Steueranwaltsmagazin 5/2007 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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� Beiträge<br />
Delikten wie Korruption und Untreue verbunden ist, was<br />
sehr schnell dazu führt, daß nicht die Steuerfahndung, sondern<br />
die Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung das Heft<br />
in der Hand hält. Mit dem Steuerstrafrecht erfüllt sich auch<br />
das gesamte Instrumentarium von Gewinnabschöpfung<br />
und Verfall nach § 73 StGB oder § 29 a OWiG.<br />
1. Steuerstraftaten<br />
Steuerstraftaten sind gesetzestechnisch zusammengesetzt<br />
aus steuerlichem Tatbestand und den Voraussetzungen des<br />
§ 370 AO. Als so genannte Blankettnorm ist die Strafnorm<br />
des § 370 AO erst dann erfüllt, wenn ein Steuergesetz verletzt<br />
ist. Die objektiven Grundsätze der Vorschrift lassen<br />
sich wie folgt kurz zusammenfassen:<br />
� § 370 Absatz 1 Nummer 1 AO positives Tun:<br />
Wenn jemand für eine Finanzbehörde oder eine andere<br />
für steuerlich relevante Entscheidung zuständige Behörde<br />
über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige<br />
oder unvollständige Angaben macht.<br />
� § 370 Absatz 1 Nummer 2 AO Unterlassen:<br />
Finanzbehörden in Unkenntnis lassen über steuerlich<br />
erhebliche Tatsachen in pflichtwidriger Form<br />
� § 370 Absatz 1 Nummer 3 AO Unterlassen:<br />
Das Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen8 oder Steuerstemplern in pflichtwidriger Weise.<br />
§ 370 Absatz 1 Nummer 1 AO kann durch jede Person verwirklicht<br />
werden, die mit steuerlichen Sachverhalten in Berührung<br />
kommt; die Unterlassungsdelikte aus Absatz 1<br />
Nummer 2 und Nummer 3 sind Sonderdelikte, die nur von<br />
denjenigen Personen begangen werden können, denen eine<br />
Pflicht zum Handeln – im allgemeinen durch Gesetz –<br />
auferlegt ist. Dabei ist zu beachten, daß zu Sonderdelikten<br />
Anstiftung und Beihilfe begangen werden kann, also der<br />
Ausschluß der Täterschaft in der Praxis nicht weit reicht.<br />
Insgesamt ist im Unternehmensbereich jedes Organ und<br />
zusätzlich jede Person, die mit Pflichten spezifisch beauftragt<br />
ist, in der Gefahr, steuerstrafrechtlich zu Verantwortung<br />
gezogen zu werden. Dies ergibt sich einerseits aus dem<br />
Grundsatz der Gesamtverantwortung im Gesellschaftsrecht<br />
und der Übertragung von Pflichtenstellungen im Sinne des<br />
§ 14 StGB. 9<br />
2. Steuerordnungswidrigkeiten<br />
§ 377 AO definiert Ordnungswidrigkeiten im Steuerrecht<br />
also solche Zuwiderhandlungen, die nach den einzelnen<br />
Steuergesetzen mit Geldbuße geahndet werden können. Es<br />
gelten die Regeln des Ordnungswidrigkeitenrechtes subsidiär<br />
zu den Sondervorschriften der Steuergesetze. Steuerordnungswidrigkeiten<br />
werden oftmals als eine Art „Auffangtatbestand“<br />
genutzt, um Handlungen, die nach den<br />
Regelungen des Strafprozeßrechtes, in denen der Grundsatz<br />
„im Zweifel für den Angeklagten“ gilt, doch noch zu erfassen<br />
und auf diese Art und Weise steuerliches Fehlverhalten<br />
zu pönalisieren. Zentrale Norm ist der § 378 AO, die so<br />
Jürgen Wessing Compliance – Ein Thema auch im Steuerstrafrecht ?<br />
genannte leichtfertige Steuerverkürzung. Sie unterscheidet<br />
sich von der Steuerstraftat dadurch, daß ein Vorsatz nicht<br />
nachgewiesen werden kann, jedoch steuerliche Sorgfaltsanforderungen<br />
mißachtet wurden. Auch aus Steuerordnungswidrigkeiten<br />
kann dem Unternehmen ein erheblicher<br />
Nachteil entstehen: Nicht nur die bereits allgemein geltenden<br />
Regeln des Bußgeldrechtes geben die Möglichkeit zur<br />
Bebußung, darüber hinaus werden durch begangene Steuerordnungswidrigkeiten<br />
für die unten noch zu schildernden<br />
Verfallsregelungen aktiviert. 10<br />
3. Strafrecht mit Steuerbezug<br />
Vielfach ist eine Verquickung zwischen Steuerstrafrecht und<br />
allgemeinem Strafrecht festzustellen. Der Unternehmensverteidiger<br />
wird nahezu regelmäßig damit konfrontiert, daß<br />
Straftaten im oder aus dem Unternehmen heraus steuerliche<br />
Konsequenzen haben. Dies gilt besonders für Kontakte<br />
zu Bereichen der Korruption. Diese wiederum sind fast automatisch<br />
mit Untreuefällen verknüpft. Ein Beispiel: Wer zur<br />
Erlangung eines Auftrages Bestechungsgelder zahlt, fügt<br />
damit dem Unternehmen einen Schaden zu, da er auf eine<br />
nicht existierende Forderung zahlt. Wenn er dies als Betriebsausgabe<br />
verbuchen läßt, kommt noch der steuerstrafrechtliche<br />
Schaden mit den Begleitumständen eines Steuerstrafverfahrens<br />
hinzu, so daß am Ende eine Gemengelage<br />
aus Strafrecht und Steuerstrafrecht entsteht.<br />
Ob es sich bei Zahlungen ins Ausland um „gefährliche<br />
Zahlungen“ im Sinne des Korruptionsstrafrechtes handelt,<br />
läßt sich den Verbuchungen als solchen nicht entnehmen.<br />
Insoweit sind die Vorkehrungen des Betriebes, konform zu<br />
den Vorschriften beispielsweise des internationalen Bestechungsgesetzes<br />
zu handeln, gleichzeitig für die Einhaltung<br />
der Steuer-Compliance wesentlich. Steuer-Compliance ohne<br />
eine Verzahnung und Abstimmung mit einer allgemeinen<br />
Compliance-Regelung im Unternehmen ist deshalb nicht<br />
sinnvoll.<br />
4. Konsequenzen<br />
Primäre zu erwartende Folge einer strafrechtlich oder ordnungswidrigkeitenrechtlich<br />
wesentlichen Verletzung des<br />
Steuerrechtes im Rahmen eines Betriebes ist eine Bebußung.<br />
Gegen das Unternehmen als juristische Person wird unmittelbar<br />
eine erhebliche Geldbuße nach § 30 OWiG verhängt.<br />
Für die Bebußung kommt es nicht darauf an, ob jemand<br />
– oder wer – schuldhaft gehandelt hat. Die Vorschrift richtet<br />
sich nicht an ein Individuum, sondern unmittelbar an die<br />
betroffene Körperschaft. Wenn der haftungsbegründende<br />
8 Vergl. § 6 TabStG, Tabaksteuerbanderolen.<br />
9 Über § 14 Abs. 1 StGB werden Organe in die Verpflichtung der Gesellschaft<br />
eingebunden, über § 14 Abs. 2 StGB diejenigen Personen, die<br />
Leitungsfunktionen übernehmen.<br />
10 Vergl. im einzelnen: Wessing, Steuerordnungswidrigkeiten, steueranwalts<br />
magazin <strong>2007</strong>, 9 ff.<br />
178 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2007</strong>