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DIGITAL UNTERWEGS 39<br />

SELBSTVERPFLICHTUNGEN AUS<br />

GEWERKSCHAFTSSICHT WIRKUNGSLOS<br />

Dr. Susanne Uhl von der Gewerkschaft Nahrung-<br />

Genuss-Gaststätten hat da andere Erfahrungen gesammelt.<br />

Sie berichtete auf Nachfrage von Moderatorin<br />

Anke Plättner von überwiegend negativen Erlebnissen:<br />

„Aus meiner Sicht war das Gesetz in der Situation die<br />

einzige Möglichkeit. Ich begleite schon seit 2012 Menschen<br />

in der Fleischindustrie. Und die ganzen Kodexe<br />

und Selbstverpflichtungen haben dort nichts verbessert“,<br />

so Uhl. Dass etwas gegen die Zustände getan<br />

werden musste, darin war sich die Runde einig. „Wir<br />

sagen auch nicht, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz<br />

insgesamt Quatsch ist, wir begrüßen weitere Kontrollen.<br />

Aber die Zeitarbeit zu verbieten, ist falsch, weil es<br />

nun mal Unterschiede zwischen Werkverträgen und<br />

Zeitarbeit gibt“, betonte iGZ-Geschäftsführer Martin<br />

Dreyer. „Arbeitsschutz beispielsweise ist für uns ein<br />

ganz wichtiges Thema. So haben wir innerhalb von<br />

zehn Jahren die Unfallquote massiv senken können. Das<br />

Gesetz ist für mich ein unverhältnismäßiger Eingriff.“<br />

SOZIALPARTNERSCHAFTLICHE UND<br />

TARIFLICHE LÖSUNGEN<br />

Vehid Alemić appellierte für andere, gemeinsam erarbeitete<br />

Lösungen. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands<br />

der Ernährungswirtschaft e.V. (VdEW) unterstrich<br />

beim iGZ-Bundeskongress: „Aus meiner Sicht wäre es<br />

wesentlich effektiver, über sozialpartnerschaftliche und<br />

tarifliche Lösungen gegen die Probleme vorzugehen.“<br />

Die Fleischindustrie sei extrem heterogen. Eines habe<br />

sie aber gemein: „Die Unternehmen der Branche leben<br />

vor allem vom Saisongeschäft in den warmen Monaten.<br />

In der Grill-Saison brauchen wir temporär mehr<br />

Mitarbeiter. Durch das Verbot der Zeitarbeit müssen wir<br />

nun schauen, wie wir diesen Bedarf zeitlich begrenzt<br />

decken – durch befristete Arbeitsverträge.“ Diese seien<br />

allerdings für die Mitarbeiter deutlich schlechter als<br />

Zeitarbeitsverträge und für die Unternehmen schwieriger<br />

zu organisieren.<br />

STEUERUNGSINSTRUMENTE FÜR<br />

SAUBERE VERTRÄGE<br />

Das Gesetz sei so nicht notwendig, ist sich Prof. Schüren<br />

sicher: „Es gibt Steuerungsinstrumente, wie man die<br />

Werkverträge sauber bekommt. Allein wenn die Arbeitszeit<br />

sauber erfasst und diese Zeit auch bezahlt<br />

würde, wäre die Lebenssituation der Menschen eine<br />

ganz andere.“ Daran sollte gearbeitet werden. Das<br />

Arbeitszeitgesetz zu nehmen und zu verbessern, das<br />

könnten sie gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode<br />

angehen, lud Gewerkschaftlerin Uhl Professor<br />

Schüren ein: „Es gibt vielfältige Probleme, wie dass die<br />

Menschen in der Fleischindustrie trotz Krankschreibung<br />

gezwungen werden, zu arbeiten, und die schlechte<br />

Unterbringungssituation. Dagegen muss in der Gesamtheit<br />

vorgegangen werden.“<br />

GUTE ERFOLGSAUSSICHTEN FÜR<br />

VERFASSUNGSKLAGE<br />

Allen Mitarbeitern in der Fleischindustrie die besten<br />

Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, liegt auch TIME-<br />

PARTNER-Geschäftsführer Lothmann am Herzen: „Was<br />

können wir besser machen? Wenn die Töpfe Werkvertrag<br />

und Zeitarbeit klar auseinandergehalten würden,<br />

hätten wir schon viel gewonnen. Ich habe in der<br />

Fleischindustrie auch Werkverträge gesehen, die nicht<br />

sauber waren. Klappern gehört zum Handwerk, wir<br />

müssen an unserem Image arbeiten. Wir sind gut, wir<br />

sind gut aufgestellt – und deshalb klagen wir auch,<br />

weil wir unfair behandelt werden.“ Der Appell von<br />

iGZ-Geschäftsführer Dreyer lautet: „Stellt gern mehr<br />

Kontrolleure ein, denn wir haben nichts zu verbergen.<br />

Aber mit einem Gesetz pauschal auf jegliche Zeitarbeit<br />

draufzuhauen, ist einfach unverhältnismäßig.“ Ob das<br />

Gericht in Karlsruhe dies genauso sieht? „Ich schätze<br />

die Chancen der klagenden Zeitarbeitsunternehmen als<br />

gut ein“, schloss Prof. Schüren die Diskussionsrunde.<br />

„Voraussichtlich zu Anfang des neuen Jahres wird es<br />

dazu aus Karlsruhe eine Entscheidung geben.“ SaS<br />

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