Steueranwaltsmagazin 5/2007 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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� Beiträge<br />
zu müssen wird abgelehnt und als hinderlich für die eigene<br />
persönliche Entwicklung im Unternehmen angesehen. Aufgabe<br />
der Unternehmensführung ist es, klarzumachen, daß<br />
Compliance nicht – wie in vergangenen Jahren vielfach<br />
Corporate-Governments-Codices – ein wirklich gewolltes<br />
System ist, hinter dessen Inhalten man steht. Das Augenzwinkernd:<br />
„Wir müssen es zwar haben, aber wir nehmen<br />
es nicht so ernst“, verhindert letztendlich jegliches Funktionieren<br />
von Compliance. Zusammengefaßt: Compliance<br />
beginnt in den Köpfen der Entscheider und funktioniert<br />
nur mit deren vorbehaltsloser Unterstützung.<br />
c. Ausgestaltung eines internen Kontrollsystems<br />
Die organisatorische Ausgestaltung eines Compliance-Systems<br />
kann mannigfaltig sein und sollte sich an vorhandene<br />
Strukturen anlehnen, wenn diese auch nur einigermaßen<br />
integrierbar sind. Oftmals existieren bereits Compliance<br />
ähnliche Strukturen, die man nur zusammenfassen, harmonisieren<br />
und anpassen muß. Es ist deutlich einfacher, zu<br />
entwickeln, als neu zu schaffen, nicht zuletzt mit Blick darauf,<br />
daß Mitarbeiter Anpassungen des Gewohnten viel<br />
leichter akzeptieren und umsetzen, als sich an völlig neue<br />
Strukturen zu gewöhnen. Ob man eine zentralistische Organisationsstruktur<br />
unter einem universellen Compliance-<br />
Manager 12 wählt oder die Delegation ressortweise auf bestimmte<br />
Mitarbeiter vorzieht, inwieweit man sich externer<br />
Angebote 13 bedient, ist letztendlich eine Frage der sonst<br />
vorgefundenen Unternehmensstruktur.<br />
Compliance kann nur wirkungsvoll werden, wenn sie<br />
auch von der Position im Unternehmen her den nötigen<br />
Stellenwert und die erforderlichen Möglichkeiten hat. Das<br />
bedeutet aus meiner Sicht, daß die Anbindung an einen<br />
Vorstand – möglicherweise denjenigen, der ohnehin für<br />
Recht zuständig ist – erfolgen sollte. Dies bewirkt einerseits<br />
eine Entlastung der Mitvorstände, da diese Anbindung eine<br />
zulässige Delegation darstellt, welche die Kontrollpflichten<br />
der Mitvorstände in diesem Bereich auf Überprüfung der<br />
richtigen Auswahl und des richtigen Systems beschränkt.<br />
Zum anderen garantiert die unmittelbare Anbindung an<br />
den Vorstand, daß die Anliegen der Compliance-Manager<br />
auch tatsächlich gehört werden und nicht im Hierarchiewege<br />
versanden. Dies verzahnt sich mit dem eben vorgestellten<br />
Argument, daß Compliance von der Führungs ebene<br />
ausgehend etwas wirklich Gewolltes sein muß, um wirksam<br />
zu werden.<br />
Der Compliance-Manager sollte im Bereich der eigenen<br />
Organisation weisungsfrei sein. Ausschließlich Kontrolle<br />
durch den Vorstand, ob das Compliance-System ordnungsgemäß<br />
eingerichtet und durchgeführt wird, ist seitens des<br />
Vorstandes – und des Aufsichtsrates – erforderlich, Weisungsfreiheit<br />
führt zu einer effizienteren Organisation. Auch<br />
für die nachgelagerten Mitarbeiter des Unternehmens ist<br />
Weisungsfreiheit des Compliance-Officers ein wesentlicher<br />
Jürgen Wessing Compliance – Ein Thema auch im Steuerstrafrecht ?<br />
Punkt: Sie haben das Gefühl, im Falle von Compliance-<br />
Problemen einer Stelle gegenüberzustehen, die ihnen hilft,<br />
nicht, die sie – wie häufig Revision und Controlling – fürchten.<br />
Es gibt zwar Stimmen, die den Compliance-Officer als<br />
eine Art Staatsanwalt im Unternehmen begreifen. 14 Dies<br />
übersieht aber, daß Prävention und Repression schon vom<br />
Ansatz her unterschiedlich sind und man nicht mit den<br />
Methoden der Verfolgung Verhinderung erreicht.<br />
Der Umfang einer Compliance-Organisation ist abhängig<br />
von der Größe des Unternehmens und der Intensität<br />
der Gefährdung. Der Geschäftstätigkeit immanente Gefahren,<br />
die sich aus dem Geschäftsfeld ergeben, müssen ebenso<br />
gewichtet werden, wie die Komplexität der Verwaltungsstrukturen<br />
des Betriebes. Die allgemeinen Grundsätze einer<br />
derartigen Organisation lassen sich gut an dem „Guidelines<br />
Manual“ zu den USSG 15 entnehmen. Dort existiert ein Katalog<br />
von Minimalanforderungen, die auch auf deutsche<br />
Strukturen Anwendung finden können. 16 Hinzu kommen<br />
bewährte Einzelinstrumente, die jedes Compliance-Programm<br />
auch integrieren sollte, wie:<br />
� Das 4-Augen-Prinzip<br />
� Rotation auf gefährdeten Positionen<br />
� Schulung der Mitarbeiter<br />
� Whistle-blowing 17 nicht als „Verpfeifen“, sondern als<br />
Möglichkeit, Gefährdungsmomente, die Mitarbeiter erkannt<br />
haben, ohne Gefährdung für die eigene Position<br />
des Mitarbeiters an das Compliance-System heranzutragen.<br />
Weiter gehört zum Compliance-System, daß die Überwachung<br />
und Fortentwicklung des einmal organisierten<br />
Apparates erfolgt und insgesamt für das System relevante<br />
Parameter im Auge behalten werden. Dazu gehören insbeson<br />
dere:<br />
� Gesetzesüberwachung<br />
� Rechtsprechungsüberwachung<br />
� Fristenüberwachung<br />
� Durchführungsüberwachung<br />
Sowohl Kontrolle wie Überwachung sind ohne Informationsmanagement<br />
nicht denkbar. Datenbankbasiert wird dies<br />
heute bereits auf dem Markt angeboten. Ständige Pflege<br />
12 Hauschka, Compliance, Compliance-Manager, Compliance-Programme:<br />
Eine geeignete Reaktion auf gestiegene Haftungsrisiken für Unternehmen<br />
und Management, NJW 2004, 257 – 261.<br />
13 http://www.ey.com/global/content.nsf/Germany/Thema_-_Corporate_<br />
Governance_-_Compliance_Review. http://www.pwc.ch/de/unsere_dienst -<br />
leistungen/steuer_und_rechtsberatung/unternehmenssteuern_und_<br />
internationale_steuerstrukturen/tax_risk_management_und_tax_compliance.<br />
html; http://www.wecomply.com/;http://www.qcs-facts.com/.<br />
14 FAZ 9. 6. <strong>2007</strong> C1 „Beruf und Chance“ zitiert einen Berater von Towers<br />
Perrin: „Ein ständiger Staatsanwalt im Betrieb“.<br />
15 United States Sentencing Guidelines Manual.<br />
16 Abdruck insoweit: Hauschka, Compliance-Handbuch, S. 20.<br />
17 Dazu Bürkle, DB 2004, 2158, 2161.<br />
180 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2007</strong>