06.09.2021 Aufrufe

HR Today 9/21 HR-Tech Werkzeuge

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

hrtoday.ch | CHF 19.50<br />

20<strong>21</strong><br />

N°<br />

9<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />

Know-how for tomorrow<br />

Zigarrenduft<br />

Zu Gast bei Antonio Maiolino,<br />

Director Global Human Resources<br />

bei Oettinger Davidoff.<br />

Seite 8<br />

Kernkraft<br />

Abgeschaltet: Der Abbau des<br />

Kernkraftwerks Mühleberg verlangt<br />

<strong>HR</strong> und Mitarbeitenden einiges ab.<br />

Seite 47<br />

Umwelt<br />

Was Unternehmen und ihre<br />

Mitarbeitenden gegen<br />

den Klimawandel tun können.<br />

Seite 50<br />

<strong>HR</strong>-TECH<br />

WERKZEUGE<br />

Offizielles Kommunikationsorgan des Verbandes der Personaldienstleister der Schweiz<br />

iSTOCKPHOTO


3 Tipps, wie Sie mehr aus Ihrem Recruiting-Budget holen<br />

Ist Ihr Recruiting-Budget schon fast ausgeschöpft, aber das Jahr noch nicht vorbei und noch nicht alle Vakanzen<br />

besetzt? Mit diesen 3 Tipps sparen Sie erhebliche Kosten:<br />

1. Stellenanzeige auf der eigenen Website aufschalten<br />

Eine eigene Website hat jedes Unternehmen. Nutzen Sie diese unbedingt, um Ihre Stellenanzeigen zu publizieren.<br />

Einfacher und kostengünstiger geht das nirgends. Kreieren Sie dafür eine Karriereseite auf Ihrer Unternehmenswebsite<br />

und verlinken Sie diese gut sichtbar auf der Startseite.<br />

2. Messen und optimieren<br />

Wer misst, kann optimieren. In diesem Fall gilt es, die Besuche auf den Stellenanzeigen zu messen und wie viele<br />

Personen sich beworben haben. Wenn die Stellenanzeigen auf der eigenen Website aufgeschaltet sind, liegt die<br />

Analyse in Ihren Händen.<br />

3. Zielgerichtete Jobplattformen nutzen<br />

Wie auch im klassischen Marketing ist im Personalmarketing weniger manchmal mehr. Mit einer gezielten Ansprache<br />

der richtigen Fachkräfte ist Ihnen besser geholfen, als mit einer breiten Streuung und einer grossen<br />

Reichweite.<br />

Indem Vakanzen zielgruppenspezifisch ausgeschrieben werden, können Sie die Kosten pro Anstellung tief halten.<br />

Geheimtipp: Publizieren Sie Ihre Stellenanzeigen über jobchannel SMART. Hier werden Ihre Stellenanzeigen<br />

automatisch der richtigen Zielgruppe über die passenden Plattformen angezeigt. Zusätzlich erhalten Sie ein<br />

einfaches Instrument, um Ihre Stellenanzeigen zu analysieren.<br />

Mit nur<br />

zu neuen Mitarbeitenden<br />

Automatische Erkennung Ihrer Stellenanzeigen<br />

und Publikation auf über 150 Job- und<br />

Fachplattformen<br />

Über 150‘000 Job-Mail-Abonnentinnen<br />

und -Abonnenten<br />

2.5 Mio. Inserate-Klicks pro Monat<br />

Google (for Jobs) Ready<br />

smart.jobchannel.ch


EDITORIAL<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Zurück aus der Sommerpause: Lesen Sie in dieser <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>-Ausgabe über <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

– von künstlicher Intelligenz und Machine Learning bis hin zu Blockchain,<br />

Skills- und Talentmanagement sowie digitalem BGM (ab Seite 22). Fast kein <strong>HR</strong>-<br />

Bereich kommt heute ohne Digitalisierung aus. Doch nutzen wir die damit verbundenen<br />

Möglichkeiten tatsächlich? Eine Frage, die jede und jeder für sich und sein Unternehmen<br />

beantworten muss. Wobei eines sicher ist: Die Zukunft wird zumindest hybrider<br />

– erst recht infolge der Covid-19-Pandemie.<br />

Ausserdem berichten wir in dieser Ausgabe über «Change»-Themen. Beispielsweise,<br />

welche rechtlichen Fallstricke eine Massenentlassung für Arbeitgebende hat (Seite<br />

40) oder und wie ein Unternehmen mit Mitarbeitenden umgeht, die ihren Arbeitsplatz<br />

zurückbauen müssen, wie derzeit beim Kernkraftwerk Mühleberg (Seite 47).<br />

Ein Umdenken erfordert auch der voranschreitende Klimawandel. Die Initiative<br />

«42hacks» nimmt sich der Klimakrise an und zeigt, wie sich Unternehmen und Mitarbeitende<br />

in diesem Bereich engagieren können (Seite 50). Sind auch Sie dabei?<br />

Wir wünschen Ihnen viel Freude und Inspiration mit der aktuellen Ausgabe – und<br />

weiterhin viele sonnige Sommertage.<br />

Herzliche Grüsse,<br />

Christine Bachmann, stv. Chefredaktorin<br />

cb@hrtoday.ch<br />

Unsere Bilder sind<br />

jetzt mehr als Bilder –<br />

lassen Sie sie<br />

lebendig werden!<br />

1 Laden Sie die<br />

Gratis-App «Xtend»<br />

für iOS + Android<br />

herunter.<br />

2 Öffnen Sie im Hauptmenü<br />

die Funktion<br />

«Scannen».<br />

3 Halten Sie die Kamera<br />

auf das mit markierte<br />

Bild und klicken Sie auf<br />

«scannen».<br />

VERMEIDEN SIE NOCH<br />

FEHLER ODER LEBEN SIE<br />

SCHON FEHLERKULTUR?<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Kampagne_<strong>HR</strong>_<strong>Today</strong>_LZ.indd 8 13.01.20<strong>21</strong> 14:53:<strong>21</strong><br />

3


INHALT<br />

PEOPLE<br />

8 Porträt Antonio Maiolino, Director Global Human Resources<br />

beschäftigt sich bei der familiär geführten Oettinger Davidoff nicht<br />

nur mit <strong>HR</strong>-Fragen, sondern modelt auch für das Unternehmen.<br />

12 Im Gespräch Wie Managerinnen und Manager afrikanische<br />

Unternehmende im Auftrag der Non-Profit-Organisation<br />

«Manager ohne Grenzen» beratend zur Seite stehen.<br />

14 Sesselrücker und Events<br />

16 Afterwork Leseratte, Freizeitsportlerin und vielseitig interessiert:<br />

Gabi Rust, Leitung <strong>HR</strong>-Administration im Alterszentrum Rubiswil in<br />

Ibach, im Gespräch.<br />

SCHWERPUNKT: <strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />

8<br />

22 Zukunftssausichten Vom Unterschied zwischen künstliche<br />

Intelligenz und Machine Learning – und was beides dem <strong>HR</strong> nützt.<br />

24 Blockchain im <strong>HR</strong> Wie sie die <strong>HR</strong>-Arbeit erleichtern könnte.<br />

27 People Analytics Die richtige Strategie wählen.<br />

30 Skills-Management Analog, digital oder hybrid?<br />

Drei <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologieanbieter im Gespräch.<br />

32 Digitales BGM Ergänzen Tools das analoge BGM?<br />

Der Nutzen solcher Apps in Homeoffice-Zeiten.<br />

THEMA<br />

50<br />

40 Arbeit und Recht Was Arbeitgebende und <strong>HR</strong> bei<br />

Massenentlassungen beachten sollten.<br />

42 Serie: Sozialversicherung Müssen Verwaltungsratsmitglieder<br />

bei der Pensionskasse versichert werden? Eine Auslegeordnung.<br />

47 <strong>HR</strong> Change Management Das Kernkraftwerk Mühleberg wurde<br />

abgeschaltet und wird jetzt zurückgebaut. Was das für <strong>HR</strong> und<br />

Mitarbeitende bedeutet.<br />

50 <strong>HR</strong> und Klima Wie die Initiative «42hacks» die Klimakrise<br />

bewältigen will.<br />

53 Loyalität Was sie heute noch zählt.<br />

55 Angeknüpft Eine neue Rubrik, deren erste Folge den Artikel<br />

«Ohne Chefs» aus der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> Ausgabe 7&8 weiter ausführt. .<br />

MEINUNG<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

69<br />

56 Swissstaffing Neues aus dem Verbandsalltag.<br />

60 Buchtipps Die Redaktion empfiehlt.<br />

61 Debatte Soll man für Kununu-Bewertungen bezahlen?<br />

66 hrtoday.ch Von sinnstiftender Personalführung, Frauenquoten<br />

und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

67 Blog Cordelia Kissling zur emotionalen Intelligenz.<br />

69 Fokus Forschung Bastelnd zur richtigen Lösung gelangen.<br />

70 <strong>HR</strong>-Team des Monats Das <strong>HR</strong>-Team der Jungfraubahnen stellt<br />

sich engagiert den pandemiebedingten Herausforderungen.<br />

4


70<br />

47<br />

Anzeige<br />

Jacqueline Ramel<br />

Studierende Executive MBA<br />

Jetzt weiterbilden.<br />

Executive MBA<br />

Nächster<br />

Online-Infoabend:<br />

7. 9.20<strong>21</strong><br />

Echte Fälle, echte Herausforderungen,<br />

echte Führungskompetenz.<br />

Studienstart<br />

St.Gallen: Mai 2022<br />

Rapperswil: Januar 2023<br />

ost.ch/executive-mba<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

5


Presented by<br />

PRÜFUNGSREFORM IM RECHNUNGSWESEN UND CONTROLLING<br />

ZAHLENMEISTERLICH MIT DATEN<br />

JONGLIEREN – EIN MUSS!<br />

AM PRINZIP VON SOLL UND HABEN WIRD SICH IM RECHNUNGSWESEN UND CONTROLLING SO RASCH NICHTS ÄNDERN.<br />

MASSIV IM WANDEL IST HINGEGEN DER UMGANG MIT DATEN IM ZEITALTER DER DIGITALISIERUNG. DAS DATENMANAGEMENT<br />

FLIESST IN DIE PRÜFUNGSREFORM DER BERUFS- UND HÖHEREN FACHPRÜFUNG EIN, DIE AB 2023 GREIFEN WIRD.<br />

Text: Marion Tarrach<br />

Eine umfangreiche Berufsfeld-Analyse stand am<br />

Anfang der Prüfungsreform, die der Verein für die<br />

höheren Prüfungen im Rechnungswesen und<br />

Controlling aktuell umsetzt. Nicht das «Ob» von<br />

Digitalisierung als Bestandteil stand dabei zur<br />

Debatte, sondern das «Wie». Das auch mit Blick<br />

auf die Studie «Digital Switzerland», welche die<br />

Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) im Jahr<br />

2018 zusammen mit dem Fachverband veb.ch<br />

durchführen liess. Im Fokus stand «die digitale<br />

Reife im Rechnungswesen und in anverwandten<br />

Bereichen» von 1026 teilnehmenden Schweizer<br />

Unternehmen. Davon bezeichneten sich 85 Prozent<br />

als «digitale Dinosaurier». Da aber mehr als<br />

die Hälfte der Befragten bestätigte, dass Controllerinnen<br />

und Controller in die Datenanalyse,<br />

-interpretation und -organisation investieren müssen,<br />

waren die nächsten Schritte vorgezeichnet.<br />

Ab dem Prüfungsjahr 2023 werden auf beiden<br />

Bildungsstufen Kompetenzen im Datenmanagement<br />

verlangt. Auf Stufe Fachausweis wird der<br />

Abschluss eines Lehrgangs, wie sie im Markt<br />

bestehen, als Zulassungsbedingung deklariert. Für<br />

die künftigen Expertinnen und Experten in Rechnungslegung<br />

und Controlling wird das Datenmanagement<br />

hingegen Weiterbildungs- und<br />

Prüfungsbestandteil sein. Peter Herger, Initiant<br />

der entsprechenden Fachkommission des Prüfungsvereins,<br />

gibt dazu Auskunft.<br />

Weshalb wird das Datenmanagement in die<br />

höhere Fachprüfung integriert, statt eine<br />

Zulassungsbedingung zu sein?<br />

Peter Herger: Geeignete, auf das Berufsfeld der<br />

Controllerinnen und Controller zugeschnittene<br />

Standardlehrgänge gibt es nicht. Heute übernehmen<br />

häufig Datenanalysten die Rolle von<br />

Controllern, ohne den notwendigen betriebswirtschaftlichen<br />

Background mitzubringen. Wir wollen<br />

diese Kompetenzen verbinden. Neben grundlegenden<br />

Aspekten geht es um Automatisierung,<br />

Business Intelligence, Künstliche Intelligenz oder<br />

Predictive Analytics – alles mit einem konkreten<br />

Praxisbezug vermittelt.<br />

Peter Herger,<br />

Initiant und Mitglied Fachkommission Datenmanagement,<br />

Verein für die höheren Prüfungen in Rechnungswesen<br />

und Controlling, Mitinhaber und Geschäftsführer der<br />

PROFFIX Software AG<br />

Business heraus. Externe Datenanalysten können<br />

Antworten finden, aber nicht zwingend die richtigen<br />

Fragen stellen. Das ist der Job unserer eidgenössisch<br />

diplomierten Expertinnen und Experten.<br />

Mit dem neuen Bildungsmodul werden sie<br />

nicht plötzlich selbst zu Profi-Analysten. Sie verfügen<br />

aber über die notwendige Innensicht, sind<br />

dann auch mit den Konzepten des Datenmanagements<br />

und den Möglichkeiten von zentralen IT-<br />

<strong>Werkzeuge</strong>n vertraut und können sich deshalb<br />

mit den Analysten auf Augenhöhe unterhalten.<br />

Inwiefern profitieren die Arbeitgeber davon?<br />

Es ist die Aufgabe des Controllings, Entscheidungsgrundlagen<br />

zu schaffen. Mit dem Datenmanagement<br />

steigt deren Qualität vor allem im<br />

Bereich von Predictive Analytics, wo es um Prognosen<br />

und Zukunftsszenarien geht. In der Schweiz<br />

fallen viele Entscheide noch aus Erfahrung, ohne<br />

die Aussagekraft von Modellrechnungen und<br />

unterschiedlichen Parametern zu nutzen. Daten<br />

sind ein Schatz. Controllerinnen und Controller<br />

stehen an vorderster Front bereit, um ihn zu heben<br />

und als strategischen Erfolgsfaktor einzusetzen.<br />

Welche Kompetenzen werden für<br />

Mitarbeitende im Rechnungswesen<br />

in Zukunft am wichtigsten sein?<br />

Eines der Umfrageergebnisse aus der Studie Digital Switzerland<br />

von HWZ und veb.ch aus dem Jahr 2018 (mehr Informationen:<br />

www.digital-switzerland.ch/digital-switzerland-2018)<br />

PRÜFUNGSREFORM IM RECHNUNGS-<br />

WESEN UND CONTROLLING<br />

Leadership ist ein weiterer Kompetenzbereich,<br />

der mit der Prüfungsreform 2023<br />

in die Bildungswege im Rechnungswesen<br />

und Controlling als Zulassungsbedingung<br />

Einzug hält. Für die Berufsprüfung im<br />

Finanz- und Rechnungswesen ist das Thema<br />

als digitaler Lernpfad aufgesetzt, für die<br />

höhere Fachprüfung in Rechnungslegung<br />

und Controlling als mehrtägiges, zentral<br />

organisiertes Präsenzmodul.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Was wollen Sie damit erreichen?<br />

Die Fragestellungen für die Unternehmen und<br />

Organisationen kommen aus dem jeweiligen<br />

Herzlichen Dank für das Gespräch!<br />

Die ausführliche Interview-Fassung ist auf zahlenmeister.ch<br />

(Aus der Prüfungsküche) verfügbar.<br />

6


PEOPLE<br />

Antonio Maiolino (Seite 8) • Helene Prölss und Britta Camen (Seite 12) • Gabi Rust (Seite 16)<br />

3 Fragen an Thomas Mattig,<br />

Direktor Gesundheitsförderung Schweiz<br />

Am 1. September findet die BGM-Tagung<br />

erstmals virtuell statt. Das Thema ist «Fit<br />

für die Zukunft – BGM für junge Arbeitnehmende».<br />

Warum dieser Schwerpunkt?<br />

Thomas Mattig: Junge Arbeitnehmende sind<br />

Leistungsträger der Zukunft, aber auch eine<br />

vulnerable Gruppe. Auch sie leiden zunehmend<br />

unter den Belastungen der modernen Arbeitswelt,<br />

ihr Job-Stress-Index ist ungünstig, Fehlzeiten häufen sich,<br />

psychische Erkrankungen und IV-Fälle nehmen zu. Als Berufsbildungsverantwortliche,<br />

<strong>HR</strong>-Fachleute und Führungspersonen haben es unsere<br />

Tagungsteilnehmenden in der Hand, Ressourcen junger Arbeitnehmender<br />

zu stärken und ihre Belastungsfaktoren zu reduzieren.<br />

Auf was dürfen sich die Teilnehmenden an der BGM-Tagung<br />

besonders freuen?<br />

Auf ein reichhaltiges, abwechslungsreiches Programm mit drei Keynote-<br />

Referaten und einem Vortrag des renommierten Jugendpsychologen<br />

Allan Guggenbühl. In drei Vertiefungsworkshops und zwanzig Workshops<br />

können unsere Teilnehmenden zudem Erfahrungen austauschen, diskutieren<br />

und gemeinsam mit Fachleuten Lösungen für ihren Betrieb<br />

entwickeln. Die virtuelle Tagung am 1. September endet mit einem<br />

Politik-Talk mit den Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen und Melanie<br />

Mettler zum Thema «Welche Politik für die Stärkung der Gesundheit<br />

von Lernenden und Lehrstellensuchenden?».<br />

Ihr persönlicher Höhepunkt der kommenden Tagung?<br />

Mein persönliches Highlight ist der Austausch zwischen Teilnehmenden<br />

und den 13 Lernenden von «Login Berufsbildung». Im Dialograum können<br />

Teilnehmende während der Workshop-Sessions mit Lernenden<br />

diskutieren, Erfolgsgeschichten austauschen und daraus konkrete Massnahmen<br />

und Ideen für ihr firmeninternes BGM ableiten. (cb)<br />

Weitere Informationen unter: bgm-tagung.ch<br />

Was macht eigentlich Tatjana Zbinden?<br />

Als wir Sie 2014 interviewten, waren Sie <strong>HR</strong>-Leiterin Canon Schweiz<br />

und kümmerten sich gleichzeitig um zwei<br />

kleine Kinder. Seither sind Sie ein Jahr um<br />

die Welt gereist, haben das Beratungsunternehmen<br />

Aluan gegründet und sind<br />

Stiftungsratspräsidentin bei der Mobiliar-Vorsorgestiftung<br />

sowie Dozentin an<br />

der ZHAW geworden. Eine Vielfalt an<br />

Aufgaben. Was treibt Sie an?<br />

Tatjana Zbinden: Mich in neuen Aufgaben und<br />

Themengebieten fit zu machen, gibt mir unglaublich<br />

viel Energie. Mich treibt an, Neues zu lernen und mich zu entwickeln.<br />

Meinen Aufgaben gemein ist, andere Menschen in ihrem Lern- und<br />

Entwicklungsprozess zu unterstützen und zu begleiten.<br />

Welche Ihrer Tätigkeiten macht Ihnen besonders Freude?<br />

Die Kombination macht es aus. Ich treffe immer wieder auf unterschiedliche<br />

Menschen und Themen und staune, dass sich ganz unerwartet<br />

viele Synergien ergeben. Dass ich meine berufliche Laufbahn<br />

auf verschiedenen Pfeilern aufbauen konnte, ist ein Privileg. Das gibt<br />

mir Stabilität und verleiht mir Authentizität und Unabhängigkeit.<br />

Diese Werte sind in Verwaltungs- und Stiftungsratspositionen wie<br />

auch in der Wissenschaft sehr wichtig.<br />

Was hat Sie dazu bewogen, Canon zu verlassen und sich selbstständig<br />

zu machen?<br />

Canon habe ich aus privaten Gründen verlassen. Mein Partner und<br />

ich träumten schon lange von einer Weltreise. Es war zudem terminlich<br />

die letzte Gelegenheit, unsere beiden Töchter aus dem Kindergarten<br />

zu nehmen. Meine eigene Firma habe ich gegründet, weil ich<br />

nach unserer Rückkehr in die Schweiz nicht mehr Vollzeit arbeiten<br />

wollte. Ich dachte, die Selbstständigkeit sei die einzige Möglichkeit,<br />

interessanten und anspruchsvollen Aufgaben nachzugehen und Zeit<br />

für die Familie zu haben. Nach erfolgreichem Firmenstart hat mir die<br />

ZHAW dann zudem ein 50-Prozent-Pensum als Dozentin angeboten.<br />

Würden Sie sich dereinst wieder 100 Prozent festanstellen lassen?<br />

Die Einbettung in einer Organisation und die Arbeit sowie der Austausch<br />

im Team sind mir wichtig. Ich bin deshalb eher ein Typ Mensch,<br />

der sich anstellen lässt. Ich würde aber nicht mehr 100 Prozent in<br />

einem Betrieb arbeiten. Dazu sind mir meine vielseitigen Aufgaben<br />

und die Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen kann, zu wichtig.<br />

Meine Firma, die Aluan AG, läuft im operativen Geschäft auch ohne<br />

mich. Als VR-Präsidentin beschäftige ich mich deshalb nur noch mit<br />

einzelnen Elementen der Geschäftsführung und betrachte mich nicht<br />

mehr als selbstständig, sondern als festangestellt.<br />

F O<br />

T O<br />

:<br />

Z V G<br />

Inwiefern fühlen Sie sich noch mit Canon verbunden?<br />

Canon ist ein hervorragender Brand mit hochwertigen und innovativen<br />

Produkten, denen man überall auf der Welt begegnet. Da fällt<br />

es einem auch nach einigen Jahren noch sehr leicht, sich verbunden<br />

zu fühlen. Zudem pflege ich immer noch einige Kontakte zu ehemaligen<br />

Canon-Kollegen. (cp)<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

7


AKTUELL<br />

Porträt<br />

FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />

2018 bis heute<br />

Director Global Human Resources,<br />

Oettinger Davidoff AG, Basel<br />

2013–2015<br />

<strong>HR</strong> Business Partner,<br />

Implenia Schweiz AG, Dietlikon<br />

2000–2013<br />

Diverse <strong>HR</strong>-Funktionen,<br />

Manor AG, Basel<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

8


AKTUELL<br />

Porträt<br />

MENSCHENFREUND UND<br />

ZIGARRENLIEBHABER<br />

SEIT ÜBER 30 JA<strong>HR</strong>EN IM <strong>HR</strong> IN DER MODE-, DER BAU- UND DER TABAKBRANCHE IST ANTONIO MAIOLINO HEUTE ALS<br />

DIRECTOR GLOBAL HUMAN RESOURCES BEI DER OETTINGER DAVIDOFF AG IN BASEL TÄTIG. ÜBER DIE <strong>HR</strong>-HERAUSFORDE-<br />

RUNGEN EINES FAMILIÄREN KMU MIT WELTWEITEN STANDORTEN UND EINEM WELTBEKANNTEN BRAND.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

An der Decke hängen Tabakblätter, deren Duftnote<br />

den Raum erfüllen. In den Wandregalen lagern<br />

handgemachte Premium-Zigarren. Für das Fotoshooting<br />

posiert Antonio Maiolino im begehbaren<br />

Humidor am Hauptsitz der Oettinger Davidoff AG<br />

in Basel. Der modeaffine Director Global Human<br />

Resources macht das professionell und verrät, dass<br />

er für seine Arbeitgeberin auch ab und zu als Model<br />

tätig sei. «In unseren Davidoff-Social-Media-Kanälen<br />

modle ich für die Winston-Churchill-Zigarren.»<br />

Wie es dazu kam? Im Berufsalltag trägt der oberste<br />

Personaler des Tabakkonzerns häufig modische<br />

Anzüge. Die Marketingabteilung fand: «Du passt<br />

perfekt zu diesem Brand.» Maiolino, selbst Zigarrenliebhaber,<br />

sagte zu.<br />

Dass die Marketingabteilung eines weltbekannten<br />

Brands wie Davidoff ihren Personalchef als Model<br />

einsetzt, zeigt, wie familiär und interdisziplinär der<br />

146-jährige Tabakwarenkonzern agiert. «Die rund<br />

130 Mitarbeitenden in Basel arbeiten eng zusammen<br />

und die Entscheidungswege sind kurz», bestätigt<br />

Antonio Maiolino. Das treffe auch auf den Austausch<br />

mit der im Verwaltungsrat agierenden<br />

Besitzerfamilie zu: «Ihre Türen sind stets offen.»<br />

Gehen Kommunikation und Zusammenarbeit am<br />

Hauptsitz leicht von der Hand, sei das international<br />

herausfordernder. «Als Director Global Human<br />

Resources bin ich für die Mitarbeitenden in Basel<br />

und jene der Zigarren-Produktionsstandorte in<br />

Honduras und in der Dominikanischen Republik<br />

sowie den weltweiten Tochtergesellschaften<br />

verantwortlich.» Insgesamt beschäftigt die Oettinger<br />

Davidoff AG weltweit rund 3100 Mitarbeitende,<br />

die meisten davon in den beiden Produktionsstätten.<br />

Antonio Maiolino ist mit seinem fünfköpfigen <strong>HR</strong>-<br />

Team geografisch von den Aussenstandorten zu<br />

weit entfernt. Deshalb arbeitet er in den verschiedenen<br />

Ländern mit ortsansässigen <strong>HR</strong>-Verantwortlichen.<br />

«Sie sind eigenständig, kennen die wirtschaftlichen<br />

und rechtlichen Gegebenheiten vor<br />

Ort und rapportieren mir monatlich», sagt er. Das<br />

funktioniere sehr gut. «Die Kollegen sind initiativ,<br />

engagiert, strukturiert und prozessorientiert.»<br />

Ungeachtet dessen möchte der Personalchef künftig<br />

die Synergien zwischen den Ländern noch besser<br />

nutzen – «vom Know-how-Austausch im <strong>HR</strong><br />

über die Implementierung neuer <strong>HR</strong>-Tools bis hin<br />

zu Prozessoptimierungen».<br />

EIN UNTERNEHMEN, DAS<br />

MITARBEITENDE INTERN<br />

FÖRDERT, MUSS KEINE<br />

NEUEN SUCHEN.<br />

ANTONIO MAIOLINO<br />

Emotionales Auf und Ab<br />

Antonio Maiolino ist ein <strong>HR</strong>-Quereinsteiger, der 1989<br />

nach seiner Lehre zum Radio- und TV-Elektriker ins<br />

Personalwesen kam. «Im erlernten Beruf sah ich<br />

keine langfristige Perspektive, deshalb absolvierte<br />

ich berufsbegleitend die Handelsschule.» Eine Stellenanzeige<br />

der ARFA Röhrenwerken in Möhlin und<br />

Münchenstein mit dem Titel: «Einstieg ins Personalwesen»<br />

weckt sein Interesse. Gewünscht sind unter<br />

anderem Italienischkenntnisse. «Ich habe mich<br />

beworben, sie haben mich genommen. So begann<br />

meine <strong>HR</strong>-Karriere.» Ein Sprung ins kalte Wasser,<br />

der nicht ganz einfach war: «Ich musste als Erstes<br />

zahlreiche Mitarbeitende rekrutieren, um sie wenig<br />

später aufgrund einer ungeplanten Marktentwicklung<br />

in Kurzarbeit zu schicken und dann sogar entlassen.<br />

Das war ein emotionales Auf und Ab.» Innerhalb<br />

von knapp zwei Jahren lernt Maiolino<br />

sämtliche <strong>HR</strong>-Tätigkeiten kennen: «Diese Zeit hat<br />

mich stark geprägt und ich habe gelernt, wie wichtig<br />

es bei einer Massenentlassung ist, menschlich<br />

zu bleiben und die betroffenen Mitarbeitenden bis<br />

zum Schluss professionell und emphatisch zu<br />

begleiten.»<br />

Nach dieser ersten intensiven <strong>HR</strong>-Erfahrung wechselt<br />

Maiolino Anfang 1993 zum Mode- und Versandhaus<br />

Spengler AG in Münchenstein, beginnt als<br />

stellvertretender Personalchef und rückt 1994 in die<br />

<strong>HR</strong>-Leiter-Position nach. «Als alleiniger Personal-<br />

chef war ich damals für 2500 Mitarbeitende zuständig<br />

– anfänglich allerdings nur in einer Personaladministrationsfunktion.<br />

Maiolino will beim<br />

Mode- und Versandhaus die Entwicklung des <strong>HR</strong><br />

vorantreiben und die Strukturen anpassen. Beispielsweise<br />

im Recruiting: «Das wurde an allen<br />

Standorten unterschiedlich gehandhabt.» Nach<br />

acht Jahren bei Spengler wirbt ihn ein Bekannter<br />

ins Inplacement-Geschäft ab. Bei dieser Tätigkeit<br />

kommt er in Kontakt mit der Warenhauskette<br />

Manor, die ihn ihrerseits umwirbt.<br />

Insgesamt 13 Jahre ist Maiolino für Manor tätig:<br />

«Vier Jahre im Warenhaus Basel, zwei Jahre in Genf<br />

und sieben Jahre in verschiedenen <strong>HR</strong>-Funktionen<br />

am Hauptsitz in Basel.» Dort führt der engagierte<br />

Personaler <strong>HR</strong>-Teams, ist bei Change-Prozessen<br />

dabei, beteiligt sich bei der Einführung von SAP<br />

und des Service-Centers und trägt <strong>HR</strong>-strategische<br />

Firmenentscheide mit. «Eine spannende und<br />

lehrreiche, aber extrem arbeitsintensive Zeit.» Als<br />

es 2010 bei Manor zu Restrukturierungen kommt,<br />

werden Antonio Maiolinos Arbeitstage noch intensiver<br />

und länger. Der Gesundheit und der Familie<br />

zuliebe kündigt er 2013.<br />

Neuausrichtung<br />

Antonio Maiolino orientiert sich 2013 mit 47 Jahren<br />

neu. «Weil ich als Ausgleich zu meinem Beruf in<br />

Oettinger Davidoff AG<br />

Die Oettinger Davidoff AG wurde 1875 gegründet<br />

und ist bis heute in Familienbesitz. Der Tabakwarenkonzern<br />

produziert, vermarktet und vertreibt<br />

Premium-Zigarren, Tabakprodukte und<br />

Accessoires. Das Unternehmen erwirtschaftet<br />

damit jährlich einen Umsatz von über einer halben<br />

Milliarde Schweizer Franken und beschäftigt weltweit<br />

rund 3100 Mitarbeitende. Daneben vertreibt<br />

Oettinger Davidoff in mehreren Ländern als<br />

Generalvertretung Marken wie Haribo in der<br />

Schweiz. Das Unternehmen ist zudem bekannt<br />

für seine Crop-to-shop-Philosophie, durch die alle<br />

Arbeitsschritte und Prozesse der gesamten Wertschöpfungskette<br />

vom Samen über den Verkauf<br />

analysiert, überwacht und so die Qualitätssicherung<br />

gewährleistet werden.<br />

oettingerdavidoff.com / davidoff.com<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

9


AKTUELL<br />

Porträt<br />

meinem Atelier Möbel schreinere und baue, nahm<br />

ich die Baubranche ins Visier.» Er klopft beim<br />

Baukonzern Implenia an und wird noch im gleichen<br />

Jahr <strong>HR</strong> Business Partner. Fortan kümmert er sich<br />

um das Bau-Kaderpersonal der Region Nordwestschweiz,<br />

gibt Führungskurse und arbeitet an mehreren<br />

<strong>HR</strong>-Projekten mit. Auch bei Implenia muss<br />

Maiolino eine Betriebsschliessung begleiten und<br />

Sozialpartnern wie Mitarbeitenden mit Rat und<br />

Tat zur Seite stehen. «Diese Vielfalt der Aufgaben<br />

hat mir sehr gefallen.» Der engagierte Personaler<br />

wäre wohl heute noch bei Implenia, hätte 2018<br />

nicht das Telefon geklingelt und eine Headhunterin<br />

ihm die Stelle bei der Oettinger Davidoff AG<br />

angeboten. «Als Basler und Zigarrenliebhaber<br />

konnte ich nicht Nein sagen.»<br />

Mitarbeitergesundheit im Fokus<br />

Mittlerweile hat sich Antonio Maiolino beim Zigarrenhersteller<br />

eingelebt. «Ich bin angekommen,<br />

obschon ich unsere Produktionsstätten in der<br />

Dominikanischen Republik und Honduras noch<br />

nicht besucht habe.» Das werde er nachholen,<br />

sobald das Reisen wieder möglich sei. Denn Corona<br />

hält auch das Familienunternehmen und den <strong>HR</strong>-<br />

Chef auf Trab. «Nach einem guten Start ins Jahr<br />

2020 hat die Pandemie das Geschäftsjahr erheblich<br />

beeinträchtigt», sagt Maiolino. Dank effektivem<br />

Krisenmanagement, einer besseren als erwarteten<br />

Geschäftsentwicklung in der zweiten<br />

Jahreshälfte sowie einer starken Zunahme im<br />

digitalen Kundenengagement konnte Oettinger<br />

Davidoff ihre Führungsposition im Premium-<br />

Zigarren geschäft weiter ausbauen und trotz<br />

schwieriger Ausgangssituation eine deutliche<br />

Erholung herbeiführen.<br />

Als positiv bilanziert der oberste Personaler auch,<br />

dass nur wenige Oettinger-Davidoff-Mitarbeitende<br />

an Corona erkrankt seien und glücklicherweise<br />

ohne schwere Verläufe. «Wir setzten die<br />

BAG-Richtlinien auch umgehend in den Produktionsstandorten<br />

um und wurden in Honduras für<br />

unsere vorbildlichen Schutz- und Hygienemassnahmen<br />

gar medial gelobt.» Die Gesundheit der<br />

Mitarbeitenden sei vor allem in Lateinamerika ein<br />

Thema: «Die medizinische Grundversorgung ist<br />

dort keine Selbstverständlichkeit. Deshalb engagiert<br />

sich Oettinger Davidoff seit Jahren in diesem<br />

Bereich.» Was das bedeutet? «In den beiden Produktionsstätten<br />

in Honduras und der Dominikanischen<br />

Republik stehen unseren Mitarbeitenden<br />

und deren Familienmitgliedern diverse medizinische<br />

Dienste zur Verfügung. Zusätzlich übernehmen<br />

wir die Arztkosten, wenn dies benötigt wird.»<br />

Gegen den Fachkräftemangel<br />

Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden<br />

liegt Antonio Maiolino wie auch der Unternehmensleitung<br />

am Herzen. «In unseren Davidoff<br />

Academy Online-Trainings schulen wir die Zigarrenkompetenz<br />

unserer Mitarbeitenden und Handelspartner<br />

– von der Herstellung und Qualität<br />

unserer Premium-Zigarren bis hin zu deren Verkauf.»<br />

In den Kompetenzzentren in Honduras und<br />

der Dominikanischen Republik werden zudem<br />

sogenannte «Master Blender» ausgebildet: «Diese<br />

Mitarbeitenden sind massgeblich an der Zigarren-<br />

Kreation und der Bestimmung der Tabakmischungen<br />

unserer handgemachten Premium-Zigarren<br />

beteiligt.»<br />

Auch am Basler Davidoff-Hauptsitz beschäftigt<br />

sich Antonio Maiolino intensiv mit der Führungsund<br />

Mitarbeitendenentwicklung: «Ein Unternehmen,<br />

das Mitarbeitende intern fördert, muss keine<br />

neuen suchen. Das wird je länger je wichtiger, weil<br />

sich der Fachkräftemangel zuspitzt.» Beklagen<br />

kann sich der oberste Personaler nicht über einen<br />

Mitarbeitendenmangel: «Rekrutieren ist in der<br />

Zigarrenbranche nicht schwieriger als in anderen<br />

Branchen», sagt Maiolino. Vielmehr sei es im heutigen,<br />

stark regulierten Umfeld eine Herausforderung,<br />

Zigarren regelkonform zu vermarkten und<br />

zu vertreiben.<br />

Die Digitalisierung macht auch vor dem <strong>HR</strong> des<br />

Traditionsbetriebs Oettinger Davidoff nicht Halt:<br />

«Derzeit implementieren wir am Basler Hauptsitz<br />

und in den Schweizer Läden ein effizienteres Zeitmanagement-Tool.<br />

«Ein neues Recruiting-Tool ist<br />

ebenfalls in Planung.» Damit liessen sich <strong>HR</strong>-Routinetätigkeiten<br />

effizienter gestalten und mehr Zeit<br />

in qualitative Aufgaben investieren: Beispielsweise<br />

in die Evaluation künftig erforderlicher Skills und<br />

Mindsets. Ebenso möchte Maiolino mehr <strong>HR</strong>-Aufgaben<br />

delegieren: «Vom SAP-Anwenderproblem<br />

bis hin zu grossen Investitionen läuft noch zu viel<br />

über mein Pult. Das soll sich ändern.» a<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

10


KURZ UND BÜNDIG<br />

AKTUELL<br />

Porträt<br />

RAUCHER ODER<br />

NICHTRAUCHER?<br />

Ich bin ein Zigarrengeniesser in guter Gesellschaft,<br />

der abgesehen davon nicht raucht.<br />

Fashion oder Tabak?<br />

Ich liebe beides und kann das bei uns im<br />

Unternehmen bestens miteinander verbinden.<br />

Jäger oder<br />

Sammler?<br />

Fliegenfischer. Seit meinem zwanzigsten Lebensjahr<br />

fröne ich diesem Hobby und geniesse die<br />

ruhigen Stunden an meinem Sehnsuchtsort, dem<br />

Flussufer des Doubs im Jura. Die Faszination dafür<br />

hat mich bis heute nicht losgelassen.<br />

EINZELGÄNGER<br />

ODER TEAMWORK?<br />

Seit jeher Teamwork. Ob im Sport beim Handball<br />

oder im Arbeitsalltag. Etwas allein zu tun, macht<br />

keinen Spass.<br />

Meine grösste Extravaganz?<br />

Mein Pick-up-Truck. Diesen habe ich mir fürs Fliegenfischen gekauft,<br />

aber auch um Holz in mein Atelier zu transportieren, das ich zum Möbelschreinern<br />

brauche.<br />

Das Video-Interview mit Antonio Maiolino:<br />

hrtoday.ch<br />

Anzeige<br />

eine von vielen erkenntnissen aus der randstad employer brand studie 20<strong>21</strong>:<br />

hochqualifizierte suchen<br />

bei ihrem arbeitgeber<br />

fairness statt maximierung.<br />

hier studie<br />

kostenlos<br />

herunterladen:<br />

Bei der Wahl ihres Arbeitgebers<br />

achten 73 % der Hochqualifizierten<br />

auf faire Job-Rahmenbedingungen. Für<br />

über 60% sind aber ebenso inhaltliche<br />

Aspekte wie interessante Aufgaben und<br />

Zukunftsperspektiven entscheidend.<br />

Weitere interessante Erkenntnisse<br />

finden sich in der aktuellen Randstad<br />

Employer Brand Studie.<br />

randstad.ch/studie<br />

human forward.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

11


PEOPLE<br />

Im Gespräch<br />

«PERFEKTIONISMUS IST<br />

EHER HINDERLICH»<br />

MANAGERINNEN UND MANAGER BERATEN AFRIKANISCHE UNTERNEHMENDE IM AUFTRAG DES NON-PROFIT-UNTERNEH-<br />

MENS MANAGER OHNE GRENZEN UND TRAGEN DAZU BEI, ARBEITSPLÄTZE SOWIE EINKOMMEN IN AFRIKA ZU SCHAFFEN.<br />

EIN GESPRÄCH MIT GRÜNDERIN HELENE PRÖLSS UND PROJEKTMITARBEITERIN BRITTA CAMEN.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

Sie sind Gründerin der Organisation Manager ohne Grenzen, einem<br />

sozialen Unternehmen, das die Armut in Afrika reduzieren will. Hierfür<br />

vermitteln Sie Managerinnen und Manager an afrikanische Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer. Wie geht dieser Prozess vonstatten?<br />

Helene Prölss: Wir ermitteln zunächst den Hilfsbedarf eines Firmeninhabers,<br />

analysieren dessen Problem und bestimmen, welche Managerin<br />

oder welcher Manager am besten Hand bieten kann. Manager ohne<br />

Grenzen versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe, indem ausgewiesene Fachkräfte<br />

afrikanische Unternehmende beim Auf- und Ausbau ihrer Firmen<br />

beraten und dadurch zur Entwicklung des Kontinents beitragen. Wir<br />

beraten online vom heimischen Schreibtisch aus sowie vor Ort und pflegen<br />

einen respektvollen Umgang miteinander. Es geht keinesfalls darum,<br />

dass wir als Weisse sagen, was afrikanische Unternehmer tun müssen.<br />

ES GEHT KEINESFALLS DARUM,<br />

DASS WIR ALS WEISSE SAGEN,<br />

WAS AFRIKANISCHE<br />

UNTERNEHMER TUN MÜSSEN.<br />

HELENE PRÖLSS<br />

Wer für Manager ohne Grenzen beraten will, muss sich bewerben.<br />

Was tun Sie, um auf Ihre Organisation aufmerksam zu machen?<br />

Prölss: Viele finden über unser Netzwerk, durch die Medien oder über<br />

Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Wer sich engagieren will, muss sich<br />

zunächst bewerben und vorstellen. Mit Menschen in Low-Income-Ländern<br />

zusammenzuarbeiten, ist anders, als sich eine Zusammenarbeit in wirtschaftlich<br />

starken Ländern gestaltet. Deshalb schicken wir unsere Aspirantinnen<br />

und Aspiranten in einen dreiteiligen Kurs. In diesem setzen sie<br />

sich damit auseinander, was moderne Entwicklungshilfe bedeutet, wie<br />

sich die afrikanische Kultur von der westlichen unterscheidet und was es<br />

bedeutet, mit Partnern in Armutsgebieten zu kooperieren.<br />

Frau Camen, Sie haben während einer beruflichen Auszeit an einem<br />

der Projekte von Manager ohne Grenzen mitgewirkt. Weshalb?<br />

Britta Camen: Ich befand mich gerade in einer Orientierungsphase<br />

zwischen zwei Jobs und wollte die Zeit nutzen, mich gesellschaftlich zu<br />

engagieren. Dafür wollte ich meine Erfahrungen nutzen, die ich während<br />

zweieinhalb Jahren in Südafrika als Marketing Director in einem internationalen<br />

Konzern und während eines halbjährigen Auslandsaufenthalts<br />

in Senegal gesammelt hatte. Der Grundanspruch, mit Menschen aus der<br />

Geschäftswelt Armut zu bekämpfen und lokale Start-ups und KMU zu<br />

fördern, hat mir gefallen, weil dadurch Arbeitsplätze entstehen sowie<br />

Absatzmärkte für Produkte. Das generiert Einkommen für viele Familien.<br />

Das Schöne ist, dass ich auch aus der Ferne mit Onlineberatungen dazu<br />

beitragen kann, dass sich die Lebensbedingungen einer Gemeinschaft<br />

verbessern.<br />

Wie kam das Projekt zustande und was beinhaltete es?<br />

Camen: Den Anstoss gab der Chief einer Dorfgemeinschaft, der die<br />

Lebensbedingungen seiner Gemeinschaft verbessern wollte. Bevor wir<br />

in Sambia tätig wurden, gab es schon ein Projekt, das in einem 120-seitigen<br />

Dokument mündete. Viel davon wurde aber nicht umgesetzt. Durch<br />

eine Anfrage des Dorfchefs an Manager ohne Grenzen kam ich zum<br />

Projekt. Über unsere Whatsapp-Gespräche wurde bald klar, dass die<br />

Eigenversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten nebst der Gesundheit<br />

und Bildung oberste Priorität geniesst. Aufgrund dieser Erkenntnisse<br />

erstellten wir einen Businessplan, um die Versorgungssicherheit zu stei­<br />

Anzeige<br />

Das i-Tüpfelchen in Ihrem Mediaplan:<br />

• reichweitenstark und trotzdem zielgruppenfokussiert<br />

• CV-Datenbank mit Matchingtool «QualiProfil»<br />

• Social Media-, Partnernetzwerk- und Fachpresse-Präsenz<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

VON FACHLEUTEN FÜR FACHLEUTE: Informatik & Telekommunikation, Medien, Kommunikation, Marketing<br />

12


Im Gespräch<br />

PEOPLE<br />

FOTOS: ZVG<br />

gern, den Handel zu fördern und damit Einkommen zu generieren. Ich<br />

beteiligte mich im Landwirtschaftsbereich und half beim Aufbau einer<br />

zwei Hektar grossen Demo-Farm für Lern- und Trainingszwecke. Mittlerweile<br />

wird dort mit diversifizierten Anbauprogrammen experimentiert,<br />

um die Ernährung auch in schlechten Erntejahren sicherzustellen. Beispielsweise,<br />

indem zeitgleich Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen angebaut<br />

und auf natürliche Art gedüngt werden. Im Dezember 2020 wurden<br />

erste Setzlinge gepflanzt, bis Juni 20<strong>21</strong> erstellten wir einen Businessplan.<br />

Nun geht es darum, die Geschäftsbeziehungen zwischen den Dorfbewohnern<br />

und den Verarbeitern voranzutreiben.<br />

Was waren besondere Herausforderungen?<br />

Camen: In einem Konzern hat man alle möglichen <strong>Werkzeuge</strong> wie Excel<br />

oder Projektmanagement-Software. Im Chiefdom gab es dagegen nicht<br />

mal einen funktionierenden Laptop. Um miteinander zu kommunizieren,<br />

mussten wir einen anderen Weg finden. Weil die Menschen im Dorf<br />

Handys besitzen, schalteten wir die Kamera über Whatsapp an, so konnten<br />

wir trotzdem Präsentationen abhalten. Auch mit Businessmodellen<br />

konnten die Menschen vor Ort nichts anfangen. Deshalb habe ich diese<br />

vereinfacht und mich bemüht, mich klar und deutlich auszudrücken.<br />

Etwa, indem ich den Chief fragte, wie er seine Farm organisieren und<br />

die Produkte vor Ort verkaufen möchte. Plötzlich sprudelten die Ideen.<br />

Mit der Beantwortung jeder Frage hat sich ein Puzzlestück an das andere<br />

gefügt. Dieses Vorgehen hat mich darin bestätigt, dass man mit Flexibilität<br />

und Beharrlichkeit viel erreicht. Perfektionismus ist in einem solchen<br />

Umfeld eher hinderlich. Alles in Excel-Sheets und Projektmanagement-<br />

Tools festzuhalten, funktioniert nicht.<br />

Wie hoch war der Zeitaufwand?<br />

Camen: Die ersten beiden Monate arbeitete ich unentgeltlich fast Vollzeit<br />

am Projekt. Manchmal wählte ich mich sogar am Wochenende per<br />

Whatsapp ein. Als wir dabei waren, die Businesspläne zu erstellen, wurde<br />

mein Zeitaufwand geringer. Während dieser Phase arbeitete ich etwa<br />

zwei Tage pro Woche für Manager ohne Grenzen.<br />

Woran werden Sie sich noch lange erinnern?<br />

Camen: Dass man solche Projekte virtuell vorantreiben kann und trotz<br />

aller Einschränkungen Wege findet, um diese zu bewerkstelligen, auch<br />

wenn man nicht persönlich vor Ort ist. Beeindruckt hat mich auch die<br />

Haltung des Chiefs, der im Dorf wie eine königliche Hoheit angesprochen<br />

wird und in einem Palast wohnt – einer grösseren Rundhütte. Das hat<br />

zwar wenig mit königlichen Verhältnissen in Europa zu tun, ein Chief wird<br />

aber als Respektsperson betrachtet, die man um eine Audienz bittet. Er<br />

bestimmt auch, was in der Gemeinschaft geschieht. Ohne seinen roten<br />

Stempel und seine Unterschrift haben Dokumente keine Gültigkeit. Diese<br />

kulturellen Gegebenheiten muss man erst verstehen und respektieren.<br />

Das funktioniert erstaunlicherweise sogar online. Nimmt man diese<br />

Unterschiede nicht wahr, kann man viel kaputt machen, ohne sich dessen<br />

bewusst zu sein. <br />

a<br />

MANAGER OHNE GRENZEN<br />

Die Stiftung ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das von Helene<br />

Prölss gegründet wurde. Die Organisation vermittelt Managerinnen<br />

und Manager an Unternehmern in Armutsgebieten, um durch<br />

Beratungen und Coachings mittelständische Unternehmen in diesen<br />

Gebieten auf- und auszubauen. Dafür spenden Managerinnen<br />

und Manager Zeit und Wirtschaftswissen. Um Führungskräfte auf<br />

ihren Einsatz vorzubereiten, absolvieren diese einen dreiteiligen<br />

Kurs. Gefragt sind Fachkräfte aus allen Bereichen: etwa Marketing,<br />

Personal, Finanzen und Organisationsentwicklung.<br />

managerohnegrenzen.de<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

13


PEOPLE<br />

Sesselrücker<br />

SESSELRÜCKER<br />

Seit dem 1. Juni 20<strong>21</strong> ist Tanja Santner-Steinebrunner Head<br />

of <strong>HR</strong> der Firma Aveniq, die aus dem Zusammenschluss von<br />

Avectris und GIA Informatik entstand. Gleichzeitig wird Santner-<br />

Steinebrunner Mitglied der Geschäftsleitung. In den vergangenen<br />

fünf Jahren war sie bereits <strong>HR</strong>-Leiterin der Avectris und<br />

verfügt in der IT-Branche über zehn Jahre Erfahrung in leitenden<br />

<strong>HR</strong>-Führungspositionen.<br />

Silvan Winkler ist seit dem 1. Juli 20<strong>21</strong> Leiter Diagnostik<br />

und Projekte beim Personalberater Jörg<br />

Lienert AG. Davor war er Senior Manager bei der<br />

Avenir Group AG. Die Jörg Lienert AG ist auf die<br />

Suche und Selektion von Fachpersonen und Führungskräfte<br />

spezialisiert.<br />

Seit dem 1. Juli 20<strong>21</strong> ist Esther Maria Loidl Chief<br />

Human Resources Officer der Freudenberg SE. Sie<br />

trägt die globale Verantwortung des Personalressorts<br />

und ist so auch für die Mitarbeitenden der<br />

zwei Zürcher Standorte zuständig. Loidl ist seit<br />

2017 im Unternehmen tätig.<br />

Carolyn Schlak ist seit dem 1. Mai 20<strong>21</strong> Chief People<br />

Officer bei der Kommunikationsagentur Serviceplan<br />

Group. Zuvor war Schlak unter anderem<br />

als <strong>HR</strong> Consultant und Business Coach selbstständig.<br />

Die Serviceplan Group ist in 16 Ländern tätig,<br />

darunter auch in der Schweiz mit der Serviceplan<br />

Suisse in Zürich.<br />

Seit dem 1. Juni 20<strong>21</strong> ist Matthias Berchtold Leiter<br />

Personal, Qualitätsmanagement & Services<br />

sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei der Sanacare<br />

AG. Er kommt von der swisspro Group, wo er<br />

Personalleiter und zuletzt Leiter <strong>HR</strong>-Entwicklung<br />

& Fachsupport war. Davor war Berchtold Head <strong>HR</strong><br />

und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Tom<br />

Talent Holding AG.<br />

Wer hat wann und wo eine neue Stelle angetreten? Das erfahren Sie hier. Weitere Sesselrücker finden Sie auf hrtoday.ch<br />

Haben Sie die Stelle gewechselt? Schicken Sie uns ein E-Mail: redaktion@hrtoday.ch<br />

Anzeige<br />

Bereit für<br />

übermorgen?<br />

Erfolgreich zeit- und ortsunabhängig<br />

studieren dank nur 20 % Präsenzzeit und<br />

enger fachlicher Betreuung.<br />

MSc Business Administration<br />

Executive Master of Business Administration<br />

MAS Arbeit 4.0<br />

MAS Wirtschaftspsychologie<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Mehr Informationen unter ffhs.ch<br />

Zürich | Basel | Bern | Brig<br />

14


2. SWISS <strong>HR</strong> AWARD IM GLEIS 9 IN OERLIKON<br />

STIMMUNGSVOLLE<br />

PREISVERLEIHUNG<br />

ÜBER 40 PROJEKTE WURDEN FÜR DEN SWISS <strong>HR</strong> AWARD EINGEREICHT.<br />

DARAUS HAT DIE JURY PRO KATEGORIE ZWEI PROJEKTE NOMINIERT, ÜBER DIE<br />

ONLINE ABGESTIMMT WERDEN KONNTE. INSGESAMT GINGEN 10 000 ONLINE-<br />

VOTES EIN. WER AM ENDE GEWONNEN HAT, ZEIGT DER RÜCKBLICK AUF DIE<br />

AWARD-VERLEIHUNG.<br />

«Die härteste Jury<br />

der Welt hat entschieden»,<br />

eröffnete<br />

Jurypräsident<br />

Jörg<br />

Buckmann am<br />

1. Juli 20<strong>21</strong> die<br />

Swiss <strong>HR</strong> Award-<br />

Verleihung. Gemeint<br />

war damit die <strong>HR</strong> Community,<br />

die 10 000 Online-<br />

Stimmen für insgesamt<br />

acht eingereichte <strong>HR</strong>-Projekte<br />

abgegeben hatte und daraus vier<br />

Sieger erkor. Dass die Verleihung coronabedingt<br />

nicht wie vorgesehen am <strong>HR</strong> Festival europe, sondern an einem separaten Anlass im Restaurant<br />

Gleis 9 in Oerlikon stattfand, tat der Stimmung der rund vierzig Teilnehmenden keinen<br />

Abbruch. Die Spannung war deutlich spürbar, als Vertreter der 15-köpfigen Jury nacheinander<br />

Couvert für Couvert auf der Bühne öffneten und die Sieger bekannt gaben. Gewonnen haben:<br />

Evrlearn in der Kategorie Ausbildung<br />

und Entwicklung, die Raiffeisen<br />

Schweiz im Bereich Kultur<br />

und Wandel. Lohncheck Pro<br />

erhielt den Preis in der<br />

Kategorie Personaldienstleistung<br />

und Beratung<br />

und Kollabo in der Kategorie<br />

Start-up.<br />

Ein Spezialpreis ging<br />

zudem in diesem Jahr<br />

an die <strong>HR</strong>-Mitarbeitenden<br />

aus Hotellerie und<br />

Gastronomie, den Nicole<br />

Brändle-Schlegel, Leiterin<br />

Arbeit, Bildung und<br />

Politik von Hotelleriesuisse<br />

gemeinsam mit ihrem<br />

Kollegen Michael Siebenmann,<br />

Leiter Marketing bei<br />

Gastrosuisse, entgegennahm.<br />

«Es ist aller Ehren wert,<br />

was die Kolleginnen und Kollegen<br />

in diesen Branchen in den letzten<br />

Monaten geleistet haben», sagt Buckmann. «Trotz Betriebsschliessungen für die Mitarbeitenden<br />

da zu sein, den hektischen Alltag zu meistern und dennoch die Zukunft zu planen und Zuversicht<br />

auszustrahlen.» Der Abend endete zuversichtlich: «Die Solidarität der Bevölkerung mit der Hotelund<br />

Gastrobranche war während der Pandemie deutlich spürbar», sagten abschliessend Brändle-<br />

Schlegel und Siebenmann. (cp)<br />

<strong>HR</strong>, Lohnbuchhaltung<br />

und<br />

Zeiterfassung in<br />

einer Software<br />

Die effiziente Gesamtlösung<br />

für das Personalwesen<br />

Abacus Forum<br />

Zeiterfassung<br />

01.09.20<strong>21</strong>,<br />

virtueller Event<br />

Anmeldung:<br />

abacus.ch/foren<br />

Ihr Nutzen<br />

Human Resources<br />

Lohnbuchhaltung<br />

Zeiterfassung<br />

Unsere Module im Personalbereich<br />

bieten innovative Lösungen für ein<br />

effizientes <strong>HR</strong>-Management. Sie umfassen<br />

Rekrutierung, Employee Self<br />

Service (ESS/MSS), Personaldossier,<br />

Einsatzplanung, Vergütungsmanagement,<br />

branchenspezifische Lohnbuchhaltungen<br />

sowie die integrierte<br />

Erfassung von Arbeitszeit, Absenzen,<br />

Spesen und vieles mehr.<br />

Weitere Informationen<br />

finden Sie unter:<br />

abacus.ch/personal<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

15


PEOPLE<br />

Afterwork<br />

CHANCEN GEBEN<br />

UND CHANCEN NUTZEN<br />

IM FORMAT «AFTERWORK» VERRATEN UNS <strong>HR</strong>-FACHLEUTE PRIVATE UND BERUFLICHE VORLIEBEN – DIESES MAL GABI RUST,<br />

DIE SICH IM ALTERSZENTRUM RUBISWIL IN IBACH MIT VIEL FREUDE FÜ<strong>HR</strong>UNGSAUFGABEN UND PROJEKTARBEITEN WIDMET.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

Gabi Rust,<br />

Alterszentrum Rubiswil, Ibach<br />

Leitung <strong>HR</strong>-Administration<br />

1. Mein<br />

Sehnsuchtsort<br />

in der Schweiz<br />

Meine Heimat, der Talkessel von Schwyz. Berge, Seen<br />

und ein abwechslungsreiches Angebot an Freizeitaktivitäten<br />

sowie kulturelle Anlässe machen den Kanton<br />

Schwyz perfekt zum Leben und Arbeiten.<br />

2. Diese<br />

Künstler<br />

mag ich besonders<br />

Da ich gerne lache und ein fröhlicher, positiver Mensch bin, mag<br />

ich den Humor des Cabaret Divertimento. Die Gestik und Mimik<br />

der beiden Komiker sind sensationell. Musikalisch bin ich ein Fan<br />

von Kunz und dessen kleinen, feinen Konzerten. Ich freue mich,<br />

bald wieder Theater und Konzerte geniessen zu können, und<br />

darauf, dass die Normalität für Künstlerinnen und Künstler langsam<br />

wieder einkehrt.<br />

F o<br />

t o<br />

: W i k m e d i a C o m m o n s , M i c h i H u s e r<br />

4. DIESE<br />

Tätigkeiten<br />

SCHÄTZE ICH IM <strong>HR</strong><br />

Es gibt fast nichts, das ich in meiner Funktion als Leiterin<br />

<strong>HR</strong>-Administration nicht gerne mache. Besonders Freude<br />

bereiten mir Führungsaufgaben, die Optimierung und Entwicklung<br />

neuer <strong>HR</strong>-Prozesse, Projektarbeiten und die beratende<br />

Begleitung von Mitarbeitenden.<br />

3. MEIN<br />

LIEBLINGS-<strong>HR</strong>-TOOL<br />

Wir arbeiten im <strong>HR</strong> mit relativ bescheidenen Mitteln. Dank unseren<br />

selbst entwickelten Hilfsmitteln sind wir dennoch professionell unterwegs.<br />

Aufgrund eines nicht vorhandenen Personalinformations-Systems<br />

nutzen wir Excel-Listen (Pivot-Tabellen). Die Grunddaten ziehen<br />

wir aus unserem Personaleinsatz-Planungs-Tool (Polypoint) oder aus<br />

den Grunddaten des Lohnsystems der Gemeinde. Gute Strukturen<br />

und klar definierte Prozesse sind dafür eine Voraussetzung. Mein<br />

wichtigstes «<strong>HR</strong>-Tool» ist aber kein Tool, sondern mein Admin-Team.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

16


F o<br />

5. Mein<br />

bevorzugtes<br />

Hobby<br />

Auf Bergtouren oder mit dem Bike mit meinem<br />

Partner, der Familie oder Freunden unterwegs zu<br />

sein, macht mir viel Freude. So tanke ich Energie<br />

für meine beruflichen Herausforderungen.<br />

t o<br />

6. Dort<br />

geniesse ich<br />

Kulinarik<br />

In der Umgebung von Schwyz gibt es zahlreiche<br />

kulinarische Angebote. Ich mag es einfach,<br />

unkompliziert und gemütlich, beispielsweise beim<br />

Business-Lunch im Restaurant Erlen in Ibach,<br />

beim Afterwork-Apéro mit meinem <strong>HR</strong>-Team<br />

oder mit Freunden im Bistro Bären in Schwyz.<br />

Ganz im Sinne: Das Gute liegt so nah.<br />

: S w<br />

i<br />

t z e<br />

r l a n d T o u r i s m<br />

7. Diesen Titel sollte ein Porträt von mir tragen<br />

Chancen geben und Chancen nutzen: Als junge Mutter mit drei kleinen Kindern<br />

konnte ich vor über zwanzig Jahren beruflich wieder einsteigen. In meinem Berufsleben<br />

hatte ich immer wieder Vorgesetzte, die mir vertrauten und mir ermöglichten,<br />

mich zu entwickeln. Dank einem guten Privatumfeld, persönlichem Ehrgeiz und<br />

meinem Willen habe ich vieles erreicht und arbeite heute in meinem Traumberuf.<br />

Egal in welcher Lebenssituation jemand ist, als Menschen mit Beeinträchtigung,<br />

Flüchtling oder jemand, der nach langer Krankheit an den Arbeitsplatz zurückkehrt<br />

– alle sollten in der Wirtschaft integriert werden. Dafür braucht es das richtige<br />

Umfeld, die nötigen Ressourcen und eine entsprechende Unternehmenskultur: Das<br />

leben wir im Alterszentrum Rubiswil.<br />

8. MEIN<br />

LIEBLINGSBUCH<br />

Ich habe nicht ein, sondern mehrere Lieblingsbücher. Die<br />

Liste wechselt häufig. Aktuell sind es «Homo Deus» von<br />

Yuval Noah Harari und «Die 1%-Methode. Minimale Veränderung,<br />

maximale Wirkung» von James Clear.<br />

9. MEINE GRÖSSTE<br />

Extravaganz<br />

Ab und zu eine klassische Oper in einem renommierten<br />

Opernhaus mitzuverfolgen.<br />

10. Mein Kindheits-Traumberuf<br />

An einen Traumberuf erinnere ich mich nicht. Es war für mich aber klar, eine kaufmännische<br />

Lehre zu absolvieren. Meine Lehrzeit bei der Victorinox hat mich sehr geprägt. Damals sprach<br />

zwar noch niemand von Diversität und Inklusion, bei der Inhaberfamilie Elsener wurde das<br />

aber schon gelebt. Deshalb ist es für mich umso bereichernder, heute in einer Firma zu arbeiten,<br />

die Menschen ermöglicht, ihre Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen und so einen<br />

Beitrag zum Wohl unserer Bewohnenden zu leisten.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

17


SWISS <strong>HR</strong> AWARD 20<strong>21</strong><br />

WINNERS<br />

1. Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />

2. Was sind Ihre nächsten Ziele?<br />

3. Wie schöpfen Sie und Ihr Team Inspiration?<br />

4. Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />

RAIFFEISEN SCHWEIZ<br />

KULTUR & WANDEL<br />

1. Der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards freut uns enorm. Wir sehen uns dadurch bestätigt,<br />

unseren eingeschlagenen Weg mit dem «TransformationTRAIL» voranzutreiben. Der<br />

Award ist zudem eine Anerkennung der Leistung unseres Projektteams und motiviert<br />

dieses für den weiteren Projektverlauf.<br />

2. Nach der erfolgreichen Lancierung des «TransformationTRAIL» möchten wir unseren<br />

Transformationsbeitrag auch bei den Raiffeisenbanken leisten. Unsere Gruppenstrategie<br />

«Raiffeisen 2025» sieht dabei vor, dass wir die innovative Genossenschaftsbank<br />

werden.<br />

3. Unsere Projektmitarbeitenden sind neugierig und lassen sich vom Markt inspirieren.<br />

Zudem geben sie ihr Wissen innerhalb des Teams weiter. Wir sind überzeugt, dass jedes<br />

einzelne Teammitglied einen wertvollen Beitrag leistet. Nach dem Motto: Wir als<br />

Ganzes sind mehr als die Summe der einzelnen Mitarbeitenden.<br />

4. Wir sehen, dass <strong>HR</strong> in den laufenden Transformationsprozessen strategisch noch<br />

relevanter wird. Es gestaltet eine Organisation strategisch mit und begleitet Menschen<br />

auf dem Weg der Veränderung. Für <strong>HR</strong> ist es deshalb essenziell, eine Vision zu haben,<br />

wie die künftige Organisation unter Einbezug von neuen Businessmodellen und Arbeitswelten<br />

aussehen soll. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, muss <strong>HR</strong> ausserdem<br />

die Chancen der Digitalisierung nutzen und dadurch seine Effizienz weiter erhöhen.<br />

EVRLEARN<br />

AUSBILDUNG & ENTWICKLUNG<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

1. Für ein kleines Start-up ist der Gewinn eines solchen Awards ein Meilenstein und<br />

Lohn für schweisstreibende Arbeit und die emotionale Achterbahnfahrt als Unternehmer.<br />

Das Besondere ist das gemeinsame Urteil der Jury und der Community. Wir sind<br />

stolz über diesen fachlichen «Ritterschlag» und den grossen Anklang in der Community.<br />

2. Wir wachsen stark und investieren deshalb in den Ausbau des Weiterbildungsangebots,<br />

in AI-basiertes Matching von Menschen mit der passenden Weiterbildung<br />

und in ein erweitertes Angebot für Unternehmen. Ausserdem expandieren<br />

wir noch in diesem Jahr. Unser Ziel: Evrlearn international als die zentrale Plattform für<br />

«lebenslanges Lernen» zu etablieren.<br />

3. Als kleines Team sind wir von einem grossen Netzwerk abhängig, mit dem wir zusammenarbeiten.<br />

Das sind internationale Experten, Unternehmerinnen, aber auch<br />

unsere Kunden. Diese unterstützen uns mit Know-how und liefern Inspiration.<br />

4. Die Personalarbeit der Zukunft sollte sich an den Möglichkeiten und Erfordernissen<br />

der Zukunft orientieren und gleichzeitig menschenzentriert und persönlich sein. Die<br />

Digitalisierung von Tätigkeiten, die emotionale oder persönliche Aspekte beinhalten,<br />

sehen wir indes skeptisch. Nicht alles, was technologisch möglich ist, macht auch Sinn.<br />

18


LOHNCHECK PRO<br />

<strong>HR</strong>-DIENSTLEISTUNGEN & BERATUNG<br />

1. Der Swiss <strong>HR</strong> Award ist eine Wertschätzung unserer Arbeit und generiert auch eine<br />

wichtige Aussenwirkung. So bestätigt er, dass wir eine gute Lösung bieten, um die<br />

Marktgerechtigkeit von Löhnen zu überprüfen.<br />

2. Wir planen den Austausch mit Investoren, um unsere Lösung auf dem internationalen<br />

Markt zu lancieren.<br />

3. Unser Team besteht aus passionierten <strong>Tech</strong>nologie-Enthusiasten. Wenn wir durch<br />

neue technologische Möglichkeiten Lösungen erarbeiten können, kommen die Ideen<br />

praktisch von allein. Wir müssen uns ehrlicherweise öfters zurückhalten, damit wir unseren<br />

Fokus nicht verlieren und uns nicht aufgrund neuer Ideen verzetteln.<br />

4. Dass die Personalarbeit als zentrale Aufgabe in einem Unternehmen gesehen wird.<br />

Gerade die Covid-19-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig gute Mitarbeitende<br />

und eine funktionierende Firmenkultur sind.<br />

KOLLABO<br />

START-UP<br />

1. Der Award ist eine grosse Ehre und ein Zeichen der Wertschätzung. Zusätzlich bestätigt<br />

er, dass die Personalbranche im Bausektor innoviert werden muss und wir mit<br />

unserem kollaborativen Ansatz auf dem richtigen Weg sind, etwas dazu beizutragen.<br />

2. Wir wollen Kollabo stetig entwickeln und verbessern. Konkret heisst das: Kandidatinnen<br />

und Kandidaten schneller zur passenden Stelle verhelfen, zusätzliche Personaldienstleister<br />

für unseren Service gewinnen und den Prozess weiter digitalisieren. Auch<br />

nach Deutschland zu expandieren, ist eines unserer Ziele.<br />

3. Eine grosse Inspirationsquelle ist der Austausch mit anderen Unternehmen, vor allem<br />

Start-ups. Da diese mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen, sind solche Unterhaltungen<br />

bereichernd. Zudem inspiriert und spornt uns auch die enge Zusammenarbeit<br />

mit unseren Nutzern an.<br />

4. Unsere Vision ist eine transparente und effiziente Personalarbeit. Digitalisierung und<br />

automatisierte Prozesse sind wichtige Begleiter auf unserem Weg dorthin. Dank ihnen<br />

wird viel Zeit frei, die für das Essenzielle eingesetzt werden kann: den Menschen. Er soll<br />

bei der Jobsuche besser betreut und unterstützt werden.<br />

SONDERPREIS<br />

HOTELLERIESUISSE & GASTROSUISSE<br />

Was bedeutet Ihrer Branche der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />

Hotelleriesuisse: Dieser Award zeigt, dass die Branche und ihre Möglichkeiten besser<br />

sind als ihr Ruf. Gerade in der Hotellerie gibt es zahlreiche Führungskräfte und <strong>HR</strong>-Verantwortliche,<br />

die trotz Corona-Pandemie kreative, innovative und zukunftsgerichtete<br />

Konzepte entwickeln, um Mitarbeitende zu fördern und zu halten. Dieser Preis gilt stellvertretend<br />

für all diejenigen, die sich täglich dafür einsetzen, dass die Mitarbeitenden in<br />

unserer Branche Perspektiven haben.<br />

Gastrosuisse: Der Award und die damit verbundene Würdigung ist für uns ein Zeichen<br />

des Respekts gegenüber den Gastronominnen und Gastronomen, die in den letzten<br />

18 Monaten eine enorm schwierige Zeit erlebten. Es macht Mut zu sehen, dass viele<br />

Unternehmen alles daran setzen, ihre Teams möglichst zusammenzuhalten, um den<br />

Mitarbeitenden berufliche Sicherheit und eine Perspektive bieten zu können. Gerade<br />

für kleinere Betriebe ohne <strong>HR</strong>-Abteilung ist das eine herausfordernde Aufgabe. Dass<br />

dies nun mit dem Swiss <strong>HR</strong> Award honoriert wird, ist ein schönes Zeichen.<br />

Was sind in Ihrer Branche personaltechnisch die nächsten Ziele?<br />

Gastrosuisse: Die Personalarbeit wird weiterhin stark gefordert sein, denn die Krise<br />

brachte erhebliche Verwerfungen mit sich. So ist erkennbar, dass viele Fachkräfte die<br />

Branche schon verlassen haben oder planen, dies zu tun. Dass möglichst viele von ihnen<br />

wieder für die Branche zurückgewonnen werden können, ist deshalb zentral. Die<br />

Erwartungen an moderne Arbeitsmodelle, die durch die Pandemie beschleunigt wurden,<br />

erschweren das natürlich. Vorstellungsgespräche über Zoom lassen sich realisieren,<br />

aber Homeoffice ist in der Gastronomie und Hotellerie keine Option. Somit gilt es,<br />

andere Anreize zu schaffen, damit eine entsprechende Karriere auch in Zukunft attraktiv<br />

bleibt.<br />

Hotelleriesuisse: Als Branchenverband muss ausserdem unser Ziel sein, dass wir<br />

Führungskräfte und <strong>HR</strong>-Verantwortliche noch stärker dafür sensibilisieren, wie in der<br />

heutigen Zeit mit der Ressource Mensch umgegangen werden soll. Dazu müssen wir<br />

konkrete, praxisorientierte Tipps, Hilfsmittel und Lösungen bereitstellen. Wir sind eine<br />

People-Branche. Das muss sich auch in der Wertschätzung und im Respekt gegenüber<br />

Mitarbeitenden und in entsprechenden Arbeitsbedingungen niederschlagen, ohne<br />

dabei die ökonomische Komponente aus den Augen zu verlieren.<br />

Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />

Hotelleriesuisse: In der Hotellerie wünschen wir uns einen verstärkten Fokus auf<br />

flexible Arbeitszeitmodelle, die auf dem Arbeitsmarkt als attraktiv wahrgenommen<br />

werden. Das hilft, Fachkräftepotenziale zu erschliessen. Zudem appelliere ich an Personalverantwortliche,<br />

laufend in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden zu<br />

investieren. Das ist die wirkungsvollste Massnahme, um der Branche eine erfolgreiche<br />

Zukunft zu sichern.<br />

Gastrosuisse: Was aus unserer Sicht unbedingt verhindert werden muss, ist eine «Hire<br />

& Fire»-Mentalität in der Gastrobranche. Die Personalentwicklung muss nachhaltiger<br />

werden. Weniger administrative Hürden wären zudem wünschenswert, gerade bei<br />

Mechanismen, die einen Stellenabbau verhindern sollen, wie beispielsweise Kurzarbeit.<br />

Wenn man über die aktuelle Krise hinausschaut, würden wir zudem eine einfachere<br />

und flexiblere Abwicklung der Stellenmeldepflicht begrüssen.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

19


©iStockphoto


SCHWERPUNKT:<br />

<strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />

BLICK IN DIE ZUKUNFT WARUM ALGORITHMEN NICHT ALLES SIND. 22<br />

BLOCKCHAIN IM <strong>HR</strong> ENTWICKLUNGEN UND TRENDS. 24<br />

PEOPLE ANALYTICS CHANCEN DURCH DATENGETRIEBENE <strong>HR</strong>-PROZESSE. 27<br />

SKILLS- UND TALENTMANAGEMENT WIE DIE DIGITALISIERUNG DIESES BEEINFLUSST. 30<br />

DIGITALES BGM WAS APPS ÜBER DIE COVID-19-PANDEMIE HINAUS BRINGEN. 32


SCHWERPUNKT<br />

<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

DUMME ALGORITHMEN<br />

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ UND MACHINE LEARNING WERDEN OFT IN EINEN TOPF GEWORFEN,<br />

SAGT DIGITAL-EXPERTE GERMAN RAMIREZ. DIE LEISTUNGEN DES MENSCHLICHEN GEHIRNS<br />

ERREICHEN DIESE NEUEN TECHNOLOGIEN NOCH LÄNGST NICHT.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

Sie setzen sich als digitaler Pionier seit<br />

25 Jahren mit neuen <strong>Tech</strong>nologien auseinander.<br />

Häufig fallen dabei die Stichworte<br />

«Machine Learning» und «künstliche Intelligenz».<br />

Was ist der Unterschied?<br />

German Ramirez: Machine Learning ist ein Prozess,<br />

bei dem ein Computer durch die Verarbeitung<br />

grosser Datenmengen Muster erkennt und<br />

daraus Schlüsse zieht. Hat man beispielsweise<br />

Abertausende von Bildern mit Hunden eingelesen,<br />

ist die Software irgendwann in der Lage,<br />

Hunde auf anderen Bildern zu erkennen. Im Vergleich:<br />

Ein Kleinkind kann Hunde durch ein einziges<br />

Bild identifizieren. Von künstlicher Intelligenz<br />

können wir deshalb erst sprechen, wenn<br />

wir die menschliche Intelligenz technisch abbilden.<br />

Davon sind wir allerdings meilenweit entfernt:<br />

Wir verstehen noch nicht einmal, wie<br />

menschliche Intelligenz überhaupt funktioniert.<br />

Solange die Wissenschaft aber nicht erklären<br />

kann, was menschliche Intelligenz ausmacht,<br />

besitzen wir keine Basis für die Entwicklung echter<br />

künstlicher Intelligenz, nur superschnelle<br />

Computer, die Datenberge auswerten. Setzt<br />

man Machine Learning zudem nur ein, um effizienter<br />

zu werden und vernachlässigt dabei den<br />

menschlichen Aspekt, ist das kein Fort- sondern<br />

eher ein Rückschritt. Beispielsweise, wenn<br />

Bewerbende keine Absage erhalten oder mehrfach<br />

Formulare mit denselben Informationen<br />

ausfüllen müssen.<br />

FOTO: ZVG<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Firmen werden aber mit Bewerbungen überschwemmt<br />

…<br />

Das stimmt. Durch die steigende Mobilität<br />

bewerben sich viel mehr Menschen. Erhielten<br />

Konzerne früher hundert Anschreiben auf eine<br />

offene Stelle, können es heute tausend sein.<br />

Diese müssen effizient bearbeitet werden. Deshalb<br />

setzen Unternehmen Machine Learning<br />

Tools ein.<br />

22


<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

SCHWERPUNKT<br />

Wo kann man Machine Learning sonst noch<br />

einsetzen?<br />

Theoretisch überall dort, wo die Software für <strong>HR</strong>-<br />

Fachkräfte zeitliche Entlastung schafft, damit<br />

sich <strong>HR</strong> der menschlichen Seite zuwenden kann.<br />

Beispielsweise bei People Analytics: In diesem<br />

Bereich kann die <strong>Tech</strong>nik von der Rekrutierung<br />

über die Leistungsbewertung bis hin zur Retention<br />

eingesetzt werden.<br />

Wie könnte <strong>HR</strong> das Bewerbermanagement<br />

künftig menschlicher gestalten?<br />

Komplexe <strong>Tech</strong>nologien werden dereinst Verhaltensmuster<br />

eines Unternehmens viel besser analysieren<br />

und erkennen, welche Mitarbeitenden im<br />

Betrieb erfolgreich sind. Solche <strong>Tech</strong>nologien<br />

könnten beispielsweise mittels Blockchain Kandidatenprofile<br />

mit allen auf dem Markt vorhandenen<br />

Jobs abgleichen und passend matchen. Ein<br />

Arbeitnehmender müsste sich infolgedessen nicht<br />

mehr bewerben, sondern bekäme durch das System<br />

Stellen vorgeschlagen, die zu seinem Profil,<br />

seinen Wünschen und Bedürfnissen passen. Ein<br />

Unternehmen sucht sich somit seine perfekten<br />

Kandidaten aufgrund detaillierter Profilangaben,<br />

teilt ihnen das Gehalt mit und fragt, ob sie an<br />

einer bestimmten Stelle interessiert seien.<br />

DIE ELFENBEINTÜRME<br />

IN DEN UNTERNEHMEN,<br />

IN DENEN SICH<br />

FÜ<strong>HR</strong>UNGSKRÄFTE OFT<br />

NOCH VERSCHANZEN,<br />

WERDEN FALLEN.<br />

GERMAN RAMIREZ<br />

Kandidaten wiederum könnten auf diese Anfrage<br />

eingehen oder nicht Heute funktioniert das jedoch<br />

nicht. Ein Beispiel: Auf Online-Business-Netzwerk<br />

werden uns ständig Jobs vorgeschlagen, die wir<br />

womöglich vor zwanzig Jahren ausgeübt haben<br />

und für die wir heute überqualifiziert sind. Die<br />

Vorschläge basieren somit auf der bisherigen Karriere.<br />

Das greift zu kurz. Damit ein Matching funktioniert,<br />

braucht es in der gesamten Wirtschaft<br />

eine standardisierte Lösung. Die meisten Unternehmen<br />

kochen aber ihr eigenes Süppchen.<br />

Blockchain könnte dereinst nicht nur das<br />

Recruiting revolutionieren, sondern auch Korruption<br />

erschweren oder verhindern …<br />

Das ginge nur, wenn die ganze Wirtschaft automatisiert<br />

wäre und über Blockchain liefe. Erfasst<br />

ein Mensch gefälschte Daten, bleiben sie im System<br />

so bestehen. Eine Lüge bleibt eine Lüge, ob<br />

mit oder ohne Blockchain.<br />

Welche Trends orten Sie abseits von Machine<br />

Learning und Blockchain?<br />

Firmen werden von der Firmenkultur bis hin zu<br />

den Gehältern transparenter. Die Elfenbeintürme<br />

in den Unternehmen, in denen sich Führungskräfte<br />

oft noch verschanzen, werden fallen. a<br />

Anzeige<br />

Alle Ihre Lehrmittel,<br />

Fachbücher, eBooks & Skripts<br />

aus einer Hand!<br />

Ihre Firma<br />

ist auch ein<br />

Campus?<br />

Die Lehrmittelbeschaffung und Skriptproduktion ist aufwändig und bindet viele<br />

interne Ressourcen? Reduzieren Sie Ihre Aufwände!<br />

Wir liefern alle Lehrmittel, Fachbücher und digitale Medien zeitgerecht an Ihre<br />

Firma/Mitarbeitende<br />

Wir übernehmen Koordination und Einkauf Ihrer Lehrmittel inkl. Abklärungen zu<br />

Verfügbarkeit und Aufl agen<br />

Gerne erstellen wir für Sie firmeneigene Skripts, Unterlagen und eBooks und beraten Sie zu<br />

den Themen Lernplattformen, eBooks und elektronische Tests<br />

Rechnungsstellung nach Kostenstellen/Abteilungen oder individuell<br />

Einfaches Retournieren überzähliger Exemplare<br />

Preisvorteil: 7% Rabatt und Grossmengenrabatt<br />

Mit der Company Card beziehen Sie Bücher in allen Orell Füssli Filialen bequem auf Rechnung.<br />

Bestellen Sie online im Business-Webshop, per E-Mail oder telefonisch<br />

info@delivros-orellfuessli.ch<br />

Tel.: +41 (0)58 100 71 20, www.delivros-orellfuessli.ch<br />

Delivros Orell Füssli AG, Postfach, CH-8036 Zürich<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

DOF_Inserat_<strong>21</strong>1x153_20<strong>21</strong>_VD.indd 1 17.08.<strong>21</strong> 10:13<br />

23


SCHWERPUNKT<br />

<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

BLOCKCHAIN<br />

ALS <strong>HR</strong>-DISRUPTOR<br />

SELTEN WURDE EINER NEUEN TECHNOLOGIE EINE SOLCHE BEDEUTUNG ZUGEMESSEN WIE DER BLOCKCHAIN. BIS HEUTE GIBT ES JEDOCH<br />

NUR WENIGE ALLTAGSANWENDUNGEN. VIELEN ENTSCHEIDERN FEHLT ZUDEM DAS VERSTÄNDNIS DAFÜR, WAS DIE BLOCKCHAIN IST<br />

UND WAS SIE KANN. DABEI BIETET DIESE TECHNOLOGIE AUCH IM <strong>HR</strong> VIELE EINSATZMÖGLICHKEITEN.<br />

Gastbeitrag: Lars Eichhof<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Lars Eichhof ist Senior<br />

Director Product<br />

Management bei Cornerstone<br />

OnDemand.<br />

Er ist Digitalexperte<br />

und beschäftigt sich<br />

eingehend mit den<br />

technischen Entwicklungen<br />

der <strong>HR</strong>-Branche<br />

mit dem Schwerpunkt<br />

auf <strong>Tech</strong>nologien im<br />

Recruiting.<br />

cornerstoneondemand.de<br />

Der Begriff Blockchain ist immer noch eine Blackbox: eine neue<br />

<strong>Tech</strong>nologie, die bisher Unvorstellbares möglich machen soll.<br />

Dabei übersteigen die Erwartungen häufig den wahren Nutzen.<br />

Das mag damit zusammenhängen, dass künstliche Intelligenz<br />

und die Blockchain oft in einem Atemzug genannt werden.<br />

Dabei sind die beiden Zukunftstechnologien grundverschieden<br />

und in keiner Weise miteinander vergleichbar. Um etwaige<br />

Verwirrung aus dem Weg zu räumen:<br />

Bei der künstlichen Intelligenz redet<br />

man von Systemen, welche die menschliche<br />

Art des Lernens imitieren und so<br />

intelligenter werden. Dabei kann künstliche<br />

Intelligenz schon heute für repetitive<br />

und analytische Aufgaben eingesetzt<br />

werden.<br />

Die Blockchain wird für grundlegend<br />

andere Anwendungen genutzt. Das<br />

liegt an ihrem Aufbau: Sie ist ein aus<br />

Servern bestehendes dezentrales Netzwerk,<br />

bei dem Informationen auf allen<br />

Servern pa rallel abgelegt werden. Die<br />

mittels Blockchain abgesicherten Elemente<br />

garantieren allen Parteien des<br />

Netzwerks Transparenz und Sicherheit.<br />

Durch eine Abfrage kann eine Blockchain-Anwendung<br />

jederzeit die Echtheit<br />

eines Dokuments oder eines Zertifikats<br />

bestätigen. Für <strong>HR</strong>-Abteilungen werden<br />

so ebenfalls neue smarte Ansätze denkbar.<br />

So könnte die Blockchaintechnologie<br />

auch für die Absicherung von Zeugnissen<br />

und Zertifikaten verwendet<br />

werden und somit mit einem altbekannten<br />

Ärgernis aufräumen: der Übertreibung und Fälschung<br />

in Bewerbungen und Lebensläufen. Doch wie liesse sich die<br />

Blockchain für einen fälschungssicheren Lebenslauf nutzen?<br />

Dazu lohnt sich ein Blick in die <strong>HR</strong>-Abteilungen der Schweiz: In<br />

grösseren Unternehmen ist das Recruiting bereits heute hoch<br />

digitalisiert, was auf einen hohen Dateninput zurückzuführen<br />

DAMIT DAS POTENZIAL VON<br />

BLOCKCHAIN-ANWENDUNGEN<br />

AUSGESCHÖPFT WERDEN<br />

KANN, MUSS DAS<br />

HENNE-EI-PROBLEM<br />

ÜBERWUNDEN WERDEN.<br />

LARS EICHHOF<br />

ist. Hier liegt aber häufig auch das Problem: Zwar liegen die<br />

angelieferten Daten fast ausschliesslich digital vor, doch leiten<br />

sich diese von analogen, nicht verifizierbaren Quellen ab – zum<br />

Beispiel vom Scan eines Zeugnisses oder Zertifikats. Gibt ein<br />

Bewerber beispielsweise eine längere Arbeitszeit bei einem<br />

Arbeitgeber an, ist diese Information für <strong>HR</strong>ler nur sehr schwer<br />

verifizierbar.<br />

Lügen und Fälschungen treten weit<br />

häufiger auf, als man denken mag: Personaler<br />

gehen davon aus, dass in rund<br />

einem Drittel aller Bewerbungen gelogen<br />

wird.<br />

Rund jede zehnte Bewerbung wird von<br />

<strong>HR</strong>-Profis sogar als bedenklich eingestuft.<br />

Die Lügen im Lebenslauf reichen<br />

von kleineren Schummeleien, wie höher<br />

angesetzten Sprachkenntnissen, bis hin<br />

zu schwerwiegenden Fälschungen von<br />

Zeugnissen und Zertifikaten. Fehlende<br />

Sprachkenntnisse mögen auf den ersten<br />

Blick nicht dramatisch wirken, können<br />

in international agierenden Unternehmen<br />

aber Geschäftsbeziehungen<br />

in Schieflage bringen. Während kleinere<br />

Lügen im Alltag von Personalern am<br />

häufigsten auftreten, haben schwerwiegendere<br />

wie die Fälschung von<br />

Zeugnissen und Zertifikaten aber auch<br />

rechtliche Konsequenzen: Niemand<br />

möchte von einem Arzt operiert werden,<br />

der nicht Medizin studiert hat.<br />

Auch einen Piloten sieht man ungern<br />

ohne Lizenz im Cockpit.<br />

Doch weshalb werden solche Schummeleien und Fälschungen<br />

in Lebensläufen häufig nicht entdeckt? Erfahrene <strong>HR</strong>ler haben<br />

ein Auge für Lügen im Lebenslauf. Ihnen fallen Ungereimtheiten,<br />

unterschiedliche Schriftarten in Scans und Fälschungen<br />

schnell auf. Allerdings fehlt <strong>HR</strong>-Experten in grossen Unternehmen<br />

häufig die Zeit, sich im Detail mit jedem Lebenslauf<br />

24


<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

SCHWERPUNKT<br />

auseinanderzusetzen. In kleineren Betrieben mangelt<br />

es hingegen an Expertise und Zeit: Oft lohnt<br />

sich keine eigene <strong>HR</strong>-Abteilung, dadurch fehlt es<br />

am Know-how, Lebensläufe zu kontrollieren.<br />

Zudem bleibt keine Zeit für eine genaue Prüfung,<br />

weil Personalentscheidungen neben dem Tagesgeschäft<br />

getroffen werden müssen.<br />

Was also tun? Im englischsprachigen Raum sind<br />

zwar Dienstleister aktiv, die Hintergrundchecks<br />

für Unternehmen übernehmen. Doch diese<br />

zeichnen sich durch einen hohen Preis aus und<br />

erfordern die Einwilligung des Bewerbers. Kein<br />

Wunder, dass diese Services hierzulande seltener<br />

zu finden sind.<br />

Zukünftige Entwicklungen<br />

Blockchain-abgesicherte Zertifikate und Zeugnisse<br />

könnten sich all dieser Probleme annehmen:<br />

Die administrative Arbeit des Überprüfens könnte<br />

in grossen Unternehmen durch <strong>HR</strong>-Software automatisiert<br />

ablaufen und so entfallen. In kleineren<br />

Unternehmen würde diese Arbeit nicht nur vereinfacht,<br />

sie wäre auch mit einem deutlich geringeren<br />

Zeitaufwand verbunden: Die Mitarbeitenden<br />

müssten lediglich mit einem Prüfcode die<br />

Echtheit des Zertifikats überprüfen. Dadurch<br />

könnten Unternehmen zu 100 Prozent sichergehen,<br />

dass die gemachten Angaben korrekt sind.<br />

Künftig könnten Bewerber in einem eigenen Wallet<br />

– einer Art digitaler «Bewerbungsmappe» – alle<br />

mit der Blockchain abgesicherten Zertifikate und<br />

Zeugnisse hinterlegen. Bei einer Bewerbung könnten<br />

Kandidaten dem Unternehmen die benötigten<br />

Dokumente zur Verfügung stellen. Das würde den<br />

Bewerbungsprozess auch für Bewerber vereinfachen,<br />

da sie sich das aufwendige Scannen der<br />

Bescheinigungen sparen könnten. Dabei verliert<br />

der Kandidat die Kontrolle über seine Daten nicht:<br />

Schliesslich bleibt es in seiner Hand, welche Zertifikate<br />

er mit dem Unternehmen teilen möchte.<br />

Im Optimalfall erhalten Mitarbeitende Bescheinigungen<br />

über die von ihnen belegten Trainings. So<br />

könnten Kandidaten erworbene Skills nachweisen.<br />

In sicherheitsrelevanten Berufsgruppen besteht<br />

hierfür enormes Potenzial: Unternehmen sparen<br />

in der Onboardingphase viel Zeit und Geld, wenn<br />

bestimmte Zertifizierungen nicht erneut abgelegt<br />

werden müssen.<br />

Herausforderungen für die Blockchain<br />

Damit das Potenzial von Blockchain-Anwendungen<br />

ausgeschöpft werden kann, muss das Henne-<br />

Ei-Problem überwunden werden: Schon heute<br />

sehen wir erste Anbieter, die im kleinen Rahmen<br />

Zertifikate ausstellen. Beispielsweise an der<br />

Universität Basel, die seit 2018 mit der Blockchain<br />

Diplome absichert. Auch die Universität St. Gallen<br />

arbeitet seit 2019 an Diplomen auf der Blockchain,<br />

während private He raus geber erste Anstrengungen<br />

in diesem Bereich unternommen haben. Etwa die<br />

Velocity Network Foundation, die an einem einheitlichen<br />

Standard für mit der Blockchaintechnologie<br />

abgesicherte Zertifikate arbeitet und in der<br />

führende <strong>Tech</strong>nologieanbieter zusammengeschlossen<br />

sind.<br />

Allerdings sind diese Anwendungen noch nicht<br />

flächendeckend verfügbar. Somit besteht das Problem<br />

der Einführung der Blockchain aktuell noch<br />

darin, dass alle Beteiligten Zugriff auf diese <strong>Tech</strong>nologie<br />

haben müssen. Und: Arbeitgeber müssten<br />

als überprüfende Seite die passende Struktur eingerichtet<br />

haben. Ohne das Zertifikat auslesen zu<br />

können, bringt die Einrichtung einer Wallet noch<br />

nichts. Die <strong>Tech</strong>nologie könnte zum Disruptor im<br />

<strong>HR</strong> werden und Reference Checks überflüssig<br />

machen. Bevor das jedoch passiert, müssen sich<br />

alle Player auf einen einheitlichen Standard einigen<br />

oder ihren eigenen Standard kompatibel gestalten.<br />

Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits<br />

unternommen. Aktuell können wir aber noch nicht<br />

davon ausgehen, dass diese Entwicklung innerhalb<br />

weniger Monate stattfindet. Dies wird eher einige<br />

Jahre in Anspruch nehmen.<br />

a<br />

Presented by TELAG AG<br />

HINWEISGEBERSCHUTZ<br />

WAS DIE EU-WHISTLEBLOWER-RICHTLINIE<br />

FÜR SCHWEIZER ARBEITGEBER BEDEUTET<br />

MIT DEM INKRAFTTRETEN DER EU-WHISTLEBLOWER-RICHTLINIE AM 17. DEZEMBER 20<strong>21</strong> SIND UNTERNEHMEN<br />

AB 250 MITARBEITENDEN ODER 10 MILLIONEN EURO JA<strong>HR</strong>ESUMSATZ ZU EINEM ANONYMEN HINWEISGEBERSYSTEM<br />

VERPFLICHTET; 2023 WIRD DIE GRENZE AUF 50 MITARBEITENDE GESENKT. WAS VIELE NICHT WISSEN: DIE RICHTLINIE<br />

BETRIFFT AUCH SCHWEIZER UNTERNEHMEN MIT GESCHÄFTSBEZIEHUNGEN IM EU-RAUM. KLAR IST, DAS HINWEISGEBER-<br />

SYSTEM WIRD EIN MUSS, VERPFLICHTEND AUF RECHTSWEGEN UND UNERLÄSSLICH IM EMPLOYER BRANDING.<br />

FOTO: ZVG<br />

Positive Effekte des Hinweisgeberschutzes<br />

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Hinweisgebenden<br />

die Möglichkeit geboten werden muss, anonym<br />

und sicher Hinweise zu platzieren – per Telefon und<br />

schriftlich digital. In der Praxis zeigt sich, dass es<br />

Mitarbeitenden oft an Mut oder Vertrauen fehlt,<br />

um einen Verstoss zu melden. Vermehrt publik<br />

gewordene Fälle zeigen, warum das Thema für alle<br />

Unternehmen von Interesse sein sollte. Frühzeitiges<br />

Identifizieren von Missständen reduziert das Risiko<br />

für juristische oder finanzielle Konsequenzen sowie<br />

für irreversible Reputationsschäden und birgt<br />

gleichzeitig die Chance sich als proaktiver Arbeitgeber<br />

zu positionieren. Der Trend geht klar in<br />

Richtung Awareness für ethische Themen und<br />

transparente Unternehmenskultur. Man kann<br />

davon ausgehen, dass sich in naher Zukunft kein<br />

Unternehmen mehr leisten kann, nicht über ein<br />

professionelles Hinweisgebersystem zu verfügen.<br />

WhistleTAG – das umfassende Gesamtpaket<br />

TELAG AG übernimmt als kompetenter Partner die<br />

komplette Abwicklung, stellt den telefonischen<br />

sowie digitalen Service rechtssicher zur Verfügung<br />

und garantiert den anonymen Zugriff, rund um<br />

die Uhr in 24 Sprachen. Mit WhistleTAG sind Sie<br />

bereits für 3200 Franken pro Jahr bereit für die<br />

Whistleblower-Richtlinie. Jetzt mehr erfahren oder<br />

von einer persönlichen Beratung profitieren:<br />

www.whistleTAG.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

25


Presented by intemp AG<br />

SO GEHT ZEITGEMÄSSES<br />

PERSONALPOOLING<br />

Wieso Personalpooling<br />

Personalpooling verfolgt das Ziel, ausgefallene<br />

oder abwesende Mitarbeitende durch verfügbare,<br />

interne oder externe Fachkräfte kurzfristig zu<br />

ersetzen. Die dadurch zusätzlich gewonnene<br />

Flexibilität kann einem Personalengpass effizient<br />

vorbeugen. Nicht zuletzt steigt die Motivation bei<br />

den Mitarbeitenden durch mehr Selbstbestimmung.<br />

Arbeitgebende<br />

Bedarf<br />

erfassen<br />

Verfügbarkeiten<br />

eintragen<br />

Mitarbeitende<br />

Verfügbarkeiten in Echtzeit<br />

Bis anhin war die Planung und Koordination eines<br />

Personalpools sehr ressourcen- und kosten intensiv.<br />

inpool unterstützt diese Prozesse digital, indem<br />

die Verfügbarkeiten von den Mitarbeitenden<br />

online auf einer kollaborativen Plattform erfasst<br />

werden können. Durch intelligente Algorithmen<br />

werden passende Mitarbeitende, je nach Anforderungen,<br />

automatisch vorgeschlagen. Die Daten<br />

werden in Echtzeit ausgetauscht. Dadurch entsteht<br />

für Arbeitgebende und Mitarbeitende eine<br />

erhebliche Zeiteinsparung.<br />

Fachkraft<br />

bestätigen<br />

Einsatz<br />

zusagen<br />

Mehr Flexibilität<br />

Dynamische Arbeitsmodelle werden in der heutigen<br />

anspruchsvollen Arbeitsmarktsituation immer<br />

wichtiger.<br />

Um Familie und Freizeit besser mit dem Arbeitsleben<br />

vereinbaren zu können und eine ausgeglichene<br />

Work-Life-Balance zu finden, ist die freie<br />

Zeiteinteilung für viele Arbeitnehmende immer<br />

bedeutsamer geworden. Ein moderner Betrieb<br />

sollte deshalb flexible Arbeitszeitmodelle anbieten,<br />

um die besten Fachkräfte gewinnen und halten<br />

zu können.<br />

Auch Unternehmen profitieren von flexiblen<br />

Arbeitszeiten. Nur so können kurzfristige Schwankungen<br />

ohne hohe Mehrkosten abgefangen und<br />

Leerläufe verhindert werden.<br />

Durch den Einsatz von internen Mitarbeitenden<br />

entfallen zudem hohe Einarbeitungsaufwände<br />

und die volle Leistung ist von Anfang an gegeben.<br />

Speziell in der Gesundheitsbranche kann inpool<br />

bei starken Auslastungs-Schwankungen immens<br />

unterstützen.<br />

«WIR WURDEN BEI DER EINFÜ<strong>HR</strong>UNG<br />

VON INPOOL HERVORRAGEND<br />

UNTERSTÜTZT. UNSERE INDIVIDUELLEN<br />

ANFORDERUNGEN WURDEN SE<strong>HR</strong><br />

ERNST GENOMMEN UND RASCH<br />

UMGESETZ.»<br />

Sonja Auf der Maur<br />

<strong>HR</strong>-Bereichsleiterin<br />

& Lead Talent Acquisition<br />

Schnell, intuitiv und unkompliziert<br />

Dank einer intuitiv zu bedienenden Webapplikation<br />

ist der Schulungsaufwand minimal. Zudem<br />

kann von überall aus zugegriffen werden und die<br />

Software integriert sich problemlos in die bestehende<br />

IT-Umgebung. Und dies ganz ohne aufwändige<br />

Installation oder teure Lizenzkosten.<br />

Benötigt der Arbeitgebende zusätzliche Ressourcen,<br />

können verfügbare Fachkräfte im internen<br />

Pool mit nur wenigen Klicks gefunden werden.<br />

Sollte der Bedarf einmal grösser als die Kapazität<br />

des eigenen Pools sein, können weitere Fachkräfte<br />

von externen Pools oder Personaldienstleistern<br />

direkt über inpool angefordert werden.<br />

Ihr Nutzen<br />

Hohe Mitarbeitendenzufriedenheit, bessere Personalbindung,<br />

bessere Auslastung der bestehenden<br />

Fachkräfte und Kostensenkung durch Zeitersparnis<br />

sind nur einige der Vorteile von inpool.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

inpool ist eine Marke der intemp AG.<br />

Die intemp AG ist Spezialistin für Digitalisierung<br />

und Optimierung von <strong>HR</strong>-Prozessen.<br />

Jetzt für Testphase anfragen!<br />

Sie können inpool in ihrem Unternehmen<br />

kostenlos und unverbindlich<br />

testen!<br />

Denis Rechsteiner<br />

Geschäftsführer intemp AG<br />

+41 52 551 22 20<br />

denis@intemp.ch<br />

www.in-pool.ch<br />

26


<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

SCHWERPUNKT<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

PEOPLE ANALYTICS RICHTIG NUTZEN<br />

DIE ZUFRIEDENHEIT DER MITARBEITENDEN, I<strong>HR</strong> LEISTUNGSBEITRAG UND I<strong>HR</strong>E ARBEITSMARKTFÄHIGKEIT WERDEN IMMER<br />

WICHTIGER. UM DAS SICHERZUSTELLEN, SETZEN FIRMEN SEIT EINIGEN JA<strong>HR</strong>EN AUF PEOPLE ANALYTICS. DOCH MIT<br />

WELCHEM ERFOLG? ZEIT, LE<strong>HR</strong>EN ZU ZIEHEN UND FÜR DIESE <strong>HR</strong>-DISZIPLIN DIE RICHTIGE STRATEGIE ZU WÄHLEN.<br />

Gastbeitrag: Christoph Abplanalp, Ralf Ploner und Andreas Scheuber*<br />

Neue digitale Tools dringen in alle Lebens- und<br />

Arbeitsbereiche und generieren immer mehr<br />

Daten – ob es die Anwendenden wollen oder nicht.<br />

Gleichzeitig können die immer grösser werdenden<br />

Datenvolumen noch schneller verarbeitet und<br />

analysiert werden. Im Bereich People Analytics<br />

eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten.<br />

Es geht nicht mehr nur darum, Kennzahlen zu<br />

ermitteln und zu rapportieren: Moderne Formen<br />

der Datenanalyse erlauben weitreichendere<br />

Erkenntnisse. So können erfolgsrelevante Faktoren<br />

über Mitarbeitende oder Teams hinweg unternehmens-<br />

oder abteilungsspezifisch ermittelt und<br />

für Personalentscheidungen verwendet werden.<br />

Etwa durch das Echtzeit-Tracking des E-Mail-<br />

Verhaltens eines Mitarbeitenden, der so automatisiert<br />

Empfehlungen zu seiner persönlichen<br />

und fachlichen Entwicklung erhält. Dabei werden<br />

sein Werdegang und sein vergangenes Verhalten<br />

analysiert und mit dem Karrierepfad anderer Mitarbeitenden<br />

verglichen, um möglichst passende<br />

Entwicklungsmassnahmen vorzuschlagen.<br />

EIN <strong>HR</strong> APPLICATION<br />

HUB ERMÖGLICHT<br />

MITARBEITENDEN, I<strong>HR</strong>E<br />

SKILLS VON ÜBERALL<br />

HER ZU ERFASSEN.<br />

In der Personalselektion schiessen Tools wie Pilze<br />

aus dem Boden, die daten- beziehungsweise algorithmusbasierte<br />

Entscheidungen ermöglichen.<br />

Beispielsweise, indem Jobinserate nur noch potenziellen<br />

Zielgruppen präsentiert werden, Chatbots<br />

tausenden Bewerbenden Fragen zu einer Job-<br />

Opportunität beantworten oder Kandidatenprofile<br />

mit Anforderungsprofilen abgeglichen und<br />

aussortiert werden, ohne dass die Bewerbung von<br />

einem Menschen gesichtet wird. Digitale Videointerviews<br />

erlauben zudem das zeitversetzte und<br />

vollautomatisierte Erstellen von Persönlichkeitsprofilen<br />

und rangieren die Kandidaten und<br />

Kandidatinnen nach Passung. Zumindest versprechen<br />

sie es.<br />

Schöne neue Datenwelt<br />

Weil etwas möglich ist, muss es noch nicht richtig<br />

sein. Nebst regulatorischen Aspekten wie dem<br />

Datenschutz stellen sich im Umgang mit Daten<br />

auch ethische und inhaltliche Fragen. So unterliegen<br />

Datenanalysen und algorithmusbasierte<br />

Entscheidungen immer der Gefahr, zu diskrimi-<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

27


An alle, die <strong>HR</strong> gestalten wollen.<br />

Go create.<br />

pi-ag.com<br />

<strong>HR</strong>-Digitalisierung beim<br />

Zmorge „abfrühstücken“!<br />

Exklusiver Breakfast Event<br />

für <strong>HR</strong>- und Lohnverantwortliche<br />

der öffentlichen Hand<br />

Mit der cloudbasierten <strong>HR</strong>-Plattform P&I LogaAll-in lassen sich sämtliche<br />

<strong>HR</strong>-Prozesse, inkl. intelligenter swissdec-zertifizierter Lohnbuchhaltung<br />

und Zeitwirtschaft, einfach und intuitiv lösen. Hierbei vereinen<br />

wir modernste <strong>HR</strong>-Softwaretechnologie mit massgeschneiderten<br />

Services sowie einem optimierten technischen Betrieb – stets<br />

individuell auf Ihr Unternehmen zugeschnitten. Machen Sie sich selbst<br />

ein Bild und kontaktieren Sie uns für ein persönliches Gespräch.


<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

SCHWERPUNKT<br />

nieren – da sie auf historischen und nie komplett objektiven Trainingsdatensätzen<br />

basieren. Ungenaue, verzerrte oder nicht repräsentative Eingabedaten<br />

sowie eine mangelnde Datentransparenz sind hierfür die Ursachen.<br />

Tendenziell sammeln solche Software- Lösungen möglichst viele Informationen<br />

und analysieren diese «einfach mal». Wie in einem Schüttelbecher<br />

werden so möglichst viele Zutaten vermixt, in der Hoffnung, einen leckeren<br />

Drink zu erhalten. Allerdings mit dem Nachteil, nicht mehr eruieren zu<br />

können, welche Zutaten wie zum Black-Box-Ergebnis beigetragen haben.<br />

Bei Videointerviews können so komplett irrelevante Informationen in die<br />

Diagnostik einfliessen und das Resultat beeinflussen. Etwa das Tragen einer<br />

Brille oder die Bildschärfe und Helligkeit eines Monitors.<br />

Zahlreiche Anbieter ziehen deshalb ohne wissenschaftliche Grundlage<br />

zweifelhafte Schlussfolgerungen aus der Physiognomie, der Mimik oder der<br />

Sprache eines Bewerbenden und erstellen daraus ein Persönlichkeitsprofil.<br />

Entsprechend ist neuen Tools, die das Blaue vom Himmel versprechen, mit<br />

kritischer Neugier zu begegnen. Den technologischen Möglichkeiten von<br />

People Analytics sollten sich Unternehmen dennoch nicht verwehren.<br />

<strong>HR</strong> Application Hub als Grundlage für integriertes People Analytics<br />

Eine zentrale Voraussetzung für People Analytics ist eine integrierte<br />

Datenbasis: Dafür müssen Daten aus verschiedenen Systemen für unterschiedliche<br />

Analysebedürfnisse zusammengeführt und einer Qualitätssicherung<br />

unterzogen werden. Eine intelligente Lösung dafür ist ein <strong>HR</strong><br />

Application Hub (siehe Abbildung 1), der unterschiedliche <strong>HR</strong>-Systeme auf<br />

einer Benutzeroberfläche (Unified Frontend) sowie alle wesentlichen Daten<br />

an einem Ort zusammenfasst (Data Layer). Das reduziert ein mögliches<br />

Schnittstellenchaos und Kosten. Gleichzeitig wird so eine solide Basis<br />

geschaffen, um immer schärfere Datenschutzgesetze einzuhalten – beispielsweise<br />

das Recht auf Löschung der persönlichen Daten. Ist diese<br />

Datenintegration erledigt, ist es ein Leichtes, entsprechende Analysetools<br />

einzusetzen.<br />

Abbildung 1: <strong>HR</strong> Application Hub mit Unified Frontend und Data Layer.<br />

Wesentliche Aufgabe eines <strong>HR</strong> Application<br />

Hubs ist, Mitarbeitenden einen einfachen<br />

Zugang zu allen <strong>HR</strong>-Services zu gewähren,<br />

sodass sie bestenfalls nicht bemerken, dass<br />

unterschiedliche Systeme im Einsatz sind<br />

Strategic Workforce Planning:<br />

die Königsdisziplin<br />

Entwickelt man die People-Analytics-Vision<br />

konsequent, landet man zwangsläufig bei der<br />

strategischen Personalplanung. Eine anspruchsvolle<br />

Aufgabenstellung: Nicht selten startet<br />

diese zu einem Zeitpunkt, an dem die verfügbare<br />

Datenbasis für ein zukunftsgerichtetes<br />

Modell nicht ausreicht. Gleichzeitig verändern<br />

sich die Zusammenarbeitsformen zunehmend<br />

in Richtung Agilität, weshalb das klassische<br />

Jobprofil als Datenmodellierungsgrundlage<br />

ausgedient hat.<br />

Ein moderner Personalplanungsansatz baut deshalb<br />

auf den Kompetenzen der Mitarbeitenden<br />

auf und fragt, über welches Skills-Inventar die<br />

Unternehmung verfügt. Ein <strong>HR</strong> Application Hub<br />

ermöglicht Mitarbeitenden, ihre Skills von überall<br />

her zu erfassen. Beispiele: Erkenntnisse zur<br />

Arbeitsmarktfähigkeit im Entwicklungsgespräch,<br />

auf der Lernplattform oder in einem Tool, das<br />

die Linie für die operative Einsatzplanung nutzt.<br />

Fazit<br />

Datengetriebene <strong>HR</strong>-Prozesse eröffnen grosse<br />

Chancen. So können Firmen mit einer zukunftsorientierten<br />

People-Analytics-Strategie einen<br />

kontinuierlichen Entwicklungsprozess etablieren.<br />

Dazu führt ein <strong>HR</strong> Application Hub Daten aus<br />

einer Vielzahl von <strong>HR</strong>-Systemen zusammen und<br />

schafft die Grundlage für ein fundiertes People<br />

Analytics. Noch mehr Erkenntnisse lassen sich<br />

gewinnen, wenn People Analytics nicht nur mit<br />

Daten aus <strong>HR</strong>-Systemen betrieben, sondern mit<br />

Daten aus Finanz- oder Produktionssystemen<br />

kombiniert wird. Etwa Mitarbeitendenengagement-Daten<br />

mit Leistungsdaten aus dem Verkauf.<br />

*) Das Autoren-Team unterstützt bei Avenir<br />

Consulting Schweizer Unternehmen in der<br />

strategischen und operativen <strong>HR</strong>-Digitalisierung<br />

und bei der Auswahl und Einführung von People-<br />

Analytics-Systemen.<br />

a<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

29


SCHWERPUNKT<br />

<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

DIE TALENTE<br />

VON MORGEN<br />

1<br />

Welche <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

bieten Sie im Skills- und<br />

Talentmanagement – und worin<br />

unterscheiden sich diese von<br />

anderen?<br />

WIE FIRMEN I<strong>HR</strong>E MITARBEITENDEN<br />

MIT DIGITALEM SKILLS- UND TALENT-<br />

MANGEMENT FÖRDERN.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

Automatisierung und Digitalisierung versprechen,<br />

beim Fachkräftemangel in die<br />

Bresche zu springen. Doch dafür braucht<br />

es auch die richtigen Köpfe. Eine entscheidende<br />

Frage ist deshalb: Haben die<br />

Firmen dafür die richtigen Mitarbeitenden<br />

mit den richtigen Talenten?<br />

Wer kann was?<br />

Noch immer wissen die meisten Unternehmen<br />

zu wenig Bescheid über die<br />

künftig notwendigen Skills und Talente.<br />

Das zeigt etwa die 20<strong>21</strong> erschienene Studie<br />

«Future Skills – Future Learning» der<br />

Online-Jobplattform Stepstone und des<br />

Kienbaum Instituts, für die 3000 Fachund<br />

Führungskräfte befragt wurden.<br />

Darin sagte die Mehrheit der Befragten<br />

zwar, dass sie sich der Relevanz von<br />

Zukunftskompetenzen bewusst sei, aber<br />

nur 20 Prozent gaben an, dass es in ihrem<br />

Unternehmen eine klare Definition dieser<br />

Kompetenzen gebe.<br />

In der Studie bemängelten die Befragten<br />

besonders das Corporate Learning. So<br />

wünschte sich jede zweite Fach- und<br />

Führungskraft Präsenz-Coachings, jede<br />

dritte ein Mentoring. Bei Gruppen- und<br />

Vernetzungsformaten erwarten die<br />

Befragten zudem mehr virtuelle Lernformate<br />

seitens der Arbeitgebenden.<br />

Diese werden entgegen deren Wunsch<br />

aber nur in jedem vierten Unternehmen<br />

eingesetzt. <br />

a<br />

Jana Tepe & Anna Kaiser,<br />

Co-Founders/CEO,<br />

Tandemploy<br />

Daniela Porr,<br />

Senior Product Marketing Managerin,<br />

Workday<br />

Jana: Mit unserer Software können sich Mitarbeitende<br />

eigeninitiativ für Lern- und Arbeits formen<br />

zusammenfinden, sich auf Projekte und Stellen<br />

bewerben und für sie relevante Angebote im Unternehmen<br />

finden. Gleichzei tig liefert unser «Skill<br />

Analyser» eine Skill Map auf Basis der Daten, welche<br />

Mitarbeitende eingeben. So kann <strong>HR</strong> sehen, welche<br />

Skills und Lernbedarfe im Unternehmen vorhanden<br />

sind, ob diese intern gut bedient werden oder ein<br />

Skill Gap droht.<br />

Anna: Viele Talent-Marktplätze matchen Mitarbeitende<br />

vorrangig mit internen Projekten sowie<br />

Jobs und sind meist stark aus der Top-Down-Brille<br />

gedacht. Unsere Software geht dagegen von den<br />

Mitarbeitenden aus und wird von diesen massgeblich<br />

gesteuert und genutzt. Unser USP leitet<br />

sich auch aus dieser Mit arbeitenden-Zentrierung<br />

ab: Wir bieten weltweit die einzige Software,<br />

die Mitarbeitende für eine Vielzahl von Themen<br />

zusammenbringt, darunter Mentoring, Jobsharing,<br />

Generationenaustausch oder Lunch Dates. Damit<br />

verbinden sich Mitarbeitende untereinander für eine<br />

Vielzahl von Lern- und Arbeitsformen.<br />

Workday ermöglicht es Unternehmen, ihre<br />

Belegschaft besser zu verstehen und sich mit<br />

einer Skills-basierten Lösung schneller an sich<br />

ändernde Geschäftsanforderungen anzupassen.<br />

Wir entwickeln neue Anwendungsmöglichkeiten<br />

für maschinelles Lernen und setzen<br />

Augmented Analytics (AA) ein, um relevante<br />

Themen, Trends und Lösungen aufzuzeigen.<br />

Mit unserer Software und laufenden Erweiterungen<br />

sind Unternehmen in der Lage, künftig<br />

benötigte Skills abzuleiten, zu verifizieren und<br />

zu nutzen sowie Empfehlungen und Massnahmen<br />

über den gesamten Mitarbeiterzyklus zu<br />

steuern.<br />

Marc Dennler,<br />

Pre-Sales-Berater,<br />

<strong>HR</strong> Campus<br />

<strong>HR</strong> Campus bietet Schweizer Kunden eine cloudbasierte<br />

<strong>HR</strong> Suite. Bei dieser Lösung vereinen sich<br />

Best Practices aus 20 Jahren Erfahrung, zusammengestellt<br />

aus auf dem Markt bestehenden<br />

Softwarelösungen. Mit der <strong>HR</strong> Campus Suite bieten<br />

wir Firmen Performance Management, Nachfolgeplanung,<br />

Mitarbeiterentwicklung, Assessment,<br />

Learning, Recruiting und Onboarding aus einer<br />

Hand. Innovationen aus dem Markt fliessen dabei<br />

laufend in diese Lösung ein. Wir unterscheiden uns,<br />

indem wir als <strong>HR</strong>-Serviceanbieter Software-Lösungen<br />

in eine <strong>HR</strong> Suite integrieren, die wir für Schweizer<br />

Firmen entwickelt haben. Damit unterstützen wir<br />

Unternehmen im gesamten <strong>HR</strong>-Zyklus.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

30<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong>


2 3 4<br />

Skills- und Talentmanagement<br />

der Zukunft: analog, digital<br />

oder hybrid?<br />

Wo sehen Sie Potenzial im Skillsund<br />

Talentmanagement?<br />

Wie wird sich Ihre <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologie<br />

in den nächsten Jahren<br />

entwicklen?<br />

Jana: Definitiv digital! Mit Hilfe smarter Software, die<br />

Mitarbeitende befähigt, ihre berufliche Weiterentwicklung<br />

selbständig zu steuern. Gleichzeitig stellt diese<br />

wertvolle Querverbindungen zwischen den Daten her.<br />

Das ist bedeutsam, weil Studien gezeigt haben,<br />

dass die Zuschreibungen von <strong>HR</strong> und Talentmanagement<br />

weniger zuverlässige Prognosen über die Performance<br />

und Entwicklung von Mitarbeitenden erlauben<br />

als die Angaben der Mitarbeitenden. Diese kitzeln wir<br />

mit smarten Fragen heraus und motivieren sie, ihre<br />

Profile ständig anzurei chern. So sammeln wir nicht<br />

nur Kompetenzen oder Skills, sondern fahren einen<br />

breiteren Ansatz: Bei uns können Mitarbeitende alles<br />

eingeben – Skills, Kompetenzen, private Interessen oder<br />

Tools, die sie beherrschen. Damit lösen wir uns von<br />

fixen Schemata, um das volle Potenzial eines Mitarbeitenden<br />

abzubilden.<br />

Anna: Mittels smartem «Skill Analyser» lassen sich<br />

diese Daten automatisiert und anonymisiert für ein<br />

strategisches Workforce Planning auswerten.<br />

Anna: Wenn wir <strong>Tech</strong>nologie so nutzen, dass sie den<br />

Menschen nützt, kann sie bei der Mitarbeiterführung<br />

und Talententfaltung Grosses bewirken. Sie kann passgenau<br />

matchen, ohne voreingenommen zu sein, und<br />

die richtigen Menschen für eine Aufgabe zusammenbringen.<br />

So kann echte Kollaboration auf allen Ebenen,<br />

über alle Hierarchiestufen und Abteilungen hinweg<br />

stattfinden, sich das ganze Potenzial abseits von starren<br />

Stellenausschreibungen entfalten und eine agile<br />

und lernende Organisation entstehen. Hierfür müssen<br />

Unternehmen bereit sein, in <strong>Tech</strong>nologie zu investieren,<br />

aber auch in Reflektion und Kulturarbeit.<br />

Jana: Aktuelle Studien zeigen, dass Mitarbeitende,<br />

die sich im Unternehmen entwickeln können und gute<br />

Arbeits bedingungen vorfinden, eher im Unternehmen<br />

bleiben, selbst wenn sich ihr Aufgabenbereich<br />

verändert.<br />

Anna: Wir leben, was wir predigen, hören genau hin, was<br />

Menschen in Unternehmen bewegt, und entwickeln unsere<br />

Software durch diese Rückmeldungen ständig weiter.<br />

Vor acht Jahren sind wir als B2C-Jobsharing-Plattform<br />

gestartet und bie ten heute eine hoch disruptive B2B-Talent-Marketplace-Software.<br />

Was in der Zukunft auf dem<br />

<strong>HR</strong>-Markt passie ren wird, weiss natürlich niemand ganz<br />

genau, aber wir haben da schon so eine Idee …<br />

Jana: Tandemploy wird das Netflix des Talentmanagements:<br />

Wir bieten Mitarbeitenden eine Plattform, um<br />

selbstbe stimmt und entlang ihrer Interessen passende<br />

Lern- und Entwicklungs angebote innerhalb der Firma<br />

zu entdecken – mit der perfekten User und Employee<br />

Experience, einem breiten Angebot und natürlich smarten<br />

Algorithmen und Vorschlägen.<br />

Ergebnisse einer gemeinsamen Studie von Yonder<br />

Consul ting und Workday legen nahe, dass sich auf lange<br />

Sicht ein hybrides Arbeitsmodell durchsetzen wird. Somit<br />

wird der Kontakt zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften<br />

durch digitale <strong>Tech</strong>nologien mit Daten und<br />

Einsichten bereichert, aber nicht abgelöst. Die schnelle<br />

Umsetzung von Remote Work in der Pandemie zeigte<br />

jedoch, dass bisherige Talentmanagement-Konzepte für<br />

eine künftig hybrid arbeitende Belegschaft nicht mehr<br />

greifen. Mitar beitende haben in den letzten Monaten<br />

unterschiedliche Erfahrungen im Homeoffice gemacht.<br />

Ihre Erwartungen an digitale Trainings, Weiterqualifizierungen<br />

und Entwicklungsmöglichkeiten unterscheiden<br />

sich erheblich. Hier helfen innovative <strong>Tech</strong>nologien und<br />

neue, flexiblere Prozesse. Oft müssen zudem kulturelle<br />

und technologische Hürden überwunden werden. Unternehmen,<br />

die in diesen beiden Bereichen überzeugen,<br />

werden die besten Talente anwerben und langfristig<br />

binden.<br />

Potenzial sehe ich vor allem beim Employee Engagement,<br />

auch durch die umfassende Nutzung von<br />

Mitarbeiterfeedback und -befragungen: Umfassende<br />

Kontextdaten helfen, personalisierte, sinnstiftende<br />

Massnahmen zu schaffen, die Mitarbeitende in ihrer<br />

gesamten Laufbahn im Unternehmen unterstützen.<br />

Durch den Einsatz innovativer <strong>Tech</strong>no logie können<br />

bereits heute Rückmeldungen von Mitarbeitenden in<br />

praktische Massnahmen umgewandelt werden, sodass<br />

Unternehmen besser und schneller auf individuelle<br />

Bedürfnisse und Präferenzen eingehen können.<br />

Es ist uns wichtig, weiter auf Employee Engagement und<br />

ein tolles Benutzererlebnis zu setzen. Das ermöglicht<br />

es, Talentmanagement im Kontext zu gestalten, und<br />

zwar so, dass für die Mitarbeitenden alles an einem Ort<br />

zusammengefasst ist und für ihren Arbeitsalltag sowie<br />

ihre Zukunft im Unternehmen Sinn ergibt.<br />

Egal! Hauptsache wohlwollend und menschlich.<br />

Offene Kommunikation und Teamarbeit müssen im<br />

Talentmanagement unkompliziert möglich sein. Ob<br />

im persönlichen Gespräch oder mithilfe eines digitalen<br />

Tools. Der Zweck digitaler <strong>Tech</strong>nologien ist es, uns<br />

Menschen dabei zu unterstützen, unsere Stärken im<br />

richtigen Job einzusetzen.<br />

Skill- und Talentmanagement muss fortlaufend<br />

stattfinden und ohne Barrieren erfolgen. Stärkenorientierte<br />

Entwicklung muss zudem gefördert werden,<br />

um die Mitarbeitendenbereitschaft zu erhöhen, sich<br />

neue Skills anzu eignen. Wichtig ist ausserdem eine<br />

«Feedforward»-Kultur, also Leistungsrückmeldungen,<br />

die sich auf die Zukunft und nicht auf die Vergangenheit<br />

beziehen. Sind dennoch Schulterblicke notwendig,<br />

hilft dies Unternehmen, Projekte und die Teamleistung<br />

zu reflektieren.<br />

Unser Fokus liegt auf der Entwicklung einer Suite, in der<br />

die besten <strong>HR</strong>-Lösungen gebündelt werden. Die Employee<br />

Experience wird laufend verbessert, indem Prozesse<br />

vereinfacht werden und Transparenz geschaffen wird.<br />

Deshalb integrieren wir fortlaufend neue Softwarelösungen.<br />

Beispielsweise Mitarbeiterumfragen. Ebenso aber<br />

auch die Möglichkeit, Mitarbeiterempfehlungen für offene<br />

Stellen abzugeben. Der Cloudansatz stellt dabei sicher,<br />

dass die Systemlösungen zusammenspielen.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

31


SCHWERPUNKT<br />

<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

PANDEMIE VERÄNDERT NUTZERVERHALTEN<br />

DIE NACHFRAGE NACH DIGITALEN TOOLS IM BETRIEBLICHEN GESUNDHEITSMANAGEMENT (BGM)<br />

IST SEIT BEGINN DER PANDEMIE GESTIEGEN, BEOBACHTEN UNTERNEHMEN UND ANBIETER.<br />

WAS DIGITALE BGM-TOOLS KÖNNEN UND WIE UNTERNEHMEN SIE ANWENDEN.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Die Zukunft des BGM wird digitaler. Das zeigen auch<br />

die jüngsten BGM-Pläne von DHL Express Schweiz.<br />

«Dieses Jahr rollen wir ein umfassendes Health&Wellbeing-Projekt<br />

aus, das sich ‹Wellbeing360› nennt»,<br />

sagt Dana Marzan, <strong>HR</strong> Development Specialist. Der<br />

Grund? «Der langfristige Erfolg eines BGM lässt sich<br />

nur durch ein ganzheitliches Massnahmenpaket<br />

begründen.» Deshalb beinhalte das BGM-Unterfangen<br />

von DHL alle Bereiche eines gesunden Arbeitslebens:<br />

physische, psychische und emotionale<br />

Gesundheit, Ernährung, Gestaltung des Arbeitsplatzes,<br />

des Büros und der Arbeitsumgebung. Abgebildet<br />

wird es in einer digitalen Plattform, welche<br />

Nutzer durch die verschiedenen Themen führt. «Mitarbeitende<br />

aller Länder mit ähnlichen Interessen<br />

oder gleichen gesundheitlichen Zielen können sich<br />

darüber vernetzen und gemeinsam ihre Ziele erreichen.»<br />

Bereits heute nutzt DHL für die Mitarbeitendengesundheit<br />

digitale BGM-Tools. Beispielsweise die virtuelle<br />

«VP GO Destination Challenge» von Virgin<br />

Pulse. DHL-Mitarbeitende finden darauf Informationen<br />

zu Gesundheitsthemen: von Ernährung,<br />

Schlaf, mentalem Wohlbefinden bis hin zu Bewegung.<br />

«Nebst der Gesundheit unserer Mitarbeitenden<br />

konnten wir damit auch die Zusammenarbeit<br />

und das freundschaftliche Verhältnis untereinander<br />

steigern», bilanziert Marzan. Da die Standorte von<br />

DHL über die ganze Schweiz verteilt sind, wäre es<br />

ohne «VP GO» fast unmöglich gewesen, gemeinsam<br />

etwas für die eigene Gesundheit zu tun, sagt Marzan.<br />

«An der Challenge können alle Mitarbeitenden<br />

teilnehmen und in 7er-Teams gegeneinander antreten.»<br />

Personalisierte Erlebnisse<br />

«Covid-19 hat digitalen BGM-Programmen Schub<br />

verliehen», beobachten die beiden Software-Anbieter<br />

Bernhard Schlosser, Executive Director Europe<br />

von Virgin Pulse, und Patrick Stäuble, Geschäftsführer<br />

von Medbase Fit im Job. Durch die Homeoffice-Pflicht<br />

hätten sich viele Mitarbeitende zu wenig<br />

bewegt und seien emotional gestresster gewesen.<br />

«Arbeitgebende waren deshalb gefragt, Mitarbeitenden<br />

einen Anreiz zu bieten, etwas für ihre<br />

Gesundheit und gegen die häusliche Isolation zu<br />

tun. Digitale BGM-Programme können hier Hand<br />

bieten», sind sich die beiden einig.<br />

Diese seien heute weit mehr als Schrittzähler, sagt<br />

Schlosser. «Etablierte digitale BGM-Programme<br />

nutzen neueste <strong>Tech</strong>nologien wie künstliche Intelligenz<br />

oder maschinelles Lernen, um ein personalisiertes<br />

Erlebnis zu schaffen und Teilnehmende zum<br />

Patrick Stäuble,<br />

Geschäftsführer, Medbase Fit im Job<br />

Dana Marzan,<br />

<strong>HR</strong> Development Specialist, DHL Express Schweiz<br />

Bernhard Schlosser,<br />

Executive Director Europe, Virgin Pulse<br />

richtigen Zeitpunkt gezielt mit BGM-Inhalten zu<br />

unterstützen.» Mittlerweile böten diese BGM-Plattformen<br />

nicht nur Gesundheitsinhalte, sondern auch<br />

Anbindungen zu tragbaren Geräten, anderen digitalen<br />

Tools und Offline-Programmen.<br />

Digitale BGM-Tools befinden sich im Wandel und<br />

werden von Anbietern regelmässig aktualisiert.<br />

«Allein 2022 werden wir rund 50 Millionen Dollar in<br />

Produktinnovationen investieren», hält Schlosser<br />

von Virgin Pulse fest. Verbesserungsvorschläge<br />

kämen von Branchenexperten, Produktmanagern,<br />

aus dem eigenen wissenschaftlichen Institut wie<br />

auch von Kundenseite. «Erst kürzlich haben wir eine<br />

erweiterte Funktion von Ranglisten bei unseren<br />

Challenge-Lösungen wie VP GO umgesetzt, die IBM<br />

an uns herangetragen hat, wodurch nun alle Kunden<br />

profitieren.» Auch Patrick Stäuble führt bei seinem<br />

BGM-Tool ein- bis zweimal im Jahr Anpassungen<br />

durch, die auf Kundenwünsche basieren: «Vor einigen<br />

Monaten haben wir so das ‹myRelax›-Modul<br />

um weitere Übungen zur Achtsamkeit und Resilienz<br />

erweitert.»<br />

Flankierende Massnahme<br />

Noch ist der Zenit bei digitalen BGM-Tools nicht<br />

erreicht. Gemäss Bernhard Schlosser von Virgin Pulse<br />

werden digitale BGM-Tools künftig noch intensiver<br />

genutzt, da viele Arbeitnehmende weiterhin im<br />

Homeoffice arbeiten werden und somit nicht an<br />

Gesundheitsinitiativen am Arbeitsplatz teilnehmen<br />

können. «Beschäftigte wollen ihre Arbeitszeit und<br />

Gesundheitsroutinen zudem selbst einteilen, statt<br />

sie sich vom Arbeitgebenden vorgeben zu lassen.»<br />

Ein digitales Tool zur Gesundheitsförderung genüge<br />

jedoch auch in Zukunft nicht. «Ein BGM-Tool ist und<br />

bleibt eine flankierende Massnahme», sagt Patrick<br />

Stäuble. Dem kann Bernhard Schlosser nur zustimmen:<br />

«Software macht BGM-Verantwortliche keinesfalls<br />

überflüssig. Sie werden mehr denn je<br />

gebraucht, um ein strategisches BGM-Programm<br />

im Unternehmen zu implementieren.» a<br />

Virgin Pulse<br />

Virgin Pulse ist Teil der Virgin Group von Sir Richard<br />

Branson und mit 17 Jahren Markterfahrung auf<br />

globaler Ebene Anbieter von <strong>Tech</strong>nologielösungen,<br />

die das Engagement und Wohlbefinden von<br />

Mitarbeitenden nachhaltig und messbar fördern.<br />

Die Plattform-Lösungen reichen von schlüsselfertig<br />

und binnen weniger Tage implementiert<br />

bis hin zu individualisierten Kundenlösungen, die<br />

in Unternehmens- wie auch BGM-Strategie eingebettet<br />

werden.<br />

virginpulse.com<br />

Medbase Fit im Job AG<br />

Die Medbase Fit im Job AG mit Sitz in Winterthur<br />

begleitet seit 1988 Mitarbeitende und Unternehmen<br />

auf dem Weg zu mehr Wohlbefinden<br />

und Energie. In Seminaren und Coachings vermittelt<br />

Medbase Fit im Job dafür fundiertes<br />

Know-how. Seit 2003 vertreibt das Unternehmen<br />

auch verschiedene Online-Tools. Unter anderem<br />

das Gesundheitsportal «myChange», das Mitarbeitenden<br />

alltagstaugliche und konkrete Tools<br />

vermittelt. Es zeigt, wie man seine persönlichen<br />

Gesundheitsziele erreicht, und liefert wissenswerte<br />

Informationen rund ums Thema.<br />

my-change.ch<br />

32


<strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

SCHWERPUNKT<br />

VERANTWORTUNG NICHT NUR AN<br />

MITARBEITENDE ABSCHIEBEN<br />

MARTIN DEGEN, PROJEKTLEITER BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT BEI GESUNDHEITSFÖRDERUNG<br />

SCHWEIZ, ÄUSSERT SICH ZU DEN VORTEILEN UND GRENZEN DIGITALER BGM-TOOLS UND WARUM SIE<br />

MÖGLICHST NICHT ALLEINSTEHEND GENUTZT WERDEN SOLLTEN.<br />

Interview: Christine Bachmann<br />

Wie verbreitet sind digitale BGM-Tools in der<br />

Schweiz?<br />

Martin Degen: Eine genaue Zahl kann ich leider<br />

nicht nennen. Das BGM-Monitoring 2020 von<br />

Gesundheitsförderung Schweiz, das nach 2016<br />

bereits zum zweiten Mal gesamtschweizerisch<br />

durchgeführt wurde, zeigt jedoch, dass knapp<br />

zwei Drittel der befragten Betriebe externe Dienstleistungen<br />

in Anspruch nehmen. Davon gibt ein<br />

Viertel an, dass sie auf Online-Tools und Apps<br />

setzen. Gemäss unserer Marktbeobachtung hat<br />

die Nutzung von BGM-Apps in den letzten vier<br />

Jahren stark zugenommen.<br />

FOTO: ZVG<br />

Was sind Vorteile von digitalen BGM-Tools?<br />

Ein digitales Tool analysiert das Verhalten eines<br />

Nutzers und kann ein Programm individuell an<br />

dessen Bedürfnisse anpassen. Gleichzeitig gelingt<br />

es damit, viele Mitarbeitende zu erreichen. Ausserdem<br />

können mit einem digitalen BGM-Tool Befragungen<br />

durchgeführt und die Antworten automatisch<br />

ausgewertet sowie mit einem Benchmark<br />

verglichen werden. Dadurch erhalten Arbeitgebende<br />

eine objektive Einordnung dieser Resultate.<br />

Wo stossen diese an Grenzen?<br />

BGM hat sehr viel mit der Firmenkultur zu tun.<br />

Diese sollte in Leitbildern oder Reglementen verankert<br />

sein. Die Bereitschaft, diese Philosophie zu<br />

leben, kann durch ein Tool nicht ersetzt werden.<br />

Digitale Tools fokussieren oft nur auf das Verhalten<br />

der Mitarbeitenden. Somit besteht die Gefahr,<br />

dass die Verantwortung für die Gesundheit auf<br />

die Mitarbeitenden allein abgeschoben wird. Ein<br />

weiterer Aspekt ist die Überwachung und der<br />

Datenschutz. Bei einem Teil der erhobenen Daten<br />

kann es sich um besonders schützenswerte Personeninformationen<br />

handeln.<br />

Welche Möglichkeiten bietet künstliche Intelligenz?<br />

Die Anwendung von künstlicher Intelligenz steckt<br />

bei BGM-Tools noch in den Kinderschuhen. Potenzial<br />

sehe ich allerdings bei der Mustererkennung:<br />

Durch die Analyse genügend hoher Datenmengen<br />

können erfolgversprechende Wege aufgezeigt<br />

werden, die bei anderen Firmen mit vergleichbaren<br />

Mustern zur Verbesserung einer Situation<br />

geführt haben. Möglicherweise sind Einflüsse wie<br />

die einer Grippewelle oder einer Pandemie auf die<br />

Gesundheit der Mitarbeitenden durch KI besser<br />

quantifizierbar. Trotzdem sollten Unternehmen<br />

die Interpretation grosser Datenmengen durch<br />

künstliche Intelligenz kritisch hinterfragen. Speziell<br />

im Bereich der psychischen Gesundheit geht<br />

es um soziale Beziehungen. Dort funktionieren<br />

digitale Lösungen meist nicht.<br />

Wie sieht das BGM in zehn Jahren aus?<br />

Ich gehe davon aus, dass digitale Helfer sowohl<br />

bei der Situationsanalyse als auch bei der Umsetzung<br />

von gewissen Massnahmen Standard sein<br />

werden.<br />

a<br />

DIGITALE BGM-TOOLS VON GESUND-<br />

HEITSFÖRDERUNG SCHWEIZ<br />

Die App «FWS Apprentice Experts» versorgt<br />

Berufsbildungsverantwortliche mit Informationen<br />

zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen<br />

und zur Arbeits- und Freizeitsicherheit.<br />

Mit «FWS Office» existiert zudem eine Plattform,<br />

die Teams im Homeoffice unterstützt.<br />

Gesundheitsförderung Schweiz bietet ausserdem<br />

viele weitere Tools, die auf eine digitale<br />

und mobile Nutzung ausgelegt sind – von Office<br />

Checks über das Befragungstool FWS Job-<br />

Stress-Analysis oder den FWS Check. Weiter<br />

bietet die Stiftung digitale Trainings sowie Weiterbildungen<br />

und führt Veranstaltungen wie<br />

Tagungen durch: vor Ort, online oder hybrid.<br />

Mit dem Label «Friendly Work Space» zeichnet<br />

Gesundheitsförderung Schweiz zudem Unternehmen<br />

und Organisationen aus, die betriebliches<br />

Gesundheitsmanagement (BGM) nachhaltig<br />

erfolgreich umsetzen. Aktuell sind 81<br />

Organisationen mit rund 205 000 Arbeitnehmenden<br />

mit dem Label ausgezeichnet.<br />

gesundheitsfoerderung.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

33


<strong>HR</strong> <strong>Tech</strong> Club<br />

DIGITALES LERNEN: VON PUSH ZU PULL<br />

SCHNELLER WANDEL BRAUCHT SCHNELLE WISSENSVERMITTLUNG. UNTERNEHMEN<br />

SETZEN DESHALB ZUNEHMEND AUF TECHNOLOGIEN, DIE SELBSTORGANISIERTES LERNEN<br />

FÖRDERN UND MITARBEITENDE IM WORKFLOW AM ARBEITSPLATZ UNTERSTÜTZEN.<br />

Gastbeitrag: Matthias Langenbacher<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Matthias Langenbacher<br />

ist seit 2014 Geschäftsführer<br />

und Key Account<br />

Manager bei tts Schweiz.<br />

Er begleitet Kunden bei der<br />

Digitalisierung ihrer <strong>HR</strong><br />

und verfolgt einen Ansatz,<br />

der sich im Arbeitsalltag<br />

am Menschen und seinen<br />

Bedürfnissen orientiert.<br />

tt-s.com<br />

Sponsoren:<br />

Die Weiterbildung hat in den Unternehmen in den letzten<br />

Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen. Noch vor<br />

kurzer Zeit fristeten Schulungen häufig ein bescheidenes<br />

Dasein. Inzwischen ist jedem <strong>HR</strong>-Manager klar: Weiterbildung<br />

und Talentmanagement sind geschäftskritische Faktoren, die<br />

zum Kernbereich der strategischen Unternehmensführung<br />

gehören. Beides ist dafür verantwortlich, wie gut sich ein Unternehmen<br />

in Krisenzeiten bewährt und wie schnell es mit künstlicher<br />

Intelligenz (KI), Remote Work und datengetriebenem<br />

Business auf turbulente Veränderungen reagieren kann. Nicht<br />

die <strong>Tech</strong>nologie macht den entscheidenden Unterschied im<br />

Wettbewerb. Es geht vielmehr darum, wie souverän und kreativ<br />

Mitarbeitende das damit verbundene Potenzial ausreizen.<br />

Die Voraussetzung dafür sind kontinuierliches Lernen und ein<br />

hohes Tempo beim Wissenstransfer, das vor allem digitale<br />

Schulungen versprechen. Doch nicht alle Lernformate werden<br />

diesem Anspruch gerecht.<br />

1000 Antworten sind 999 zu viel<br />

Auch in der Schweiz hat die Covid-19-Pandemie für einen beispiellosen<br />

Digitalisierungsschub in der Weiterbildung gesorgt.<br />

Wo vorher Frontalunterricht herrschte, gab es plötzlich webbasiertes<br />

E-Learning, Webinare, Peer-to-Peer Learning oder<br />

Virtual Classroom Trainings. Diese digitalen Lernformate sind<br />

in vielen Unternehmen seit Jahren etabliert. Sie sorgen für<br />

Abwechslung im internen Weiterbildungsangebot, fördern den<br />

ortsunabhängigen Austausch und berücksichtigen zumindest<br />

teilweise das individuelle Lerntempo bei der Wissensvermittlung<br />

sowie die Vorlieben der Mitarbeitenden für bestimmte<br />

Medienformate. Etwa, weil diese beim E-Learning selbst<br />

bestimmen, was und wann sie lernen wollen. Trotzdem gehen<br />

die meisten Lernformate im Unternehmen am täglichen Wissensbedarf<br />

der Beschäftigten vorbei. Wer einmal ein einstündiges<br />

Youtube-Video, einen Podcast oder eine seitenlange<br />

Dokumentation nach dem einen, entscheidenden Hinweis<br />

durchsucht hat, dürfte ahnen, worum es geht.<br />

Viele digitale Lernformate orientieren sich an vordigitalen<br />

Methoden der Wissensvermittlung. Sie liefern zwar unverzichtbares<br />

Know-how zu bestimmten Themen oder Projekten, sind<br />

aber weder clever noch smart, weil sie zu viele Antworten auf<br />

unterschiedliche, oft sehr spezifische Fragestellungen der einzelnen<br />

Teilnehmenden geben. Die Folgen dürften die meisten<br />

aus eigener Erfahrung kennen: Information Overload, Langeweile,<br />

die Nebenbei-Beschäftigung mit anderen Dingen und<br />

gleichzeitig die Sorge, sich an das Gelernte nicht mehr erinnern<br />

zu können, wenn es ein oder zwei Wochen später gebraucht<br />

wird: allesamt klassische Fallstricke, wenn es darum geht, Digitalisierungsprojekte<br />

zum Erfolg zu führen.<br />

Weniger ist mehr: kontextbasiertes Lernen am Arbeitsplatz<br />

Die Schweizer Krankenkasse KPT hat Konsequenzen aus diesem<br />

Dilemma gezogen und sich für eine Lösung zur Förderung der<br />

«Digital Adoption» entschieden, die Mitarbeitenden hilft, die<br />

Digitalisierung von Prozessen zu verstehen sowie die Potenziale<br />

von neuer Software zu erkennen und zu nutzen. Das<br />

geschieht, indem die bei der KPT eingeführte Software das<br />

Wissen dorthin bringt, wo es täglich am dringendsten<br />

gebraucht wird: an den Arbeitsplatz. «Wir beobachten einen<br />

Paradigmenwechsel bei der Art, wie Wissen in Firmen vermittelt<br />

wird: Die Inhalte einer Schulung sind nicht mehr isoliert<br />

von der Arbeit der Mitarbeitenden zu betrachten», erklärt<br />

Remo Luzi, E-Learning-Spezialist bei der KPT. Wie so viele<br />

Unternehmen arbeitet auch der Krankenversicherer mit Hochdruck<br />

an der Digitalisierung seiner Prozesse. Entsprechend ist<br />

vieles in Bewegung und der Lernbedarf im Unternehmen so<br />

gross, dass sich Remo Luzi und seine Kollegen bewusst für eine<br />

Software entschieden haben, die das kontextuelle Lernen im<br />

Workflow unterstützt. «Wir zeigen Mitarbeitenden wann immer<br />

möglich nur jene Funktionen, die sie für ihre Arbeit benötigen<br />

und für die sie eine Berechtigung haben», erklärt Luzi. «Wichtig<br />

sind uns zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten des Lernverhaltens<br />

unserer Mitarbeitenden. Das hilft uns, ihre Bedürfnisse<br />

noch besser zu verstehen und diese Erkenntnisse in neue<br />

Schulungen einfliessen zu lassen.» Der entscheidende Punkt<br />

beim kontextbasierten Lernen bestünde darin, grosse Wissenseinheiten<br />

in schnell verdaubare Mikrolektionen zu zerteilen,<br />

welche die KPT-Mitarbeitenden passend zu ihrer aktuellen<br />

Aufgabe und Rolle im «Moment of Need» abrufen können,<br />

also genau dann, wenn sich ein akutes Know-how-Loch auftue.<br />

Damit das funktioniere, laufe bei der KPT eine Support-Lösung<br />

im Hintergrund – sofern dies von den Mitarbeitenden gewünscht<br />

wird und sie diese aktivieren. Die Software erkennt, welches<br />

Programm die Mitarbeitenden gerade nutzen und welche<br />

34


Funktionalitäten sie bedienen möchten. Kommen die Beschäftigten an<br />

einer Stelle nicht weiter, erhalten sie mit einem Mausklick auf Wunsch<br />

die dazu passende Hilfestellung – von Schrittlisten über «How to»-Videos<br />

bis zu programm- und prozessübergreifenden E-Learnings, Dokumentationen,<br />

Animationen oder Quiz-Formaten.<br />

RECRUITING SOLUTIONS<br />

BLOG<br />

Notfallhilfe<br />

Auch Barry Callebaut hat erkannt, dass passgenaues Wissen eine<br />

erfolgskritische Rolle bei Digitalisierungsprojekten spielt. «Microlearning<br />

muss nicht nur im Moment of Need verfügbar, sondern auch hürdenfrei<br />

sein», sagt Stefan Weingärtner, der bei Barry Callebaut den Bereich<br />

Global <strong>HR</strong> Solutions and Digitalization verantwortet. Seit 2013 arbeitet<br />

der weltweit grösste Schokoladenhersteller mit SAP. Das Unternehmen<br />

setzt seit langem auf ein breites digitales Lernangebot. Dabei zeigte<br />

sich, dass die Mitarbeitenden von Barry Callebaut Dokumentationen,<br />

Trainingsmaterialien oder Tool Guides im Intranet oft nicht auf Anhieb<br />

fanden. Um die Mitarbeitenden bei der Dokumentsuche besser zu unterstützen,<br />

entschied sich Barry Callebaut deshalb für eine «Digital Adoption»-Lösung.<br />

«Aktuell arbeiten ausschliesslich die <strong>HR</strong>-Mitar beitenden<br />

damit, in Zukunft ist jedoch ein Einsatz über SAP SuccessFactors hinaus<br />

geplant. So können sich die Mitarbeitenden bei Problemen jederzeit<br />

selbst helfen und Hilfsseiten konsultieren, bevor sie sich an den Support<br />

wenden.» Damit die Integration in die existierenden IT-Systeme reibungslos<br />

gelinge, bevorzuge das Unternehmen eine IT-Lösung, die mit jeder<br />

beliebigen Software funktioniere. Besonders im Onboarding spiele das<br />

Mikrolernen eine wichtige Rolle, sagt Stefan Weingärtner. «Digital Adoption<br />

Solutions können gerade in diesem Bereich noch viel Potenzial<br />

ausschöpfen.»<br />

ZIELGRUPPEN & CANDIDATE PERSONA:<br />

SO FINDEN SIE DIE RICHTIGE ANSPRACHE<br />

Für die <strong>HR</strong>-Abteilung sind die sogenannten Candidate Personas bei<br />

der Visualisierung und späteren Kommunikation hilfreich. Wie auch<br />

Sie diese erfolgreich nutzen können, erfahren Sie hier.<br />

WARUM BEKOMME ICH KEINE GUTEN KANDIDATEN?<br />

Nichts schreckt potenzielle Kandidaten mehr ab als eine langweilige,<br />

unpersönliche Stellenanzeige. Fazit: Es kommen keine passenden<br />

Bewerbungen rein, weil die Zielgruppe nicht angesprochen wird.<br />

Dahinter steckt ein veraltetes System, dass leider noch immer viele<br />

Unternehmen anwenden. Im Grunde genommen werden für die<br />

Stellenausschreibung stereotypische Mitarbeitende anhand von ungefähren<br />

Vorstellungen des Personalmitarbeitenden erstellt. Das Problem<br />

dabei: Es entstehen dabei kalte und statische Personas, die oft nichts<br />

mit der Realität gemeinsam haben. Wieso das? Oftmals wissen Personaler<br />

gar nicht, was wirklich gesucht wird. Und wer nicht weiss, was er<br />

sucht, wählt nach bestem Gewissen aus und hofft auf ansprechende<br />

Kandidaten.<br />

WIR BEOBACHTEN EINEN<br />

PARADIGMENWECHSEL BEI DER<br />

ART, WIE WISSEN IN FIRMEN<br />

VERMITTELT WIRD: DIE INHALTE<br />

EINER SCHULUNG SIND NICHT<br />

ME<strong>HR</strong> ISOLIERT VON DER ARBEIT<br />

DER MITARBEITENDEN ZU<br />

BETRACHTEN.<br />

REMO LUZI, E-LEARNING-SPEZIALIST, KPT<br />

Alles auf die E-Learning-Karte setzen würde Weingärtner aber nicht.<br />

Bei Barry Callebaut gäbe es weiterhin einen persönlichen Wissensaustausch<br />

und virtuelle Teamsitzungen. Welches Mittel wann eingesetzt<br />

werde, sei situativ. «Um zu entscheiden, wie man Lerninhalte effizient<br />

vermittelt, braucht es viel Feingefühl.» Softwaregestütztes Lernen werde<br />

bei Barry Callebaut dabei immer wichtiger. Dennoch dürfe man den<br />

Menschen nicht vergessen: «Dessen Bedürfnis nach Interaktion mit<br />

anderen. Akzeptanz und Frustration liegen eng beieinander.» a<br />

<strong>HR</strong> TECH CLUB – MEET THE FUTURE<br />

Aufgrund der aktuellen Situation sind<br />

zurzeit keine physischen Events geplant.<br />

hrtechclub.ch<br />

CANDIDATE PERSONAS – WARUM SIE NÜTZLICH SIND<br />

Um diesem Problem entgegenzutreten, muss das Unternehmen eine<br />

neue Methode anwenden: die Candidate Personas. Dabei handelt<br />

es sich um fiktive Personen, die ihre Zielgruppe repräsentieren. Die<br />

Vorteile sind:<br />

• Die <strong>HR</strong>-Abteilung kann gezielter und persönlicher auf potenzielle<br />

Kandidaten zugehen<br />

• Die richtigen Kandidaten werden angezogen<br />

• Die Candidate Experience/Journey wird positiver bewertet<br />

• Eine direkte Folge des oberen Punktes: Das Employer Branding steigt<br />

• Die Bedürfnisse der Kandidaten werden schneller erkannt und können<br />

dementsprechend auf sie ausgerichtet werden<br />

• Sie arbeiten wirtschaftlicher, da Sie Zeit und Aufwand einsparen<br />

• Marketingmassnahmen können viel gezielter ausgespielt werden<br />

DIE BEWERBERANSPRACHE – SO GELINGT’S<br />

Um die richtige Bewerberansprache generieren zu können, müssen<br />

Sie wissen, wie man eine Candidate Persona erstellt. Dabei dürfen auf<br />

keinen Fall die persönlichen Vorlieben des <strong>HR</strong>-Mitarbeitenden oder des<br />

<strong>HR</strong>-Chefs zu viel Gewicht tragen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe<br />

kritisch analysieren. Deswegen sollten Sie zunächst mit Kollegen<br />

brainstormen und sich Fragen stellen wie:<br />

• Welche Art von Kandidaten suchen Sie? (Lang-, mittel- oder kurzfristig)<br />

• Suchen Sie junge Talente, die frisch von der Universität abgegangen<br />

sind?<br />

• Welche Kriterien darf ein Kandidat auf keinen Fall haben?<br />

• Was braucht er unbedingt?<br />

• Etc.<br />

Auch Studien, Umfragen und die<br />

Analyse von Online-Profilen können<br />

dabei helfen. Analysieren Sie auch<br />

die aktuellen Mitarbeitenden. Je<br />

detaillierter Sie sich die Persona vorstellen,<br />

also ihre Wünsche, Träume,<br />

Vorstellungen, Erwartungen und<br />

Kommunikationsweise aufschreiben,<br />

desto besser können Sie anschliessend<br />

mit Ihren echten Kandidaten<br />

kommunizieren.<br />

WEITERLESEN:<br />

bit.ly/blogprospective<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

35


Die vielseitige Eventlocation an bester Lage<br />

Suchen Sie die passende Location für eine Fachmesse, einen Mitarbeiterevent,<br />

einen Kundenapéro, ein Seminar, einen Kongress oder Ihre Hochzeit? Das Trafo<br />

Baden ist so vielseitig wie Ihre Eventidee.<br />

Passende Räumlichkeiten für jeden Anlass<br />

Foodkonzept vom hauseigenen Catering<br />

Attraktive Cateringpauschalen oder nur Raummiete<br />

Brown Boveri Platz, 5400 Baden<br />

Telefon +41 56 204 08 88<br />

Virtuelle Locationbesichtigung<br />

info@trafobaden.ch, trafobaden.ch<br />

Parkhaus und Bahnhof direkt nebenan<br />

81 Hotelzimmer der Kategorie 3* Superior und 30 der Kategorie 4* trafobaden.ch


Presented by ETH Zürich und Universität St. Gallen<br />

BILDUNG IST TECHNOLOGIETRANSFER<br />

FOTO: ZVG<br />

Wie können Unternehmen von der Weiterbildung<br />

ihrer Fachkräfte profitieren?<br />

Stefano Brusoni: Die Welt wandelt sich und<br />

damit der Bedarf an neuen Kompetenzen. Einige<br />

davon sind offensichtlich – man denke an digitale<br />

Fertigkeiten –, andere sind spartenübergreifend.<br />

Sie ermöglichen Menschen unter anderem, mit<br />

Wandel umzugehen: Handlungsbedarf zu erkennen,<br />

entsprechende Massnahmen zu ergreifen,<br />

und andere Menschen darin einzubinden. Während<br />

wir in der Vergangenheit diese Fähigkeiten<br />

oft unterschätzt haben, sind sie heute die «hot<br />

topics» im Bildungsbereich.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Welche Rolle hat die persönliche Dimension<br />

für Innovation?<br />

Unsere Forschung zeigt, dass Menschen sich nicht<br />

gerne verändern. Aus evolutionärer Sicht ist das<br />

eine verständliche Reaktion auf Risiko. Das reicht<br />

von milder Ablehnung bis hin zur schieren Furcht.<br />

Wir sehen aber auch, dass diese Hürde überwunden<br />

werden kann. Die dafür wirksamen Fähigkeiten,<br />

wie kognitive Flexibilität oder emotionale<br />

Intelligenz, nehmen daher eine zentrale Rolle in<br />

unseren Studienprogrammen ein.<br />

Das emba X Programm als gemeinsames<br />

Projekt der Universität St. Gallen und der ETH<br />

ist eines davon. Um was handelt es sich dabei?<br />

Wir schaffen gemeinsam etwas, das keiner der<br />

Partner allein hätte schaffen können. Sowohl die<br />

HSG als auch die ETH geniessen eine hohe Reputation<br />

in den Bereichen Forschung und Bildung.<br />

Wir vereinen diese Kompetenzen in einem Programm<br />

für Führungskräfte, das konventionelle<br />

Grenzen überwindet. Zwischen <strong>Tech</strong>nologie und<br />

Management, fachlichen und persönlichen Kompetenzen,<br />

aber auch zwischen unternehmerischem<br />

Erfolg und Nachhaltigkeit. Denn diese<br />

Grenzen existieren auch in Unternehmen nicht.<br />

Wie wird auf Nachhaltigkeit eingegangen?<br />

Wir setzen auf Menschen, die ein echtes Interesse<br />

daran haben, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.<br />

Im «Social Impact» Projektmodul<br />

werden unsere Studierenden mit einer NGO<br />

zusammenarbeiten. Wir wollen sie dazu ermutigen,<br />

über ihre Rolle im gesellschaftlichen und<br />

professionellen Kontext nachzudenken. So können<br />

sie ihre Routinen hinter sich lassen und in den<br />

nachfolgenden Projektmodulen – «Business<br />

Model Innovation» und «Company Impact» –<br />

Methoden und Ansätze unter neuen Perspektiven<br />

erproben und in ihre professionelle Umgebung<br />

einfliessen lassen.<br />

STEFANO BRUSONI<br />

Professor für <strong>Tech</strong>nologie- und Innovationsmanagement, Departement MTEC, ETH Zürich<br />

Akademischer Direktor, MAS in Management <strong>Tech</strong>nology and Economics, ETH Zürich<br />

Akademischer Co-Direktor, emba X, ETH Zürich und Universität St. Gallen<br />

Sie leiten das MAS MTEC Weiterbildungsprogramm<br />

an der ETH. Warum sollte man an<br />

der ETH Management studieren?<br />

Der technische Hintergrund der ETH bringt den<br />

MAS MTEC näher an Naturwissenschaft und<br />

<strong>Tech</strong>nologie. Während Business Schools typischerweise<br />

einen Einblick in technische Bereiche<br />

geben, können wir ein ganzes <strong>Tech</strong>nologie-Panorama<br />

bieten, das wir in unser Programm integrieren.<br />

Dadurch können die Studierenden unabhängig<br />

ihrer Gewohnheiten neue Möglichkeiten<br />

entdecken. Wer den MAS MTEC absolviert, ändert<br />

sich. Um unseren Studierenden zu ermöglichen,<br />

ihre Kompetenzen gezielt einzusetzen, haben wir<br />

ein Mentoring Programm ins Leben gerufen. Es<br />

hilft unseren Absolventinnen und Absolventen,<br />

mit ihrem neu erlernten Wissen und ihren Fähigkeiten<br />

einen Wandel in ihrer Organisation zu<br />

bewirken. Die überwältigende Mehrheit unserer<br />

Studierenden bleibt ihrer Firma erhalten.<br />

An wen richten sich emba X und MAS MTEC?<br />

Der MAS MTEC richtet sich vorwiegend an Ingenieurinnen<br />

und Ingenieure und Naturwissenschaftlerinnen<br />

und -wissenschaftler, die in einem<br />

technischen Umfeld tätig sind und sich in<br />

Richtung Management oder Selbstständigkeit<br />

orientieren möchten. Kandidatinnen und Kandidaten<br />

für den emba X sollten erhebliche Führungserfahrung<br />

vorweisen können und sich für<br />

einflussreiche Positionen interessieren. Sie sind<br />

ambitioniert, haben gleichzeitig aber auch den<br />

gesellschaftlichen Wandel im Blick und sind bereit,<br />

ein gewisses Risiko einzugehen, um diesen Wandel<br />

mitzugestalten.<br />

Worauf gründet Ihre Begeisterung für Bildung?<br />

Jedes Jahr gehen tausende Studierende von der<br />

Universität in die Gesellschaft. Wir bringen Ihnen<br />

bei, worüber wir forschen, und sie setzen es um.<br />

Das macht Bildung zu unserem wichtigsten Kanal<br />

für <strong>Tech</strong>nolgietransfer.<br />

Studienprogramme<br />

MAS in Management, <strong>Tech</strong>nology,<br />

and Economics<br />

ETH Zürich<br />

mas-mtec.ethz.ch<br />

emba X<br />

ETH Zürich | Universität St. Gallen<br />

embax.ch<br />

38


THEMA<br />

Arbeit und Recht (Seite 40) • Sozialversicherungen (Seite 42) • <strong>HR</strong> Change Management (Seite 47)<br />

<strong>HR</strong> und Klima (Seite 50) • Loyalität (Seite 53) • Angeknüpft (Seite 55)<br />

MORALISCHE ABGRÜNDE<br />

Was würden Arbeitnehmende tun, um möglichst viel Geld zu scheffeln?<br />

Dieser Frage ging das amerikanische Marketingunternehmen<br />

Zety nach und befragte 10 000 Berufstätige in den USA. Das Ergebnis<br />

lässt aufhorchen: Ein Drittel würde sich strafbar machen. Von<br />

ihnen schrecken 77 Prozent vor Drogenhandel und 70 Prozent vor<br />

Diebstahl nicht zurück. 65 Prozent würden sogar eine andere Person<br />

bedrohen oder verletzen. Von den gesetzestreuen Bürgerinnen und<br />

Bürgern würden 41 Prozent für eine Firma arbeiten, deren Geschäftsgebaren<br />

ihrer Ethik widerspricht. Nicht alle Menschen lassen sich aber<br />

gleichermassen von Geld verführen: «Männer schieben ihre moralischen<br />

Einstellungen für Geld eher beiseite als Frauen», folgert die<br />

Studie. Die Gier nach Geld ist auch altersabhängig: Babyboomer sind<br />

weniger käuflich. Nur 26 Prozent könnten sich vorstellen, für eine<br />

unethische Firma zu arbeiten, während mit 48 Prozent fast die Hälfte<br />

der Millennials und der Generation Z ihre Skrupel für einen höheren<br />

Verdienst über Bord wirft.<br />

Nicht entschädigte Mehrarbeit<br />

Berufstätige arbeiten seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wöchentlich<br />

durchschnittlich neun Stunden länger, hat das ADP Research<br />

Institute in der Studie «People at Work 20<strong>21</strong>» herausgefunden, für<br />

die weltweit rund 15 300 Arbeitnehmende befragt wurden. Die<br />

wöchentliche Überzeit der Beschäftigten in «systemrelevanten»<br />

Berufen liegt mit 10,1 Stunden sogar noch höher. Für ihre Mehrleistung<br />

erhalten die Arbeitnehmenden jedoch keine Entschädigung. Die<br />

Gründe? Gemäss den Studienautoren machen Arbeitnehmende<br />

Überstunden, weil sie mit der zusätzlichen Arbeitsbelastung nicht<br />

Schritt halten können, sich vor einem Jobverlust fürchten, Aufgaben<br />

von entlassenen Kollegen übernehmen müssen oder sich die Arbeit<br />

im Homeoffice vom Privatleben nicht klar abgrenzen lässt.<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

Teures Arbeitgebermarketing<br />

Fachkräfte umwerben kostet. Wie viel die Betriebe für das Arbeitgebermarketing<br />

durchschnittlich ausgeben, zeigt eine Befragung von 181 <strong>HR</strong>-Fachkräften<br />

durch «Great Place to Work» und die Fachhochschule Nordwestschweiz.<br />

Von 30,4 Prozent, die hierfür ein Budget haben, geben 25 Prozent über 100 000<br />

Franken dafür aus, 42,3 Prozent zwischen 25 000 und 100 000 Franken und<br />

32,7 Prozent weniger als 25 000 Franken.<br />

FÜRS ARBEITGEBERMARKETING?)<br />

GREAT PLACE TO WORK (SEITE 14, WIE GROSS IST I<strong>HR</strong> BUDGET<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

39


THEMA<br />

Arbeit und Recht<br />

RECHTE DER ARBEITNEHMENDEN BEI MASSENENTLASSUNGEN<br />

AUFGRUND DER AKTUELLEN WIRTSCHAFTSLAGE IST IN DEN MEDIEN VERME<strong>HR</strong>T VON MASSENENTLASSUNGEN DIE REDE.<br />

DEREN DURCHFÜ<strong>HR</strong>UNG IST FÜR GESCHÄFTSLEITUNG UND PERSONALVERANTWORTLICHE AUF RECHTLICHER,<br />

ORGANISATORISCHER SOWIE EMOTIONALER EBENE EINE BESONDERE HERAUSFORDERUNG.<br />

Gastbeitrag: Nicolas Facincani<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Nicolas Facincani, lic.<br />

iur., LL.M., ist Partner<br />

der Anwaltskanzlei<br />

Voillat Facincani Sutter<br />

+ Partner. Er ist als<br />

Rechtsanwalt tätig und<br />

berät Unternehmen<br />

und Private vorwiegend<br />

in wirtschafts- und<br />

arbeitsrechtlichen<br />

Belangen.<br />

vfs-partner.ch<br />

Eine Massenentlassung<br />

liegt vor, wenn eine<br />

Arbeitgeberin in einem<br />

Betrieb innert 30 Tagen<br />

eine gewisse Anzahl<br />

von Arbeitnehmenden<br />

entlässt, ohne dass die<br />

Kündigungen in einem<br />

Zusammenhang mit<br />

deren Person, Leistung<br />

oder Verhalten stehen.<br />

Wird ein Arbeitsverhältnis<br />

auf andere Weise als<br />

durch eine Kündigung<br />

beendet, wie den Tod<br />

des Arbeitnehmenden<br />

oder aufgrund eines<br />

befristeten Arbeitsvertrags,<br />

wird dieses bei<br />

der Anzahl der Kündigungen<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Rechtlich gilt als Massenentlassung die Entlassung von (a) mindestens<br />

10 Arbeitnehmenden in Betrieben mit mehr als 20 und<br />

weniger als 100 Beschäftigten, (b) mindestens 10 Prozent der<br />

Arbeitnehmenden in Betrieben mit mindestens 100 und weniger<br />

als 300 Beschäftigten sowie (c) mindestens 30 Arbeitnehmenden<br />

in Betrieben mit mindestens 300 Beschäftigten.<br />

Betriebe mit 20 oder weniger Arbeitnehmenden fallen somit<br />

nicht unter die gesetzlichen Bestimmungen der Massenentlassung,<br />

unabhängig von der Anzahl ausgesprochener Kündigungen.<br />

Informations- und Konsultationspflichten<br />

Durch die gesetzlich vorgesehene Konsultationspflicht wird der<br />

Arbeitnehmerschaft bei einer Massenentlassung die Möglichkeit<br />

gegeben, auf die Entscheidungsfindung des Arbeitgebenden<br />

Einfluss zu nehmen. Es wird der Arbeitnehmerschaft dabei<br />

zumindest die Möglichkeit gegeben, Vorschläge zu unterbreiten,<br />

wie Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt und<br />

ihre Folgen gemildert werden können. Teil der Konsultation ist<br />

auch die Information der Arbeitnehmerschaft. Die nachfolgend<br />

beschriebenen Pflichten zur Information und Konsultation entstehen<br />

in dem Moment, in dem eine Massenentlassung durch<br />

einen Arbeitgebenden beabsichtigt wird. Somit muss während<br />

dieses Zeitpunkts eine konkrete Absicht zur Massenentlassung<br />

gegeben sein. Der definitive Entscheid über die Massenentlassung<br />

darf erst nach einem Konsultationsverfahren inklusive<br />

Information der Arbeitnehmerschaft gefällt werden.<br />

Information der Arbeitnehmenden<br />

Beabsichtigt der Arbeitgebende eine Massenentlassung, hat<br />

er in einem ersten Schritt die Arbeitnehmervertretung oder,<br />

falls keine vorhanden ist, die Arbeitnehmenden gesetzeskonform<br />

zu informieren. Der Arbeitgebende hat zudem, sofern<br />

eine Massenentlassung beabsichtigt ist, schriftlich über folgende<br />

Punkte zu informieren: die Gründe der Massenentlassung,<br />

die Zahl der Arbeitnehmenden im Betrieb, die Zahl der<br />

Arbeitnehmenden, denen gekündigt werden soll, sowie den<br />

Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden.<br />

Diese Auskünfte müssen vollständig und möglichst umfassend<br />

sein. Insbesondere muss der Grund für die Massenentlassung<br />

konkret beschrieben werden. Allgemeine Hinweise auf die Wirtschaftslage<br />

genügen den Anforderungen des Gesetzes nicht.<br />

Es ist empfehlenswert, diese Information schriftlich per Einschreiben<br />

zuzustellen, um den Erhalt nachverfolgen zu können.<br />

Ein Aushang in der Cafeteria reicht nicht.<br />

Der Arbeitgebende muss zusätzlich zu den obigen Mindestinformationen<br />

jegliche weiteren, im Zusammenhang mit der<br />

Massenentlassung zweckdienlichen Auskünfte erteilen. Dabei<br />

handelt es sich um eine Holschuld der Arbeitnehmenden. Der<br />

Arbeitgebende braucht nicht von sich aus tätig zu werden. Diese<br />

Auskünfte müssen den Beschäftigten nur erteilt werden, wenn<br />

sie notwendig sind, um Vorschläge zu unterbreiten, wie Kündigungen<br />

im Zusammenhang mit der Massenentlassung vermieden,<br />

deren Zahl beschränkt und ihre Folgen gemildert werden<br />

können.<br />

Erste Information des Arbeitsamtes<br />

Eine Kopie der schriftlichen Mitteilung an die Arbeitnehmervertretung<br />

beziehungsweise an die Arbeitnehmenden mit den notwendigen<br />

Mindestinformationen muss dem kantonalen Arbeitsamt<br />

zugestellt werden. Besitzt ein Betrieb Niederlassungen in<br />

mehreren Kantonen, genügt es, das Arbeitsamt jenes Kantons<br />

zu informieren, in dem sich der betriebliche Hauptsitz befindet.<br />

Konsultation<br />

Die Konsultation beginnt mit der schriftlichen Mitteilung der<br />

beabsichtigten Massenentlassung. Der Arbeitnehmerschaft<br />

muss in diesem Zusammenhang eine angemessene Konsultationsfrist<br />

gewährt werden, die so bemessen ist, dass die Mitarbeitenden<br />

fundierte Vorschläge erarbeiten und einbringen<br />

können. Diese Frist ist im Einzelfall zu bestimmen, insbesondere<br />

aufgrund der Dringlichkeit und Komplexität der Angelegenheit,<br />

der Anzahl der geplanten Kündigungen und der auf dem Spiel<br />

stehenden Interessen. In der Regel wird von einer Frist von 10<br />

bis 14 Tagen ausgegangen.<br />

Der Umfang des Konsultationsrechts ist hingegen rechtlich<br />

umstritten. Zum Teil wird darunter ein reines Anhörungsrecht<br />

verstanden. Zuweilen wird von einem zusätzlichen Mitspracherecht<br />

ausgegangen, bei welchem der Arbeitgebende verpflichtet<br />

ist, sich mit den Vorschlägen der Arbeitnehmenden ernsthaft<br />

auseinanderzusetzen und eine allfällige Ablehnung der Vorschläge<br />

zu begründen. Zum Teil wird sogar ein Dialog zwischen<br />

dem Arbeitgebenden und der Arbeitnehmerschaft verlangt.<br />

Das Bundesgericht hielt bisher schlicht fest, dass der Arbeitgebende<br />

aus dem Grundsatz nach Treu und Glauben verpflichtet<br />

sei, die Lösungsvorschläge seriös zu prüfen (BGE 137 III 162<br />

E.1.1). Das Obergericht des Kantons Zürich hat zudem eine<br />

Begründungspflicht bei Ablehnung der Vorschläge der Arbeit-<br />

40


Arbeit und Recht<br />

THEMA<br />

nehmervertretung beziehungsweise der Arbeitnehmenden<br />

grundsätzlich bejaht.<br />

Zweite Information des Arbeitsamtes<br />

Nach der Durchführung der Konsultation hat der<br />

Arbeitgebende dem kantonalen Arbeitsamt die<br />

beabsichtigte Massenentlassung schriftlich (i.S.v.<br />

Art. 13 OR) anzuzeigen. Die Anzeige muss die<br />

Ergebnisse der Konsultation und alle (für das Amt)<br />

zweckdienlichen Angaben über die beabsichtigte<br />

Massenentlassung enthalten. Zu den Ergebnissen<br />

der Konsultation gehören die Vorschläge der<br />

Arbeitnehmerschaft, die Stellungnahme des<br />

Arbeitgebenden sowie die allfällige Begründung<br />

einer Ablehnung der Vorschläge. Zweckdienliche<br />

Angaben sind zur Massenentlassung mitzuteilen.<br />

Kündigungen<br />

Kündigungen, bei denen das Konsultationsverfahren<br />

nicht eingehalten wird, sind missbräuchlich und<br />

berechtigten zu einer Entschädigung von bis zwei<br />

Monatslöhnen. Zudem enden Arbeitsverhältnisse,<br />

die durch eine Massenentlassung beendet werden,<br />

frühestens 30 Tage nach der zweiten Information<br />

des Arbeitsamtes.<br />

a<br />

Haben Sie Fragen zum Thema?<br />

Antworten gibt es auf <strong>HR</strong> Cosmos,<br />

dem grössten <strong>HR</strong>-Wissensnetzwerk der<br />

Schweiz mit über 3000 Mitgliedern.<br />

hr-cosmos.ch oder QR-Code scannen.<br />

GRUNDSÄTZE ZUR ALTERSKÜNDIGUNG GELTEN NICHT FÜR GESCHÄFTSFÜ<strong>HR</strong>ER<br />

BGE 4A_44/20<strong>21</strong>, Urteil vom 2. Juni<br />

Rechtsanwältin Sonja<br />

Stark-Traber, LL.M.,<br />

Sozialversicherungsfachfrau<br />

mit eidgenössischem<br />

Fachausweis,<br />

ist Partnerin in der<br />

Wirtschaftsanwaltskanzlei<br />

Suter Howald<br />

Rechtsanwälte in Zürich<br />

und sowohl beratend<br />

wie prozessierend im<br />

Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />

tätig.<br />

suterhowald.ch<br />

Das Urteil<br />

Arbeitnehmer B. war während rund 37 Jahren bei der Arbeitgeberin<br />

A. angestellt. Zuletzt gehörte er dem Verwaltungsrat<br />

an und war Vorsitzender der Geschäftsleitung. Am 25. August<br />

2016 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis. Der<br />

Arbeitnehmer war zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alt.<br />

Der Arbeitnehmer machte geltend, die Kündigung sei missbräuchlich,<br />

und klagte auf Zahlung einer Entschädigung. Die<br />

erste und zweite Instanz hiessen die Klage teilweise gut. Die<br />

zweite Instanz verwies dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung,<br />

wonach die privatrechtliche Kündigungsfreiheit in<br />

Bezug auf ältere Mitarbeitende dahingehend eingeschränkt<br />

ist, da diese Kategorie von Mitarbeitenden von einer erhöhten<br />

Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden profitiere. Ein älterer Mitarbeitender<br />

sei über die beabsichtigte Kündigung zu informieren<br />

und anzuhören. Zudem solle nach alternativen Lösungen<br />

zur Kündigung gesucht werden. Aufgrund seines Alters und<br />

seiner Dienstjahre geniesse der Arbeitnehmer B. diesen Kündigungsschutz.<br />

Da die Arbeitgeberin nicht geltend gemacht<br />

habe, dass sie B. vorgängig über die Kündigung informiert und<br />

angehört habe, sei die Kündigung missbräuchlich erfolgt.<br />

Das Bundesgericht hob diesen Entscheid aufgrund einer<br />

Beschwerde der Arbeitgeberin auf. Das Bundesgericht erwog,<br />

dass das Obligationenrecht keine Pflicht kenne, die Gegenpartei<br />

vor einer Kündigung anzuhören oder sie zunächst zu<br />

verwarnen. Es bestehe auch keine generelle Pflicht, vor der<br />

Kündigung immer zuerst mildere Massnahmen zu ergreifen.<br />

Die Arbeitgeberin habe zwar bei älteren Mitarbeitenden auf<br />

die Art und Weise der Kündigung zu achten, das Alter sei bei<br />

der Bestimmung des Umfangs der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin<br />

im Vorfeld einer Kündigung jedoch nicht das einzige<br />

relevante Kriterium. Vielmehr sei auch bei älteren Mitarbeitenden<br />

der Umfang der Fürsorgepflicht aufgrund einer Würdigung<br />

der gesamten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.<br />

Die Vorinstanz sei in ihrem Entscheid nicht auf die spezifische<br />

Stellung des Arbeitnehmers B. innerhalb des Unternehmens<br />

eingegangen. B. sei Verwaltungsratsmitglied und Vorsitzender<br />

der Geschäftsleitung gewesen, wobei er erhebliche Entscheidungskompetenzen<br />

und eine grosse Verantwortung hatte. Die<br />

Arbeitgeberin sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, vor der<br />

Kündigung mit ihm nach alternativen Lösungen zu suchen.<br />

Eine Weiterbeschäftigung des Vorsitzenden der Geschäftsleitung<br />

im Unternehmen wäre auch schwierig gewesen. Bei einem<br />

Geschäftsführer sei das Interesse der Arbeitgeberin an der<br />

Kündigungsfreiheit hoch zu gewichten. Zudem sei im Rahmen<br />

der Interessenabwägung auch der relativ hohe Lohn des Arbeitnehmers<br />

B. zu berücksichtigen. Das Bundesgericht erachtete<br />

die Kündigung daher nicht als missbräuchlich.<br />

Konsequenz für die Praxis<br />

Das Bundesgericht hat in diesem Entscheid seine bisherige<br />

Praxis zur Alterskündigung präzisiert, was zu begrüssen ist.<br />

Zwar trifft die Arbeitgeberin bei der Kündigung älterer Mitarbeitender<br />

nach wie vor eine erhöhte Fürsorgepflicht, aber das<br />

Bundesgericht stellt klar, dass dabei nicht einfach isoliert auf<br />

Alter und Dienstzeit der Mitarbeitenden abgestellt werden darf.<br />

Massgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles,<br />

wobei die Kündigungsfreiheit der Arbeitgeberin insbesondere<br />

bei höheren leitenden Mitarbeitenden hoch zu gewichten<br />

ist. Solche sind vor Aussprechen einer Kündigung nicht mehr<br />

in jedem Fall anzuhören und es müssen auch nicht mehr ausnahmslos<br />

Alternativen zur Kündigung geprüft werden, was die<br />

Kündigung aus Arbeitgebersicht erleichtert.<br />

a<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

41


THEMA<br />

Sozialversicherungen<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

VERWALTUNGSRATSMITGLIEDER<br />

IN DER PENSIONSKASSE VERSICHERN?<br />

DER VERWALTUNGSRAT IST DAS OBERSTE LEITUNGSGREMIUM EINER AKTIENGESELLSCHAFT. ZWISCHEN DEM UNTERNEHMEN<br />

UND EINZELNEN VERWALTUNGSRATSMITGLIEDERN BESTEHT EIN ORGANSCHAFTLICHES VERHÄLTNIS, ZU DEM EIN AUFTRAGS-<br />

ODER ARBEITSRECHTLICHES VERHÄLTNIS HINZUKOMMEN KANN. DAS STELLT <strong>HR</strong>-VERANTWORTLICHE VOR DIE<br />

FRAGE, OB VR-MITGLIEDER IN DER PENSIONSKASSE VERSICHERT WERDEN MÜSSEN.<br />

Gastbeitrag: Raphael Zellweger und Jennifer Zumstein<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Raphael Zellweger,<br />

M.A. HSG, ist Rechtsanwalt<br />

bei der AVS<br />

Rechtsanwälte AG<br />

Aus AHV-rechtlicher Sicht ist ein Verwaltungsratsmitglied wie<br />

eine gewöhnliche Arbeitnehmerin zu behandeln. Demnach<br />

sind Verwaltungsratsmitglieder als unselbständig Erwerbstätige<br />

zu qualifizieren. Sämtliche Tantiemen, feste Entschädigungen<br />

und Sitzungsgelder, die an sie bezahlt werden, sind<br />

von der auszahlenden Gesellschaft als massgebender Lohn<br />

mit der Ausgleichskasse abzurechnen. Dabei gilt, dass die<br />

Entschädigung eines Verwaltungsratsmitglieds nur insoweit<br />

massgebenden Lohn darstellt, als diese an die Mandatsträgerin<br />

persönlich bezahlt wird. Das ist nicht der Fall, wenn das<br />

Verwaltungsratsmitglied dieses Mandat als Arbeitnehmerin<br />

einer Dritten ausübt, diese im Verwaltungsrat vertritt und<br />

dieser Dritten das Verwaltungsratshonorar zufliesst.<br />

Was die berufliche Vorsorge betrifft, sind grundsätzlich alle<br />

Arbeitnehmerinnen, die bei einer Arbeitgeberin einen AHVmassgebenden<br />

Lohn von über <strong>21</strong> 510 Franken (Stand 20<strong>21</strong>)<br />

beziehen (und das 17. Altersjahr überschritten haben), der<br />

obligatorischen BVG-Versicherung unterstellt. Damit steht<br />

fest, dass Verwaltungsratsmitglieder grundsätzlich in der<br />

Pensionskasse zu versichern sind, wenn der ihnen ausgerichtete<br />

massgebende Lohn die BVG-Eintrittsschwelle übersteigt.<br />

Dabei ist in der Praxis unerheblich, dass das BVG explizit von<br />

Arbeitnehmenden spricht, das Verhältnis zwischen Verwaltungsratsmitglied<br />

und Aktiengesellschaft aus zivilrechtlicher<br />

Sicht meist aber nicht als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist.<br />

So stellte das Bundesgericht wiederholt fest, dass der<br />

Arbeitnehmerbegriff des BVG nach AHV-rechtlichen Kriterien<br />

auszulegen ist.<br />

Ausnahmen der Versicherungspflicht<br />

bei nebenerwerblicher Tätigkeit<br />

Das Obenstehende gilt, sofern Gesetz oder Verordnung in<br />

Bezug auf gewisse Tätigkeiten nicht eine Ausnahme vorsehen.<br />

Für die berufliche Vorsorge hält die massgebende Verordnung<br />

(BVV 2) fest, dass nebenberufliche Tätigkeiten von der obligatorischen<br />

beruflichen Vorsorge ausgenommen sind, sofern<br />

die betreffende Person für eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit<br />

bereits obligatorisch versichert ist oder diese Person im<br />

Hauptberuf selbständig ist. Somit gilt, dass Verwaltungsratsmitglieder<br />

in der Pensionskasse nicht zu versichern sind, wenn<br />

ihre Tätigkeit als Nebenerwerbstätigkeit zu qualifizieren ist.<br />

Da der Arbeitgeberin die Pflicht zukommt, versicherungspflichtige<br />

Personen der Pensionskasse zu melden, beschäftigen sich<br />

42


Sozialversicherungen<br />

THEMA<br />

Jennifer Zumstein,<br />

Mlaw, ist juristische<br />

Mitarbeiterin bei der<br />

AVS Rechtsanwälte AG<br />

<strong>HR</strong>-Verantwortliche regelmässig mit der Frage, ob eine hauptberufliche<br />

und somit versicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt<br />

oder nicht.<br />

Die meisten Arbeitgeberinnen sind heute einer umhüllenden<br />

Pensionskasse angeschlossen, deren Leistungen über das Obligatorium<br />

hinausgehen. Diesen Pensionskassen kommt eine<br />

grosse Autonomie zu. So können diese beispielsweise eine<br />

tiefere Eintrittsschwelle für die Versicherungspflicht vorsehen<br />

oder die Handhabung von Nebenbeschäftigungen konkret<br />

regeln. <strong>HR</strong>-Verantwortliche müssen deshalb im Einzelfall das<br />

in Kraft stehende Reglement, die massgebenden Vorsorgepläne<br />

und auch den Anschlussvertrag zwischen der Arbeitgeberin<br />

und der Pensionskasse konsultieren.<br />

Für die Qualifizierung der Verwaltungsratstätigkeit als Hauptoder<br />

Nebentätigkeit kann auf verschiedene Kriterien abgestellt<br />

werden. Darunter fallen etwa die Dauer der verschiedenen<br />

Tätigkeiten, die Entschädigungshöhe, die Art der Tätigkeit, die<br />

Stabilität der Beschäftigung, die chronologische Reihenfolge<br />

bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit und der Gesichtspunkt<br />

der betroffenen Person. Das Bundesgericht bejahte beispielsweise<br />

eine nebenberufliche Tätigkeit in einem Fall, bei dem die<br />

Haupttätigkeit 44 Prozent und zwei weitere (Neben-)Tätigkeiten<br />

15 beziehungsweise 25 Prozent ausmachten. Bei drei<br />

Arbeitsverhältnissen mit Pensen von 50, 30 und 20 Prozent<br />

ging das Bundesgericht demgegenüber von gleichartigen<br />

(Haupt-)Tätigkeiten aus. Grundsätzlich gilt, dass Tätigkeiten<br />

nur dann als nebenberuflich angesehen werden können, wenn<br />

diese klar von der Haupttätigkeit abgrenzbar und nicht als<br />

gleichwertig anzusehen sind. In einem solchen Fall ist die<br />

betreffende Person für jede Tätigkeit von der jeweiligen Arbeitgeberin<br />

in deren Pensionskasse zu versichern.<br />

Von einer rein nebenberuflichen Tätigkeit sollte nicht leichthin<br />

ausgegangen werden. Macht ein Verwaltungsratsmitglied dies<br />

geltend, sollten entsprechende Nachweise bezüglich der weiteren<br />

Tätigkeiten und der obligatorischen Versicherung oder<br />

Qualifizierung als selbständige Erwerbstätigkeit ein gefordert<br />

werden. Die Einordnung einer Tätigkeit ist in der Praxis oft<br />

nicht einfach. Es ist deshalb empfehlenswert, schwierige Fälle<br />

mit der Pensionskasse abzusprechen.<br />

a<br />

Anzeige<br />

«Mit zeugnis.ch ist es problemlos möglich,<br />

eine einheitliche und rechtssichere<br />

Zeugniserstellung über alle Bereiche<br />

und Abteilungen bei Zehnder zu<br />

gewährleisten».<br />

Mandy Franke, <strong>HR</strong>-Koordinatorin, Zehnder Group International AG<br />

zeugnis.ch<br />

powered by Avenir & <strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

43


Gute Adressen empfehlen sich: Weiterbildung<br />

Hochschule für Wirtschaft FHNW Institut<br />

für Personalmanagement und Organisation<br />

Ihre kompetente Partnerin für:<br />

Innovative Weiterbildung in den Bereichen <strong>HR</strong>M, Leadership, Change<br />

Management und Bildungsmanagement. Wir unterstützen <strong>HR</strong> Verantwortliche,<br />

Führungskräfte und Beratende bei ihrer beruflichen Qualifizierung<br />

und ihrer Kompetenz- und Laufbahnentwicklung. Für Unternehmen<br />

bieten wir zudem massgeschneiderte Inhouse-Schulungsangebote an.<br />

Praxisrelevante Forschung. Wir greifen aktuelle Trends und Problemstellungen<br />

von Unternehmen, Arbeitsmarkt und Gesellschaft auf und<br />

entwickeln Lösungen, die Nutzen stiften und wirksam sind.<br />

Unabhängige Beratung. Unsere ExpertInnen unterstützen Sie mit einem<br />

flexiblen Ansatz aus Fach- und Prozessberatung bei Veränderungen in<br />

Organisationen. fhnw.ch/wirtschaft/pmo<br />

New Work@Nature: Nutzen Sie die<br />

Kraft der Natur<br />

Office Caravan, Biophilic Design, Outside Office: Das Arbeiten draussen<br />

liegt im Trend. Dass die Natur einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden<br />

hat, ist bekannt. Ist sie auch eine Inspirationsquelle für Teamentwicklungsprozesse?<br />

«Ja, erste Ergebnisse des Projekts outside-society.ch<br />

sind vielversprechend. Das neue Arbeitserlebnis beeinflusst die Teamdynamik<br />

positiv», sagt Nada Endrissat, Forscherin und Dozentin an der<br />

BFH Wirtschaft, welche das Projekt wissenschaftlich begleitet.<br />

Interessieren Sie sich für <strong>HR</strong>-Trends, Strategie und Transformation? Mit<br />

dem CAS Human Resource Development der Berner Fachhochschule<br />

Wirtschaft bleiben Sie am Puls der Zeit.<br />

bfh.ch/wirtschaft/hrd<br />

TRANSFORM 20<strong>21</strong><br />

«Digital Goes Human - Brave New Work?»<br />

Jetzt anmelden: bfh.ch/transform<br />

Komm zu uns.<br />

Danach kommst du<br />

überall hin.<br />

Wähle eine Aus- oder Weiterbildung,<br />

die dich wirklich weiterbringt: fh-hwz.ch<br />

Am Puls der Wirtschaft<br />

«Vielseitig, anspruchsvoll, gewinnbringend.» So empfinden unsere<br />

Studierenden ihre Aus- und Weiterbildung. Die HWZ steht für die optimale<br />

Verbindung von Beruf, Studium und Privatleben. HWZ-Studierende<br />

profitieren von der persönlichen Betreuung und der hervorragenden<br />

Vernetzung. Zudem bieten wir ein professionelles und motivierendes<br />

Umfeld, damit sich unsere Studierenden auf ihr Studium und ihren<br />

Erfolg konzentrieren können. Dies auch dank unseren erfahrenen und<br />

kompetenten Dozierenden sowie den keinen Studiengruppen.<br />

Im Bereich Management, <strong>HR</strong> und Leadership erhalten unseren<br />

Studierenden das betriebswirtschaftliche Rüstzeug für das Verständnis<br />

von unternehmerischen Zusammenhängen. Damit heben wir die Führungs-<br />

und Fachkompetenz unserer Studierenden auf die nächste Stufe.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Jetzt informieren: fh-hwz.ch<br />

44


Special: Weiterbildung<br />

THEMA<br />

PROFESSIONELL UND PRAXISORIENTIERT<br />

WER SICH IN DER SCHWEIZ BERUFLICH AUS- UND WEITERBILDET, HAT NACH DEM ABSCHLUSS KEINE<br />

ADÄQUATE ÜBERSETZUNG SEINES TITELS IN DER TASCHE. DAS BETRIFFT AUCH ABSOLVIERENDE VON<br />

HÖHEREN FACHSCHULEN. EIN GESPRÄCH MIT SFB-SCHULDIREKTORIN DOROTHEA TIEFENAUER.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

Sie sind Direktorin der Höheren Fachschule für<br />

<strong>Tech</strong>nologie und Management sfb. Wie machen<br />

Sie jemandem in einem internationalen Umfeld<br />

klar, was eine Höhere Fachschule ist?<br />

Dorothea Tiefenauer: Studierende einer Höheren<br />

Fachschule sind Berufsleute mit einem Lehrabschluss<br />

und ersten Berufserfahrungen, die an einer<br />

Höheren Fachschule eine eng mit Arbeitgebenden<br />

entwickelte praxisorientierte Weiterbildung<br />

abschliessen und mit dieser auf anspruchsvolle<br />

Fach- oder Führungsfunktionen vorbereitet werden.<br />

Wie stehen Sie zum «Professional Bachelor»,<br />

einer Übersetzung des HF-Titels, die der ODEC<br />

(Verband der Absolventen Höherer Fachschulen)<br />

herausgibt?<br />

Im internationalen Umfeld erachte ich den Titel<br />

«Professional Bachelor» als passende Übersetzung<br />

des HF-Titels. Deutschland hat den Professional<br />

Bachelor bereits eingeführt. Unser Nachbarland<br />

lebt wie die Schweiz das duale Bildungssystem mit<br />

Grundbildung und einer höheren Berufsbildung.<br />

Die Schweiz täte gut daran, den Professional<br />

Bachelor vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung<br />

und Innovation (SBFI) genehmigen zu lassen,<br />

denn angemessene Titelübersetzungen sind<br />

für ein exportorientiertes Land wie die Schweiz<br />

enorm wichtig. Absolventinnen und Absolventen<br />

Höherer Fachschulen erhalten bis dahin ein sogenanntes<br />

Diploma Supplement, das die internationale<br />

Vergleichbarkeit des HF-Titels der Absolventen<br />

aufzeigt. Ein diplomierter <strong>Tech</strong>niker HF Unternehmensprozesse<br />

darf etwa damit den schwerfälligen<br />

und kaum bekannten «Advanced Federal Diploma<br />

of Higher Education in Business Process Management»<br />

tragen. Das muss sich ändern.<br />

Der Ausbildungsstandard einer HF ist recht<br />

hoch und kommt einer FH sehr nahe …<br />

Ob HF oder FH: Beide erfüllen einen Auftrag.<br />

Wesentlich ist, dass sich die Inhalte und deren Ausrichtung<br />

unterscheiden. Fachhochschulen bieten<br />

einen grösseren Theorie- oder Wissenschaftsteil<br />

und werden oft in Vollzeit, die Lehrgänge Höherer<br />

Fachschulen dagegen eher berufsbegleitend<br />

absolviert. Letztere sind zudem mit der Wirtschaft<br />

enger verbunden. So wird die sfb beispielsweise<br />

als Stiftung von Swissmem und den Sozialpartnern<br />

der Maschinenbauindustrie getragen. Lehrgänge<br />

wie der im August startende <strong>Tech</strong>niker/in HF<br />

Maschinenbau entwickeln wir gemeinsam mit der<br />

Industrie.<br />

Was hat der Europäische Qualifikationsrahmen<br />

EQR, der die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen<br />

Bildungen erleichtern sollte, bisher<br />

gebracht?<br />

Der Europäische Qualifikationsrahmen ist vor<br />

allem in Fachkreisen bekannt. Mit dem Level EQR<br />

6, der dem Nationalen Qualifikationsrahmen NQR<br />

6 gleichgestellt ist, schliessen die Lehrgänge der<br />

HF <strong>Tech</strong>nik ab. Ein Bachelorabschluss einer Fachhochschule<br />

entspricht einem EQR 6 und ist somit<br />

international wie ein HF-Abschluss eingestuft.<br />

DIE SCHWEIZ TÄTE<br />

GUT DARAN, DEN<br />

PROFESSIONAL<br />

BACHELOR VOM SBFI<br />

GENEHMIGEN ZU<br />

LASSEN.<br />

DOROTHEA TIEFENAUER<br />

Sind die HF darin genügend hoch eingestuft?<br />

Die Einstufung der HF-Abschlüsse ist in Ordnung.<br />

Verbesserungswürdig sind dagegen deren inländische<br />

Positionierung und Wahrnehmung. Mit dem<br />

aktuell laufenden SBFI-Projekt «Positionierung HF»<br />

erwarte ich eine deutliche Verbesserung.<br />

Wie sehen Sie die Zukunft der HF?<br />

Die wichtigste Ressource der Schweiz sind gut ausgebildete<br />

Fachkräfte. Solange die Schweiz auf das<br />

duale Bildungssystem setzt und sich dessen Stellenwerts<br />

für die Schweizer Wirtschaft bewusst ist,<br />

sehe ich für die HF eine rosige Zukunft. a<br />

sfb<br />

Die Höhere Fachschule für <strong>Tech</strong>nologie und<br />

Management sfb ist mit acht Standorten in allen<br />

Landesteilen der Schweiz, über 1200 Studierenden<br />

und 500 Lehrpersonen eine der grössten<br />

Höheren Fachschulen im technischen Bereich<br />

der Schweiz. Sie bietet berufsbegleitende Lehrgänge<br />

in den Bereichen <strong>Tech</strong>nik und Wirtschaft.<br />

Am 15. September führt die sfb ein Symposium<br />

zur beruflichen Weiterbildung durch.<br />

sfb.ch/symposium<br />

EQR<br />

Dorothea Tiefenauer,<br />

sfb-Schuldirektorin<br />

Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) ist<br />

die Grundlage für den Nationalen Qualifikationsrahmen<br />

NQR Berufsbildung der Schweiz sowie<br />

für die nationalen Qualifikationsrahmen anderer<br />

europäischer Staaten. Er dient allen europäischen<br />

Ländern als Referenzinstrument und<br />

macht (Schweizer) Abschlüsse innerhalb von<br />

Europa untereinander vergleichbar.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

45


Günstig<br />

publizieren:<br />

Jobinserat für<br />

4 Wochen nur<br />

CHF 280.–<br />

Mehr Treffsicherheit<br />

bei der zielgenauen Rekrutierung von neuen Arbeitskräften.<br />

Der grösste<br />

Online-<strong>HR</strong>-<br />

Stellenmarkt<br />

der Schweiz!<br />

Jetzt inserieren: www.hrtoday.ch/hr-stellen


<strong>HR</strong> Change Management<br />

THEMA<br />

AM WENDEPUNKT<br />

ENDE 2019 SCHALTETE DER ENERGIE- UND INFRASTRUKTURBETREIBER BKW DAS KERNKRAFTWERK (KKW) MÜHLEBERG<br />

AB. NUN FOLGT DESSEN RÜCKBAU. EIN NOVUM FÜR DIE SCHWEIZ: BISHER WURDE KEIN EINZIGES ATOMKRAFTWERK<br />

STILLGELEGT. ÜBER DIE AUSWIRKUNGEN AUF DAS <strong>HR</strong>, DIE FÜ<strong>HR</strong>UNGSKRÄFTE UND DIE MITARBEITENDEN.<br />

Text: Corinne Päper<br />

«Drei, zwei, eins, null.» Es herrscht Wehmut im<br />

Kommandoraum des Kernkraftwerks Mühleberg,<br />

als dieses am 20. Dezember 2019 nach einer<br />

47-jähriger Betriebszeit endgültig abgeschaltet<br />

wird. Für das Abschiednehmen blieb kaum Zeit:<br />

Die Abbauarbeiten begannen bereits am 6.<br />

Januar 2020. Dass die Mitarbeitenden an «ihrem»<br />

Kernkraftwerk hingen, spürt auch <strong>HR</strong>-Verantwortliche<br />

Heidi Mezenen: «Unsere Mitarbeitenden<br />

haben das Kernkraftwerk über Jahre hinweg<br />

gepflegt. Für viele ist es emotional, mitzuerleben,<br />

wie dieses nun Stück für Stück auseinandergenommen<br />

wird.» Bis vom KKW nichts mehr übrig<br />

ist, wird es rund 15 Jahre dauern und 800 Millionen<br />

Franken kosten. Erst 2034 kann die freigewordene<br />

Fläche umgenutzt werden.<br />

Vom Elektrizitätserzeuger zum Abbruchprojekt<br />

Mit der Abschaltung des Kernkraftwerks veränderten<br />

sich die Rollen und Aufgaben der Mitarbeitenden.<br />

Ungewohnt für jene, die dem Betrieb treu<br />

ergeben waren: «Auch wer bis zur Pension im<br />

Kernkraftwerk Mühleberg arbeiten wollte, musste<br />

sich plötzlich mit beruflichen Veränderungen auseinandersetzen,<br />

sagt Mezenen. Diese Verunsicherung<br />

stellte Führungskräfte und <strong>HR</strong> vor grosse<br />

Herausforderungen: «Unsere Mitarbeitenden<br />

wissen, wie die verschiedenen Kernkraftwerk-Systeme<br />

zusammenarbeiten und besitzen vertiefte<br />

Betriebskenntnisse. Möglichst viele der neuen<br />

Funktionen sollten deshalb mit erfahrenen Fachkräften<br />

besetzt werden.» Dafür habe man intern<br />

die Stellenausschreibungen mehrmals kommuniziert,<br />

Mitarbeitende aufgefordert, sich zu bewerben,<br />

und ihnen bestätigt, dass sie beim Rückbau<br />

eine neue Rolle übernehmen können. Das habe<br />

aber nicht alle Ängste beseitigt: «Dafür waren<br />

wiederkehrende Gespräche notwendig», sagt<br />

Mezenen. Rund zwei Drittel der insgesamt<br />

300 Mitarbeitenden üben heute im Kernkraftwerk<br />

andere Tätigkeiten aus. «Dazu war ein enger Austausch<br />

mit der Kraftwerksleitung, den Führungskräften,<br />

den Beschäftigten und dem <strong>HR</strong> notwendig.»<br />

UNSERE MITARBEITENDEN<br />

HABEN DAS KERNKRAFT-<br />

WERK ÜBER JA<strong>HR</strong>E<br />

HINWEG GEPFLEGT.<br />

FÜR VIELE IST ES<br />

EMOTIONAL, WIE DIESES<br />

NUN STÜCK FÜR STÜCK<br />

AUSEINANDERGENOMMEN<br />

WIRD.<br />

HEIDI MEZENEN<br />

Die neuen Rollen und Aufgaben fordern den Mitarbeitenden<br />

einiges ab: «Während des Kernkraftwerkbetriebs<br />

kümmerten sie sich hauptsächlich<br />

um die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit der<br />

Anlage», sagt Mezenen. «Sie übernahmen noch<br />

während des Betriebs mit Blick auf den Rückbau<br />

neue Aufgaben. Dabei mussten sie mehrere Tätig-<br />

keiten gleichzeitig vorantreiben und sich bei einzelnen<br />

Projektschritten mit Kollegen abstimmen,<br />

ohne die Sicherheit aus den Augen zu verlieren.»<br />

Darauf waren die KKW-Mitarbeitende vorbereitet.<br />

Häufig seien hierfür aber zusätzliche Fachkenntnisse<br />

vonnöten gewesen. «Meist genügte ein Learning<br />

on the Job.» Etwa mit dem Besuch deutscher<br />

im Rückbau befindlicher Kernkraftwerke, durch<br />

die Projektbegleitung eines erfahrenen Kollegen,<br />

das Lesen von Konzepten, die Vorbereitung von<br />

Arbeiten oder die Inbetriebnahme neuer Systeme<br />

und Anlagen. Teils wurden Mitarbeitende auch<br />

umgeschult. Beispielsweise vom Betriebswächter<br />

zur Strahlenschutz-Fachkraft. «Das war aufwendig»,<br />

sagt Mezenen.<br />

Kernkraftwerk Mühleberg<br />

Am 20. Dezember 2019 nahm der Energie- und<br />

Infrastrukturbetreiber BKW das Kernkraftwerk<br />

(KKW) Mühleberg nach 47 Jahren vom Netz.<br />

Damit ist es das erste in der Schweiz und weltweit<br />

eines von 150. Mit der Abschaltung endete die<br />

Arbeit jedoch nicht. Bis das KKW demontiert ist,<br />

dauert es rund 15 Jahre. Erst 2030 wird es frei<br />

von radioaktivem Material sein, das weniger als<br />

zwei Prozent der Gesamtmasse beträgt. Mühleberg<br />

war das grösste Kraftwerk der BKW und<br />

produzierte während seiner gesamten Laufzeit<br />

rund 120 Milliarden Kilowattstunden Strom. Das<br />

entspricht einem über hundertjährigen Stromkonsum<br />

einer Stadt wie Bern. Die Kosten für die<br />

Stilllegung und Entsorgung des Bauschutts<br />

betragen rund drei Milliarden Franken, wovon<br />

über 80 Prozent bereits gedeckt sind. 2034 soll<br />

das ehemalige Gelände in der Grösse von elf<br />

Fussballfeldern naturnah oder industriell genutzt<br />

werden.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

47


THEMA<br />

<strong>HR</strong> Change Management<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

FOTOS: ZVG<br />

Projekt- statt Wartungsarbeiten<br />

Auch der ehemalige Reaktoroperateur Bernhard Kaderli, der<br />

nach Abschaltung des Kernkraftwerks den Rückbau des<br />

Maschinenhauses verantwortet, hat sich neue Fähigkeiten und<br />

Kenntnisse im Projektmanagement angeeignet. Aufgrund der<br />

langen Planungszeit war das für ihn aber ohne Weiteres machbar:<br />

«Zwischen dem Entscheid, das Kernkraftwerk abzuschalten,<br />

bis zum letzten Betriebstag lagen ja sechs Jahre.»<br />

Der Unterschied zu seiner alten Rolle? «Früher habe ich die<br />

Anlage im Kommandoraum verhätschelt, heute beschäftige<br />

ich mich mit Arbeitssicherheit, Bauarbeitenverordnungen und<br />

Kalkulationen.» Das Projekt schreite voran. Einige Meilensteine<br />

seien bereits bewältigt. Etwa die Demontage der zwei jeweils<br />

144 Tonnen wiegenden Generatoren, die Kaderli mit seinem<br />

Team im November 2020 mit einem Schwerlasthebegerät<br />

innert 28 Stunden Zentimeter für Zentimeter aus dem Maschinenhaus<br />

transportierte und mit einem Schwerlasttransporter<br />

zu einem Recycling-Unternehmen fahren liess. «Unfallfrei»,<br />

betont er. In den nächsten Monaten würden weitere schwere<br />

Komponenten im Maschinenhaus abgebaut. Abgerissen<br />

werde das Gebäude noch nicht: «Die Kühlwasserversorgung<br />

zur Kühlung der Brennelemente führt durch das Maschinenhaus»,<br />

erklärt Kaderli. «Ausserdem benötigen wir das Maschinenhaus<br />

für die Materialbehandlung während des nuklearen<br />

Rückbaus.»<br />

Anzeige<br />

Bekannt aus<br />

«Die Höhle der Löwen»<br />

Laktosefrei Palmölfrei Sozial<br />

Vegan<br />

Fairtrade<br />

Überraschen Sie Ihre<br />

Mitarbeitenden mit den<br />

Happy Glückskeks<br />

Adventskalendern!<br />

Jetzt bis am 30.09.20<strong>21</strong><br />

bestellen.<br />

Bitte kontaktieren Sie uns<br />

für ein Angebot:<br />

Partner von Happy<br />

3380 Wangen an der Aare<br />

032 631 41 41<br />

order@togafood.ch<br />

www.togafood.ch<br />

48


<strong>HR</strong> Change Management<br />

THEMA<br />

Erste Meilensteine im Rückbau<br />

Letzterer ist gemäss Gesamtprojektleiter Stefan<br />

Klute bereits im Gang: «Derzeit demontieren wir<br />

Maschinenteile im Reaktorgebäude. Zudem zerlegen<br />

und verpacken wir stark radioaktive Komponenten<br />

aus dem Innern des Reaktors unter<br />

Wasser. Daneben schaffen wir im Maschinenhaus<br />

mehr Platz und reinigen darin radioaktiv verunreinigtes<br />

Material. Ab 2022 transportieren wir die<br />

Brennelemente vom Brennelement-Lagerbecken<br />

ins zentrale Zwischenlager in Würenlingen, bis<br />

Ende 2024 keine Brennelemente mehr im KKM<br />

vorhanden sind.» Weitere Schritte? «Zwischen<br />

2025 bis 2030 demontieren wir verbliebene verstrahlte<br />

Anlagenteile wie Reaktordruckbehälter<br />

oder das nicht mehr benötigte Brennelement-<br />

Lagerbecken.» Von einer Gesamtmasse von 200 000<br />

Tonnen fielen rund 180 000 Tonnen Bauschutt an.<br />

«Davon wird ein Grossteil auf anderen Baustellen<br />

wiederverwertet.»<br />

Mit einem Schwerlasthebegerät werden schwere Teile aus dem Maschinenraum transportiert.<br />

Trotz Pandemie und allen damit verbundenen<br />

personellen Schwierigkeiten ist das Projekt auf<br />

Kurs. Darauf ist Teilprojektleiter Kaderli besonders<br />

stolz. Das ging jedoch nicht ohne Mehraufwand:<br />

«Wir mussten beispielsweise gemeinsam mit<br />

unseren Subunternehmern aus Deutschland<br />

abklären, ob deren Mitarbeitende in Quarantäne<br />

müssen oder übers Wochenende nach Hause fahren<br />

können. Schlussendlich blieben sie hier.»<br />

Gefragtes Know-how<br />

Seine Arbeit wird Kaderli noch einige Jahre<br />

beschäftigen. Ob er bis 2031 im ehemaligen Kernkraftwerk<br />

tätig ist, bezweifelt er: «Ob es mich hier<br />

bis dann noch braucht, weiss ich nicht.» Um seine<br />

weitere Karriere sorgt er sich aber nicht: «Mit meinem<br />

fachlichen Know-how kann ich wahrscheinlich<br />

sogar bei der BKW bleiben, die Betreiberin des<br />

Kernkraftwerks war.» Auch für <strong>HR</strong>-Verantwortliche<br />

Mezenen sind die Arbeitsmarktchancen der<br />

Kernkraftwerk-Mitarbeitenden intakt: «Ihre Fachkenntnisse<br />

aus dem Betrieb und aus der Stilllegung<br />

des Kernkraftwerks werden in den nächsten Jahren<br />

im In- und Ausland sehr stark gefragt.» Darüber<br />

hinaus könnten sich Mitarbeitende auch<br />

innerhalb des Konzerns entwickeln. Für sie selbst<br />

ist spätestens 2031 Schluss mit dem Projekt: «Voraussichtlich<br />

verlassen dann die letzten Kolleginnen<br />

und Kollegen den Standort, mit denen ich zusammengearbeitet<br />

habe. Dann schliesse wohl auch<br />

ich dieses Kapitel mental ab.» Was aus dem ehemaligen<br />

Kernkraftwerkgelände werde, ist noch<br />

unklar, sagt Gesamtprojektleiter Stefan Klute. «Im<br />

sich schnell wandelnden Umfeld der Energiebranche<br />

ist schwer abzuschätzen, wie ein Standort<br />

zehn Jahre später genutzt wird.»<br />

a<br />

Bernhard Kaderli bei der Arbeit im Kernkraftwerk.<br />

Anzeige<br />

<strong>HR</strong> Software mit WOW Effekt!<br />

www.rexx-systems.com<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

49


THEMA<br />

<strong>HR</strong> und Klima<br />

DIE WELT RETTEN<br />

DIE AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS VERSCHÄRFEN SICH, WÄ<strong>HR</strong>END SICH FÜR DIESE DRINGLICHEN PROBLEME NOCH KEINE<br />

LÖSUNGEN ABZEICHNEN. DAS BEWOG DIE ZWEI EHEMALIGEN HAUFE-UMANTIS-CEOS HERMANN ARNOLD UND MARC STOFFEL,<br />

«42HACKS» ZU GRÜNDEN. EINE INITIATIVE, BEI DER MITARBEITENDE UNTERSCHIEDLICHSTER FIRMEN KLIMAPROJEKTE ERARBEITEN.<br />

WAS DAS DEN BESCHÄFTIGTEN UND DEN FIRMEN BRINGT UND WESHALB SICH <strong>HR</strong> ENGAGIEREN SOLLTE.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Hermann Arnold, Marc Stoffel: Sie sind beide<br />

Serienunternehmer und ehemalige CEOs bei<br />

Haufe-umantis. Mit «42hacks» haben Sie<br />

gemeinsam eine neue Initiative gestartet, um<br />

die Klimakrise zu bewältigen. Wie soll das<br />

gelingen?<br />

Hermann Arnold: Der rote Faden, der sich von<br />

Umantis zu «42hacks» zieht, ist unsere Überzeugung,<br />

dass gewöhnliche Menschen gemeinsam<br />

Aussergewöhnliches erreichen können. Mit<br />

«42hacks» organisieren wir den weltweit grössten<br />

Klima-Hackathon. Am Ende jedes Hacks entscheiden<br />

die Teilnehmenden, welche Teams für fünf<br />

Jahre finanziert werden. Das Budget dafür erhalten<br />

sie von unterstützenden Unternehmen. So<br />

entstehen 420 Klima-Start-ups und eine Community<br />

von einer Million Menschen, die sich für diese<br />

Start-ups einsetzen.<br />

Wieso sollen sich Firmen mit dem Klima<br />

beschäftigen? Sie könnten ja weitermachen<br />

wie bisher, so lange keine staatlichen Regulierungen<br />

drohen …<br />

Marc Stoffel: Glücklicherweise stellen sich immer<br />

weniger Firmen diese Frage. Hinzu kommt, dass<br />

immer mehr Mitarbeitende und Kunden wie auch<br />

die Öffentlichkeit eine Verhaltensänderung erwarten.<br />

Unternehmen aus der Plastik- oder Ölindus trie<br />

zeigen sich aber wenig einsichtig …<br />

Arnold: Das sehe ich etwas differenzierter. BP<br />

hat den Schritt zum «beyond Petroleum» beispielsweise<br />

bereits vor dem Golf-von-Mexiko-<br />

Desaster gemacht und ist weltweit einer der<br />

grössten Investoren in erneuerbare Energien. Aber<br />

selbst die Vorreiter müssen konsequenter und<br />

schneller vorgehen.<br />

Wieso engagieren sich bisher so wenige Arbeitnehmende<br />

und Unternehmen beim Klimawandel,<br />

obschon sich gemäss Studien zwei Drittel<br />

aller Menschen davon betroffen fühlen?<br />

Stoffel: Genau das hat uns zum Nachdenken<br />

gebracht. Selbstredend trennt heute fast jeder<br />

seinen Abfall und versucht, weniger Fleisch zu<br />

essen und zu fliegen. Aber wer arbeitet an Klimalösungen?<br />

Obwohl es sich um ein so existenzielles<br />

Problem handelt, kennen wir in unserem Umfeld<br />

kaum jemanden, der sich diesem Thema annimmt.<br />

Davon waren wir bis vor kurzem selbst nicht ausgeschlossen.<br />

WIR WOLLEN MENSCHEN<br />

KURZZEITIG AUS<br />

I<strong>HR</strong>EM ARBEITSTROTT<br />

BEFREIEN, DAMIT SIE<br />

BEI EINEM KLIMA­<br />

LÖSUNGS-PROJEKT<br />

MITARBEITEN KÖNNEN.<br />

HERMANN ARNOLD<br />

Inwiefern kann «42hacks» dieses passive Verhalten<br />

ändern?<br />

Arnold: Wir organisieren für Interessierte einen<br />

kostenlosen Probeversuch im «Klima-Retten».<br />

Firmen verpflichten sich mit einer Teilnahme an<br />

unserem Hackathon, bis zu einem Prozent ihrer<br />

Mitarbeitenden an einem einwöchigen Klima-<br />

Hack mitwirken zu lassen und dafür die Kosten<br />

zu übernehmen. Wir wollen Menschen kurzzeitig<br />

aus ihrem Arbeitstrott befreien, damit sie bei<br />

einem Klimalösungs-Projekt mitarbeiten können.<br />

Nach Ende des Hacks entscheiden Mitarbeitende<br />

und Firmen zudem selbst, ob es sich um eine einmalige<br />

Aktion handelt oder ob sie längerfristig<br />

aktiv werden wollen.<br />

Weshalb sollten Unternehmen ihre Mitarbeitenden<br />

für eine Woche freistellen, wenn sie<br />

diese durch eine Firmengründung verlieren<br />

könnten?<br />

Arnold: Das Risiko, einen oder zwei Mitarbeitende<br />

zu verlieren, wiegt geringer als die Chance, Ideen<br />

für neue Projekte zu gewinnen. Die Motivation<br />

und das Lernerlebnis eines solchen Hacks sind<br />

42hacks<br />

«42hacks» ist eine Initiative, die Lösungen<br />

für den Klimawandel schaffen und insgesamt<br />

420 Start-ups hervorbringen soll. Die<br />

Initiative versteht sich als weltweit grösster<br />

Hack nach dem Motto: Eine Million Menschen<br />

kann jedes Problem lösen – sogar den<br />

Klimawandel. «42hacks» wurde von Hermann<br />

Arnold und Marc Stoffel lanciert. Insgesamt<br />

sind 420 Mitgründende auf der<br />

ganzen Welt dabei, die Initiative zu entwickeln<br />

und voranzutreiben. Die Initianten<br />

stellen sich und das Projekt an unverbindlichen<br />

Growth-Hacks vor:<br />

42hacks.com/events<br />

50


<strong>HR</strong> und Klima<br />

THEMA<br />

FOTO: ZVG<br />

Hermann Arnold und Marc Stoffel.<br />

unbezahlbar. Zudem wird nur ein Bruchteil der Teilnehmenden<br />

ein Start-up gründen.<br />

Wie finanzieren Sie sich?<br />

Arnold: Die Aufbauarbeit leisten wir mit Freiwilligenarbeit. Die<br />

Hacks selbst wollen wir mit Beiträgen aus der Wirtschaft finanzieren<br />

– über das Budget, das Firmen Mitarbeitenden zur Verfügung<br />

stellen, und über Sponsoring.<br />

Weshalb setzen Sie auf Hackathons?<br />

Stoffel: Ein Hackathon ist eine bewährte Methode, um konkrete<br />

Resultate zu erzielen. Dafür treffen sich viele Menschen<br />

und entwickeln gemeinsam innert kurzer Zeit Prototypen.<br />

Hackathons sind also zeitlich begrenzt. Sich eine Woche frei<br />

zu nehmen, scheint uns realistisch – insbesondere, wenn es<br />

bezahlt ist.<br />

Für welche Themen eignet sich ein Hack besonders?<br />

Arnold: Grundsätzlich für alle Themen. Einige Beispiele: Wie<br />

können wir das Verhalten von Menschen positiv beeinflussen?<br />

Wie können wir aluminium- und plastikfreien Kaffeekapseln<br />

zum Durchbruch verhelfen? Wie können wir Zugführerinnen<br />

und Zugführer zu einem energieschonenderen Fahren bewegen?<br />

Wie können wir aus Bananenschalen Energie für unsere<br />

Autos erzeugen?<br />

Inwiefern könnte <strong>HR</strong> Hackathons für sich selbst nutzen?<br />

Stoffel: Am besten, indem <strong>HR</strong> bei «42hacks» mitmacht (lacht).<br />

<strong>HR</strong> kann das Prinzip für eigene Problemstellungen adaptieren.<br />

Beispielsweise, um eine Recruiting-Lösung in einer Woche einzuführen,<br />

ein neues Mitarbeitergespräch zu entwickeln und<br />

dieses in einer Woche zu erproben. Hackathons eignen sich<br />

fast immer, wenn etwas Neues entwickelt werden soll.<br />

Welche Erfahrung haben Sie in Ihren Unternehmen mit<br />

Hackathons gemacht?<br />

Arnold: Im Softwarebereich haben wir regelmässig Hackathons<br />

organisiert und erlebt, wie Menschen über sich hinauswachsen.<br />

Auch, wie Zusammenarbeit unkompliziert funktioniert, wenn<br />

Mitarbeitende intensiv mehrere Tage ungestört zusammenarbeiten<br />

können. Das hat zu verblüffenden Softwarelösungen<br />

geführt. Die Hackathons von «42hacks» sind in der Vorgehensweise<br />

ähnlich, doch bei Weitem nicht nur auf Software<br />

beschränkt.<br />

Was sind die Voraussetzungen zum Erfolg?<br />

Stoffel: Dass alle Teilnehmenden die ganze Zeit dabei sind,<br />

ein übergeordnetes Ziel definiert ist und das Teambuilding<br />

funktioniert. Für die «42hacks» bedeutet das, dass wir alle<br />

wissen, um was es geht, und wir die Teamergebnisse immer<br />

wieder zusammenführen. So befruchten sich die Teams gegenseitig,<br />

während die finanzierten Projekte von den Ideen und<br />

Konzepten der anderen profitieren. So steht das Ergebnis aller<br />

Teilnehmenden im Vordergrund und nicht das Projekt eines<br />

einzelnen Teams.<br />

Wo wird «42hacks» in zwei Jahren stehen?<br />

Arnold: Wir haben erste Durchgänge durchgeführt, brachten<br />

mehrere Dutzend Start-ups auf die Welt und haben damit einen<br />

spürbaren Beitrag zur Lösung der Klimakrise beigetragen. a<br />

Hackathon<br />

Ein Hackathon (Wortschöpfung aus «Hack»<br />

und «Marathon») ist eine kollaborative Veranstaltung,<br />

deren Ziel es ist, innerhalb der<br />

Dauer dieser Veranstaltung gemeinsam<br />

Lösungen für gegebene Probleme zu finden.<br />

Die Teilnehmenden kommen aus verschiedenen<br />

Fachgebieten und bearbeiten ihre<br />

Projekte häufig in funktionsübergreifenden<br />

Teams.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

51


Presented by Scope<br />

«SYMPATHIEGRÄBEN<br />

IM HOMEOFFICE VERHINDERN»<br />

MATTHIAS MÖLLENEY, UNTERNEHMENSBERATER UND HWZ-CENTERLEITER, LETZTER PERSONALCHEF DER SWISSAIR<br />

UND LANGJÄ<strong>HR</strong>IGER PRÄSIDENT DER ZÜRCHER GESELLSCHAFT FÜR PERSONALMANAGEMENT, ÜBER DIE ROLLE DER<br />

INTERNEN KOMMUNIKATION IN UND NACH DER PANDEMIE.<br />

Wie hat Corona die interne Kommunikation<br />

verändert?<br />

Matthias Mölleney: Wir sehen drei parallele Entwicklungen:<br />

Schon vor Corona haben neue digitale<br />

Instrumente Kommunikation schneller, direkter<br />

und skalierbarer gemacht. Zweitens entwickeln<br />

immer mehr Unternehmen agile Strukturen mit<br />

flacheren Hierarchien und einem höheren Grad<br />

an Selbstorganisation, um im Wettbewerb<br />

schneller handeln zu können. Und drittens lernten<br />

wir in den letzten 18 Monaten, dass wir die Arbeit<br />

vom Arbeitsort viel stärker entkoppeln können,<br />

als wir das früher geglaubt hätten.<br />

FOTO: ZVG<br />

Aber kommunizieren die Mitarbeitenden im<br />

Homeoffice nicht trotzdem den ganzen Tag?<br />

Ja, das tun sie, aber anders als in den physischen<br />

Meetings. Wir stellten fest, dass die Anzahl an<br />

Meetings in Unternehmen zugenommen, gleichzeitig<br />

aber die Dauer des einzelnen Meetings<br />

abgenommen hat. Viele scheinen das Gefühl zu<br />

haben, in Video-Calls hätten Smalltalk und Persönliches<br />

nichts verloren. Für die Leistungsfähigkeit<br />

und Resilienz von Teams sind diese aber nach<br />

wie vor sehr wichtig.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Welche Massnahmen und Inhalte sind sinnvoll,<br />

um die Verbindung zu den Menschen im<br />

Homeoffice aufrecht zu erhalten?<br />

In jedem Team bilden sich «Inner Circles», die<br />

nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern sich<br />

mögen und anfreunden. In einem traditionellen<br />

Setting ist es Aufgabe der Vorgesetzten, dafür<br />

zu sorgen, dass andere sich nicht ausgeschlossen<br />

fühlen. Wenn es nun flache Hierarchien mit weniger<br />

Vorgesetzten gibt und zudem die physische<br />

Präsenz eingeschränkt ist, muss die interne Kommunikation<br />

Impulse zum besseren Kennenlernen<br />

geben, damit die Sympathiegräben überwunden<br />

und das notwendige Vertrauen im gesamten<br />

Team aufgebaut werden kann.<br />

Wie begegnen Ihnen diese Themen in Ihrem<br />

Alltag?<br />

In unseren HWZ-Bildungsgängen haben wir die<br />

Inhalte angepasst an die erwähnten Trends: Kommunikationsthemen<br />

spielen eine immer stärkere<br />

Rolle. Gleichzeitig wollen wir bei HWZ und ZGP<br />

immer über den Tellerrand hinausschauen: Innovativ<br />

können wir nur sein, wenn wir uns vernetzen<br />

und voneinander lernen. Das ist auch das Ziel des<br />

gemeinsamen Newsletters «Leadership und Personalmanagement<br />

Update», den ich seit über<br />

drei Jahren jeden Montag für die HWZ und die<br />

ZGP veröffentliche und der sich zu einem der<br />

meistgelesenen <strong>HR</strong>-Newsletter entwickelt hat.<br />

Wie hoch ist der technische Aufwand? Müssen<br />

Firmen wegen der Pandemie neue Intranets<br />

aufsetzen oder in vergleichbare Tools investieren?<br />

Aus meiner Sicht müssen sie das nicht. Die vielen<br />

positiven Feedbacks zeigen, dass ein E-Mail-<br />

Newsletter ausreicht, den jeder und jede überall<br />

abrufen kann. Ausserdem verteile ich die Inhalte<br />

über verschiedene Systeme und Kanäle: E-Mail,<br />

LinkedIn, Twitter und mehrere Websites. Mit der<br />

Software Scope, die wir einsetzen, geht das alles<br />

einfach und in einem Arbeitsgang.<br />

INTERNE UND EXTERNE<br />

KOMMUNIKATION<br />

PER NEWSLETTER<br />

Matthias Mölleney erstellt und versendet<br />

jeden Montag das «Leadership und Personalmanagement<br />

Update». Sehen Sie im<br />

kurzen Demo-Video, wie das mit der Software<br />

Scope funktioniert und wie Sie selbst<br />

einfach und schnell intern per Newsletter<br />

kommunizieren können. thesco.pe/today<strong>21</strong><br />

oder via QR-Code.<br />

52


Loyalität<br />

THEMA<br />

ZWISCHEN STUHL UND BANK<br />

LOYALITÄT GEGENÜBER ARBEITNEHMENDEN HAT AN BEDEUTUNG VERLOREN.<br />

DAS BETRIFFT ANGEHÖRIGE DER GENERATION X VERSTÄRKT, MEINEN ZWEI<br />

<strong>HR</strong>-FACHLEUTE, DIE SICH IM ZUGE DER PANDEMIE NEU ORIENTIERT HABEN.<br />

Text: Corinne Päper<br />

«Wir gehören zur ‹Work hard, play hard›-Generation»,<br />

sagen Barbara Greutter, die zuletzt in einer<br />

C-Level-Funktion bei einem börsenkotierten<br />

Unternehmen arbeitete und heute selbständige<br />

Beraterin ist, und Miriam Higgins, deren <strong>HR</strong>-Stelle<br />

kürzlich nach einer Firmenfusion gestrichen<br />

wurde. «Der Leistungsbeitrag der Generation X<br />

wird zwar geschätzt, dennoch wird sie in den<br />

Betrieben häufig übersehen», ergänzt Higgins.<br />

Das sei wissenschaftlich erwiesen: «Die Forschung<br />

von Lynda Gratton zeigt, dass Babyboomer in<br />

einflussreichen Positionen eher die Generation<br />

ihrer Kinder fördern.» Menschen im mittleren Alter<br />

aufs Abstellgleis zu schieben, sei jedoch ein<br />

strategischer Fehler, meinen Greutter und Higgins.<br />

<strong>HR</strong> sei deshalb gefordert, die Entwicklung der<br />

Generation X im Auge zu behalten und die für die<br />

Digitalisierung wichtiger werdenden Skills bei<br />

dieser Mitarbeitergruppe zu fördern.<br />

Barbara Greutter,<br />

Inhaberin, Greutter <strong>HR</strong> Consulting,<br />

Wien und Barcelona<br />

Miriam Higgins,<br />

<strong>HR</strong> Professional<br />

Trotz Leistung wenig Vorteile<br />

«Firmen gehen zu wenig zielgruppengerecht auf<br />

ihre Mitarbeitenden ein», beanstanden Greutter<br />

und Higgins den Umgang mit den Beschäftigten<br />

aller Altersgruppen. So auch auf jene der Angehörigen<br />

der Jahrgänge 1965 bis 1980: «Sie leisten<br />

viel, profitieren aber nicht immer von den Vorteilen,<br />

die Mitarbeitende anderer Altersklassen<br />

haben», sagt Higgins. Etwa von Work-Life-<br />

Balance-Angeboten oder Vaterschaftsurlauben.<br />

Diese und andere Themen hätte die Generation<br />

X jedoch vorangetrieben: «Davon profitieren alle<br />

nachkommenden Generationen.» <strong>HR</strong> verkenne<br />

zudem die unterschiedlichen Bedürfnisse der<br />

Generationen, aber auch, dass diese nicht statisch<br />

sind. «Ein 50-Jähriger denkt heute anders als ein<br />

Babyboomer im Alter von 50 Jahren oder die<br />

Generation Y», sagt Higgins.<br />

Sich in ein Hierarchiekorsett zu zwängen, liege<br />

jungen Menschen genauso wenig wie den Angehörigen<br />

der Generation X. So auch Greutter und<br />

Higgins: «Wir haben eine Portfolio-Karriere<br />

gewählt, weil wir viel zu geben haben und unabhängiger<br />

sein möchten.» Der Trend zum Mehrfachengagement<br />

verstärke sich aber auch, weil<br />

gut bezahlte Jobs in Unternehmen mit starken<br />

Hierarchien seltener würden und diese Firmen<br />

zudem häufiger restrukturiert würden.<br />

Mittlerweile eine Binsenweisheit: Wer die magische<br />

Grenze von 50 Jahren überschritten hat, tut<br />

sich auf dem Arbeitsmarkt schwerer: «Um uns<br />

entsprechend unseren Fähigkeiten im Arbeitsmarkt<br />

zu positionieren, sind wir auf unsere Netzwerke<br />

angewiesen», sagt Greutter. In der Schweiz<br />

herrsche nach wie vor ein konservatives Menschenbild.<br />

«Viele <strong>HR</strong>-Fachleute können sich nicht<br />

vorstellen, dass wir weitere Karriereschritte<br />

machen wollen.» Dabei wäre es ein Vorteil für die<br />

Unternehmen: «In unserem Alter geht es zudem<br />

nicht mehr um Status oder einen Jobtitel, sondern<br />

darum, unsere Kompetenz einzubringen, zu<br />

wachsen und intellektuell gefordert zu sein. Wir<br />

möchten einen Beitrag im Kleinen wie im Grossen<br />

leisten.»<br />

Nicht nur Firmen müssen sich verändern, gefragt<br />

sei auch ein gesellschaftlicher Wandel: «Die Grenzen<br />

zwischen angestellt, arbeitslos und selbständig<br />

sind zu starr», sagen Greutter und Higgins.<br />

«Menschen können aus sozialversicherungstechnischen<br />

und rechtlichen Vorgaben nicht einfach<br />

so zwischen den verschiedenen Arbeitsformen<br />

wechseln», ergänzt Higgins. Besonders in Krisenzeiten<br />

und in mittlerem Alter sei dies aber vonnöten:<br />

«Menschen müssen auch nach Beendigung<br />

eines Arbeitsverhältnisses weiterhin arbeiten können.»<br />

Der grosse Unterschied zwischen der Absicherung<br />

eines Angestellten und der Unsicherheit<br />

eines Selbständigen führe aber dazu, dass Menschen<br />

an Arbeitsplätzen festhalten. «Das<br />

erschwert Unternehmen den flexiblen Einsatz von<br />

Talenten.»<br />

a<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

53


Sterben die Bienen<br />

aus, sind auch wir<br />

Menschen in Gefahr.<br />

Schütze<br />

gemeinsam mit<br />

Greenpeace die<br />

Bienen:<br />

* Die Kosten der SMS entsprechen deinem<br />

Mobilfunkanbieter-Vertrag. Mit dem Senden der SMS<br />

spendest du Greenpeace deinen Wunschbetrag<br />

und stimmst zu, dass Greenpeace dich kontaktieren darf.<br />

Spende zwischen<br />

1 und 99 Franken per SMS.<br />

Beispiel: GP BIENEN 15<br />

an 488 *


Angeknüpft<br />

THEMA<br />

OHNE CHEFS<br />

NOCH SEI DIE KOLLEGIALE FÜ<strong>HR</strong>UNG IN UNTERNEHMEN EHER SELTEN, SC<strong>HR</strong>IEB <strong>HR</strong> TODAY IN AUSGABE 7/8, 20<strong>21</strong>.<br />

DAS BRACHTE <strong>HR</strong> TODAY-LESER SANDRO ANTONELLO DAZU, SEINE ARBEITGEBERIN,<br />

DIE STIFTUNG IDÉESPORT, VORZUSTELLEN, DIE NACH DIESEM PRINZIP ORGANISIERT IST.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

Nach der Lektüre unseres Artikels «Ohne<br />

Chefs» machten Sie uns auf Ihre kollegial<br />

geführte Stiftung IdéeSport aufmerksam, die<br />

Sportveranstaltungen für Jugendliche durchführt.<br />

Trotz aller Kollegialität haben Sie dennoch<br />

eine Geschäftsführung. Ein Widerspruch?<br />

Sandro Antonello: Wir haben zwar einen<br />

Geschäftsführer, er hat jedoch klar zugewiesene<br />

Aufgaben und fungiert in keiner führenden oder<br />

leitenden Position. Seine Funktionen umfassen<br />

beispielsweise das Krisen- und Risikomanagement,<br />

das Coachen der unterschiedlichen Teams<br />

und Repräsentationsaufgaben. Zudem ist er Bindeglied<br />

zum Stiftungsrat. Da es sich hauptsächlich<br />

um eine nach innen gerichtete Rolle handelt,<br />

war es uns wichtig, den Mitarbeitenden den Lead<br />

bei Rekrutierungen zu übergeben.<br />

Was hat sich bei IdéeSport verändert, als Sie<br />

2019 die kollegiale Führung initialisierten?<br />

Ein wichtiger Meilenstein im Transformationsprozess<br />

war, dass wir die klassische Führung durch<br />

eine kollegiale ersetzten. Leitungsaufgaben der<br />

Stiftung werden seither nicht mehr von einzelnen<br />

Personen wahrgenommen, sondern sind auf viele<br />

Mitarbeitende verteilt. Um Entscheidungen durch<br />

die richtige Stelle rasch treffen zu können, schufen<br />

wir verschiedene Rollen und bildeten selbstorganisierte<br />

Kreise.<br />

Den Mut aufzubringen, selbständig zu entscheiden,<br />

sei für viele Mitarbeitende immer<br />

noch schwierig, sagten Sie kürzlich in einem<br />

Interview ...<br />

Viele Teams hadern immer noch mit grösseren<br />

Entscheidungen oder solchen, die finanzielle Ausgaben<br />

nach sich ziehen. Manchmal herrscht noch<br />

die Vorstellung, man müsse möglichst viele Meinungen<br />

einholen. Dadurch stösst man schnell auf<br />

Widerstand. Eine Idee wird dann oft verworfen.<br />

Das finde ich sehr schade und ermutige Mitarbeitende<br />

deshalb, ihre Ideen und Vorhaben auszuprobieren<br />

und im schlimmsten Fall zu scheitern.<br />

Nur so können wir lernen und uns entwickeln.<br />

Sandro Antonello,<br />

Organisationsentwicklung & IT,<br />

Stiftung IdéeSport<br />

Was gibt es noch zu tun?<br />

Wir haben uns in einem zweijährigen Projekt auf<br />

Strategie, Struktur, Prozesse, Führung, <strong>HR</strong>-Instrumente<br />

und Kultur fokussiert und eruiert, wo wir<br />

Veränderungen vornehmen müssen. Das Projekt<br />

ist mittlerweile zwar abgeschlossen, dennoch bleibt<br />

es wichtig, Mitarbeitende immer wieder abzuholen.<br />

Agilität lässt sich jedoch lernen und trainieren.<br />

WIR HABEN DIE<br />

KLASSISCHE FÜ<strong>HR</strong>UNG<br />

DURCH EINE<br />

KOLLEGIALE ERSETZT.<br />

SANDRO ANTONELLO<br />

Das bewerkstelligen wir durch wechselnde Rollenverteilungen<br />

sowie durch Kreise wie den Kultur-,<br />

Organisationsentwicklungs- oder Innovationskreis.<br />

Dadurch wollen wir unser Tun und Handeln<br />

sowie die Zusammenarbeit regelmässig hinterfragen<br />

und entwickeln.<br />

Was sind für Sie besondere Erfolge?<br />

Als eher kleinere Stiftung konnten wir Mitarbeitenden<br />

nie klassische Aufstiegsmöglichkeiten<br />

bieten. Durch die kollegiale Führung können sie<br />

sich nun in ausgewählten Themengebieten oder<br />

Projekten ausleben und entwickeln. Ich beobachte<br />

heute eine sehr motivierte und engagierte Mitarbeiterschaft.<br />

Jede und jeder übernimmt Verantwortung<br />

und möchte die Stiftung voranbringen.<br />

Wie sehen Sie Ihre eigenen Aufgaben?<br />

Meine Rolle hat sich in den letzten drei Jahren<br />

stark gewandelt. Ich bin als <strong>HR</strong>-Leiter und Organisationsentwicklung<br />

und als Mitglied der<br />

Geschäftsleitung bei Idée Sport gestartet und<br />

habe mich über diverse Rollen im Transformationsprozess<br />

zum internen Coach für die Stiftung<br />

entwickelt. Manche würden das wohl als Rückschritt<br />

in meiner <strong>HR</strong>-Laufbahn bezeichnen, genau<br />

dieses Denken existiert bei Idée Sport aber nicht<br />

mehr. Wir definieren uns nicht über unsere Titel,<br />

sondern über unsere Arbeitsinhalte. a<br />

Stiftung IdéeSport<br />

Die Stiftung Idée Sport stellt Sportangebote für<br />

Kinder und Jugendliche bereit. Die NGO be schäftigt<br />

51 Mitarbeitende in drei Regionalbüros in<br />

Olten, Lausanne und Lamone und führt in der<br />

Schweiz pro Jahr rund 2680 Veranstaltungen<br />

mit 131 700 Teilnehmenden in 127 Gemeinden in<br />

20 Kantonen durch.<br />

ideesport.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

55


Swissstaffing<br />

Aktuelles vom Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />

IST EINE SC<strong>HR</strong>IFTFORMERFORDERNIS<br />

BEIM ABSCHLUSS VON ARBEITSVERTRÄGEN<br />

NOCH ZEITGEMÄSS?<br />

GRUNDSÄTZLICH STELLT DAS GESETZ KEINE FORMVORSC<strong>HR</strong>IFT AN ARBEITSVERTRÄGE. SIE KÖNNEN AUCH MÜNDLICH ABGESCHLOSSEN<br />

WERDEN, MIT AUSNAHME DER TEMPORÄRBRANCHE. IM BEREICH PERSONALVERLEIH LEGT ART. 19 ABS. 1 DES ARBEITSVERMITTLUNGS­<br />

GESETZES (AVG) FEST, DASS DER VERLEIHER DEN VERTRAG MIT DEM ODER DER ARBEITNEHMENDEN IN DER REGEL SC<strong>HR</strong>IFTLICH<br />

ABSCHLIESSEN MUSS. DER VERTRAG MUSS GRUNDSÄTZLICH VOR DER ARBEITSAUFNAHME VORLIEGEN UND VON BEIDEN VERTRAGSPARTEIEN<br />

VOR DEM ARBEITSEINSATZ UNTERZEICHNET WERDEN. AUCH SPÄTERE VERTRAGSÄNDERUNGEN UNTERLIEGEN DER SC<strong>HR</strong>IFTFORM.<br />

Text: Boris Eicher<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Wer rasch ein kurzfristiges Arbeitsverhältnis eingehen<br />

möchte, will sich oft nicht mit übermässigem<br />

Papierkram auseinandersetzen. Und das<br />

noch weniger, wenn sich Arbeitnehmende und<br />

Firma mit ein paar Klicks auf einer Plattform<br />

unkompliziert gefunden und sich auf die Einsatzmodalitäten<br />

geeinigt haben. Vor dem Hintergrund<br />

der fortschreitenden Digitalisierung zeigen sich<br />

spätestens hier die Hürden in der Gesetzgebung<br />

zur Schriftformerfordernis für die Temporärbranche.<br />

Daher darf durchaus berechtigt die Frage<br />

gestellt werden, ob die Schriftformerfordernis für<br />

neuere, flexiblere Erwerbsformen noch das geeignete<br />

Instrument für Vertragsabschlüsse ist. Das<br />

Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) entstand in der<br />

zweiten Hälfte der 1980er-Jahre. Als das Schriftlichkeitskriterium<br />

damals eingeführt wurde, war<br />

die eigenhändige Unterschrift die einzig mögliche<br />

Form, um einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen.<br />

Hintergrund dieser Regelung war der Wunsch<br />

des Gesetzgebers, Arbeitnehmende in flexiblen<br />

Beschäftigungsverhältnissen besonders gut zu<br />

schützen. Aber bieten handschriftlich unterzeichnete<br />

Arbeitsverträge tatsächlich einen besseren<br />

Schutz und sind sie sicherer als auf anderem Weg<br />

zustande gekommene Verträge?<br />

Kein besonderer Schutz der Vertragsparteien<br />

durch Schriftformerfordernis<br />

Formvorschriften führen zu klaren Verhältnissen,<br />

indem klargestellt und bewiesen werden kann,<br />

welcher arbeitsvertragliche Inhalt vereinbart worden<br />

ist. Zu Beweiszwecken und zum Schutz der<br />

Vertragsparteien (insbesondere Arbeitnehmende)<br />

sind aber längst kein Papier und keine eigenhän-<br />

Boris Eicher,<br />

Leiter Rechtsdienst,<br />

swissstaffing<br />

dige Unterschrift mehr nötig. Digitale Mechanismen<br />

bieten heute verschiedene Möglichkeiten,<br />

eine Vereinbarung beweisbar und im Nachhinein<br />

nicht abänderbar zu gestalten. Und sie ermöglichen,<br />

den Vertragsparteien die nötigen Beweisstücke<br />

in die Hand zu geben, welche die Begründung<br />

ihres Vertrages unabänderbar<br />

dokumentieren. Dem Arbeitnehmenden ist es<br />

somit problemlos und jederzeit möglich, den beispielsweise<br />

per E-Mail oder in einer entsprechenden<br />

App zur Verfügung gestellten Arbeitsvertrag<br />

vor Einsatzbeginn einzusehen. Im Rahmen von<br />

digitalen Vertragsabschlüssen können Arbeitnehmende<br />

zudem generell besser auf Informationen<br />

aufmerksam gemacht werden als bei papierbasierten<br />

Prozessen. Handschriftlich unterzeichnete<br />

Verträge bieten somit keineswegs einen besseren<br />

Schutz als Verträge, die auf anderem Wege<br />

zustande gekommen sind. Eine Formvorschrift<br />

darf die Vertragsparteien nicht in ihrer Interaktion<br />

behindern und die Dynamik digitaler Geschäftsabläufe<br />

ausbremsen.<br />

Während der Corona-Pandemie wurden Arbeitsverträge<br />

aufgrund der Notsituation und der damit<br />

verbundenen behördlichen Massnahmen, insbesondere<br />

der Homeoffice-Anordnung des Bundesrates,<br />

vorübergehend mittels einer «einfachen»<br />

digitalen Signatur, eines unterschriebenem PDF-<br />

Scans oder per E-Mail-Antwort abgeschlossen. In<br />

dieser ausserordentlichen Situation hat sich<br />

gezeigt, dass eine digitaltaugliche, durch Text<br />

nachweisbare Form (beispielsweise E-Mail, signieren<br />

am Touchscreen, einscannen der handschriftlichen<br />

Unterschrift etc.) keine negativen Auswirkungen<br />

auf das Arbeitsverhältnis hat und den<br />

Arbeitnehmerschutz in keiner Weise infrage stellt.<br />

Formerfordernisse verhindern<br />

einen digitalen Geschäftsablauf<br />

Gesetzliche Formvorschriften erschweren die ITund<br />

technikbasierte Tätigkeit der Personaldienstleister<br />

im digitalen Zeitalter wesentlich. Die<br />

Schriftformerfordernis ist mit Zeit und Kosten<br />

verbunden und verhindert eine digitale Optimierung<br />

in den Verleihbetrieben – unabhängig davon,<br />

ob das Geschäftsmodell digital ist oder nicht.<br />

Diese Formvorschriften stellen für Betriebe einer<br />

digitalen Plattform ein zusätzliches Hindernis dar,<br />

das eine vollständig automatisierte Geschäftsabwicklung<br />

verunmöglicht. Das heisst, auch im<br />

56


Swissstaffing<br />

FOTO: SHUTTERSTOCK<br />

Falle über digitale Plattformen angebotener<br />

Dienstleistungen müssen immer noch Vertragsdokumente<br />

ausgedruckt, unterzeichnet und dann<br />

per Post versendet werden. Gesetzliche Formvorschriften<br />

sind somit die grösste Hürde für digitale<br />

Geschäftsmodelle, weil sie einen digitalen Ablauf<br />

verhindern, zu Medienbrüchen und zu einer Vermischung<br />

digitaler und analoger Vorgänge führen.<br />

GESETZLICHE FORM-<br />

VORSC<strong>HR</strong>IFTEN<br />

ERSCHWEREN DIE IT-<br />

UND TECHNIKBASIERTE<br />

TÄTIGKEIT DER PERSO-<br />

NALDIENSTLEISTER.<br />

BORIS EICHER, LEITER RECHTSDIENST<br />

BEI SWISSSTAFFING<br />

Zwar gibt es eine gesetzlich zulässige elektronische<br />

Unterschrift, die der handschriftlichen<br />

gleichgestellt ist (Art. 14 Abs. 2bis OR). Die Anforderungen<br />

an die qualifizierte elektronische Unterschrift<br />

nach ZertES sind jedoch derart hoch, dass<br />

sie sich bis jetzt in der Praxis nicht durchgesetzt<br />

hat. Dies nicht zuletzt, weil die qualifizierte elek-<br />

tronische Signatur nach ZertES aus Unternehmenssicht<br />

kostspielig sowie mit hohem organisatorischem<br />

und technischem Aufwand verbunden<br />

ist. Die Ablehnung des Bundesgesetzes über elektronische<br />

Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz)<br />

hat überdies die Verbreitung der qualifizierten<br />

elektronischen Signatur nach ZertES weiter verzögert.<br />

Selbst wenn sich elektronische Signaturen<br />

bei Unternehmen durchsetzen würden, stellt die<br />

praktisch nicht vorhandene Marktdurchdringung<br />

bei Privatpersonen weiterhin ein Hindernis für eine<br />

digitale Geschäftsabwicklung dar.<br />

Schriftlichkeitskriterium im Widerspruch<br />

zur gelebten Realität<br />

Solange Verträge noch immer eine handschriftliche<br />

Unterschrift benötigen, wird Wirtschaft und<br />

Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, digital zu<br />

arbeiten und Geschäfte abzuwickeln, was gleichbedeutend<br />

steht für Vertragsdokumente ausdrucken,<br />

unterzeichnen und dann per Post versenden.<br />

Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, dass die<br />

Schriftformerfordernis heute mehr denn je im<br />

Widerspruch zur rasch fortschreitenden Digitalisierung<br />

und den praktischen Bedürfnissen von<br />

Wirtschaft und Gesellschaft steht. Diese Tatsachen<br />

machen es nötig, das Recht möglichst rasch<br />

an die technologischen Möglichkeiten und Anforderungen<br />

der heutigen Zeit anzupassen. Es<br />

braucht offensichtlich eine Neuinterpretation der<br />

Schriftform. Auch sie soll den Vertragsparteien<br />

die nötige Sicherheit verleihen, sie aber gleichzeitig<br />

nicht in ihrer Interaktion behindern und die<br />

Dynamik digitaler Geschäftsabläufe nicht ausbremsen.<br />

Eine einfache, digital nachweisbare<br />

Form des Vertragsabschlusses bietet den Arbeitnehmenden<br />

die erforderliche Sicherheit und mit<br />

den heutigen Möglichkeiten lässt sich eine Vereinbarung<br />

zum Schutz der Arbeitnehmenden<br />

beweisbar und im Nachhinein nicht abänderbar<br />

gestalten.<br />

a<br />

Hier bloggt der Vorstand …<br />

Die Zukunft liegt im<br />

«Intelligent Staffing»<br />

Balz M. Villiger, Vice President & Country<br />

General Manager Kelly Services Schweiz<br />

Welchen Nutzen bringen neue <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien?<br />

Bestehende und neue <strong>Tech</strong>nologien helfen,<br />

Arbeitsabläufe zu verbessern und neue<br />

Geschäftserkenntnisse zu gewinnen. Für uns<br />

ist entscheidend, unsere Kundinnen und Kunden<br />

sowie Kandidatinnen und Kandidaten<br />

optimal zu betreuen. Hier leisten <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologien<br />

einen wesentlichen Beitrag. Sie<br />

ermöglichen uns, rasch auf Anfragen zu<br />

reagieren und die Dienstleistung zugunsten<br />

unserer Talente und Kunden zu verbessern.<br />

Auch wollen wir neue technologische Möglichkeiten<br />

nutzen, um noch besser mit Talenten<br />

in Kontakt zu treten. Vor dem Hintergrund<br />

des Wettbewerbs im Talentmarkt ist das ausschlaggebend.<br />

Gleichzeitig fordern neue <strong>Tech</strong>nologien<br />

auch das <strong>HR</strong>. Was bedeutet das für das<br />

Personalwesen der Zukunft?<br />

Die technologischen Anforderungen nehmen<br />

laufend zu. Nicht nur für das <strong>HR</strong>, sondern für<br />

Organisationen insgesamt. Es ist klar, dass<br />

neue <strong>Tech</strong>nologien wie künstliche Intelligenz<br />

und Robotik die Arbeitswelt revolutionieren<br />

und die Investitionen in diesem Bereich durch<br />

die hohen Kundenerwartungen weiterhin<br />

rasant steigen. Zugleich gilt es, den rechtlichen<br />

Rahmen einzuhalten, interne Prozesse<br />

und Abläufe anzupassen und die Sicherheit<br />

der Systemlandschaft zu garantieren. Mit<br />

dem Anspruch auf Geschwindigkeit entsteht<br />

hier häufig ein Spannungsfeld. Auch für das<br />

Personalwesen wird es entscheidend sein,<br />

welche Organisationen diese Transformation<br />

insgesamt gut meistern und es schaffen,<br />

<strong>Tech</strong>nologien zielgerichtet einzusetzen. Das<br />

haben die Pandemie und deren Auswirkung<br />

auf die Rekrutierung und das Onboarding von<br />

neuen Mitarbeitenden eindrücklich gezeigt.<br />

Den ganzen Blogbeitrag lesen Sie auf<br />

blog.swissstaffing.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

57


Presented by rexx systems Schweiz AG<br />

WAS WIRKLICH ZÄHLT BEI <strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN<br />

UND BEIM <strong>HR</strong> CHANGE MANAGEMENT<br />

EINE GUTE <strong>HR</strong>-SOFTWARE SOLLTE DEM BENUTZER EINS GEWÄ<strong>HR</strong>EN: SCHNELL INDIVIDUELLE ANPASSUNGEN VORZUNEHMEN.<br />

SOWOHL DAS SCHWEIZER SÄGEKETTENWERK DES MASCHINENBAUERS STIHL ALS AUCH DAS ZUGER KANTONSSPITAL WURDEN<br />

WÄ<strong>HR</strong>END DER CORONAKRISE MIT NEUEN HERAUSFORDERUNGEN KONFRONTIERT. DA ERWEIST SICH EIN <strong>HR</strong>-TOOL OFTMALS<br />

ALS RETTER IN DER NOT.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Covid-19 hat vielen Branchen geschadet, aber<br />

einigen auch mächtig Auftrieb verliehen. Der<br />

Lockdown weckte zudem die gestalterische<br />

Freude der Menschen. Das hatte eine explodierende<br />

Nachfrage nach Bau- und Möbelholz zur<br />

Folge. Auch die Medizinbranche sowie das<br />

Gesundheitswesen wurden immer wieder vor<br />

neue Herausforderungen gestellt, die teilweise<br />

über die Errichtung von Test- sowie Impfstationen<br />

hinausragten. In beiden Fällen kommt <strong>HR</strong><br />

ins Spiel und muss sich in kürzester Zeit<br />

Veränderungen anpassen. Eine leistungsfähige<br />

<strong>HR</strong>-Software ist dafür die Basis!<br />

Die Covid-19-Pandemie stellt das<br />

STIHL Kettenwerk in der Schweiz<br />

vor grosse Herausforderungen<br />

In Zeiten von Corona und der damit verbundenen<br />

Herausforderungen sind einmal mehr<br />

Agilität und Flexibilität gefragt. Nicht nur das<br />

Unternehmen muss entsprechende Massnahmen<br />

treffen, es braucht auch eine wandelbare<br />

Software, mit welcher man dynamisch<br />

kurzfristige Anforderungen umsetzen kann. Das<br />

STIHL Kettenwerk ist schon lange mit der rexx<br />

Suite vertraut. Mit diesen Kenntnissen konnten<br />

die selbst erstellten Add-ons in die Software<br />

bedarfsorientiert eingepflegt und ein internes<br />

Contact-Tracing aufgebaut werden.<br />

«Ohne die richtige <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong>nologie hätten wir<br />

die Anforderungen im Rahmen von Covid-19<br />

nicht so effizient bewältigen können», erklärt<br />

Cornelia Bänziger, Personalleiterin STIHL Kettenwerk<br />

GmbH & Co KG, Wil.<br />

Test- und Impfzentren<br />

fordern massive Neuanstellungen<br />

Auf das Zuger Kantonsspital kam zu Beginn des<br />

Jahres eine Reihe an neuen Herausforderungen.<br />

Neben der Inbetriebnahme des Corona-Test-<br />

Centers wurden die Verantwortlichen mit der<br />

Errichtung eines Impfzentrums beauftragt. Nun<br />

hiess es in kürzester Zeit einem massiv erhöhtem<br />

Personalbedarf von rund 300 neuen Mitarbeitenden<br />

und bis zu täglich 60 Bewerbenden<br />

nachzukommen.<br />

Auch hier war es wichtig, genügend Agilität<br />

innezuhaben, um die Situation bestmöglich zu<br />

meistern. Mit dem rexx-Dokumenten-Management<br />

der rexx Suite regulierte das Zuger<br />

Kantonsspital das Einstellungsvolumen selbstständig,<br />

bewältigte die Vielzahl an Bewerbungen<br />

und passte die Vertragsarten des Personals<br />

flexibel an.<br />

Dank der schnellen Anpassungsmöglichkeiten<br />

der Software konnte das Spital bis zu 20 Anstellungen<br />

täglich vornehmen, erklärt Personalleiter<br />

Serge Wilhelm. Ihm zufolge hat die Software<br />

wesentlich am Aufbau des Impfzentrums<br />

beigetragen. Abschliessend sagt er: «Wir mussten<br />

innert kürzester Zeit eine Vielzahl neuer<br />

Mitarbeitender für das Test- und Impfzentrum<br />

einzustellen. Unsere Wahl auf den Spezialisten<br />

für <strong>HR</strong>-Software rexx systems erwies sich als<br />

Glücksfall. Durch die zur Verfügung gestellte<br />

Software waren wir nicht nur in der Lage, dass<br />

massive Mehrvolumen zu stemmen. Das Anlegen<br />

neuer Mitarbeitender im System und der<br />

Onboarding-Prozess verliefen ebenfalls reibungslos.»<br />

Branchenunabhängig beweist die preisgekrönte<br />

Software ihre Anpassungsfähigkeit gegenüber<br />

den Bedürfnissen der Kunden. Die rexx Software<br />

bietet weitreichende Automatismen, um die <strong>HR</strong><br />

von wiederkehrenden Arbeitsabläufen zu entlasten,<br />

um mehr Zeit für wertschöpfende Aufgaben<br />

wie das Talentmanagement inklusive<br />

Aus-, Fort- und Weiterbildung zu finden. «Unsere<br />

Kundinnen und Kunden schätzen die rexx <strong>HR</strong>-<br />

Suite nicht nur hinsichtlich der marktführenden<br />

Funktionalität, sondern insbesondere für die<br />

entgegenkommende Flexibilität, Anpassungen<br />

selbst vorzunehmen», erklärt Riccardo Schwick,<br />

Managing Partner rexx systems Schweiz AG.<br />

rexx-systems.com<br />

58


MEINUNG<br />

Buchtipps (Seite 60) • Debatte (Seite 61) • hrtoday.ch (Seite 66)<br />

Fokus Forschung (Seite 69) • <strong>HR</strong>-Team des Monats (Seite 70)<br />

Zitat des Monats<br />

«STARKE BEZIEHUNGEN<br />

ERFORDERN ARBEIT.»<br />

Top-Beitrag<br />

Social Media Juli<br />

Kein anderer Social-Media-Beitrag hat so viele Reaktionen<br />

ausgelöst wie das Interview mit Pater Anselm Grün: Allein bei<br />

Linkedin hat er über 8300 Impressionen und 94 Reaktionen<br />

generiert (Stand 10.8.20<strong>21</strong>, Zahlen steigend).<br />

Hintergrund<br />

Das von Mitgliedern finanzierte<br />

Magazin «Neue Narrative» widmet<br />

seine aktuelle Ausgabe #11 dem<br />

Thema «Gute Arbeit braucht<br />

gute Beziehungen».<br />

Im Schnitt können Menschen mit 180 Personen stabile soziale Beziehungen<br />

aufbauen, die auf Gegenseitigkeit und Vertrauen beruhen.<br />

Nicht immer befinden sich diese aber in unmittelbarer Nähe: Die<br />

Welt ist unübersichtlicher geworden. Wie man sich trotzdem auf<br />

andere einlassen kann, wie in Organisationen ein Wir-Gefühl entsteht<br />

und wie man an seiner eigenen Beziehungsfähigkeit arbeitet, untermauern<br />

Artikel und Übungen des «Magazins für neues Arbeiten».<br />

Insbesondere in schwierigen Zeiten sehnen sich die Menschen<br />

offenbar nach anderen Führungsstilen und -kulturen. Oder um<br />

es mit den Worten der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>-Leserinnen Julia Guran («Der<br />

Mann sagt schöne und kluge Dinge. Danke!») und Sabine Menke<br />

auszudrücken: «Durch die Pandemie-Phase ist Führen auf Distanz<br />

Normalität geworden. Dadurch teile ich sehr, dass Vertrauen und<br />

Empathie noch bedeutender für das Führungsverhalten geworden<br />

sind.»<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

59


MEINUNG<br />

Buchtipps<br />

BUCHTIPPS<br />

IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM ERSCHEINEN JÄ<strong>HR</strong>LICH TAUSENDE VON FACH BÜCHERN. WIR HABEN EINE<br />

AUSWAHL FÜR SIE GETROFFEN UND PRÄSENTIEREN IHNEN NEUERSCHEINUNGEN ZUR ARBEITSWELT UND ZU <strong>HR</strong>.<br />

NICHT ALLEIN<br />

Dan Sullivan, Benjamin Hardy<br />

In Unternehmen werden viele<br />

Ziele und Ideen nicht verfolgt<br />

oder aufgeschoben, weil die<br />

Zeit und die Kapazitäten für<br />

die Bewältigung fehlen. Die<br />

Frage, wer eine Aufgabe sonst<br />

noch erledigen könnte, wird<br />

kaum gestellt. Und das,<br />

obschon sich durch ihre Beantwortung<br />

motivierte Mitstreiter finden lassen, die<br />

ein Ziel und eine Vision teilen und mit denen man<br />

in kurzer Zeit sicher ans Ziel gelangt, ohne die<br />

ganze Arbeit selbst bewältigen zu müssen.<br />

Dan Sullivan und Benjamin Hardy,<br />

Frag nicht wie – frag wer,<br />

Redline Verlag, 20<strong>21</strong>, 240 Seiten.<br />

SELBSTTÄUSCHUNG ENTLARVEN<br />

The Arbinger Institute<br />

Selbsttäuschung hat es in<br />

sich. Bei Fehlentscheiden<br />

oder Problemen machen wir<br />

oft andere dafür verantwortlich,<br />

statt zu erkennen, welchen<br />

Anteil wir daran haben,<br />

und halten uns in Selbstrechtfertigungen<br />

gefangen.<br />

In der Neuauflage des internationalen<br />

Bestsellers zeigt das Arbinger Institute<br />

mit einer unterhaltsamen Geschichte über eine<br />

Führungskraft, wie Selbsttäuschung unser Leben<br />

beherrscht, welchen Schaden sie anrichtet und<br />

was wir dagegen tun können.<br />

The Arbinger Institute, Führung und Selbsttäuschung,<br />

Gabal Verlag, 20<strong>21</strong>, 240 Seiten.<br />

BILDUNG STATT DIPLOME<br />

Anja C. Wagner<br />

Arbeit strukturiert unsere<br />

Gesellschaft und uns selbst.<br />

Wir bilden uns aus, weiter und<br />

fort, um im Beruf zu bestehen,<br />

unseren Unterhalt zu verdienen<br />

und für eine Familie zu<br />

sorgen. Das galt zumindest bis<br />

zur digitalen Transformation.<br />

Mit dieser fallen zunehmend<br />

Jobs weg und damit ganze Berufe und Lebenskonzepte.<br />

Für die neuen Arbeitsanfor derungen<br />

genügen die im traditionellen Bildungssystem<br />

erworbenen Zertifikate und Abschlüsse nicht mehr.<br />

Anja C. Wagner, Berufen statt zertifiziert,<br />

Hep, 20<strong>21</strong>, 148 Seiten.<br />

Die grosse Angst<br />

Roland Paulsen ist ausserordentlicher Professor für Soziologie an der schwedischen Universität Lund. Zu seinem Forschungsgebiet<br />

gehören Arbeit und Medizin, Kulturwissenschaften und die Bedeutung beziehungsweise die Bedeutungslosigkeit<br />

der Arbeit. Er ist Fellow des Stockholm Centre for Organizational Research und schreibt regelmässig für die schwedische<br />

Tageszeitung Dagens Nyheter.<br />

In Ihrem Buch «Die grosse Angst» untersuchen Sie, weshalb wir uns trotz unseres Wohlstandes psychisch<br />

immer schlechter fühlen …<br />

Roland Paulsen: Schon 2017 warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einem Phänomen, das erst 2030 eintreten<br />

sollte: Depressionen sind seither weltweit die häufigste auftretende psychische Störung. Innerhalb von lediglich zehn Jahren<br />

haben depressive Erkrankungen um 20 Prozent zugenommen. Obschon es Teil des Lebens ist, sich manchmal schlecht zu fühlen, nimmt es einen immer<br />

grösseren Platz ein. Weshalb das so ist, ist für die Sozialwissenschaft ein Rätsel. Ich vermute, dass Menschen eine Aversion entwickelt haben, mit Unsicherheit<br />

umzugehen.<br />

Wir befinden uns zurzeit am Rande einer Weltwirtschaftskrise, bei der noch mehr Jobs verschwinden und Menschen in die Armut gestossen<br />

werden. Welche Rolle spielt das bei der Angstentwicklung?<br />

Bei der Lohnarbeit sehen wir einen Fortschritt. Wir sind in der Lage, immer mehr mit immer weniger Arbeitskräften zu produzieren. Das sollten wir<br />

eigentlich feiern. In unserer Gesellschaft sind die Arbeitsstunden jedoch konstant geblieben und haben in Relation zur Produktivität nicht abgenommen.<br />

Das verursacht Probleme wie Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit und zunehmende Ungleichheit innerhalb einer Nation. Ungleichheit ist auch eine der<br />

wenigen Variablen, die das geistige Wohlbefinden über alle Einkommensklassen hinweg beeinflussen. Wir wissen beispielsweise, dass sich die zehn Prozent<br />

der Reichsten in einer ungleichen Gesellschaft mehr Sorgen machen als die zehn Prozent der Ärmsten in einer weniger ungleichen Gesellschaft.<br />

Menschen in der westlichen Welt fühlen sich auch immer einsamer …<br />

Einsamkeitsgefühle haben über eine lange Zeit hinweg zugenommen. Das scheint sich aber beschleunigt zu haben. In einer viel zitierten US-Studie<br />

wurde untersucht, wie viele enge Freunde Amerikaner hatten. Zählten sie 1985 noch deren drei, gaben sie zwanzig Jahre später an, überhaupt keine<br />

zu haben. Allein zu leben und wenig Freunde zu haben bedeutet, wenig mit der externen Welt konfrontiert zu sein und sich in Gedanken zu verlieren.<br />

Menschen ohne Partner und enge Freunde leiden häufiger an Depressionen.<br />

Was können wir dagegen tun?<br />

Wir müssen viele unserer Institutionen neugestalten. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie wir Arbeit organisieren. Viele Menschen haben sich beispielsweise<br />

für ein höheres Salär statt für ein geringeres Pensum entschieden. Gemäss dem amerikanischen Soziologen Arlie Hochschild ist das darauf<br />

zurückzuführen, dass wir bei der Arbeit mehr Freiheit empfinden als zu Hause.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Roland Paulsen, Die grosse Angst, Mosaik, 20<strong>21</strong>, 416 Seiten.<br />

60


Debatte<br />

MEINUNG<br />

SOLLEN ARBEITGEBENDE MITARBEITENDE DAFÜR<br />

BEZAHLEN, DASS SIE EINEN POSITIVEN BEITRAG<br />

AUF KUNUNU VERFASSEN?<br />

«DER ZWECK HEILIGT DIE MITTEL» ODER DOCH EHER «E<strong>HR</strong>LICH WÄ<strong>HR</strong>T AM LÄNGSTEN»? GEHT ES UM<br />

BEZAHLTE KUNUNU-EINTRÄGE VON (EHEMALIGEN) MITARBEITENDEN, SIND SICH UNSERE DREI EXPERTEN<br />

ZIEMLICH EINIG, WELCHES SPRICHWORT ARBEITGEBENDE WÖRTLICH NEHMEN SOLLTEN.<br />

MARTIN SCHÄDLER<br />

Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Zentrale Dienste,<br />

Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein<br />

Auf keinen Fall. Die Bewertungen auf Kununu müssen echt sein<br />

und dürfen nicht durch Anreize verfälscht werden. Mit solchen<br />

Aktionen schadet sich ein Unternehmen nur selbst. Wird<br />

potenziellen Bewerbenden ein falsches Bild der Unternehmenskultur<br />

vermittelt, wirkt sich das auf die Fluktuation aus,<br />

da neue Mitarbeitende nicht das erhalten, wofür sie unterschrieben<br />

haben. Das Prinzip «Bewertung gegen Entlohnung»<br />

ist nicht nur unseriös, sondern auch nicht rechtskonform, wie<br />

Gerichtsentscheide schon bestätigt haben.<br />

Mit solchen Aktionen macht sich ein Unternehmen auch gegenüber<br />

seinen Mitarbeitenden unglaubwürdig. Alle im Unternehmen<br />

wissen, wie die Stimmung und die Arbeitsbedingungen sind. Werden<br />

auf Kununu positive Bewertungen «erkauft», wirkt sich das auch negativ<br />

auf das Arbeitsklima und auf die Unternehmenskultur aus.<br />

Es ist essenziell, dass ein Unternehmen optimale Rahmenbedingungen für eine positive<br />

Unternehmenskultur schafft. Dadurch erhält es automatisch positive Bewertungen.<br />

Leider kommt es vor, dass Arbeitgebende Druck ausüben, damit ihre Mitarbeitenden<br />

gute Bewertungen hinterlassen. Das schafft alles andere als ein positives und vertrauensbasiertes<br />

Arbeitsklima. Selbstverständlich kann und sollte ein Unternehmen seine<br />

Mitarbeitenden darüber informieren, dass Bewertungen auf Kununu erwünscht sind.<br />

Das Ganze muss aber auf freiwilliger Basis erfolgen.<br />

Bewertungen müssen keine Sackgasse sein. Unternehmen sollten positive und negative<br />

Beurteilungen kommentieren. Natürlich ist es einfacher, auf positive Rückmeldungen<br />

einzugehen und sich dafür zu bedanken. Es ist aber auch wichtig, negative Beurteilungen<br />

sachlich und konstruktiv zu kommentieren. Dadurch signalisiert die Firma, dass<br />

Feedback erwünscht ist und Wertschätzung im Unternehmen grossgeschrieben wird.<br />

Fazit: Kununu-Bewertungen sind das Aushängeschild für die Unternehmenskultur und<br />

sollten die tatsächlichen Rahmenbedingungen wiedergeben.<br />

MIT SOLCHEN AKTIONEN SCHADET SICH<br />

EIN UNTERNEHMEN NUR SELBST.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

61


MEINUNG<br />

Debatte<br />

SAMUEL HORNER<br />

Rechtsanwalt und Notar, Advokatur 107<br />

«Arbeitgeberbewertungen, Gehaltsdaten und Kulturbewertungen von<br />

denen, die es am besten wissen: Mitarbeiter und Bewerber.» So bewirbt<br />

das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu seine Dienstleistungen.<br />

Damit suggeriert es eine unabhängige Bewertung von Arbeitgebenden.<br />

Was aber, wenn diese gar nicht unabhängig, sondern gekauft sind?<br />

Bezahlte Bewertungen sind nicht nur auf Kununu ein Dauerbrenner,<br />

sondern auch auf anderen Onlineplattformen. So existieren zahlreiche<br />

Angebote zum Bewertungskauf. In manchen Fällen werden Mitarbeitende<br />

auch vom eigenen Unternehmen für positive Bewertungen bezahlt.<br />

Aus rechtlicher Sicht ist der Kauf von Bewertungen nicht unproblematisch,<br />

auch wenn Kununu das nicht explizit verbietet. Der angestellte Mitarbeitende<br />

befindet sich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Verlangt die Arbeitgeberin<br />

eine Bewertung, sieht sich der Mitarbeitende veranlasst, eine positive<br />

Bewertung abzugeben. Wird eine Bewertung gar entschädigt, erhöht sich die<br />

Erwartungshaltung der Arbeitgeberin zusätzlich. Damit wird der Zweck einer transparenten<br />

Bewertung unterwandert und die Informationsqualität auf Kununu leidet.<br />

DAMIT WIRD<br />

DER ZWECK EINER<br />

TRANSPARENTEN<br />

BEWERTUNG<br />

UNTERWANDERT.<br />

Gekaufte Bewertungen, sei es von eigenen Mitarbeitenden oder von externen<br />

Anbietern, sind oft als solche erkennbar und verfehlen damit die<br />

beabsichtigte Wirkung. Ausserdem führen sie spätestens am ersten<br />

Arbeitstag zu Enttäuschungen, wenn die hohen Erwartungen nicht<br />

erfüllt werden. Die Folgen sind erneute negative Bewertungen: Die<br />

Geschichte beginnt von vorne.<br />

Unternehmen sollten deshalb mit ihrem Verhalten und den Anstellungsbedingungen<br />

Anreize schaffen, welche die Mitarbeitenden von<br />

sich aus motivieren, eine Bewertung auf Kununu abzugeben. Investiert<br />

man Ressourcen, um Situationen zu identifizieren und zu verbessern,<br />

welche zu Unzufriedenheit von Mitarbeitenden führen, kommen<br />

die positiven Bewertungen von selbst.<br />

Anzeige<br />

27%<br />

der Unternehmen optimieren<br />

ihre Stellen anzeigen für Google<br />

for Jobs.<br />

Warum sich der Aufwand für Sie lohnt und wie es ganz einfach<br />

klappt, erfahren Sie im White Paper von Careerplus. Jetzt kostenlos<br />

downloaden unter careerplus.ch/white-paper/stelleninserate<br />

Careerplus ist die führende Schweizer Personalberatung für die Rekrutierung von qualifizierten Fachleuten<br />

für die Berufsgruppen Finanzen, <strong>HR</strong>, Sales, Industrie, IT und Gesundheit. careerplus.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

62


Debatte<br />

MEINUNG<br />

C<strong>HR</strong>ISTOF BURKARD<br />

Dozent und Berater für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />

Kürzlich hat eine Fastfood-Kette entschieden, Arbeitnehmenden, die das<br />

Unternehmen verlassen, Hamburgergutscheine für eine gute Bewertung<br />

auf der Plattform Kununu zukommen zu lassen. Was ist von solchen<br />

Bewertungen zu halten?<br />

Der Nutzen für Arbeitnehmende kann sein, einen Eindruck vom Innenleben<br />

eines Arbeitgebenden zu erhalten. Handkehrum kann der Arbeitgebende<br />

etwas darüber erfahren, wie er von ehemaligen Mitarbeitenden<br />

eingeschätzt wird.<br />

Meine Erkenntnisse: Positive Bewertungen geben selten Sicherheit in Bezug<br />

auf das, was sie bewerten. So besteht zwischen Kununu und der Arbeitszeugnis-Praxis<br />

eine auffällige Parallele. Personalverantwortliche wissen, dass<br />

Arbeitszeugnisse meist nicht das halten, was sie versprechen, auch wenn sie noch<br />

so exzellent formuliert sind: Viele Vorgesetzte scheuen den Streit mit Arbeitnehmenden<br />

und lassen diese deshalb ihre Zeugnisse selber verfassen. Darüber redet man nicht gerne. Tatsache<br />

ist: Nur schlechte Arbeitszeugnisse sind mit grosser Wahrscheinlichkeit wahr.<br />

Kununu birgt für Arbeitgebende jedoch einige Learnings: Unternehmen erhalten<br />

besonders durch negative Bewertungen Inputs, auf die sie kommunikativ<br />

und operativ reagieren können. Im Fall der Fastfood-Kette: Will<br />

diese auf Anregung eines Imageberaters Einfluss auf die Bewertungen<br />

nehmen, gewinnt das Unternehmen weniger, als es möglicherweise<br />

an Glaubwürdigkeit riskiert. Missstände werden so garantiert übertüncht.<br />

En passant eine bemerkenswerte Beobachtung: Die Bewertungen<br />

des Betriebsklimas in Gewerkschaften fallen mehrheitlich<br />

schlecht aus, diese Organisationen lassen sich die Chance offenkundig<br />

jedoch nicht nehmen, auf der Plattform präsent zu sein.<br />

NUR SCHLECHTE<br />

ARBEITSZEUGNISSE<br />

SIND MIT GROSSER<br />

WA<strong>HR</strong>SCHEINLICH-<br />

KEIT WA<strong>HR</strong>.<br />

Anzeige<br />

Die erfrischende Pause,<br />

die allen schmeckt<br />

Ob vor Ort, im Homeoffice oder<br />

im Aussendienst - finden Sie<br />

die massgeschneiderte Lösung für<br />

Ihre Mitarbeiterverpflegung.<br />

Alle Vorteile auf lunch-check.ch.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

63


NEWSTAR<br />

JOINEER:<br />

DIE FEEDFORWARD-METHODE<br />

MIT ZUKUNFTSGERICHTETEN PULS-SURVEYS WERDEN MITARBEITENDE PROAKTIV IN DIE UNTER-<br />

NEHMENSENTWICKLUNG EINBEZOGEN. WIE DAS GEHT, ERZÄHLT DAVID WARTMANN, CO-FOUNDER<br />

UND CEO DES 2017 IN ZÜRICH GEGRÜNDETEN UNTERNEHMENS JOINEER.<br />

Warum haben Sie Joineer gegründet?<br />

David Wartmann: Meine Mitgründer und ich<br />

erlebten in unseren Jobs, dass viele Kolleginnen<br />

und Kollegen nicht aktiv am unternehmensinternen<br />

Diskurs teilnehmen. So fanden beispielsweise<br />

Veränderungsprozesse statt, ohne dass sie involviert<br />

wurden. Das war und ist für uns unbefriedigend,<br />

da viel Potenzial einfach brachliegt. Potenzial,<br />

das wir nutzen wollten. So entstand die Idee<br />

für Joineer: Mehrmals im Jahr sollte ein Diskurs<br />

zu unternehmensrelevanten Themen stattfinden,<br />

jedoch ohne zu kritisieren, was in der Vergangenheit<br />

falsch lief. Das gelingt mit Anwendung der<br />

Feedforward-Methode – Feedforward ist im<br />

Gegensatz zu Feedback immer positiv, lösungsorientiert<br />

und auf Verbesserungsvorschläge für<br />

die Zukunft fokussiert. Um diesen Diskurs auch in<br />

anderen Organisationen in Gang zu setzen und<br />

die Feedforward-Methode mittels einfachem Prozess<br />

in den Unternehmenskulturen zu verankern,<br />

haben wir Joineer gegründet.<br />

David Wartmann,<br />

Co-Founder und CEO,<br />

joineer.com<br />

Mit dem «Teambarometer schaffen Sie<br />

veränderungsbereite Organisationen». Wie?<br />

Mit unserem Online-Tool, dem Teambarometer,<br />

führen Unternehmen mehrmals im Jahr Puls-<br />

Befragungen durch und stärken so den Einbezug<br />

aller Mitarbeitenden in Entscheidungs- und Veränderungsprozesse.<br />

Die Fragen können organisationsspezifisch<br />

sein und/oder aus unserem wissenschaftlichen<br />

Fragebogen stammen. Durch die<br />

Anwendung von Feedforward können wir verhindern,<br />

dass die Umfragen zu einem Kummerkasten<br />

verkommen. Die Auswertung der Antworten zeigen<br />

wir transparent und in Echtzeit auf Dashboards<br />

und in Management-Reports. Danach folgt<br />

der wichtigste Teil, die Resultate-Besprechung im<br />

Team, in der greifbare Lösungen diskutiert und<br />

verbindlich festgehalten werden. Mittels integriertem<br />

Besprechungsmodus im Tool können Aufgaben<br />

der richtigen Stelle zugeteilt und deren<br />

Umsetzung nachverfolgt werden. So wird die<br />

Themen-Triage gemacht und garantiert, dass Verbesserungen<br />

auch wirklich stattfinden. Wir bieten<br />

damit einen strukturierten Prozess von der Befragung<br />

über die Auswertung bis hin zur Implementierung<br />

von Massnahmen in einem einzigen Tool.<br />

So können wir Unternehmen eine umfassende<br />

Lösung anbieten und ihnen dabei helfen,<br />

Vertrauen, Engagement und Performance nachhaltig<br />

zu steigern.<br />

Für welche Unternehmen ist Ihre Dienstleistung<br />

besonders geeignet?<br />

Für Unternehmen ab etwa 150 Mitarbeitenden,<br />

die genug von Mitarbeiterumfragen haben, nach<br />

deren Auswertung nichts passiert, und Organisationen,<br />

die gute Inputs ihrer Mitarbeitenden<br />

umsetzen wollen – nicht nur top-down, sondern<br />

auch bottom-up. Unser Kundenstamm umfasst<br />

neben grossen Medienhäusern wie der TX Group<br />

auch Kantonalbanken oder Stadt- und Gemeindeverwaltungen.<br />

Inwiefern kann Ihr Tool an die individuellen<br />

Kundenbedürfnisse angepasst werden?<br />

Unser Angebot umfasst neben dem Tool auch<br />

dessen individuelle Anpassung an die Bedürfnisse<br />

der Kunden sowie eine begleitende Beratung.<br />

Dazu gehören die Einführung und Schulung des<br />

Tools genauso wie die Entwicklung der Fragen.<br />

Somit unterstützen wir Teamleitende und Mitarbeitende<br />

über das gesamte Projekt hinweg. Der<br />

modulare Aufbau der Web-Applikation erlaubt<br />

zudem eine grosse Flexibilität. Egal, ob die Organisation<br />

digitalisiert ist oder es sich um einen<br />

Betrieb ohne Firmen-E-Mails handelt.<br />

Datenschutz ist bei solch sensiblen Daten ein<br />

Thema. Was tun Sie dafür?<br />

Sicherheit geniesst höchste Priorität: Wir sind<br />

GDPR-konform, verfügen über eine Two-Factor-<br />

Authentication und speichern alle Daten in einem<br />

ISO-zertifizierten Rechenzentrum in Zürich.<br />

Der wichtigste Meilenstein Ihrer Firmengeschichte?<br />

Der selbst finanzierte Aufbau unseres Teams. Dieses<br />

besteht mittlerweile aus acht Expertinnen und<br />

Experten: Das Know-how erstreckt sich von fundierten<br />

Kenntnissen aus der IT und User Experience<br />

über Kommunikation und Psychologie bis hin zu<br />

Business-Management. Die kollegiale Zusammenarbeit<br />

unseres hochmotivierten Teams gibt<br />

mir täglich neue Energie.<br />

Ihre nächsten Entwicklungsschritte?<br />

Unsere USP ist, dass nach der Befragung etwas<br />

passiert und die Mitarbeitenden-Inputs umgesetzt<br />

werden. Diesen Besprechungsteil wollen wir weiter<br />

ausbauen und es unseren Kunden noch leichter<br />

machen, Lösungen aus den Umfrageresultaten<br />

heraus zu entwickeln.<br />

Weitere Informationen rund um die vorgestellten Unternehmen finden Sie auf:<br />

newstar.hrtoday.ch


Die neuen Sterne am <strong>HR</strong>-Himmel:<br />

Pulsartige<br />

Mitarbeiter befragungen<br />

Für moderne Arbeitgebende<br />

Homeoffice Equipment<br />

Egal wie und wo Ihre Mitarbeitenden<br />

arbeiten – wir statten sie optimal aus.<br />

uplike<br />

Making the world a better<br />

(work)place<br />

Mitarbeitende aktiv in Prozesse zu involvieren, hat<br />

viele Vorteile. Deshalb investieren Unternehmen<br />

vermehrt in den Dialog mit ihrer Belegschaft. Denn<br />

neben einem höheren Engagement und einer besseren<br />

Performance fördert der Austausch im Team<br />

besonders eines: das Vertrauen. Die Joineer AG<br />

geht dabei neue Wege und setzt mit ihren pulsartigen<br />

Mitarbeiterbefragungen neue Massstäbe:<br />

Feedforward, Auswertungen in Echtzeit und integrierter<br />

Besprechungsmodus.<br />

joineer.ch<br />

Novu Office bietet Unternehmen eine einfache<br />

Lösung, um Mitarbeitende im Rahmen von hybriden<br />

Arbeitsmodellen optimal zu unterstützen. Unser<br />

Angebot ermöglicht nicht nur ergonomisches<br />

und produktives Arbeiten, sondern positioniert Ihr<br />

Unternehmen auch als attraktiven Arbeitgebenden<br />

und erweitert Ihren Talentpool.<br />

Mehr unter: novuoffice.com<br />

uplike ist das Tool, mit dem Sie die Zufriedenheit<br />

Ihrer Mitarbeitenden messen UND verbessern. Eine<br />

radikal einfache und effektive Prozess-Software<br />

im Service-Abo (SaaS). Mit uplike engagieren Sie<br />

Ihre Mitarbeitenden in einem wiederkehrenden<br />

Feedback-Zyklus. Nachhaltig, intuitiv, gänzlich<br />

anonym und stets transparent für alle Mitarbeitenden<br />

– und für jeden bezahlbar.<br />

www.uplike.ch<br />

<strong>HR</strong>-Entwicklung im Flow<br />

FLOWIT ersetzt die jährlichen<br />

Mitarbeitergespräche<br />

Ihr Spezialist für…<br />

... qualitative Reichweite<br />

bei passiv Stellensuchenden<br />

Evrlearn<br />

Die Outside-In-Plattform für<br />

die Skills Ihrer Mitarbeitenden<br />

Ihr Spezialist für qualitative Reichweite<br />

bei passiv Stellensuchenden!<br />

Stetig im Austausch, auf allen Hierarchiestufen:<br />

FLOWIT ist die Plattform für agile Personalentwicklung.<br />

AI-unterstützt steigert FLOWIT mit<br />

einem digitalen Coach das Engagement, bringt<br />

die Kommunikation dort in den Flow, wo es nötig<br />

ist, managt Skills und Bedürfnisse und schützt mit<br />

einem Frühwarnsystem vor Fluktuationsrisiken.<br />

flowit.ch<br />

Sprechen Sie mit two.jobs die vier Millionen passiv<br />

Stellensuchenden systematisch an.<br />

Drei von vielen Vorteilen:<br />

• Komplett andere Zielgruppe als bei<br />

herkömmlichen Jobplattformen<br />

• Active Sourcing für besonders schwierige<br />

Stellen<br />

• Grosse Zeitersparnis dank qualitativer<br />

Dossiers<br />

Lernen Sie uns kennen: two.jobs<br />

Auf Evrlearn erhalten Ihre Mitarbeitenden Empfehlungen<br />

zu Weiterbildungen, die zu ihren Zielen<br />

passen und sie wirklich weiterbringen. Stellen Sie<br />

Ihren Mitarbeitenden einen kuratierten Zugang<br />

zur Verfügung und profitieren Sie von unserem<br />

Marktresearch und unserem umfassenden Netzwerk<br />

im internationalen Weiterbildungsmarkt.<br />

evrlearn.ch<br />

Honeypot.io<br />

Europas grösste tech-fokussierte<br />

Jobplattform<br />

COEMRE AG<br />

Mit uns die passenden Kandidaten finden<br />

Medizinische Fachkräfte?<br />

Mit Medison rekrutieren<br />

Sie einfach und effektiv<br />

Auf <strong>Tech</strong>-Jobs spezialisiert: Honeypot verbindet<br />

Unternehmen mit einem einzigartigen Pool von<br />

vorab geprüften Developern und anderen <strong>Tech</strong>-<br />

Talenten, die aktiv nach einem Job in Deutschland,<br />

den Niederlanden, Österreich und der Schweiz suchen.<br />

Mehr als 200 000 <strong>Tech</strong>-Talente haben sich<br />

bisher bei Honeypot angemeldet, Tausende kommen<br />

monatlich dazu.<br />

honeypot.io<br />

Wir unterstützen <strong>HR</strong>-Profis bei der Personalsuche<br />

und im Active Sourcing. Auf unserer Plattform<br />

deinpersonalberater.ch können Sie schnell und einfach<br />

die geeignete Unterstützung für Ihre Vakanz<br />

anfordern — oder auf talents.coemre.com selbst<br />

aktiv aus evaluierten Profilen der Schweizer Personalberater<br />

die passende Kandidaten sourcen.<br />

talents.coemre.com<br />

deinpersonalberater.ch<br />

Wir sind ein <strong>HR</strong>-<strong>Tech</strong> Unternehmen aus Bern.<br />

Lernen Sie unser interdisziplinäres Team kennen<br />

– bei einem Kaffee oder einem Zoom-Austausch<br />

erzählen wir Ihnen, wie wir Ihr Unternehmen<br />

dabei unterstützen, die richtigen medizinischen<br />

Fachpersonen zu finden.<br />

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören!<br />

team@medison.ch | +41 31 711 50 50


<strong>HR</strong>TODAY.CH<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

Die Checkliste<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> TV<br />

Antonio Maiolino<br />

Der Direktor Global <strong>HR</strong> von Oettinger<br />

Davidoff ist nicht nur stolzer Vater, sondern<br />

in seiner Freizeit auch Handwerker mit<br />

eigenem Atelier. Welche Faszination sein<br />

aktueller Beruf, aber auch das Thema Zug für ihn<br />

hat, erzählt Antonio Maiolino im Video-Porträt.<br />

Sinnstiftende Personalführung<br />

Jedes Unternehmen wünscht sich motivierte Mitarbeitende,<br />

die einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und<br />

entsprechend die «Extrameile» gehen.<br />

Doch wie lässt sich das erreichen?<br />

Die Checkliste «Sinnstiftende<br />

Personal- und Unternehmensführung»<br />

von Gastautor<br />

Joachim Simon<br />

schafft Abhilfe und erklärt<br />

die «Purpose»-Herangehensweise:<br />

Who: Für wen<br />

arbeite ich? Why: Warum<br />

arbeite ich? How: Wie<br />

arbeite ich?<br />

Newsletter<br />

Mit unserem kostenlosen wöchentlichen<br />

Newsletter bleiben Sie auf<br />

dem Laufenden über weitere<br />

Online-Artikel und Videos.<br />

hrtoday.ch/de/<br />

newsletter-subscribe<br />

FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

Die Serie<br />

Der Blog<br />

Frauenquote 4.0<br />

Seit Januar müssen börsenkotierte<br />

Unternehmen in der Schweiz ihre Verwaltungsräte<br />

und Geschäftsleitungen<br />

«verweiblichen». Doch ist eine solche<br />

Quote förderlich für die Gleichstellung? Diese<br />

Frage hat sich auch Bloggerin Sabine Biland-<br />

Weckherlin gestellt. Ihre Schlussfolgerungen und weitere Überlegungen<br />

zum Thema lesen Sie auf blog.hrtoday.ch.<br />

Rückblick Sommerserie<br />

Mit Hilfestellungen für weniger Druck und mehr Selbstvertrauen, und<br />

wertvollen Tipps für <strong>HR</strong>- und Führungsverantwortliche, überzeugte unsere<br />

Expertin Elisabeth Thiessen die Online-Leserschaft von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>. Sie<br />

haben unsere Sommerserie 20<strong>21</strong> zum Thema «Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf» verpasst? Kein Problem. Sie können alle Beiträge jederzeit auf<br />

hrtoday.ch nachlesen.<br />

Etwas verpasst?<br />

Klicken Sie sich durch unsere Online-Perlen:<br />

hrtoday.ch/perlen<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

66


Bloghub<br />

MEINUNG<br />

Emotionale Intelligenz<br />

DIE GEFÜHLE UND EMOTIONEN DER MITARBEITENDEN RÜCKEN IMMER ME<strong>HR</strong> IN DEN FOKUS<br />

DER UNTERNEHMEN. DAS KONZEPT HINTER DER «EMOTIONALEN INTELLIGENZ» ERÖFFNET<br />

ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN, BIRGT ABER AUCH RISIKEN.<br />

BLOG<br />

TV<br />

NETWORK<br />

Wir werden mit Emotionen<br />

und Gefühlen geboren und<br />

entwickeln im Lauf des<br />

Lebens unseren rationalen<br />

Verstand. Die Schulung<br />

intellektueller Fähigkeiten<br />

soll uns auf ein erfolgreiches<br />

Cordelia Kissling Berufsleben vorbereiten. Doch<br />

in der Arbeitswelt hatten Gefühle<br />

lange Zeit wenig zu suchen. In einer Umgebung,<br />

in der Effizienz und Effektivität zählten, störten<br />

die scheinbar unberechenbaren Emotionen nur.<br />

Harte Arbeit und gute Leistungen waren gefragt,<br />

um erfolgreich und damit einhergehend glücklich<br />

zu sein.<br />

Dann kam die Erkenntnis, dass es sich gerade<br />

andersherum verhält: Glückliche und zufriedene<br />

Menschen erbringen offenbar bessere Leistungen.<br />

Es wurde ebenfalls entdeckt, dass Gefühle nicht<br />

einfach kommen und gehen, sondern sich aktiv<br />

verändern lassen. Daniel Goleman spricht in diesem<br />

Zusammenhang von «Emotionaler Intelligenz»,<br />

die er 1995 in seinem gleichnamigen Buch<br />

beschreibt. Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit,<br />

Gefühle bei sich und anderen richtig einschätzen<br />

und beeinflussen zu können. Goleman sieht darin<br />

eine Voraussetzung für beruflichen Erfolg und für<br />

gute Führungskompetenzen. Zur emotionalen<br />

Intelligenz zählen seiner Meinung nach ebenfalls<br />

die Fähigkeit, im Team zu kooperieren, sowie<br />

Empathie und Einfühlungsvermögen. 1 Eigenschaften,<br />

die in vielen Berufssparten und generell für<br />

die Zusammenarbeit sehr wichtig sind.<br />

Emotionen lassen sich beeinflussen<br />

Aufgrund der oben festgehaltenen Erkenntnisse<br />

erhielten die Emotionen auch in der Wirtschaft<br />

einen anderen Stellenwert. Die Frage liegt auf<br />

der Hand, wie sich Gefühle für die Interessen der<br />

Unternehmen beeinflussen und nutzen lassen.<br />

Dabei dürfte die Tatsache, dass sich emotionale<br />

Intelligenz trainieren lässt, eine wesentliche Rolle<br />

spielen. Dies führt allerdings gleich zu weiteren<br />

Fragen: Ist es nun die Aufgabe jedes einzelnen,<br />

sich so weit wie möglich auf «glücklich» zu trainieren,<br />

um im Arbeitsleben bessere Leistungen<br />

zu erbringen? Was tun Firmen, damit ihre Mitarbeitenden<br />

möglichst zufrieden sind, um ihr<br />

volles Potenzial entfalten zu können?<br />

Angesichts dessen scheint es angebracht, innezuhalten<br />

und sich grundsätzlich zu überlegen, wohin<br />

die Reise gehen soll. Wir können uns selbst optimieren<br />

zwecks besserer wirtschaftlicher Vermarktung<br />

unserer Arbeitskraft. Oder wir nutzen die<br />

Chance, Grundlegenderes in unserem Leben, in der<br />

Gesellschaft in positive Bahnen zu lenken, indem<br />

wir uns mit unseren Gefühlen und Emotionen<br />

beschäftigen. Diese gehören zur «Grundausstattung»<br />

des Menschen. Trotzdem haben wir über<br />

lange Zeit nur unseren rationalen Verstand geschult<br />

und es versäumt, unsere Emotionen zu kultivieren.<br />

«Wir sind emotionale Analphabeten», sagt Mary<br />

Gordon, Gründerin des Fernseh-Programms «Roots<br />

of Empathy» in der Fernsehsendung. Ihrer Meinung<br />

nach sollten sich bereits Kinder nicht nur den klassischen<br />

Schulstoff aneignen, sondern auch soziale<br />

Beziehungen erlernen dürfen.<br />

Achtsamkeitstraining<br />

Emotionale Intelligenz lässt sich allerdings<br />

nicht wie Mathematik und andere Fächer<br />

unterrichten, weshalb Mary Gordon einen<br />

anderen Ansatz gewählt hat: Eine Mutter<br />

besucht mit ihrem neun Monate alten Baby<br />

verschiedene Schulklassen. Die Kinder üben<br />

sich in der Wahrnehmung der Emotionen beim<br />

Baby und bei sich selbst. Dies löst bei den Kindern<br />

offenbar einen Prozess aus, was dazu<br />

führt, dass sich die schulischen Leistungen<br />

verbessern und die Kinder Konflikte besser<br />

lösen können.<br />

Das Üben emotionaler Intelligenz mit Babys<br />

in Firmen und Management-Schulungen ist<br />

wohl kaum adäquat. Aber es gibt andere<br />

Angebote für Erwachsene, die sich in dieser<br />

Hinsicht weiterentwickeln möchten, etwa das<br />

Achtsamkeitstraining. Zentral erscheint vor<br />

allem der Punkt, dass wir schon in jungen Jahren<br />

einen pfleglichen Umgang mit uns selbst<br />

und anderen erlernen können, was sich auf<br />

unsere Zufriedenheit auswirkt. Gleichzeitig<br />

würden schon früh die Weichen in die richtige<br />

Richtung gestellt, wenn es um die erfolgreiche<br />

Ausübung verschiedenster Berufe geht.<br />

Schliesslich wird heute bereits von angehenden<br />

Lernenden «ausgeprägte Teamfähigkeit»<br />

verlangt, wie in vielen Lehrstelleninseraten zu<br />

lesen ist.<br />

1<br />

Quelle: https://lexikon.stangl.eu/3239/<br />

emotionale-intelligenz<br />

Impressum<br />

Erscheint 10 x jährlich auf Deutsch und<br />

6 x jährlich auf Französisch<br />

23. Jahrgang<br />

Druckauflage 5000 Exemplare<br />

WEMF-beglaubigte Auflage: 4511 Exemplare<br />

Gründer und Herausgeber: Matthias Zimmermann<br />

Key Account Manager:<br />

Marc Christen, T: 044 269 50 33, marc.christen@hrtoday.ch<br />

Mari Greco, T: 044 269 50 28, mari.greco@hrtoday.ch<br />

Aurelia Keusch, T: 044 269 50 34, aurelia.keusch@hrtoday.ch<br />

Marketing- und Eventleitung: Lea Maurer<br />

T: 044 269 50 36, lea.maurer@hrtoday.ch<br />

Druck: Werner Druck & Medien AG<br />

Leimgrubenweg 9, 4001 Basel<br />

T: 061 270 15 15<br />

Demnächst: Nr. 10 / 20<strong>21</strong><br />

Erscheinungstermin: 22. September 20<strong>21</strong><br />

Insertionsschluss: 3. September 20<strong>21</strong><br />

Offizielles Kommunikationsorgan von<br />

Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />

Union suisse des services de l’emploi<br />

Stettbachstrasse 10, 8600 Dübendorf<br />

T: 044 388 95 40, F: 044 388 95 49<br />

Verlag: ALMA Medien AG<br />

Hofackerstrasse 32, 8032 Zürich<br />

T: 044 269 50 10, info@hrtoday.ch<br />

Aboverwaltung: T: 044 269 50 20, abo@hrtoday.ch<br />

Marketing Manager: Franziska Luginbühl,<br />

T: 044 269 50 24, fl@hrtoday.ch<br />

Redaktionsteam: Corinne Päper (Chefredaktion),<br />

Christine Bachmann, Eliane Stöckli<br />

Redaktionelle Beiträge:<br />

Christoph Abplanalp, Christof Burkard, Cordelia Kissling, Boris<br />

Eicher, Lars Eichhof, Nicolas Facincani, Samuel Horner, Matthias<br />

Langenbacher, Ralf Ploner, Martin Schädler, Andreas Scheuber,<br />

Elton Schwerzel, Sonja Stark-Traber, Reto Wegmann, Raphael<br />

Zellweger, Jennifer Zumstein.<br />

Abonnementspreise<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> PRO: CHF 324.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch,<br />

4 <strong>HR</strong>M Dossiers, 5 App-Zugänge, unlimitierter Zugriff auf alle <strong>HR</strong>M<br />

Dossiers über die App)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> STANDARD: CHF 227.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch, App-Zugang)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> App CHF 170.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> auf dem Smartphone und Tablet)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> DIGITAL: CHF 129.–<br />

(12 Monate Zugang zu hrtoday.ch)<br />

Geschäfts- & Verkaufsleitung: Tobias Mengis<br />

T: 044 269 50 18<br />

Grafik: Christine Schleich<br />

Korrektorat: comtexto<br />

Gezeichnete Artikel wider spiegeln nicht un be dingt die Meinung der<br />

Redaktion oder des Verlags. Für unverlangt eingesandte Texte<br />

übernimmt die Redaktion beziehungs weise der Verlag keine Haftung.<br />

Die Wieder gabe von Beiträgen ist nur mit Quellen angabe gestattet.<br />

Wir bedanken uns für ein Beleg exemplar.<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

67


MEINUNG<br />

Leser-Reaktionen<br />

Blog-Kommentare<br />

Blog-Beitrag von Joël Luc Cachelin<br />

«Die Zukunft ist nicht digital» vom<br />

8. Juni 20<strong>21</strong>:<br />

«Nicht nur digital! Oder wie Joël so<br />

schön schreibt: ‹…für eine Zukunft,<br />

die mehr als digital ist.›» Christoph<br />

«Und drum schreiben wir auch wieder mal von Hand!<br />

Das ist echt inspirierend – und begegnen wir nicht<br />

uns selbst in unseren Schriftzügen?»<br />

<br />

Marie Anne Nauer<br />

«Haben wir wirklich noch Kapazitäten für analoge<br />

Sehnsüchte?» <br />

Monika Wirz<br />

Linkedin-Kommentar auf den Blog-<br />

Beitrag von Myra Fischer-Rosinger<br />

«Arbeitsbedingungen von Temporärarbeitenden:<br />

Mehr als gleichwertig!»<br />

vom 24. Juni 20<strong>21</strong><br />

«In der Tat könnten Temporärarbeitende,<br />

Einsatzbetriebe und<br />

Personaldienstleister gleichermassen von einer<br />

Aufhebung des Schriftformerfordernis profitieren.<br />

Vereinfachte digitale Signatur-Prozesse würden<br />

nicht nur die Flexibilität und Effizienz steigern,<br />

sondern auch natürliche Ressourcen schonen.<br />

Zudem könnten frei werdende Kapazitäten stärker<br />

für Laufbahnberatung, Umschulung und das<br />

wertschöpfende Kerngeschäft eingesetzt werden.»<br />

<br />

Janine Pullich<br />

Linkedin-Kommentar auf den<br />

Blog-Beitrag von Barbara Josef<br />

«Wege aus der Crowding-out-<br />

Falle» vom 17. Juni 20<strong>21</strong>:<br />

«Sehr gut, Barbara Josef!<br />

Wenn nicht jetzt, wann<br />

dann! Die Leistung lässt vor<br />

lauter virtuellen Treffen nach.<br />

Gesunde Führung ist jetzt gefragt, damit wir fit<br />

bleiben.» <br />

Andreas Wieser<br />

Anzeige<br />

Inspiration und Raum für frische Impulse!<br />

Gestalten Sie Ihren individuellen Creative Space auf 2’776 m²:<br />

12 Werkstätten (30 – 180 m²), Studio mit Kitchen LAB, Konferenz-<br />

& Meeting-Räume, Coworking Spaces, Welcome- & Apéro-Lounges,<br />

Bistro, Restaurant, Bars, Biergarten, Terrasse.<br />

mfo-denkwerkstatt.ch<br />

Affolternstrasse 52, 8050 Zürich<br />

direkt beim Bahnhof Oerlikon<br />

Infos: Marco Christ<br />

T 044 388 44 25, info@mfo-rooms.ch<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

68


Fokus Forschung<br />

MEINUNG<br />

SKALIERTES BASTELN<br />

Reto Wegman,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Rektors,<br />

Universität Luzern<br />

BASTELN IST IN DER ARBEITSWELT VERPÖNT. WER ES TUT, HAT SEINE ARBEIT<br />

UND SEINE RESSOURCEN NICHT GEPLANT UND IST NICHT PROFESSIONELL.<br />

EINE AKTUELLE STUDIE AUS SÜDAFRIKA ZEIGT, DASS DIE SOGENANNTE «BRICOLAGE»<br />

BEI GEKONNTER UMSETZUNG IN NISCHENSEGMENTEN DENNOCH EIN ERFOLGS­<br />

VERSPRECHENDES UND SOGAR SKALIERBARES KONZEPT IST.<br />

Gastbeitrag: Reto Wegmann<br />

Der Begriff «Bricolage» (Basteln) bezeichnet das<br />

Finden von Lösungen, die sich aus der kreativen<br />

Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />

entwickeln. Damit unterscheidet sich Bricolage<br />

von konventioneller Lösungsfindung, bei der ein<br />

optimaler Weg geplant, anschliessend die dafür<br />

notwendigen Ressourcen beschafft und genutzt<br />

werden. Unternehmen mit wenig Ressourcen<br />

brauchen entsprechend oft Bricolage-Lösungen.<br />

Diese werden häufig als temporäre Notlösungen<br />

weit weg von den Idealen betrachtet – als Basteln<br />

eben.<br />

Die beiden Forscher Busch und Barkema der New<br />

York University beziehungsweise der London<br />

School of Economics entdeckten jedoch eine<br />

Organisation, die Ausbildungsdienstleistungen im<br />

IT-Bereich anbietet und Wachstum durch Bricolage<br />

schafft – also skaliertes Basteln. Zumindest<br />

gemäss dieser Fallstudie, basierend auf über sechs<br />

Jahre gesammelter Daten, scheint das zu funktionieren.<br />

Grund genug, die Studie und ihre<br />

Erkenntnisse genauer anzuschauen:<br />

- Bricolage ist nicht nur eine Notlösung, sondern<br />

in Kontexten mit wenig verfügbaren Ressourcen<br />

eine erfolgsversprechende Methode.<br />

- Durch die Verbreitung von einfachen Faustregeln<br />

kann Bricolage skaliert werden, wenn in den entsprechend<br />

neuen Märkten eine lokale Adaption<br />

stattfindet.<br />

- Nicht jede Arbeitsstelle muss mit der bestmöglichen<br />

Kandidatur besetzt werden. Weniger<br />

ideale, aber unmittelbar verfügbare Personen<br />

können teilweise eine schnellere, kosteneffizientere<br />

und innovativere Lösung sein – eine Art<br />

Fähigkeits-Bricolage.<br />

Zusammenfassend lassen sich aber nicht alle<br />

Beobachtungen und Erkenntnisse ohne Weiteres<br />

von Südafrika auf Westeuropa übertragen. Trotzdem<br />

gibt es Eckwerte von erfolgreicher Bricolage,<br />

die auch bei uns berücksichtigt werden können:<br />

- Interne Richtlinien, die unseren Ressourcen nur<br />

einen Zweck zuweisen, verhindern Bricolage.<br />

«Der Schulungsraum darf nur für Schulungen<br />

genutzt werden», gibt uns keinen Mehrwert,<br />

aber schränkt die kreative Nutzung ein. Weg<br />

damit.<br />

- Bricolage ist Basteln, nicht Wursteln. Es eignet<br />

sich skaliert zur Überwindung von temporären<br />

Flaschenhälsen, jedoch nicht zur langfristigen<br />

und stabilen Entwicklung. Somit lösen wir unmittelbare<br />

Probleme mit Bricolage, aber wir entwerfen<br />

nicht eine Produktpalette damit.<br />

- Man muss seine Ressourcen kennen, um sie in<br />

neuen Funktionen einsetzen zu können. Dazu<br />

muss man sich häufiger, vertiefter und vielseitiger<br />

mit seinem Material und der Infrastruktur,<br />

aber vor allem mit den Menschen auseinandersetzen.<br />

Quelle: Busch, C., & Barkema, H. (20<strong>21</strong>). From necessity to opportunity:<br />

Scaling bricolage across resource-constrained environments. Strategic<br />

Management Journal, 42(4), 741–773.<br />

BRICOLAGE IST<br />

BASTELN, NICHT<br />

WURSTELN.<br />

RETO WEGMANN<br />

TED Talk zur Lohntransparenz<br />

Alexandra Arnold hielt im Juli 20<strong>21</strong> eine<br />

Keynote Speech bei TEDxZurich zu<br />

Lohntransparenz. Sie sprach darüber,<br />

dass dabei das «Wie» und nicht das<br />

«Wie viel» entscheidend sei.<br />

tedxzurich.com/talks<br />

Schneller als Covid-19 – Performance<br />

von temporären Organisationen<br />

Wenige Wochen nach Ausbruch der ersten<br />

Welle in Europa sammelten Reto<br />

Wegmann und Laura Schärrer (Universität<br />

Luzern) empirische Daten, wie Task<br />

Forces während Covid-19 funktionierten.<br />

Die Studienresultate wurden im «Journal<br />

of Organizational Effectiveness»<br />

publiziert:<br />

bit.ly/Performance_von_temporären_<br />

Organisationen<br />

KMU während Covid-19<br />

KMU haben besondere Herausforderungen<br />

zu bewältigen, wenn sie auf Krisen<br />

reagieren. Die Ressourcen sind knapp<br />

und Arbeitsgruppen sind meist mit Personen<br />

in Doppelfunktionen besetzt. Die<br />

Fallstudie der Mittelland Transport AG<br />

aus dem Kanton Aarau hierzu in einem<br />

englischsprachigen Sammelband:<br />

bit.ly/Task_Forces_as_Silver_Bullets<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

69


<strong>HR</strong>-TEAM DES MONATS<br />

FOTOS: Aniela Lea Schafroth<br />

Vorne (v.l.): Daniela Wyss, Leiterin <strong>HR</strong>-Beratung;<br />

Dania Grau, Sachbearbeiterin <strong>HR</strong>; Sarah Bieri, Sachbearbeiterin<br />

<strong>HR</strong>. Mitte (v.l.): Florian Zürcher, <strong>HR</strong>-<br />

Generalist; Andrea Ogi, Teamleiterin <strong>HR</strong> Support;<br />

Barbara Röllin, Fachverantwortliche Payroll. Hinten<br />

(v.l.): Mauro Pellandini, Leiter <strong>HR</strong>; Ursula Dederichs,<br />

Verantwortliche Berufskleider; Nadine Riccio, Sachbearbeiterin<br />

<strong>HR</strong>; Isabel Sterchi, <strong>HR</strong>-Generalistin.<br />

COACH UND SPARRINGPARTNER<br />

COVID-19 HAT DIE TOURISMUSBRANCHE DURCHGESCHÜTTELT, SO AUCH DIE JUNGFRAUBAHNEN.<br />

DAVON LASSEN SICH <strong>HR</strong>-LEITER MAURO PELLANDINI UND SEIN TEAM NICHT ERSCHÜTTERN.<br />

Interview: Christine Bachmann<br />

9 | 20<strong>21</strong><br />

Die Jungfraubahnen sind das grösste Bergbahnunternehmen<br />

der Schweiz. Covid-19 hat die Auslastung<br />

stark ausgebremst. Welche personellen<br />

Auswirkungen hatte die Pandemie auf Ihr<br />

Unternehmen?<br />

Mauro Pellandini: Diese Ausnahmesituation hatte<br />

grosse Auswirkungen auf unsere Mitarbeitenden.<br />

Gewohnten Teamstrukturen wurden aufgebrochen<br />

und die Einsatzplanungen änderten sich: Das Personal<br />

arbeitete vermehrt im Homeoffice und leistete<br />

kurzfristige Einsätze. Weil die Planungssicherheit<br />

fehlte und ein Grossteil der Mitarbeitenden Kurzarbeit<br />

leistete, waren unsere Führungskräfte zusätzlich<br />

gefordert: Teams mussten vermehrt aus der<br />

Distanz geführt und Mitarbeitende bei Bedarf<br />

gecoacht werden. Für die Führungskräfte war es<br />

unter diesen Bedingungen nicht einfach, zu merken,<br />

ob jemand Unterstützung benötigte. Der sorgsame<br />

Umgang mit unseren personellen sowie finanziellen<br />

Ressourcen ist für uns deshalb seither noch wichtiger<br />

geworden.<br />

Welche Vorzüge schweissen Ihr <strong>HR</strong>-Team auch<br />

in herausfordernden Zeiten zusammen?<br />

Unser Team zeichnet sich durch eine grosse Unterstützungsbereitschaft,<br />

Flexibilität und Freude an<br />

der Arbeit aus. Weil wir ein breit gefächertes Wissen<br />

haben, können wir uns gegenseitig bei Themen<br />

unterstützen, die ausserhalb unseres Kernbereichs<br />

liegen. So fiel es uns dank unserer vielfältigen Interessen<br />

und unserer Lernbereitschaft leicht, uns in<br />

neue Themen wie die Kurzarbeit einzuarbeiten.<br />

Zurzeit beschäftigt Sie die Nachfolgeplanung.<br />

Was tun Sie dafür?<br />

Die frühzeitige Identifikation von Nachfolgerinnen<br />

und Nachfolgern für diversen Funktionen ist enorm<br />

wichtig. Dadurch erhalten unsere Mitarbeitenden<br />

Mauro Pellandini,<br />

Leiter Human Resources,<br />

Jungfraubahnen Management AG<br />

eine mittel- bis längerfristige Perspektive. Zudem ist<br />

die Kontinuität im Betrieb dadurch sichergestellt.<br />

Um das zu erreichen, besprechen Vorgesetzte mit<br />

Mitarbeitenden im jährlichen Fördergespräch deren<br />

berufliche Optionen und halten die Ergebnisse in<br />

einem Tool fest. So können wir potenzielle interne<br />

Kandidatinnen und Kandidaten bei Vakanzen evaluieren,<br />

bevor wir eine externe Suche starten.<br />

Welche weiteren <strong>HR</strong>-Themen brennen Ihnen<br />

sonst noch unter den Nägeln?<br />

Eine grosse Herausforderung stellt momentan die<br />

Personalplanung dar – auch hinsichtlich der sich<br />

verändernden Anforderungen an die Funktion wie<br />

ein verstärktes unternehmerisches sowie vernetztes<br />

Denken. Durch Covid-19 gewann Zwischenmenschliches<br />

wie die Stärkung der Führungskräfte<br />

oder die Moderation von Konflikten noch mehr an<br />

Gewicht.<br />

Wie unterstützen Sie als <strong>HR</strong>-Team die Führungskräfte<br />

im Unternehmensalltag?<br />

Primär verstehen wir unsere Rolle als Coaches und<br />

Sparringpartner. Wir reflektieren <strong>HR</strong>-Themen mit<br />

unseren Führungskräften im Alltag und geben<br />

ihnen Denkanstösse. Parallel dazu führen wir jährlich<br />

Führungsseminare und Führungsworkshops<br />

durch, bei denen relevantes <strong>HR</strong>-Wissen vermittelt<br />

wird. Im Zusammenhang mit Covid-19 unterstützen<br />

wir unsere Führungskräfte beispielsweise mit<br />

Dienstleistungen rund um Kurzarbeit sowie bei der<br />

Betreuung von Risikopersonen.<br />

Wenn Sie mehr Budget im <strong>HR</strong> zur Verfügung<br />

hätten, was würden Sie damit tun?<br />

Wir würden das eLearning weiter fördern, da wir<br />

mittels dieser Methode hervorragende individuelle<br />

und kollektive Lernmöglichkeiten sehen. Aktuell<br />

nutzen wir eLearning jedoch sehr selektiv. Zudem<br />

würden wir gerne das Repertoire an Führungsentwicklungsmassnahmen<br />

erweitern und unsere Employer-Branding-Anstrengungen<br />

verstärken. a<br />

Unternehmensbiografie<br />

Die Jungfraubahnen sind ein touris tisches<br />

Unternehmen und das bedeutendste Bergbahnunternehmen<br />

der Schweiz. Sie beschäftigen<br />

knapp 1000 Mitarbeitende aus 24 Nationen an<br />

18 Arbeitsorten. Die Jungfraubahn-Gruppe<br />

betreibt Ausflugsbahnen und Wintersportanlagen<br />

mit dem touristischen Leuchtturm Jungfraujoch<br />

– Top of Europe. Nebst Zahnrad-, Seil- und<br />

Gondelbahnen betreibt die Gruppe auch Wintersportanlagen,<br />

Restaurants, Shops, Parkhäuser<br />

und ein Wasserkraftwerk.<br />

70


Zürich 29–30 / 03 /2022<br />

«Das innovative Konzept hat<br />

uns überzeugt. Der Event ist der<br />

ideale Ort, mit unserer Zielgruppe<br />

ins Gespräch zu kommen.»<br />

Matthias Langenbacher<br />

Geschäftsfüher tts Talent Management Consulting GmbH<br />

Jetzt Stand buchen<br />

hrfestival.ch<br />

EINZIGARTIGE<br />

PLATTFORM FÜR <strong>HR</strong><br />

PROFESSIONALS<br />

Kennenlernen, austauschen<br />

6000<br />

<strong>HR</strong>-MACHER<br />

UND EXPERTEN<br />

Netzwerken, vordenken<br />

15 000 m 2<br />

FESTIVALFLÄCHE<br />

Inspirieren, mitgestalten<br />

Veranstalter<br />

Main Sponsoren<br />

Action Stage Sponsoren


<strong>HR</strong>-TECHNOLOGIEN,<br />

<strong>HR</strong>-CHANGE MANAGEMENT<br />

FÜR MANCHE EINE LEIDENSCHAFT, FÜR ANDERE EINE QUAL<br />

In immer kürzeren Abständen erobern neue <strong>Tech</strong>nologien unseren Alltag. Während<br />

sich manch einer lange an alten Zöpfen festhält – nach dem Motto «Mein<br />

Excel-File für die Jahresendrunde funktioniert doch noch einwandfrei.» – steigt<br />

der Druck, auf neue <strong>HR</strong>-Systeme und -<strong>Tech</strong>nologien umzusteigen.<br />

In unserem privaten und geschäftlichen Alltag haben sich einige digitale <strong>Tech</strong>nologien<br />

ganz einfach in unser Leben geschlichen. Sei es das bequeme Bezahlen von<br />

Rechnungen via E-Banking, das immer erreichbar und präsent sein via WhatsApp,<br />

Signal, Mail, Social Media oder die während der Corona-/ Homeoffice Zeit intensiver<br />

genutzten virtuellen Besprechungen per Microsoft Teams oder Zoom: Vieles möchten<br />

wir nicht mehr missen, und es haben sich gewisse Abhängigkeiten ergeben.<br />

Die Herausforderung, sich im beruflichen Alltag an die Umstellungen und Anpassungen<br />

von Prozessen, Abläufen und <strong>Tech</strong>nologien zu gewöhnen, erfordert oft mehr Mut und<br />

Überwindung als ursprünglich gedacht. Für viele geht eine solche Veränderung nicht mit<br />

der Faszination und Leidenschaft einher, etwas Neues zu erlernen oder zu implementieren.<br />

Genauso wenig wird der daraus resultierende Mehrwert für alle sofort ersichtlich.<br />

Vielmehr findet man anfangs ausreichend Gründe, welche gegen eine Anpassung oder neue<br />

<strong>Tech</strong>nologie sprechen. Oft schwirrt einem beim blossen Gedanken an das Neue schon der Kopf.<br />

«Die einzige Konstante ist die Veränderung.» (Heraklit)<br />

Ohne Einladung – als geliebter oder auch als ungeliebter Gast – ist die Veränderung einfach da,<br />

stellt unser Leben auf den Kopf und fordert uns auf, umzudenken und einen anderen Weg<br />

einzuschlagen. Wir von der Belana GmbH unterstützen Unternehmen immer wieder kompetent<br />

bei solchen Veränderungen. Seien es <strong>HR</strong>-System Evaluierungen, deren Einführungen und die<br />

damit verbundenen Prozessoptimierungen oder das Change-Management. Dabei ist es uns wichtig,<br />

Sie, Ihre Firma und Ihre Mitarbeitenden als Ganzes zu begreifen: Oftmals ist ein erster Schritt<br />

das Verständnis für die Situation jedes Einzelnen aufzubringen, sich Bedenken anzuhören und immer<br />

wieder die Vorteile für jeden Einzelnen aufzuzeigen. Wir legen Wert darauf, klarzumachen, dass<br />

Veränderungen ein Marathon und kein Sprint sind. Je grösser die Veränderung, desto grösser sind<br />

die Verunsicherungen, Ängste und Widerstände. Durch unseren täglichen Job als professioneller<br />

<strong>HR</strong>-Dienstleister sehen und erleben wir dies immer wieder. Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei<br />

der Realisierung des Neuen, damit dies mit Freude umgesetzt werden kann. Denn wir wissen alle; mit<br />

Freude sind wir – ob Individuum oder Team – viel produktiver, motivierter und erfolgreicher.<br />

Benötigen auch Sie Unterstützung, weil Ihnen die nötigen Ressourcen fehlen? Wir von der Belana GmbH<br />

freuen uns, Sie kennenzulernen und stehen Ihnen und Ihren Mitarbeitenden als professioneller Partner<br />

jederzeit zur Verfügung: Wir sind Ihr Guide durch den <strong>HR</strong>-Irrgarten.<br />

www.belana.ch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!