HR Today 9/21 HR-Tech Werkzeuge
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hrtoday.ch | CHF 19.50<br />
20<strong>21</strong><br />
N°<br />
9<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />
Know-how for tomorrow<br />
Zigarrenduft<br />
Zu Gast bei Antonio Maiolino,<br />
Director Global Human Resources<br />
bei Oettinger Davidoff.<br />
Seite 8<br />
Kernkraft<br />
Abgeschaltet: Der Abbau des<br />
Kernkraftwerks Mühleberg verlangt<br />
<strong>HR</strong> und Mitarbeitenden einiges ab.<br />
Seite 47<br />
Umwelt<br />
Was Unternehmen und ihre<br />
Mitarbeitenden gegen<br />
den Klimawandel tun können.<br />
Seite 50<br />
<strong>HR</strong>-TECH<br />
WERKZEUGE<br />
Offizielles Kommunikationsorgan des Verbandes der Personaldienstleister der Schweiz<br />
iSTOCKPHOTO
3 Tipps, wie Sie mehr aus Ihrem Recruiting-Budget holen<br />
Ist Ihr Recruiting-Budget schon fast ausgeschöpft, aber das Jahr noch nicht vorbei und noch nicht alle Vakanzen<br />
besetzt? Mit diesen 3 Tipps sparen Sie erhebliche Kosten:<br />
1. Stellenanzeige auf der eigenen Website aufschalten<br />
Eine eigene Website hat jedes Unternehmen. Nutzen Sie diese unbedingt, um Ihre Stellenanzeigen zu publizieren.<br />
Einfacher und kostengünstiger geht das nirgends. Kreieren Sie dafür eine Karriereseite auf Ihrer Unternehmenswebsite<br />
und verlinken Sie diese gut sichtbar auf der Startseite.<br />
2. Messen und optimieren<br />
Wer misst, kann optimieren. In diesem Fall gilt es, die Besuche auf den Stellenanzeigen zu messen und wie viele<br />
Personen sich beworben haben. Wenn die Stellenanzeigen auf der eigenen Website aufgeschaltet sind, liegt die<br />
Analyse in Ihren Händen.<br />
3. Zielgerichtete Jobplattformen nutzen<br />
Wie auch im klassischen Marketing ist im Personalmarketing weniger manchmal mehr. Mit einer gezielten Ansprache<br />
der richtigen Fachkräfte ist Ihnen besser geholfen, als mit einer breiten Streuung und einer grossen<br />
Reichweite.<br />
Indem Vakanzen zielgruppenspezifisch ausgeschrieben werden, können Sie die Kosten pro Anstellung tief halten.<br />
Geheimtipp: Publizieren Sie Ihre Stellenanzeigen über jobchannel SMART. Hier werden Ihre Stellenanzeigen<br />
automatisch der richtigen Zielgruppe über die passenden Plattformen angezeigt. Zusätzlich erhalten Sie ein<br />
einfaches Instrument, um Ihre Stellenanzeigen zu analysieren.<br />
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Automatische Erkennung Ihrer Stellenanzeigen<br />
und Publikation auf über 150 Job- und<br />
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und -Abonnenten<br />
2.5 Mio. Inserate-Klicks pro Monat<br />
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smart.jobchannel.ch
EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Zurück aus der Sommerpause: Lesen Sie in dieser <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>-Ausgabe über <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
– von künstlicher Intelligenz und Machine Learning bis hin zu Blockchain,<br />
Skills- und Talentmanagement sowie digitalem BGM (ab Seite 22). Fast kein <strong>HR</strong>-<br />
Bereich kommt heute ohne Digitalisierung aus. Doch nutzen wir die damit verbundenen<br />
Möglichkeiten tatsächlich? Eine Frage, die jede und jeder für sich und sein Unternehmen<br />
beantworten muss. Wobei eines sicher ist: Die Zukunft wird zumindest hybrider<br />
– erst recht infolge der Covid-19-Pandemie.<br />
Ausserdem berichten wir in dieser Ausgabe über «Change»-Themen. Beispielsweise,<br />
welche rechtlichen Fallstricke eine Massenentlassung für Arbeitgebende hat (Seite<br />
40) oder und wie ein Unternehmen mit Mitarbeitenden umgeht, die ihren Arbeitsplatz<br />
zurückbauen müssen, wie derzeit beim Kernkraftwerk Mühleberg (Seite 47).<br />
Ein Umdenken erfordert auch der voranschreitende Klimawandel. Die Initiative<br />
«42hacks» nimmt sich der Klimakrise an und zeigt, wie sich Unternehmen und Mitarbeitende<br />
in diesem Bereich engagieren können (Seite 50). Sind auch Sie dabei?<br />
Wir wünschen Ihnen viel Freude und Inspiration mit der aktuellen Ausgabe – und<br />
weiterhin viele sonnige Sommertage.<br />
Herzliche Grüsse,<br />
Christine Bachmann, stv. Chefredaktorin<br />
cb@hrtoday.ch<br />
Unsere Bilder sind<br />
jetzt mehr als Bilder –<br />
lassen Sie sie<br />
lebendig werden!<br />
1 Laden Sie die<br />
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für iOS + Android<br />
herunter.<br />
2 Öffnen Sie im Hauptmenü<br />
die Funktion<br />
«Scannen».<br />
3 Halten Sie die Kamera<br />
auf das mit markierte<br />
Bild und klicken Sie auf<br />
«scannen».<br />
VERMEIDEN SIE NOCH<br />
FEHLER ODER LEBEN SIE<br />
SCHON FEHLERKULTUR?<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Kampagne_<strong>HR</strong>_<strong>Today</strong>_LZ.indd 8 13.01.20<strong>21</strong> 14:53:<strong>21</strong><br />
3
INHALT<br />
PEOPLE<br />
8 Porträt Antonio Maiolino, Director Global Human Resources<br />
beschäftigt sich bei der familiär geführten Oettinger Davidoff nicht<br />
nur mit <strong>HR</strong>-Fragen, sondern modelt auch für das Unternehmen.<br />
12 Im Gespräch Wie Managerinnen und Manager afrikanische<br />
Unternehmende im Auftrag der Non-Profit-Organisation<br />
«Manager ohne Grenzen» beratend zur Seite stehen.<br />
14 Sesselrücker und Events<br />
16 Afterwork Leseratte, Freizeitsportlerin und vielseitig interessiert:<br />
Gabi Rust, Leitung <strong>HR</strong>-Administration im Alterszentrum Rubiswil in<br />
Ibach, im Gespräch.<br />
SCHWERPUNKT: <strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />
8<br />
22 Zukunftssausichten Vom Unterschied zwischen künstliche<br />
Intelligenz und Machine Learning – und was beides dem <strong>HR</strong> nützt.<br />
24 Blockchain im <strong>HR</strong> Wie sie die <strong>HR</strong>-Arbeit erleichtern könnte.<br />
27 People Analytics Die richtige Strategie wählen.<br />
30 Skills-Management Analog, digital oder hybrid?<br />
Drei <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologieanbieter im Gespräch.<br />
32 Digitales BGM Ergänzen Tools das analoge BGM?<br />
Der Nutzen solcher Apps in Homeoffice-Zeiten.<br />
THEMA<br />
50<br />
40 Arbeit und Recht Was Arbeitgebende und <strong>HR</strong> bei<br />
Massenentlassungen beachten sollten.<br />
42 Serie: Sozialversicherung Müssen Verwaltungsratsmitglieder<br />
bei der Pensionskasse versichert werden? Eine Auslegeordnung.<br />
47 <strong>HR</strong> Change Management Das Kernkraftwerk Mühleberg wurde<br />
abgeschaltet und wird jetzt zurückgebaut. Was das für <strong>HR</strong> und<br />
Mitarbeitende bedeutet.<br />
50 <strong>HR</strong> und Klima Wie die Initiative «42hacks» die Klimakrise<br />
bewältigen will.<br />
53 Loyalität Was sie heute noch zählt.<br />
55 Angeknüpft Eine neue Rubrik, deren erste Folge den Artikel<br />
«Ohne Chefs» aus der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> Ausgabe 7&8 weiter ausführt. .<br />
MEINUNG<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
69<br />
56 Swissstaffing Neues aus dem Verbandsalltag.<br />
60 Buchtipps Die Redaktion empfiehlt.<br />
61 Debatte Soll man für Kununu-Bewertungen bezahlen?<br />
66 hrtoday.ch Von sinnstiftender Personalführung, Frauenquoten<br />
und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />
67 Blog Cordelia Kissling zur emotionalen Intelligenz.<br />
69 Fokus Forschung Bastelnd zur richtigen Lösung gelangen.<br />
70 <strong>HR</strong>-Team des Monats Das <strong>HR</strong>-Team der Jungfraubahnen stellt<br />
sich engagiert den pandemiebedingten Herausforderungen.<br />
4
70<br />
47<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
5
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PRÜFUNGSREFORM IM RECHNUNGSWESEN UND CONTROLLING<br />
ZAHLENMEISTERLICH MIT DATEN<br />
JONGLIEREN – EIN MUSS!<br />
AM PRINZIP VON SOLL UND HABEN WIRD SICH IM RECHNUNGSWESEN UND CONTROLLING SO RASCH NICHTS ÄNDERN.<br />
MASSIV IM WANDEL IST HINGEGEN DER UMGANG MIT DATEN IM ZEITALTER DER DIGITALISIERUNG. DAS DATENMANAGEMENT<br />
FLIESST IN DIE PRÜFUNGSREFORM DER BERUFS- UND HÖHEREN FACHPRÜFUNG EIN, DIE AB 2023 GREIFEN WIRD.<br />
Text: Marion Tarrach<br />
Eine umfangreiche Berufsfeld-Analyse stand am<br />
Anfang der Prüfungsreform, die der Verein für die<br />
höheren Prüfungen im Rechnungswesen und<br />
Controlling aktuell umsetzt. Nicht das «Ob» von<br />
Digitalisierung als Bestandteil stand dabei zur<br />
Debatte, sondern das «Wie». Das auch mit Blick<br />
auf die Studie «Digital Switzerland», welche die<br />
Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) im Jahr<br />
2018 zusammen mit dem Fachverband veb.ch<br />
durchführen liess. Im Fokus stand «die digitale<br />
Reife im Rechnungswesen und in anverwandten<br />
Bereichen» von 1026 teilnehmenden Schweizer<br />
Unternehmen. Davon bezeichneten sich 85 Prozent<br />
als «digitale Dinosaurier». Da aber mehr als<br />
die Hälfte der Befragten bestätigte, dass Controllerinnen<br />
und Controller in die Datenanalyse,<br />
-interpretation und -organisation investieren müssen,<br />
waren die nächsten Schritte vorgezeichnet.<br />
Ab dem Prüfungsjahr 2023 werden auf beiden<br />
Bildungsstufen Kompetenzen im Datenmanagement<br />
verlangt. Auf Stufe Fachausweis wird der<br />
Abschluss eines Lehrgangs, wie sie im Markt<br />
bestehen, als Zulassungsbedingung deklariert. Für<br />
die künftigen Expertinnen und Experten in Rechnungslegung<br />
und Controlling wird das Datenmanagement<br />
hingegen Weiterbildungs- und<br />
Prüfungsbestandteil sein. Peter Herger, Initiant<br />
der entsprechenden Fachkommission des Prüfungsvereins,<br />
gibt dazu Auskunft.<br />
Weshalb wird das Datenmanagement in die<br />
höhere Fachprüfung integriert, statt eine<br />
Zulassungsbedingung zu sein?<br />
Peter Herger: Geeignete, auf das Berufsfeld der<br />
Controllerinnen und Controller zugeschnittene<br />
Standardlehrgänge gibt es nicht. Heute übernehmen<br />
häufig Datenanalysten die Rolle von<br />
Controllern, ohne den notwendigen betriebswirtschaftlichen<br />
Background mitzubringen. Wir wollen<br />
diese Kompetenzen verbinden. Neben grundlegenden<br />
Aspekten geht es um Automatisierung,<br />
Business Intelligence, Künstliche Intelligenz oder<br />
Predictive Analytics – alles mit einem konkreten<br />
Praxisbezug vermittelt.<br />
Peter Herger,<br />
Initiant und Mitglied Fachkommission Datenmanagement,<br />
Verein für die höheren Prüfungen in Rechnungswesen<br />
und Controlling, Mitinhaber und Geschäftsführer der<br />
PROFFIX Software AG<br />
Business heraus. Externe Datenanalysten können<br />
Antworten finden, aber nicht zwingend die richtigen<br />
Fragen stellen. Das ist der Job unserer eidgenössisch<br />
diplomierten Expertinnen und Experten.<br />
Mit dem neuen Bildungsmodul werden sie<br />
nicht plötzlich selbst zu Profi-Analysten. Sie verfügen<br />
aber über die notwendige Innensicht, sind<br />
dann auch mit den Konzepten des Datenmanagements<br />
und den Möglichkeiten von zentralen IT-<br />
<strong>Werkzeuge</strong>n vertraut und können sich deshalb<br />
mit den Analysten auf Augenhöhe unterhalten.<br />
Inwiefern profitieren die Arbeitgeber davon?<br />
Es ist die Aufgabe des Controllings, Entscheidungsgrundlagen<br />
zu schaffen. Mit dem Datenmanagement<br />
steigt deren Qualität vor allem im<br />
Bereich von Predictive Analytics, wo es um Prognosen<br />
und Zukunftsszenarien geht. In der Schweiz<br />
fallen viele Entscheide noch aus Erfahrung, ohne<br />
die Aussagekraft von Modellrechnungen und<br />
unterschiedlichen Parametern zu nutzen. Daten<br />
sind ein Schatz. Controllerinnen und Controller<br />
stehen an vorderster Front bereit, um ihn zu heben<br />
und als strategischen Erfolgsfaktor einzusetzen.<br />
Welche Kompetenzen werden für<br />
Mitarbeitende im Rechnungswesen<br />
in Zukunft am wichtigsten sein?<br />
Eines der Umfrageergebnisse aus der Studie Digital Switzerland<br />
von HWZ und veb.ch aus dem Jahr 2018 (mehr Informationen:<br />
www.digital-switzerland.ch/digital-switzerland-2018)<br />
PRÜFUNGSREFORM IM RECHNUNGS-<br />
WESEN UND CONTROLLING<br />
Leadership ist ein weiterer Kompetenzbereich,<br />
der mit der Prüfungsreform 2023<br />
in die Bildungswege im Rechnungswesen<br />
und Controlling als Zulassungsbedingung<br />
Einzug hält. Für die Berufsprüfung im<br />
Finanz- und Rechnungswesen ist das Thema<br />
als digitaler Lernpfad aufgesetzt, für die<br />
höhere Fachprüfung in Rechnungslegung<br />
und Controlling als mehrtägiges, zentral<br />
organisiertes Präsenzmodul.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Was wollen Sie damit erreichen?<br />
Die Fragestellungen für die Unternehmen und<br />
Organisationen kommen aus dem jeweiligen<br />
Herzlichen Dank für das Gespräch!<br />
Die ausführliche Interview-Fassung ist auf zahlenmeister.ch<br />
(Aus der Prüfungsküche) verfügbar.<br />
6
PEOPLE<br />
Antonio Maiolino (Seite 8) • Helene Prölss und Britta Camen (Seite 12) • Gabi Rust (Seite 16)<br />
3 Fragen an Thomas Mattig,<br />
Direktor Gesundheitsförderung Schweiz<br />
Am 1. September findet die BGM-Tagung<br />
erstmals virtuell statt. Das Thema ist «Fit<br />
für die Zukunft – BGM für junge Arbeitnehmende».<br />
Warum dieser Schwerpunkt?<br />
Thomas Mattig: Junge Arbeitnehmende sind<br />
Leistungsträger der Zukunft, aber auch eine<br />
vulnerable Gruppe. Auch sie leiden zunehmend<br />
unter den Belastungen der modernen Arbeitswelt,<br />
ihr Job-Stress-Index ist ungünstig, Fehlzeiten häufen sich,<br />
psychische Erkrankungen und IV-Fälle nehmen zu. Als Berufsbildungsverantwortliche,<br />
<strong>HR</strong>-Fachleute und Führungspersonen haben es unsere<br />
Tagungsteilnehmenden in der Hand, Ressourcen junger Arbeitnehmender<br />
zu stärken und ihre Belastungsfaktoren zu reduzieren.<br />
Auf was dürfen sich die Teilnehmenden an der BGM-Tagung<br />
besonders freuen?<br />
Auf ein reichhaltiges, abwechslungsreiches Programm mit drei Keynote-<br />
Referaten und einem Vortrag des renommierten Jugendpsychologen<br />
Allan Guggenbühl. In drei Vertiefungsworkshops und zwanzig Workshops<br />
können unsere Teilnehmenden zudem Erfahrungen austauschen, diskutieren<br />
und gemeinsam mit Fachleuten Lösungen für ihren Betrieb<br />
entwickeln. Die virtuelle Tagung am 1. September endet mit einem<br />
Politik-Talk mit den Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen und Melanie<br />
Mettler zum Thema «Welche Politik für die Stärkung der Gesundheit<br />
von Lernenden und Lehrstellensuchenden?».<br />
Ihr persönlicher Höhepunkt der kommenden Tagung?<br />
Mein persönliches Highlight ist der Austausch zwischen Teilnehmenden<br />
und den 13 Lernenden von «Login Berufsbildung». Im Dialograum können<br />
Teilnehmende während der Workshop-Sessions mit Lernenden<br />
diskutieren, Erfolgsgeschichten austauschen und daraus konkrete Massnahmen<br />
und Ideen für ihr firmeninternes BGM ableiten. (cb)<br />
Weitere Informationen unter: bgm-tagung.ch<br />
Was macht eigentlich Tatjana Zbinden?<br />
Als wir Sie 2014 interviewten, waren Sie <strong>HR</strong>-Leiterin Canon Schweiz<br />
und kümmerten sich gleichzeitig um zwei<br />
kleine Kinder. Seither sind Sie ein Jahr um<br />
die Welt gereist, haben das Beratungsunternehmen<br />
Aluan gegründet und sind<br />
Stiftungsratspräsidentin bei der Mobiliar-Vorsorgestiftung<br />
sowie Dozentin an<br />
der ZHAW geworden. Eine Vielfalt an<br />
Aufgaben. Was treibt Sie an?<br />
Tatjana Zbinden: Mich in neuen Aufgaben und<br />
Themengebieten fit zu machen, gibt mir unglaublich<br />
viel Energie. Mich treibt an, Neues zu lernen und mich zu entwickeln.<br />
Meinen Aufgaben gemein ist, andere Menschen in ihrem Lern- und<br />
Entwicklungsprozess zu unterstützen und zu begleiten.<br />
Welche Ihrer Tätigkeiten macht Ihnen besonders Freude?<br />
Die Kombination macht es aus. Ich treffe immer wieder auf unterschiedliche<br />
Menschen und Themen und staune, dass sich ganz unerwartet<br />
viele Synergien ergeben. Dass ich meine berufliche Laufbahn<br />
auf verschiedenen Pfeilern aufbauen konnte, ist ein Privileg. Das gibt<br />
mir Stabilität und verleiht mir Authentizität und Unabhängigkeit.<br />
Diese Werte sind in Verwaltungs- und Stiftungsratspositionen wie<br />
auch in der Wissenschaft sehr wichtig.<br />
Was hat Sie dazu bewogen, Canon zu verlassen und sich selbstständig<br />
zu machen?<br />
Canon habe ich aus privaten Gründen verlassen. Mein Partner und<br />
ich träumten schon lange von einer Weltreise. Es war zudem terminlich<br />
die letzte Gelegenheit, unsere beiden Töchter aus dem Kindergarten<br />
zu nehmen. Meine eigene Firma habe ich gegründet, weil ich<br />
nach unserer Rückkehr in die Schweiz nicht mehr Vollzeit arbeiten<br />
wollte. Ich dachte, die Selbstständigkeit sei die einzige Möglichkeit,<br />
interessanten und anspruchsvollen Aufgaben nachzugehen und Zeit<br />
für die Familie zu haben. Nach erfolgreichem Firmenstart hat mir die<br />
ZHAW dann zudem ein 50-Prozent-Pensum als Dozentin angeboten.<br />
Würden Sie sich dereinst wieder 100 Prozent festanstellen lassen?<br />
Die Einbettung in einer Organisation und die Arbeit sowie der Austausch<br />
im Team sind mir wichtig. Ich bin deshalb eher ein Typ Mensch,<br />
der sich anstellen lässt. Ich würde aber nicht mehr 100 Prozent in<br />
einem Betrieb arbeiten. Dazu sind mir meine vielseitigen Aufgaben<br />
und die Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen kann, zu wichtig.<br />
Meine Firma, die Aluan AG, läuft im operativen Geschäft auch ohne<br />
mich. Als VR-Präsidentin beschäftige ich mich deshalb nur noch mit<br />
einzelnen Elementen der Geschäftsführung und betrachte mich nicht<br />
mehr als selbstständig, sondern als festangestellt.<br />
F O<br />
T O<br />
:<br />
Z V G<br />
Inwiefern fühlen Sie sich noch mit Canon verbunden?<br />
Canon ist ein hervorragender Brand mit hochwertigen und innovativen<br />
Produkten, denen man überall auf der Welt begegnet. Da fällt<br />
es einem auch nach einigen Jahren noch sehr leicht, sich verbunden<br />
zu fühlen. Zudem pflege ich immer noch einige Kontakte zu ehemaligen<br />
Canon-Kollegen. (cp)<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
7
AKTUELL<br />
Porträt<br />
FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />
2018 bis heute<br />
Director Global Human Resources,<br />
Oettinger Davidoff AG, Basel<br />
2013–2015<br />
<strong>HR</strong> Business Partner,<br />
Implenia Schweiz AG, Dietlikon<br />
2000–2013<br />
Diverse <strong>HR</strong>-Funktionen,<br />
Manor AG, Basel<br />
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8
AKTUELL<br />
Porträt<br />
MENSCHENFREUND UND<br />
ZIGARRENLIEBHABER<br />
SEIT ÜBER 30 JA<strong>HR</strong>EN IM <strong>HR</strong> IN DER MODE-, DER BAU- UND DER TABAKBRANCHE IST ANTONIO MAIOLINO HEUTE ALS<br />
DIRECTOR GLOBAL HUMAN RESOURCES BEI DER OETTINGER DAVIDOFF AG IN BASEL TÄTIG. ÜBER DIE <strong>HR</strong>-HERAUSFORDE-<br />
RUNGEN EINES FAMILIÄREN KMU MIT WELTWEITEN STANDORTEN UND EINEM WELTBEKANNTEN BRAND.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
An der Decke hängen Tabakblätter, deren Duftnote<br />
den Raum erfüllen. In den Wandregalen lagern<br />
handgemachte Premium-Zigarren. Für das Fotoshooting<br />
posiert Antonio Maiolino im begehbaren<br />
Humidor am Hauptsitz der Oettinger Davidoff AG<br />
in Basel. Der modeaffine Director Global Human<br />
Resources macht das professionell und verrät, dass<br />
er für seine Arbeitgeberin auch ab und zu als Model<br />
tätig sei. «In unseren Davidoff-Social-Media-Kanälen<br />
modle ich für die Winston-Churchill-Zigarren.»<br />
Wie es dazu kam? Im Berufsalltag trägt der oberste<br />
Personaler des Tabakkonzerns häufig modische<br />
Anzüge. Die Marketingabteilung fand: «Du passt<br />
perfekt zu diesem Brand.» Maiolino, selbst Zigarrenliebhaber,<br />
sagte zu.<br />
Dass die Marketingabteilung eines weltbekannten<br />
Brands wie Davidoff ihren Personalchef als Model<br />
einsetzt, zeigt, wie familiär und interdisziplinär der<br />
146-jährige Tabakwarenkonzern agiert. «Die rund<br />
130 Mitarbeitenden in Basel arbeiten eng zusammen<br />
und die Entscheidungswege sind kurz», bestätigt<br />
Antonio Maiolino. Das treffe auch auf den Austausch<br />
mit der im Verwaltungsrat agierenden<br />
Besitzerfamilie zu: «Ihre Türen sind stets offen.»<br />
Gehen Kommunikation und Zusammenarbeit am<br />
Hauptsitz leicht von der Hand, sei das international<br />
herausfordernder. «Als Director Global Human<br />
Resources bin ich für die Mitarbeitenden in Basel<br />
und jene der Zigarren-Produktionsstandorte in<br />
Honduras und in der Dominikanischen Republik<br />
sowie den weltweiten Tochtergesellschaften<br />
verantwortlich.» Insgesamt beschäftigt die Oettinger<br />
Davidoff AG weltweit rund 3100 Mitarbeitende,<br />
die meisten davon in den beiden Produktionsstätten.<br />
Antonio Maiolino ist mit seinem fünfköpfigen <strong>HR</strong>-<br />
Team geografisch von den Aussenstandorten zu<br />
weit entfernt. Deshalb arbeitet er in den verschiedenen<br />
Ländern mit ortsansässigen <strong>HR</strong>-Verantwortlichen.<br />
«Sie sind eigenständig, kennen die wirtschaftlichen<br />
und rechtlichen Gegebenheiten vor<br />
Ort und rapportieren mir monatlich», sagt er. Das<br />
funktioniere sehr gut. «Die Kollegen sind initiativ,<br />
engagiert, strukturiert und prozessorientiert.»<br />
Ungeachtet dessen möchte der Personalchef künftig<br />
die Synergien zwischen den Ländern noch besser<br />
nutzen – «vom Know-how-Austausch im <strong>HR</strong><br />
über die Implementierung neuer <strong>HR</strong>-Tools bis hin<br />
zu Prozessoptimierungen».<br />
EIN UNTERNEHMEN, DAS<br />
MITARBEITENDE INTERN<br />
FÖRDERT, MUSS KEINE<br />
NEUEN SUCHEN.<br />
ANTONIO MAIOLINO<br />
Emotionales Auf und Ab<br />
Antonio Maiolino ist ein <strong>HR</strong>-Quereinsteiger, der 1989<br />
nach seiner Lehre zum Radio- und TV-Elektriker ins<br />
Personalwesen kam. «Im erlernten Beruf sah ich<br />
keine langfristige Perspektive, deshalb absolvierte<br />
ich berufsbegleitend die Handelsschule.» Eine Stellenanzeige<br />
der ARFA Röhrenwerken in Möhlin und<br />
Münchenstein mit dem Titel: «Einstieg ins Personalwesen»<br />
weckt sein Interesse. Gewünscht sind unter<br />
anderem Italienischkenntnisse. «Ich habe mich<br />
beworben, sie haben mich genommen. So begann<br />
meine <strong>HR</strong>-Karriere.» Ein Sprung ins kalte Wasser,<br />
der nicht ganz einfach war: «Ich musste als Erstes<br />
zahlreiche Mitarbeitende rekrutieren, um sie wenig<br />
später aufgrund einer ungeplanten Marktentwicklung<br />
in Kurzarbeit zu schicken und dann sogar entlassen.<br />
Das war ein emotionales Auf und Ab.» Innerhalb<br />
von knapp zwei Jahren lernt Maiolino<br />
sämtliche <strong>HR</strong>-Tätigkeiten kennen: «Diese Zeit hat<br />
mich stark geprägt und ich habe gelernt, wie wichtig<br />
es bei einer Massenentlassung ist, menschlich<br />
zu bleiben und die betroffenen Mitarbeitenden bis<br />
zum Schluss professionell und emphatisch zu<br />
begleiten.»<br />
Nach dieser ersten intensiven <strong>HR</strong>-Erfahrung wechselt<br />
Maiolino Anfang 1993 zum Mode- und Versandhaus<br />
Spengler AG in Münchenstein, beginnt als<br />
stellvertretender Personalchef und rückt 1994 in die<br />
<strong>HR</strong>-Leiter-Position nach. «Als alleiniger Personal-<br />
chef war ich damals für 2500 Mitarbeitende zuständig<br />
– anfänglich allerdings nur in einer Personaladministrationsfunktion.<br />
Maiolino will beim<br />
Mode- und Versandhaus die Entwicklung des <strong>HR</strong><br />
vorantreiben und die Strukturen anpassen. Beispielsweise<br />
im Recruiting: «Das wurde an allen<br />
Standorten unterschiedlich gehandhabt.» Nach<br />
acht Jahren bei Spengler wirbt ihn ein Bekannter<br />
ins Inplacement-Geschäft ab. Bei dieser Tätigkeit<br />
kommt er in Kontakt mit der Warenhauskette<br />
Manor, die ihn ihrerseits umwirbt.<br />
Insgesamt 13 Jahre ist Maiolino für Manor tätig:<br />
«Vier Jahre im Warenhaus Basel, zwei Jahre in Genf<br />
und sieben Jahre in verschiedenen <strong>HR</strong>-Funktionen<br />
am Hauptsitz in Basel.» Dort führt der engagierte<br />
Personaler <strong>HR</strong>-Teams, ist bei Change-Prozessen<br />
dabei, beteiligt sich bei der Einführung von SAP<br />
und des Service-Centers und trägt <strong>HR</strong>-strategische<br />
Firmenentscheide mit. «Eine spannende und<br />
lehrreiche, aber extrem arbeitsintensive Zeit.» Als<br />
es 2010 bei Manor zu Restrukturierungen kommt,<br />
werden Antonio Maiolinos Arbeitstage noch intensiver<br />
und länger. Der Gesundheit und der Familie<br />
zuliebe kündigt er 2013.<br />
Neuausrichtung<br />
Antonio Maiolino orientiert sich 2013 mit 47 Jahren<br />
neu. «Weil ich als Ausgleich zu meinem Beruf in<br />
Oettinger Davidoff AG<br />
Die Oettinger Davidoff AG wurde 1875 gegründet<br />
und ist bis heute in Familienbesitz. Der Tabakwarenkonzern<br />
produziert, vermarktet und vertreibt<br />
Premium-Zigarren, Tabakprodukte und<br />
Accessoires. Das Unternehmen erwirtschaftet<br />
damit jährlich einen Umsatz von über einer halben<br />
Milliarde Schweizer Franken und beschäftigt weltweit<br />
rund 3100 Mitarbeitende. Daneben vertreibt<br />
Oettinger Davidoff in mehreren Ländern als<br />
Generalvertretung Marken wie Haribo in der<br />
Schweiz. Das Unternehmen ist zudem bekannt<br />
für seine Crop-to-shop-Philosophie, durch die alle<br />
Arbeitsschritte und Prozesse der gesamten Wertschöpfungskette<br />
vom Samen über den Verkauf<br />
analysiert, überwacht und so die Qualitätssicherung<br />
gewährleistet werden.<br />
oettingerdavidoff.com / davidoff.com<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
9
AKTUELL<br />
Porträt<br />
meinem Atelier Möbel schreinere und baue, nahm<br />
ich die Baubranche ins Visier.» Er klopft beim<br />
Baukonzern Implenia an und wird noch im gleichen<br />
Jahr <strong>HR</strong> Business Partner. Fortan kümmert er sich<br />
um das Bau-Kaderpersonal der Region Nordwestschweiz,<br />
gibt Führungskurse und arbeitet an mehreren<br />
<strong>HR</strong>-Projekten mit. Auch bei Implenia muss<br />
Maiolino eine Betriebsschliessung begleiten und<br />
Sozialpartnern wie Mitarbeitenden mit Rat und<br />
Tat zur Seite stehen. «Diese Vielfalt der Aufgaben<br />
hat mir sehr gefallen.» Der engagierte Personaler<br />
wäre wohl heute noch bei Implenia, hätte 2018<br />
nicht das Telefon geklingelt und eine Headhunterin<br />
ihm die Stelle bei der Oettinger Davidoff AG<br />
angeboten. «Als Basler und Zigarrenliebhaber<br />
konnte ich nicht Nein sagen.»<br />
Mitarbeitergesundheit im Fokus<br />
Mittlerweile hat sich Antonio Maiolino beim Zigarrenhersteller<br />
eingelebt. «Ich bin angekommen,<br />
obschon ich unsere Produktionsstätten in der<br />
Dominikanischen Republik und Honduras noch<br />
nicht besucht habe.» Das werde er nachholen,<br />
sobald das Reisen wieder möglich sei. Denn Corona<br />
hält auch das Familienunternehmen und den <strong>HR</strong>-<br />
Chef auf Trab. «Nach einem guten Start ins Jahr<br />
2020 hat die Pandemie das Geschäftsjahr erheblich<br />
beeinträchtigt», sagt Maiolino. Dank effektivem<br />
Krisenmanagement, einer besseren als erwarteten<br />
Geschäftsentwicklung in der zweiten<br />
Jahreshälfte sowie einer starken Zunahme im<br />
digitalen Kundenengagement konnte Oettinger<br />
Davidoff ihre Führungsposition im Premium-<br />
Zigarren geschäft weiter ausbauen und trotz<br />
schwieriger Ausgangssituation eine deutliche<br />
Erholung herbeiführen.<br />
Als positiv bilanziert der oberste Personaler auch,<br />
dass nur wenige Oettinger-Davidoff-Mitarbeitende<br />
an Corona erkrankt seien und glücklicherweise<br />
ohne schwere Verläufe. «Wir setzten die<br />
BAG-Richtlinien auch umgehend in den Produktionsstandorten<br />
um und wurden in Honduras für<br />
unsere vorbildlichen Schutz- und Hygienemassnahmen<br />
gar medial gelobt.» Die Gesundheit der<br />
Mitarbeitenden sei vor allem in Lateinamerika ein<br />
Thema: «Die medizinische Grundversorgung ist<br />
dort keine Selbstverständlichkeit. Deshalb engagiert<br />
sich Oettinger Davidoff seit Jahren in diesem<br />
Bereich.» Was das bedeutet? «In den beiden Produktionsstätten<br />
in Honduras und der Dominikanischen<br />
Republik stehen unseren Mitarbeitenden<br />
und deren Familienmitgliedern diverse medizinische<br />
Dienste zur Verfügung. Zusätzlich übernehmen<br />
wir die Arztkosten, wenn dies benötigt wird.»<br />
Gegen den Fachkräftemangel<br />
Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden<br />
liegt Antonio Maiolino wie auch der Unternehmensleitung<br />
am Herzen. «In unseren Davidoff<br />
Academy Online-Trainings schulen wir die Zigarrenkompetenz<br />
unserer Mitarbeitenden und Handelspartner<br />
– von der Herstellung und Qualität<br />
unserer Premium-Zigarren bis hin zu deren Verkauf.»<br />
In den Kompetenzzentren in Honduras und<br />
der Dominikanischen Republik werden zudem<br />
sogenannte «Master Blender» ausgebildet: «Diese<br />
Mitarbeitenden sind massgeblich an der Zigarren-<br />
Kreation und der Bestimmung der Tabakmischungen<br />
unserer handgemachten Premium-Zigarren<br />
beteiligt.»<br />
Auch am Basler Davidoff-Hauptsitz beschäftigt<br />
sich Antonio Maiolino intensiv mit der Führungsund<br />
Mitarbeitendenentwicklung: «Ein Unternehmen,<br />
das Mitarbeitende intern fördert, muss keine<br />
neuen suchen. Das wird je länger je wichtiger, weil<br />
sich der Fachkräftemangel zuspitzt.» Beklagen<br />
kann sich der oberste Personaler nicht über einen<br />
Mitarbeitendenmangel: «Rekrutieren ist in der<br />
Zigarrenbranche nicht schwieriger als in anderen<br />
Branchen», sagt Maiolino. Vielmehr sei es im heutigen,<br />
stark regulierten Umfeld eine Herausforderung,<br />
Zigarren regelkonform zu vermarkten und<br />
zu vertreiben.<br />
Die Digitalisierung macht auch vor dem <strong>HR</strong> des<br />
Traditionsbetriebs Oettinger Davidoff nicht Halt:<br />
«Derzeit implementieren wir am Basler Hauptsitz<br />
und in den Schweizer Läden ein effizienteres Zeitmanagement-Tool.<br />
«Ein neues Recruiting-Tool ist<br />
ebenfalls in Planung.» Damit liessen sich <strong>HR</strong>-Routinetätigkeiten<br />
effizienter gestalten und mehr Zeit<br />
in qualitative Aufgaben investieren: Beispielsweise<br />
in die Evaluation künftig erforderlicher Skills und<br />
Mindsets. Ebenso möchte Maiolino mehr <strong>HR</strong>-Aufgaben<br />
delegieren: «Vom SAP-Anwenderproblem<br />
bis hin zu grossen Investitionen läuft noch zu viel<br />
über mein Pult. Das soll sich ändern.» a<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
10
KURZ UND BÜNDIG<br />
AKTUELL<br />
Porträt<br />
RAUCHER ODER<br />
NICHTRAUCHER?<br />
Ich bin ein Zigarrengeniesser in guter Gesellschaft,<br />
der abgesehen davon nicht raucht.<br />
Fashion oder Tabak?<br />
Ich liebe beides und kann das bei uns im<br />
Unternehmen bestens miteinander verbinden.<br />
Jäger oder<br />
Sammler?<br />
Fliegenfischer. Seit meinem zwanzigsten Lebensjahr<br />
fröne ich diesem Hobby und geniesse die<br />
ruhigen Stunden an meinem Sehnsuchtsort, dem<br />
Flussufer des Doubs im Jura. Die Faszination dafür<br />
hat mich bis heute nicht losgelassen.<br />
EINZELGÄNGER<br />
ODER TEAMWORK?<br />
Seit jeher Teamwork. Ob im Sport beim Handball<br />
oder im Arbeitsalltag. Etwas allein zu tun, macht<br />
keinen Spass.<br />
Meine grösste Extravaganz?<br />
Mein Pick-up-Truck. Diesen habe ich mir fürs Fliegenfischen gekauft,<br />
aber auch um Holz in mein Atelier zu transportieren, das ich zum Möbelschreinern<br />
brauche.<br />
Das Video-Interview mit Antonio Maiolino:<br />
hrtoday.ch<br />
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eine von vielen erkenntnissen aus der randstad employer brand studie 20<strong>21</strong>:<br />
hochqualifizierte suchen<br />
bei ihrem arbeitgeber<br />
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Bei der Wahl ihres Arbeitgebers<br />
achten 73 % der Hochqualifizierten<br />
auf faire Job-Rahmenbedingungen. Für<br />
über 60% sind aber ebenso inhaltliche<br />
Aspekte wie interessante Aufgaben und<br />
Zukunftsperspektiven entscheidend.<br />
Weitere interessante Erkenntnisse<br />
finden sich in der aktuellen Randstad<br />
Employer Brand Studie.<br />
randstad.ch/studie<br />
human forward.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
11
PEOPLE<br />
Im Gespräch<br />
«PERFEKTIONISMUS IST<br />
EHER HINDERLICH»<br />
MANAGERINNEN UND MANAGER BERATEN AFRIKANISCHE UNTERNEHMENDE IM AUFTRAG DES NON-PROFIT-UNTERNEH-<br />
MENS MANAGER OHNE GRENZEN UND TRAGEN DAZU BEI, ARBEITSPLÄTZE SOWIE EINKOMMEN IN AFRIKA ZU SCHAFFEN.<br />
EIN GESPRÄCH MIT GRÜNDERIN HELENE PRÖLSS UND PROJEKTMITARBEITERIN BRITTA CAMEN.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
Sie sind Gründerin der Organisation Manager ohne Grenzen, einem<br />
sozialen Unternehmen, das die Armut in Afrika reduzieren will. Hierfür<br />
vermitteln Sie Managerinnen und Manager an afrikanische Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer. Wie geht dieser Prozess vonstatten?<br />
Helene Prölss: Wir ermitteln zunächst den Hilfsbedarf eines Firmeninhabers,<br />
analysieren dessen Problem und bestimmen, welche Managerin<br />
oder welcher Manager am besten Hand bieten kann. Manager ohne<br />
Grenzen versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe, indem ausgewiesene Fachkräfte<br />
afrikanische Unternehmende beim Auf- und Ausbau ihrer Firmen<br />
beraten und dadurch zur Entwicklung des Kontinents beitragen. Wir<br />
beraten online vom heimischen Schreibtisch aus sowie vor Ort und pflegen<br />
einen respektvollen Umgang miteinander. Es geht keinesfalls darum,<br />
dass wir als Weisse sagen, was afrikanische Unternehmer tun müssen.<br />
ES GEHT KEINESFALLS DARUM,<br />
DASS WIR ALS WEISSE SAGEN,<br />
WAS AFRIKANISCHE<br />
UNTERNEHMER TUN MÜSSEN.<br />
HELENE PRÖLSS<br />
Wer für Manager ohne Grenzen beraten will, muss sich bewerben.<br />
Was tun Sie, um auf Ihre Organisation aufmerksam zu machen?<br />
Prölss: Viele finden über unser Netzwerk, durch die Medien oder über<br />
Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Wer sich engagieren will, muss sich<br />
zunächst bewerben und vorstellen. Mit Menschen in Low-Income-Ländern<br />
zusammenzuarbeiten, ist anders, als sich eine Zusammenarbeit in wirtschaftlich<br />
starken Ländern gestaltet. Deshalb schicken wir unsere Aspirantinnen<br />
und Aspiranten in einen dreiteiligen Kurs. In diesem setzen sie<br />
sich damit auseinander, was moderne Entwicklungshilfe bedeutet, wie<br />
sich die afrikanische Kultur von der westlichen unterscheidet und was es<br />
bedeutet, mit Partnern in Armutsgebieten zu kooperieren.<br />
Frau Camen, Sie haben während einer beruflichen Auszeit an einem<br />
der Projekte von Manager ohne Grenzen mitgewirkt. Weshalb?<br />
Britta Camen: Ich befand mich gerade in einer Orientierungsphase<br />
zwischen zwei Jobs und wollte die Zeit nutzen, mich gesellschaftlich zu<br />
engagieren. Dafür wollte ich meine Erfahrungen nutzen, die ich während<br />
zweieinhalb Jahren in Südafrika als Marketing Director in einem internationalen<br />
Konzern und während eines halbjährigen Auslandsaufenthalts<br />
in Senegal gesammelt hatte. Der Grundanspruch, mit Menschen aus der<br />
Geschäftswelt Armut zu bekämpfen und lokale Start-ups und KMU zu<br />
fördern, hat mir gefallen, weil dadurch Arbeitsplätze entstehen sowie<br />
Absatzmärkte für Produkte. Das generiert Einkommen für viele Familien.<br />
Das Schöne ist, dass ich auch aus der Ferne mit Onlineberatungen dazu<br />
beitragen kann, dass sich die Lebensbedingungen einer Gemeinschaft<br />
verbessern.<br />
Wie kam das Projekt zustande und was beinhaltete es?<br />
Camen: Den Anstoss gab der Chief einer Dorfgemeinschaft, der die<br />
Lebensbedingungen seiner Gemeinschaft verbessern wollte. Bevor wir<br />
in Sambia tätig wurden, gab es schon ein Projekt, das in einem 120-seitigen<br />
Dokument mündete. Viel davon wurde aber nicht umgesetzt. Durch<br />
eine Anfrage des Dorfchefs an Manager ohne Grenzen kam ich zum<br />
Projekt. Über unsere Whatsapp-Gespräche wurde bald klar, dass die<br />
Eigenversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten nebst der Gesundheit<br />
und Bildung oberste Priorität geniesst. Aufgrund dieser Erkenntnisse<br />
erstellten wir einen Businessplan, um die Versorgungssicherheit zu stei<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
VON FACHLEUTEN FÜR FACHLEUTE: Informatik & Telekommunikation, Medien, Kommunikation, Marketing<br />
12
Im Gespräch<br />
PEOPLE<br />
FOTOS: ZVG<br />
gern, den Handel zu fördern und damit Einkommen zu generieren. Ich<br />
beteiligte mich im Landwirtschaftsbereich und half beim Aufbau einer<br />
zwei Hektar grossen Demo-Farm für Lern- und Trainingszwecke. Mittlerweile<br />
wird dort mit diversifizierten Anbauprogrammen experimentiert,<br />
um die Ernährung auch in schlechten Erntejahren sicherzustellen. Beispielsweise,<br />
indem zeitgleich Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen angebaut<br />
und auf natürliche Art gedüngt werden. Im Dezember 2020 wurden<br />
erste Setzlinge gepflanzt, bis Juni 20<strong>21</strong> erstellten wir einen Businessplan.<br />
Nun geht es darum, die Geschäftsbeziehungen zwischen den Dorfbewohnern<br />
und den Verarbeitern voranzutreiben.<br />
Was waren besondere Herausforderungen?<br />
Camen: In einem Konzern hat man alle möglichen <strong>Werkzeuge</strong> wie Excel<br />
oder Projektmanagement-Software. Im Chiefdom gab es dagegen nicht<br />
mal einen funktionierenden Laptop. Um miteinander zu kommunizieren,<br />
mussten wir einen anderen Weg finden. Weil die Menschen im Dorf<br />
Handys besitzen, schalteten wir die Kamera über Whatsapp an, so konnten<br />
wir trotzdem Präsentationen abhalten. Auch mit Businessmodellen<br />
konnten die Menschen vor Ort nichts anfangen. Deshalb habe ich diese<br />
vereinfacht und mich bemüht, mich klar und deutlich auszudrücken.<br />
Etwa, indem ich den Chief fragte, wie er seine Farm organisieren und<br />
die Produkte vor Ort verkaufen möchte. Plötzlich sprudelten die Ideen.<br />
Mit der Beantwortung jeder Frage hat sich ein Puzzlestück an das andere<br />
gefügt. Dieses Vorgehen hat mich darin bestätigt, dass man mit Flexibilität<br />
und Beharrlichkeit viel erreicht. Perfektionismus ist in einem solchen<br />
Umfeld eher hinderlich. Alles in Excel-Sheets und Projektmanagement-<br />
Tools festzuhalten, funktioniert nicht.<br />
Wie hoch war der Zeitaufwand?<br />
Camen: Die ersten beiden Monate arbeitete ich unentgeltlich fast Vollzeit<br />
am Projekt. Manchmal wählte ich mich sogar am Wochenende per<br />
Whatsapp ein. Als wir dabei waren, die Businesspläne zu erstellen, wurde<br />
mein Zeitaufwand geringer. Während dieser Phase arbeitete ich etwa<br />
zwei Tage pro Woche für Manager ohne Grenzen.<br />
Woran werden Sie sich noch lange erinnern?<br />
Camen: Dass man solche Projekte virtuell vorantreiben kann und trotz<br />
aller Einschränkungen Wege findet, um diese zu bewerkstelligen, auch<br />
wenn man nicht persönlich vor Ort ist. Beeindruckt hat mich auch die<br />
Haltung des Chiefs, der im Dorf wie eine königliche Hoheit angesprochen<br />
wird und in einem Palast wohnt – einer grösseren Rundhütte. Das hat<br />
zwar wenig mit königlichen Verhältnissen in Europa zu tun, ein Chief wird<br />
aber als Respektsperson betrachtet, die man um eine Audienz bittet. Er<br />
bestimmt auch, was in der Gemeinschaft geschieht. Ohne seinen roten<br />
Stempel und seine Unterschrift haben Dokumente keine Gültigkeit. Diese<br />
kulturellen Gegebenheiten muss man erst verstehen und respektieren.<br />
Das funktioniert erstaunlicherweise sogar online. Nimmt man diese<br />
Unterschiede nicht wahr, kann man viel kaputt machen, ohne sich dessen<br />
bewusst zu sein. <br />
a<br />
MANAGER OHNE GRENZEN<br />
Die Stiftung ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das von Helene<br />
Prölss gegründet wurde. Die Organisation vermittelt Managerinnen<br />
und Manager an Unternehmern in Armutsgebieten, um durch<br />
Beratungen und Coachings mittelständische Unternehmen in diesen<br />
Gebieten auf- und auszubauen. Dafür spenden Managerinnen<br />
und Manager Zeit und Wirtschaftswissen. Um Führungskräfte auf<br />
ihren Einsatz vorzubereiten, absolvieren diese einen dreiteiligen<br />
Kurs. Gefragt sind Fachkräfte aus allen Bereichen: etwa Marketing,<br />
Personal, Finanzen und Organisationsentwicklung.<br />
managerohnegrenzen.de<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
13
PEOPLE<br />
Sesselrücker<br />
SESSELRÜCKER<br />
Seit dem 1. Juni 20<strong>21</strong> ist Tanja Santner-Steinebrunner Head<br />
of <strong>HR</strong> der Firma Aveniq, die aus dem Zusammenschluss von<br />
Avectris und GIA Informatik entstand. Gleichzeitig wird Santner-<br />
Steinebrunner Mitglied der Geschäftsleitung. In den vergangenen<br />
fünf Jahren war sie bereits <strong>HR</strong>-Leiterin der Avectris und<br />
verfügt in der IT-Branche über zehn Jahre Erfahrung in leitenden<br />
<strong>HR</strong>-Führungspositionen.<br />
Silvan Winkler ist seit dem 1. Juli 20<strong>21</strong> Leiter Diagnostik<br />
und Projekte beim Personalberater Jörg<br />
Lienert AG. Davor war er Senior Manager bei der<br />
Avenir Group AG. Die Jörg Lienert AG ist auf die<br />
Suche und Selektion von Fachpersonen und Führungskräfte<br />
spezialisiert.<br />
Seit dem 1. Juli 20<strong>21</strong> ist Esther Maria Loidl Chief<br />
Human Resources Officer der Freudenberg SE. Sie<br />
trägt die globale Verantwortung des Personalressorts<br />
und ist so auch für die Mitarbeitenden der<br />
zwei Zürcher Standorte zuständig. Loidl ist seit<br />
2017 im Unternehmen tätig.<br />
Carolyn Schlak ist seit dem 1. Mai 20<strong>21</strong> Chief People<br />
Officer bei der Kommunikationsagentur Serviceplan<br />
Group. Zuvor war Schlak unter anderem<br />
als <strong>HR</strong> Consultant und Business Coach selbstständig.<br />
Die Serviceplan Group ist in 16 Ländern tätig,<br />
darunter auch in der Schweiz mit der Serviceplan<br />
Suisse in Zürich.<br />
Seit dem 1. Juni 20<strong>21</strong> ist Matthias Berchtold Leiter<br />
Personal, Qualitätsmanagement & Services<br />
sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei der Sanacare<br />
AG. Er kommt von der swisspro Group, wo er<br />
Personalleiter und zuletzt Leiter <strong>HR</strong>-Entwicklung<br />
& Fachsupport war. Davor war Berchtold Head <strong>HR</strong><br />
und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Tom<br />
Talent Holding AG.<br />
Wer hat wann und wo eine neue Stelle angetreten? Das erfahren Sie hier. Weitere Sesselrücker finden Sie auf hrtoday.ch<br />
Haben Sie die Stelle gewechselt? Schicken Sie uns ein E-Mail: redaktion@hrtoday.ch<br />
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14
2. SWISS <strong>HR</strong> AWARD IM GLEIS 9 IN OERLIKON<br />
STIMMUNGSVOLLE<br />
PREISVERLEIHUNG<br />
ÜBER 40 PROJEKTE WURDEN FÜR DEN SWISS <strong>HR</strong> AWARD EINGEREICHT.<br />
DARAUS HAT DIE JURY PRO KATEGORIE ZWEI PROJEKTE NOMINIERT, ÜBER DIE<br />
ONLINE ABGESTIMMT WERDEN KONNTE. INSGESAMT GINGEN 10 000 ONLINE-<br />
VOTES EIN. WER AM ENDE GEWONNEN HAT, ZEIGT DER RÜCKBLICK AUF DIE<br />
AWARD-VERLEIHUNG.<br />
«Die härteste Jury<br />
der Welt hat entschieden»,<br />
eröffnete<br />
Jurypräsident<br />
Jörg<br />
Buckmann am<br />
1. Juli 20<strong>21</strong> die<br />
Swiss <strong>HR</strong> Award-<br />
Verleihung. Gemeint<br />
war damit die <strong>HR</strong> Community,<br />
die 10 000 Online-<br />
Stimmen für insgesamt<br />
acht eingereichte <strong>HR</strong>-Projekte<br />
abgegeben hatte und daraus vier<br />
Sieger erkor. Dass die Verleihung coronabedingt<br />
nicht wie vorgesehen am <strong>HR</strong> Festival europe, sondern an einem separaten Anlass im Restaurant<br />
Gleis 9 in Oerlikon stattfand, tat der Stimmung der rund vierzig Teilnehmenden keinen<br />
Abbruch. Die Spannung war deutlich spürbar, als Vertreter der 15-köpfigen Jury nacheinander<br />
Couvert für Couvert auf der Bühne öffneten und die Sieger bekannt gaben. Gewonnen haben:<br />
Evrlearn in der Kategorie Ausbildung<br />
und Entwicklung, die Raiffeisen<br />
Schweiz im Bereich Kultur<br />
und Wandel. Lohncheck Pro<br />
erhielt den Preis in der<br />
Kategorie Personaldienstleistung<br />
und Beratung<br />
und Kollabo in der Kategorie<br />
Start-up.<br />
Ein Spezialpreis ging<br />
zudem in diesem Jahr<br />
an die <strong>HR</strong>-Mitarbeitenden<br />
aus Hotellerie und<br />
Gastronomie, den Nicole<br />
Brändle-Schlegel, Leiterin<br />
Arbeit, Bildung und<br />
Politik von Hotelleriesuisse<br />
gemeinsam mit ihrem<br />
Kollegen Michael Siebenmann,<br />
Leiter Marketing bei<br />
Gastrosuisse, entgegennahm.<br />
«Es ist aller Ehren wert,<br />
was die Kolleginnen und Kollegen<br />
in diesen Branchen in den letzten<br />
Monaten geleistet haben», sagt Buckmann. «Trotz Betriebsschliessungen für die Mitarbeitenden<br />
da zu sein, den hektischen Alltag zu meistern und dennoch die Zukunft zu planen und Zuversicht<br />
auszustrahlen.» Der Abend endete zuversichtlich: «Die Solidarität der Bevölkerung mit der Hotelund<br />
Gastrobranche war während der Pandemie deutlich spürbar», sagten abschliessend Brändle-<br />
Schlegel und Siebenmann. (cp)<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
15
PEOPLE<br />
Afterwork<br />
CHANCEN GEBEN<br />
UND CHANCEN NUTZEN<br />
IM FORMAT «AFTERWORK» VERRATEN UNS <strong>HR</strong>-FACHLEUTE PRIVATE UND BERUFLICHE VORLIEBEN – DIESES MAL GABI RUST,<br />
DIE SICH IM ALTERSZENTRUM RUBISWIL IN IBACH MIT VIEL FREUDE FÜ<strong>HR</strong>UNGSAUFGABEN UND PROJEKTARBEITEN WIDMET.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
Gabi Rust,<br />
Alterszentrum Rubiswil, Ibach<br />
Leitung <strong>HR</strong>-Administration<br />
1. Mein<br />
Sehnsuchtsort<br />
in der Schweiz<br />
Meine Heimat, der Talkessel von Schwyz. Berge, Seen<br />
und ein abwechslungsreiches Angebot an Freizeitaktivitäten<br />
sowie kulturelle Anlässe machen den Kanton<br />
Schwyz perfekt zum Leben und Arbeiten.<br />
2. Diese<br />
Künstler<br />
mag ich besonders<br />
Da ich gerne lache und ein fröhlicher, positiver Mensch bin, mag<br />
ich den Humor des Cabaret Divertimento. Die Gestik und Mimik<br />
der beiden Komiker sind sensationell. Musikalisch bin ich ein Fan<br />
von Kunz und dessen kleinen, feinen Konzerten. Ich freue mich,<br />
bald wieder Theater und Konzerte geniessen zu können, und<br />
darauf, dass die Normalität für Künstlerinnen und Künstler langsam<br />
wieder einkehrt.<br />
F o<br />
t o<br />
: W i k m e d i a C o m m o n s , M i c h i H u s e r<br />
4. DIESE<br />
Tätigkeiten<br />
SCHÄTZE ICH IM <strong>HR</strong><br />
Es gibt fast nichts, das ich in meiner Funktion als Leiterin<br />
<strong>HR</strong>-Administration nicht gerne mache. Besonders Freude<br />
bereiten mir Führungsaufgaben, die Optimierung und Entwicklung<br />
neuer <strong>HR</strong>-Prozesse, Projektarbeiten und die beratende<br />
Begleitung von Mitarbeitenden.<br />
3. MEIN<br />
LIEBLINGS-<strong>HR</strong>-TOOL<br />
Wir arbeiten im <strong>HR</strong> mit relativ bescheidenen Mitteln. Dank unseren<br />
selbst entwickelten Hilfsmitteln sind wir dennoch professionell unterwegs.<br />
Aufgrund eines nicht vorhandenen Personalinformations-Systems<br />
nutzen wir Excel-Listen (Pivot-Tabellen). Die Grunddaten ziehen<br />
wir aus unserem Personaleinsatz-Planungs-Tool (Polypoint) oder aus<br />
den Grunddaten des Lohnsystems der Gemeinde. Gute Strukturen<br />
und klar definierte Prozesse sind dafür eine Voraussetzung. Mein<br />
wichtigstes «<strong>HR</strong>-Tool» ist aber kein Tool, sondern mein Admin-Team.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
16
F o<br />
5. Mein<br />
bevorzugtes<br />
Hobby<br />
Auf Bergtouren oder mit dem Bike mit meinem<br />
Partner, der Familie oder Freunden unterwegs zu<br />
sein, macht mir viel Freude. So tanke ich Energie<br />
für meine beruflichen Herausforderungen.<br />
t o<br />
6. Dort<br />
geniesse ich<br />
Kulinarik<br />
In der Umgebung von Schwyz gibt es zahlreiche<br />
kulinarische Angebote. Ich mag es einfach,<br />
unkompliziert und gemütlich, beispielsweise beim<br />
Business-Lunch im Restaurant Erlen in Ibach,<br />
beim Afterwork-Apéro mit meinem <strong>HR</strong>-Team<br />
oder mit Freunden im Bistro Bären in Schwyz.<br />
Ganz im Sinne: Das Gute liegt so nah.<br />
: S w<br />
i<br />
t z e<br />
r l a n d T o u r i s m<br />
7. Diesen Titel sollte ein Porträt von mir tragen<br />
Chancen geben und Chancen nutzen: Als junge Mutter mit drei kleinen Kindern<br />
konnte ich vor über zwanzig Jahren beruflich wieder einsteigen. In meinem Berufsleben<br />
hatte ich immer wieder Vorgesetzte, die mir vertrauten und mir ermöglichten,<br />
mich zu entwickeln. Dank einem guten Privatumfeld, persönlichem Ehrgeiz und<br />
meinem Willen habe ich vieles erreicht und arbeite heute in meinem Traumberuf.<br />
Egal in welcher Lebenssituation jemand ist, als Menschen mit Beeinträchtigung,<br />
Flüchtling oder jemand, der nach langer Krankheit an den Arbeitsplatz zurückkehrt<br />
– alle sollten in der Wirtschaft integriert werden. Dafür braucht es das richtige<br />
Umfeld, die nötigen Ressourcen und eine entsprechende Unternehmenskultur: Das<br />
leben wir im Alterszentrum Rubiswil.<br />
8. MEIN<br />
LIEBLINGSBUCH<br />
Ich habe nicht ein, sondern mehrere Lieblingsbücher. Die<br />
Liste wechselt häufig. Aktuell sind es «Homo Deus» von<br />
Yuval Noah Harari und «Die 1%-Methode. Minimale Veränderung,<br />
maximale Wirkung» von James Clear.<br />
9. MEINE GRÖSSTE<br />
Extravaganz<br />
Ab und zu eine klassische Oper in einem renommierten<br />
Opernhaus mitzuverfolgen.<br />
10. Mein Kindheits-Traumberuf<br />
An einen Traumberuf erinnere ich mich nicht. Es war für mich aber klar, eine kaufmännische<br />
Lehre zu absolvieren. Meine Lehrzeit bei der Victorinox hat mich sehr geprägt. Damals sprach<br />
zwar noch niemand von Diversität und Inklusion, bei der Inhaberfamilie Elsener wurde das<br />
aber schon gelebt. Deshalb ist es für mich umso bereichernder, heute in einer Firma zu arbeiten,<br />
die Menschen ermöglicht, ihre Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen und so einen<br />
Beitrag zum Wohl unserer Bewohnenden zu leisten.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
17
SWISS <strong>HR</strong> AWARD 20<strong>21</strong><br />
WINNERS<br />
1. Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />
2. Was sind Ihre nächsten Ziele?<br />
3. Wie schöpfen Sie und Ihr Team Inspiration?<br />
4. Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />
RAIFFEISEN SCHWEIZ<br />
KULTUR & WANDEL<br />
1. Der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards freut uns enorm. Wir sehen uns dadurch bestätigt,<br />
unseren eingeschlagenen Weg mit dem «TransformationTRAIL» voranzutreiben. Der<br />
Award ist zudem eine Anerkennung der Leistung unseres Projektteams und motiviert<br />
dieses für den weiteren Projektverlauf.<br />
2. Nach der erfolgreichen Lancierung des «TransformationTRAIL» möchten wir unseren<br />
Transformationsbeitrag auch bei den Raiffeisenbanken leisten. Unsere Gruppenstrategie<br />
«Raiffeisen 2025» sieht dabei vor, dass wir die innovative Genossenschaftsbank<br />
werden.<br />
3. Unsere Projektmitarbeitenden sind neugierig und lassen sich vom Markt inspirieren.<br />
Zudem geben sie ihr Wissen innerhalb des Teams weiter. Wir sind überzeugt, dass jedes<br />
einzelne Teammitglied einen wertvollen Beitrag leistet. Nach dem Motto: Wir als<br />
Ganzes sind mehr als die Summe der einzelnen Mitarbeitenden.<br />
4. Wir sehen, dass <strong>HR</strong> in den laufenden Transformationsprozessen strategisch noch<br />
relevanter wird. Es gestaltet eine Organisation strategisch mit und begleitet Menschen<br />
auf dem Weg der Veränderung. Für <strong>HR</strong> ist es deshalb essenziell, eine Vision zu haben,<br />
wie die künftige Organisation unter Einbezug von neuen Businessmodellen und Arbeitswelten<br />
aussehen soll. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, muss <strong>HR</strong> ausserdem<br />
die Chancen der Digitalisierung nutzen und dadurch seine Effizienz weiter erhöhen.<br />
EVRLEARN<br />
AUSBILDUNG & ENTWICKLUNG<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
1. Für ein kleines Start-up ist der Gewinn eines solchen Awards ein Meilenstein und<br />
Lohn für schweisstreibende Arbeit und die emotionale Achterbahnfahrt als Unternehmer.<br />
Das Besondere ist das gemeinsame Urteil der Jury und der Community. Wir sind<br />
stolz über diesen fachlichen «Ritterschlag» und den grossen Anklang in der Community.<br />
2. Wir wachsen stark und investieren deshalb in den Ausbau des Weiterbildungsangebots,<br />
in AI-basiertes Matching von Menschen mit der passenden Weiterbildung<br />
und in ein erweitertes Angebot für Unternehmen. Ausserdem expandieren<br />
wir noch in diesem Jahr. Unser Ziel: Evrlearn international als die zentrale Plattform für<br />
«lebenslanges Lernen» zu etablieren.<br />
3. Als kleines Team sind wir von einem grossen Netzwerk abhängig, mit dem wir zusammenarbeiten.<br />
Das sind internationale Experten, Unternehmerinnen, aber auch<br />
unsere Kunden. Diese unterstützen uns mit Know-how und liefern Inspiration.<br />
4. Die Personalarbeit der Zukunft sollte sich an den Möglichkeiten und Erfordernissen<br />
der Zukunft orientieren und gleichzeitig menschenzentriert und persönlich sein. Die<br />
Digitalisierung von Tätigkeiten, die emotionale oder persönliche Aspekte beinhalten,<br />
sehen wir indes skeptisch. Nicht alles, was technologisch möglich ist, macht auch Sinn.<br />
18
LOHNCHECK PRO<br />
<strong>HR</strong>-DIENSTLEISTUNGEN & BERATUNG<br />
1. Der Swiss <strong>HR</strong> Award ist eine Wertschätzung unserer Arbeit und generiert auch eine<br />
wichtige Aussenwirkung. So bestätigt er, dass wir eine gute Lösung bieten, um die<br />
Marktgerechtigkeit von Löhnen zu überprüfen.<br />
2. Wir planen den Austausch mit Investoren, um unsere Lösung auf dem internationalen<br />
Markt zu lancieren.<br />
3. Unser Team besteht aus passionierten <strong>Tech</strong>nologie-Enthusiasten. Wenn wir durch<br />
neue technologische Möglichkeiten Lösungen erarbeiten können, kommen die Ideen<br />
praktisch von allein. Wir müssen uns ehrlicherweise öfters zurückhalten, damit wir unseren<br />
Fokus nicht verlieren und uns nicht aufgrund neuer Ideen verzetteln.<br />
4. Dass die Personalarbeit als zentrale Aufgabe in einem Unternehmen gesehen wird.<br />
Gerade die Covid-19-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig gute Mitarbeitende<br />
und eine funktionierende Firmenkultur sind.<br />
KOLLABO<br />
START-UP<br />
1. Der Award ist eine grosse Ehre und ein Zeichen der Wertschätzung. Zusätzlich bestätigt<br />
er, dass die Personalbranche im Bausektor innoviert werden muss und wir mit<br />
unserem kollaborativen Ansatz auf dem richtigen Weg sind, etwas dazu beizutragen.<br />
2. Wir wollen Kollabo stetig entwickeln und verbessern. Konkret heisst das: Kandidatinnen<br />
und Kandidaten schneller zur passenden Stelle verhelfen, zusätzliche Personaldienstleister<br />
für unseren Service gewinnen und den Prozess weiter digitalisieren. Auch<br />
nach Deutschland zu expandieren, ist eines unserer Ziele.<br />
3. Eine grosse Inspirationsquelle ist der Austausch mit anderen Unternehmen, vor allem<br />
Start-ups. Da diese mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen, sind solche Unterhaltungen<br />
bereichernd. Zudem inspiriert und spornt uns auch die enge Zusammenarbeit<br />
mit unseren Nutzern an.<br />
4. Unsere Vision ist eine transparente und effiziente Personalarbeit. Digitalisierung und<br />
automatisierte Prozesse sind wichtige Begleiter auf unserem Weg dorthin. Dank ihnen<br />
wird viel Zeit frei, die für das Essenzielle eingesetzt werden kann: den Menschen. Er soll<br />
bei der Jobsuche besser betreut und unterstützt werden.<br />
SONDERPREIS<br />
HOTELLERIESUISSE & GASTROSUISSE<br />
Was bedeutet Ihrer Branche der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />
Hotelleriesuisse: Dieser Award zeigt, dass die Branche und ihre Möglichkeiten besser<br />
sind als ihr Ruf. Gerade in der Hotellerie gibt es zahlreiche Führungskräfte und <strong>HR</strong>-Verantwortliche,<br />
die trotz Corona-Pandemie kreative, innovative und zukunftsgerichtete<br />
Konzepte entwickeln, um Mitarbeitende zu fördern und zu halten. Dieser Preis gilt stellvertretend<br />
für all diejenigen, die sich täglich dafür einsetzen, dass die Mitarbeitenden in<br />
unserer Branche Perspektiven haben.<br />
Gastrosuisse: Der Award und die damit verbundene Würdigung ist für uns ein Zeichen<br />
des Respekts gegenüber den Gastronominnen und Gastronomen, die in den letzten<br />
18 Monaten eine enorm schwierige Zeit erlebten. Es macht Mut zu sehen, dass viele<br />
Unternehmen alles daran setzen, ihre Teams möglichst zusammenzuhalten, um den<br />
Mitarbeitenden berufliche Sicherheit und eine Perspektive bieten zu können. Gerade<br />
für kleinere Betriebe ohne <strong>HR</strong>-Abteilung ist das eine herausfordernde Aufgabe. Dass<br />
dies nun mit dem Swiss <strong>HR</strong> Award honoriert wird, ist ein schönes Zeichen.<br />
Was sind in Ihrer Branche personaltechnisch die nächsten Ziele?<br />
Gastrosuisse: Die Personalarbeit wird weiterhin stark gefordert sein, denn die Krise<br />
brachte erhebliche Verwerfungen mit sich. So ist erkennbar, dass viele Fachkräfte die<br />
Branche schon verlassen haben oder planen, dies zu tun. Dass möglichst viele von ihnen<br />
wieder für die Branche zurückgewonnen werden können, ist deshalb zentral. Die<br />
Erwartungen an moderne Arbeitsmodelle, die durch die Pandemie beschleunigt wurden,<br />
erschweren das natürlich. Vorstellungsgespräche über Zoom lassen sich realisieren,<br />
aber Homeoffice ist in der Gastronomie und Hotellerie keine Option. Somit gilt es,<br />
andere Anreize zu schaffen, damit eine entsprechende Karriere auch in Zukunft attraktiv<br />
bleibt.<br />
Hotelleriesuisse: Als Branchenverband muss ausserdem unser Ziel sein, dass wir<br />
Führungskräfte und <strong>HR</strong>-Verantwortliche noch stärker dafür sensibilisieren, wie in der<br />
heutigen Zeit mit der Ressource Mensch umgegangen werden soll. Dazu müssen wir<br />
konkrete, praxisorientierte Tipps, Hilfsmittel und Lösungen bereitstellen. Wir sind eine<br />
People-Branche. Das muss sich auch in der Wertschätzung und im Respekt gegenüber<br />
Mitarbeitenden und in entsprechenden Arbeitsbedingungen niederschlagen, ohne<br />
dabei die ökonomische Komponente aus den Augen zu verlieren.<br />
Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />
Hotelleriesuisse: In der Hotellerie wünschen wir uns einen verstärkten Fokus auf<br />
flexible Arbeitszeitmodelle, die auf dem Arbeitsmarkt als attraktiv wahrgenommen<br />
werden. Das hilft, Fachkräftepotenziale zu erschliessen. Zudem appelliere ich an Personalverantwortliche,<br />
laufend in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden zu<br />
investieren. Das ist die wirkungsvollste Massnahme, um der Branche eine erfolgreiche<br />
Zukunft zu sichern.<br />
Gastrosuisse: Was aus unserer Sicht unbedingt verhindert werden muss, ist eine «Hire<br />
& Fire»-Mentalität in der Gastrobranche. Die Personalentwicklung muss nachhaltiger<br />
werden. Weniger administrative Hürden wären zudem wünschenswert, gerade bei<br />
Mechanismen, die einen Stellenabbau verhindern sollen, wie beispielsweise Kurzarbeit.<br />
Wenn man über die aktuelle Krise hinausschaut, würden wir zudem eine einfachere<br />
und flexiblere Abwicklung der Stellenmeldepflicht begrüssen.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
19
©iStockphoto
SCHWERPUNKT:<br />
<strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />
BLICK IN DIE ZUKUNFT WARUM ALGORITHMEN NICHT ALLES SIND. 22<br />
BLOCKCHAIN IM <strong>HR</strong> ENTWICKLUNGEN UND TRENDS. 24<br />
PEOPLE ANALYTICS CHANCEN DURCH DATENGETRIEBENE <strong>HR</strong>-PROZESSE. 27<br />
SKILLS- UND TALENTMANAGEMENT WIE DIE DIGITALISIERUNG DIESES BEEINFLUSST. 30<br />
DIGITALES BGM WAS APPS ÜBER DIE COVID-19-PANDEMIE HINAUS BRINGEN. 32
SCHWERPUNKT<br />
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
DUMME ALGORITHMEN<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ UND MACHINE LEARNING WERDEN OFT IN EINEN TOPF GEWORFEN,<br />
SAGT DIGITAL-EXPERTE GERMAN RAMIREZ. DIE LEISTUNGEN DES MENSCHLICHEN GEHIRNS<br />
ERREICHEN DIESE NEUEN TECHNOLOGIEN NOCH LÄNGST NICHT.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
Sie setzen sich als digitaler Pionier seit<br />
25 Jahren mit neuen <strong>Tech</strong>nologien auseinander.<br />
Häufig fallen dabei die Stichworte<br />
«Machine Learning» und «künstliche Intelligenz».<br />
Was ist der Unterschied?<br />
German Ramirez: Machine Learning ist ein Prozess,<br />
bei dem ein Computer durch die Verarbeitung<br />
grosser Datenmengen Muster erkennt und<br />
daraus Schlüsse zieht. Hat man beispielsweise<br />
Abertausende von Bildern mit Hunden eingelesen,<br />
ist die Software irgendwann in der Lage,<br />
Hunde auf anderen Bildern zu erkennen. Im Vergleich:<br />
Ein Kleinkind kann Hunde durch ein einziges<br />
Bild identifizieren. Von künstlicher Intelligenz<br />
können wir deshalb erst sprechen, wenn<br />
wir die menschliche Intelligenz technisch abbilden.<br />
Davon sind wir allerdings meilenweit entfernt:<br />
Wir verstehen noch nicht einmal, wie<br />
menschliche Intelligenz überhaupt funktioniert.<br />
Solange die Wissenschaft aber nicht erklären<br />
kann, was menschliche Intelligenz ausmacht,<br />
besitzen wir keine Basis für die Entwicklung echter<br />
künstlicher Intelligenz, nur superschnelle<br />
Computer, die Datenberge auswerten. Setzt<br />
man Machine Learning zudem nur ein, um effizienter<br />
zu werden und vernachlässigt dabei den<br />
menschlichen Aspekt, ist das kein Fort- sondern<br />
eher ein Rückschritt. Beispielsweise, wenn<br />
Bewerbende keine Absage erhalten oder mehrfach<br />
Formulare mit denselben Informationen<br />
ausfüllen müssen.<br />
FOTO: ZVG<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Firmen werden aber mit Bewerbungen überschwemmt<br />
…<br />
Das stimmt. Durch die steigende Mobilität<br />
bewerben sich viel mehr Menschen. Erhielten<br />
Konzerne früher hundert Anschreiben auf eine<br />
offene Stelle, können es heute tausend sein.<br />
Diese müssen effizient bearbeitet werden. Deshalb<br />
setzen Unternehmen Machine Learning<br />
Tools ein.<br />
22
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
SCHWERPUNKT<br />
Wo kann man Machine Learning sonst noch<br />
einsetzen?<br />
Theoretisch überall dort, wo die Software für <strong>HR</strong>-<br />
Fachkräfte zeitliche Entlastung schafft, damit<br />
sich <strong>HR</strong> der menschlichen Seite zuwenden kann.<br />
Beispielsweise bei People Analytics: In diesem<br />
Bereich kann die <strong>Tech</strong>nik von der Rekrutierung<br />
über die Leistungsbewertung bis hin zur Retention<br />
eingesetzt werden.<br />
Wie könnte <strong>HR</strong> das Bewerbermanagement<br />
künftig menschlicher gestalten?<br />
Komplexe <strong>Tech</strong>nologien werden dereinst Verhaltensmuster<br />
eines Unternehmens viel besser analysieren<br />
und erkennen, welche Mitarbeitenden im<br />
Betrieb erfolgreich sind. Solche <strong>Tech</strong>nologien<br />
könnten beispielsweise mittels Blockchain Kandidatenprofile<br />
mit allen auf dem Markt vorhandenen<br />
Jobs abgleichen und passend matchen. Ein<br />
Arbeitnehmender müsste sich infolgedessen nicht<br />
mehr bewerben, sondern bekäme durch das System<br />
Stellen vorgeschlagen, die zu seinem Profil,<br />
seinen Wünschen und Bedürfnissen passen. Ein<br />
Unternehmen sucht sich somit seine perfekten<br />
Kandidaten aufgrund detaillierter Profilangaben,<br />
teilt ihnen das Gehalt mit und fragt, ob sie an<br />
einer bestimmten Stelle interessiert seien.<br />
DIE ELFENBEINTÜRME<br />
IN DEN UNTERNEHMEN,<br />
IN DENEN SICH<br />
FÜ<strong>HR</strong>UNGSKRÄFTE OFT<br />
NOCH VERSCHANZEN,<br />
WERDEN FALLEN.<br />
GERMAN RAMIREZ<br />
Kandidaten wiederum könnten auf diese Anfrage<br />
eingehen oder nicht Heute funktioniert das jedoch<br />
nicht. Ein Beispiel: Auf Online-Business-Netzwerk<br />
werden uns ständig Jobs vorgeschlagen, die wir<br />
womöglich vor zwanzig Jahren ausgeübt haben<br />
und für die wir heute überqualifiziert sind. Die<br />
Vorschläge basieren somit auf der bisherigen Karriere.<br />
Das greift zu kurz. Damit ein Matching funktioniert,<br />
braucht es in der gesamten Wirtschaft<br />
eine standardisierte Lösung. Die meisten Unternehmen<br />
kochen aber ihr eigenes Süppchen.<br />
Blockchain könnte dereinst nicht nur das<br />
Recruiting revolutionieren, sondern auch Korruption<br />
erschweren oder verhindern …<br />
Das ginge nur, wenn die ganze Wirtschaft automatisiert<br />
wäre und über Blockchain liefe. Erfasst<br />
ein Mensch gefälschte Daten, bleiben sie im System<br />
so bestehen. Eine Lüge bleibt eine Lüge, ob<br />
mit oder ohne Blockchain.<br />
Welche Trends orten Sie abseits von Machine<br />
Learning und Blockchain?<br />
Firmen werden von der Firmenkultur bis hin zu<br />
den Gehältern transparenter. Die Elfenbeintürme<br />
in den Unternehmen, in denen sich Führungskräfte<br />
oft noch verschanzen, werden fallen. a<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
DOF_Inserat_<strong>21</strong>1x153_20<strong>21</strong>_VD.indd 1 17.08.<strong>21</strong> 10:13<br />
23
SCHWERPUNKT<br />
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
BLOCKCHAIN<br />
ALS <strong>HR</strong>-DISRUPTOR<br />
SELTEN WURDE EINER NEUEN TECHNOLOGIE EINE SOLCHE BEDEUTUNG ZUGEMESSEN WIE DER BLOCKCHAIN. BIS HEUTE GIBT ES JEDOCH<br />
NUR WENIGE ALLTAGSANWENDUNGEN. VIELEN ENTSCHEIDERN FEHLT ZUDEM DAS VERSTÄNDNIS DAFÜR, WAS DIE BLOCKCHAIN IST<br />
UND WAS SIE KANN. DABEI BIETET DIESE TECHNOLOGIE AUCH IM <strong>HR</strong> VIELE EINSATZMÖGLICHKEITEN.<br />
Gastbeitrag: Lars Eichhof<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Lars Eichhof ist Senior<br />
Director Product<br />
Management bei Cornerstone<br />
OnDemand.<br />
Er ist Digitalexperte<br />
und beschäftigt sich<br />
eingehend mit den<br />
technischen Entwicklungen<br />
der <strong>HR</strong>-Branche<br />
mit dem Schwerpunkt<br />
auf <strong>Tech</strong>nologien im<br />
Recruiting.<br />
cornerstoneondemand.de<br />
Der Begriff Blockchain ist immer noch eine Blackbox: eine neue<br />
<strong>Tech</strong>nologie, die bisher Unvorstellbares möglich machen soll.<br />
Dabei übersteigen die Erwartungen häufig den wahren Nutzen.<br />
Das mag damit zusammenhängen, dass künstliche Intelligenz<br />
und die Blockchain oft in einem Atemzug genannt werden.<br />
Dabei sind die beiden Zukunftstechnologien grundverschieden<br />
und in keiner Weise miteinander vergleichbar. Um etwaige<br />
Verwirrung aus dem Weg zu räumen:<br />
Bei der künstlichen Intelligenz redet<br />
man von Systemen, welche die menschliche<br />
Art des Lernens imitieren und so<br />
intelligenter werden. Dabei kann künstliche<br />
Intelligenz schon heute für repetitive<br />
und analytische Aufgaben eingesetzt<br />
werden.<br />
Die Blockchain wird für grundlegend<br />
andere Anwendungen genutzt. Das<br />
liegt an ihrem Aufbau: Sie ist ein aus<br />
Servern bestehendes dezentrales Netzwerk,<br />
bei dem Informationen auf allen<br />
Servern pa rallel abgelegt werden. Die<br />
mittels Blockchain abgesicherten Elemente<br />
garantieren allen Parteien des<br />
Netzwerks Transparenz und Sicherheit.<br />
Durch eine Abfrage kann eine Blockchain-Anwendung<br />
jederzeit die Echtheit<br />
eines Dokuments oder eines Zertifikats<br />
bestätigen. Für <strong>HR</strong>-Abteilungen werden<br />
so ebenfalls neue smarte Ansätze denkbar.<br />
So könnte die Blockchaintechnologie<br />
auch für die Absicherung von Zeugnissen<br />
und Zertifikaten verwendet<br />
werden und somit mit einem altbekannten<br />
Ärgernis aufräumen: der Übertreibung und Fälschung<br />
in Bewerbungen und Lebensläufen. Doch wie liesse sich die<br />
Blockchain für einen fälschungssicheren Lebenslauf nutzen?<br />
Dazu lohnt sich ein Blick in die <strong>HR</strong>-Abteilungen der Schweiz: In<br />
grösseren Unternehmen ist das Recruiting bereits heute hoch<br />
digitalisiert, was auf einen hohen Dateninput zurückzuführen<br />
DAMIT DAS POTENZIAL VON<br />
BLOCKCHAIN-ANWENDUNGEN<br />
AUSGESCHÖPFT WERDEN<br />
KANN, MUSS DAS<br />
HENNE-EI-PROBLEM<br />
ÜBERWUNDEN WERDEN.<br />
LARS EICHHOF<br />
ist. Hier liegt aber häufig auch das Problem: Zwar liegen die<br />
angelieferten Daten fast ausschliesslich digital vor, doch leiten<br />
sich diese von analogen, nicht verifizierbaren Quellen ab – zum<br />
Beispiel vom Scan eines Zeugnisses oder Zertifikats. Gibt ein<br />
Bewerber beispielsweise eine längere Arbeitszeit bei einem<br />
Arbeitgeber an, ist diese Information für <strong>HR</strong>ler nur sehr schwer<br />
verifizierbar.<br />
Lügen und Fälschungen treten weit<br />
häufiger auf, als man denken mag: Personaler<br />
gehen davon aus, dass in rund<br />
einem Drittel aller Bewerbungen gelogen<br />
wird.<br />
Rund jede zehnte Bewerbung wird von<br />
<strong>HR</strong>-Profis sogar als bedenklich eingestuft.<br />
Die Lügen im Lebenslauf reichen<br />
von kleineren Schummeleien, wie höher<br />
angesetzten Sprachkenntnissen, bis hin<br />
zu schwerwiegenden Fälschungen von<br />
Zeugnissen und Zertifikaten. Fehlende<br />
Sprachkenntnisse mögen auf den ersten<br />
Blick nicht dramatisch wirken, können<br />
in international agierenden Unternehmen<br />
aber Geschäftsbeziehungen<br />
in Schieflage bringen. Während kleinere<br />
Lügen im Alltag von Personalern am<br />
häufigsten auftreten, haben schwerwiegendere<br />
wie die Fälschung von<br />
Zeugnissen und Zertifikaten aber auch<br />
rechtliche Konsequenzen: Niemand<br />
möchte von einem Arzt operiert werden,<br />
der nicht Medizin studiert hat.<br />
Auch einen Piloten sieht man ungern<br />
ohne Lizenz im Cockpit.<br />
Doch weshalb werden solche Schummeleien und Fälschungen<br />
in Lebensläufen häufig nicht entdeckt? Erfahrene <strong>HR</strong>ler haben<br />
ein Auge für Lügen im Lebenslauf. Ihnen fallen Ungereimtheiten,<br />
unterschiedliche Schriftarten in Scans und Fälschungen<br />
schnell auf. Allerdings fehlt <strong>HR</strong>-Experten in grossen Unternehmen<br />
häufig die Zeit, sich im Detail mit jedem Lebenslauf<br />
24
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
SCHWERPUNKT<br />
auseinanderzusetzen. In kleineren Betrieben mangelt<br />
es hingegen an Expertise und Zeit: Oft lohnt<br />
sich keine eigene <strong>HR</strong>-Abteilung, dadurch fehlt es<br />
am Know-how, Lebensläufe zu kontrollieren.<br />
Zudem bleibt keine Zeit für eine genaue Prüfung,<br />
weil Personalentscheidungen neben dem Tagesgeschäft<br />
getroffen werden müssen.<br />
Was also tun? Im englischsprachigen Raum sind<br />
zwar Dienstleister aktiv, die Hintergrundchecks<br />
für Unternehmen übernehmen. Doch diese<br />
zeichnen sich durch einen hohen Preis aus und<br />
erfordern die Einwilligung des Bewerbers. Kein<br />
Wunder, dass diese Services hierzulande seltener<br />
zu finden sind.<br />
Zukünftige Entwicklungen<br />
Blockchain-abgesicherte Zertifikate und Zeugnisse<br />
könnten sich all dieser Probleme annehmen:<br />
Die administrative Arbeit des Überprüfens könnte<br />
in grossen Unternehmen durch <strong>HR</strong>-Software automatisiert<br />
ablaufen und so entfallen. In kleineren<br />
Unternehmen würde diese Arbeit nicht nur vereinfacht,<br />
sie wäre auch mit einem deutlich geringeren<br />
Zeitaufwand verbunden: Die Mitarbeitenden<br />
müssten lediglich mit einem Prüfcode die<br />
Echtheit des Zertifikats überprüfen. Dadurch<br />
könnten Unternehmen zu 100 Prozent sichergehen,<br />
dass die gemachten Angaben korrekt sind.<br />
Künftig könnten Bewerber in einem eigenen Wallet<br />
– einer Art digitaler «Bewerbungsmappe» – alle<br />
mit der Blockchain abgesicherten Zertifikate und<br />
Zeugnisse hinterlegen. Bei einer Bewerbung könnten<br />
Kandidaten dem Unternehmen die benötigten<br />
Dokumente zur Verfügung stellen. Das würde den<br />
Bewerbungsprozess auch für Bewerber vereinfachen,<br />
da sie sich das aufwendige Scannen der<br />
Bescheinigungen sparen könnten. Dabei verliert<br />
der Kandidat die Kontrolle über seine Daten nicht:<br />
Schliesslich bleibt es in seiner Hand, welche Zertifikate<br />
er mit dem Unternehmen teilen möchte.<br />
Im Optimalfall erhalten Mitarbeitende Bescheinigungen<br />
über die von ihnen belegten Trainings. So<br />
könnten Kandidaten erworbene Skills nachweisen.<br />
In sicherheitsrelevanten Berufsgruppen besteht<br />
hierfür enormes Potenzial: Unternehmen sparen<br />
in der Onboardingphase viel Zeit und Geld, wenn<br />
bestimmte Zertifizierungen nicht erneut abgelegt<br />
werden müssen.<br />
Herausforderungen für die Blockchain<br />
Damit das Potenzial von Blockchain-Anwendungen<br />
ausgeschöpft werden kann, muss das Henne-<br />
Ei-Problem überwunden werden: Schon heute<br />
sehen wir erste Anbieter, die im kleinen Rahmen<br />
Zertifikate ausstellen. Beispielsweise an der<br />
Universität Basel, die seit 2018 mit der Blockchain<br />
Diplome absichert. Auch die Universität St. Gallen<br />
arbeitet seit 2019 an Diplomen auf der Blockchain,<br />
während private He raus geber erste Anstrengungen<br />
in diesem Bereich unternommen haben. Etwa die<br />
Velocity Network Foundation, die an einem einheitlichen<br />
Standard für mit der Blockchaintechnologie<br />
abgesicherte Zertifikate arbeitet und in der<br />
führende <strong>Tech</strong>nologieanbieter zusammengeschlossen<br />
sind.<br />
Allerdings sind diese Anwendungen noch nicht<br />
flächendeckend verfügbar. Somit besteht das Problem<br />
der Einführung der Blockchain aktuell noch<br />
darin, dass alle Beteiligten Zugriff auf diese <strong>Tech</strong>nologie<br />
haben müssen. Und: Arbeitgeber müssten<br />
als überprüfende Seite die passende Struktur eingerichtet<br />
haben. Ohne das Zertifikat auslesen zu<br />
können, bringt die Einrichtung einer Wallet noch<br />
nichts. Die <strong>Tech</strong>nologie könnte zum Disruptor im<br />
<strong>HR</strong> werden und Reference Checks überflüssig<br />
machen. Bevor das jedoch passiert, müssen sich<br />
alle Player auf einen einheitlichen Standard einigen<br />
oder ihren eigenen Standard kompatibel gestalten.<br />
Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits<br />
unternommen. Aktuell können wir aber noch nicht<br />
davon ausgehen, dass diese Entwicklung innerhalb<br />
weniger Monate stattfindet. Dies wird eher einige<br />
Jahre in Anspruch nehmen.<br />
a<br />
Presented by TELAG AG<br />
HINWEISGEBERSCHUTZ<br />
WAS DIE EU-WHISTLEBLOWER-RICHTLINIE<br />
FÜR SCHWEIZER ARBEITGEBER BEDEUTET<br />
MIT DEM INKRAFTTRETEN DER EU-WHISTLEBLOWER-RICHTLINIE AM 17. DEZEMBER 20<strong>21</strong> SIND UNTERNEHMEN<br />
AB 250 MITARBEITENDEN ODER 10 MILLIONEN EURO JA<strong>HR</strong>ESUMSATZ ZU EINEM ANONYMEN HINWEISGEBERSYSTEM<br />
VERPFLICHTET; 2023 WIRD DIE GRENZE AUF 50 MITARBEITENDE GESENKT. WAS VIELE NICHT WISSEN: DIE RICHTLINIE<br />
BETRIFFT AUCH SCHWEIZER UNTERNEHMEN MIT GESCHÄFTSBEZIEHUNGEN IM EU-RAUM. KLAR IST, DAS HINWEISGEBER-<br />
SYSTEM WIRD EIN MUSS, VERPFLICHTEND AUF RECHTSWEGEN UND UNERLÄSSLICH IM EMPLOYER BRANDING.<br />
FOTO: ZVG<br />
Positive Effekte des Hinweisgeberschutzes<br />
Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Hinweisgebenden<br />
die Möglichkeit geboten werden muss, anonym<br />
und sicher Hinweise zu platzieren – per Telefon und<br />
schriftlich digital. In der Praxis zeigt sich, dass es<br />
Mitarbeitenden oft an Mut oder Vertrauen fehlt,<br />
um einen Verstoss zu melden. Vermehrt publik<br />
gewordene Fälle zeigen, warum das Thema für alle<br />
Unternehmen von Interesse sein sollte. Frühzeitiges<br />
Identifizieren von Missständen reduziert das Risiko<br />
für juristische oder finanzielle Konsequenzen sowie<br />
für irreversible Reputationsschäden und birgt<br />
gleichzeitig die Chance sich als proaktiver Arbeitgeber<br />
zu positionieren. Der Trend geht klar in<br />
Richtung Awareness für ethische Themen und<br />
transparente Unternehmenskultur. Man kann<br />
davon ausgehen, dass sich in naher Zukunft kein<br />
Unternehmen mehr leisten kann, nicht über ein<br />
professionelles Hinweisgebersystem zu verfügen.<br />
WhistleTAG – das umfassende Gesamtpaket<br />
TELAG AG übernimmt als kompetenter Partner die<br />
komplette Abwicklung, stellt den telefonischen<br />
sowie digitalen Service rechtssicher zur Verfügung<br />
und garantiert den anonymen Zugriff, rund um<br />
die Uhr in 24 Sprachen. Mit WhistleTAG sind Sie<br />
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Whistleblower-Richtlinie. Jetzt mehr erfahren oder<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
25
Presented by intemp AG<br />
SO GEHT ZEITGEMÄSSES<br />
PERSONALPOOLING<br />
Wieso Personalpooling<br />
Personalpooling verfolgt das Ziel, ausgefallene<br />
oder abwesende Mitarbeitende durch verfügbare,<br />
interne oder externe Fachkräfte kurzfristig zu<br />
ersetzen. Die dadurch zusätzlich gewonnene<br />
Flexibilität kann einem Personalengpass effizient<br />
vorbeugen. Nicht zuletzt steigt die Motivation bei<br />
den Mitarbeitenden durch mehr Selbstbestimmung.<br />
Arbeitgebende<br />
Bedarf<br />
erfassen<br />
Verfügbarkeiten<br />
eintragen<br />
Mitarbeitende<br />
Verfügbarkeiten in Echtzeit<br />
Bis anhin war die Planung und Koordination eines<br />
Personalpools sehr ressourcen- und kosten intensiv.<br />
inpool unterstützt diese Prozesse digital, indem<br />
die Verfügbarkeiten von den Mitarbeitenden<br />
online auf einer kollaborativen Plattform erfasst<br />
werden können. Durch intelligente Algorithmen<br />
werden passende Mitarbeitende, je nach Anforderungen,<br />
automatisch vorgeschlagen. Die Daten<br />
werden in Echtzeit ausgetauscht. Dadurch entsteht<br />
für Arbeitgebende und Mitarbeitende eine<br />
erhebliche Zeiteinsparung.<br />
Fachkraft<br />
bestätigen<br />
Einsatz<br />
zusagen<br />
Mehr Flexibilität<br />
Dynamische Arbeitsmodelle werden in der heutigen<br />
anspruchsvollen Arbeitsmarktsituation immer<br />
wichtiger.<br />
Um Familie und Freizeit besser mit dem Arbeitsleben<br />
vereinbaren zu können und eine ausgeglichene<br />
Work-Life-Balance zu finden, ist die freie<br />
Zeiteinteilung für viele Arbeitnehmende immer<br />
bedeutsamer geworden. Ein moderner Betrieb<br />
sollte deshalb flexible Arbeitszeitmodelle anbieten,<br />
um die besten Fachkräfte gewinnen und halten<br />
zu können.<br />
Auch Unternehmen profitieren von flexiblen<br />
Arbeitszeiten. Nur so können kurzfristige Schwankungen<br />
ohne hohe Mehrkosten abgefangen und<br />
Leerläufe verhindert werden.<br />
Durch den Einsatz von internen Mitarbeitenden<br />
entfallen zudem hohe Einarbeitungsaufwände<br />
und die volle Leistung ist von Anfang an gegeben.<br />
Speziell in der Gesundheitsbranche kann inpool<br />
bei starken Auslastungs-Schwankungen immens<br />
unterstützen.<br />
«WIR WURDEN BEI DER EINFÜ<strong>HR</strong>UNG<br />
VON INPOOL HERVORRAGEND<br />
UNTERSTÜTZT. UNSERE INDIVIDUELLEN<br />
ANFORDERUNGEN WURDEN SE<strong>HR</strong><br />
ERNST GENOMMEN UND RASCH<br />
UMGESETZ.»<br />
Sonja Auf der Maur<br />
<strong>HR</strong>-Bereichsleiterin<br />
& Lead Talent Acquisition<br />
Schnell, intuitiv und unkompliziert<br />
Dank einer intuitiv zu bedienenden Webapplikation<br />
ist der Schulungsaufwand minimal. Zudem<br />
kann von überall aus zugegriffen werden und die<br />
Software integriert sich problemlos in die bestehende<br />
IT-Umgebung. Und dies ganz ohne aufwändige<br />
Installation oder teure Lizenzkosten.<br />
Benötigt der Arbeitgebende zusätzliche Ressourcen,<br />
können verfügbare Fachkräfte im internen<br />
Pool mit nur wenigen Klicks gefunden werden.<br />
Sollte der Bedarf einmal grösser als die Kapazität<br />
des eigenen Pools sein, können weitere Fachkräfte<br />
von externen Pools oder Personaldienstleistern<br />
direkt über inpool angefordert werden.<br />
Ihr Nutzen<br />
Hohe Mitarbeitendenzufriedenheit, bessere Personalbindung,<br />
bessere Auslastung der bestehenden<br />
Fachkräfte und Kostensenkung durch Zeitersparnis<br />
sind nur einige der Vorteile von inpool.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
inpool ist eine Marke der intemp AG.<br />
Die intemp AG ist Spezialistin für Digitalisierung<br />
und Optimierung von <strong>HR</strong>-Prozessen.<br />
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kostenlos und unverbindlich<br />
testen!<br />
Denis Rechsteiner<br />
Geschäftsführer intemp AG<br />
+41 52 551 22 20<br />
denis@intemp.ch<br />
www.in-pool.ch<br />
26
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
SCHWERPUNKT<br />
FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
PEOPLE ANALYTICS RICHTIG NUTZEN<br />
DIE ZUFRIEDENHEIT DER MITARBEITENDEN, I<strong>HR</strong> LEISTUNGSBEITRAG UND I<strong>HR</strong>E ARBEITSMARKTFÄHIGKEIT WERDEN IMMER<br />
WICHTIGER. UM DAS SICHERZUSTELLEN, SETZEN FIRMEN SEIT EINIGEN JA<strong>HR</strong>EN AUF PEOPLE ANALYTICS. DOCH MIT<br />
WELCHEM ERFOLG? ZEIT, LE<strong>HR</strong>EN ZU ZIEHEN UND FÜR DIESE <strong>HR</strong>-DISZIPLIN DIE RICHTIGE STRATEGIE ZU WÄHLEN.<br />
Gastbeitrag: Christoph Abplanalp, Ralf Ploner und Andreas Scheuber*<br />
Neue digitale Tools dringen in alle Lebens- und<br />
Arbeitsbereiche und generieren immer mehr<br />
Daten – ob es die Anwendenden wollen oder nicht.<br />
Gleichzeitig können die immer grösser werdenden<br />
Datenvolumen noch schneller verarbeitet und<br />
analysiert werden. Im Bereich People Analytics<br />
eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten.<br />
Es geht nicht mehr nur darum, Kennzahlen zu<br />
ermitteln und zu rapportieren: Moderne Formen<br />
der Datenanalyse erlauben weitreichendere<br />
Erkenntnisse. So können erfolgsrelevante Faktoren<br />
über Mitarbeitende oder Teams hinweg unternehmens-<br />
oder abteilungsspezifisch ermittelt und<br />
für Personalentscheidungen verwendet werden.<br />
Etwa durch das Echtzeit-Tracking des E-Mail-<br />
Verhaltens eines Mitarbeitenden, der so automatisiert<br />
Empfehlungen zu seiner persönlichen<br />
und fachlichen Entwicklung erhält. Dabei werden<br />
sein Werdegang und sein vergangenes Verhalten<br />
analysiert und mit dem Karrierepfad anderer Mitarbeitenden<br />
verglichen, um möglichst passende<br />
Entwicklungsmassnahmen vorzuschlagen.<br />
EIN <strong>HR</strong> APPLICATION<br />
HUB ERMÖGLICHT<br />
MITARBEITENDEN, I<strong>HR</strong>E<br />
SKILLS VON ÜBERALL<br />
HER ZU ERFASSEN.<br />
In der Personalselektion schiessen Tools wie Pilze<br />
aus dem Boden, die daten- beziehungsweise algorithmusbasierte<br />
Entscheidungen ermöglichen.<br />
Beispielsweise, indem Jobinserate nur noch potenziellen<br />
Zielgruppen präsentiert werden, Chatbots<br />
tausenden Bewerbenden Fragen zu einer Job-<br />
Opportunität beantworten oder Kandidatenprofile<br />
mit Anforderungsprofilen abgeglichen und<br />
aussortiert werden, ohne dass die Bewerbung von<br />
einem Menschen gesichtet wird. Digitale Videointerviews<br />
erlauben zudem das zeitversetzte und<br />
vollautomatisierte Erstellen von Persönlichkeitsprofilen<br />
und rangieren die Kandidaten und<br />
Kandidatinnen nach Passung. Zumindest versprechen<br />
sie es.<br />
Schöne neue Datenwelt<br />
Weil etwas möglich ist, muss es noch nicht richtig<br />
sein. Nebst regulatorischen Aspekten wie dem<br />
Datenschutz stellen sich im Umgang mit Daten<br />
auch ethische und inhaltliche Fragen. So unterliegen<br />
Datenanalysen und algorithmusbasierte<br />
Entscheidungen immer der Gefahr, zu diskrimi-<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
27
An alle, die <strong>HR</strong> gestalten wollen.<br />
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wir modernste <strong>HR</strong>-Softwaretechnologie mit massgeschneiderten<br />
Services sowie einem optimierten technischen Betrieb – stets<br />
individuell auf Ihr Unternehmen zugeschnitten. Machen Sie sich selbst<br />
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<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
SCHWERPUNKT<br />
nieren – da sie auf historischen und nie komplett objektiven Trainingsdatensätzen<br />
basieren. Ungenaue, verzerrte oder nicht repräsentative Eingabedaten<br />
sowie eine mangelnde Datentransparenz sind hierfür die Ursachen.<br />
Tendenziell sammeln solche Software- Lösungen möglichst viele Informationen<br />
und analysieren diese «einfach mal». Wie in einem Schüttelbecher<br />
werden so möglichst viele Zutaten vermixt, in der Hoffnung, einen leckeren<br />
Drink zu erhalten. Allerdings mit dem Nachteil, nicht mehr eruieren zu<br />
können, welche Zutaten wie zum Black-Box-Ergebnis beigetragen haben.<br />
Bei Videointerviews können so komplett irrelevante Informationen in die<br />
Diagnostik einfliessen und das Resultat beeinflussen. Etwa das Tragen einer<br />
Brille oder die Bildschärfe und Helligkeit eines Monitors.<br />
Zahlreiche Anbieter ziehen deshalb ohne wissenschaftliche Grundlage<br />
zweifelhafte Schlussfolgerungen aus der Physiognomie, der Mimik oder der<br />
Sprache eines Bewerbenden und erstellen daraus ein Persönlichkeitsprofil.<br />
Entsprechend ist neuen Tools, die das Blaue vom Himmel versprechen, mit<br />
kritischer Neugier zu begegnen. Den technologischen Möglichkeiten von<br />
People Analytics sollten sich Unternehmen dennoch nicht verwehren.<br />
<strong>HR</strong> Application Hub als Grundlage für integriertes People Analytics<br />
Eine zentrale Voraussetzung für People Analytics ist eine integrierte<br />
Datenbasis: Dafür müssen Daten aus verschiedenen Systemen für unterschiedliche<br />
Analysebedürfnisse zusammengeführt und einer Qualitätssicherung<br />
unterzogen werden. Eine intelligente Lösung dafür ist ein <strong>HR</strong><br />
Application Hub (siehe Abbildung 1), der unterschiedliche <strong>HR</strong>-Systeme auf<br />
einer Benutzeroberfläche (Unified Frontend) sowie alle wesentlichen Daten<br />
an einem Ort zusammenfasst (Data Layer). Das reduziert ein mögliches<br />
Schnittstellenchaos und Kosten. Gleichzeitig wird so eine solide Basis<br />
geschaffen, um immer schärfere Datenschutzgesetze einzuhalten – beispielsweise<br />
das Recht auf Löschung der persönlichen Daten. Ist diese<br />
Datenintegration erledigt, ist es ein Leichtes, entsprechende Analysetools<br />
einzusetzen.<br />
Abbildung 1: <strong>HR</strong> Application Hub mit Unified Frontend und Data Layer.<br />
Wesentliche Aufgabe eines <strong>HR</strong> Application<br />
Hubs ist, Mitarbeitenden einen einfachen<br />
Zugang zu allen <strong>HR</strong>-Services zu gewähren,<br />
sodass sie bestenfalls nicht bemerken, dass<br />
unterschiedliche Systeme im Einsatz sind<br />
Strategic Workforce Planning:<br />
die Königsdisziplin<br />
Entwickelt man die People-Analytics-Vision<br />
konsequent, landet man zwangsläufig bei der<br />
strategischen Personalplanung. Eine anspruchsvolle<br />
Aufgabenstellung: Nicht selten startet<br />
diese zu einem Zeitpunkt, an dem die verfügbare<br />
Datenbasis für ein zukunftsgerichtetes<br />
Modell nicht ausreicht. Gleichzeitig verändern<br />
sich die Zusammenarbeitsformen zunehmend<br />
in Richtung Agilität, weshalb das klassische<br />
Jobprofil als Datenmodellierungsgrundlage<br />
ausgedient hat.<br />
Ein moderner Personalplanungsansatz baut deshalb<br />
auf den Kompetenzen der Mitarbeitenden<br />
auf und fragt, über welches Skills-Inventar die<br />
Unternehmung verfügt. Ein <strong>HR</strong> Application Hub<br />
ermöglicht Mitarbeitenden, ihre Skills von überall<br />
her zu erfassen. Beispiele: Erkenntnisse zur<br />
Arbeitsmarktfähigkeit im Entwicklungsgespräch,<br />
auf der Lernplattform oder in einem Tool, das<br />
die Linie für die operative Einsatzplanung nutzt.<br />
Fazit<br />
Datengetriebene <strong>HR</strong>-Prozesse eröffnen grosse<br />
Chancen. So können Firmen mit einer zukunftsorientierten<br />
People-Analytics-Strategie einen<br />
kontinuierlichen Entwicklungsprozess etablieren.<br />
Dazu führt ein <strong>HR</strong> Application Hub Daten aus<br />
einer Vielzahl von <strong>HR</strong>-Systemen zusammen und<br />
schafft die Grundlage für ein fundiertes People<br />
Analytics. Noch mehr Erkenntnisse lassen sich<br />
gewinnen, wenn People Analytics nicht nur mit<br />
Daten aus <strong>HR</strong>-Systemen betrieben, sondern mit<br />
Daten aus Finanz- oder Produktionssystemen<br />
kombiniert wird. Etwa Mitarbeitendenengagement-Daten<br />
mit Leistungsdaten aus dem Verkauf.<br />
*) Das Autoren-Team unterstützt bei Avenir<br />
Consulting Schweizer Unternehmen in der<br />
strategischen und operativen <strong>HR</strong>-Digitalisierung<br />
und bei der Auswahl und Einführung von People-<br />
Analytics-Systemen.<br />
a<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
29
SCHWERPUNKT<br />
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
DIE TALENTE<br />
VON MORGEN<br />
1<br />
Welche <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
bieten Sie im Skills- und<br />
Talentmanagement – und worin<br />
unterscheiden sich diese von<br />
anderen?<br />
WIE FIRMEN I<strong>HR</strong>E MITARBEITENDEN<br />
MIT DIGITALEM SKILLS- UND TALENT-<br />
MANGEMENT FÖRDERN.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
Automatisierung und Digitalisierung versprechen,<br />
beim Fachkräftemangel in die<br />
Bresche zu springen. Doch dafür braucht<br />
es auch die richtigen Köpfe. Eine entscheidende<br />
Frage ist deshalb: Haben die<br />
Firmen dafür die richtigen Mitarbeitenden<br />
mit den richtigen Talenten?<br />
Wer kann was?<br />
Noch immer wissen die meisten Unternehmen<br />
zu wenig Bescheid über die<br />
künftig notwendigen Skills und Talente.<br />
Das zeigt etwa die 20<strong>21</strong> erschienene Studie<br />
«Future Skills – Future Learning» der<br />
Online-Jobplattform Stepstone und des<br />
Kienbaum Instituts, für die 3000 Fachund<br />
Führungskräfte befragt wurden.<br />
Darin sagte die Mehrheit der Befragten<br />
zwar, dass sie sich der Relevanz von<br />
Zukunftskompetenzen bewusst sei, aber<br />
nur 20 Prozent gaben an, dass es in ihrem<br />
Unternehmen eine klare Definition dieser<br />
Kompetenzen gebe.<br />
In der Studie bemängelten die Befragten<br />
besonders das Corporate Learning. So<br />
wünschte sich jede zweite Fach- und<br />
Führungskraft Präsenz-Coachings, jede<br />
dritte ein Mentoring. Bei Gruppen- und<br />
Vernetzungsformaten erwarten die<br />
Befragten zudem mehr virtuelle Lernformate<br />
seitens der Arbeitgebenden.<br />
Diese werden entgegen deren Wunsch<br />
aber nur in jedem vierten Unternehmen<br />
eingesetzt. <br />
a<br />
Jana Tepe & Anna Kaiser,<br />
Co-Founders/CEO,<br />
Tandemploy<br />
Daniela Porr,<br />
Senior Product Marketing Managerin,<br />
Workday<br />
Jana: Mit unserer Software können sich Mitarbeitende<br />
eigeninitiativ für Lern- und Arbeits formen<br />
zusammenfinden, sich auf Projekte und Stellen<br />
bewerben und für sie relevante Angebote im Unternehmen<br />
finden. Gleichzei tig liefert unser «Skill<br />
Analyser» eine Skill Map auf Basis der Daten, welche<br />
Mitarbeitende eingeben. So kann <strong>HR</strong> sehen, welche<br />
Skills und Lernbedarfe im Unternehmen vorhanden<br />
sind, ob diese intern gut bedient werden oder ein<br />
Skill Gap droht.<br />
Anna: Viele Talent-Marktplätze matchen Mitarbeitende<br />
vorrangig mit internen Projekten sowie<br />
Jobs und sind meist stark aus der Top-Down-Brille<br />
gedacht. Unsere Software geht dagegen von den<br />
Mitarbeitenden aus und wird von diesen massgeblich<br />
gesteuert und genutzt. Unser USP leitet<br />
sich auch aus dieser Mit arbeitenden-Zentrierung<br />
ab: Wir bieten weltweit die einzige Software,<br />
die Mitarbeitende für eine Vielzahl von Themen<br />
zusammenbringt, darunter Mentoring, Jobsharing,<br />
Generationenaustausch oder Lunch Dates. Damit<br />
verbinden sich Mitarbeitende untereinander für eine<br />
Vielzahl von Lern- und Arbeitsformen.<br />
Workday ermöglicht es Unternehmen, ihre<br />
Belegschaft besser zu verstehen und sich mit<br />
einer Skills-basierten Lösung schneller an sich<br />
ändernde Geschäftsanforderungen anzupassen.<br />
Wir entwickeln neue Anwendungsmöglichkeiten<br />
für maschinelles Lernen und setzen<br />
Augmented Analytics (AA) ein, um relevante<br />
Themen, Trends und Lösungen aufzuzeigen.<br />
Mit unserer Software und laufenden Erweiterungen<br />
sind Unternehmen in der Lage, künftig<br />
benötigte Skills abzuleiten, zu verifizieren und<br />
zu nutzen sowie Empfehlungen und Massnahmen<br />
über den gesamten Mitarbeiterzyklus zu<br />
steuern.<br />
Marc Dennler,<br />
Pre-Sales-Berater,<br />
<strong>HR</strong> Campus<br />
<strong>HR</strong> Campus bietet Schweizer Kunden eine cloudbasierte<br />
<strong>HR</strong> Suite. Bei dieser Lösung vereinen sich<br />
Best Practices aus 20 Jahren Erfahrung, zusammengestellt<br />
aus auf dem Markt bestehenden<br />
Softwarelösungen. Mit der <strong>HR</strong> Campus Suite bieten<br />
wir Firmen Performance Management, Nachfolgeplanung,<br />
Mitarbeiterentwicklung, Assessment,<br />
Learning, Recruiting und Onboarding aus einer<br />
Hand. Innovationen aus dem Markt fliessen dabei<br />
laufend in diese Lösung ein. Wir unterscheiden uns,<br />
indem wir als <strong>HR</strong>-Serviceanbieter Software-Lösungen<br />
in eine <strong>HR</strong> Suite integrieren, die wir für Schweizer<br />
Firmen entwickelt haben. Damit unterstützen wir<br />
Unternehmen im gesamten <strong>HR</strong>-Zyklus.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
30<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong>
2 3 4<br />
Skills- und Talentmanagement<br />
der Zukunft: analog, digital<br />
oder hybrid?<br />
Wo sehen Sie Potenzial im Skillsund<br />
Talentmanagement?<br />
Wie wird sich Ihre <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologie<br />
in den nächsten Jahren<br />
entwicklen?<br />
Jana: Definitiv digital! Mit Hilfe smarter Software, die<br />
Mitarbeitende befähigt, ihre berufliche Weiterentwicklung<br />
selbständig zu steuern. Gleichzeitig stellt diese<br />
wertvolle Querverbindungen zwischen den Daten her.<br />
Das ist bedeutsam, weil Studien gezeigt haben,<br />
dass die Zuschreibungen von <strong>HR</strong> und Talentmanagement<br />
weniger zuverlässige Prognosen über die Performance<br />
und Entwicklung von Mitarbeitenden erlauben<br />
als die Angaben der Mitarbeitenden. Diese kitzeln wir<br />
mit smarten Fragen heraus und motivieren sie, ihre<br />
Profile ständig anzurei chern. So sammeln wir nicht<br />
nur Kompetenzen oder Skills, sondern fahren einen<br />
breiteren Ansatz: Bei uns können Mitarbeitende alles<br />
eingeben – Skills, Kompetenzen, private Interessen oder<br />
Tools, die sie beherrschen. Damit lösen wir uns von<br />
fixen Schemata, um das volle Potenzial eines Mitarbeitenden<br />
abzubilden.<br />
Anna: Mittels smartem «Skill Analyser» lassen sich<br />
diese Daten automatisiert und anonymisiert für ein<br />
strategisches Workforce Planning auswerten.<br />
Anna: Wenn wir <strong>Tech</strong>nologie so nutzen, dass sie den<br />
Menschen nützt, kann sie bei der Mitarbeiterführung<br />
und Talententfaltung Grosses bewirken. Sie kann passgenau<br />
matchen, ohne voreingenommen zu sein, und<br />
die richtigen Menschen für eine Aufgabe zusammenbringen.<br />
So kann echte Kollaboration auf allen Ebenen,<br />
über alle Hierarchiestufen und Abteilungen hinweg<br />
stattfinden, sich das ganze Potenzial abseits von starren<br />
Stellenausschreibungen entfalten und eine agile<br />
und lernende Organisation entstehen. Hierfür müssen<br />
Unternehmen bereit sein, in <strong>Tech</strong>nologie zu investieren,<br />
aber auch in Reflektion und Kulturarbeit.<br />
Jana: Aktuelle Studien zeigen, dass Mitarbeitende,<br />
die sich im Unternehmen entwickeln können und gute<br />
Arbeits bedingungen vorfinden, eher im Unternehmen<br />
bleiben, selbst wenn sich ihr Aufgabenbereich<br />
verändert.<br />
Anna: Wir leben, was wir predigen, hören genau hin, was<br />
Menschen in Unternehmen bewegt, und entwickeln unsere<br />
Software durch diese Rückmeldungen ständig weiter.<br />
Vor acht Jahren sind wir als B2C-Jobsharing-Plattform<br />
gestartet und bie ten heute eine hoch disruptive B2B-Talent-Marketplace-Software.<br />
Was in der Zukunft auf dem<br />
<strong>HR</strong>-Markt passie ren wird, weiss natürlich niemand ganz<br />
genau, aber wir haben da schon so eine Idee …<br />
Jana: Tandemploy wird das Netflix des Talentmanagements:<br />
Wir bieten Mitarbeitenden eine Plattform, um<br />
selbstbe stimmt und entlang ihrer Interessen passende<br />
Lern- und Entwicklungs angebote innerhalb der Firma<br />
zu entdecken – mit der perfekten User und Employee<br />
Experience, einem breiten Angebot und natürlich smarten<br />
Algorithmen und Vorschlägen.<br />
Ergebnisse einer gemeinsamen Studie von Yonder<br />
Consul ting und Workday legen nahe, dass sich auf lange<br />
Sicht ein hybrides Arbeitsmodell durchsetzen wird. Somit<br />
wird der Kontakt zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften<br />
durch digitale <strong>Tech</strong>nologien mit Daten und<br />
Einsichten bereichert, aber nicht abgelöst. Die schnelle<br />
Umsetzung von Remote Work in der Pandemie zeigte<br />
jedoch, dass bisherige Talentmanagement-Konzepte für<br />
eine künftig hybrid arbeitende Belegschaft nicht mehr<br />
greifen. Mitar beitende haben in den letzten Monaten<br />
unterschiedliche Erfahrungen im Homeoffice gemacht.<br />
Ihre Erwartungen an digitale Trainings, Weiterqualifizierungen<br />
und Entwicklungsmöglichkeiten unterscheiden<br />
sich erheblich. Hier helfen innovative <strong>Tech</strong>nologien und<br />
neue, flexiblere Prozesse. Oft müssen zudem kulturelle<br />
und technologische Hürden überwunden werden. Unternehmen,<br />
die in diesen beiden Bereichen überzeugen,<br />
werden die besten Talente anwerben und langfristig<br />
binden.<br />
Potenzial sehe ich vor allem beim Employee Engagement,<br />
auch durch die umfassende Nutzung von<br />
Mitarbeiterfeedback und -befragungen: Umfassende<br />
Kontextdaten helfen, personalisierte, sinnstiftende<br />
Massnahmen zu schaffen, die Mitarbeitende in ihrer<br />
gesamten Laufbahn im Unternehmen unterstützen.<br />
Durch den Einsatz innovativer <strong>Tech</strong>no logie können<br />
bereits heute Rückmeldungen von Mitarbeitenden in<br />
praktische Massnahmen umgewandelt werden, sodass<br />
Unternehmen besser und schneller auf individuelle<br />
Bedürfnisse und Präferenzen eingehen können.<br />
Es ist uns wichtig, weiter auf Employee Engagement und<br />
ein tolles Benutzererlebnis zu setzen. Das ermöglicht<br />
es, Talentmanagement im Kontext zu gestalten, und<br />
zwar so, dass für die Mitarbeitenden alles an einem Ort<br />
zusammengefasst ist und für ihren Arbeitsalltag sowie<br />
ihre Zukunft im Unternehmen Sinn ergibt.<br />
Egal! Hauptsache wohlwollend und menschlich.<br />
Offene Kommunikation und Teamarbeit müssen im<br />
Talentmanagement unkompliziert möglich sein. Ob<br />
im persönlichen Gespräch oder mithilfe eines digitalen<br />
Tools. Der Zweck digitaler <strong>Tech</strong>nologien ist es, uns<br />
Menschen dabei zu unterstützen, unsere Stärken im<br />
richtigen Job einzusetzen.<br />
Skill- und Talentmanagement muss fortlaufend<br />
stattfinden und ohne Barrieren erfolgen. Stärkenorientierte<br />
Entwicklung muss zudem gefördert werden,<br />
um die Mitarbeitendenbereitschaft zu erhöhen, sich<br />
neue Skills anzu eignen. Wichtig ist ausserdem eine<br />
«Feedforward»-Kultur, also Leistungsrückmeldungen,<br />
die sich auf die Zukunft und nicht auf die Vergangenheit<br />
beziehen. Sind dennoch Schulterblicke notwendig,<br />
hilft dies Unternehmen, Projekte und die Teamleistung<br />
zu reflektieren.<br />
Unser Fokus liegt auf der Entwicklung einer Suite, in der<br />
die besten <strong>HR</strong>-Lösungen gebündelt werden. Die Employee<br />
Experience wird laufend verbessert, indem Prozesse<br />
vereinfacht werden und Transparenz geschaffen wird.<br />
Deshalb integrieren wir fortlaufend neue Softwarelösungen.<br />
Beispielsweise Mitarbeiterumfragen. Ebenso aber<br />
auch die Möglichkeit, Mitarbeiterempfehlungen für offene<br />
Stellen abzugeben. Der Cloudansatz stellt dabei sicher,<br />
dass die Systemlösungen zusammenspielen.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
31
SCHWERPUNKT<br />
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
PANDEMIE VERÄNDERT NUTZERVERHALTEN<br />
DIE NACHFRAGE NACH DIGITALEN TOOLS IM BETRIEBLICHEN GESUNDHEITSMANAGEMENT (BGM)<br />
IST SEIT BEGINN DER PANDEMIE GESTIEGEN, BEOBACHTEN UNTERNEHMEN UND ANBIETER.<br />
WAS DIGITALE BGM-TOOLS KÖNNEN UND WIE UNTERNEHMEN SIE ANWENDEN.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Die Zukunft des BGM wird digitaler. Das zeigen auch<br />
die jüngsten BGM-Pläne von DHL Express Schweiz.<br />
«Dieses Jahr rollen wir ein umfassendes Health&Wellbeing-Projekt<br />
aus, das sich ‹Wellbeing360› nennt»,<br />
sagt Dana Marzan, <strong>HR</strong> Development Specialist. Der<br />
Grund? «Der langfristige Erfolg eines BGM lässt sich<br />
nur durch ein ganzheitliches Massnahmenpaket<br />
begründen.» Deshalb beinhalte das BGM-Unterfangen<br />
von DHL alle Bereiche eines gesunden Arbeitslebens:<br />
physische, psychische und emotionale<br />
Gesundheit, Ernährung, Gestaltung des Arbeitsplatzes,<br />
des Büros und der Arbeitsumgebung. Abgebildet<br />
wird es in einer digitalen Plattform, welche<br />
Nutzer durch die verschiedenen Themen führt. «Mitarbeitende<br />
aller Länder mit ähnlichen Interessen<br />
oder gleichen gesundheitlichen Zielen können sich<br />
darüber vernetzen und gemeinsam ihre Ziele erreichen.»<br />
Bereits heute nutzt DHL für die Mitarbeitendengesundheit<br />
digitale BGM-Tools. Beispielsweise die virtuelle<br />
«VP GO Destination Challenge» von Virgin<br />
Pulse. DHL-Mitarbeitende finden darauf Informationen<br />
zu Gesundheitsthemen: von Ernährung,<br />
Schlaf, mentalem Wohlbefinden bis hin zu Bewegung.<br />
«Nebst der Gesundheit unserer Mitarbeitenden<br />
konnten wir damit auch die Zusammenarbeit<br />
und das freundschaftliche Verhältnis untereinander<br />
steigern», bilanziert Marzan. Da die Standorte von<br />
DHL über die ganze Schweiz verteilt sind, wäre es<br />
ohne «VP GO» fast unmöglich gewesen, gemeinsam<br />
etwas für die eigene Gesundheit zu tun, sagt Marzan.<br />
«An der Challenge können alle Mitarbeitenden<br />
teilnehmen und in 7er-Teams gegeneinander antreten.»<br />
Personalisierte Erlebnisse<br />
«Covid-19 hat digitalen BGM-Programmen Schub<br />
verliehen», beobachten die beiden Software-Anbieter<br />
Bernhard Schlosser, Executive Director Europe<br />
von Virgin Pulse, und Patrick Stäuble, Geschäftsführer<br />
von Medbase Fit im Job. Durch die Homeoffice-Pflicht<br />
hätten sich viele Mitarbeitende zu wenig<br />
bewegt und seien emotional gestresster gewesen.<br />
«Arbeitgebende waren deshalb gefragt, Mitarbeitenden<br />
einen Anreiz zu bieten, etwas für ihre<br />
Gesundheit und gegen die häusliche Isolation zu<br />
tun. Digitale BGM-Programme können hier Hand<br />
bieten», sind sich die beiden einig.<br />
Diese seien heute weit mehr als Schrittzähler, sagt<br />
Schlosser. «Etablierte digitale BGM-Programme<br />
nutzen neueste <strong>Tech</strong>nologien wie künstliche Intelligenz<br />
oder maschinelles Lernen, um ein personalisiertes<br />
Erlebnis zu schaffen und Teilnehmende zum<br />
Patrick Stäuble,<br />
Geschäftsführer, Medbase Fit im Job<br />
Dana Marzan,<br />
<strong>HR</strong> Development Specialist, DHL Express Schweiz<br />
Bernhard Schlosser,<br />
Executive Director Europe, Virgin Pulse<br />
richtigen Zeitpunkt gezielt mit BGM-Inhalten zu<br />
unterstützen.» Mittlerweile böten diese BGM-Plattformen<br />
nicht nur Gesundheitsinhalte, sondern auch<br />
Anbindungen zu tragbaren Geräten, anderen digitalen<br />
Tools und Offline-Programmen.<br />
Digitale BGM-Tools befinden sich im Wandel und<br />
werden von Anbietern regelmässig aktualisiert.<br />
«Allein 2022 werden wir rund 50 Millionen Dollar in<br />
Produktinnovationen investieren», hält Schlosser<br />
von Virgin Pulse fest. Verbesserungsvorschläge<br />
kämen von Branchenexperten, Produktmanagern,<br />
aus dem eigenen wissenschaftlichen Institut wie<br />
auch von Kundenseite. «Erst kürzlich haben wir eine<br />
erweiterte Funktion von Ranglisten bei unseren<br />
Challenge-Lösungen wie VP GO umgesetzt, die IBM<br />
an uns herangetragen hat, wodurch nun alle Kunden<br />
profitieren.» Auch Patrick Stäuble führt bei seinem<br />
BGM-Tool ein- bis zweimal im Jahr Anpassungen<br />
durch, die auf Kundenwünsche basieren: «Vor einigen<br />
Monaten haben wir so das ‹myRelax›-Modul<br />
um weitere Übungen zur Achtsamkeit und Resilienz<br />
erweitert.»<br />
Flankierende Massnahme<br />
Noch ist der Zenit bei digitalen BGM-Tools nicht<br />
erreicht. Gemäss Bernhard Schlosser von Virgin Pulse<br />
werden digitale BGM-Tools künftig noch intensiver<br />
genutzt, da viele Arbeitnehmende weiterhin im<br />
Homeoffice arbeiten werden und somit nicht an<br />
Gesundheitsinitiativen am Arbeitsplatz teilnehmen<br />
können. «Beschäftigte wollen ihre Arbeitszeit und<br />
Gesundheitsroutinen zudem selbst einteilen, statt<br />
sie sich vom Arbeitgebenden vorgeben zu lassen.»<br />
Ein digitales Tool zur Gesundheitsförderung genüge<br />
jedoch auch in Zukunft nicht. «Ein BGM-Tool ist und<br />
bleibt eine flankierende Massnahme», sagt Patrick<br />
Stäuble. Dem kann Bernhard Schlosser nur zustimmen:<br />
«Software macht BGM-Verantwortliche keinesfalls<br />
überflüssig. Sie werden mehr denn je<br />
gebraucht, um ein strategisches BGM-Programm<br />
im Unternehmen zu implementieren.» a<br />
Virgin Pulse<br />
Virgin Pulse ist Teil der Virgin Group von Sir Richard<br />
Branson und mit 17 Jahren Markterfahrung auf<br />
globaler Ebene Anbieter von <strong>Tech</strong>nologielösungen,<br />
die das Engagement und Wohlbefinden von<br />
Mitarbeitenden nachhaltig und messbar fördern.<br />
Die Plattform-Lösungen reichen von schlüsselfertig<br />
und binnen weniger Tage implementiert<br />
bis hin zu individualisierten Kundenlösungen, die<br />
in Unternehmens- wie auch BGM-Strategie eingebettet<br />
werden.<br />
virginpulse.com<br />
Medbase Fit im Job AG<br />
Die Medbase Fit im Job AG mit Sitz in Winterthur<br />
begleitet seit 1988 Mitarbeitende und Unternehmen<br />
auf dem Weg zu mehr Wohlbefinden<br />
und Energie. In Seminaren und Coachings vermittelt<br />
Medbase Fit im Job dafür fundiertes<br />
Know-how. Seit 2003 vertreibt das Unternehmen<br />
auch verschiedene Online-Tools. Unter anderem<br />
das Gesundheitsportal «myChange», das Mitarbeitenden<br />
alltagstaugliche und konkrete Tools<br />
vermittelt. Es zeigt, wie man seine persönlichen<br />
Gesundheitsziele erreicht, und liefert wissenswerte<br />
Informationen rund ums Thema.<br />
my-change.ch<br />
32
<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
SCHWERPUNKT<br />
VERANTWORTUNG NICHT NUR AN<br />
MITARBEITENDE ABSCHIEBEN<br />
MARTIN DEGEN, PROJEKTLEITER BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT BEI GESUNDHEITSFÖRDERUNG<br />
SCHWEIZ, ÄUSSERT SICH ZU DEN VORTEILEN UND GRENZEN DIGITALER BGM-TOOLS UND WARUM SIE<br />
MÖGLICHST NICHT ALLEINSTEHEND GENUTZT WERDEN SOLLTEN.<br />
Interview: Christine Bachmann<br />
Wie verbreitet sind digitale BGM-Tools in der<br />
Schweiz?<br />
Martin Degen: Eine genaue Zahl kann ich leider<br />
nicht nennen. Das BGM-Monitoring 2020 von<br />
Gesundheitsförderung Schweiz, das nach 2016<br />
bereits zum zweiten Mal gesamtschweizerisch<br />
durchgeführt wurde, zeigt jedoch, dass knapp<br />
zwei Drittel der befragten Betriebe externe Dienstleistungen<br />
in Anspruch nehmen. Davon gibt ein<br />
Viertel an, dass sie auf Online-Tools und Apps<br />
setzen. Gemäss unserer Marktbeobachtung hat<br />
die Nutzung von BGM-Apps in den letzten vier<br />
Jahren stark zugenommen.<br />
FOTO: ZVG<br />
Was sind Vorteile von digitalen BGM-Tools?<br />
Ein digitales Tool analysiert das Verhalten eines<br />
Nutzers und kann ein Programm individuell an<br />
dessen Bedürfnisse anpassen. Gleichzeitig gelingt<br />
es damit, viele Mitarbeitende zu erreichen. Ausserdem<br />
können mit einem digitalen BGM-Tool Befragungen<br />
durchgeführt und die Antworten automatisch<br />
ausgewertet sowie mit einem Benchmark<br />
verglichen werden. Dadurch erhalten Arbeitgebende<br />
eine objektive Einordnung dieser Resultate.<br />
Wo stossen diese an Grenzen?<br />
BGM hat sehr viel mit der Firmenkultur zu tun.<br />
Diese sollte in Leitbildern oder Reglementen verankert<br />
sein. Die Bereitschaft, diese Philosophie zu<br />
leben, kann durch ein Tool nicht ersetzt werden.<br />
Digitale Tools fokussieren oft nur auf das Verhalten<br />
der Mitarbeitenden. Somit besteht die Gefahr,<br />
dass die Verantwortung für die Gesundheit auf<br />
die Mitarbeitenden allein abgeschoben wird. Ein<br />
weiterer Aspekt ist die Überwachung und der<br />
Datenschutz. Bei einem Teil der erhobenen Daten<br />
kann es sich um besonders schützenswerte Personeninformationen<br />
handeln.<br />
Welche Möglichkeiten bietet künstliche Intelligenz?<br />
Die Anwendung von künstlicher Intelligenz steckt<br />
bei BGM-Tools noch in den Kinderschuhen. Potenzial<br />
sehe ich allerdings bei der Mustererkennung:<br />
Durch die Analyse genügend hoher Datenmengen<br />
können erfolgversprechende Wege aufgezeigt<br />
werden, die bei anderen Firmen mit vergleichbaren<br />
Mustern zur Verbesserung einer Situation<br />
geführt haben. Möglicherweise sind Einflüsse wie<br />
die einer Grippewelle oder einer Pandemie auf die<br />
Gesundheit der Mitarbeitenden durch KI besser<br />
quantifizierbar. Trotzdem sollten Unternehmen<br />
die Interpretation grosser Datenmengen durch<br />
künstliche Intelligenz kritisch hinterfragen. Speziell<br />
im Bereich der psychischen Gesundheit geht<br />
es um soziale Beziehungen. Dort funktionieren<br />
digitale Lösungen meist nicht.<br />
Wie sieht das BGM in zehn Jahren aus?<br />
Ich gehe davon aus, dass digitale Helfer sowohl<br />
bei der Situationsanalyse als auch bei der Umsetzung<br />
von gewissen Massnahmen Standard sein<br />
werden.<br />
a<br />
DIGITALE BGM-TOOLS VON GESUND-<br />
HEITSFÖRDERUNG SCHWEIZ<br />
Die App «FWS Apprentice Experts» versorgt<br />
Berufsbildungsverantwortliche mit Informationen<br />
zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen<br />
und zur Arbeits- und Freizeitsicherheit.<br />
Mit «FWS Office» existiert zudem eine Plattform,<br />
die Teams im Homeoffice unterstützt.<br />
Gesundheitsförderung Schweiz bietet ausserdem<br />
viele weitere Tools, die auf eine digitale<br />
und mobile Nutzung ausgelegt sind – von Office<br />
Checks über das Befragungstool FWS Job-<br />
Stress-Analysis oder den FWS Check. Weiter<br />
bietet die Stiftung digitale Trainings sowie Weiterbildungen<br />
und führt Veranstaltungen wie<br />
Tagungen durch: vor Ort, online oder hybrid.<br />
Mit dem Label «Friendly Work Space» zeichnet<br />
Gesundheitsförderung Schweiz zudem Unternehmen<br />
und Organisationen aus, die betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement (BGM) nachhaltig<br />
erfolgreich umsetzen. Aktuell sind 81<br />
Organisationen mit rund 205 000 Arbeitnehmenden<br />
mit dem Label ausgezeichnet.<br />
gesundheitsfoerderung.ch<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
33
<strong>HR</strong> <strong>Tech</strong> Club<br />
DIGITALES LERNEN: VON PUSH ZU PULL<br />
SCHNELLER WANDEL BRAUCHT SCHNELLE WISSENSVERMITTLUNG. UNTERNEHMEN<br />
SETZEN DESHALB ZUNEHMEND AUF TECHNOLOGIEN, DIE SELBSTORGANISIERTES LERNEN<br />
FÖRDERN UND MITARBEITENDE IM WORKFLOW AM ARBEITSPLATZ UNTERSTÜTZEN.<br />
Gastbeitrag: Matthias Langenbacher<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Matthias Langenbacher<br />
ist seit 2014 Geschäftsführer<br />
und Key Account<br />
Manager bei tts Schweiz.<br />
Er begleitet Kunden bei der<br />
Digitalisierung ihrer <strong>HR</strong><br />
und verfolgt einen Ansatz,<br />
der sich im Arbeitsalltag<br />
am Menschen und seinen<br />
Bedürfnissen orientiert.<br />
tt-s.com<br />
Sponsoren:<br />
Die Weiterbildung hat in den Unternehmen in den letzten<br />
Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen. Noch vor<br />
kurzer Zeit fristeten Schulungen häufig ein bescheidenes<br />
Dasein. Inzwischen ist jedem <strong>HR</strong>-Manager klar: Weiterbildung<br />
und Talentmanagement sind geschäftskritische Faktoren, die<br />
zum Kernbereich der strategischen Unternehmensführung<br />
gehören. Beides ist dafür verantwortlich, wie gut sich ein Unternehmen<br />
in Krisenzeiten bewährt und wie schnell es mit künstlicher<br />
Intelligenz (KI), Remote Work und datengetriebenem<br />
Business auf turbulente Veränderungen reagieren kann. Nicht<br />
die <strong>Tech</strong>nologie macht den entscheidenden Unterschied im<br />
Wettbewerb. Es geht vielmehr darum, wie souverän und kreativ<br />
Mitarbeitende das damit verbundene Potenzial ausreizen.<br />
Die Voraussetzung dafür sind kontinuierliches Lernen und ein<br />
hohes Tempo beim Wissenstransfer, das vor allem digitale<br />
Schulungen versprechen. Doch nicht alle Lernformate werden<br />
diesem Anspruch gerecht.<br />
1000 Antworten sind 999 zu viel<br />
Auch in der Schweiz hat die Covid-19-Pandemie für einen beispiellosen<br />
Digitalisierungsschub in der Weiterbildung gesorgt.<br />
Wo vorher Frontalunterricht herrschte, gab es plötzlich webbasiertes<br />
E-Learning, Webinare, Peer-to-Peer Learning oder<br />
Virtual Classroom Trainings. Diese digitalen Lernformate sind<br />
in vielen Unternehmen seit Jahren etabliert. Sie sorgen für<br />
Abwechslung im internen Weiterbildungsangebot, fördern den<br />
ortsunabhängigen Austausch und berücksichtigen zumindest<br />
teilweise das individuelle Lerntempo bei der Wissensvermittlung<br />
sowie die Vorlieben der Mitarbeitenden für bestimmte<br />
Medienformate. Etwa, weil diese beim E-Learning selbst<br />
bestimmen, was und wann sie lernen wollen. Trotzdem gehen<br />
die meisten Lernformate im Unternehmen am täglichen Wissensbedarf<br />
der Beschäftigten vorbei. Wer einmal ein einstündiges<br />
Youtube-Video, einen Podcast oder eine seitenlange<br />
Dokumentation nach dem einen, entscheidenden Hinweis<br />
durchsucht hat, dürfte ahnen, worum es geht.<br />
Viele digitale Lernformate orientieren sich an vordigitalen<br />
Methoden der Wissensvermittlung. Sie liefern zwar unverzichtbares<br />
Know-how zu bestimmten Themen oder Projekten, sind<br />
aber weder clever noch smart, weil sie zu viele Antworten auf<br />
unterschiedliche, oft sehr spezifische Fragestellungen der einzelnen<br />
Teilnehmenden geben. Die Folgen dürften die meisten<br />
aus eigener Erfahrung kennen: Information Overload, Langeweile,<br />
die Nebenbei-Beschäftigung mit anderen Dingen und<br />
gleichzeitig die Sorge, sich an das Gelernte nicht mehr erinnern<br />
zu können, wenn es ein oder zwei Wochen später gebraucht<br />
wird: allesamt klassische Fallstricke, wenn es darum geht, Digitalisierungsprojekte<br />
zum Erfolg zu führen.<br />
Weniger ist mehr: kontextbasiertes Lernen am Arbeitsplatz<br />
Die Schweizer Krankenkasse KPT hat Konsequenzen aus diesem<br />
Dilemma gezogen und sich für eine Lösung zur Förderung der<br />
«Digital Adoption» entschieden, die Mitarbeitenden hilft, die<br />
Digitalisierung von Prozessen zu verstehen sowie die Potenziale<br />
von neuer Software zu erkennen und zu nutzen. Das<br />
geschieht, indem die bei der KPT eingeführte Software das<br />
Wissen dorthin bringt, wo es täglich am dringendsten<br />
gebraucht wird: an den Arbeitsplatz. «Wir beobachten einen<br />
Paradigmenwechsel bei der Art, wie Wissen in Firmen vermittelt<br />
wird: Die Inhalte einer Schulung sind nicht mehr isoliert<br />
von der Arbeit der Mitarbeitenden zu betrachten», erklärt<br />
Remo Luzi, E-Learning-Spezialist bei der KPT. Wie so viele<br />
Unternehmen arbeitet auch der Krankenversicherer mit Hochdruck<br />
an der Digitalisierung seiner Prozesse. Entsprechend ist<br />
vieles in Bewegung und der Lernbedarf im Unternehmen so<br />
gross, dass sich Remo Luzi und seine Kollegen bewusst für eine<br />
Software entschieden haben, die das kontextuelle Lernen im<br />
Workflow unterstützt. «Wir zeigen Mitarbeitenden wann immer<br />
möglich nur jene Funktionen, die sie für ihre Arbeit benötigen<br />
und für die sie eine Berechtigung haben», erklärt Luzi. «Wichtig<br />
sind uns zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten des Lernverhaltens<br />
unserer Mitarbeitenden. Das hilft uns, ihre Bedürfnisse<br />
noch besser zu verstehen und diese Erkenntnisse in neue<br />
Schulungen einfliessen zu lassen.» Der entscheidende Punkt<br />
beim kontextbasierten Lernen bestünde darin, grosse Wissenseinheiten<br />
in schnell verdaubare Mikrolektionen zu zerteilen,<br />
welche die KPT-Mitarbeitenden passend zu ihrer aktuellen<br />
Aufgabe und Rolle im «Moment of Need» abrufen können,<br />
also genau dann, wenn sich ein akutes Know-how-Loch auftue.<br />
Damit das funktioniere, laufe bei der KPT eine Support-Lösung<br />
im Hintergrund – sofern dies von den Mitarbeitenden gewünscht<br />
wird und sie diese aktivieren. Die Software erkennt, welches<br />
Programm die Mitarbeitenden gerade nutzen und welche<br />
34
Funktionalitäten sie bedienen möchten. Kommen die Beschäftigten an<br />
einer Stelle nicht weiter, erhalten sie mit einem Mausklick auf Wunsch<br />
die dazu passende Hilfestellung – von Schrittlisten über «How to»-Videos<br />
bis zu programm- und prozessübergreifenden E-Learnings, Dokumentationen,<br />
Animationen oder Quiz-Formaten.<br />
RECRUITING SOLUTIONS<br />
BLOG<br />
Notfallhilfe<br />
Auch Barry Callebaut hat erkannt, dass passgenaues Wissen eine<br />
erfolgskritische Rolle bei Digitalisierungsprojekten spielt. «Microlearning<br />
muss nicht nur im Moment of Need verfügbar, sondern auch hürdenfrei<br />
sein», sagt Stefan Weingärtner, der bei Barry Callebaut den Bereich<br />
Global <strong>HR</strong> Solutions and Digitalization verantwortet. Seit 2013 arbeitet<br />
der weltweit grösste Schokoladenhersteller mit SAP. Das Unternehmen<br />
setzt seit langem auf ein breites digitales Lernangebot. Dabei zeigte<br />
sich, dass die Mitarbeitenden von Barry Callebaut Dokumentationen,<br />
Trainingsmaterialien oder Tool Guides im Intranet oft nicht auf Anhieb<br />
fanden. Um die Mitarbeitenden bei der Dokumentsuche besser zu unterstützen,<br />
entschied sich Barry Callebaut deshalb für eine «Digital Adoption»-Lösung.<br />
«Aktuell arbeiten ausschliesslich die <strong>HR</strong>-Mitar beitenden<br />
damit, in Zukunft ist jedoch ein Einsatz über SAP SuccessFactors hinaus<br />
geplant. So können sich die Mitarbeitenden bei Problemen jederzeit<br />
selbst helfen und Hilfsseiten konsultieren, bevor sie sich an den Support<br />
wenden.» Damit die Integration in die existierenden IT-Systeme reibungslos<br />
gelinge, bevorzuge das Unternehmen eine IT-Lösung, die mit jeder<br />
beliebigen Software funktioniere. Besonders im Onboarding spiele das<br />
Mikrolernen eine wichtige Rolle, sagt Stefan Weingärtner. «Digital Adoption<br />
Solutions können gerade in diesem Bereich noch viel Potenzial<br />
ausschöpfen.»<br />
ZIELGRUPPEN & CANDIDATE PERSONA:<br />
SO FINDEN SIE DIE RICHTIGE ANSPRACHE<br />
Für die <strong>HR</strong>-Abteilung sind die sogenannten Candidate Personas bei<br />
der Visualisierung und späteren Kommunikation hilfreich. Wie auch<br />
Sie diese erfolgreich nutzen können, erfahren Sie hier.<br />
WARUM BEKOMME ICH KEINE GUTEN KANDIDATEN?<br />
Nichts schreckt potenzielle Kandidaten mehr ab als eine langweilige,<br />
unpersönliche Stellenanzeige. Fazit: Es kommen keine passenden<br />
Bewerbungen rein, weil die Zielgruppe nicht angesprochen wird.<br />
Dahinter steckt ein veraltetes System, dass leider noch immer viele<br />
Unternehmen anwenden. Im Grunde genommen werden für die<br />
Stellenausschreibung stereotypische Mitarbeitende anhand von ungefähren<br />
Vorstellungen des Personalmitarbeitenden erstellt. Das Problem<br />
dabei: Es entstehen dabei kalte und statische Personas, die oft nichts<br />
mit der Realität gemeinsam haben. Wieso das? Oftmals wissen Personaler<br />
gar nicht, was wirklich gesucht wird. Und wer nicht weiss, was er<br />
sucht, wählt nach bestem Gewissen aus und hofft auf ansprechende<br />
Kandidaten.<br />
WIR BEOBACHTEN EINEN<br />
PARADIGMENWECHSEL BEI DER<br />
ART, WIE WISSEN IN FIRMEN<br />
VERMITTELT WIRD: DIE INHALTE<br />
EINER SCHULUNG SIND NICHT<br />
ME<strong>HR</strong> ISOLIERT VON DER ARBEIT<br />
DER MITARBEITENDEN ZU<br />
BETRACHTEN.<br />
REMO LUZI, E-LEARNING-SPEZIALIST, KPT<br />
Alles auf die E-Learning-Karte setzen würde Weingärtner aber nicht.<br />
Bei Barry Callebaut gäbe es weiterhin einen persönlichen Wissensaustausch<br />
und virtuelle Teamsitzungen. Welches Mittel wann eingesetzt<br />
werde, sei situativ. «Um zu entscheiden, wie man Lerninhalte effizient<br />
vermittelt, braucht es viel Feingefühl.» Softwaregestütztes Lernen werde<br />
bei Barry Callebaut dabei immer wichtiger. Dennoch dürfe man den<br />
Menschen nicht vergessen: «Dessen Bedürfnis nach Interaktion mit<br />
anderen. Akzeptanz und Frustration liegen eng beieinander.» a<br />
<strong>HR</strong> TECH CLUB – MEET THE FUTURE<br />
Aufgrund der aktuellen Situation sind<br />
zurzeit keine physischen Events geplant.<br />
hrtechclub.ch<br />
CANDIDATE PERSONAS – WARUM SIE NÜTZLICH SIND<br />
Um diesem Problem entgegenzutreten, muss das Unternehmen eine<br />
neue Methode anwenden: die Candidate Personas. Dabei handelt<br />
es sich um fiktive Personen, die ihre Zielgruppe repräsentieren. Die<br />
Vorteile sind:<br />
• Die <strong>HR</strong>-Abteilung kann gezielter und persönlicher auf potenzielle<br />
Kandidaten zugehen<br />
• Die richtigen Kandidaten werden angezogen<br />
• Die Candidate Experience/Journey wird positiver bewertet<br />
• Eine direkte Folge des oberen Punktes: Das Employer Branding steigt<br />
• Die Bedürfnisse der Kandidaten werden schneller erkannt und können<br />
dementsprechend auf sie ausgerichtet werden<br />
• Sie arbeiten wirtschaftlicher, da Sie Zeit und Aufwand einsparen<br />
• Marketingmassnahmen können viel gezielter ausgespielt werden<br />
DIE BEWERBERANSPRACHE – SO GELINGT’S<br />
Um die richtige Bewerberansprache generieren zu können, müssen<br />
Sie wissen, wie man eine Candidate Persona erstellt. Dabei dürfen auf<br />
keinen Fall die persönlichen Vorlieben des <strong>HR</strong>-Mitarbeitenden oder des<br />
<strong>HR</strong>-Chefs zu viel Gewicht tragen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe<br />
kritisch analysieren. Deswegen sollten Sie zunächst mit Kollegen<br />
brainstormen und sich Fragen stellen wie:<br />
• Welche Art von Kandidaten suchen Sie? (Lang-, mittel- oder kurzfristig)<br />
• Suchen Sie junge Talente, die frisch von der Universität abgegangen<br />
sind?<br />
• Welche Kriterien darf ein Kandidat auf keinen Fall haben?<br />
• Was braucht er unbedingt?<br />
• Etc.<br />
Auch Studien, Umfragen und die<br />
Analyse von Online-Profilen können<br />
dabei helfen. Analysieren Sie auch<br />
die aktuellen Mitarbeitenden. Je<br />
detaillierter Sie sich die Persona vorstellen,<br />
also ihre Wünsche, Träume,<br />
Vorstellungen, Erwartungen und<br />
Kommunikationsweise aufschreiben,<br />
desto besser können Sie anschliessend<br />
mit Ihren echten Kandidaten<br />
kommunizieren.<br />
WEITERLESEN:<br />
bit.ly/blogprospective<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
35
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Suchen Sie die passende Location für eine Fachmesse, einen Mitarbeiterevent,<br />
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Presented by ETH Zürich und Universität St. Gallen<br />
BILDUNG IST TECHNOLOGIETRANSFER<br />
FOTO: ZVG<br />
Wie können Unternehmen von der Weiterbildung<br />
ihrer Fachkräfte profitieren?<br />
Stefano Brusoni: Die Welt wandelt sich und<br />
damit der Bedarf an neuen Kompetenzen. Einige<br />
davon sind offensichtlich – man denke an digitale<br />
Fertigkeiten –, andere sind spartenübergreifend.<br />
Sie ermöglichen Menschen unter anderem, mit<br />
Wandel umzugehen: Handlungsbedarf zu erkennen,<br />
entsprechende Massnahmen zu ergreifen,<br />
und andere Menschen darin einzubinden. Während<br />
wir in der Vergangenheit diese Fähigkeiten<br />
oft unterschätzt haben, sind sie heute die «hot<br />
topics» im Bildungsbereich.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Welche Rolle hat die persönliche Dimension<br />
für Innovation?<br />
Unsere Forschung zeigt, dass Menschen sich nicht<br />
gerne verändern. Aus evolutionärer Sicht ist das<br />
eine verständliche Reaktion auf Risiko. Das reicht<br />
von milder Ablehnung bis hin zur schieren Furcht.<br />
Wir sehen aber auch, dass diese Hürde überwunden<br />
werden kann. Die dafür wirksamen Fähigkeiten,<br />
wie kognitive Flexibilität oder emotionale<br />
Intelligenz, nehmen daher eine zentrale Rolle in<br />
unseren Studienprogrammen ein.<br />
Das emba X Programm als gemeinsames<br />
Projekt der Universität St. Gallen und der ETH<br />
ist eines davon. Um was handelt es sich dabei?<br />
Wir schaffen gemeinsam etwas, das keiner der<br />
Partner allein hätte schaffen können. Sowohl die<br />
HSG als auch die ETH geniessen eine hohe Reputation<br />
in den Bereichen Forschung und Bildung.<br />
Wir vereinen diese Kompetenzen in einem Programm<br />
für Führungskräfte, das konventionelle<br />
Grenzen überwindet. Zwischen <strong>Tech</strong>nologie und<br />
Management, fachlichen und persönlichen Kompetenzen,<br />
aber auch zwischen unternehmerischem<br />
Erfolg und Nachhaltigkeit. Denn diese<br />
Grenzen existieren auch in Unternehmen nicht.<br />
Wie wird auf Nachhaltigkeit eingegangen?<br />
Wir setzen auf Menschen, die ein echtes Interesse<br />
daran haben, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.<br />
Im «Social Impact» Projektmodul<br />
werden unsere Studierenden mit einer NGO<br />
zusammenarbeiten. Wir wollen sie dazu ermutigen,<br />
über ihre Rolle im gesellschaftlichen und<br />
professionellen Kontext nachzudenken. So können<br />
sie ihre Routinen hinter sich lassen und in den<br />
nachfolgenden Projektmodulen – «Business<br />
Model Innovation» und «Company Impact» –<br />
Methoden und Ansätze unter neuen Perspektiven<br />
erproben und in ihre professionelle Umgebung<br />
einfliessen lassen.<br />
STEFANO BRUSONI<br />
Professor für <strong>Tech</strong>nologie- und Innovationsmanagement, Departement MTEC, ETH Zürich<br />
Akademischer Direktor, MAS in Management <strong>Tech</strong>nology and Economics, ETH Zürich<br />
Akademischer Co-Direktor, emba X, ETH Zürich und Universität St. Gallen<br />
Sie leiten das MAS MTEC Weiterbildungsprogramm<br />
an der ETH. Warum sollte man an<br />
der ETH Management studieren?<br />
Der technische Hintergrund der ETH bringt den<br />
MAS MTEC näher an Naturwissenschaft und<br />
<strong>Tech</strong>nologie. Während Business Schools typischerweise<br />
einen Einblick in technische Bereiche<br />
geben, können wir ein ganzes <strong>Tech</strong>nologie-Panorama<br />
bieten, das wir in unser Programm integrieren.<br />
Dadurch können die Studierenden unabhängig<br />
ihrer Gewohnheiten neue Möglichkeiten<br />
entdecken. Wer den MAS MTEC absolviert, ändert<br />
sich. Um unseren Studierenden zu ermöglichen,<br />
ihre Kompetenzen gezielt einzusetzen, haben wir<br />
ein Mentoring Programm ins Leben gerufen. Es<br />
hilft unseren Absolventinnen und Absolventen,<br />
mit ihrem neu erlernten Wissen und ihren Fähigkeiten<br />
einen Wandel in ihrer Organisation zu<br />
bewirken. Die überwältigende Mehrheit unserer<br />
Studierenden bleibt ihrer Firma erhalten.<br />
An wen richten sich emba X und MAS MTEC?<br />
Der MAS MTEC richtet sich vorwiegend an Ingenieurinnen<br />
und Ingenieure und Naturwissenschaftlerinnen<br />
und -wissenschaftler, die in einem<br />
technischen Umfeld tätig sind und sich in<br />
Richtung Management oder Selbstständigkeit<br />
orientieren möchten. Kandidatinnen und Kandidaten<br />
für den emba X sollten erhebliche Führungserfahrung<br />
vorweisen können und sich für<br />
einflussreiche Positionen interessieren. Sie sind<br />
ambitioniert, haben gleichzeitig aber auch den<br />
gesellschaftlichen Wandel im Blick und sind bereit,<br />
ein gewisses Risiko einzugehen, um diesen Wandel<br />
mitzugestalten.<br />
Worauf gründet Ihre Begeisterung für Bildung?<br />
Jedes Jahr gehen tausende Studierende von der<br />
Universität in die Gesellschaft. Wir bringen Ihnen<br />
bei, worüber wir forschen, und sie setzen es um.<br />
Das macht Bildung zu unserem wichtigsten Kanal<br />
für <strong>Tech</strong>nolgietransfer.<br />
Studienprogramme<br />
MAS in Management, <strong>Tech</strong>nology,<br />
and Economics<br />
ETH Zürich<br />
mas-mtec.ethz.ch<br />
emba X<br />
ETH Zürich | Universität St. Gallen<br />
embax.ch<br />
38
THEMA<br />
Arbeit und Recht (Seite 40) • Sozialversicherungen (Seite 42) • <strong>HR</strong> Change Management (Seite 47)<br />
<strong>HR</strong> und Klima (Seite 50) • Loyalität (Seite 53) • Angeknüpft (Seite 55)<br />
MORALISCHE ABGRÜNDE<br />
Was würden Arbeitnehmende tun, um möglichst viel Geld zu scheffeln?<br />
Dieser Frage ging das amerikanische Marketingunternehmen<br />
Zety nach und befragte 10 000 Berufstätige in den USA. Das Ergebnis<br />
lässt aufhorchen: Ein Drittel würde sich strafbar machen. Von<br />
ihnen schrecken 77 Prozent vor Drogenhandel und 70 Prozent vor<br />
Diebstahl nicht zurück. 65 Prozent würden sogar eine andere Person<br />
bedrohen oder verletzen. Von den gesetzestreuen Bürgerinnen und<br />
Bürgern würden 41 Prozent für eine Firma arbeiten, deren Geschäftsgebaren<br />
ihrer Ethik widerspricht. Nicht alle Menschen lassen sich aber<br />
gleichermassen von Geld verführen: «Männer schieben ihre moralischen<br />
Einstellungen für Geld eher beiseite als Frauen», folgert die<br />
Studie. Die Gier nach Geld ist auch altersabhängig: Babyboomer sind<br />
weniger käuflich. Nur 26 Prozent könnten sich vorstellen, für eine<br />
unethische Firma zu arbeiten, während mit 48 Prozent fast die Hälfte<br />
der Millennials und der Generation Z ihre Skrupel für einen höheren<br />
Verdienst über Bord wirft.<br />
Nicht entschädigte Mehrarbeit<br />
Berufstätige arbeiten seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wöchentlich<br />
durchschnittlich neun Stunden länger, hat das ADP Research<br />
Institute in der Studie «People at Work 20<strong>21</strong>» herausgefunden, für<br />
die weltweit rund 15 300 Arbeitnehmende befragt wurden. Die<br />
wöchentliche Überzeit der Beschäftigten in «systemrelevanten»<br />
Berufen liegt mit 10,1 Stunden sogar noch höher. Für ihre Mehrleistung<br />
erhalten die Arbeitnehmenden jedoch keine Entschädigung. Die<br />
Gründe? Gemäss den Studienautoren machen Arbeitnehmende<br />
Überstunden, weil sie mit der zusätzlichen Arbeitsbelastung nicht<br />
Schritt halten können, sich vor einem Jobverlust fürchten, Aufgaben<br />
von entlassenen Kollegen übernehmen müssen oder sich die Arbeit<br />
im Homeoffice vom Privatleben nicht klar abgrenzen lässt.<br />
FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
Teures Arbeitgebermarketing<br />
Fachkräfte umwerben kostet. Wie viel die Betriebe für das Arbeitgebermarketing<br />
durchschnittlich ausgeben, zeigt eine Befragung von 181 <strong>HR</strong>-Fachkräften<br />
durch «Great Place to Work» und die Fachhochschule Nordwestschweiz.<br />
Von 30,4 Prozent, die hierfür ein Budget haben, geben 25 Prozent über 100 000<br />
Franken dafür aus, 42,3 Prozent zwischen 25 000 und 100 000 Franken und<br />
32,7 Prozent weniger als 25 000 Franken.<br />
FÜRS ARBEITGEBERMARKETING?)<br />
GREAT PLACE TO WORK (SEITE 14, WIE GROSS IST I<strong>HR</strong> BUDGET<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
39
THEMA<br />
Arbeit und Recht<br />
RECHTE DER ARBEITNEHMENDEN BEI MASSENENTLASSUNGEN<br />
AUFGRUND DER AKTUELLEN WIRTSCHAFTSLAGE IST IN DEN MEDIEN VERME<strong>HR</strong>T VON MASSENENTLASSUNGEN DIE REDE.<br />
DEREN DURCHFÜ<strong>HR</strong>UNG IST FÜR GESCHÄFTSLEITUNG UND PERSONALVERANTWORTLICHE AUF RECHTLICHER,<br />
ORGANISATORISCHER SOWIE EMOTIONALER EBENE EINE BESONDERE HERAUSFORDERUNG.<br />
Gastbeitrag: Nicolas Facincani<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Nicolas Facincani, lic.<br />
iur., LL.M., ist Partner<br />
der Anwaltskanzlei<br />
Voillat Facincani Sutter<br />
+ Partner. Er ist als<br />
Rechtsanwalt tätig und<br />
berät Unternehmen<br />
und Private vorwiegend<br />
in wirtschafts- und<br />
arbeitsrechtlichen<br />
Belangen.<br />
vfs-partner.ch<br />
Eine Massenentlassung<br />
liegt vor, wenn eine<br />
Arbeitgeberin in einem<br />
Betrieb innert 30 Tagen<br />
eine gewisse Anzahl<br />
von Arbeitnehmenden<br />
entlässt, ohne dass die<br />
Kündigungen in einem<br />
Zusammenhang mit<br />
deren Person, Leistung<br />
oder Verhalten stehen.<br />
Wird ein Arbeitsverhältnis<br />
auf andere Weise als<br />
durch eine Kündigung<br />
beendet, wie den Tod<br />
des Arbeitnehmenden<br />
oder aufgrund eines<br />
befristeten Arbeitsvertrags,<br />
wird dieses bei<br />
der Anzahl der Kündigungen<br />
nicht berücksichtigt.<br />
Rechtlich gilt als Massenentlassung die Entlassung von (a) mindestens<br />
10 Arbeitnehmenden in Betrieben mit mehr als 20 und<br />
weniger als 100 Beschäftigten, (b) mindestens 10 Prozent der<br />
Arbeitnehmenden in Betrieben mit mindestens 100 und weniger<br />
als 300 Beschäftigten sowie (c) mindestens 30 Arbeitnehmenden<br />
in Betrieben mit mindestens 300 Beschäftigten.<br />
Betriebe mit 20 oder weniger Arbeitnehmenden fallen somit<br />
nicht unter die gesetzlichen Bestimmungen der Massenentlassung,<br />
unabhängig von der Anzahl ausgesprochener Kündigungen.<br />
Informations- und Konsultationspflichten<br />
Durch die gesetzlich vorgesehene Konsultationspflicht wird der<br />
Arbeitnehmerschaft bei einer Massenentlassung die Möglichkeit<br />
gegeben, auf die Entscheidungsfindung des Arbeitgebenden<br />
Einfluss zu nehmen. Es wird der Arbeitnehmerschaft dabei<br />
zumindest die Möglichkeit gegeben, Vorschläge zu unterbreiten,<br />
wie Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt und<br />
ihre Folgen gemildert werden können. Teil der Konsultation ist<br />
auch die Information der Arbeitnehmerschaft. Die nachfolgend<br />
beschriebenen Pflichten zur Information und Konsultation entstehen<br />
in dem Moment, in dem eine Massenentlassung durch<br />
einen Arbeitgebenden beabsichtigt wird. Somit muss während<br />
dieses Zeitpunkts eine konkrete Absicht zur Massenentlassung<br />
gegeben sein. Der definitive Entscheid über die Massenentlassung<br />
darf erst nach einem Konsultationsverfahren inklusive<br />
Information der Arbeitnehmerschaft gefällt werden.<br />
Information der Arbeitnehmenden<br />
Beabsichtigt der Arbeitgebende eine Massenentlassung, hat<br />
er in einem ersten Schritt die Arbeitnehmervertretung oder,<br />
falls keine vorhanden ist, die Arbeitnehmenden gesetzeskonform<br />
zu informieren. Der Arbeitgebende hat zudem, sofern<br />
eine Massenentlassung beabsichtigt ist, schriftlich über folgende<br />
Punkte zu informieren: die Gründe der Massenentlassung,<br />
die Zahl der Arbeitnehmenden im Betrieb, die Zahl der<br />
Arbeitnehmenden, denen gekündigt werden soll, sowie den<br />
Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden.<br />
Diese Auskünfte müssen vollständig und möglichst umfassend<br />
sein. Insbesondere muss der Grund für die Massenentlassung<br />
konkret beschrieben werden. Allgemeine Hinweise auf die Wirtschaftslage<br />
genügen den Anforderungen des Gesetzes nicht.<br />
Es ist empfehlenswert, diese Information schriftlich per Einschreiben<br />
zuzustellen, um den Erhalt nachverfolgen zu können.<br />
Ein Aushang in der Cafeteria reicht nicht.<br />
Der Arbeitgebende muss zusätzlich zu den obigen Mindestinformationen<br />
jegliche weiteren, im Zusammenhang mit der<br />
Massenentlassung zweckdienlichen Auskünfte erteilen. Dabei<br />
handelt es sich um eine Holschuld der Arbeitnehmenden. Der<br />
Arbeitgebende braucht nicht von sich aus tätig zu werden. Diese<br />
Auskünfte müssen den Beschäftigten nur erteilt werden, wenn<br />
sie notwendig sind, um Vorschläge zu unterbreiten, wie Kündigungen<br />
im Zusammenhang mit der Massenentlassung vermieden,<br />
deren Zahl beschränkt und ihre Folgen gemildert werden<br />
können.<br />
Erste Information des Arbeitsamtes<br />
Eine Kopie der schriftlichen Mitteilung an die Arbeitnehmervertretung<br />
beziehungsweise an die Arbeitnehmenden mit den notwendigen<br />
Mindestinformationen muss dem kantonalen Arbeitsamt<br />
zugestellt werden. Besitzt ein Betrieb Niederlassungen in<br />
mehreren Kantonen, genügt es, das Arbeitsamt jenes Kantons<br />
zu informieren, in dem sich der betriebliche Hauptsitz befindet.<br />
Konsultation<br />
Die Konsultation beginnt mit der schriftlichen Mitteilung der<br />
beabsichtigten Massenentlassung. Der Arbeitnehmerschaft<br />
muss in diesem Zusammenhang eine angemessene Konsultationsfrist<br />
gewährt werden, die so bemessen ist, dass die Mitarbeitenden<br />
fundierte Vorschläge erarbeiten und einbringen<br />
können. Diese Frist ist im Einzelfall zu bestimmen, insbesondere<br />
aufgrund der Dringlichkeit und Komplexität der Angelegenheit,<br />
der Anzahl der geplanten Kündigungen und der auf dem Spiel<br />
stehenden Interessen. In der Regel wird von einer Frist von 10<br />
bis 14 Tagen ausgegangen.<br />
Der Umfang des Konsultationsrechts ist hingegen rechtlich<br />
umstritten. Zum Teil wird darunter ein reines Anhörungsrecht<br />
verstanden. Zuweilen wird von einem zusätzlichen Mitspracherecht<br />
ausgegangen, bei welchem der Arbeitgebende verpflichtet<br />
ist, sich mit den Vorschlägen der Arbeitnehmenden ernsthaft<br />
auseinanderzusetzen und eine allfällige Ablehnung der Vorschläge<br />
zu begründen. Zum Teil wird sogar ein Dialog zwischen<br />
dem Arbeitgebenden und der Arbeitnehmerschaft verlangt.<br />
Das Bundesgericht hielt bisher schlicht fest, dass der Arbeitgebende<br />
aus dem Grundsatz nach Treu und Glauben verpflichtet<br />
sei, die Lösungsvorschläge seriös zu prüfen (BGE 137 III 162<br />
E.1.1). Das Obergericht des Kantons Zürich hat zudem eine<br />
Begründungspflicht bei Ablehnung der Vorschläge der Arbeit-<br />
40
Arbeit und Recht<br />
THEMA<br />
nehmervertretung beziehungsweise der Arbeitnehmenden<br />
grundsätzlich bejaht.<br />
Zweite Information des Arbeitsamtes<br />
Nach der Durchführung der Konsultation hat der<br />
Arbeitgebende dem kantonalen Arbeitsamt die<br />
beabsichtigte Massenentlassung schriftlich (i.S.v.<br />
Art. 13 OR) anzuzeigen. Die Anzeige muss die<br />
Ergebnisse der Konsultation und alle (für das Amt)<br />
zweckdienlichen Angaben über die beabsichtigte<br />
Massenentlassung enthalten. Zu den Ergebnissen<br />
der Konsultation gehören die Vorschläge der<br />
Arbeitnehmerschaft, die Stellungnahme des<br />
Arbeitgebenden sowie die allfällige Begründung<br />
einer Ablehnung der Vorschläge. Zweckdienliche<br />
Angaben sind zur Massenentlassung mitzuteilen.<br />
Kündigungen<br />
Kündigungen, bei denen das Konsultationsverfahren<br />
nicht eingehalten wird, sind missbräuchlich und<br />
berechtigten zu einer Entschädigung von bis zwei<br />
Monatslöhnen. Zudem enden Arbeitsverhältnisse,<br />
die durch eine Massenentlassung beendet werden,<br />
frühestens 30 Tage nach der zweiten Information<br />
des Arbeitsamtes.<br />
a<br />
Haben Sie Fragen zum Thema?<br />
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GRUNDSÄTZE ZUR ALTERSKÜNDIGUNG GELTEN NICHT FÜR GESCHÄFTSFÜ<strong>HR</strong>ER<br />
BGE 4A_44/20<strong>21</strong>, Urteil vom 2. Juni<br />
Rechtsanwältin Sonja<br />
Stark-Traber, LL.M.,<br />
Sozialversicherungsfachfrau<br />
mit eidgenössischem<br />
Fachausweis,<br />
ist Partnerin in der<br />
Wirtschaftsanwaltskanzlei<br />
Suter Howald<br />
Rechtsanwälte in Zürich<br />
und sowohl beratend<br />
wie prozessierend im<br />
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />
tätig.<br />
suterhowald.ch<br />
Das Urteil<br />
Arbeitnehmer B. war während rund 37 Jahren bei der Arbeitgeberin<br />
A. angestellt. Zuletzt gehörte er dem Verwaltungsrat<br />
an und war Vorsitzender der Geschäftsleitung. Am 25. August<br />
2016 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis. Der<br />
Arbeitnehmer war zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alt.<br />
Der Arbeitnehmer machte geltend, die Kündigung sei missbräuchlich,<br />
und klagte auf Zahlung einer Entschädigung. Die<br />
erste und zweite Instanz hiessen die Klage teilweise gut. Die<br />
zweite Instanz verwies dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung,<br />
wonach die privatrechtliche Kündigungsfreiheit in<br />
Bezug auf ältere Mitarbeitende dahingehend eingeschränkt<br />
ist, da diese Kategorie von Mitarbeitenden von einer erhöhten<br />
Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden profitiere. Ein älterer Mitarbeitender<br />
sei über die beabsichtigte Kündigung zu informieren<br />
und anzuhören. Zudem solle nach alternativen Lösungen<br />
zur Kündigung gesucht werden. Aufgrund seines Alters und<br />
seiner Dienstjahre geniesse der Arbeitnehmer B. diesen Kündigungsschutz.<br />
Da die Arbeitgeberin nicht geltend gemacht<br />
habe, dass sie B. vorgängig über die Kündigung informiert und<br />
angehört habe, sei die Kündigung missbräuchlich erfolgt.<br />
Das Bundesgericht hob diesen Entscheid aufgrund einer<br />
Beschwerde der Arbeitgeberin auf. Das Bundesgericht erwog,<br />
dass das Obligationenrecht keine Pflicht kenne, die Gegenpartei<br />
vor einer Kündigung anzuhören oder sie zunächst zu<br />
verwarnen. Es bestehe auch keine generelle Pflicht, vor der<br />
Kündigung immer zuerst mildere Massnahmen zu ergreifen.<br />
Die Arbeitgeberin habe zwar bei älteren Mitarbeitenden auf<br />
die Art und Weise der Kündigung zu achten, das Alter sei bei<br />
der Bestimmung des Umfangs der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin<br />
im Vorfeld einer Kündigung jedoch nicht das einzige<br />
relevante Kriterium. Vielmehr sei auch bei älteren Mitarbeitenden<br />
der Umfang der Fürsorgepflicht aufgrund einer Würdigung<br />
der gesamten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.<br />
Die Vorinstanz sei in ihrem Entscheid nicht auf die spezifische<br />
Stellung des Arbeitnehmers B. innerhalb des Unternehmens<br />
eingegangen. B. sei Verwaltungsratsmitglied und Vorsitzender<br />
der Geschäftsleitung gewesen, wobei er erhebliche Entscheidungskompetenzen<br />
und eine grosse Verantwortung hatte. Die<br />
Arbeitgeberin sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, vor der<br />
Kündigung mit ihm nach alternativen Lösungen zu suchen.<br />
Eine Weiterbeschäftigung des Vorsitzenden der Geschäftsleitung<br />
im Unternehmen wäre auch schwierig gewesen. Bei einem<br />
Geschäftsführer sei das Interesse der Arbeitgeberin an der<br />
Kündigungsfreiheit hoch zu gewichten. Zudem sei im Rahmen<br />
der Interessenabwägung auch der relativ hohe Lohn des Arbeitnehmers<br />
B. zu berücksichtigen. Das Bundesgericht erachtete<br />
die Kündigung daher nicht als missbräuchlich.<br />
Konsequenz für die Praxis<br />
Das Bundesgericht hat in diesem Entscheid seine bisherige<br />
Praxis zur Alterskündigung präzisiert, was zu begrüssen ist.<br />
Zwar trifft die Arbeitgeberin bei der Kündigung älterer Mitarbeitender<br />
nach wie vor eine erhöhte Fürsorgepflicht, aber das<br />
Bundesgericht stellt klar, dass dabei nicht einfach isoliert auf<br />
Alter und Dienstzeit der Mitarbeitenden abgestellt werden darf.<br />
Massgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles,<br />
wobei die Kündigungsfreiheit der Arbeitgeberin insbesondere<br />
bei höheren leitenden Mitarbeitenden hoch zu gewichten<br />
ist. Solche sind vor Aussprechen einer Kündigung nicht mehr<br />
in jedem Fall anzuhören und es müssen auch nicht mehr ausnahmslos<br />
Alternativen zur Kündigung geprüft werden, was die<br />
Kündigung aus Arbeitgebersicht erleichtert.<br />
a<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
41
THEMA<br />
Sozialversicherungen<br />
FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
VERWALTUNGSRATSMITGLIEDER<br />
IN DER PENSIONSKASSE VERSICHERN?<br />
DER VERWALTUNGSRAT IST DAS OBERSTE LEITUNGSGREMIUM EINER AKTIENGESELLSCHAFT. ZWISCHEN DEM UNTERNEHMEN<br />
UND EINZELNEN VERWALTUNGSRATSMITGLIEDERN BESTEHT EIN ORGANSCHAFTLICHES VERHÄLTNIS, ZU DEM EIN AUFTRAGS-<br />
ODER ARBEITSRECHTLICHES VERHÄLTNIS HINZUKOMMEN KANN. DAS STELLT <strong>HR</strong>-VERANTWORTLICHE VOR DIE<br />
FRAGE, OB VR-MITGLIEDER IN DER PENSIONSKASSE VERSICHERT WERDEN MÜSSEN.<br />
Gastbeitrag: Raphael Zellweger und Jennifer Zumstein<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Raphael Zellweger,<br />
M.A. HSG, ist Rechtsanwalt<br />
bei der AVS<br />
Rechtsanwälte AG<br />
Aus AHV-rechtlicher Sicht ist ein Verwaltungsratsmitglied wie<br />
eine gewöhnliche Arbeitnehmerin zu behandeln. Demnach<br />
sind Verwaltungsratsmitglieder als unselbständig Erwerbstätige<br />
zu qualifizieren. Sämtliche Tantiemen, feste Entschädigungen<br />
und Sitzungsgelder, die an sie bezahlt werden, sind<br />
von der auszahlenden Gesellschaft als massgebender Lohn<br />
mit der Ausgleichskasse abzurechnen. Dabei gilt, dass die<br />
Entschädigung eines Verwaltungsratsmitglieds nur insoweit<br />
massgebenden Lohn darstellt, als diese an die Mandatsträgerin<br />
persönlich bezahlt wird. Das ist nicht der Fall, wenn das<br />
Verwaltungsratsmitglied dieses Mandat als Arbeitnehmerin<br />
einer Dritten ausübt, diese im Verwaltungsrat vertritt und<br />
dieser Dritten das Verwaltungsratshonorar zufliesst.<br />
Was die berufliche Vorsorge betrifft, sind grundsätzlich alle<br />
Arbeitnehmerinnen, die bei einer Arbeitgeberin einen AHVmassgebenden<br />
Lohn von über <strong>21</strong> 510 Franken (Stand 20<strong>21</strong>)<br />
beziehen (und das 17. Altersjahr überschritten haben), der<br />
obligatorischen BVG-Versicherung unterstellt. Damit steht<br />
fest, dass Verwaltungsratsmitglieder grundsätzlich in der<br />
Pensionskasse zu versichern sind, wenn der ihnen ausgerichtete<br />
massgebende Lohn die BVG-Eintrittsschwelle übersteigt.<br />
Dabei ist in der Praxis unerheblich, dass das BVG explizit von<br />
Arbeitnehmenden spricht, das Verhältnis zwischen Verwaltungsratsmitglied<br />
und Aktiengesellschaft aus zivilrechtlicher<br />
Sicht meist aber nicht als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist.<br />
So stellte das Bundesgericht wiederholt fest, dass der<br />
Arbeitnehmerbegriff des BVG nach AHV-rechtlichen Kriterien<br />
auszulegen ist.<br />
Ausnahmen der Versicherungspflicht<br />
bei nebenerwerblicher Tätigkeit<br />
Das Obenstehende gilt, sofern Gesetz oder Verordnung in<br />
Bezug auf gewisse Tätigkeiten nicht eine Ausnahme vorsehen.<br />
Für die berufliche Vorsorge hält die massgebende Verordnung<br />
(BVV 2) fest, dass nebenberufliche Tätigkeiten von der obligatorischen<br />
beruflichen Vorsorge ausgenommen sind, sofern<br />
die betreffende Person für eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit<br />
bereits obligatorisch versichert ist oder diese Person im<br />
Hauptberuf selbständig ist. Somit gilt, dass Verwaltungsratsmitglieder<br />
in der Pensionskasse nicht zu versichern sind, wenn<br />
ihre Tätigkeit als Nebenerwerbstätigkeit zu qualifizieren ist.<br />
Da der Arbeitgeberin die Pflicht zukommt, versicherungspflichtige<br />
Personen der Pensionskasse zu melden, beschäftigen sich<br />
42
Sozialversicherungen<br />
THEMA<br />
Jennifer Zumstein,<br />
Mlaw, ist juristische<br />
Mitarbeiterin bei der<br />
AVS Rechtsanwälte AG<br />
<strong>HR</strong>-Verantwortliche regelmässig mit der Frage, ob eine hauptberufliche<br />
und somit versicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt<br />
oder nicht.<br />
Die meisten Arbeitgeberinnen sind heute einer umhüllenden<br />
Pensionskasse angeschlossen, deren Leistungen über das Obligatorium<br />
hinausgehen. Diesen Pensionskassen kommt eine<br />
grosse Autonomie zu. So können diese beispielsweise eine<br />
tiefere Eintrittsschwelle für die Versicherungspflicht vorsehen<br />
oder die Handhabung von Nebenbeschäftigungen konkret<br />
regeln. <strong>HR</strong>-Verantwortliche müssen deshalb im Einzelfall das<br />
in Kraft stehende Reglement, die massgebenden Vorsorgepläne<br />
und auch den Anschlussvertrag zwischen der Arbeitgeberin<br />
und der Pensionskasse konsultieren.<br />
Für die Qualifizierung der Verwaltungsratstätigkeit als Hauptoder<br />
Nebentätigkeit kann auf verschiedene Kriterien abgestellt<br />
werden. Darunter fallen etwa die Dauer der verschiedenen<br />
Tätigkeiten, die Entschädigungshöhe, die Art der Tätigkeit, die<br />
Stabilität der Beschäftigung, die chronologische Reihenfolge<br />
bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit und der Gesichtspunkt<br />
der betroffenen Person. Das Bundesgericht bejahte beispielsweise<br />
eine nebenberufliche Tätigkeit in einem Fall, bei dem die<br />
Haupttätigkeit 44 Prozent und zwei weitere (Neben-)Tätigkeiten<br />
15 beziehungsweise 25 Prozent ausmachten. Bei drei<br />
Arbeitsverhältnissen mit Pensen von 50, 30 und 20 Prozent<br />
ging das Bundesgericht demgegenüber von gleichartigen<br />
(Haupt-)Tätigkeiten aus. Grundsätzlich gilt, dass Tätigkeiten<br />
nur dann als nebenberuflich angesehen werden können, wenn<br />
diese klar von der Haupttätigkeit abgrenzbar und nicht als<br />
gleichwertig anzusehen sind. In einem solchen Fall ist die<br />
betreffende Person für jede Tätigkeit von der jeweiligen Arbeitgeberin<br />
in deren Pensionskasse zu versichern.<br />
Von einer rein nebenberuflichen Tätigkeit sollte nicht leichthin<br />
ausgegangen werden. Macht ein Verwaltungsratsmitglied dies<br />
geltend, sollten entsprechende Nachweise bezüglich der weiteren<br />
Tätigkeiten und der obligatorischen Versicherung oder<br />
Qualifizierung als selbständige Erwerbstätigkeit ein gefordert<br />
werden. Die Einordnung einer Tätigkeit ist in der Praxis oft<br />
nicht einfach. Es ist deshalb empfehlenswert, schwierige Fälle<br />
mit der Pensionskasse abzusprechen.<br />
a<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
43
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44
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THEMA<br />
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ADÄQUATE ÜBERSETZUNG SEINES TITELS IN DER TASCHE. DAS BETRIFFT AUCH ABSOLVIERENDE VON<br />
HÖHEREN FACHSCHULEN. EIN GESPRÄCH MIT SFB-SCHULDIREKTORIN DOROTHEA TIEFENAUER.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
Sie sind Direktorin der Höheren Fachschule für<br />
<strong>Tech</strong>nologie und Management sfb. Wie machen<br />
Sie jemandem in einem internationalen Umfeld<br />
klar, was eine Höhere Fachschule ist?<br />
Dorothea Tiefenauer: Studierende einer Höheren<br />
Fachschule sind Berufsleute mit einem Lehrabschluss<br />
und ersten Berufserfahrungen, die an einer<br />
Höheren Fachschule eine eng mit Arbeitgebenden<br />
entwickelte praxisorientierte Weiterbildung<br />
abschliessen und mit dieser auf anspruchsvolle<br />
Fach- oder Führungsfunktionen vorbereitet werden.<br />
Wie stehen Sie zum «Professional Bachelor»,<br />
einer Übersetzung des HF-Titels, die der ODEC<br />
(Verband der Absolventen Höherer Fachschulen)<br />
herausgibt?<br />
Im internationalen Umfeld erachte ich den Titel<br />
«Professional Bachelor» als passende Übersetzung<br />
des HF-Titels. Deutschland hat den Professional<br />
Bachelor bereits eingeführt. Unser Nachbarland<br />
lebt wie die Schweiz das duale Bildungssystem mit<br />
Grundbildung und einer höheren Berufsbildung.<br />
Die Schweiz täte gut daran, den Professional<br />
Bachelor vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung<br />
und Innovation (SBFI) genehmigen zu lassen,<br />
denn angemessene Titelübersetzungen sind<br />
für ein exportorientiertes Land wie die Schweiz<br />
enorm wichtig. Absolventinnen und Absolventen<br />
Höherer Fachschulen erhalten bis dahin ein sogenanntes<br />
Diploma Supplement, das die internationale<br />
Vergleichbarkeit des HF-Titels der Absolventen<br />
aufzeigt. Ein diplomierter <strong>Tech</strong>niker HF Unternehmensprozesse<br />
darf etwa damit den schwerfälligen<br />
und kaum bekannten «Advanced Federal Diploma<br />
of Higher Education in Business Process Management»<br />
tragen. Das muss sich ändern.<br />
Der Ausbildungsstandard einer HF ist recht<br />
hoch und kommt einer FH sehr nahe …<br />
Ob HF oder FH: Beide erfüllen einen Auftrag.<br />
Wesentlich ist, dass sich die Inhalte und deren Ausrichtung<br />
unterscheiden. Fachhochschulen bieten<br />
einen grösseren Theorie- oder Wissenschaftsteil<br />
und werden oft in Vollzeit, die Lehrgänge Höherer<br />
Fachschulen dagegen eher berufsbegleitend<br />
absolviert. Letztere sind zudem mit der Wirtschaft<br />
enger verbunden. So wird die sfb beispielsweise<br />
als Stiftung von Swissmem und den Sozialpartnern<br />
der Maschinenbauindustrie getragen. Lehrgänge<br />
wie der im August startende <strong>Tech</strong>niker/in HF<br />
Maschinenbau entwickeln wir gemeinsam mit der<br />
Industrie.<br />
Was hat der Europäische Qualifikationsrahmen<br />
EQR, der die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen<br />
Bildungen erleichtern sollte, bisher<br />
gebracht?<br />
Der Europäische Qualifikationsrahmen ist vor<br />
allem in Fachkreisen bekannt. Mit dem Level EQR<br />
6, der dem Nationalen Qualifikationsrahmen NQR<br />
6 gleichgestellt ist, schliessen die Lehrgänge der<br />
HF <strong>Tech</strong>nik ab. Ein Bachelorabschluss einer Fachhochschule<br />
entspricht einem EQR 6 und ist somit<br />
international wie ein HF-Abschluss eingestuft.<br />
DIE SCHWEIZ TÄTE<br />
GUT DARAN, DEN<br />
PROFESSIONAL<br />
BACHELOR VOM SBFI<br />
GENEHMIGEN ZU<br />
LASSEN.<br />
DOROTHEA TIEFENAUER<br />
Sind die HF darin genügend hoch eingestuft?<br />
Die Einstufung der HF-Abschlüsse ist in Ordnung.<br />
Verbesserungswürdig sind dagegen deren inländische<br />
Positionierung und Wahrnehmung. Mit dem<br />
aktuell laufenden SBFI-Projekt «Positionierung HF»<br />
erwarte ich eine deutliche Verbesserung.<br />
Wie sehen Sie die Zukunft der HF?<br />
Die wichtigste Ressource der Schweiz sind gut ausgebildete<br />
Fachkräfte. Solange die Schweiz auf das<br />
duale Bildungssystem setzt und sich dessen Stellenwerts<br />
für die Schweizer Wirtschaft bewusst ist,<br />
sehe ich für die HF eine rosige Zukunft. a<br />
sfb<br />
Die Höhere Fachschule für <strong>Tech</strong>nologie und<br />
Management sfb ist mit acht Standorten in allen<br />
Landesteilen der Schweiz, über 1200 Studierenden<br />
und 500 Lehrpersonen eine der grössten<br />
Höheren Fachschulen im technischen Bereich<br />
der Schweiz. Sie bietet berufsbegleitende Lehrgänge<br />
in den Bereichen <strong>Tech</strong>nik und Wirtschaft.<br />
Am 15. September führt die sfb ein Symposium<br />
zur beruflichen Weiterbildung durch.<br />
sfb.ch/symposium<br />
EQR<br />
Dorothea Tiefenauer,<br />
sfb-Schuldirektorin<br />
Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) ist<br />
die Grundlage für den Nationalen Qualifikationsrahmen<br />
NQR Berufsbildung der Schweiz sowie<br />
für die nationalen Qualifikationsrahmen anderer<br />
europäischer Staaten. Er dient allen europäischen<br />
Ländern als Referenzinstrument und<br />
macht (Schweizer) Abschlüsse innerhalb von<br />
Europa untereinander vergleichbar.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
45
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<strong>HR</strong> Change Management<br />
THEMA<br />
AM WENDEPUNKT<br />
ENDE 2019 SCHALTETE DER ENERGIE- UND INFRASTRUKTURBETREIBER BKW DAS KERNKRAFTWERK (KKW) MÜHLEBERG<br />
AB. NUN FOLGT DESSEN RÜCKBAU. EIN NOVUM FÜR DIE SCHWEIZ: BISHER WURDE KEIN EINZIGES ATOMKRAFTWERK<br />
STILLGELEGT. ÜBER DIE AUSWIRKUNGEN AUF DAS <strong>HR</strong>, DIE FÜ<strong>HR</strong>UNGSKRÄFTE UND DIE MITARBEITENDEN.<br />
Text: Corinne Päper<br />
«Drei, zwei, eins, null.» Es herrscht Wehmut im<br />
Kommandoraum des Kernkraftwerks Mühleberg,<br />
als dieses am 20. Dezember 2019 nach einer<br />
47-jähriger Betriebszeit endgültig abgeschaltet<br />
wird. Für das Abschiednehmen blieb kaum Zeit:<br />
Die Abbauarbeiten begannen bereits am 6.<br />
Januar 2020. Dass die Mitarbeitenden an «ihrem»<br />
Kernkraftwerk hingen, spürt auch <strong>HR</strong>-Verantwortliche<br />
Heidi Mezenen: «Unsere Mitarbeitenden<br />
haben das Kernkraftwerk über Jahre hinweg<br />
gepflegt. Für viele ist es emotional, mitzuerleben,<br />
wie dieses nun Stück für Stück auseinandergenommen<br />
wird.» Bis vom KKW nichts mehr übrig<br />
ist, wird es rund 15 Jahre dauern und 800 Millionen<br />
Franken kosten. Erst 2034 kann die freigewordene<br />
Fläche umgenutzt werden.<br />
Vom Elektrizitätserzeuger zum Abbruchprojekt<br />
Mit der Abschaltung des Kernkraftwerks veränderten<br />
sich die Rollen und Aufgaben der Mitarbeitenden.<br />
Ungewohnt für jene, die dem Betrieb treu<br />
ergeben waren: «Auch wer bis zur Pension im<br />
Kernkraftwerk Mühleberg arbeiten wollte, musste<br />
sich plötzlich mit beruflichen Veränderungen auseinandersetzen,<br />
sagt Mezenen. Diese Verunsicherung<br />
stellte Führungskräfte und <strong>HR</strong> vor grosse<br />
Herausforderungen: «Unsere Mitarbeitenden<br />
wissen, wie die verschiedenen Kernkraftwerk-Systeme<br />
zusammenarbeiten und besitzen vertiefte<br />
Betriebskenntnisse. Möglichst viele der neuen<br />
Funktionen sollten deshalb mit erfahrenen Fachkräften<br />
besetzt werden.» Dafür habe man intern<br />
die Stellenausschreibungen mehrmals kommuniziert,<br />
Mitarbeitende aufgefordert, sich zu bewerben,<br />
und ihnen bestätigt, dass sie beim Rückbau<br />
eine neue Rolle übernehmen können. Das habe<br />
aber nicht alle Ängste beseitigt: «Dafür waren<br />
wiederkehrende Gespräche notwendig», sagt<br />
Mezenen. Rund zwei Drittel der insgesamt<br />
300 Mitarbeitenden üben heute im Kernkraftwerk<br />
andere Tätigkeiten aus. «Dazu war ein enger Austausch<br />
mit der Kraftwerksleitung, den Führungskräften,<br />
den Beschäftigten und dem <strong>HR</strong> notwendig.»<br />
UNSERE MITARBEITENDEN<br />
HABEN DAS KERNKRAFT-<br />
WERK ÜBER JA<strong>HR</strong>E<br />
HINWEG GEPFLEGT.<br />
FÜR VIELE IST ES<br />
EMOTIONAL, WIE DIESES<br />
NUN STÜCK FÜR STÜCK<br />
AUSEINANDERGENOMMEN<br />
WIRD.<br />
HEIDI MEZENEN<br />
Die neuen Rollen und Aufgaben fordern den Mitarbeitenden<br />
einiges ab: «Während des Kernkraftwerkbetriebs<br />
kümmerten sie sich hauptsächlich<br />
um die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit der<br />
Anlage», sagt Mezenen. «Sie übernahmen noch<br />
während des Betriebs mit Blick auf den Rückbau<br />
neue Aufgaben. Dabei mussten sie mehrere Tätig-<br />
keiten gleichzeitig vorantreiben und sich bei einzelnen<br />
Projektschritten mit Kollegen abstimmen,<br />
ohne die Sicherheit aus den Augen zu verlieren.»<br />
Darauf waren die KKW-Mitarbeitende vorbereitet.<br />
Häufig seien hierfür aber zusätzliche Fachkenntnisse<br />
vonnöten gewesen. «Meist genügte ein Learning<br />
on the Job.» Etwa mit dem Besuch deutscher<br />
im Rückbau befindlicher Kernkraftwerke, durch<br />
die Projektbegleitung eines erfahrenen Kollegen,<br />
das Lesen von Konzepten, die Vorbereitung von<br />
Arbeiten oder die Inbetriebnahme neuer Systeme<br />
und Anlagen. Teils wurden Mitarbeitende auch<br />
umgeschult. Beispielsweise vom Betriebswächter<br />
zur Strahlenschutz-Fachkraft. «Das war aufwendig»,<br />
sagt Mezenen.<br />
Kernkraftwerk Mühleberg<br />
Am 20. Dezember 2019 nahm der Energie- und<br />
Infrastrukturbetreiber BKW das Kernkraftwerk<br />
(KKW) Mühleberg nach 47 Jahren vom Netz.<br />
Damit ist es das erste in der Schweiz und weltweit<br />
eines von 150. Mit der Abschaltung endete die<br />
Arbeit jedoch nicht. Bis das KKW demontiert ist,<br />
dauert es rund 15 Jahre. Erst 2030 wird es frei<br />
von radioaktivem Material sein, das weniger als<br />
zwei Prozent der Gesamtmasse beträgt. Mühleberg<br />
war das grösste Kraftwerk der BKW und<br />
produzierte während seiner gesamten Laufzeit<br />
rund 120 Milliarden Kilowattstunden Strom. Das<br />
entspricht einem über hundertjährigen Stromkonsum<br />
einer Stadt wie Bern. Die Kosten für die<br />
Stilllegung und Entsorgung des Bauschutts<br />
betragen rund drei Milliarden Franken, wovon<br />
über 80 Prozent bereits gedeckt sind. 2034 soll<br />
das ehemalige Gelände in der Grösse von elf<br />
Fussballfeldern naturnah oder industriell genutzt<br />
werden.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
47
THEMA<br />
<strong>HR</strong> Change Management<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
FOTOS: ZVG<br />
Projekt- statt Wartungsarbeiten<br />
Auch der ehemalige Reaktoroperateur Bernhard Kaderli, der<br />
nach Abschaltung des Kernkraftwerks den Rückbau des<br />
Maschinenhauses verantwortet, hat sich neue Fähigkeiten und<br />
Kenntnisse im Projektmanagement angeeignet. Aufgrund der<br />
langen Planungszeit war das für ihn aber ohne Weiteres machbar:<br />
«Zwischen dem Entscheid, das Kernkraftwerk abzuschalten,<br />
bis zum letzten Betriebstag lagen ja sechs Jahre.»<br />
Der Unterschied zu seiner alten Rolle? «Früher habe ich die<br />
Anlage im Kommandoraum verhätschelt, heute beschäftige<br />
ich mich mit Arbeitssicherheit, Bauarbeitenverordnungen und<br />
Kalkulationen.» Das Projekt schreite voran. Einige Meilensteine<br />
seien bereits bewältigt. Etwa die Demontage der zwei jeweils<br />
144 Tonnen wiegenden Generatoren, die Kaderli mit seinem<br />
Team im November 2020 mit einem Schwerlasthebegerät<br />
innert 28 Stunden Zentimeter für Zentimeter aus dem Maschinenhaus<br />
transportierte und mit einem Schwerlasttransporter<br />
zu einem Recycling-Unternehmen fahren liess. «Unfallfrei»,<br />
betont er. In den nächsten Monaten würden weitere schwere<br />
Komponenten im Maschinenhaus abgebaut. Abgerissen<br />
werde das Gebäude noch nicht: «Die Kühlwasserversorgung<br />
zur Kühlung der Brennelemente führt durch das Maschinenhaus»,<br />
erklärt Kaderli. «Ausserdem benötigen wir das Maschinenhaus<br />
für die Materialbehandlung während des nuklearen<br />
Rückbaus.»<br />
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48
<strong>HR</strong> Change Management<br />
THEMA<br />
Erste Meilensteine im Rückbau<br />
Letzterer ist gemäss Gesamtprojektleiter Stefan<br />
Klute bereits im Gang: «Derzeit demontieren wir<br />
Maschinenteile im Reaktorgebäude. Zudem zerlegen<br />
und verpacken wir stark radioaktive Komponenten<br />
aus dem Innern des Reaktors unter<br />
Wasser. Daneben schaffen wir im Maschinenhaus<br />
mehr Platz und reinigen darin radioaktiv verunreinigtes<br />
Material. Ab 2022 transportieren wir die<br />
Brennelemente vom Brennelement-Lagerbecken<br />
ins zentrale Zwischenlager in Würenlingen, bis<br />
Ende 2024 keine Brennelemente mehr im KKM<br />
vorhanden sind.» Weitere Schritte? «Zwischen<br />
2025 bis 2030 demontieren wir verbliebene verstrahlte<br />
Anlagenteile wie Reaktordruckbehälter<br />
oder das nicht mehr benötigte Brennelement-<br />
Lagerbecken.» Von einer Gesamtmasse von 200 000<br />
Tonnen fielen rund 180 000 Tonnen Bauschutt an.<br />
«Davon wird ein Grossteil auf anderen Baustellen<br />
wiederverwertet.»<br />
Mit einem Schwerlasthebegerät werden schwere Teile aus dem Maschinenraum transportiert.<br />
Trotz Pandemie und allen damit verbundenen<br />
personellen Schwierigkeiten ist das Projekt auf<br />
Kurs. Darauf ist Teilprojektleiter Kaderli besonders<br />
stolz. Das ging jedoch nicht ohne Mehraufwand:<br />
«Wir mussten beispielsweise gemeinsam mit<br />
unseren Subunternehmern aus Deutschland<br />
abklären, ob deren Mitarbeitende in Quarantäne<br />
müssen oder übers Wochenende nach Hause fahren<br />
können. Schlussendlich blieben sie hier.»<br />
Gefragtes Know-how<br />
Seine Arbeit wird Kaderli noch einige Jahre<br />
beschäftigen. Ob er bis 2031 im ehemaligen Kernkraftwerk<br />
tätig ist, bezweifelt er: «Ob es mich hier<br />
bis dann noch braucht, weiss ich nicht.» Um seine<br />
weitere Karriere sorgt er sich aber nicht: «Mit meinem<br />
fachlichen Know-how kann ich wahrscheinlich<br />
sogar bei der BKW bleiben, die Betreiberin des<br />
Kernkraftwerks war.» Auch für <strong>HR</strong>-Verantwortliche<br />
Mezenen sind die Arbeitsmarktchancen der<br />
Kernkraftwerk-Mitarbeitenden intakt: «Ihre Fachkenntnisse<br />
aus dem Betrieb und aus der Stilllegung<br />
des Kernkraftwerks werden in den nächsten Jahren<br />
im In- und Ausland sehr stark gefragt.» Darüber<br />
hinaus könnten sich Mitarbeitende auch<br />
innerhalb des Konzerns entwickeln. Für sie selbst<br />
ist spätestens 2031 Schluss mit dem Projekt: «Voraussichtlich<br />
verlassen dann die letzten Kolleginnen<br />
und Kollegen den Standort, mit denen ich zusammengearbeitet<br />
habe. Dann schliesse wohl auch<br />
ich dieses Kapitel mental ab.» Was aus dem ehemaligen<br />
Kernkraftwerkgelände werde, ist noch<br />
unklar, sagt Gesamtprojektleiter Stefan Klute. «Im<br />
sich schnell wandelnden Umfeld der Energiebranche<br />
ist schwer abzuschätzen, wie ein Standort<br />
zehn Jahre später genutzt wird.»<br />
a<br />
Bernhard Kaderli bei der Arbeit im Kernkraftwerk.<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
49
THEMA<br />
<strong>HR</strong> und Klima<br />
DIE WELT RETTEN<br />
DIE AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS VERSCHÄRFEN SICH, WÄ<strong>HR</strong>END SICH FÜR DIESE DRINGLICHEN PROBLEME NOCH KEINE<br />
LÖSUNGEN ABZEICHNEN. DAS BEWOG DIE ZWEI EHEMALIGEN HAUFE-UMANTIS-CEOS HERMANN ARNOLD UND MARC STOFFEL,<br />
«42HACKS» ZU GRÜNDEN. EINE INITIATIVE, BEI DER MITARBEITENDE UNTERSCHIEDLICHSTER FIRMEN KLIMAPROJEKTE ERARBEITEN.<br />
WAS DAS DEN BESCHÄFTIGTEN UND DEN FIRMEN BRINGT UND WESHALB SICH <strong>HR</strong> ENGAGIEREN SOLLTE.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Hermann Arnold, Marc Stoffel: Sie sind beide<br />
Serienunternehmer und ehemalige CEOs bei<br />
Haufe-umantis. Mit «42hacks» haben Sie<br />
gemeinsam eine neue Initiative gestartet, um<br />
die Klimakrise zu bewältigen. Wie soll das<br />
gelingen?<br />
Hermann Arnold: Der rote Faden, der sich von<br />
Umantis zu «42hacks» zieht, ist unsere Überzeugung,<br />
dass gewöhnliche Menschen gemeinsam<br />
Aussergewöhnliches erreichen können. Mit<br />
«42hacks» organisieren wir den weltweit grössten<br />
Klima-Hackathon. Am Ende jedes Hacks entscheiden<br />
die Teilnehmenden, welche Teams für fünf<br />
Jahre finanziert werden. Das Budget dafür erhalten<br />
sie von unterstützenden Unternehmen. So<br />
entstehen 420 Klima-Start-ups und eine Community<br />
von einer Million Menschen, die sich für diese<br />
Start-ups einsetzen.<br />
Wieso sollen sich Firmen mit dem Klima<br />
beschäftigen? Sie könnten ja weitermachen<br />
wie bisher, so lange keine staatlichen Regulierungen<br />
drohen …<br />
Marc Stoffel: Glücklicherweise stellen sich immer<br />
weniger Firmen diese Frage. Hinzu kommt, dass<br />
immer mehr Mitarbeitende und Kunden wie auch<br />
die Öffentlichkeit eine Verhaltensänderung erwarten.<br />
Unternehmen aus der Plastik- oder Ölindus trie<br />
zeigen sich aber wenig einsichtig …<br />
Arnold: Das sehe ich etwas differenzierter. BP<br />
hat den Schritt zum «beyond Petroleum» beispielsweise<br />
bereits vor dem Golf-von-Mexiko-<br />
Desaster gemacht und ist weltweit einer der<br />
grössten Investoren in erneuerbare Energien. Aber<br />
selbst die Vorreiter müssen konsequenter und<br />
schneller vorgehen.<br />
Wieso engagieren sich bisher so wenige Arbeitnehmende<br />
und Unternehmen beim Klimawandel,<br />
obschon sich gemäss Studien zwei Drittel<br />
aller Menschen davon betroffen fühlen?<br />
Stoffel: Genau das hat uns zum Nachdenken<br />
gebracht. Selbstredend trennt heute fast jeder<br />
seinen Abfall und versucht, weniger Fleisch zu<br />
essen und zu fliegen. Aber wer arbeitet an Klimalösungen?<br />
Obwohl es sich um ein so existenzielles<br />
Problem handelt, kennen wir in unserem Umfeld<br />
kaum jemanden, der sich diesem Thema annimmt.<br />
Davon waren wir bis vor kurzem selbst nicht ausgeschlossen.<br />
WIR WOLLEN MENSCHEN<br />
KURZZEITIG AUS<br />
I<strong>HR</strong>EM ARBEITSTROTT<br />
BEFREIEN, DAMIT SIE<br />
BEI EINEM KLIMA<br />
LÖSUNGS-PROJEKT<br />
MITARBEITEN KÖNNEN.<br />
HERMANN ARNOLD<br />
Inwiefern kann «42hacks» dieses passive Verhalten<br />
ändern?<br />
Arnold: Wir organisieren für Interessierte einen<br />
kostenlosen Probeversuch im «Klima-Retten».<br />
Firmen verpflichten sich mit einer Teilnahme an<br />
unserem Hackathon, bis zu einem Prozent ihrer<br />
Mitarbeitenden an einem einwöchigen Klima-<br />
Hack mitwirken zu lassen und dafür die Kosten<br />
zu übernehmen. Wir wollen Menschen kurzzeitig<br />
aus ihrem Arbeitstrott befreien, damit sie bei<br />
einem Klimalösungs-Projekt mitarbeiten können.<br />
Nach Ende des Hacks entscheiden Mitarbeitende<br />
und Firmen zudem selbst, ob es sich um eine einmalige<br />
Aktion handelt oder ob sie längerfristig<br />
aktiv werden wollen.<br />
Weshalb sollten Unternehmen ihre Mitarbeitenden<br />
für eine Woche freistellen, wenn sie<br />
diese durch eine Firmengründung verlieren<br />
könnten?<br />
Arnold: Das Risiko, einen oder zwei Mitarbeitende<br />
zu verlieren, wiegt geringer als die Chance, Ideen<br />
für neue Projekte zu gewinnen. Die Motivation<br />
und das Lernerlebnis eines solchen Hacks sind<br />
42hacks<br />
«42hacks» ist eine Initiative, die Lösungen<br />
für den Klimawandel schaffen und insgesamt<br />
420 Start-ups hervorbringen soll. Die<br />
Initiative versteht sich als weltweit grösster<br />
Hack nach dem Motto: Eine Million Menschen<br />
kann jedes Problem lösen – sogar den<br />
Klimawandel. «42hacks» wurde von Hermann<br />
Arnold und Marc Stoffel lanciert. Insgesamt<br />
sind 420 Mitgründende auf der<br />
ganzen Welt dabei, die Initiative zu entwickeln<br />
und voranzutreiben. Die Initianten<br />
stellen sich und das Projekt an unverbindlichen<br />
Growth-Hacks vor:<br />
42hacks.com/events<br />
50
<strong>HR</strong> und Klima<br />
THEMA<br />
FOTO: ZVG<br />
Hermann Arnold und Marc Stoffel.<br />
unbezahlbar. Zudem wird nur ein Bruchteil der Teilnehmenden<br />
ein Start-up gründen.<br />
Wie finanzieren Sie sich?<br />
Arnold: Die Aufbauarbeit leisten wir mit Freiwilligenarbeit. Die<br />
Hacks selbst wollen wir mit Beiträgen aus der Wirtschaft finanzieren<br />
– über das Budget, das Firmen Mitarbeitenden zur Verfügung<br />
stellen, und über Sponsoring.<br />
Weshalb setzen Sie auf Hackathons?<br />
Stoffel: Ein Hackathon ist eine bewährte Methode, um konkrete<br />
Resultate zu erzielen. Dafür treffen sich viele Menschen<br />
und entwickeln gemeinsam innert kurzer Zeit Prototypen.<br />
Hackathons sind also zeitlich begrenzt. Sich eine Woche frei<br />
zu nehmen, scheint uns realistisch – insbesondere, wenn es<br />
bezahlt ist.<br />
Für welche Themen eignet sich ein Hack besonders?<br />
Arnold: Grundsätzlich für alle Themen. Einige Beispiele: Wie<br />
können wir das Verhalten von Menschen positiv beeinflussen?<br />
Wie können wir aluminium- und plastikfreien Kaffeekapseln<br />
zum Durchbruch verhelfen? Wie können wir Zugführerinnen<br />
und Zugführer zu einem energieschonenderen Fahren bewegen?<br />
Wie können wir aus Bananenschalen Energie für unsere<br />
Autos erzeugen?<br />
Inwiefern könnte <strong>HR</strong> Hackathons für sich selbst nutzen?<br />
Stoffel: Am besten, indem <strong>HR</strong> bei «42hacks» mitmacht (lacht).<br />
<strong>HR</strong> kann das Prinzip für eigene Problemstellungen adaptieren.<br />
Beispielsweise, um eine Recruiting-Lösung in einer Woche einzuführen,<br />
ein neues Mitarbeitergespräch zu entwickeln und<br />
dieses in einer Woche zu erproben. Hackathons eignen sich<br />
fast immer, wenn etwas Neues entwickelt werden soll.<br />
Welche Erfahrung haben Sie in Ihren Unternehmen mit<br />
Hackathons gemacht?<br />
Arnold: Im Softwarebereich haben wir regelmässig Hackathons<br />
organisiert und erlebt, wie Menschen über sich hinauswachsen.<br />
Auch, wie Zusammenarbeit unkompliziert funktioniert, wenn<br />
Mitarbeitende intensiv mehrere Tage ungestört zusammenarbeiten<br />
können. Das hat zu verblüffenden Softwarelösungen<br />
geführt. Die Hackathons von «42hacks» sind in der Vorgehensweise<br />
ähnlich, doch bei Weitem nicht nur auf Software<br />
beschränkt.<br />
Was sind die Voraussetzungen zum Erfolg?<br />
Stoffel: Dass alle Teilnehmenden die ganze Zeit dabei sind,<br />
ein übergeordnetes Ziel definiert ist und das Teambuilding<br />
funktioniert. Für die «42hacks» bedeutet das, dass wir alle<br />
wissen, um was es geht, und wir die Teamergebnisse immer<br />
wieder zusammenführen. So befruchten sich die Teams gegenseitig,<br />
während die finanzierten Projekte von den Ideen und<br />
Konzepten der anderen profitieren. So steht das Ergebnis aller<br />
Teilnehmenden im Vordergrund und nicht das Projekt eines<br />
einzelnen Teams.<br />
Wo wird «42hacks» in zwei Jahren stehen?<br />
Arnold: Wir haben erste Durchgänge durchgeführt, brachten<br />
mehrere Dutzend Start-ups auf die Welt und haben damit einen<br />
spürbaren Beitrag zur Lösung der Klimakrise beigetragen. a<br />
Hackathon<br />
Ein Hackathon (Wortschöpfung aus «Hack»<br />
und «Marathon») ist eine kollaborative Veranstaltung,<br />
deren Ziel es ist, innerhalb der<br />
Dauer dieser Veranstaltung gemeinsam<br />
Lösungen für gegebene Probleme zu finden.<br />
Die Teilnehmenden kommen aus verschiedenen<br />
Fachgebieten und bearbeiten ihre<br />
Projekte häufig in funktionsübergreifenden<br />
Teams.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
51
Presented by Scope<br />
«SYMPATHIEGRÄBEN<br />
IM HOMEOFFICE VERHINDERN»<br />
MATTHIAS MÖLLENEY, UNTERNEHMENSBERATER UND HWZ-CENTERLEITER, LETZTER PERSONALCHEF DER SWISSAIR<br />
UND LANGJÄ<strong>HR</strong>IGER PRÄSIDENT DER ZÜRCHER GESELLSCHAFT FÜR PERSONALMANAGEMENT, ÜBER DIE ROLLE DER<br />
INTERNEN KOMMUNIKATION IN UND NACH DER PANDEMIE.<br />
Wie hat Corona die interne Kommunikation<br />
verändert?<br />
Matthias Mölleney: Wir sehen drei parallele Entwicklungen:<br />
Schon vor Corona haben neue digitale<br />
Instrumente Kommunikation schneller, direkter<br />
und skalierbarer gemacht. Zweitens entwickeln<br />
immer mehr Unternehmen agile Strukturen mit<br />
flacheren Hierarchien und einem höheren Grad<br />
an Selbstorganisation, um im Wettbewerb<br />
schneller handeln zu können. Und drittens lernten<br />
wir in den letzten 18 Monaten, dass wir die Arbeit<br />
vom Arbeitsort viel stärker entkoppeln können,<br />
als wir das früher geglaubt hätten.<br />
FOTO: ZVG<br />
Aber kommunizieren die Mitarbeitenden im<br />
Homeoffice nicht trotzdem den ganzen Tag?<br />
Ja, das tun sie, aber anders als in den physischen<br />
Meetings. Wir stellten fest, dass die Anzahl an<br />
Meetings in Unternehmen zugenommen, gleichzeitig<br />
aber die Dauer des einzelnen Meetings<br />
abgenommen hat. Viele scheinen das Gefühl zu<br />
haben, in Video-Calls hätten Smalltalk und Persönliches<br />
nichts verloren. Für die Leistungsfähigkeit<br />
und Resilienz von Teams sind diese aber nach<br />
wie vor sehr wichtig.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Welche Massnahmen und Inhalte sind sinnvoll,<br />
um die Verbindung zu den Menschen im<br />
Homeoffice aufrecht zu erhalten?<br />
In jedem Team bilden sich «Inner Circles», die<br />
nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern sich<br />
mögen und anfreunden. In einem traditionellen<br />
Setting ist es Aufgabe der Vorgesetzten, dafür<br />
zu sorgen, dass andere sich nicht ausgeschlossen<br />
fühlen. Wenn es nun flache Hierarchien mit weniger<br />
Vorgesetzten gibt und zudem die physische<br />
Präsenz eingeschränkt ist, muss die interne Kommunikation<br />
Impulse zum besseren Kennenlernen<br />
geben, damit die Sympathiegräben überwunden<br />
und das notwendige Vertrauen im gesamten<br />
Team aufgebaut werden kann.<br />
Wie begegnen Ihnen diese Themen in Ihrem<br />
Alltag?<br />
In unseren HWZ-Bildungsgängen haben wir die<br />
Inhalte angepasst an die erwähnten Trends: Kommunikationsthemen<br />
spielen eine immer stärkere<br />
Rolle. Gleichzeitig wollen wir bei HWZ und ZGP<br />
immer über den Tellerrand hinausschauen: Innovativ<br />
können wir nur sein, wenn wir uns vernetzen<br />
und voneinander lernen. Das ist auch das Ziel des<br />
gemeinsamen Newsletters «Leadership und Personalmanagement<br />
Update», den ich seit über<br />
drei Jahren jeden Montag für die HWZ und die<br />
ZGP veröffentliche und der sich zu einem der<br />
meistgelesenen <strong>HR</strong>-Newsletter entwickelt hat.<br />
Wie hoch ist der technische Aufwand? Müssen<br />
Firmen wegen der Pandemie neue Intranets<br />
aufsetzen oder in vergleichbare Tools investieren?<br />
Aus meiner Sicht müssen sie das nicht. Die vielen<br />
positiven Feedbacks zeigen, dass ein E-Mail-<br />
Newsletter ausreicht, den jeder und jede überall<br />
abrufen kann. Ausserdem verteile ich die Inhalte<br />
über verschiedene Systeme und Kanäle: E-Mail,<br />
LinkedIn, Twitter und mehrere Websites. Mit der<br />
Software Scope, die wir einsetzen, geht das alles<br />
einfach und in einem Arbeitsgang.<br />
INTERNE UND EXTERNE<br />
KOMMUNIKATION<br />
PER NEWSLETTER<br />
Matthias Mölleney erstellt und versendet<br />
jeden Montag das «Leadership und Personalmanagement<br />
Update». Sehen Sie im<br />
kurzen Demo-Video, wie das mit der Software<br />
Scope funktioniert und wie Sie selbst<br />
einfach und schnell intern per Newsletter<br />
kommunizieren können. thesco.pe/today<strong>21</strong><br />
oder via QR-Code.<br />
52
Loyalität<br />
THEMA<br />
ZWISCHEN STUHL UND BANK<br />
LOYALITÄT GEGENÜBER ARBEITNEHMENDEN HAT AN BEDEUTUNG VERLOREN.<br />
DAS BETRIFFT ANGEHÖRIGE DER GENERATION X VERSTÄRKT, MEINEN ZWEI<br />
<strong>HR</strong>-FACHLEUTE, DIE SICH IM ZUGE DER PANDEMIE NEU ORIENTIERT HABEN.<br />
Text: Corinne Päper<br />
«Wir gehören zur ‹Work hard, play hard›-Generation»,<br />
sagen Barbara Greutter, die zuletzt in einer<br />
C-Level-Funktion bei einem börsenkotierten<br />
Unternehmen arbeitete und heute selbständige<br />
Beraterin ist, und Miriam Higgins, deren <strong>HR</strong>-Stelle<br />
kürzlich nach einer Firmenfusion gestrichen<br />
wurde. «Der Leistungsbeitrag der Generation X<br />
wird zwar geschätzt, dennoch wird sie in den<br />
Betrieben häufig übersehen», ergänzt Higgins.<br />
Das sei wissenschaftlich erwiesen: «Die Forschung<br />
von Lynda Gratton zeigt, dass Babyboomer in<br />
einflussreichen Positionen eher die Generation<br />
ihrer Kinder fördern.» Menschen im mittleren Alter<br />
aufs Abstellgleis zu schieben, sei jedoch ein<br />
strategischer Fehler, meinen Greutter und Higgins.<br />
<strong>HR</strong> sei deshalb gefordert, die Entwicklung der<br />
Generation X im Auge zu behalten und die für die<br />
Digitalisierung wichtiger werdenden Skills bei<br />
dieser Mitarbeitergruppe zu fördern.<br />
Barbara Greutter,<br />
Inhaberin, Greutter <strong>HR</strong> Consulting,<br />
Wien und Barcelona<br />
Miriam Higgins,<br />
<strong>HR</strong> Professional<br />
Trotz Leistung wenig Vorteile<br />
«Firmen gehen zu wenig zielgruppengerecht auf<br />
ihre Mitarbeitenden ein», beanstanden Greutter<br />
und Higgins den Umgang mit den Beschäftigten<br />
aller Altersgruppen. So auch auf jene der Angehörigen<br />
der Jahrgänge 1965 bis 1980: «Sie leisten<br />
viel, profitieren aber nicht immer von den Vorteilen,<br />
die Mitarbeitende anderer Altersklassen<br />
haben», sagt Higgins. Etwa von Work-Life-<br />
Balance-Angeboten oder Vaterschaftsurlauben.<br />
Diese und andere Themen hätte die Generation<br />
X jedoch vorangetrieben: «Davon profitieren alle<br />
nachkommenden Generationen.» <strong>HR</strong> verkenne<br />
zudem die unterschiedlichen Bedürfnisse der<br />
Generationen, aber auch, dass diese nicht statisch<br />
sind. «Ein 50-Jähriger denkt heute anders als ein<br />
Babyboomer im Alter von 50 Jahren oder die<br />
Generation Y», sagt Higgins.<br />
Sich in ein Hierarchiekorsett zu zwängen, liege<br />
jungen Menschen genauso wenig wie den Angehörigen<br />
der Generation X. So auch Greutter und<br />
Higgins: «Wir haben eine Portfolio-Karriere<br />
gewählt, weil wir viel zu geben haben und unabhängiger<br />
sein möchten.» Der Trend zum Mehrfachengagement<br />
verstärke sich aber auch, weil<br />
gut bezahlte Jobs in Unternehmen mit starken<br />
Hierarchien seltener würden und diese Firmen<br />
zudem häufiger restrukturiert würden.<br />
Mittlerweile eine Binsenweisheit: Wer die magische<br />
Grenze von 50 Jahren überschritten hat, tut<br />
sich auf dem Arbeitsmarkt schwerer: «Um uns<br />
entsprechend unseren Fähigkeiten im Arbeitsmarkt<br />
zu positionieren, sind wir auf unsere Netzwerke<br />
angewiesen», sagt Greutter. In der Schweiz<br />
herrsche nach wie vor ein konservatives Menschenbild.<br />
«Viele <strong>HR</strong>-Fachleute können sich nicht<br />
vorstellen, dass wir weitere Karriereschritte<br />
machen wollen.» Dabei wäre es ein Vorteil für die<br />
Unternehmen: «In unserem Alter geht es zudem<br />
nicht mehr um Status oder einen Jobtitel, sondern<br />
darum, unsere Kompetenz einzubringen, zu<br />
wachsen und intellektuell gefordert zu sein. Wir<br />
möchten einen Beitrag im Kleinen wie im Grossen<br />
leisten.»<br />
Nicht nur Firmen müssen sich verändern, gefragt<br />
sei auch ein gesellschaftlicher Wandel: «Die Grenzen<br />
zwischen angestellt, arbeitslos und selbständig<br />
sind zu starr», sagen Greutter und Higgins.<br />
«Menschen können aus sozialversicherungstechnischen<br />
und rechtlichen Vorgaben nicht einfach<br />
so zwischen den verschiedenen Arbeitsformen<br />
wechseln», ergänzt Higgins. Besonders in Krisenzeiten<br />
und in mittlerem Alter sei dies aber vonnöten:<br />
«Menschen müssen auch nach Beendigung<br />
eines Arbeitsverhältnisses weiterhin arbeiten können.»<br />
Der grosse Unterschied zwischen der Absicherung<br />
eines Angestellten und der Unsicherheit<br />
eines Selbständigen führe aber dazu, dass Menschen<br />
an Arbeitsplätzen festhalten. «Das<br />
erschwert Unternehmen den flexiblen Einsatz von<br />
Talenten.»<br />
a<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
53
Sterben die Bienen<br />
aus, sind auch wir<br />
Menschen in Gefahr.<br />
Schütze<br />
gemeinsam mit<br />
Greenpeace die<br />
Bienen:<br />
* Die Kosten der SMS entsprechen deinem<br />
Mobilfunkanbieter-Vertrag. Mit dem Senden der SMS<br />
spendest du Greenpeace deinen Wunschbetrag<br />
und stimmst zu, dass Greenpeace dich kontaktieren darf.<br />
Spende zwischen<br />
1 und 99 Franken per SMS.<br />
Beispiel: GP BIENEN 15<br />
an 488 *
Angeknüpft<br />
THEMA<br />
OHNE CHEFS<br />
NOCH SEI DIE KOLLEGIALE FÜ<strong>HR</strong>UNG IN UNTERNEHMEN EHER SELTEN, SC<strong>HR</strong>IEB <strong>HR</strong> TODAY IN AUSGABE 7/8, 20<strong>21</strong>.<br />
DAS BRACHTE <strong>HR</strong> TODAY-LESER SANDRO ANTONELLO DAZU, SEINE ARBEITGEBERIN,<br />
DIE STIFTUNG IDÉESPORT, VORZUSTELLEN, DIE NACH DIESEM PRINZIP ORGANISIERT IST.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
Nach der Lektüre unseres Artikels «Ohne<br />
Chefs» machten Sie uns auf Ihre kollegial<br />
geführte Stiftung IdéeSport aufmerksam, die<br />
Sportveranstaltungen für Jugendliche durchführt.<br />
Trotz aller Kollegialität haben Sie dennoch<br />
eine Geschäftsführung. Ein Widerspruch?<br />
Sandro Antonello: Wir haben zwar einen<br />
Geschäftsführer, er hat jedoch klar zugewiesene<br />
Aufgaben und fungiert in keiner führenden oder<br />
leitenden Position. Seine Funktionen umfassen<br />
beispielsweise das Krisen- und Risikomanagement,<br />
das Coachen der unterschiedlichen Teams<br />
und Repräsentationsaufgaben. Zudem ist er Bindeglied<br />
zum Stiftungsrat. Da es sich hauptsächlich<br />
um eine nach innen gerichtete Rolle handelt,<br />
war es uns wichtig, den Mitarbeitenden den Lead<br />
bei Rekrutierungen zu übergeben.<br />
Was hat sich bei IdéeSport verändert, als Sie<br />
2019 die kollegiale Führung initialisierten?<br />
Ein wichtiger Meilenstein im Transformationsprozess<br />
war, dass wir die klassische Führung durch<br />
eine kollegiale ersetzten. Leitungsaufgaben der<br />
Stiftung werden seither nicht mehr von einzelnen<br />
Personen wahrgenommen, sondern sind auf viele<br />
Mitarbeitende verteilt. Um Entscheidungen durch<br />
die richtige Stelle rasch treffen zu können, schufen<br />
wir verschiedene Rollen und bildeten selbstorganisierte<br />
Kreise.<br />
Den Mut aufzubringen, selbständig zu entscheiden,<br />
sei für viele Mitarbeitende immer<br />
noch schwierig, sagten Sie kürzlich in einem<br />
Interview ...<br />
Viele Teams hadern immer noch mit grösseren<br />
Entscheidungen oder solchen, die finanzielle Ausgaben<br />
nach sich ziehen. Manchmal herrscht noch<br />
die Vorstellung, man müsse möglichst viele Meinungen<br />
einholen. Dadurch stösst man schnell auf<br />
Widerstand. Eine Idee wird dann oft verworfen.<br />
Das finde ich sehr schade und ermutige Mitarbeitende<br />
deshalb, ihre Ideen und Vorhaben auszuprobieren<br />
und im schlimmsten Fall zu scheitern.<br />
Nur so können wir lernen und uns entwickeln.<br />
Sandro Antonello,<br />
Organisationsentwicklung & IT,<br />
Stiftung IdéeSport<br />
Was gibt es noch zu tun?<br />
Wir haben uns in einem zweijährigen Projekt auf<br />
Strategie, Struktur, Prozesse, Führung, <strong>HR</strong>-Instrumente<br />
und Kultur fokussiert und eruiert, wo wir<br />
Veränderungen vornehmen müssen. Das Projekt<br />
ist mittlerweile zwar abgeschlossen, dennoch bleibt<br />
es wichtig, Mitarbeitende immer wieder abzuholen.<br />
Agilität lässt sich jedoch lernen und trainieren.<br />
WIR HABEN DIE<br />
KLASSISCHE FÜ<strong>HR</strong>UNG<br />
DURCH EINE<br />
KOLLEGIALE ERSETZT.<br />
SANDRO ANTONELLO<br />
Das bewerkstelligen wir durch wechselnde Rollenverteilungen<br />
sowie durch Kreise wie den Kultur-,<br />
Organisationsentwicklungs- oder Innovationskreis.<br />
Dadurch wollen wir unser Tun und Handeln<br />
sowie die Zusammenarbeit regelmässig hinterfragen<br />
und entwickeln.<br />
Was sind für Sie besondere Erfolge?<br />
Als eher kleinere Stiftung konnten wir Mitarbeitenden<br />
nie klassische Aufstiegsmöglichkeiten<br />
bieten. Durch die kollegiale Führung können sie<br />
sich nun in ausgewählten Themengebieten oder<br />
Projekten ausleben und entwickeln. Ich beobachte<br />
heute eine sehr motivierte und engagierte Mitarbeiterschaft.<br />
Jede und jeder übernimmt Verantwortung<br />
und möchte die Stiftung voranbringen.<br />
Wie sehen Sie Ihre eigenen Aufgaben?<br />
Meine Rolle hat sich in den letzten drei Jahren<br />
stark gewandelt. Ich bin als <strong>HR</strong>-Leiter und Organisationsentwicklung<br />
und als Mitglied der<br />
Geschäftsleitung bei Idée Sport gestartet und<br />
habe mich über diverse Rollen im Transformationsprozess<br />
zum internen Coach für die Stiftung<br />
entwickelt. Manche würden das wohl als Rückschritt<br />
in meiner <strong>HR</strong>-Laufbahn bezeichnen, genau<br />
dieses Denken existiert bei Idée Sport aber nicht<br />
mehr. Wir definieren uns nicht über unsere Titel,<br />
sondern über unsere Arbeitsinhalte. a<br />
Stiftung IdéeSport<br />
Die Stiftung Idée Sport stellt Sportangebote für<br />
Kinder und Jugendliche bereit. Die NGO be schäftigt<br />
51 Mitarbeitende in drei Regionalbüros in<br />
Olten, Lausanne und Lamone und führt in der<br />
Schweiz pro Jahr rund 2680 Veranstaltungen<br />
mit 131 700 Teilnehmenden in 127 Gemeinden in<br />
20 Kantonen durch.<br />
ideesport.ch<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
55
Swissstaffing<br />
Aktuelles vom Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />
IST EINE SC<strong>HR</strong>IFTFORMERFORDERNIS<br />
BEIM ABSCHLUSS VON ARBEITSVERTRÄGEN<br />
NOCH ZEITGEMÄSS?<br />
GRUNDSÄTZLICH STELLT DAS GESETZ KEINE FORMVORSC<strong>HR</strong>IFT AN ARBEITSVERTRÄGE. SIE KÖNNEN AUCH MÜNDLICH ABGESCHLOSSEN<br />
WERDEN, MIT AUSNAHME DER TEMPORÄRBRANCHE. IM BEREICH PERSONALVERLEIH LEGT ART. 19 ABS. 1 DES ARBEITSVERMITTLUNGS<br />
GESETZES (AVG) FEST, DASS DER VERLEIHER DEN VERTRAG MIT DEM ODER DER ARBEITNEHMENDEN IN DER REGEL SC<strong>HR</strong>IFTLICH<br />
ABSCHLIESSEN MUSS. DER VERTRAG MUSS GRUNDSÄTZLICH VOR DER ARBEITSAUFNAHME VORLIEGEN UND VON BEIDEN VERTRAGSPARTEIEN<br />
VOR DEM ARBEITSEINSATZ UNTERZEICHNET WERDEN. AUCH SPÄTERE VERTRAGSÄNDERUNGEN UNTERLIEGEN DER SC<strong>HR</strong>IFTFORM.<br />
Text: Boris Eicher<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Wer rasch ein kurzfristiges Arbeitsverhältnis eingehen<br />
möchte, will sich oft nicht mit übermässigem<br />
Papierkram auseinandersetzen. Und das<br />
noch weniger, wenn sich Arbeitnehmende und<br />
Firma mit ein paar Klicks auf einer Plattform<br />
unkompliziert gefunden und sich auf die Einsatzmodalitäten<br />
geeinigt haben. Vor dem Hintergrund<br />
der fortschreitenden Digitalisierung zeigen sich<br />
spätestens hier die Hürden in der Gesetzgebung<br />
zur Schriftformerfordernis für die Temporärbranche.<br />
Daher darf durchaus berechtigt die Frage<br />
gestellt werden, ob die Schriftformerfordernis für<br />
neuere, flexiblere Erwerbsformen noch das geeignete<br />
Instrument für Vertragsabschlüsse ist. Das<br />
Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) entstand in der<br />
zweiten Hälfte der 1980er-Jahre. Als das Schriftlichkeitskriterium<br />
damals eingeführt wurde, war<br />
die eigenhändige Unterschrift die einzig mögliche<br />
Form, um einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen.<br />
Hintergrund dieser Regelung war der Wunsch<br />
des Gesetzgebers, Arbeitnehmende in flexiblen<br />
Beschäftigungsverhältnissen besonders gut zu<br />
schützen. Aber bieten handschriftlich unterzeichnete<br />
Arbeitsverträge tatsächlich einen besseren<br />
Schutz und sind sie sicherer als auf anderem Weg<br />
zustande gekommene Verträge?<br />
Kein besonderer Schutz der Vertragsparteien<br />
durch Schriftformerfordernis<br />
Formvorschriften führen zu klaren Verhältnissen,<br />
indem klargestellt und bewiesen werden kann,<br />
welcher arbeitsvertragliche Inhalt vereinbart worden<br />
ist. Zu Beweiszwecken und zum Schutz der<br />
Vertragsparteien (insbesondere Arbeitnehmende)<br />
sind aber längst kein Papier und keine eigenhän-<br />
Boris Eicher,<br />
Leiter Rechtsdienst,<br />
swissstaffing<br />
dige Unterschrift mehr nötig. Digitale Mechanismen<br />
bieten heute verschiedene Möglichkeiten,<br />
eine Vereinbarung beweisbar und im Nachhinein<br />
nicht abänderbar zu gestalten. Und sie ermöglichen,<br />
den Vertragsparteien die nötigen Beweisstücke<br />
in die Hand zu geben, welche die Begründung<br />
ihres Vertrages unabänderbar<br />
dokumentieren. Dem Arbeitnehmenden ist es<br />
somit problemlos und jederzeit möglich, den beispielsweise<br />
per E-Mail oder in einer entsprechenden<br />
App zur Verfügung gestellten Arbeitsvertrag<br />
vor Einsatzbeginn einzusehen. Im Rahmen von<br />
digitalen Vertragsabschlüssen können Arbeitnehmende<br />
zudem generell besser auf Informationen<br />
aufmerksam gemacht werden als bei papierbasierten<br />
Prozessen. Handschriftlich unterzeichnete<br />
Verträge bieten somit keineswegs einen besseren<br />
Schutz als Verträge, die auf anderem Wege<br />
zustande gekommen sind. Eine Formvorschrift<br />
darf die Vertragsparteien nicht in ihrer Interaktion<br />
behindern und die Dynamik digitaler Geschäftsabläufe<br />
ausbremsen.<br />
Während der Corona-Pandemie wurden Arbeitsverträge<br />
aufgrund der Notsituation und der damit<br />
verbundenen behördlichen Massnahmen, insbesondere<br />
der Homeoffice-Anordnung des Bundesrates,<br />
vorübergehend mittels einer «einfachen»<br />
digitalen Signatur, eines unterschriebenem PDF-<br />
Scans oder per E-Mail-Antwort abgeschlossen. In<br />
dieser ausserordentlichen Situation hat sich<br />
gezeigt, dass eine digitaltaugliche, durch Text<br />
nachweisbare Form (beispielsweise E-Mail, signieren<br />
am Touchscreen, einscannen der handschriftlichen<br />
Unterschrift etc.) keine negativen Auswirkungen<br />
auf das Arbeitsverhältnis hat und den<br />
Arbeitnehmerschutz in keiner Weise infrage stellt.<br />
Formerfordernisse verhindern<br />
einen digitalen Geschäftsablauf<br />
Gesetzliche Formvorschriften erschweren die ITund<br />
technikbasierte Tätigkeit der Personaldienstleister<br />
im digitalen Zeitalter wesentlich. Die<br />
Schriftformerfordernis ist mit Zeit und Kosten<br />
verbunden und verhindert eine digitale Optimierung<br />
in den Verleihbetrieben – unabhängig davon,<br />
ob das Geschäftsmodell digital ist oder nicht.<br />
Diese Formvorschriften stellen für Betriebe einer<br />
digitalen Plattform ein zusätzliches Hindernis dar,<br />
das eine vollständig automatisierte Geschäftsabwicklung<br />
verunmöglicht. Das heisst, auch im<br />
56
Swissstaffing<br />
FOTO: SHUTTERSTOCK<br />
Falle über digitale Plattformen angebotener<br />
Dienstleistungen müssen immer noch Vertragsdokumente<br />
ausgedruckt, unterzeichnet und dann<br />
per Post versendet werden. Gesetzliche Formvorschriften<br />
sind somit die grösste Hürde für digitale<br />
Geschäftsmodelle, weil sie einen digitalen Ablauf<br />
verhindern, zu Medienbrüchen und zu einer Vermischung<br />
digitaler und analoger Vorgänge führen.<br />
GESETZLICHE FORM-<br />
VORSC<strong>HR</strong>IFTEN<br />
ERSCHWEREN DIE IT-<br />
UND TECHNIKBASIERTE<br />
TÄTIGKEIT DER PERSO-<br />
NALDIENSTLEISTER.<br />
BORIS EICHER, LEITER RECHTSDIENST<br />
BEI SWISSSTAFFING<br />
Zwar gibt es eine gesetzlich zulässige elektronische<br />
Unterschrift, die der handschriftlichen<br />
gleichgestellt ist (Art. 14 Abs. 2bis OR). Die Anforderungen<br />
an die qualifizierte elektronische Unterschrift<br />
nach ZertES sind jedoch derart hoch, dass<br />
sie sich bis jetzt in der Praxis nicht durchgesetzt<br />
hat. Dies nicht zuletzt, weil die qualifizierte elek-<br />
tronische Signatur nach ZertES aus Unternehmenssicht<br />
kostspielig sowie mit hohem organisatorischem<br />
und technischem Aufwand verbunden<br />
ist. Die Ablehnung des Bundesgesetzes über elektronische<br />
Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz)<br />
hat überdies die Verbreitung der qualifizierten<br />
elektronischen Signatur nach ZertES weiter verzögert.<br />
Selbst wenn sich elektronische Signaturen<br />
bei Unternehmen durchsetzen würden, stellt die<br />
praktisch nicht vorhandene Marktdurchdringung<br />
bei Privatpersonen weiterhin ein Hindernis für eine<br />
digitale Geschäftsabwicklung dar.<br />
Schriftlichkeitskriterium im Widerspruch<br />
zur gelebten Realität<br />
Solange Verträge noch immer eine handschriftliche<br />
Unterschrift benötigen, wird Wirtschaft und<br />
Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, digital zu<br />
arbeiten und Geschäfte abzuwickeln, was gleichbedeutend<br />
steht für Vertragsdokumente ausdrucken,<br />
unterzeichnen und dann per Post versenden.<br />
Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, dass die<br />
Schriftformerfordernis heute mehr denn je im<br />
Widerspruch zur rasch fortschreitenden Digitalisierung<br />
und den praktischen Bedürfnissen von<br />
Wirtschaft und Gesellschaft steht. Diese Tatsachen<br />
machen es nötig, das Recht möglichst rasch<br />
an die technologischen Möglichkeiten und Anforderungen<br />
der heutigen Zeit anzupassen. Es<br />
braucht offensichtlich eine Neuinterpretation der<br />
Schriftform. Auch sie soll den Vertragsparteien<br />
die nötige Sicherheit verleihen, sie aber gleichzeitig<br />
nicht in ihrer Interaktion behindern und die<br />
Dynamik digitaler Geschäftsabläufe nicht ausbremsen.<br />
Eine einfache, digital nachweisbare<br />
Form des Vertragsabschlusses bietet den Arbeitnehmenden<br />
die erforderliche Sicherheit und mit<br />
den heutigen Möglichkeiten lässt sich eine Vereinbarung<br />
zum Schutz der Arbeitnehmenden<br />
beweisbar und im Nachhinein nicht abänderbar<br />
gestalten.<br />
a<br />
Hier bloggt der Vorstand …<br />
Die Zukunft liegt im<br />
«Intelligent Staffing»<br />
Balz M. Villiger, Vice President & Country<br />
General Manager Kelly Services Schweiz<br />
Welchen Nutzen bringen neue <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien?<br />
Bestehende und neue <strong>Tech</strong>nologien helfen,<br />
Arbeitsabläufe zu verbessern und neue<br />
Geschäftserkenntnisse zu gewinnen. Für uns<br />
ist entscheidend, unsere Kundinnen und Kunden<br />
sowie Kandidatinnen und Kandidaten<br />
optimal zu betreuen. Hier leisten <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />
einen wesentlichen Beitrag. Sie<br />
ermöglichen uns, rasch auf Anfragen zu<br />
reagieren und die Dienstleistung zugunsten<br />
unserer Talente und Kunden zu verbessern.<br />
Auch wollen wir neue technologische Möglichkeiten<br />
nutzen, um noch besser mit Talenten<br />
in Kontakt zu treten. Vor dem Hintergrund<br />
des Wettbewerbs im Talentmarkt ist das ausschlaggebend.<br />
Gleichzeitig fordern neue <strong>Tech</strong>nologien<br />
auch das <strong>HR</strong>. Was bedeutet das für das<br />
Personalwesen der Zukunft?<br />
Die technologischen Anforderungen nehmen<br />
laufend zu. Nicht nur für das <strong>HR</strong>, sondern für<br />
Organisationen insgesamt. Es ist klar, dass<br />
neue <strong>Tech</strong>nologien wie künstliche Intelligenz<br />
und Robotik die Arbeitswelt revolutionieren<br />
und die Investitionen in diesem Bereich durch<br />
die hohen Kundenerwartungen weiterhin<br />
rasant steigen. Zugleich gilt es, den rechtlichen<br />
Rahmen einzuhalten, interne Prozesse<br />
und Abläufe anzupassen und die Sicherheit<br />
der Systemlandschaft zu garantieren. Mit<br />
dem Anspruch auf Geschwindigkeit entsteht<br />
hier häufig ein Spannungsfeld. Auch für das<br />
Personalwesen wird es entscheidend sein,<br />
welche Organisationen diese Transformation<br />
insgesamt gut meistern und es schaffen,<br />
<strong>Tech</strong>nologien zielgerichtet einzusetzen. Das<br />
haben die Pandemie und deren Auswirkung<br />
auf die Rekrutierung und das Onboarding von<br />
neuen Mitarbeitenden eindrücklich gezeigt.<br />
Den ganzen Blogbeitrag lesen Sie auf<br />
blog.swissstaffing.ch<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
57
Presented by rexx systems Schweiz AG<br />
WAS WIRKLICH ZÄHLT BEI <strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />
UND BEIM <strong>HR</strong> CHANGE MANAGEMENT<br />
EINE GUTE <strong>HR</strong>-SOFTWARE SOLLTE DEM BENUTZER EINS GEWÄ<strong>HR</strong>EN: SCHNELL INDIVIDUELLE ANPASSUNGEN VORZUNEHMEN.<br />
SOWOHL DAS SCHWEIZER SÄGEKETTENWERK DES MASCHINENBAUERS STIHL ALS AUCH DAS ZUGER KANTONSSPITAL WURDEN<br />
WÄ<strong>HR</strong>END DER CORONAKRISE MIT NEUEN HERAUSFORDERUNGEN KONFRONTIERT. DA ERWEIST SICH EIN <strong>HR</strong>-TOOL OFTMALS<br />
ALS RETTER IN DER NOT.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Covid-19 hat vielen Branchen geschadet, aber<br />
einigen auch mächtig Auftrieb verliehen. Der<br />
Lockdown weckte zudem die gestalterische<br />
Freude der Menschen. Das hatte eine explodierende<br />
Nachfrage nach Bau- und Möbelholz zur<br />
Folge. Auch die Medizinbranche sowie das<br />
Gesundheitswesen wurden immer wieder vor<br />
neue Herausforderungen gestellt, die teilweise<br />
über die Errichtung von Test- sowie Impfstationen<br />
hinausragten. In beiden Fällen kommt <strong>HR</strong><br />
ins Spiel und muss sich in kürzester Zeit<br />
Veränderungen anpassen. Eine leistungsfähige<br />
<strong>HR</strong>-Software ist dafür die Basis!<br />
Die Covid-19-Pandemie stellt das<br />
STIHL Kettenwerk in der Schweiz<br />
vor grosse Herausforderungen<br />
In Zeiten von Corona und der damit verbundenen<br />
Herausforderungen sind einmal mehr<br />
Agilität und Flexibilität gefragt. Nicht nur das<br />
Unternehmen muss entsprechende Massnahmen<br />
treffen, es braucht auch eine wandelbare<br />
Software, mit welcher man dynamisch<br />
kurzfristige Anforderungen umsetzen kann. Das<br />
STIHL Kettenwerk ist schon lange mit der rexx<br />
Suite vertraut. Mit diesen Kenntnissen konnten<br />
die selbst erstellten Add-ons in die Software<br />
bedarfsorientiert eingepflegt und ein internes<br />
Contact-Tracing aufgebaut werden.<br />
«Ohne die richtige <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologie hätten wir<br />
die Anforderungen im Rahmen von Covid-19<br />
nicht so effizient bewältigen können», erklärt<br />
Cornelia Bänziger, Personalleiterin STIHL Kettenwerk<br />
GmbH & Co KG, Wil.<br />
Test- und Impfzentren<br />
fordern massive Neuanstellungen<br />
Auf das Zuger Kantonsspital kam zu Beginn des<br />
Jahres eine Reihe an neuen Herausforderungen.<br />
Neben der Inbetriebnahme des Corona-Test-<br />
Centers wurden die Verantwortlichen mit der<br />
Errichtung eines Impfzentrums beauftragt. Nun<br />
hiess es in kürzester Zeit einem massiv erhöhtem<br />
Personalbedarf von rund 300 neuen Mitarbeitenden<br />
und bis zu täglich 60 Bewerbenden<br />
nachzukommen.<br />
Auch hier war es wichtig, genügend Agilität<br />
innezuhaben, um die Situation bestmöglich zu<br />
meistern. Mit dem rexx-Dokumenten-Management<br />
der rexx Suite regulierte das Zuger<br />
Kantonsspital das Einstellungsvolumen selbstständig,<br />
bewältigte die Vielzahl an Bewerbungen<br />
und passte die Vertragsarten des Personals<br />
flexibel an.<br />
Dank der schnellen Anpassungsmöglichkeiten<br />
der Software konnte das Spital bis zu 20 Anstellungen<br />
täglich vornehmen, erklärt Personalleiter<br />
Serge Wilhelm. Ihm zufolge hat die Software<br />
wesentlich am Aufbau des Impfzentrums<br />
beigetragen. Abschliessend sagt er: «Wir mussten<br />
innert kürzester Zeit eine Vielzahl neuer<br />
Mitarbeitender für das Test- und Impfzentrum<br />
einzustellen. Unsere Wahl auf den Spezialisten<br />
für <strong>HR</strong>-Software rexx systems erwies sich als<br />
Glücksfall. Durch die zur Verfügung gestellte<br />
Software waren wir nicht nur in der Lage, dass<br />
massive Mehrvolumen zu stemmen. Das Anlegen<br />
neuer Mitarbeitender im System und der<br />
Onboarding-Prozess verliefen ebenfalls reibungslos.»<br />
Branchenunabhängig beweist die preisgekrönte<br />
Software ihre Anpassungsfähigkeit gegenüber<br />
den Bedürfnissen der Kunden. Die rexx Software<br />
bietet weitreichende Automatismen, um die <strong>HR</strong><br />
von wiederkehrenden Arbeitsabläufen zu entlasten,<br />
um mehr Zeit für wertschöpfende Aufgaben<br />
wie das Talentmanagement inklusive<br />
Aus-, Fort- und Weiterbildung zu finden. «Unsere<br />
Kundinnen und Kunden schätzen die rexx <strong>HR</strong>-<br />
Suite nicht nur hinsichtlich der marktführenden<br />
Funktionalität, sondern insbesondere für die<br />
entgegenkommende Flexibilität, Anpassungen<br />
selbst vorzunehmen», erklärt Riccardo Schwick,<br />
Managing Partner rexx systems Schweiz AG.<br />
rexx-systems.com<br />
58
MEINUNG<br />
Buchtipps (Seite 60) • Debatte (Seite 61) • hrtoday.ch (Seite 66)<br />
Fokus Forschung (Seite 69) • <strong>HR</strong>-Team des Monats (Seite 70)<br />
Zitat des Monats<br />
«STARKE BEZIEHUNGEN<br />
ERFORDERN ARBEIT.»<br />
Top-Beitrag<br />
Social Media Juli<br />
Kein anderer Social-Media-Beitrag hat so viele Reaktionen<br />
ausgelöst wie das Interview mit Pater Anselm Grün: Allein bei<br />
Linkedin hat er über 8300 Impressionen und 94 Reaktionen<br />
generiert (Stand 10.8.20<strong>21</strong>, Zahlen steigend).<br />
Hintergrund<br />
Das von Mitgliedern finanzierte<br />
Magazin «Neue Narrative» widmet<br />
seine aktuelle Ausgabe #11 dem<br />
Thema «Gute Arbeit braucht<br />
gute Beziehungen».<br />
Im Schnitt können Menschen mit 180 Personen stabile soziale Beziehungen<br />
aufbauen, die auf Gegenseitigkeit und Vertrauen beruhen.<br />
Nicht immer befinden sich diese aber in unmittelbarer Nähe: Die<br />
Welt ist unübersichtlicher geworden. Wie man sich trotzdem auf<br />
andere einlassen kann, wie in Organisationen ein Wir-Gefühl entsteht<br />
und wie man an seiner eigenen Beziehungsfähigkeit arbeitet, untermauern<br />
Artikel und Übungen des «Magazins für neues Arbeiten».<br />
Insbesondere in schwierigen Zeiten sehnen sich die Menschen<br />
offenbar nach anderen Führungsstilen und -kulturen. Oder um<br />
es mit den Worten der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>-Leserinnen Julia Guran («Der<br />
Mann sagt schöne und kluge Dinge. Danke!») und Sabine Menke<br />
auszudrücken: «Durch die Pandemie-Phase ist Führen auf Distanz<br />
Normalität geworden. Dadurch teile ich sehr, dass Vertrauen und<br />
Empathie noch bedeutender für das Führungsverhalten geworden<br />
sind.»<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
59
MEINUNG<br />
Buchtipps<br />
BUCHTIPPS<br />
IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM ERSCHEINEN JÄ<strong>HR</strong>LICH TAUSENDE VON FACH BÜCHERN. WIR HABEN EINE<br />
AUSWAHL FÜR SIE GETROFFEN UND PRÄSENTIEREN IHNEN NEUERSCHEINUNGEN ZUR ARBEITSWELT UND ZU <strong>HR</strong>.<br />
NICHT ALLEIN<br />
Dan Sullivan, Benjamin Hardy<br />
In Unternehmen werden viele<br />
Ziele und Ideen nicht verfolgt<br />
oder aufgeschoben, weil die<br />
Zeit und die Kapazitäten für<br />
die Bewältigung fehlen. Die<br />
Frage, wer eine Aufgabe sonst<br />
noch erledigen könnte, wird<br />
kaum gestellt. Und das,<br />
obschon sich durch ihre Beantwortung<br />
motivierte Mitstreiter finden lassen, die<br />
ein Ziel und eine Vision teilen und mit denen man<br />
in kurzer Zeit sicher ans Ziel gelangt, ohne die<br />
ganze Arbeit selbst bewältigen zu müssen.<br />
Dan Sullivan und Benjamin Hardy,<br />
Frag nicht wie – frag wer,<br />
Redline Verlag, 20<strong>21</strong>, 240 Seiten.<br />
SELBSTTÄUSCHUNG ENTLARVEN<br />
The Arbinger Institute<br />
Selbsttäuschung hat es in<br />
sich. Bei Fehlentscheiden<br />
oder Problemen machen wir<br />
oft andere dafür verantwortlich,<br />
statt zu erkennen, welchen<br />
Anteil wir daran haben,<br />
und halten uns in Selbstrechtfertigungen<br />
gefangen.<br />
In der Neuauflage des internationalen<br />
Bestsellers zeigt das Arbinger Institute<br />
mit einer unterhaltsamen Geschichte über eine<br />
Führungskraft, wie Selbsttäuschung unser Leben<br />
beherrscht, welchen Schaden sie anrichtet und<br />
was wir dagegen tun können.<br />
The Arbinger Institute, Führung und Selbsttäuschung,<br />
Gabal Verlag, 20<strong>21</strong>, 240 Seiten.<br />
BILDUNG STATT DIPLOME<br />
Anja C. Wagner<br />
Arbeit strukturiert unsere<br />
Gesellschaft und uns selbst.<br />
Wir bilden uns aus, weiter und<br />
fort, um im Beruf zu bestehen,<br />
unseren Unterhalt zu verdienen<br />
und für eine Familie zu<br />
sorgen. Das galt zumindest bis<br />
zur digitalen Transformation.<br />
Mit dieser fallen zunehmend<br />
Jobs weg und damit ganze Berufe und Lebenskonzepte.<br />
Für die neuen Arbeitsanfor derungen<br />
genügen die im traditionellen Bildungssystem<br />
erworbenen Zertifikate und Abschlüsse nicht mehr.<br />
Anja C. Wagner, Berufen statt zertifiziert,<br />
Hep, 20<strong>21</strong>, 148 Seiten.<br />
Die grosse Angst<br />
Roland Paulsen ist ausserordentlicher Professor für Soziologie an der schwedischen Universität Lund. Zu seinem Forschungsgebiet<br />
gehören Arbeit und Medizin, Kulturwissenschaften und die Bedeutung beziehungsweise die Bedeutungslosigkeit<br />
der Arbeit. Er ist Fellow des Stockholm Centre for Organizational Research und schreibt regelmässig für die schwedische<br />
Tageszeitung Dagens Nyheter.<br />
In Ihrem Buch «Die grosse Angst» untersuchen Sie, weshalb wir uns trotz unseres Wohlstandes psychisch<br />
immer schlechter fühlen …<br />
Roland Paulsen: Schon 2017 warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einem Phänomen, das erst 2030 eintreten<br />
sollte: Depressionen sind seither weltweit die häufigste auftretende psychische Störung. Innerhalb von lediglich zehn Jahren<br />
haben depressive Erkrankungen um 20 Prozent zugenommen. Obschon es Teil des Lebens ist, sich manchmal schlecht zu fühlen, nimmt es einen immer<br />
grösseren Platz ein. Weshalb das so ist, ist für die Sozialwissenschaft ein Rätsel. Ich vermute, dass Menschen eine Aversion entwickelt haben, mit Unsicherheit<br />
umzugehen.<br />
Wir befinden uns zurzeit am Rande einer Weltwirtschaftskrise, bei der noch mehr Jobs verschwinden und Menschen in die Armut gestossen<br />
werden. Welche Rolle spielt das bei der Angstentwicklung?<br />
Bei der Lohnarbeit sehen wir einen Fortschritt. Wir sind in der Lage, immer mehr mit immer weniger Arbeitskräften zu produzieren. Das sollten wir<br />
eigentlich feiern. In unserer Gesellschaft sind die Arbeitsstunden jedoch konstant geblieben und haben in Relation zur Produktivität nicht abgenommen.<br />
Das verursacht Probleme wie Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit und zunehmende Ungleichheit innerhalb einer Nation. Ungleichheit ist auch eine der<br />
wenigen Variablen, die das geistige Wohlbefinden über alle Einkommensklassen hinweg beeinflussen. Wir wissen beispielsweise, dass sich die zehn Prozent<br />
der Reichsten in einer ungleichen Gesellschaft mehr Sorgen machen als die zehn Prozent der Ärmsten in einer weniger ungleichen Gesellschaft.<br />
Menschen in der westlichen Welt fühlen sich auch immer einsamer …<br />
Einsamkeitsgefühle haben über eine lange Zeit hinweg zugenommen. Das scheint sich aber beschleunigt zu haben. In einer viel zitierten US-Studie<br />
wurde untersucht, wie viele enge Freunde Amerikaner hatten. Zählten sie 1985 noch deren drei, gaben sie zwanzig Jahre später an, überhaupt keine<br />
zu haben. Allein zu leben und wenig Freunde zu haben bedeutet, wenig mit der externen Welt konfrontiert zu sein und sich in Gedanken zu verlieren.<br />
Menschen ohne Partner und enge Freunde leiden häufiger an Depressionen.<br />
Was können wir dagegen tun?<br />
Wir müssen viele unserer Institutionen neugestalten. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie wir Arbeit organisieren. Viele Menschen haben sich beispielsweise<br />
für ein höheres Salär statt für ein geringeres Pensum entschieden. Gemäss dem amerikanischen Soziologen Arlie Hochschild ist das darauf<br />
zurückzuführen, dass wir bei der Arbeit mehr Freiheit empfinden als zu Hause.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Roland Paulsen, Die grosse Angst, Mosaik, 20<strong>21</strong>, 416 Seiten.<br />
60
Debatte<br />
MEINUNG<br />
SOLLEN ARBEITGEBENDE MITARBEITENDE DAFÜR<br />
BEZAHLEN, DASS SIE EINEN POSITIVEN BEITRAG<br />
AUF KUNUNU VERFASSEN?<br />
«DER ZWECK HEILIGT DIE MITTEL» ODER DOCH EHER «E<strong>HR</strong>LICH WÄ<strong>HR</strong>T AM LÄNGSTEN»? GEHT ES UM<br />
BEZAHLTE KUNUNU-EINTRÄGE VON (EHEMALIGEN) MITARBEITENDEN, SIND SICH UNSERE DREI EXPERTEN<br />
ZIEMLICH EINIG, WELCHES SPRICHWORT ARBEITGEBENDE WÖRTLICH NEHMEN SOLLTEN.<br />
MARTIN SCHÄDLER<br />
Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Zentrale Dienste,<br />
Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein<br />
Auf keinen Fall. Die Bewertungen auf Kununu müssen echt sein<br />
und dürfen nicht durch Anreize verfälscht werden. Mit solchen<br />
Aktionen schadet sich ein Unternehmen nur selbst. Wird<br />
potenziellen Bewerbenden ein falsches Bild der Unternehmenskultur<br />
vermittelt, wirkt sich das auf die Fluktuation aus,<br />
da neue Mitarbeitende nicht das erhalten, wofür sie unterschrieben<br />
haben. Das Prinzip «Bewertung gegen Entlohnung»<br />
ist nicht nur unseriös, sondern auch nicht rechtskonform, wie<br />
Gerichtsentscheide schon bestätigt haben.<br />
Mit solchen Aktionen macht sich ein Unternehmen auch gegenüber<br />
seinen Mitarbeitenden unglaubwürdig. Alle im Unternehmen<br />
wissen, wie die Stimmung und die Arbeitsbedingungen sind. Werden<br />
auf Kununu positive Bewertungen «erkauft», wirkt sich das auch negativ<br />
auf das Arbeitsklima und auf die Unternehmenskultur aus.<br />
Es ist essenziell, dass ein Unternehmen optimale Rahmenbedingungen für eine positive<br />
Unternehmenskultur schafft. Dadurch erhält es automatisch positive Bewertungen.<br />
Leider kommt es vor, dass Arbeitgebende Druck ausüben, damit ihre Mitarbeitenden<br />
gute Bewertungen hinterlassen. Das schafft alles andere als ein positives und vertrauensbasiertes<br />
Arbeitsklima. Selbstverständlich kann und sollte ein Unternehmen seine<br />
Mitarbeitenden darüber informieren, dass Bewertungen auf Kununu erwünscht sind.<br />
Das Ganze muss aber auf freiwilliger Basis erfolgen.<br />
Bewertungen müssen keine Sackgasse sein. Unternehmen sollten positive und negative<br />
Beurteilungen kommentieren. Natürlich ist es einfacher, auf positive Rückmeldungen<br />
einzugehen und sich dafür zu bedanken. Es ist aber auch wichtig, negative Beurteilungen<br />
sachlich und konstruktiv zu kommentieren. Dadurch signalisiert die Firma, dass<br />
Feedback erwünscht ist und Wertschätzung im Unternehmen grossgeschrieben wird.<br />
Fazit: Kununu-Bewertungen sind das Aushängeschild für die Unternehmenskultur und<br />
sollten die tatsächlichen Rahmenbedingungen wiedergeben.<br />
MIT SOLCHEN AKTIONEN SCHADET SICH<br />
EIN UNTERNEHMEN NUR SELBST.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
61
MEINUNG<br />
Debatte<br />
SAMUEL HORNER<br />
Rechtsanwalt und Notar, Advokatur 107<br />
«Arbeitgeberbewertungen, Gehaltsdaten und Kulturbewertungen von<br />
denen, die es am besten wissen: Mitarbeiter und Bewerber.» So bewirbt<br />
das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu seine Dienstleistungen.<br />
Damit suggeriert es eine unabhängige Bewertung von Arbeitgebenden.<br />
Was aber, wenn diese gar nicht unabhängig, sondern gekauft sind?<br />
Bezahlte Bewertungen sind nicht nur auf Kununu ein Dauerbrenner,<br />
sondern auch auf anderen Onlineplattformen. So existieren zahlreiche<br />
Angebote zum Bewertungskauf. In manchen Fällen werden Mitarbeitende<br />
auch vom eigenen Unternehmen für positive Bewertungen bezahlt.<br />
Aus rechtlicher Sicht ist der Kauf von Bewertungen nicht unproblematisch,<br />
auch wenn Kununu das nicht explizit verbietet. Der angestellte Mitarbeitende<br />
befindet sich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Verlangt die Arbeitgeberin<br />
eine Bewertung, sieht sich der Mitarbeitende veranlasst, eine positive<br />
Bewertung abzugeben. Wird eine Bewertung gar entschädigt, erhöht sich die<br />
Erwartungshaltung der Arbeitgeberin zusätzlich. Damit wird der Zweck einer transparenten<br />
Bewertung unterwandert und die Informationsqualität auf Kununu leidet.<br />
DAMIT WIRD<br />
DER ZWECK EINER<br />
TRANSPARENTEN<br />
BEWERTUNG<br />
UNTERWANDERT.<br />
Gekaufte Bewertungen, sei es von eigenen Mitarbeitenden oder von externen<br />
Anbietern, sind oft als solche erkennbar und verfehlen damit die<br />
beabsichtigte Wirkung. Ausserdem führen sie spätestens am ersten<br />
Arbeitstag zu Enttäuschungen, wenn die hohen Erwartungen nicht<br />
erfüllt werden. Die Folgen sind erneute negative Bewertungen: Die<br />
Geschichte beginnt von vorne.<br />
Unternehmen sollten deshalb mit ihrem Verhalten und den Anstellungsbedingungen<br />
Anreize schaffen, welche die Mitarbeitenden von<br />
sich aus motivieren, eine Bewertung auf Kununu abzugeben. Investiert<br />
man Ressourcen, um Situationen zu identifizieren und zu verbessern,<br />
welche zu Unzufriedenheit von Mitarbeitenden führen, kommen<br />
die positiven Bewertungen von selbst.<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
62
Debatte<br />
MEINUNG<br />
C<strong>HR</strong>ISTOF BURKARD<br />
Dozent und Berater für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />
Kürzlich hat eine Fastfood-Kette entschieden, Arbeitnehmenden, die das<br />
Unternehmen verlassen, Hamburgergutscheine für eine gute Bewertung<br />
auf der Plattform Kununu zukommen zu lassen. Was ist von solchen<br />
Bewertungen zu halten?<br />
Der Nutzen für Arbeitnehmende kann sein, einen Eindruck vom Innenleben<br />
eines Arbeitgebenden zu erhalten. Handkehrum kann der Arbeitgebende<br />
etwas darüber erfahren, wie er von ehemaligen Mitarbeitenden<br />
eingeschätzt wird.<br />
Meine Erkenntnisse: Positive Bewertungen geben selten Sicherheit in Bezug<br />
auf das, was sie bewerten. So besteht zwischen Kununu und der Arbeitszeugnis-Praxis<br />
eine auffällige Parallele. Personalverantwortliche wissen, dass<br />
Arbeitszeugnisse meist nicht das halten, was sie versprechen, auch wenn sie noch<br />
so exzellent formuliert sind: Viele Vorgesetzte scheuen den Streit mit Arbeitnehmenden<br />
und lassen diese deshalb ihre Zeugnisse selber verfassen. Darüber redet man nicht gerne. Tatsache<br />
ist: Nur schlechte Arbeitszeugnisse sind mit grosser Wahrscheinlichkeit wahr.<br />
Kununu birgt für Arbeitgebende jedoch einige Learnings: Unternehmen erhalten<br />
besonders durch negative Bewertungen Inputs, auf die sie kommunikativ<br />
und operativ reagieren können. Im Fall der Fastfood-Kette: Will<br />
diese auf Anregung eines Imageberaters Einfluss auf die Bewertungen<br />
nehmen, gewinnt das Unternehmen weniger, als es möglicherweise<br />
an Glaubwürdigkeit riskiert. Missstände werden so garantiert übertüncht.<br />
En passant eine bemerkenswerte Beobachtung: Die Bewertungen<br />
des Betriebsklimas in Gewerkschaften fallen mehrheitlich<br />
schlecht aus, diese Organisationen lassen sich die Chance offenkundig<br />
jedoch nicht nehmen, auf der Plattform präsent zu sein.<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
63
NEWSTAR<br />
JOINEER:<br />
DIE FEEDFORWARD-METHODE<br />
MIT ZUKUNFTSGERICHTETEN PULS-SURVEYS WERDEN MITARBEITENDE PROAKTIV IN DIE UNTER-<br />
NEHMENSENTWICKLUNG EINBEZOGEN. WIE DAS GEHT, ERZÄHLT DAVID WARTMANN, CO-FOUNDER<br />
UND CEO DES 2017 IN ZÜRICH GEGRÜNDETEN UNTERNEHMENS JOINEER.<br />
Warum haben Sie Joineer gegründet?<br />
David Wartmann: Meine Mitgründer und ich<br />
erlebten in unseren Jobs, dass viele Kolleginnen<br />
und Kollegen nicht aktiv am unternehmensinternen<br />
Diskurs teilnehmen. So fanden beispielsweise<br />
Veränderungsprozesse statt, ohne dass sie involviert<br />
wurden. Das war und ist für uns unbefriedigend,<br />
da viel Potenzial einfach brachliegt. Potenzial,<br />
das wir nutzen wollten. So entstand die Idee<br />
für Joineer: Mehrmals im Jahr sollte ein Diskurs<br />
zu unternehmensrelevanten Themen stattfinden,<br />
jedoch ohne zu kritisieren, was in der Vergangenheit<br />
falsch lief. Das gelingt mit Anwendung der<br />
Feedforward-Methode – Feedforward ist im<br />
Gegensatz zu Feedback immer positiv, lösungsorientiert<br />
und auf Verbesserungsvorschläge für<br />
die Zukunft fokussiert. Um diesen Diskurs auch in<br />
anderen Organisationen in Gang zu setzen und<br />
die Feedforward-Methode mittels einfachem Prozess<br />
in den Unternehmenskulturen zu verankern,<br />
haben wir Joineer gegründet.<br />
David Wartmann,<br />
Co-Founder und CEO,<br />
joineer.com<br />
Mit dem «Teambarometer schaffen Sie<br />
veränderungsbereite Organisationen». Wie?<br />
Mit unserem Online-Tool, dem Teambarometer,<br />
führen Unternehmen mehrmals im Jahr Puls-<br />
Befragungen durch und stärken so den Einbezug<br />
aller Mitarbeitenden in Entscheidungs- und Veränderungsprozesse.<br />
Die Fragen können organisationsspezifisch<br />
sein und/oder aus unserem wissenschaftlichen<br />
Fragebogen stammen. Durch die<br />
Anwendung von Feedforward können wir verhindern,<br />
dass die Umfragen zu einem Kummerkasten<br />
verkommen. Die Auswertung der Antworten zeigen<br />
wir transparent und in Echtzeit auf Dashboards<br />
und in Management-Reports. Danach folgt<br />
der wichtigste Teil, die Resultate-Besprechung im<br />
Team, in der greifbare Lösungen diskutiert und<br />
verbindlich festgehalten werden. Mittels integriertem<br />
Besprechungsmodus im Tool können Aufgaben<br />
der richtigen Stelle zugeteilt und deren<br />
Umsetzung nachverfolgt werden. So wird die<br />
Themen-Triage gemacht und garantiert, dass Verbesserungen<br />
auch wirklich stattfinden. Wir bieten<br />
damit einen strukturierten Prozess von der Befragung<br />
über die Auswertung bis hin zur Implementierung<br />
von Massnahmen in einem einzigen Tool.<br />
So können wir Unternehmen eine umfassende<br />
Lösung anbieten und ihnen dabei helfen,<br />
Vertrauen, Engagement und Performance nachhaltig<br />
zu steigern.<br />
Für welche Unternehmen ist Ihre Dienstleistung<br />
besonders geeignet?<br />
Für Unternehmen ab etwa 150 Mitarbeitenden,<br />
die genug von Mitarbeiterumfragen haben, nach<br />
deren Auswertung nichts passiert, und Organisationen,<br />
die gute Inputs ihrer Mitarbeitenden<br />
umsetzen wollen – nicht nur top-down, sondern<br />
auch bottom-up. Unser Kundenstamm umfasst<br />
neben grossen Medienhäusern wie der TX Group<br />
auch Kantonalbanken oder Stadt- und Gemeindeverwaltungen.<br />
Inwiefern kann Ihr Tool an die individuellen<br />
Kundenbedürfnisse angepasst werden?<br />
Unser Angebot umfasst neben dem Tool auch<br />
dessen individuelle Anpassung an die Bedürfnisse<br />
der Kunden sowie eine begleitende Beratung.<br />
Dazu gehören die Einführung und Schulung des<br />
Tools genauso wie die Entwicklung der Fragen.<br />
Somit unterstützen wir Teamleitende und Mitarbeitende<br />
über das gesamte Projekt hinweg. Der<br />
modulare Aufbau der Web-Applikation erlaubt<br />
zudem eine grosse Flexibilität. Egal, ob die Organisation<br />
digitalisiert ist oder es sich um einen<br />
Betrieb ohne Firmen-E-Mails handelt.<br />
Datenschutz ist bei solch sensiblen Daten ein<br />
Thema. Was tun Sie dafür?<br />
Sicherheit geniesst höchste Priorität: Wir sind<br />
GDPR-konform, verfügen über eine Two-Factor-<br />
Authentication und speichern alle Daten in einem<br />
ISO-zertifizierten Rechenzentrum in Zürich.<br />
Der wichtigste Meilenstein Ihrer Firmengeschichte?<br />
Der selbst finanzierte Aufbau unseres Teams. Dieses<br />
besteht mittlerweile aus acht Expertinnen und<br />
Experten: Das Know-how erstreckt sich von fundierten<br />
Kenntnissen aus der IT und User Experience<br />
über Kommunikation und Psychologie bis hin zu<br />
Business-Management. Die kollegiale Zusammenarbeit<br />
unseres hochmotivierten Teams gibt<br />
mir täglich neue Energie.<br />
Ihre nächsten Entwicklungsschritte?<br />
Unsere USP ist, dass nach der Befragung etwas<br />
passiert und die Mitarbeitenden-Inputs umgesetzt<br />
werden. Diesen Besprechungsteil wollen wir weiter<br />
ausbauen und es unseren Kunden noch leichter<br />
machen, Lösungen aus den Umfrageresultaten<br />
heraus zu entwickeln.<br />
Weitere Informationen rund um die vorgestellten Unternehmen finden Sie auf:<br />
newstar.hrtoday.ch
Die neuen Sterne am <strong>HR</strong>-Himmel:<br />
Pulsartige<br />
Mitarbeiter befragungen<br />
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arbeiten – wir statten sie optimal aus.<br />
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Mitarbeitende aktiv in Prozesse zu involvieren, hat<br />
viele Vorteile. Deshalb investieren Unternehmen<br />
vermehrt in den Dialog mit ihrer Belegschaft. Denn<br />
neben einem höheren Engagement und einer besseren<br />
Performance fördert der Austausch im Team<br />
besonders eines: das Vertrauen. Die Joineer AG<br />
geht dabei neue Wege und setzt mit ihren pulsartigen<br />
Mitarbeiterbefragungen neue Massstäbe:<br />
Feedforward, Auswertungen in Echtzeit und integrierter<br />
Besprechungsmodus.<br />
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Arbeitsmodellen optimal zu unterstützen. Unser<br />
Angebot ermöglicht nicht nur ergonomisches<br />
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Die Checkliste<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> TV<br />
Antonio Maiolino<br />
Der Direktor Global <strong>HR</strong> von Oettinger<br />
Davidoff ist nicht nur stolzer Vater, sondern<br />
in seiner Freizeit auch Handwerker mit<br />
eigenem Atelier. Welche Faszination sein<br />
aktueller Beruf, aber auch das Thema Zug für ihn<br />
hat, erzählt Antonio Maiolino im Video-Porträt.<br />
Sinnstiftende Personalführung<br />
Jedes Unternehmen wünscht sich motivierte Mitarbeitende,<br />
die einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und<br />
entsprechend die «Extrameile» gehen.<br />
Doch wie lässt sich das erreichen?<br />
Die Checkliste «Sinnstiftende<br />
Personal- und Unternehmensführung»<br />
von Gastautor<br />
Joachim Simon<br />
schafft Abhilfe und erklärt<br />
die «Purpose»-Herangehensweise:<br />
Who: Für wen<br />
arbeite ich? Why: Warum<br />
arbeite ich? How: Wie<br />
arbeite ich?<br />
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Mit unserem kostenlosen wöchentlichen<br />
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dem Laufenden über weitere<br />
Online-Artikel und Videos.<br />
hrtoday.ch/de/<br />
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FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
Die Serie<br />
Der Blog<br />
Frauenquote 4.0<br />
Seit Januar müssen börsenkotierte<br />
Unternehmen in der Schweiz ihre Verwaltungsräte<br />
und Geschäftsleitungen<br />
«verweiblichen». Doch ist eine solche<br />
Quote förderlich für die Gleichstellung? Diese<br />
Frage hat sich auch Bloggerin Sabine Biland-<br />
Weckherlin gestellt. Ihre Schlussfolgerungen und weitere Überlegungen<br />
zum Thema lesen Sie auf blog.hrtoday.ch.<br />
Rückblick Sommerserie<br />
Mit Hilfestellungen für weniger Druck und mehr Selbstvertrauen, und<br />
wertvollen Tipps für <strong>HR</strong>- und Führungsverantwortliche, überzeugte unsere<br />
Expertin Elisabeth Thiessen die Online-Leserschaft von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>. Sie<br />
haben unsere Sommerserie 20<strong>21</strong> zum Thema «Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf» verpasst? Kein Problem. Sie können alle Beiträge jederzeit auf<br />
hrtoday.ch nachlesen.<br />
Etwas verpasst?<br />
Klicken Sie sich durch unsere Online-Perlen:<br />
hrtoday.ch/perlen<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
66
Bloghub<br />
MEINUNG<br />
Emotionale Intelligenz<br />
DIE GEFÜHLE UND EMOTIONEN DER MITARBEITENDEN RÜCKEN IMMER ME<strong>HR</strong> IN DEN FOKUS<br />
DER UNTERNEHMEN. DAS KONZEPT HINTER DER «EMOTIONALEN INTELLIGENZ» ERÖFFNET<br />
ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN, BIRGT ABER AUCH RISIKEN.<br />
BLOG<br />
TV<br />
NETWORK<br />
Wir werden mit Emotionen<br />
und Gefühlen geboren und<br />
entwickeln im Lauf des<br />
Lebens unseren rationalen<br />
Verstand. Die Schulung<br />
intellektueller Fähigkeiten<br />
soll uns auf ein erfolgreiches<br />
Cordelia Kissling Berufsleben vorbereiten. Doch<br />
in der Arbeitswelt hatten Gefühle<br />
lange Zeit wenig zu suchen. In einer Umgebung,<br />
in der Effizienz und Effektivität zählten, störten<br />
die scheinbar unberechenbaren Emotionen nur.<br />
Harte Arbeit und gute Leistungen waren gefragt,<br />
um erfolgreich und damit einhergehend glücklich<br />
zu sein.<br />
Dann kam die Erkenntnis, dass es sich gerade<br />
andersherum verhält: Glückliche und zufriedene<br />
Menschen erbringen offenbar bessere Leistungen.<br />
Es wurde ebenfalls entdeckt, dass Gefühle nicht<br />
einfach kommen und gehen, sondern sich aktiv<br />
verändern lassen. Daniel Goleman spricht in diesem<br />
Zusammenhang von «Emotionaler Intelligenz»,<br />
die er 1995 in seinem gleichnamigen Buch<br />
beschreibt. Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit,<br />
Gefühle bei sich und anderen richtig einschätzen<br />
und beeinflussen zu können. Goleman sieht darin<br />
eine Voraussetzung für beruflichen Erfolg und für<br />
gute Führungskompetenzen. Zur emotionalen<br />
Intelligenz zählen seiner Meinung nach ebenfalls<br />
die Fähigkeit, im Team zu kooperieren, sowie<br />
Empathie und Einfühlungsvermögen. 1 Eigenschaften,<br />
die in vielen Berufssparten und generell für<br />
die Zusammenarbeit sehr wichtig sind.<br />
Emotionen lassen sich beeinflussen<br />
Aufgrund der oben festgehaltenen Erkenntnisse<br />
erhielten die Emotionen auch in der Wirtschaft<br />
einen anderen Stellenwert. Die Frage liegt auf<br />
der Hand, wie sich Gefühle für die Interessen der<br />
Unternehmen beeinflussen und nutzen lassen.<br />
Dabei dürfte die Tatsache, dass sich emotionale<br />
Intelligenz trainieren lässt, eine wesentliche Rolle<br />
spielen. Dies führt allerdings gleich zu weiteren<br />
Fragen: Ist es nun die Aufgabe jedes einzelnen,<br />
sich so weit wie möglich auf «glücklich» zu trainieren,<br />
um im Arbeitsleben bessere Leistungen<br />
zu erbringen? Was tun Firmen, damit ihre Mitarbeitenden<br />
möglichst zufrieden sind, um ihr<br />
volles Potenzial entfalten zu können?<br />
Angesichts dessen scheint es angebracht, innezuhalten<br />
und sich grundsätzlich zu überlegen, wohin<br />
die Reise gehen soll. Wir können uns selbst optimieren<br />
zwecks besserer wirtschaftlicher Vermarktung<br />
unserer Arbeitskraft. Oder wir nutzen die<br />
Chance, Grundlegenderes in unserem Leben, in der<br />
Gesellschaft in positive Bahnen zu lenken, indem<br />
wir uns mit unseren Gefühlen und Emotionen<br />
beschäftigen. Diese gehören zur «Grundausstattung»<br />
des Menschen. Trotzdem haben wir über<br />
lange Zeit nur unseren rationalen Verstand geschult<br />
und es versäumt, unsere Emotionen zu kultivieren.<br />
«Wir sind emotionale Analphabeten», sagt Mary<br />
Gordon, Gründerin des Fernseh-Programms «Roots<br />
of Empathy» in der Fernsehsendung. Ihrer Meinung<br />
nach sollten sich bereits Kinder nicht nur den klassischen<br />
Schulstoff aneignen, sondern auch soziale<br />
Beziehungen erlernen dürfen.<br />
Achtsamkeitstraining<br />
Emotionale Intelligenz lässt sich allerdings<br />
nicht wie Mathematik und andere Fächer<br />
unterrichten, weshalb Mary Gordon einen<br />
anderen Ansatz gewählt hat: Eine Mutter<br />
besucht mit ihrem neun Monate alten Baby<br />
verschiedene Schulklassen. Die Kinder üben<br />
sich in der Wahrnehmung der Emotionen beim<br />
Baby und bei sich selbst. Dies löst bei den Kindern<br />
offenbar einen Prozess aus, was dazu<br />
führt, dass sich die schulischen Leistungen<br />
verbessern und die Kinder Konflikte besser<br />
lösen können.<br />
Das Üben emotionaler Intelligenz mit Babys<br />
in Firmen und Management-Schulungen ist<br />
wohl kaum adäquat. Aber es gibt andere<br />
Angebote für Erwachsene, die sich in dieser<br />
Hinsicht weiterentwickeln möchten, etwa das<br />
Achtsamkeitstraining. Zentral erscheint vor<br />
allem der Punkt, dass wir schon in jungen Jahren<br />
einen pfleglichen Umgang mit uns selbst<br />
und anderen erlernen können, was sich auf<br />
unsere Zufriedenheit auswirkt. Gleichzeitig<br />
würden schon früh die Weichen in die richtige<br />
Richtung gestellt, wenn es um die erfolgreiche<br />
Ausübung verschiedenster Berufe geht.<br />
Schliesslich wird heute bereits von angehenden<br />
Lernenden «ausgeprägte Teamfähigkeit»<br />
verlangt, wie in vielen Lehrstelleninseraten zu<br />
lesen ist.<br />
1<br />
Quelle: https://lexikon.stangl.eu/3239/<br />
emotionale-intelligenz<br />
Impressum<br />
Erscheint 10 x jährlich auf Deutsch und<br />
6 x jährlich auf Französisch<br />
23. Jahrgang<br />
Druckauflage 5000 Exemplare<br />
WEMF-beglaubigte Auflage: 4511 Exemplare<br />
Gründer und Herausgeber: Matthias Zimmermann<br />
Key Account Manager:<br />
Marc Christen, T: 044 269 50 33, marc.christen@hrtoday.ch<br />
Mari Greco, T: 044 269 50 28, mari.greco@hrtoday.ch<br />
Aurelia Keusch, T: 044 269 50 34, aurelia.keusch@hrtoday.ch<br />
Marketing- und Eventleitung: Lea Maurer<br />
T: 044 269 50 36, lea.maurer@hrtoday.ch<br />
Druck: Werner Druck & Medien AG<br />
Leimgrubenweg 9, 4001 Basel<br />
T: 061 270 15 15<br />
Demnächst: Nr. 10 / 20<strong>21</strong><br />
Erscheinungstermin: 22. September 20<strong>21</strong><br />
Insertionsschluss: 3. September 20<strong>21</strong><br />
Offizielles Kommunikationsorgan von<br />
Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />
Union suisse des services de l’emploi<br />
Stettbachstrasse 10, 8600 Dübendorf<br />
T: 044 388 95 40, F: 044 388 95 49<br />
Verlag: ALMA Medien AG<br />
Hofackerstrasse 32, 8032 Zürich<br />
T: 044 269 50 10, info@hrtoday.ch<br />
Aboverwaltung: T: 044 269 50 20, abo@hrtoday.ch<br />
Marketing Manager: Franziska Luginbühl,<br />
T: 044 269 50 24, fl@hrtoday.ch<br />
Redaktionsteam: Corinne Päper (Chefredaktion),<br />
Christine Bachmann, Eliane Stöckli<br />
Redaktionelle Beiträge:<br />
Christoph Abplanalp, Christof Burkard, Cordelia Kissling, Boris<br />
Eicher, Lars Eichhof, Nicolas Facincani, Samuel Horner, Matthias<br />
Langenbacher, Ralf Ploner, Martin Schädler, Andreas Scheuber,<br />
Elton Schwerzel, Sonja Stark-Traber, Reto Wegmann, Raphael<br />
Zellweger, Jennifer Zumstein.<br />
Abonnementspreise<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> PRO: CHF 324.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch,<br />
4 <strong>HR</strong>M Dossiers, 5 App-Zugänge, unlimitierter Zugriff auf alle <strong>HR</strong>M<br />
Dossiers über die App)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> STANDARD: CHF 227.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch, App-Zugang)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> App CHF 170.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> auf dem Smartphone und Tablet)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> DIGITAL: CHF 129.–<br />
(12 Monate Zugang zu hrtoday.ch)<br />
Geschäfts- & Verkaufsleitung: Tobias Mengis<br />
T: 044 269 50 18<br />
Grafik: Christine Schleich<br />
Korrektorat: comtexto<br />
Gezeichnete Artikel wider spiegeln nicht un be dingt die Meinung der<br />
Redaktion oder des Verlags. Für unverlangt eingesandte Texte<br />
übernimmt die Redaktion beziehungs weise der Verlag keine Haftung.<br />
Die Wieder gabe von Beiträgen ist nur mit Quellen angabe gestattet.<br />
Wir bedanken uns für ein Beleg exemplar.<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
67
MEINUNG<br />
Leser-Reaktionen<br />
Blog-Kommentare<br />
Blog-Beitrag von Joël Luc Cachelin<br />
«Die Zukunft ist nicht digital» vom<br />
8. Juni 20<strong>21</strong>:<br />
«Nicht nur digital! Oder wie Joël so<br />
schön schreibt: ‹…für eine Zukunft,<br />
die mehr als digital ist.›» Christoph<br />
«Und drum schreiben wir auch wieder mal von Hand!<br />
Das ist echt inspirierend – und begegnen wir nicht<br />
uns selbst in unseren Schriftzügen?»<br />
<br />
Marie Anne Nauer<br />
«Haben wir wirklich noch Kapazitäten für analoge<br />
Sehnsüchte?» <br />
Monika Wirz<br />
Linkedin-Kommentar auf den Blog-<br />
Beitrag von Myra Fischer-Rosinger<br />
«Arbeitsbedingungen von Temporärarbeitenden:<br />
Mehr als gleichwertig!»<br />
vom 24. Juni 20<strong>21</strong><br />
«In der Tat könnten Temporärarbeitende,<br />
Einsatzbetriebe und<br />
Personaldienstleister gleichermassen von einer<br />
Aufhebung des Schriftformerfordernis profitieren.<br />
Vereinfachte digitale Signatur-Prozesse würden<br />
nicht nur die Flexibilität und Effizienz steigern,<br />
sondern auch natürliche Ressourcen schonen.<br />
Zudem könnten frei werdende Kapazitäten stärker<br />
für Laufbahnberatung, Umschulung und das<br />
wertschöpfende Kerngeschäft eingesetzt werden.»<br />
<br />
Janine Pullich<br />
Linkedin-Kommentar auf den<br />
Blog-Beitrag von Barbara Josef<br />
«Wege aus der Crowding-out-<br />
Falle» vom 17. Juni 20<strong>21</strong>:<br />
«Sehr gut, Barbara Josef!<br />
Wenn nicht jetzt, wann<br />
dann! Die Leistung lässt vor<br />
lauter virtuellen Treffen nach.<br />
Gesunde Führung ist jetzt gefragt, damit wir fit<br />
bleiben.» <br />
Andreas Wieser<br />
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9 | 20<strong>21</strong><br />
68
Fokus Forschung<br />
MEINUNG<br />
SKALIERTES BASTELN<br />
Reto Wegman,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Rektors,<br />
Universität Luzern<br />
BASTELN IST IN DER ARBEITSWELT VERPÖNT. WER ES TUT, HAT SEINE ARBEIT<br />
UND SEINE RESSOURCEN NICHT GEPLANT UND IST NICHT PROFESSIONELL.<br />
EINE AKTUELLE STUDIE AUS SÜDAFRIKA ZEIGT, DASS DIE SOGENANNTE «BRICOLAGE»<br />
BEI GEKONNTER UMSETZUNG IN NISCHENSEGMENTEN DENNOCH EIN ERFOLGS<br />
VERSPRECHENDES UND SOGAR SKALIERBARES KONZEPT IST.<br />
Gastbeitrag: Reto Wegmann<br />
Der Begriff «Bricolage» (Basteln) bezeichnet das<br />
Finden von Lösungen, die sich aus der kreativen<br />
Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />
entwickeln. Damit unterscheidet sich Bricolage<br />
von konventioneller Lösungsfindung, bei der ein<br />
optimaler Weg geplant, anschliessend die dafür<br />
notwendigen Ressourcen beschafft und genutzt<br />
werden. Unternehmen mit wenig Ressourcen<br />
brauchen entsprechend oft Bricolage-Lösungen.<br />
Diese werden häufig als temporäre Notlösungen<br />
weit weg von den Idealen betrachtet – als Basteln<br />
eben.<br />
Die beiden Forscher Busch und Barkema der New<br />
York University beziehungsweise der London<br />
School of Economics entdeckten jedoch eine<br />
Organisation, die Ausbildungsdienstleistungen im<br />
IT-Bereich anbietet und Wachstum durch Bricolage<br />
schafft – also skaliertes Basteln. Zumindest<br />
gemäss dieser Fallstudie, basierend auf über sechs<br />
Jahre gesammelter Daten, scheint das zu funktionieren.<br />
Grund genug, die Studie und ihre<br />
Erkenntnisse genauer anzuschauen:<br />
- Bricolage ist nicht nur eine Notlösung, sondern<br />
in Kontexten mit wenig verfügbaren Ressourcen<br />
eine erfolgsversprechende Methode.<br />
- Durch die Verbreitung von einfachen Faustregeln<br />
kann Bricolage skaliert werden, wenn in den entsprechend<br />
neuen Märkten eine lokale Adaption<br />
stattfindet.<br />
- Nicht jede Arbeitsstelle muss mit der bestmöglichen<br />
Kandidatur besetzt werden. Weniger<br />
ideale, aber unmittelbar verfügbare Personen<br />
können teilweise eine schnellere, kosteneffizientere<br />
und innovativere Lösung sein – eine Art<br />
Fähigkeits-Bricolage.<br />
Zusammenfassend lassen sich aber nicht alle<br />
Beobachtungen und Erkenntnisse ohne Weiteres<br />
von Südafrika auf Westeuropa übertragen. Trotzdem<br />
gibt es Eckwerte von erfolgreicher Bricolage,<br />
die auch bei uns berücksichtigt werden können:<br />
- Interne Richtlinien, die unseren Ressourcen nur<br />
einen Zweck zuweisen, verhindern Bricolage.<br />
«Der Schulungsraum darf nur für Schulungen<br />
genutzt werden», gibt uns keinen Mehrwert,<br />
aber schränkt die kreative Nutzung ein. Weg<br />
damit.<br />
- Bricolage ist Basteln, nicht Wursteln. Es eignet<br />
sich skaliert zur Überwindung von temporären<br />
Flaschenhälsen, jedoch nicht zur langfristigen<br />
und stabilen Entwicklung. Somit lösen wir unmittelbare<br />
Probleme mit Bricolage, aber wir entwerfen<br />
nicht eine Produktpalette damit.<br />
- Man muss seine Ressourcen kennen, um sie in<br />
neuen Funktionen einsetzen zu können. Dazu<br />
muss man sich häufiger, vertiefter und vielseitiger<br />
mit seinem Material und der Infrastruktur,<br />
aber vor allem mit den Menschen auseinandersetzen.<br />
Quelle: Busch, C., & Barkema, H. (20<strong>21</strong>). From necessity to opportunity:<br />
Scaling bricolage across resource-constrained environments. Strategic<br />
Management Journal, 42(4), 741–773.<br />
BRICOLAGE IST<br />
BASTELN, NICHT<br />
WURSTELN.<br />
RETO WEGMANN<br />
TED Talk zur Lohntransparenz<br />
Alexandra Arnold hielt im Juli 20<strong>21</strong> eine<br />
Keynote Speech bei TEDxZurich zu<br />
Lohntransparenz. Sie sprach darüber,<br />
dass dabei das «Wie» und nicht das<br />
«Wie viel» entscheidend sei.<br />
tedxzurich.com/talks<br />
Schneller als Covid-19 – Performance<br />
von temporären Organisationen<br />
Wenige Wochen nach Ausbruch der ersten<br />
Welle in Europa sammelten Reto<br />
Wegmann und Laura Schärrer (Universität<br />
Luzern) empirische Daten, wie Task<br />
Forces während Covid-19 funktionierten.<br />
Die Studienresultate wurden im «Journal<br />
of Organizational Effectiveness»<br />
publiziert:<br />
bit.ly/Performance_von_temporären_<br />
Organisationen<br />
KMU während Covid-19<br />
KMU haben besondere Herausforderungen<br />
zu bewältigen, wenn sie auf Krisen<br />
reagieren. Die Ressourcen sind knapp<br />
und Arbeitsgruppen sind meist mit Personen<br />
in Doppelfunktionen besetzt. Die<br />
Fallstudie der Mittelland Transport AG<br />
aus dem Kanton Aarau hierzu in einem<br />
englischsprachigen Sammelband:<br />
bit.ly/Task_Forces_as_Silver_Bullets<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
69
<strong>HR</strong>-TEAM DES MONATS<br />
FOTOS: Aniela Lea Schafroth<br />
Vorne (v.l.): Daniela Wyss, Leiterin <strong>HR</strong>-Beratung;<br />
Dania Grau, Sachbearbeiterin <strong>HR</strong>; Sarah Bieri, Sachbearbeiterin<br />
<strong>HR</strong>. Mitte (v.l.): Florian Zürcher, <strong>HR</strong>-<br />
Generalist; Andrea Ogi, Teamleiterin <strong>HR</strong> Support;<br />
Barbara Röllin, Fachverantwortliche Payroll. Hinten<br />
(v.l.): Mauro Pellandini, Leiter <strong>HR</strong>; Ursula Dederichs,<br />
Verantwortliche Berufskleider; Nadine Riccio, Sachbearbeiterin<br />
<strong>HR</strong>; Isabel Sterchi, <strong>HR</strong>-Generalistin.<br />
COACH UND SPARRINGPARTNER<br />
COVID-19 HAT DIE TOURISMUSBRANCHE DURCHGESCHÜTTELT, SO AUCH DIE JUNGFRAUBAHNEN.<br />
DAVON LASSEN SICH <strong>HR</strong>-LEITER MAURO PELLANDINI UND SEIN TEAM NICHT ERSCHÜTTERN.<br />
Interview: Christine Bachmann<br />
9 | 20<strong>21</strong><br />
Die Jungfraubahnen sind das grösste Bergbahnunternehmen<br />
der Schweiz. Covid-19 hat die Auslastung<br />
stark ausgebremst. Welche personellen<br />
Auswirkungen hatte die Pandemie auf Ihr<br />
Unternehmen?<br />
Mauro Pellandini: Diese Ausnahmesituation hatte<br />
grosse Auswirkungen auf unsere Mitarbeitenden.<br />
Gewohnten Teamstrukturen wurden aufgebrochen<br />
und die Einsatzplanungen änderten sich: Das Personal<br />
arbeitete vermehrt im Homeoffice und leistete<br />
kurzfristige Einsätze. Weil die Planungssicherheit<br />
fehlte und ein Grossteil der Mitarbeitenden Kurzarbeit<br />
leistete, waren unsere Führungskräfte zusätzlich<br />
gefordert: Teams mussten vermehrt aus der<br />
Distanz geführt und Mitarbeitende bei Bedarf<br />
gecoacht werden. Für die Führungskräfte war es<br />
unter diesen Bedingungen nicht einfach, zu merken,<br />
ob jemand Unterstützung benötigte. Der sorgsame<br />
Umgang mit unseren personellen sowie finanziellen<br />
Ressourcen ist für uns deshalb seither noch wichtiger<br />
geworden.<br />
Welche Vorzüge schweissen Ihr <strong>HR</strong>-Team auch<br />
in herausfordernden Zeiten zusammen?<br />
Unser Team zeichnet sich durch eine grosse Unterstützungsbereitschaft,<br />
Flexibilität und Freude an<br />
der Arbeit aus. Weil wir ein breit gefächertes Wissen<br />
haben, können wir uns gegenseitig bei Themen<br />
unterstützen, die ausserhalb unseres Kernbereichs<br />
liegen. So fiel es uns dank unserer vielfältigen Interessen<br />
und unserer Lernbereitschaft leicht, uns in<br />
neue Themen wie die Kurzarbeit einzuarbeiten.<br />
Zurzeit beschäftigt Sie die Nachfolgeplanung.<br />
Was tun Sie dafür?<br />
Die frühzeitige Identifikation von Nachfolgerinnen<br />
und Nachfolgern für diversen Funktionen ist enorm<br />
wichtig. Dadurch erhalten unsere Mitarbeitenden<br />
Mauro Pellandini,<br />
Leiter Human Resources,<br />
Jungfraubahnen Management AG<br />
eine mittel- bis längerfristige Perspektive. Zudem ist<br />
die Kontinuität im Betrieb dadurch sichergestellt.<br />
Um das zu erreichen, besprechen Vorgesetzte mit<br />
Mitarbeitenden im jährlichen Fördergespräch deren<br />
berufliche Optionen und halten die Ergebnisse in<br />
einem Tool fest. So können wir potenzielle interne<br />
Kandidatinnen und Kandidaten bei Vakanzen evaluieren,<br />
bevor wir eine externe Suche starten.<br />
Welche weiteren <strong>HR</strong>-Themen brennen Ihnen<br />
sonst noch unter den Nägeln?<br />
Eine grosse Herausforderung stellt momentan die<br />
Personalplanung dar – auch hinsichtlich der sich<br />
verändernden Anforderungen an die Funktion wie<br />
ein verstärktes unternehmerisches sowie vernetztes<br />
Denken. Durch Covid-19 gewann Zwischenmenschliches<br />
wie die Stärkung der Führungskräfte<br />
oder die Moderation von Konflikten noch mehr an<br />
Gewicht.<br />
Wie unterstützen Sie als <strong>HR</strong>-Team die Führungskräfte<br />
im Unternehmensalltag?<br />
Primär verstehen wir unsere Rolle als Coaches und<br />
Sparringpartner. Wir reflektieren <strong>HR</strong>-Themen mit<br />
unseren Führungskräften im Alltag und geben<br />
ihnen Denkanstösse. Parallel dazu führen wir jährlich<br />
Führungsseminare und Führungsworkshops<br />
durch, bei denen relevantes <strong>HR</strong>-Wissen vermittelt<br />
wird. Im Zusammenhang mit Covid-19 unterstützen<br />
wir unsere Führungskräfte beispielsweise mit<br />
Dienstleistungen rund um Kurzarbeit sowie bei der<br />
Betreuung von Risikopersonen.<br />
Wenn Sie mehr Budget im <strong>HR</strong> zur Verfügung<br />
hätten, was würden Sie damit tun?<br />
Wir würden das eLearning weiter fördern, da wir<br />
mittels dieser Methode hervorragende individuelle<br />
und kollektive Lernmöglichkeiten sehen. Aktuell<br />
nutzen wir eLearning jedoch sehr selektiv. Zudem<br />
würden wir gerne das Repertoire an Führungsentwicklungsmassnahmen<br />
erweitern und unsere Employer-Branding-Anstrengungen<br />
verstärken. a<br />
Unternehmensbiografie<br />
Die Jungfraubahnen sind ein touris tisches<br />
Unternehmen und das bedeutendste Bergbahnunternehmen<br />
der Schweiz. Sie beschäftigen<br />
knapp 1000 Mitarbeitende aus 24 Nationen an<br />
18 Arbeitsorten. Die Jungfraubahn-Gruppe<br />
betreibt Ausflugsbahnen und Wintersportanlagen<br />
mit dem touristischen Leuchtturm Jungfraujoch<br />
– Top of Europe. Nebst Zahnrad-, Seil- und<br />
Gondelbahnen betreibt die Gruppe auch Wintersportanlagen,<br />
Restaurants, Shops, Parkhäuser<br />
und ein Wasserkraftwerk.<br />
70
Zürich 29–30 / 03 /2022<br />
«Das innovative Konzept hat<br />
uns überzeugt. Der Event ist der<br />
ideale Ort, mit unserer Zielgruppe<br />
ins Gespräch zu kommen.»<br />
Matthias Langenbacher<br />
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<strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN,<br />
<strong>HR</strong>-CHANGE MANAGEMENT<br />
FÜR MANCHE EINE LEIDENSCHAFT, FÜR ANDERE EINE QUAL<br />
In immer kürzeren Abständen erobern neue <strong>Tech</strong>nologien unseren Alltag. Während<br />
sich manch einer lange an alten Zöpfen festhält – nach dem Motto «Mein<br />
Excel-File für die Jahresendrunde funktioniert doch noch einwandfrei.» – steigt<br />
der Druck, auf neue <strong>HR</strong>-Systeme und -<strong>Tech</strong>nologien umzusteigen.<br />
In unserem privaten und geschäftlichen Alltag haben sich einige digitale <strong>Tech</strong>nologien<br />
ganz einfach in unser Leben geschlichen. Sei es das bequeme Bezahlen von<br />
Rechnungen via E-Banking, das immer erreichbar und präsent sein via WhatsApp,<br />
Signal, Mail, Social Media oder die während der Corona-/ Homeoffice Zeit intensiver<br />
genutzten virtuellen Besprechungen per Microsoft Teams oder Zoom: Vieles möchten<br />
wir nicht mehr missen, und es haben sich gewisse Abhängigkeiten ergeben.<br />
Die Herausforderung, sich im beruflichen Alltag an die Umstellungen und Anpassungen<br />
von Prozessen, Abläufen und <strong>Tech</strong>nologien zu gewöhnen, erfordert oft mehr Mut und<br />
Überwindung als ursprünglich gedacht. Für viele geht eine solche Veränderung nicht mit<br />
der Faszination und Leidenschaft einher, etwas Neues zu erlernen oder zu implementieren.<br />
Genauso wenig wird der daraus resultierende Mehrwert für alle sofort ersichtlich.<br />
Vielmehr findet man anfangs ausreichend Gründe, welche gegen eine Anpassung oder neue<br />
<strong>Tech</strong>nologie sprechen. Oft schwirrt einem beim blossen Gedanken an das Neue schon der Kopf.<br />
«Die einzige Konstante ist die Veränderung.» (Heraklit)<br />
Ohne Einladung – als geliebter oder auch als ungeliebter Gast – ist die Veränderung einfach da,<br />
stellt unser Leben auf den Kopf und fordert uns auf, umzudenken und einen anderen Weg<br />
einzuschlagen. Wir von der Belana GmbH unterstützen Unternehmen immer wieder kompetent<br />
bei solchen Veränderungen. Seien es <strong>HR</strong>-System Evaluierungen, deren Einführungen und die<br />
damit verbundenen Prozessoptimierungen oder das Change-Management. Dabei ist es uns wichtig,<br />
Sie, Ihre Firma und Ihre Mitarbeitenden als Ganzes zu begreifen: Oftmals ist ein erster Schritt<br />
das Verständnis für die Situation jedes Einzelnen aufzubringen, sich Bedenken anzuhören und immer<br />
wieder die Vorteile für jeden Einzelnen aufzuzeigen. Wir legen Wert darauf, klarzumachen, dass<br />
Veränderungen ein Marathon und kein Sprint sind. Je grösser die Veränderung, desto grösser sind<br />
die Verunsicherungen, Ängste und Widerstände. Durch unseren täglichen Job als professioneller<br />
<strong>HR</strong>-Dienstleister sehen und erleben wir dies immer wieder. Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei<br />
der Realisierung des Neuen, damit dies mit Freude umgesetzt werden kann. Denn wir wissen alle; mit<br />
Freude sind wir – ob Individuum oder Team – viel produktiver, motivierter und erfolgreicher.<br />
Benötigen auch Sie Unterstützung, weil Ihnen die nötigen Ressourcen fehlen? Wir von der Belana GmbH<br />
freuen uns, Sie kennenzulernen und stehen Ihnen und Ihren Mitarbeitenden als professioneller Partner<br />
jederzeit zur Verfügung: Wir sind Ihr Guide durch den <strong>HR</strong>-Irrgarten.<br />
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