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Steueranwaltsmagazin 5/2007 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

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Beiträge<br />

Kfz-Steuerhinterziehung – strafbar ?<br />

Dr. Rainer Spatscheck, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht,<br />

und Dr. Jennifer Fraedrich, Rechtsanwältin, München*<br />

A. Einleitung<br />

Der Steuerstraftatbestand der Kfz-Steuerhinterziehung ist<br />

bislang ein unbeschriebenes Blatt in der deutschen Justiz.<br />

Aus der veröffentlichten Rechtsprechung ist kein einziger<br />

Fall bekannt, in dem ein Steuerpflichtiger jemals wegen<br />

Kfz-Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO verurteilt worden<br />

wäre. Indes sind in der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden<br />

Tendenzen erkennbar, wonach der Straf vorwurf der<br />

Steuerhinterziehung zunehmend auch auf die Kfz-Steuer<br />

bezogen wird. Betroffen ist vor allem das internationale<br />

Speditionsgewerbe. Dort werden weltweit LKWs eingesetzt,<br />

die in unterschied lichen Ländern zugelassen sind und über<br />

moderne Satellitensysteme gesteuert werden. Befindet sich<br />

die Steuerzentrale und damit der Dispositionsstandort in<br />

Deutschland, nehmen die Strafverfolgungsbehörden schnell<br />

eine hiesige Zulassungspflicht an und erheben in Bezug auf<br />

die nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge den Vorwurf<br />

der Kfz-Steuerhinterziehung. Daß dieser Vorwurf aus<br />

strafrechtlicher Sicht angreifbar ist, zeigen die folgenden<br />

Überlegungen.<br />

B. Rechtliche Grundlagen des<br />

Hinterziehungsvorwurfs<br />

Das KraftStG unterscheidet im wesentlichen drei Steuertatbestände.<br />

Nach § 1 KraftStG unterliegt der deutschen Kraftfahrzeugsteuer<br />

� das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr<br />

auf öffentlichen Straßen,<br />

� das Halten von ausländischen Fahrzeugen zum Verkehr<br />

auf öffentlichen Straßen, solange die Fahrzeuge sich im<br />

Inland befinden und es sich nicht um ausschließlich für<br />

den Güterkraftverkehr bestimmte Kraftfahrzeuge oder<br />

Fahrzeugkombinationen handelt, die in einem anderen<br />

EU-Mitgliedstaat zugelassen sind,<br />

� die widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen.<br />

In der eingangs beschriebenen Sachverhaltskonstellation<br />

sind die Strafverfolgungs behörden regelmäßig der Ansicht,<br />

daß ein Standort in Deutschland begründet ist. Dementsprechend<br />

müßten die Fahrzeuge nach §§ 18, 23 StVZO in<br />

Deutschland zugelassen werden. Eine Zulassung der Fahrzeuge<br />

gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IntKfzVO zum vorübergehenden<br />

Verkehr in Deutschland komme wegen des Standorts<br />

in Deutschland nicht in Betracht. Fehlt es an der erforderlichen<br />

deutschen Zulassung, sei der Tatbestand der wider -<br />

rechtlichen Nutzung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG erfüllt.<br />

C. Kein tatbestandliches Handeln<br />

i. S. d. § 370 AO<br />

Selbst wenn man unterstellt, daß diese Annahmen der Strafverfolgungsbehörden<br />

zutreffend sind, ist der Tatbestand der<br />

Steuerhinterziehung nach § 370 AO schon aus Rechtsgründen<br />

nicht erfüllt. Eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung<br />

setzt im objektiven Tatbestand zum einen voraus, daß<br />

der Erfolg in der Form der Steuerverkürzung oder der Form<br />

der Vorteilserlangung eingetreten ist. Zum anderen muß<br />

das Verhalten des Betroffenen die Voraussetzungen der Verhaltensbeschreibung<br />

des Straftatbestands erfüllen. Beides<br />

ist hier nicht der Fall.<br />

I. Steuerverkürzung<br />

Der Erfolg der Steuerhinterziehung kann in der hier betrachteten<br />

Sachverhalts konstellation nur in Form der Steuerverkürzung<br />

gemäß § 370 Abs. 4 AO eingetreten sein. Die<br />

Strafverfolgungsbehörden gehen davon aus, daß die in<br />

Bezug auf die nicht zugelassenen Fahrzeuge entstandenen<br />

Kfz-Steueransprüche nicht durch Bescheid festgesetzt wurden.<br />

Dies entspricht der Tatbestandsvariante der Nicht-Festsetzung<br />

von Steueransprüchen gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1,<br />

1. Alt. AO.<br />

1. Steueranspruch aus widerrechtlicher Benutzung, § 1 Abs. 1<br />

Nr. 3 KraftStG<br />

Dieser Ansatz nach § 370 Abs. 4 AO ist schon deshalb fragwürdig,<br />

weil das Entstehen von Kfz-Steueransprüchen durch<br />

die widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen gemäß § 1<br />

* Dr. Rainer Spatscheck ist Partner, Dr. Jennifer Fraedrich angestellte<br />

Rechtsanwältin der Rechtsanwaltssozietät Streck Mack Schwedhelm,<br />

München, Köln, Berlin.<br />

162 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2007</strong>

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