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Red Bulletin Aug 2021

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Streetball<br />

Hier war Beständigkeit: Dass der Punktezähler<br />

Omar vor den Spielen immer<br />

viel zu viel billiges Bier trank und sich<br />

prompt verzählte, sodass Graham ihn<br />

korrigieren musste, änderte nichts daran,<br />

dass Omar weiterhin für die Punkte verantwortlich<br />

blieb. Ryan gefiel das. Die<br />

Sticheleien des Sprechers, der ballettgleiche<br />

Wettkampf, Kenny Grahams<br />

strenge Regeln gegen Gewalt – das alles<br />

sorgte für Stabilität in einer sonst völlig<br />

instabilen Welt.<br />

Jack Ryan war MVP („most valuable<br />

player“ – der wertvollste Spieler) in<br />

einer der Ligen, auf seiner Wade prangt<br />

ein Tattoo des West-4th-Logos. Und er<br />

trifft sich immer noch mit Leo, Sherm,<br />

Doc – all den Männern, mit denen er<br />

Freundschaft geschlossen hat in seinen<br />

fast vierzig Jahren auf dem Platz. „Jetzt,<br />

da ich älter bin, ist das meine Familie“,<br />

sagt Ryan. „West 4th Street ist mein<br />

zweites Zuhause. Mein Hinterhof.“<br />

Der Platz ist eine Gemeinschaft<br />

Das mag seltsam klingen, denn das Spiel<br />

ist so körperbetont, dass es sich an der<br />

Grenze zu offener Feindseligkeit bewegt.<br />

Nach einigen Schlägereien hat Kenny<br />

Graham Nulltoleranzregeln aufgestellt.<br />

Wer gegen sie verstößt, kann des Platzes<br />

verwiesen werden.<br />

Aber es gibt eine große Wertschätzung<br />

zwischen den Spielern. Alle mühsam<br />

erarbeiteten, liebevoll gehegten Animositäten<br />

verpuffen in dem Moment, in dem<br />

sich alle zur nächsten Runde, zum nächsten<br />

Match versammeln.<br />

„Bei aller Härte herrscht ein unglaublicher<br />

Kameradschaftsgeist“, sagt Jason<br />

Curry. „Jedem, der auf den Platz geht,<br />

wird Respekt entgegengebracht.“ Die<br />

Leute passen aufeinander auf.<br />

Die Spiele im Käfig sind für viele ein<br />

wichtiger Teil ihres Lebens. 70 Teams<br />

treten hier in Ligen gegeneinander an: je<br />

20 für Männer und High-School-Schüler,<br />

16 für Frauen, 14 für Nachwuchsteams.<br />

Graham, heute 69, zeigt keine Ermüdungserscheinungen,<br />

obwohl er erklärt,<br />

im Ruhestand zu sein. Im West 4th, so<br />

sagt er, „sieht man die Früchte meiner<br />

Arbeit“. Im Moment versucht er die<br />

Magie dieses Ortes, die multikulturelle<br />

Mischung des Käfigs in die Welt hinauszutragen.<br />

Er arbeitet mit Offiziellen<br />

aus der Dominikanischen Republik an<br />

einem Austauschprogramm.<br />

Für ihn war das während der Pandemie<br />

vielleicht auch ein guter Zeitvertreib.<br />

Bald jedoch wird alles wieder<br />

so sein wie früher: Die Spieler werden<br />

auftauchen, so verlässlich, dass man<br />

die Uhr nach ihnen stellen könnte. Die<br />

Fans, die während der Summer Leagues<br />

Abend für Abend denselben Platz am<br />

Zaun besetzen, werden ihre Posten wieder<br />

einnehmen. Den Käfig gibt es jetzt<br />

schon so lange, dass er Teil von Familiengeschichten<br />

geworden ist: Generationen<br />

kommen gemeinsam. Eltern reichen die<br />

Erfahrung des Spielens oder Zuschauens<br />

im West 4th wie ein Erbstück feierlich<br />

an ihre Kinder weiter. Der Platz ist also<br />

noch etwas: eine Zeitkapsel.<br />

Mit den Jahrzehnten verändert sich<br />

Manhattan, es verwandelt sich immer<br />

wieder, nimmt ständig neue Formen an.<br />

Gebäude werden abgerissen und gebaut,<br />

Restaurants wechseln den Besitzer und<br />

die Identität, Parks verwahrlosen und<br />

werden wiedergeboren.<br />

Aber dieses kleine Rechteck, das da<br />

irgendwie in Greenwich Village hineingequetscht<br />

wurde? Dieser Käfig, so scheint<br />

es, ist für die Ewigkeit.<br />

Gleich geht’s los: Zwei Spieler der New Yorker Männerliga sind bereit für das Spiel.<br />

Alle Animositäten verpuffen in<br />

dem Moment, in dem sich alle zum<br />

nächsten Match versammeln.<br />

Streetball vom Feinsten<br />

Am 18. Juli steigt in Berlin das<br />

Finale von <strong>Red</strong> Bull Half Court.<br />

Sechs Spieler, ein Korb und jede Menge<br />

Action: Sei dabei, wenn in Berlin Deutschlands<br />

beste 3-gegen-3-Streetball-Teams<br />

zur nationalen Ednrunde antreten. Die<br />

Gewinner reisen zum Weltfinale nach<br />

Russland und treffen auf die Sieger aus<br />

über 20 weiteren Nationen.<br />

Detaillierte Infos über das Turnier:<br />

redbull.com<br />

58 THE RED BULLETIN

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