt. Der kleine Ort liegt eingebettet zwischen<br />
Wäldern und der nahe gelegenen Diemeltalsperre.<br />
Stormbruch ist neben der landschaftlich reizvollen Lage<br />
wegen einer Person bekannt: Die Biathletin Carolin Hennecke<br />
wurde dort geboren und machte im nahen Willingen<br />
ihre ersten Schritte auf Skiern. Carolin war national und<br />
international erfolgreich und wurde in einem Atemzug<br />
mit Magdalena Neuner und Kathrin Hitzer genannt.<br />
2013 trat sie vom Leistungssport zurück.<br />
In und um Stormbruch herum gibt es wunderschöne Wanderwege,<br />
die einladen, Energie zu tanken oder einfach nur<br />
die frische Luft in beeindruckender Natur zu genießen. Vor<br />
allem Gäste aus dem Ruhrgebiet nutzen diese Gelegenheit<br />
schon seit Jahren. „Raus aus dem Pott, rein in die Natur“<br />
hieß damals die Devise. Die Nähe zum Diemelsee ist im<br />
Sommer ebenso attraktiv wie die im <strong>Winter</strong> zu Willingen.<br />
Hier schwimmen oder Boot fahren, dort Ski, Schlittschuh<br />
laufen und rodeln. Auch das Radfahren erfreut sich<br />
wachsender Beliebtheit, der das gut ausgebaute Wegenetz<br />
Rechnung trägt. Nach den anstrengenden Aktivitäten<br />
kehrt man in das idyllische Stormbruch zurück und füllt<br />
116 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
“Wir haben einen Schatz,<br />
der wieder ans Tageslicht<br />
gebracht werden müsste.”<br />
- Bernd Menzel<br />
dort die Kraftreserven wieder auf. Eine ideale Kombination<br />
von sportlicher Betätigung und Ruhe.<br />
Leider hat heute, wie überall in den kleinen Regionen,<br />
der Tourismus abgenommen. Billigflüge in andere Länder<br />
haben ihren Teil dazu beigetragen. Dennoch findet man in<br />
Stormbruch nach wie vor Übernachtungsmöglichkei ten.<br />
(Ein Blick ins Internet lohnt sich hier!)<br />
Ideen mit Potential<br />
Generell ist das Vereinsleben in dem kleinen Dorf sehr<br />
rege. Trotz oder vielleicht gerade wegen der Tatsache, dass<br />
sich viele Einheimische tagsüber kaum noch sehen. Damals<br />
traf man sich bei der Feldarbeit, arbeitete bei den Schreinern<br />
vor Ort oder hielt ein Schwätzchen in den kleinen<br />
Geschäften. Heute fahren täglich ungefähr 90 Autos raus in<br />
die umliegenden kleinen Städte, wo die Menschen Arbeit<br />
gefunden haben. Nach Brilon, Hoppecke, Willingen und<br />
Korbach führen die Wege in Fabriken, Krankenhäuser oder<br />
in die Gastronomie.<br />
Eine Entwicklung, die der Ortsvorsteher Bernd Menzel mit<br />
Sorge betrachtet. „Kleine Dörfer werden bei notwendigen,<br />
zukunftsträchtigen Maßnahmen oft übersehen, was alleine<br />
schon an dem langsamen Internet deutlich wird. Es ist<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 117
Ortsvorsteher BerndMenzel<br />
Gemälde von Werner Moog<br />
zwar schneller als vor einiger Zeit, aber kein Vergleich mit<br />
der Leistung, die in der Stadt abzurufen ist“, kritisiert er<br />
und beklagt einen weiteren Trend: „Heutzutage verlassen<br />
die Kinder nach der Schule bzw. Ausbildung ihre Heimat,<br />
da sie bei uns für sich keine Zukunft sehen. Das ist einerseits<br />
natürlich verständlich, andererseits jedoch auch sehr<br />
traurig.“ Was wünscht er sich für seinen Ort? Die Antwort<br />
kommt prompt: „Starke Investoren, die das Potential<br />
Stormbruchs erkennen. Wir haben mit unserer Natur<br />
und somit den Erholungsmöglichkeiten einen Schatz, der<br />
wieder ans Tageslicht gebracht werden müsste.<br />
Vielleicht besinnen sich die Menschen nach der Corona-Krise<br />
darauf, dass Urlaub in Regionen Deutschlands<br />
eine erholsame und auch preiswerte Alternative bietet.“<br />
Darüber hinaus kann er sich ein Haus für altersgerechtes<br />
Wohnen vorstellen. „Platz hätten wir dafür, Bedarf auch.<br />
Denn, wie gesagt, oft kommen die Kinder nicht mehr<br />
nach Hause zurück und können sich deshalb nicht um<br />
ihre Eltern kümmern. Es fehlt jedoch eine Person, die das<br />
Geld in die Hand nimmt und so ein Projekt stemmen<br />
möchte.“ ■<br />
118 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 119
SHOWTIME<br />
IN SICHTIGVOR<br />
Majoretten und Cheerleader auf<br />
dem Weg zur Deutschen<br />
Meisterschaft<br />
Britta Melgert<br />
Marc Niemeyer<br />
120 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
S<br />
tellen Sie sich vor: Junge Mädchen bewegen sich<br />
rhythmisch auf Sie zu. Alle tragen das gleiche Kostüm<br />
und wirbeln einen Metallstab um sich herum.<br />
Und Sie fragen sich: Wo bin ich hier gelandet?<br />
Es ist Dienstagabend in Sichtigvor. Das ist im Haus Teiplaß<br />
einer der Abende der Twirling-Gruppen. Heute wird geübt,<br />
verbessert und perfektioniert. Und weil bekannt war, dass<br />
<strong>WOLL</strong> hinzukommt, haben 20 Mädchen im Alter von 9<br />
bis 21 Jahren unruhig geschlafen und dann lange vor dem<br />
Spiegel gestanden. Doch nun sitzt die Dutt-Frisur, und die<br />
frisch gewaschenen Kleider wollen im Licht glänzen. Jedes<br />
Mädchen kennt ihre Anfangsposition in der Gruppe. Die<br />
Musik startet. It’s Showtime…<br />
2011 ging’s los<br />
Christiane Osterhaus-Henke ist ein alter Hase im Twirling-<br />
Sport. Bereits vor 27 Jahren hat sie damit im Nachbarort<br />
begonnen. „Als der dortige Verein aufgelöst wurde, haben<br />
wir hier in Sichtigvor einen neuen gegründet, damit uns<br />
dieses schöne Hobby nicht verloren geht“, er innert sie sich.<br />
Zehn Jahre ist das fast her. Inzwischen ist sie die Trainerin<br />
und zugleich Vereinsvorsitzende. Auch ihr Ehemann Sven<br />
engagiert sich stark für den Verein, nicht nur als 2. Vorsitzender,<br />
sondern auch als DJ an der Musikanlage.<br />
Majoretten und Cheerleader<br />
Aus den Lautsprechern klingt rhythmische Popmusik, und<br />
die Mädchen bilden als Majoretten mal Kreise, mal Reihen,<br />
mal ein V, mal eine Mühle oder - ganz schwierig - einen<br />
Korkenzieher. Die Schritte sitzen, aber das allein reicht nicht.<br />
Der silbrige Stab, man nennt ihn Baton, muss synchron in<br />
der Hand herumwirbeln und gleichzeitig soll das schönste<br />
Lächeln gezeigt werden. Man merkt es deutlich: Twirling<br />
kommt ur sprünglich aus den USA! Eine zweite Gruppe,<br />
die der jüngeren Mädchen, übt derweil als Cheerleader<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 121
neue Hebefi gu ren ein. Lila Pompons<br />
an beiden Hän den unterstützen ihre<br />
Bewegungen optisch und zaubern dekorative<br />
Standbilder.<br />
Pia und Lina - die amtierenden<br />
Deutschen Meisterinnen<br />
Das große Ziel der Mädchen ist in<br />
jedem Jahr die Deutsche Meisterschaft.<br />
Und tatsächlich haben wir hier mit Pia<br />
Fortmann und Lina Fahle die amtierenden<br />
Titelträgerinnen im Majoretten-<br />
Duo vor uns. Dieser Sieg spornt alle an,<br />
zumal im nächsten Herbst die Wettbewerbe<br />
zur Deutschen Meisterschaft<br />
in <strong>Warstein</strong> stattfinden sollen. „Das ist<br />
schon etwas Besonderes und auch eine<br />
Anerkennung unseres 10-jährigen Jubiläums“,<br />
freut sich die Trainerin.<br />
Zum Jubiläum die Deutsche<br />
Meisterschaft nach <strong>Warstein</strong> geholt<br />
Und so geben die Mädchen und jungen<br />
Frauen ihr Bestes. Während es bei den<br />
jüngeren wie Lea, Elona, Emilia, Leyla,<br />
Joy, Samanta, Angelina, Pia, Lakisha,<br />
Mila und Zoé noch um Grundschritte,<br />
Figuren und Spaß geht, wird von<br />
den „Senioren“ ab 14 Jahren, nämlich<br />
bei Svenja, die auch als Co-Trainerin<br />
fungiert, Pia, Lina, Michelle, Carmen,<br />
Anna, Denise, Geraldine und Julia Leistung<br />
auf höchstem Niveau erwartet.<br />
Traditionen bewahren<br />
mit Marschmusik<br />
Inzwischen klingen andere Töne durch<br />
die Halle: Marschmusik. „Das ist der<br />
Ursprung des Twirling-Sports“, erklärt<br />
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Christiane Osterhaus-Henke. „Typisch<br />
für die Majoretten war die Teilnahme<br />
an Umzügen - hierzulande beispielsweise<br />
im Karneval oder beim Schützenfest.<br />
Insofern gibt es bei den Meisterschaften<br />
eine eigene Kategorie für traditionelle<br />
Märsche“.<br />
Aber auch Schlagermusik, Hip-Hop<br />
oder Musik aus den Charts sind Grundlage<br />
des Wettbewerbs. „Hauptsache<br />
peppig“, wirft Sven Osterhaus ein.<br />
Nachwuchs und Unterstützer gesucht<br />
Die Meisterschaft im hiesigen Raum<br />
wird unweigerlich Interessierte anlocken,<br />
die den Verein als aktive Sportlerinnen<br />
oder auch passiv unterstützen möchten.<br />
„Ohne Ehrenamt und Spenden kämen<br />
wir hier nicht über die Runden, obwohl<br />
wir durch die Stadt <strong>Warstein</strong> sehr fair<br />
gefördert werden“, so Osterhaus-Henke.<br />
„Dennoch freuen wir uns auch jetzt<br />
schon über Nachwuchs ab fünf Jahren.<br />
Und was mit einem kostenlosen Probetraining<br />
beginnt, kann ja irgendwann<br />
mit dem Sieg der Deutschen Meisterschaft<br />
enden!“ ■<br />
Christiane Osterhaus-Henke und Sven<br />
Osterhaus mit „ihren“ Mädchen (Foto: Britta Melgert)<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 123
Robert Hinkel<br />
Robert geht wandern:<br />
Von Ramsbeck auf den Bastenberg (745 m)<br />
1Diesmal zeige ich euch das Sauerländer Schluchtgebirge.<br />
Es bietet mit die größten Berg-Tal-Höhenunterschiede<br />
des Sauerlands. Da geht’s rauf (der rechte Berg):<br />
2Ihr parkt das Auto am Junkernhof oder steigt an der Bushaltestelle<br />
„Ramsbeck Post“ aus, die von den Buslinien<br />
470 und R72 aus Bestwig angefahren wird. Ihr seid auf<br />
370 m üNN. Der erste Kilometer über den Bergbau-Wanderweg<br />
ist ziemlich steil. Aber eine Isomatte oder eine Gummijacke<br />
kann auch als Sitzkissen auf nassen oder verschneiten Bänken<br />
missbraucht werden.<br />
3Auf den nächsten 2 km kann man sich aber<br />
auf dem Bestwiger Panoramaweg (B) erholen,<br />
siehe Zeichen rechts am Baum. Der verläuft<br />
leicht an- und später absteigend.<br />
4Jetzt wird’s aber Zeit, in den richtigen Schnee zu kommen.<br />
Ihr verabschiedet euch vom (B) nach rechts oben, nehmt eine<br />
Serpentine nach rechts und eine weitere nach links. Dann seid<br />
ihr nach insgesamt knapp 6 km auf 650 m üNN:<br />
124 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
5An der dortigen Kreuzung mehrerer gleichberechtigter (Trekker-)<br />
Straßen biegt ihr rechts ab und nach wenigen hundert Metern<br />
wieder rechts, meist leicht ansteigend.<br />
6Dann kommt ihr nach weiteren 2 km zu<br />
der Fichte. Die ganzen kleinen Bäume<br />
wachsen seit dem Orkan Kyrill 2007. Aber<br />
die Fichte ist als einziger Baum im Umkreis von<br />
über 100 m stehen geblieben. Bis jetzt hat sie<br />
auch den Borkenkäfer überlebt. Die Fichte sieht<br />
man kilometerweit, zum Beispiel bei meinem<br />
letzten Sommer-Artikel aus Grevenstein! Rechts<br />
davon ist der Bastenberg.<br />
7Noch sind die nachwachsenden Bäume nicht zu groß.<br />
Noch hat man Aussicht in die Schlucht und auf diverse<br />
Berge im Südosten. Das sind z. B. die Bruchhauser Steine<br />
und der Langenberg.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 125
8Geschafft: Nach gut 8 km befindet ihr euch 375 m<br />
über dem Ausgangsniveau. Hier gibt’s Bänke mit<br />
Tisch und ein Gipfelkreuz mit einem Kästchen, wo<br />
man sich ins Gipfelbuch eintragen kann.<br />
9<br />
Der Abstieg (immer runter) erfolgt erst mal hauptsächlich<br />
über die Nordseite. Entsprechend hat man nun Aussicht in<br />
Richtung Arnsberger Wald:<br />
10<br />
Wo die Sonne knapp über den Hang scheint,<br />
kann sie für glitzernde Augen sorgen:<br />
knapp 12 km biegt ihr knapp vor Berlar rechts<br />
ab, wieder auf den Panoramaweg (B). Wer sich keine<br />
11Nach<br />
375 m Höhenunterschied zutraut: Man kann auch in<br />
Berlar parken und sofort auf dem (B) bleiben, dann spart man<br />
sich den steilen ersten Kilometer.<br />
126 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
der Bildmitte ist Ramsbeck. Die Berge dahinter<br />
sind übrigens auch um die 700 m hoch mit<br />
12In<br />
Tälern unter 400 m dazwischen.<br />
131 km weiter verabschiedet ihr euch vom (B),<br />
diesmal nach unten, über diese Straße<br />
Die Strecke wandere ich am<br />
02.01.2021 um 10:15 Uhr.<br />
Weitere Geschichten mit ~5 Minuten<br />
Lesezeit gibt’s in meinem blog www.<br />
sauerland-wandern-und-wetter.blogspot.com<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 127
Gipfelstürmer<br />
aus dem Sauerland<br />
Daniel Hilbich und Benedikt Lindner eint<br />
ihre Leidenschaft für den Klettersport<br />
Daniela Weber<br />
Iris Böning/Privat<br />
Auf der Zumsteinspitze in den Walliser Alpen<br />
128 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
este Aussicht kommt nach dem härtesten Aufstieg“<br />
- ein Spruch, der für die beiden Sportkletterer Daniel<br />
„Die<br />
Hilbich aus Olsberg-Bruchhausen und Benedikt Lindner<br />
aus Willingen wohl als Leitmotiv dient. Ob in der Kletterhalle, in<br />
heimischen Steinbrüchen oder in den imposanten Alpen - die beiden<br />
Sauerländer klettern gerne hoch hinaus und genießen die Natur und das<br />
Panorama, das sich ihnen dort bietet.<br />
Waschechte Naturburschen, das waren die beiden Sauerländer schon immer.<br />
Statt in den heimischen vier Wänden die neuesten Spiele für die Konsole zu<br />
testen, verbrachten Daniel Hilbich und Benedikt Lindner ihre Kindheit lieber<br />
draußen in der Natur. Und, wie es sich für richtige Sauerländer Jungs gehört,<br />
wurden schon damals die ersten Kletterversuche unternommen. „Ja, man ist<br />
schon überall hoch“, lacht Hilbich, als er an seine Kindheit zurückdenkt.<br />
Von der Halle an den Fels<br />
Zum Klettersport gekommen ist der heute 26-Jährige vor etwa zehn bis<br />
elf Jahren. „Ich habe in der Kletterhalle in Willingen angefangen. Für das<br />
Klettern dort braucht man noch nicht so viel Wissen. Man bekommt eine<br />
Einführung und kann dann loslegen“, erklärt der Bruchhauser, der seinen<br />
Kumpel Benedikt in puncto Klettern erst „zu seinem Glück zwingen musste“.<br />
Denn so richtig überzeugt vom Klettersport war der 19-Jährige anfangs nicht<br />
gewesen. „Daniel meinte aber zu mir, dass ich so einen schmalen Körperbau<br />
hätte und das ist bei dem Sport schon vorteilhaft. Ich hab dann erst einmal<br />
angefangen zu bouldern. Eine Art des Kletterns, bei der ohne Gurt und Seil<br />
in Absprunghöhe geklettert wird“, erinnert sich Lindner mit einem Lächeln<br />
im Gesicht.<br />
Nachdem auch Benedikt auf den Geschmack gekommen war, und die<br />
Freunde in der Kletterhalle die ersten Erfahrungen gesammelt und elementare<br />
Klettertechniken kennengelernt hatten, trauten sich die beiden, mit Seil,<br />
Helm, Karabinern und Kletterschuhen ausgestattet, an richtige Felsen. Ein<br />
Schritt, der erst einmal eine ordentliche Portion Überwindung kostete. „Ich<br />
hatte da anfangs so meine Schwierigkeiten. Ich habe immer gedacht: Was<br />
passiert, wenn ich stürze? Benedikt war da immer etwas forscher“, sagt Daniel<br />
Hilbich schmunzelnd. Schließlich sei ein Fels nicht hundertprozentig fest und<br />
es gebe draußen auch Routen, wo es keine vorgegebenen Haken für die Zwischensicherungen<br />
gebe. „Man muss dann komplett selbst für die Sicherung<br />
sorgen und man weiß nicht, ob die Zwischensicherungen halten“, erklärt<br />
der Bruchhauser die Herausforderungen. In der Heimat sind die jungen<br />
Sauerländer meist in Steinbrüchen zu finden. Dass die Bruchhauser Steine,<br />
ein ehemaliger „Hotspot“ für Kletterer, schon seit Längerem nicht mehr<br />
bestiegen werden dürfen, bedauern die beiden. „Wir sind natürlich froh, dass<br />
wir die Steinbrüche haben, aber landschaftlich sind natürliche Felsen ein ganz<br />
anderes Erlebnis. Man nimmt den Fels mit allen Sinnen war und man riecht<br />
die Pflanzen“, schwärmt Benedikt Lindner vom Erlebnis in der Natur.<br />
Die Hillenbergwand bei <strong>Warstein</strong><br />
Benedikt Lindner und Daniel Hilbich<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 129
Auf der Ruderhofspitze in den Stubaier Alpen<br />
Denn abgesehen von der Bewegung und der psychischen Komponente,<br />
sich immer mehr zuzutrauen und von Mal zu Mal<br />
mehr zu schaffen, sei vor allem auch die atemberaubende Natur<br />
reizvoll beim Klettersport.<br />
Bergsteigen als ganzheitliches Erlebnis<br />
Und so zieht es die beiden Sauerländer in ihrer Urlaubszeit<br />
auch meist zum Bergsteigen in die Ferne. „Meine schönste<br />
Tour war bisher die am Piz Bernina. Bergsteigen ist ein<br />
ganzheitliches Erlebnis. Man überquert Gletscher. Da ist<br />
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Samstag 7.30 - 12.30 Uhr<br />
Montag geöffnet<br />
Mittwoch geschlossen<br />
man dann auch mal mit Steigeisen und Eispickel unterwegs.<br />
Zwischendurch kommen dann auch mal Felspassagen, wo<br />
man richtig klettern muss. Das Ziel ist natürlich der Gipfel,<br />
der eine imposante Aussicht bietet“, so Hilbich, der solche<br />
Touren bis ins kleinste Detail plant, um auf alle Gegebenheiten<br />
vorbereitet zu sein. Bei einem Gewitter auf dem Gipfel<br />
nütze aber auch die beste Vorbereitung nichts: „Dann muss<br />
man natürlich ganz schnell runter. Bislang konnte ich richtig<br />
brenzlige Situationen aber vermeiden. Aber ich musste mich<br />
schon oft sputen“, lacht der 26-Jährige, der die Trainerlizenz<br />
im Bereich Bergsteigen besitzt und einmal im Jahr auch<br />
Kurse für Anfänger in den Alpen anbietet.<br />
Benedikt, der bisher alle seine Touren mit Daniel zusammen<br />
gemacht hat, träumt von einer Besteigung des Mont Blanc.<br />
Vorerst steckt der Willinger aber seine ganze Energie in ein<br />
anderes Projekt. Denn er befindet sich zurzeit mitten in der<br />
Bewerbungsphase für den Alpin Kader NRW des Deutschen<br />
Alpenvereins. „Die Bewerbung ist in zwei Sichtungskurse<br />
eingeteilt. Der erste fand in der Eifel statt. Da wurden das<br />
Kletterniveau und die Kondition bewertet. Der zweite findet<br />
im Februar im Allgäu statt. Da geht es um das Eisklettern und<br />
alpinistische Fähigkeiten“, erzählt der 19-Jährige voller Vorfreude<br />
und mit der Hoffnung, die Bewerbungsphase zu überstehen.<br />
Sollte er es in den Kader schaffen, wartet eine spannende Expedition<br />
auf den jungen Sportler. Das Ziel sei noch unbekannt,<br />
sicher sei jedoch, dass es ein „Tal ohne Zivilisation“ sein werde.<br />
Welches Ziel Daniel Hilbich im kommenden Jahr anpeilt,<br />
sei ebenfalls noch ungewiss. Aber hoch hinaus wird es ihn sicherlich<br />
führen. Denn eines wissen die beiden Sportkletterer<br />
ganz genau: „Unsere Urlaube drehen sich ja eigentlich immer<br />
um das Klettern. Wir möchten etwas sehen und nicht nur<br />
am Strand liegen“, so Daniel Hilbich und Benedikt Lindner<br />
abschließend. ■<br />
130 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Völlinghauser Dorfladen besteht seit 10 Jahren –<br />
und hat ausgerechnet im Jubiläumsjahr<br />
mit Corona zu kämpfen<br />
Matthias Koprek<br />
Eigentlich hätte der Dorfladen in <strong>Möhnesee</strong>-Völlinghausen<br />
in diesem Jahr allen Grund zu feiern.<br />
Am 9. April 2010 hat der Tante-Emma-Laden in<br />
den Räumlichkeiten der ehemaligen Dorfkneipe erstmals<br />
seine Türen geöffnet. Doch das zehnjährige Jubiläum fällt<br />
mitten in die Corona-Pandemie. Obwohl Lebensmittelläden<br />
während des Lockdowns nicht schließen mussten, war<br />
der DORV-Laden im April für drei Wochen geschlossen.<br />
Mehrere Mitarbeiter hatten sich mit dem Corona-Virus<br />
infiziert, die übrigen mussten in Quarantäne.<br />
Zwangsschließung statt Jubiläumssause<br />
Schlimmer noch als der fehlende Umsatz, auf den das<br />
bürgerschaftlich initiierte und geführte DORV-Zentrum<br />
dringend angewiesen ist, ist der Verlust von Jürgen Colbow,<br />
der Ende April starb. Er hinterlässt eine große Lücke im<br />
ehrenamtlichen Team, das den Dorfladen an der Syringer<br />
Straße am Laufen hält.<br />
Dabei hat der Laden zumindest im März davon profitiert, dass<br />
viele Bürger lieber im kleinen Geschäft um die Ecke eingekauft<br />
haben, statt sich in den großen Supermarkt zu begeben.<br />
Nach der Zwangspause konnte dieser Trend aber nicht fortgesetzt<br />
werden. So sehr das Dorf vom Laden auch profitiert – der<br />
Grund für seine Schließung sprach sich schneller rum, als den<br />
Verantwortlichen lieb war. Und wirkte lange nach.<br />
Dabei ist das Völlinghauser DORV-Zentrum ein Musterbeispiel<br />
für bürgerliches Engagement. Als die Metzgerei schloss<br />
und es keine Einkaufsmöglichkeit mehr in Völlinghausen<br />
gab, entschieden sich die Bewohner ihr Schicksal selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Sie gründete am 29. Mai 2009 den Verein<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 131
„Dienstleistungen und Ortsnahe RundumVersorgung“ – kurz<br />
DORV. Mehrere hundert Völlinghauser wurde Mitglied des<br />
Trägervereins und spendeten für den Laden. So kamen 53.000<br />
Euro für den Umbau der alten Dorfkneipe zusammen, der<br />
Rest wurde über einen Kredit finanziert.<br />
Auf 200 m2 gibt es alles, was das Herz begehrt<br />
Mit seinen ca. 200 Quadratmetern ist das DORV-Zentrum<br />
eigentlich schon mehr als nur ein Tante-Emma-Laden. Zumal<br />
das Angebot ausgesprochen vielseitig ist. Neben Lebensmitteln<br />
(inkl. frischem Obst und Gemüse, Kühl- und Tiefkühlware)<br />
umfasst das Sortiment auch Hygiene- und Kosmetikprodukte<br />
sowie Batterien, Schreibwaren, Grußkarten und vieles mehr,<br />
was man für den täglichen Bedarf so benötigt. Besonders stolz<br />
sind die Betreiber des Dorfladens auf ihre üppige Frischfleischtheke,<br />
die sich einen Ruf weit über die Ortsgrenzen hinaus<br />
erarbeitet hat. Eine kleine Käseauswahl sowie Backwaren der<br />
örtlichen Bäckerei komplementieren das Angebot.<br />
Großen Wert legen die Verantwortlichen auf eine breite<br />
Auswahl regionaler Produkte. Das macht die Organisation<br />
jedoch nicht leichter. Schließlich braucht es viele ehrenamtliche<br />
Helfer, die die Eier und Kartoffeln vom Bauern abholen<br />
und Waren verräumen. Insgesamt besteht das Team im Kern<br />
aus rund 20 ehrenamtlichen Helfern und acht Teilzeitkräften,<br />
die auf 450-Euro-Basis den Verkauf stemmen. „Wir müssen<br />
im Jahr etwa 400.000 Euro Umsatz erwirtschaften, damit<br />
wir eine schwarze Null schreiben“, erklärt die ehrenamtliche<br />
Geschäftsführerin Jutta Kunz. Der Arbeitsaufwand für einen<br />
Dorfladen mit so abwechslungsreichem Sortiment ist kaum<br />
geringer als für einen normalen Supermarkt, der – vereinfacht<br />
ausgedrückt – im Prinzip „nur“ mehr bestellt.<br />
Zumal der Völlinghauser DORV-Laden sogar am Sonntag<br />
und damit an sieben Tagen in der Woche geöffnet hat. Dann<br />
organisieren vor allem Ehrenamtliche den Brötchenverkauf,<br />
der im Dorf sehr gut ankommt. So mancher Dorfbewohner<br />
nutzt den freien Tag, um hier in Ruhe seinen Wocheneinkauf<br />
zu erledigen, während die anderen Geschäfte geschlossen<br />
haben.<br />
„Wenn jemand mit dem Rauchen aufhört,<br />
merken wir das an den Verkaufszahlen“<br />
Jede Woche gibt es neue Angebote – ganz so wie bei den Großen.<br />
Was den Laden aber ausmacht, sind die vielen kleinen<br />
Aktionen mit regionalen Landwirten, Erzeugern und Jägern.<br />
So kann man zum Beispiel alle paar Wochen Charolais-Rindfleisch<br />
vom Züchter, frischen Fisch vom Fischhof und Wild<br />
vom örtlichen Jäger kaufen.<br />
„Im Prinzip haben wir alles, was das Herz begehrt“, sagt Jutta<br />
Kunz. „Manches, was ich für den Laden für geeignet hielt,<br />
kann ich nicht bestellen, weil es dafür bei dem Lieferanten<br />
eine zu hohe Mindestabnahmemenge gibt.“ Trotzdem erfüllt<br />
132 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Geschäftsführerin Jutta Kunz (rechts) gemeinsam mit zwei von insgesamt<br />
acht Verkäuferinnen des DORV-Zentrums in Völlinghausen<br />
das Team, wo immer möglich, auch Sonderwünsche und bestellt,<br />
was sich der Kunde wünscht.<br />
Die meisten Kunden sind Stammkunden. Umso mehr fällt es<br />
auf, wenn mal ein fremdes Gesicht im Laden einkauft. In den<br />
Sommermonaten kommt das häufiger vor. Dann versorgt sich<br />
im DORV-Laden auch so mancher Tourist, der sich in einer<br />
der umliegenden Ferienwohnungen einquartiert hat. „Wenn<br />
jemand aus dem Dorf, der vorher viel geraucht hat, plötzlich<br />
damit aufhört, merken wir das hier direkt am Absatz“,<br />
schmunzelt Kunz. „Und auch wenn ein engagierter Bürger<br />
aus Völlinghausen stirbt, bekommen wir das recht früh mit<br />
und müssen die Trauerkarten nachbestellen.“<br />
dieses vorzeigewürdige Beispiel bürgerlichen Gemeinschaftssinns<br />
Tag für Tag gelingt. Schließlich ist die Möglichkeit der<br />
Nahversorgung für viele Völlinghauser ein Stück Freiheit –<br />
und damit weit mehr als nur ein Tante-Emma-Laden. ■<br />
Innovative Küchen in perfekter Ausführung<br />
Jubiläumsfeier soll nachgeholt werden<br />
Dieses außergewöhnliche Jahr werden sie überstehen, ist sich<br />
Jutta Kunz sicher. Es ist schließlich nicht die erste Krise. 2014<br />
musste der DORV-Laden sogar Insolvenz anmelden. Die<br />
drohende Schließung wurde erfolgreich abgewendet – wieder<br />
dank des Engagements zahlreicher Ehrenamtlicher.<br />
Das Jubiläum soll auf jeden Fall nachgeholt werden. Eine<br />
Aktionswoche für die treuen Kunden schwebt der Geschäftsführerin<br />
vor, die man am Samstag gemeinsam vor dem Bierwagen<br />
ausklingen lässt. Für die große Tombola hat sie bereits<br />
Preise von Sponsoren eingesammelt, bevor das Corona-Virus<br />
ihr einen Strich durch die Rechnung machte.<br />
Sowohl die Kunden als auch die Helfer und Mitarbeiter<br />
hätten es verdient. Denn jeder von ihnen trägt dazu bei, dass<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 133
Silvia Padberg<br />
GRÜNKOHL - das leckere <strong>Winter</strong>gemüse<br />
N<br />
ach dem ersten Frost kann endlich auch der Grünkohl geerntet werden. Und darauf freut man sich nicht nur<br />
im Sauerland. Ganz klassisch kennt man den Grünkohl in Kombination mit Mettwürstchen und Salzkartoffeln;<br />
viele mögen ihn aber auch gern mal mit Kassler.<br />
Der krause Kopf besitzt einen hohen Vitamin-C-Gehalt<br />
und gilt als Heilmittel gegen Hunger, <strong>Winter</strong>depressionen<br />
und Erkältungskrankheiten.<br />
Und so wird das beliebte <strong>Winter</strong>gericht zubereitet:<br />
Frisch geernteter Grünkohl muss einige Male im kalten,<br />
mit etwas Salz, gewaschen werden, bevor dieser vom<br />
Strunk befreit und klein gehackt wird.<br />
Zutaten: (für 4 Personen)<br />
2 Zwiebeln<br />
Öl zum Braten<br />
1 kg kleingehackter Grünkohl<br />
4 geräucherte Mettwürste<br />
500 ml Gemüsebrühe<br />
200 g gewürfelter Speck<br />
2 EL Haferflocken (zart)<br />
Salz und Pfeffer<br />
Zum Servieren: Salzkartoffeln<br />
Zubereitung:<br />
Zwiebeln schälen und fein würfeln.<br />
In einem Topf etwas Öl erhitzen und die Zwiebeln bei<br />
mittlerer Hitze glasig dünsten.<br />
Grünkohl dazugeben und unterrühren.<br />
Mettwürste auf den Grünkohl legen, Brühe angießen und<br />
zum Kochen bringen.<br />
Bei aufgelegtem Deckel und niedriger Hitze 60 bis 90<br />
Minuten köcheln lassen, bis der Grünkohl weich ist. Mettwürste<br />
herausnehmen und warm stellen.<br />
Haferflocken hinzufügen und noch einmal aufkochen, bis<br />
die Haferflocken binden.<br />
Mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
Mit Salzkartoffeln servieren.<br />
Mahlzeit! ■<br />
134 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Haus Teiplaß –<br />
das Herzstück von Sichtigvor<br />
Reges Leben<br />
auf dem alten<br />
„Ziegelplatz“<br />
Monika Loerchner<br />
Franz-Josef Grundhoff & S. Droste<br />
W<br />
er als Ortsfremder im Internet die Schützenbruderschaft<br />
St. Georg 1833 e. V. Sichtigvor<br />
sucht, mag sich wundern: Er wird nicht etwa zu<br />
einer Schützenhalle, sondern zu „Haus Teiplaß“ geführt.<br />
Das Gebäude ist nicht nur Heimat für die Schützen, sondern<br />
auch Wirkungsstätte zahlreicher anderer Vereine. Es<br />
ist das kulturelle Herzstück von Sichtigvor.<br />
Dieses Foto stammt aus der Zeit vor Corona<br />
Baubeginn 1959<br />
Alles begann 1928. Der bisherige Versammlungsort der Sichtigvorer,<br />
„Beckmanns Saal“, wurde zu einem Konsum. Man<br />
behalf sich mit dem Saal in der 1. Etage von Schröders Gaststätte.<br />
„Als die in den 1950er Jahren auch schließen musste,<br />
drängte die Bevölkerung auf ein gemeinschaftliches Haus“,<br />
erinnert sich Wilhelm Hecker. Der Ortsheimatpfleger von<br />
Mülheim, Sichtigvor und Waldhausen hat sich ausführlich<br />
mit der Geschichte von Haus Teiplaß auseinandergesetzt. „Es<br />
setzte sich dann der Plan für eine größere Mehrzweckhalle<br />
durch.“ Die Sichtigvorer Schützenbruderschaft unterstützte<br />
den Bau mit 20.000 DM. Dennoch drohte das Vorhaben<br />
zu scheitern: Mit 450.000 DM angesetzt, erschien der Bau<br />
der Regierung Arnsberg zu teuer. Bürgermeister Joseph und<br />
Amtsdirektor Hense erkämpften dann die Genehmigung<br />
einer auf 350.000 DM reduzierten Version und sicherten<br />
zudem Fördermittel in Höhe von 100.000 DM. Die Grundsteinlegung<br />
fand am 19. November 1959 statt.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 135
Dieses Foto stammt aus der Zeit vor Corona<br />
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Jahre<br />
„In einem Vertrag vom 18. April 1960 sichert die Gemeinde<br />
den Schützen ein dauerndes Nutzungsrecht zu“,<br />
erzählt Wilhelm Hecker. Auch an der weitern Geschichte<br />
von Haus Teiplaß hatte die Schützenbruderschaft einen<br />
hohen Anteil. Da die Halle für die zahlreichen Besucher<br />
der Schützenfeste nie genug Platz geboten hatte und<br />
andersherum für manche Feiern zu klein war, sollte ein<br />
mittelgroßer Raum angebaut werden. Die Gemeinde Sichtigvor<br />
übernahm die Kosten des Baus, den aufwendigen<br />
Innenausbau aber leisteten die St. Georg Schützen. Dafür<br />
erhielten sie ein Nutzungsrecht bis 2080. Die „Kulturhalle“<br />
wurde am 29.9.1974 eingeweiht.<br />
Eigentümer: Die Stadt <strong>Warstein</strong><br />
1975 wurde die Stadt <strong>Warstein</strong> neu gebildet. Die bis dahin<br />
selbstständige Gemeinde Sichtigvor wurde eingegliedert<br />
und Haus Teiplaß 1975 ging in den Besitz der Stadt<br />
<strong>Warstein</strong> über. Das Nutzungsrecht blieb den Sichtigvorer<br />
Schützen jedoch erhalten.<br />
136 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Wilhelm Hecker<br />
„Die Schützenbruderschaft ruhte sich nicht auf den Lorbeeren<br />
ihrer Bauleistungen aus, sondern übernahm im Alleingang<br />
zahlreiche weitere Ausbauten und Verbesserungen“, betont<br />
Wilhelm Hecker. Auch der Karnevalsverein, der seit 1967<br />
alljährlich seine Kappensitzung in dem Gebäude feiert, zeigte,<br />
wie sehr ihm Haus Teiplaß am Herzen liegt: 2006 zogen die<br />
Mitglieder in Eigenleistung eine neue Decke im Hauptgebäude<br />
– und sicherten sich so ein Nutzungsrecht bis 2040.<br />
Haus Teiplaß als Flüchtlingsunterkunft<br />
Ob Schützenfeste, Karnevalsveranstaltungen, Konzerte,<br />
Heimatabende, Basare, Familienfeste, Märkte oder Sporttreffen:<br />
Haus Teiplaß bietet allen ein Zuhause. Und das sogar im<br />
wahren Sinne des Wortes: Im Zuge der Flüchtlingswelle 2015<br />
beschloss die Stadt <strong>Warstein</strong>, Haus Teiplaß als Unterkunft zu<br />
nutzen. Von Ende November 2015 bis September 2016 lebten<br />
dort knapp 100 Geflüchtete in 26 Wohnkabinen. Währenddessen<br />
mussten die Vereine auf Ausweichmöglichkeiten<br />
zurückgreifen.<br />
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Gesellschaftsrecht<br />
„Haus Teiplaß hat eine große Bedeutung für uns in Sichtigvor“,<br />
befindet Wilhelm Hecker. Und woher Haus Teiplaß<br />
seinen Namen hat, weiß er auch: „‘Teiplaß’ ist der alte Name<br />
von Sichtigvor. Er bedeutet ‚Ziegelplatz‘“. ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 137
Mit dem Motorrad auf der Panamericana<br />
Vom <strong>Möhnesee</strong> nach Feuerland<br />
Matthias Koprek<br />
Hans-Jürgen Weigt<br />
H<br />
ans-Jürgen Weigt aus <strong>Möhnesee</strong> hat sich 2018<br />
einen langersehnten Traum erfüllt und ist die<br />
Panamericana mit einem Motorrad abgefahren.<br />
In seinem Buch schildert er die Erlebnisse auf<br />
28.500 Kilometern durch 19 Länder.<br />
Sie gilt als die längste Straße der Welt und ist ein einmaliges<br />
Kulturabenteuer, das jedes Jahr unzählige Touristen<br />
anlockt – wenn nicht gerade eine Pandemie das Reisen<br />
erschwert. Auch auf der Liste von Hans-Jürgen Weigt<br />
stand die Panamericana ganz oben, obwohl der gebürtige<br />
Arnsberger und heutige <strong>Möhnesee</strong>r schon so manche Langstreckenreise<br />
auf dem Buckel hat. Immer dabei ein Motorrad,<br />
auf dem er sich die abgelegensten Winkel dieser Erde<br />
erschließt.<br />
Für das Abenteuer Panamericana hat der selbstständige Unternehmer,<br />
der praktischerweise einen Motorradverlag leitet<br />
und Motorradmessen veranstaltet, sich eine ganz besondere<br />
Maschine zugelegt. Die 650er Enduro von Suzuki ist nicht<br />
gerade der letzte Schrei auf dem Motorradmarkt, sollte es<br />
aber auch nicht sein. „Die Maschine ist zwar technisch etwas<br />
schlichter, aber dafür bekomme ich vor Ort gut Ersatzteile<br />
und die örtlichen Werkstätten sind in der Lage das Motorrad<br />
zu reparieren. Das Modell wird auch von der panamesischen<br />
Polizei gefahren“, erklärt Weigt.<br />
138 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Im Juni 2018 trat die Enduro ihre erste Flugreise mit Ziel<br />
Calgary (Kanada) an. Von hier aus startete Hans-Jürgen<br />
Weigt seine bisher spektakulärste Motorradreise, die ihn<br />
über fünf Monate auf 28.500 Kilometern durch 19 Länder<br />
geführt hat. Endstation: Feuerland an der Südspitze Südamerikas.<br />
In einem gut 200 Seiten starken Buch berichtet der reiselustige<br />
Motorradfan von den vielfältigen Eindrücken und<br />
Erfahrungen auf der Panamericana. Von den 19 Grenzübertritten<br />
mit endlosen Verhandlungen und Formalitäten. Vom<br />
chaotischen Stadtverkehr in gigantischen Metropolen. Von<br />
traumhaften Landschaften und unvergesslichen Begegnungen<br />
mit Einheimischen. Damit er sich mit ihnen gut verständigen<br />
konnte, hat Weigt vor der Reise extra Spanisch gelernt:<br />
„Das hat sich gelohnt und kann ich jedem nur empfehlen,<br />
der die Panamericana erkunden will.“<br />
Am Ende seiner Reise zieht Weigt ein überaus positives<br />
Resümee und kann nicht wirklich von negativen Erlebnissen<br />
berichten, auch wenn die Armut in manchen Ländern ihn<br />
schon zum Nachdenken gebracht hat. Dem versuchten Angriff<br />
zweier zwielichtiger, mit respekteinflößenden Macheten<br />
bewaffneten Gestalten auf einer abgelegenen Straße nahe<br />
Belize ist der motorisierte Abenteurer schließlich gerade so<br />
entkommen. 70 PS unter dem Gesäß sei Dank.<br />
„Ich bin heilfroh, dass ich die Reise 2018 noch umgesetzt<br />
habe. In diesem Jahr wäre sie definitiv ins Wasser gefallen“,<br />
sagt der Diplom-Journalist mit Bezug auf die Corona-Pandemie.<br />
Seine Reise auf der Panamericana hat ihm so gut gefallen,<br />
dass er bereits plant, wieder ein Motorrad zu verschiffen,<br />
um von Montevideo aus nach Bolivien zu fahren und<br />
diesmal die Atlantikseite Südamerikas zu erkunden. „Und<br />
von <strong>Möhnesee</strong> nach Kapstadt möchte ich auch noch irgendwann<br />
mit dem Motorrad fahren.“ ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 139
Unterwegs auf dem<br />
Allagener Nagelpfad<br />
Von arbeitsamen Nagelschmieden und der Treue der Wanderhändler<br />
Walter Eilhard & Willi Hecker<br />
S. Droste<br />
W<br />
aren es Wanderhändler aus dem<br />
östlichen Sauerland, die auf ihrem<br />
Weg nach Soest den kleinen Pfad am Allagener<br />
Sportplatz, zwischen Dorf- und Höhenweg, den<br />
„Nagelpfad“, nutzten? Auf jeden Fall waren es Arbeiter<br />
aus Allagen und Niederbergheim, die so auf dem kürzesten<br />
Weg zur <strong>Warstein</strong>er Nagelfabrik gelangten.<br />
Ihre Kiepen waren mit verschiedenen Dingen beladen. Die<br />
ärmsten Wanderhändler hatten darin Kram- und Holzwaren.<br />
Reichere Händler vertrieben Textilien und vor allem Sensen<br />
und Kleineisenwaren. Meist waren sie auf bestimmte Warengruppen<br />
spezialisiert Einige der Wanderhändler verkauften<br />
Produkte, die sie selbst hergestellt hatten, andere bezogen ihre<br />
Waren direkt bei den Schmieden.<br />
Aus den Ortschaften Assinghausen, Bruchhausen, Silbach<br />
und Wiemeringhausen, also unterhalb der eisenverarbeitenden<br />
Werke in Marsberg, bezogen sie ihre Waren. In dieser Gegend<br />
hatten sich seit dem frühen 18. Jahrhundert hunderte von<br />
Nagelschmieden angesiedelt. Die Aufgabe der Wanderhändler<br />
war es nun, die Waren von dort auf den Weg zu bringen. Teils<br />
waren sie sogar europaweit unterwegs. Oftmals waren die<br />
Wanderhändler Kleinbauern, die auf diese Weise ihr karges<br />
Einkommen aufbesserten. Wenn die Ernte eingebracht war,<br />
reisten sie ab und kehrten erst im Frühjahr wieder zurück.<br />
Die reichsten Sensen- und Stahlwarenhändler stiegen zu<br />
Großhändlern auf und beschäftigten schon bald immer mehr<br />
Lohnwanderhändler.<br />
Zu Beginn der<br />
1930er Jahre stammten<br />
noch alle „Handelsknechte“<br />
aus dem oberen Sauerland. Erst<br />
danach begann man mit der Beschäftigung<br />
von in den Absatzgebieten<br />
wohnenden Händlern.<br />
Der <strong>Warstein</strong>er Arbeiterweg<br />
Etwa zwanzig Hammerschmiede zählte <strong>Warstein</strong> nach dem<br />
Dreißigjährigen Krieg. Auch sie hatten sich auf die Herstellung<br />
von Nägeln und Stiften spezialisiert. Das nötige Eisen<br />
erhielten sie von den örtlichen Hütten, die europaweit einen<br />
hervorragenden Ruf hatten. Besonders das <strong>Warstein</strong>er Stabeisen<br />
war aufgrund seiner Qualität für die Herstellung von<br />
Sensen prädestiniert. In der Linnhoffschen Nagelfabrik im<br />
140 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 141
Wästertal, wo man sowohl Nägel als auch andere Eisenteile<br />
herstellte, arbeiteten im 19. Jahrhundert Arbeiter aus Allagen<br />
und Niederbergheim. Sie nutzten den Weg durch den Wald<br />
und über den heute so genannten „Nagelpfad“.<br />
Der Weg der Wanderhändler<br />
Um ihre Waren weiter abzusetzen, führte der Weg der<br />
Wanderhändler zunächst durch die <strong>Warstein</strong>er Ortsteile.<br />
Bestimmt werden sie auch in Allagen Rast gemacht haben,<br />
um ihre Waren anzubieten, vielleicht auch Eisenwaren der<br />
<strong>Warstein</strong>er Schmieden aufzukaufen – und natürlich, um<br />
Neuigkeiten auszutauschen. Hinter Allagen, in Westendorf,<br />
ging für die Händler die Haar hinauf, auf Brüllingsen zu und<br />
dann auf dem „Frankfurter Weg“ über Elfsen in die Bördestadt<br />
Soest.<br />
In älterer Zeit führte der Handelsweg <strong>Warstein</strong>-Soest wohl<br />
fast ausschließlich über den Sichtigvorer Loermund (<strong>Warstein</strong>er<br />
Weg), wie der kundige Soester Wegeforscher Horst<br />
Brauckmann auf unsere Nachfrage anmerkte. Der Nagelpfad,<br />
so Brauckmann, wurde vermutlich erst im 19. Jahrhundert mit<br />
der aufkommenden Kleinindustrie im Sauerland entdeckt und<br />
genutzt.<br />
Schöne Häuser und ein solides Leben<br />
Ebenso wie viele Arbeitsmigraten wollten auch die Wanderhändler<br />
bei ihrer Rückkehr in ein schönes Zuhause kommen.<br />
Deshalb investierten sie viel Geld in den Bau neuer, gediegener<br />
Häuser. Meist waren ihre Häuser<br />
die schönsten im Ort, denn<br />
das Wanderhandelssystem war<br />
äußert gewinnbringend. Auch<br />
zählten sie oft zu den Ersten im<br />
Ort, die im Besitz eines Autos<br />
oder Motorrades waren. Allerdings<br />
wurden von den Händlern<br />
auch ein solider Lebenswandelt<br />
erwartet. So erfuhr der Autor<br />
des Buches „Heimat und<br />
Fremde. Wanderhändler<br />
des oberen Sauerlandes“,<br />
Peter Höher,<br />
bei einem seiner<br />
Interviews:<br />
„Wenn einmal ein<br />
Handelsmann aus<br />
der Art schlug und in<br />
der Fremde die Mädels<br />
zu gern hatte und ein unsolides<br />
Leben führte, dann<br />
wurde er mehr oder weniger<br />
ausgestoßen. So streng war<br />
hier die Erziehung früher;<br />
so einen nahm man zu Hause<br />
nicht mehr auf.“ ■<br />
Im niederdeutschen Sprachgebiet zwischen Sauerland und Hamburg wurden<br />
die Wanderhändler auch Kiepenkerle genannt.<br />
142 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
Horst Rellecke:<br />
„Kunst ist wie alle<br />
kulturellen Dinge<br />
auch ein Lebensmittel.“<br />
Monika Loerchner<br />
S. Droste<br />
Horst Rellecke hat so ziemlich alles gemacht, was<br />
man als Künstler machen kann: zahlreiche Bilder<br />
gemalt, Lichtinstallationen kreiert, Skulpturen<br />
erschaffen, Lasershows veranstaltet, einen Klangwald<br />
konzipiert. Als Architekt ist er vor allem für den Glaselefanten<br />
im Maximilianpark Hamm bekannt. Und über all<br />
das hat er auch noch Bücher geschrieben. Ob da noch Fragen<br />
offen sind? Oh ja – und wir haben sie gestellt!<br />
<strong>WOLL</strong>: Herr Rellecke, wann haben Sie entdeckt, dass Sie<br />
ein Künstler sind?<br />
Horst Rellecke: Ich war vier Jahre alt, da malte ich das Haus<br />
unserer Nachbarn und bekam dafür eine Tüte Kirschen. Seitdem<br />
bin ich Profi. (Lacht) Natürlich wurde das später in der<br />
Schule noch weiter gefördert.<br />
<strong>WOLL</strong>: Sie hatten über 150 Einzelausstellungen im Inund<br />
Ausland. Wie ging das los?<br />
Horst Rellecke: Mit 21 Jahren hatte ich meine erste Ausstellung<br />
in Kamen. Ich bat die Galerie Klein in Hamm, mir dafür<br />
Rahmen zu leihen. Als ich sie zurückgab, waren meine Bilder<br />
noch darin, angeblich aus Zeitnot. Ich versprach, sie in der<br />
nächsten Woche rauszunehmen. So standen meine Bilder eine<br />
Woche da rum und konnten den Leuten auffallen. Als ich<br />
zurückkam, sagte der Galerist: „Nee, lassen Sie die mal hier.“<br />
Der Galerie Klein bin ich noch bis heute verbunden.<br />
<strong>WOLL</strong>: Raffiniert! Ein Jahr später, 1972, nahmen Sie Ihr<br />
Architekturstudium in Stuttgart auf. Hängt das mit der<br />
Malerei zusammen?<br />
Horst Rellecke: Natürlich. In Stuttgart wurde großer Wert<br />
auf künstlerische Inhalte gelegt, da waren auch Malerei und<br />
Materiallehre Inhalte des Architekturstudiums.<br />
<strong>WOLL</strong>: Wie hat es Sie und Ihre Frau Marlies an den <strong>Möhnesee</strong><br />
verschlagen?<br />
Horst Rellecke: 1975 bekam ich ein heiß begehrtes Stipendium<br />
für die Druckerei Kätelhön am <strong>Möhnesee</strong>. Von da an<br />
war ich dort mehrfach im Jahr zu Gast. Als meine Frau und<br />
ich Zwillinge bekamen, kamen wir dann hierher und bauten<br />
das Haus.<br />
<strong>WOLL</strong>: Arbeiten Sie auch hier?<br />
Horst Rellecke: Ja, auch wenn mein Atelier früher größer<br />
war. Mein Sohn ist mit seiner Familie aus Berlin hier ins<br />
Haupthaus hergezogen, da hatten wir umgebaut. Außerdem<br />
habe ich eine Metallwerkstatt im Lippetal.<br />
<strong>WOLL</strong>: Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf Ihre<br />
Arbeit aus?<br />
Horst Rellecke: Als die ganzen Ausstellungen absagt wurden,<br />
war es für mich schwierig, mich zu motivieren. Ich will ja keine<br />
Bilder für die Halde malen! Aus lauter Verzweiflung, weil<br />
man so viel Zeit hat, habe ich dann ein Video kreiert.<br />
<strong>WOLL</strong>: Sie meinen „Scoorillo“? Das habe ich auf YouTube<br />
gesehen. Dort kann man auch einen Rundgang durch ein<br />
virtuelles Museum mit Ihren Werken unternehmen. Was<br />
sollen Ihre Bilder eigentlich bedeuten?<br />
Horst Rellecke: Was soll Mozarts „Kleine Nachtmusik“ be-<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 143
deuten? Ein Bild ist ein Bild. Es kann nicht sein, dass man<br />
das erst in ein anderes Medium übersetzen muss, zum Beispiel<br />
Sprache. Sonst könnte man ja gleich eine Geschichte<br />
schreiben.<br />
<strong>WOLL</strong>: Stimmt. Geben Sie uns trotzdem einen Tipp?<br />
Horst Rellecke: Ich gebe gern über Titel einen Einstieg in die<br />
Bilder. Ob das gelingt, ist eine andere Sache.<br />
<strong>WOLL</strong>: Wie bei dem Bild „Die große Bauchpinselei“? Das<br />
finde ich ja herrlich!<br />
Horst Rellecke: Ich traf oft Leute, die nur große Taten angestrebt<br />
haben, um dafür gelobt zu werden. (Lacht) Da dachte<br />
ich mir, ich erfinde eine Maschine für sowas.<br />
<strong>WOLL</strong>: Was ist das Schwierigste beim Malen?<br />
Horst Rellecke: Malen ist Datenstrom vom Gehirn zur Hand<br />
in Echtzeit, ein Prozess, der in Schichten vor sich geht. Im<br />
Vergleich zur Musik etwa, kann man das Ergebnis nicht sofort<br />
überprüfen.<br />
„Malen ist Datenstrom vom<br />
Gehirn zur Hand in Echtzeit.“<br />
- H. Rellecke<br />
<strong>WOLL</strong>: Also alles Erfahrungssache?<br />
Horst Rellecke: Irgendwann kann ein Bild nur noch anders<br />
werden, nicht besser. Den Moment muss man erkennen<br />
können.<br />
<strong>WOLL</strong>: Sind Sie heute besser als früher?<br />
Horst Rellecke: Ich habe immer die handwerkliche Perfektion<br />
angestrebt. Die war irgendwann erreicht.<br />
<strong>WOLL</strong>: Welchen Maler bevorzugen Sie selbst?<br />
Horst Rellecke: Ich schätze die Werke des surrealistischen<br />
Malers Yves Tanguy.<br />
<strong>WOLL</strong>: Malen Sie selbst surrealistisch?<br />
Horst Rellecke: Ich möchte mich da eigentlich in keine<br />
Schublade stecken lassen.<br />
<strong>WOLL</strong>: Was inspiriert Sie zu Ihren Kunstwerken?<br />
Horst Rellecke: Was jeden Tag passiert. Und Reisen, immer<br />
schon. Ich habe alles an großen alten Kulturstätten bereist.<br />
<strong>WOLL</strong>: Haben Sie ein Beispiel?<br />
Horst Rellecke: Einmal brachten wir eine chinesisches Ge-<br />
144 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020
ein Stipendium bei Charles Moore in Los Angeles. Dort gab<br />
es Schuhgeschäfte in Form eines Schuhs, Autos als Werkstätten<br />
und Imbisse in Form einer Pommestüte. Das war praktisch<br />
später die Inspirationsquelle für den Glaselefanten.<br />
<strong>WOLL</strong>: Wie sind Ihre Zukunftspläne?<br />
Horst Rellecke: Ich habe mich in letzter Zeit wieder konsequent<br />
auf Malerei beschränkt und das soll auch so bleiben.<br />
Nächstes Jahr werde ich 70, da muss ja was her für eine Ausstellung.<br />
<strong>WOLL</strong>: Werden Sie als Künstler einmal in den Ruhestand<br />
gehen?<br />
Horst Rellecke: Nein. Wenn es soweit ist, soll mich der Sensenmann<br />
ohne viel Gewese unter der Leinwand liegend abholen,<br />
den Pinsel noch in der Hand. ■<br />
burtstags-Lotusblüte mit, die öffnete sich und blökte dann 30<br />
Minuten lang „Happy Birthday“ und war nicht abzustellen.<br />
Also benutzte ich sie, um den Marder in unsere Zwischendecke<br />
zu verscheuchen. Das Ding blökte allerdings nach vier<br />
Wochen immer noch, also verstaute ich es in einer Truhe. Später<br />
zerquetschte ich es zwischen zwei Spanplatten und arbeitete<br />
es dann in das Bild „Vereiste Lotusblüte“ ein. Ein gutes Gefühl,<br />
weil ich einen chinesisches Plastikartikel gleich dreimal<br />
nachhaltig verwendet hatte!“<br />
<strong>WOLL</strong>: Soll Kunst etwas?<br />
Horst Rellecke: Kunst ist wie alle kulturellen Dinge auch ein<br />
Lebensmittel. Das merkt man jetzt, da es fehlt. Kunst ist dafür<br />
da, um die Gesellschaft weiterzubringen.<br />
<strong>WOLL</strong>: Sie konnten als Künstler viele Erfolge feiern.<br />
Horst Rellecke: Ich habe das große Glück gehabt, dass ich<br />
immer machen konnte, was ich wollte. Es gibt Abzweigungen<br />
im Leben, und wenn ich mich da anders entschieden hätte,<br />
wäre das womöglich in eine vollkommen andere Richtung gelaufen.<br />
Da greift eins ins andere.<br />
<strong>WOLL</strong>: Zum Beispiel?<br />
Horst Rellecke: Ich wollte immer schon nach Amerika. Ich<br />
hatte nie vor, eine Doktorarbeit zu schreiben, kam aber so an<br />
Frohe Weihnachten und für das Jahr<br />
2021 wünschen wir Ihnen immer<br />
einen Schutzengel an Ihrer Seite<br />
Ihre Provinzial Geschäftsstelle<br />
Sven Franke e.K.<br />
Berlingser Weg 4, 59519 <strong>Möhnesee</strong>-Körbecke<br />
Tel. 02924/974430, Fax 02924/9744310<br />
franke@provinzial.de<br />
Immer da, immer nah.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 145
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