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Streetball<br />
Hier war Beständigkeit: Dass der Punktezähler<br />
Omar vor den Spielen immer<br />
viel zu viel billiges Bier trank und sich<br />
prompt verzählte, sodass Graham ihn<br />
korrigieren musste, änderte nichts daran,<br />
dass Omar weiterhin für die Punkte verantwortlich<br />
blieb. Ryan gefiel das. Die<br />
Sticheleien des Sprechers, der ballettgleiche<br />
Wettkampf, Kenny Grahams<br />
strenge Regeln gegen Gewalt – das alles<br />
sorgte für Stabilität in einer sonst völlig<br />
instabilen Welt.<br />
Jack Ryan war MVP („most valuable<br />
player“ – der wertvollste Spieler) in<br />
einer der Ligen, auf seiner Wade prangt<br />
ein Tattoo des West-4th-Logos. Und er<br />
trifft sich immer noch mit Leo, Sherm,<br />
Doc – all den Männern, mit denen er<br />
Freundschaft geschlossen hat in seinen<br />
fast vierzig Jahren auf dem Platz. „Jetzt,<br />
da ich älter bin, ist das meine Familie“,<br />
sagt Ryan. „West 4th Street ist mein<br />
zweites Zuhause. Mein Hinterhof.“<br />
Der Platz ist eine Gemeinschaft<br />
Das mag seltsam klingen, denn das Spiel<br />
ist so körperbetont, dass es sich an der<br />
Grenze zu offener Feindseligkeit bewegt.<br />
Nach einigen Schlägereien hat Kenny<br />
Graham Nulltoleranzregeln aufgestellt.<br />
Wer gegen sie verstößt, kann des Platzes<br />
verwiesen werden.<br />
Aber es gibt eine große Wertschätzung<br />
zwischen den Spielern. Alle mühsam<br />
erarbeiteten, liebevoll gehegten Animositäten<br />
verpuffen in dem Moment, in dem<br />
sich alle zur nächsten Runde, zum nächsten<br />
Match versammeln.<br />
„Bei aller Härte herrscht ein unglaublicher<br />
Kameradschaftsgeist“, sagt Jason<br />
Curry. „Jedem, der auf den Platz geht,<br />
wird Respekt entgegengebracht.“ Die<br />
Leute passen aufeinander auf.<br />
Die Spiele im Käfig sind für viele ein<br />
wichtiger Teil ihres Lebens. 70 Teams<br />
treten hier in Ligen gegeneinander an: je<br />
20 für Männer und High-School-Schüler,<br />
16 für Frauen, 14 für Nachwuchsteams.<br />
Graham, heute 69, zeigt keine Ermüdungserscheinungen,<br />
obwohl er erklärt,<br />
im Ruhestand zu sein. Im West 4th, so<br />
sagt er, „sieht man die Früchte meiner<br />
Arbeit“. Im Moment versucht er die<br />
Magie dieses Ortes, die multikulturelle<br />
Mischung des Käfigs in die Welt hinauszutragen.<br />
Er arbeitet mit Offiziellen<br />
aus der Dominikanischen Republik an<br />
einem Austauschprogramm.<br />
Für ihn war das während der Pandemie<br />
vielleicht auch ein guter Zeitvertreib.<br />
Bald jedoch wird alles wieder<br />
so sein wie früher: Die Spieler werden<br />
auftauchen, so verlässlich, dass man<br />
die Uhr nach ihnen stellen könnte. Die<br />
Fans, die während der Summer Leagues<br />
Abend für Abend denselben Platz am<br />
Zaun besetzen, werden ihre Posten wieder<br />
einnehmen. Den Käfig gibt es jetzt<br />
schon so lange, dass er Teil von Familiengeschichten<br />
geworden ist: Generationen<br />
kommen gemeinsam. Eltern reichen die<br />
Erfahrung des Spielens oder Zuschauens<br />
im West 4th wie ein Erbstück feierlich<br />
an ihre Kinder weiter. Der Platz ist also<br />
noch etwas: eine Zeitkapsel.<br />
Mit den Jahrzehnten verändert sich<br />
Manhattan, es verwandelt sich immer<br />
wieder, nimmt ständig neue Formen an.<br />
Gebäude werden abgerissen und gebaut,<br />
Restaurants wechseln den Besitzer und<br />
die Identität, Parks verwahrlosen und<br />
werden wiedergeboren.<br />
Aber dieses kleine Rechteck, das da<br />
irgendwie in Greenwich Village hineingequetscht<br />
wurde? Dieser Käfig, so scheint<br />
es, ist für die Ewigkeit.<br />
Gleich geht’s los: Zwei Spieler der New Yorker Männerliga sind bereit für das Spiel.<br />
Alle Animositäten verpuffen in<br />
dem Moment, in dem sich alle zum<br />
nächsten Match versammeln.<br />
Streetball vom Feinsten<br />
Am 18. Juli steigt in Berlin das<br />
Finale von <strong>Red</strong> Bull Half Court.<br />
Sechs Spieler, ein Korb und jede Menge<br />
Action: Sei dabei, wenn in Berlin Deutschlands<br />
beste 3-gegen-3-Streetball-Teams<br />
zur nationalen Ednrunde antreten. Die<br />
Gewinner reisen zum Weltfinale nach<br />
Russland und treffen auf die Sieger aus<br />
über 20 weiteren Nationen.<br />
Detaillierte Infos über das Turnier:<br />
redbull.com<br />
58 THE RED BULLETIN