HR_Today_6&7_2022
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<strong>2022</strong><br />
N°6/7<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />
Know-how for tomorrow<br />
Porträt<br />
Seit Arbeitsstart bei Johnson & Johnson<br />
strebte Loes Bresseleers eine internationale<br />
Karriere an. Heute ist sie <strong>HR</strong>-Leiterin Schweiz<br />
beim Pharmazie- und Konsumgüterkonzern.<br />
Seite 8<br />
Metaverse<br />
Weshalb es das Lernen erleichtert und<br />
sich Firmen schon heute mit dieser<br />
Technologie auseinandersetzen sollten.<br />
Seite 32<br />
Über 800 <strong>HR</strong>-Stellen<br />
hrtoday.ch/jobs<br />
powered by<br />
Chefs versichern<br />
Fallen Schlüsselpersonen im Unternehmen<br />
aus, kann das zum Stillstand des Betriebs<br />
führen. Besonders gefährdet sind KMU.<br />
Seite 42<br />
LEARNING<br />
iSTOCK
Presented by Beratungs- und Weiterbildungsinstitut BWI AG<br />
FÜ<strong>HR</strong>UNGSFÄHIGKEITEN FÜR<br />
ORGANISATIONEN VON HEUTE<br />
WIR BRAUCHEN VIEL ME<strong>HR</strong> ALS AGILITÄT: WIR BRAUCHEN EINE FÜ<strong>HR</strong>UNGSWEITERBILDUNG,<br />
DIE ALLE ASPEKTE DER TRANSFORMATION MIT EINBEZIEHT.<br />
Autorin: Franziska Gottschalk, Trainerin und Beraterin, BWI<br />
In Organisationen und Teams sind Veränderung<br />
und Transformation längst zum Alltag geworden,<br />
mit denen es professionell umzugehen gilt. Damit<br />
dieser Wandel für jede Unternehmung individuell,<br />
strukturiert und zielführend passiert, brauchen<br />
wir Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu<br />
übernehmen. Leader, die ein Verständnis über<br />
systemische Zusammenhänge und ein solides<br />
Wissen über das menschliche Verhalten in Zeiten<br />
von Veränderung haben. Führungskräfte, die in<br />
der Lage sind, die richtigen Interventionen zur<br />
richtigen Zeit einzusetzen. Agile Coaches, die die<br />
Mitarbeitenden der Organisation in diesem Prozess<br />
abholen und deren Entwicklung zu «Co-Führenden»<br />
ermöglichen. Kurz: Wir brauchen «Agile<br />
Transformation Leaders», die über gutes Rüstzeug<br />
verfügen, um die Organisation kompetent in der<br />
Transformation zu führen.<br />
Eine andere Sicht auf Führung<br />
Wenn wir uns dieser Notwendigkeit bewusst sind,<br />
ist die einzig logische Konsequenz eine andere<br />
Sicht auf Leadership. Unsere bekannte direkte,<br />
traditionell-hierarchische Führung zahlt auf<br />
Eigenverantwortung, Potentialentfaltung und<br />
Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden wenig ein.<br />
Mitarbeitende in traditionell geführten Teams<br />
erwarten von ihrer Führungskraft Unmögliches:<br />
«Motiviere mich!», «Entscheide, was ich tun soll!»,<br />
«Bestätige mir, dass ich es richtig gemacht<br />
habe!» «Sag mir, was die Zukunft bringt!». Diese<br />
Bedürfnisse sind von einer Führungsperson unerfüllbar.<br />
Und zu viel direkte Führung kann zu<br />
Abhängigkeiten von charismatischen Führungspersönlichkeiten<br />
führen und damit Selbstverantwortung,<br />
Innovation und Entwicklung bei den<br />
Mitarbeitenden unterdrücken.<br />
Es braucht dringend einen Perspektivenwechsel:<br />
Führungskräfte sollen ermöglichen, den<br />
Rahmen vorgeben, Zusammenarbeitsprozesse<br />
gestalten, den Mitarbeitenden den<br />
Rücken freihalten. Mit Partizipation und<br />
Franziska Gottschalk<br />
Trainerin und Beraterin, BWI<br />
Transparenz stärken Führungspersönlichkeiten die<br />
psychologische Sicherheit im Team und ermöglichen<br />
erst damit Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit<br />
der Mitarbeitenden.<br />
Gestalten von lernfördernden Arbeitsumfeldern<br />
für Innovation und Entwicklung<br />
Doch wie erreiche ich als Führungskraft diesen<br />
Zustand? Es braucht Orientierung für die sinnvolle<br />
und nachhaltige Anwendung agiler, selbstorganisierter<br />
Methoden und Tools. Dafür braucht<br />
es Wissen, harte Fakten aus der Wissenschaft:<br />
Wie gestalte ich eine Arbeitsumgebung, in der<br />
sich die Mitarbeitenden auf ihre Arbeit konzentrieren<br />
können? Welche Rahmenbedingungen<br />
schaffe ich, um Motivation und Lernen zu ermöglichen?<br />
Wie finden Innovation und iterative Weiterentwicklung<br />
im Team statt? Wie nutze ich<br />
Widerstand positiv? Was trage ich als Führungsperson<br />
zur Lösung von Konflikten bei?<br />
Weiterbildung zum Agile Transformation Leader<br />
Doch Wissen allein reicht nicht aus! Agile Leaders<br />
brauchen viel mehr die praktische Erfahrung, sie<br />
brauchen direktes qualitatives Feedback von<br />
Transformationsprofis, brauchen Raum für eigene<br />
Ideen und Prozesse. Im Intensivkurs zum «Agile<br />
Transformation Leader» wird der eigene Führungsalltag<br />
thematisiert und reflektiert. Direkt<br />
und im individuellen Praxisfeld. Um Agilität,<br />
Selbstorganisation und Transformation aktiv im<br />
eigenen Arbeitsumfeld gestalten und weiterentwickeln<br />
zu können, bieten wir über acht Tage verteilt,<br />
ca. 50 Methoden, Tools und Interventionen,<br />
die bereits während des Kurses ausprobiert und<br />
direkt im Alltag angewendet werden können. Alles<br />
Gelernte wird mit den persönlichen Werten und<br />
Erfahrungen der Teilnehmenden in Verbindung<br />
gebracht: So zieht jede*r individuell und praxisnah<br />
ihren*seinen Nutzen aus dem Seminar. a<br />
«Agile Transformation<br />
Leader» als Weiterentwicklung<br />
für <strong>HR</strong> Business Partner<br />
Jede Organisation im Veränderungssprozess<br />
braucht Expert*innen, die sich mit nützlichen<br />
und sinnvollen Transformations-Methoden und<br />
Interventionen auskennen. Konfliktlöser*innen<br />
und Innovationsspezialist*innen, Facilitator*innen<br />
und Zusammenarbeitsprofis sind gefragt.<br />
Als <strong>HR</strong> Business Partner*in oder <strong>HR</strong> Manager*in<br />
hast du für diese Zusatzausbildung die besten<br />
Voraussetzungen.<br />
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4. Juli/ 25. August/ 26. September/ 19. Oktober<br />
jeweils 18.00 Uhr – 18.45 Uhr<br />
Anmeldung: bwi.ch/ATL<br />
Beratungs- und Weiterbildungsinstitut BWI AG<br />
Technoparkstrasse 1<br />
8005 Zürich<br />
T +41 44 277 70 40<br />
www.bwi.ch/ATL
EDITORIAL<br />
HAPPY EMPLOYEE, HAPPY COMPANY.<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser<br />
Ob on the Job, beim Segeln, beim Theaterspielen oder beim Gamen: Lernen geschieht<br />
auf vielfältige Weise. Dennoch werden die so erworbenen Kompetenzen beruflich<br />
kaum gewürdigt. Das ist schade, denn wüssten Unternehmen, was ihre Mitarbeitenden<br />
können, liesse sich deren Potenzial noch besser in der Firma einbringen. Und:<br />
Mitarbeitende, die in einem Unternehmen tun, was ihnen Spass macht, sind motivierter.<br />
Mehr hierzu im Themen-Schwerpunkt Learning ab Seite 24.<br />
Die ganze <strong>HR</strong>-Welt spricht über Metaverse. Weshalb die neue digitale Parallelwelt<br />
keine Neuauflage von «Second Life» ist und wir diese Technik künftig zum Lernen<br />
benötigen, erfahren Sie im Beitrag von Gustavo Salami (Seite 32).<br />
Ausserdem: Das erste <strong>HR</strong> FESTIVAL europe ist vorbei. Die Eindrücke zweier ereignisreicher<br />
Tage auf einer mehrseitigen Bildstrecke – unter anderem ein Rückblick auf den<br />
Swiss <strong>HR</strong> Award (ab Seite 20).<br />
Wir wünschen Ihnen viel Lesevergnügen und verabschieden uns mit dieser Ausgabe in<br />
die Sommerpause.<br />
Herzlich,<br />
Corinne Päper, Chefredaktorin<br />
cp@hrtoday.ch<br />
PS: Beigeheftet finden Sie das BGM<br />
Special <strong>2022</strong>, das Sie über Trends<br />
im betrieblichen Gesundheits -<br />
management informiert.<br />
Unsere Bilder sind<br />
jetzt mehr als Bilder –<br />
lassen Sie sie<br />
lebendig werden!<br />
1 Laden Sie die<br />
Gratis-App «Xtend»<br />
für iOS + Android<br />
herunter.<br />
2 Öffnen Sie im Hauptmenü<br />
die Funktion<br />
«Scannen».<br />
3 Halten Sie die Kamera<br />
auf das mit markierte<br />
Bild und klicken Sie auf<br />
«scannen».<br />
Digitales Recruiting.<br />
Und doch persönlich.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
3
INHALT<br />
PEOPLE<br />
8 Porträt Die gebürtige Belgierin Loes Bresseleers ist <strong>HR</strong>-Leiterin<br />
Schweiz bei Johnson & Johnson und startet international durch.<br />
12 Im Gespräch Noémi Roten über die Vorteile der Milizinitiative.<br />
14 Sesselrücker und Event<br />
19 Afterwork Jürg Stucki wollte ein «Beatle» werden. Heute ist er<br />
stellvertretender Leiter Personal bei der Eisberg AG in Dällikon.<br />
20 Bilderreigen des <strong>HR</strong> FESTIVAL europe <strong>2022</strong><br />
22 Gewinnerinnen und Gewinner des Swiss <strong>HR</strong> Award <strong>2022</strong><br />
SCHWERPUNKT:<br />
LEARNING<br />
8<br />
26 <strong>HR</strong> als Bildungsberater Drei Personalentwicklungsinitiativen.<br />
28 Gaming Videospiel-Präferenzen zeigen Neigung und Motivation<br />
von Nachwuchskräften.<br />
30 Soft Skills Warum sich Arbeitgebende mehr dafür interessieren<br />
sollten und sich der Aufbau eines Skill Managements lohnt.<br />
32 Metaverse Wie es sich im Arbeitsalltag integrieren lässt und was<br />
<strong>HR</strong> damit zu tun hat.<br />
THEMA<br />
28<br />
36 Arbeit und Recht Die Kündigungsfrist und ihre Berechnung.<br />
39 Sozialversicherungen Institutionelle Investoren und<br />
Nachhaltigkeit.<br />
40 Reverse Coaching Neues Konzept.<br />
42 Retention Wie man Schlüsselpersonen versichert.<br />
44 Swissstaffing-News Neues vom Verband der<br />
Personaldienstleister.<br />
MEINUNG<br />
49 Debatte Was für und was gegen den Menstruationsurlaub<br />
spricht.<br />
54 hrtoday.ch Post & Pray, eine Checkliste zur Beziehungspflege<br />
und wie effizientes und nachhaltiges Lernen gelingt.<br />
55 Blog Die Tücken mit dem Arbeitszeugnis.<br />
57 Fokus Forschung Das <strong>HR</strong> Management von morgen.<br />
58 <strong>HR</strong>-Team des Monats Die Bichler + Partner AG in Wattwil<br />
bietet Mitarbeitenden eine Vier-Tage-Woche.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
58<br />
4
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People Analytics und Agilität sind Megatrends mit grossem<br />
Potential für ein evidenzbasiertes Human Capital Management.<br />
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6&7 | <strong>2022</strong><br />
5
Presented by Devyl – Develop your learning<br />
WIE NEW LEARNING IN DER<br />
BERUFLICHEN AUS- UND<br />
WEITERBILDUNG WIRKLICH GELINGT<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Martin Braun,<br />
Geschäftsführer Develop-P GmbH<br />
In den vergangenen beiden Jahren haben wir<br />
unterschiedlichste Erfahrungen mit dem Führen<br />
von virtuellen Meetings, Ausbildung im Homeoffice<br />
und ganzen digitalen Weiterbildungsreihen<br />
gemacht; einzelne Formate sind sogar richtig<br />
erfolgreich geworden. Sind wir damit schon<br />
angekommen bei «New Learning»?<br />
Könnte man eigentlich meinen, zumal in der<br />
beruflichen Aus- und Weiterbildung in den letzten<br />
10 Jahren richtig viel investiert worden ist:<br />
Anpassung der Rahmenpläne an die betrieblichen<br />
Bedürfnisse, Optimierung der Lernprozesse,<br />
Einzug von Tablets und E-Learnings, ganzer WiKis<br />
und Lern-Management-Systeme, Digitalisierung<br />
von Berichtsheft und Dokumentationen.<br />
Ehrlicherweise muss auch hinzugefügt werden,<br />
dass die Digitalisierung – zu allererst über E-Learnings<br />
z.B. beim kompletten Onboarding - helfen<br />
sollte, die Aus- und Weiterbildung zu standardisieren,<br />
effizienter zu machen und damit letztlich<br />
auch Ressourcen einzusparen.<br />
New Learning ist nicht nur Digitalisierung<br />
Das ist Optimierung ausschließlich vom Lehrenden<br />
her gedacht: Ein Zugänglich-machen von<br />
penibel ausgewähltem Lernstoff - für alle Fälle<br />
des Arbeitslebens, für alle gleich aufbereitet und<br />
in gleicher Zeit zu absolvieren.<br />
Wie wenig diese Denkrichtung den Lernenden<br />
hilft und sie befähigt, sich ganz individuell in der<br />
Flut der Lernangebote zu orientieren, wurde spätestens<br />
mit der Ausbildung im Homeoffice und<br />
den rein digitalen Aus- und Weiterbildungskursen<br />
deutlich.<br />
Und so, wie eine Homeoffice-Erlaubnis noch kein<br />
New Work ausmacht, garantiert auch kein noch<br />
so gut bestücktes LMS bereits ein New Learning.<br />
Es braucht neue, wertschöpfende Formen des<br />
kollegialen Knowhow-Austauschs und des<br />
gemeinsamen, hybriden Lernens.<br />
Natürlich ist nach zwei Jahren unterschiedlichster<br />
Ausnahmezustände das Bedürfnis nach dem<br />
«zurück zu bisher bewährten Formen» verständlich.<br />
Gleichzeitig muss allen klar sein, dass eine<br />
Aus- und Weiterbildung weder inhaltlich und<br />
schon gar nicht methodisch wie vor 2020 betrieben<br />
werden kann. Zu sehr hat sich die Welt seither<br />
verändert und uns aufgezeigt, wie dünn wir<br />
gerade beim Lernen aufgestellt sind.<br />
Damit New Learning effektiv und effizient wird,<br />
müssen die Lernenden wieder ins Zentrum aller<br />
Methodik und Didaktik: Es braucht eine intelligente,<br />
hybridfähige Mischung von Selbst- und<br />
Peerteaching, Flipped Classroom, Working-<br />
Out-Loud–Settings und praktischer «4-Stufen-<br />
Methode 4.0» oder gleich einer leittextorientierten<br />
Vorgehensweise – in interaktiven<br />
Lernmodulen angeboten, die den kollegialen<br />
Diskurs geradezu herausfordern. Und das<br />
natürlich auf einer digitalen Plattform, die das<br />
«Spielzeug» Handy zum Lernzeug macht, das<br />
immer und überall funktioniert.<br />
Diese neuen kollaborativen Lernformen müssen<br />
tatsächlich erst gelernt werden – ein echtes<br />
Develop your learning. Vorgesetzte und Ausbildende<br />
sind dabei als Learning-Developer mehr<br />
denn je gefragt!<br />
Und wie gelingt New Learning ganz praktisch?<br />
Zunächst müssen die Lernenden ihre Ziele klar<br />
formulieren, die wichtigste Voraussetzung für<br />
eine intrinsische Motivation. Und diese sind am<br />
besten gleich SMART formuliert, damit ein konkreter<br />
Fortschritt erfahrbar und Lernerfolg sichtbar<br />
wird.<br />
Dann braucht individuelles Lernen digital verfügbare<br />
Lernmodule, die didaktisch so angelegt<br />
sind, dass möglichst viel gesprochen wird und<br />
ein konstruktiver Streit um die beste Lösung entsteht.<br />
Noch wertvoller sind Lernmodule und<br />
Aufgaben, die von den Lernenden selbst oder<br />
in Zusammenarbeit mit Know-how-Träger*innen<br />
vor Ort entwickeln werden; das ist dann<br />
sozusagen Peerteaching im Quadrat.<br />
Regelmäßiges Feedback ist der dritte, entscheidende<br />
Bestandteil für effektive, persönliche Entwicklung<br />
und das eigene Lernen. Entsprechende<br />
Feedbackgespräche werden am besten digital<br />
vorbereitet, indem sowohl die Lernenden, als<br />
auch die Ausbildenden und Vorgesetzten regelmäßig<br />
zu Selbst- und Fremdeinschätzung aufgefordert<br />
werden.<br />
Den Lern- bzw. Entwicklungsprozess schließt<br />
letztlich eine gute Dokumentation ab (im Bereich<br />
der Ausbildung das Berichtsheft), die die Lernergebnisse<br />
sichtbar macht, nachhält und eine<br />
Honorierung ermöglicht.<br />
Develop your learning: das ist der Ausgangspunkt<br />
der Plattform Devyl, die als App oder PC-<br />
Anwendung für das NEW LEARNING eine einzigartige<br />
technische und methodisch-didaktische<br />
Grundlage bildet, sowohl für die duale Ausbildung,<br />
aber noch viel mehr für die gesamte<br />
betriebliche Weiterbildung. Denn neben allen<br />
aus- und weiterbildungsrelevanten administrativen<br />
Prozessen lassen sich beliebig viele Lernpfade<br />
mit den entsprechenden Lernmodulen und<br />
E-Learnings integrieren. Dies kann wiederum mit<br />
detailliertem Entwicklungs-Feedback- und smarten<br />
Zielvereinbarungen verknüpft werden – die<br />
digital vorbereitet und natürlich im Gespräch<br />
geteilt werden.<br />
Gerne laden wir Sie auf eine «geführte Entdeckungsreise»<br />
unserer Antwort auf die Herausforderungen<br />
des New Learning mit Devyl – Develop<br />
your learning ein.<br />
a<br />
Angaben zum Produkt<br />
Devyl ist die umfangreiche und pädagogisch<br />
fundierte Aus- und Weiterbildungsplattform, die<br />
Administrationsaufwand reduziert und gleichzeitig<br />
das Lernen auf einen neuen Level hebt.<br />
Mehr Informationen<br />
und kostenfreies<br />
Demosystem<br />
auf devyl.de<br />
6
PEOPLE<br />
Loes Bresseleers (Seite 8) • Noémi Roten (Seite 12)<br />
Sesselrücker & Events (Seite 14) • Afterwork (Seite 19)<br />
4 FRagen an<br />
Elke Thamm<br />
Am 15. September <strong>2022</strong> findet der<br />
Ostschweizer Personaltag statt.<br />
Sie werden über Personal-, Teamund<br />
Organisationsentwicklung<br />
sprechen. Ein kleiner Sneak Peek?<br />
Elke Thamm: Ich plane Einblicke zu<br />
geben, wie wir bei Bühler mit High<br />
Performance Teams als Kernelemente<br />
unsere Werte leben und wie wir unsere<br />
Führungskräfte fördern, sodass sie ihre Mitarbeitenden<br />
unterstützen. Zudem verrate ich, was der Zaubertrank einer<br />
erfolgreichen Teamkooperation in der hybriden Zukunft ist.<br />
Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen als Head of<br />
Corporate Personnel Development bei der Bühler AG?<br />
Der Jobmarkt ist in vielen Ländern gerade sehr dynamisch. Es wird<br />
zunehmend schwieriger, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden. Das<br />
spüren auch wir. Darüber hinaus ist für uns die neue hybride Arbeitswelt<br />
ein span nendendes und spannungsgeladenes Spielfeld. Hier<br />
wollen wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden die künftigen<br />
Spielregeln definieren. In der Rolle als Head of Corporate Personnel<br />
Development mit globaler Verantwortung für Personal und Organisationsentwicklung<br />
setzen wir an allen Phasen des Employee Life<br />
Cycle an. Das fängt bei der Talentakquise an, gilt aber auch für die<br />
Führungsentwicklung.<br />
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Personalentwicklung<br />
seinen Zweck erfüllt?<br />
Es ist wichtig, Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten<br />
aufzuzeigen, denn 90 Prozent des Lernens passieren während der<br />
täglichen Arbeit. Also ausserhalb der klassischen Trainings. Dafür<br />
müssen Vorgesetzte und Mitarbeitende jedoch sensibilisiert werden.<br />
Zudem sollte eine unternehmensweite Lernkultur etabliert werden,<br />
die es jedem Mitarbeitenden ermöglicht, sich zu entwickeln, Bestehendes<br />
zu entlernen sowie Neues zu erlernen und auszuprobieren.<br />
Das generationenübergreifend und in allen Karrierephasen.<br />
Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich persönlich?<br />
Ich freue mich am meisten auf den Austausch und die Diskussion<br />
mit allen Teilnehmenden. Nach zwei Jahren Pandemie schätze ich<br />
diesen direkten persönliche Austausch, ziehe daraus viel Energie und<br />
nehme spannende Anregungen mit. (cb)<br />
Anmelden unter: personaltag.ch<br />
Was macht eigentlich<br />
Gabriela Keller?<br />
Als wir Sie 2017 porträtierten, befand sich Ergon auf starkem<br />
Wachstumskurs. Einige Mitarbeitende mussten sogar an<br />
einen anderen Standort umziehen, weil der Hauptsitz an der<br />
Merkurstrasse in Zürich aus allen Nähten platzte.<br />
Gabriela Keller: Wir haben weiter expandiert.<br />
Derzeit zählen wir 360 Mitarbeitende,<br />
die von zu Hause aus oder<br />
an einem unserer drei Standorte<br />
rund um den Bahnhof<br />
Stadelhofen arbeiten. In der<br />
Zwischenzeit haben wir zudem<br />
unseren Hauptsitz vergrössert.<br />
Dort befindet sich<br />
nun eine grosszügige Begegnungshalle,<br />
ausserdem gibt<br />
es dort weitere Kollaborationsräume.<br />
Ganz neu ist unsere Zweigniederlassung<br />
in Deutschland.<br />
Sie selbst arbeiten seit 28 Jahren bei Ergon. Was hat Sie gehalten?<br />
Die tollen Arbeitskolleginnen und -kollegen, die vielen Digitalisierungsprojekte<br />
unserer Kundinnen und Kunden und die kontinuierliche<br />
Entwicklung unseres Unternehmens über all die Jahre hinweg.<br />
Ich konnte zudem in viele unterschiedliche Rollen schlüpfen, das hat<br />
mir unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten geboten und mich<br />
stets vor neue Herausforderungen gestellt.<br />
Langweilt Sie die Aussage, dass Sie immer noch eine der wenigen<br />
weiblichen CEOs sind?<br />
Nein, ich finde es eher bedauerlich. Die Entwicklung geht aber in<br />
die richtige Richtung, denn es gibt immer mehr weibliche Führungskräfte.<br />
Spürbar ist das besonders an Anlässen wie dem Swiss Economic<br />
Forum. In der IT steigt der Frauenanteil dagegen nur langsam.<br />
Deshalb müssen wir uns bemühen, allen Menschen aufzuzeigen,<br />
wie spannend unsere Branche ist.<br />
In unserem letzten Interview erzählten Sie, dass Sie komplett<br />
auf Off- und Nearshoring verzichten. Ist das immer noch so?<br />
Das ist immer noch so. Für uns ist Kundennähe wichtig, um<br />
Vertrauen zu bilden und erfolgreich mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten.<br />
Dass unsere Mitarbeitenden Ergon empfehlen,<br />
bleibt für die Talentgewinnung enorm wichtig. (cp)<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
7
AKTUELL<br />
Porträt<br />
FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />
2021<br />
Head of <strong>HR</strong>, Switzerland,<br />
Johnson & Johnson<br />
2018<br />
Head of <strong>HR</strong>, Südafrika,<br />
Johnson & Johnson<br />
2021<br />
Global <strong>HR</strong> Leader, Pharma R&D<br />
Johnson & Johnson<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
8
DIE INTERNATIONALE<br />
LOES BRESSELEERS STREBTE SEIT I<strong>HR</strong>EM ARBEITSSTART 2013 BEI JOHNSON & JOHNSON<br />
EINE INTERNATIONALE KARRIERE AN. DAS GELINGT 2018, ALS DIE GEBÜRTIGE BELGIERIN<br />
FÜR DAS GESUNDHEITSUNTERNEHMEN ZUNÄCHST NACH SÜDAFRIKA UND DANACH IN<br />
DIE SCHWEIZ ZIEHT. ÜBER DIE HERAUSFORDERUNGEN, DIE DAS MIT SICH BRINGT.<br />
Text: Corinne Päper<br />
Ein regnerischer grauer Morgen in Zug. Im<br />
Gebäude an der Gubelstrasse bei Johnson &<br />
Johnson ist es um halb elf Uhr morgens recht<br />
ruhig. Das liegt nicht am trüben Wetter: «Wir<br />
haben in der Schweiz gerade unser hybrides<br />
Arbeitsmodell eingeführt», begrüsst uns Loes<br />
Bresseleers, <strong>HR</strong>-Leiterin Schweiz. Das heisst: Vollzeitangestellte<br />
arbeiten bis zwei Tage zu Hause<br />
und drei im Büro. «Immer mehr kehren aber ins<br />
Büro zurück», freut sich Bresseleers. Das Kommen<br />
und Gehen der diversen Handwerker verdeutlicht<br />
den Arbeits-Kulturwandel. «Bald werden<br />
wir in Office Spaces arbeiten, die ein<br />
tätigkeitsbasiertes Arbeiten ermöglichen.»<br />
Räumliche Veränderungen, die auch vor dem<br />
45-köpfigen <strong>HR</strong>-Team in Zug nicht haltmachen:<br />
«Auch wir ziehen in den Open Space.»<br />
Da drängt sich eine Frage auf, denn <strong>HR</strong>-Arbeit<br />
ist vertraulich. Doch wie lassen sich diese Tätigkeiten<br />
in offenen Büroflächen geheim halten?<br />
«Das <strong>HR</strong>- und Payroll-Team wird in einem separaten<br />
Bereich arbeiten. Dort gibt es genügend<br />
Räume, wo wir uns auf unsere Arbeit fokussieren,<br />
uns treffen und Anrufe tätigen können», sagt<br />
Bresseleers. Trotzdem müsse sich das <strong>HR</strong>-Team<br />
neue Arbeitsweisen angewöhnen, beispielsweise<br />
vermehrt papierlos zu arbeiten oder die Arbeitswoche<br />
und -tage genauer zu planen. «Das<br />
bedeutet, zu reflektieren, wozu man ins Büro<br />
kommt, welche Arbeiten man hier und welche<br />
von zu Hause aus erledigt, aber auch abzuklären,<br />
welche gegenseitigen Erwartungen die Teammitglieder<br />
haben.» Dieser Wandel ist für Bresseleers<br />
nichts Neues: «Das habe ich bereits in meinem<br />
Heimatland Belgien erlebt und im<br />
südafrikanischen Johannesburg.»<br />
Nur im Homeoffice zu arbeiten, kommt für die<br />
36-jährige Bresseleers sowieso nicht in Frage:<br />
«Trifft man sich persönlich, ist das etwas ganz<br />
anderes als ein Meeting über Zoom.» Dass sich<br />
Mitarbeitende nicht nur aus der Ferne kennen,<br />
sei auch für eine Konzernkarriere wichtig: Johnson<br />
& Johnson sei eine Netzwerkorganisation.<br />
Um andere Mitarbeitende zu treffen, erweise sich<br />
die Cafeteria als Türöffner. Diese sei gerade sehr<br />
«busy». Ein gutes Zeichen, dass die Mitarbeitenden<br />
die Pandemiezeit hinter sich gelassen haben.<br />
TRIFFT MAN<br />
SICH PERSÖNLICH,<br />
IST DAS ETWAS GANZ<br />
ANDERES ALS EIN<br />
MEETING ÜBER ZOOM.<br />
LOES BRESSELEERS<br />
Weltenbummlerin<br />
Belgien – Afrika – Schweiz: Eine internationale <strong>HR</strong>-<br />
Karriere erhoffte sich Bresseleers seit ihrem ersten<br />
Arbeitstag beim Gesundheitsunternehmen. «Als<br />
ich im September 2018 die Möglichkeit erhielt,<br />
nach Südafrika zu gehen, entschieden sich mein<br />
Mann und ich innert fünf Minuten.» Gesagt,<br />
getan: Bresseleers zieht mit Ehemann und den<br />
vier- und sechsjährigen Söhnen, die kein Wort<br />
Englisch sprechen, nach Johannesburg. Der<br />
Umzug bringt für die Familie viele Veränderungen.<br />
«Mein Mann erhielt als Werbetexter keine Arbeitserlaubnis<br />
und konnte somit in Südafrika nicht<br />
arbeiten. Deshalb kümmerte er sich vermehrt um<br />
die Kinder und pflegte neue Hobbys – beispielsweise<br />
Fotografie oder Tennis.» Langeweile kam<br />
nie auf: «Er war konstant beschäftigt.» Trotz des<br />
Rollentauschs fällt der Familie die Eingewöhnung<br />
leicht: «Wir wurden von Anfang an von Nachbarn<br />
und Bekannten aller Altersgruppen zu Grillfesten<br />
eingeladen. Südafrikaner sind sehr offen und<br />
freundlich.» Funktioniert habe der Standortwechsel<br />
vor allem auch deshalb, «weil wir uns als Familie<br />
dafür entschieden haben und es als Abenteuer<br />
betrachteten».<br />
In Südafrika trifft Bresseleers auf ein <strong>HR</strong>, das<br />
generalistisch ausgerichtet ist. «Ich hatte den<br />
Auftrag, es auf die globale Organisation anzupassen.»<br />
Heisst: beispielsweise ein bereichsübergreifend<br />
rekrutierendes Talent Acquisition Team<br />
aufzubauen oder eines, das den Kontakt zu<br />
Gewerkschaften pflegt. Daneben müssen <strong>HR</strong>-<br />
Prozesse angepasst und neue Tools wie <strong>HR</strong>-Analytics<br />
eingeführt werden. «Eine typische Turnaround-Situation»,<br />
summiert Bresseleers ihre<br />
<strong>HR</strong>-Erfahrung in Südafrika. Auf das Erreichte ist<br />
sie nach wie vor stolz: «Wir schafften es im Team,<br />
Zur Firma<br />
Johnson & Johnson ist ein weltweit tätiger<br />
US-amerikanischer Pharmazie- und Konsumgüterhersteller<br />
mit Hauptsitz in New Brunswick<br />
im US-Bundesstaat New Jersey. Der Konzern ist<br />
weltweit eines der grössten Gesundheitsunternehmen.<br />
Johnson & Johnson beschäftigt weltweit<br />
rund 127 000 Mitarbeitende in 60 Ländern.<br />
In der Schweiz zählt der Konzern aktuell rund<br />
4600 Mitarbeitende an neun Standorten in sieben<br />
Kantonen. jnj.ch<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
9
AKTUELL<br />
Porträt<br />
Johnson & Johnson in Südafrika als Top-Arbeitgeber<br />
zu zertifizieren.» Nicht nur das: «Wir<br />
wurden auch für unsere Gesundheitsförderung<br />
ausgezeichnet und gehörten damit zu den<br />
<strong>HR</strong>-Klassenbesten.»<br />
Ab in den Süden<br />
Das südafrikanische Abenteuer dauert fast zwei<br />
Jahre. Der Aufbruch in die Schweiz ist nicht ganz<br />
freiwillig: «Durch die strikten Lockdowns merkten<br />
wir, wie wichtig es ist, die eigene Familie in Notfallsituationen<br />
in der Nähe zu haben. Zudem<br />
wollte mein Mann wieder arbeiten. Deshalb gingen<br />
wir zurück nach Europa.» Zunächst reist die<br />
Familie nach Belgien, wo Bresseleers weiterhin<br />
für Johnson & Johnson arbeitet und nach weiteren<br />
Arbeitsmöglichkeiten Ausschau hält. Im<br />
August 2021 ist es soweit. Die Familie packt ihre<br />
Koffer und zieht in die Nähe von Zug, wo Bresseleers<br />
bei Johnson & Johnson als Head of <strong>HR</strong><br />
Schweiz antritt und damit die Verantwortung<br />
für 4600 Mitarbeitende an neun Standorten in<br />
sieben Kantonen übernimmt. Beim Umzug wird<br />
Bresseleers tatkräftig von ihrem Arbeitgebenden<br />
unterstützt. «Eine lokale Relocation-Spezialistin<br />
zeigte uns die Gegend in der Nähe des Firmensitzes,<br />
machte uns auf Freizeitaktivitäten<br />
aufmerksam, erklärte uns, wie der öffentliche<br />
Verkehr funktioniert, sowie die kulturellen<br />
Eigenheiten der Schweizer. Sie half uns auch,<br />
eine Unterkunft zu finden. Das war nicht ganz<br />
einfach.» Mittlerweile sei die Familie in der<br />
Schweiz heimisch geworden. «Mein Mann arbeitet<br />
als selbständiger Werbetexter von zu Hause<br />
aus und meine mittlerweile 7- und 10-jährigen<br />
Söhne gehen in eine internationale Schule.»<br />
Familie und Beruf unter einem Hut<br />
Die Wahl zwischen Familie und Beruf hat sich<br />
Bresseleers nie gestellt: «Ich arbeitete immer<br />
hundert Prozent. Teilzeitarbeit kam für mich<br />
nicht infrage.» Dank ihres Ehemanns und ihres<br />
Arbeitgebenden gelingt es, ihr Vollzeitpensum<br />
mit Familie zu vereinbaren: «Meine Arbeit habe<br />
ich immer so gestaltet, dass ich meine Kinder<br />
an alle wichtigen Ereignisse begleiten konnte.» So<br />
auch heute: Bresseleers kommt soeben von<br />
einer Schulbesprechung zurück. Obschon sie<br />
heute mit ausserberuflichen Pflichten locker<br />
umgeht, plagten sie am Anfang ihrer Karriere<br />
Schuldgefühle: «Es dauerte eine Weile, bis ich<br />
realisierte, dass ich mir das selbst auferlege.<br />
Wer sagt denn, dass ich nicht vor 17 Uhr nach<br />
Hause gehen kann?» Erst als ihre Vorgesetzten<br />
ihr explizit mitteilen, dass sie tun soll, was sie<br />
tun muss, nimmt ihre Sorge ab, trotz Familienpflichten<br />
beruflich nicht zu genügen. «Die Fürsorgepflicht<br />
für Mitarbeitende wird bei Johnson<br />
& Johnson grossgeschrieben: Als ich eine dringende<br />
E-Mail aus dem Urlaub beantwortete,<br />
ermahnte mich mein Vorgesetzter, ich solle<br />
während der Ferien nicht arbeiten.» Sich abzugrenzen,<br />
kostet sie zwar immer noch Mühe,<br />
gelingt aber immer besser: «Wenn ich nach<br />
Hause komme, bin ich ganz für meine Kinder<br />
da – an Wochenenden versuche ich, nicht zu<br />
arbeiten.» Heute profitieren andere von ihren<br />
Erfahrungen. Leistet jemand viele Überstunden,<br />
ist das für Bresseleers ein Alarmsignal. «Dann<br />
braucht es Gespräche über die Arbeitsbelastung<br />
oder darüber, wie jemand seinen Tag organisiert.»<br />
a<br />
DURCH DIE STRIKTEN<br />
LOCKDOWNS MERKTEN WIR,<br />
WIE WICHTIG ES IST,<br />
DIE EIGENE FAMILIE IN<br />
DER NÄHE ZU HABEN.<br />
LOES BRESSELEERS<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
10
KURZ UND BÜNDIG<br />
LIEBLINGSSPORT?<br />
Aerial Yoga, also Yoga in der Hängematte.<br />
In manchen Positionen sogar kopfüber.<br />
Mein<br />
Lieblingsort<br />
Australien und Südafrika. Sonst alle Länder,<br />
die wir als Familie entdecken können.<br />
Büro oder Homeoffice?<br />
Ich vermisste die Begegnungen mit Mitarbeitenden, als ich<br />
während der Pandemie Vollzeit von zu Hause aus arbeitete.<br />
Trotzdem würde ich nicht wieder Vollzeit ins Büro zurück.<br />
VERÄNDERUNG<br />
ODER STABILITÄT?<br />
Veränderung. Das hält mich wachsam, wobei<br />
auf einen Change Stabilität folgen muss. Man<br />
braucht einen festen Anker.<br />
Leadership?<br />
Ich betrachte es als Privileg, anderen zu helfen, ihr Potenzial zu<br />
verwirklichen. Dafür versuche ich zu verstehen, wie eine Person<br />
tickt, was sie begeistert und ihr Energie verschafft. Ich würde<br />
mich als Servant Leaderin bezeichnen.<br />
Athletin oder Couchpotato?<br />
Eine Rücken- und Knieverletzung, die ich mir<br />
beim Skifahren zugezogen habe, hindert mich an<br />
manchen sportlichen Aktivitäten, dennoch bin ich<br />
aktiv – einfach im Rahmen dessen, was möglich ist.<br />
Das Video-Interview mit Loes Bresseleers:<br />
hrtoday.ch<br />
Presented by Tellco pk<br />
FÜR SICHERHEIT IN DER<br />
BERUFLICHEN VORSORGE<br />
DIE TELLCO PK STELLT BEI DER ANLAGESTRATEGIE FÜR DIE VORSORGE -<br />
GELDER DIE SICHERHEIT AN DIE ERSTE STELLE. DANK EINER DYNAMISCHEN<br />
ANLAGESTRATEGIE VERWALTET DIE ERFA<strong>HR</strong>ENE SCHWYZER PENSIONSKASSE<br />
DIE GELDER RISIKOOPTIMIERT.<br />
Sicherheitsorientierte Anlagestrategie<br />
Das oberste Ziel bei der beruflichen Vorsorge:<br />
eine gesicherte Rente im Pensionsalter. Daher<br />
verfolgt die Tellco pk mit ihrem Compartment<br />
PRO beispielsweise eine dynamische Anlagestrategie<br />
oder, wie es im Fachjargon heisst, eine<br />
Dynamic Asset-Allocation. Das heisst, man legt<br />
eine Mittellinie fest. Diese orientiert sich am<br />
Deckungsgrad der Pensionskasse. Ausgerichtet<br />
an der Mittelinie, bewegt sich der Anteil der<br />
Aktien in der Anlagestrategie. Starke Kursschwankungen<br />
an den Börsen sollen hierdurch<br />
abgefangen werden.<br />
Individuelle Wahlmöglichkeiten<br />
Bemerkenswert bei der Tellco pk ist auch ihr individualisierter<br />
Ansatz: «Wir sind der Ansicht, dass<br />
die berufliche Vorsorge nicht statisch gedacht<br />
werden kann: Sie sollte mit dem Unternehmen<br />
mitwachsen.» Deshalb haben angeschlossene<br />
Unternehmen bei der Tellco pk die Möglichkeit,<br />
aus verschiedenen Angeboten die für sie passende<br />
Wahl zu treffen, und können diese sogar<br />
jährlich kostenlos anpassen – wie beispielsweise<br />
folgende Lösungen:<br />
• Bei PRO, mit einem Aktienanteil von 25 %,<br />
steht die Stabilität im Vordergrund: Die Kursschwankungen<br />
bleiben gering, und das Vermögen<br />
wächst mässig, aber regelmässig.<br />
• Bei PULSE steht hingegen das Wachstum im<br />
Vordergrund: Ein höherer Aktienanteil von 40 %<br />
sorgt für mehr Chancen, aber unter Umständen<br />
auch für grössere Kursschwankungen. a<br />
tellco.ch/kmu<br />
Führende Schweizer<br />
Pensionskasse<br />
Die Tellco pk zählt zu den wichtigsten Pensionskassen<br />
auf dem Schweizer Markt. Mit<br />
einem kontinuierlichen Wachstum zählt<br />
sie aktuell rund 10 000 angeschlossene<br />
Unternehmen und 88 000 Versicherte. Sie<br />
verwaltet dabei eine Bilanzsumme von<br />
rund CHF 4,3 Milliarden (per Ende 2021).<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
11
PEOPLE<br />
Im Gespräch<br />
FRAG, WAS DU FÜR<br />
DEIN LAND TUN KANNST<br />
EINE NEUE INITIATIVE WILL DEN BISHERIGEN ZIVIL- UND MILITÄRDIENST ABLÖSEN. KÜNFTIG SOLLEN ALLE BEWOHNENDEN<br />
DER SCHWEIZ EINEN DIENST FÜR DIE GEMEINSCHAFT LEISTEN. NOÉMIE ROTEN, CO-PRÄSIDENTIN VON SERVICECITOYEN.CH,<br />
ÜBER DEN GESELLSCHAFTLICHEN FORTSC<strong>HR</strong>ITT, DEN DIE INITIATIVE BRINGEN SOLL.<br />
Interview: Corinne Päper<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Sie wollen mit der «Service Citoyen»-Initiative eine Milizpflicht für<br />
alle einführen, die den Zivil- und Militärdienst ersetzt. Weshalb?<br />
Noémie Roten: Nicht alle fühlen sich vom Militärdienst oder Zivilschutz<br />
angesprochen. Durch die aktuelle Gesetzeslage kann sich der Zivildienst<br />
nicht autonom entwickeln. Ein Beispiel: Wollen Frauen Zivildienst leisten,<br />
müssen sie sich zunächst fürs Militär anmelden, sich für physisch tauglich<br />
erklären lassen und dann glaubhaft machen, dass sie mit dem<br />
Militärdienst einen Gewissenskonflikt erleiden. Das ist etwas schizophren.<br />
Deshalb gibt es derzeit gerade 16 weibliche Zivildienstleistende. Zudem<br />
nimmt das freiwillige gesellschaftliche Engagement ab. Ob sich jemand<br />
engagiert, hängt weitgehend von seinem Einkommen ab: Menschen<br />
aus besseren Schichten können es sich leisten, auf einen Teil ihres Lohns<br />
zu verzichten oder sich ohne Entschädigung für die Gesellschaft einzusetzen.<br />
Kaum ehrenamtlich arbeiten vor allem Alleinerziehende, Menschen<br />
im Tieflohnsegment oder Arbeitnehmende in einem Betrieb, der<br />
dieses Engagement nicht zulässt. Mit dem «Service Citoyen» wird Engagement<br />
unabhängig vom Lohn, der Lebens- und Arbeitssituation: Alle<br />
werden entschädigt, weil Teilnehmende aus der Erwerbsersatzordnung<br />
(EO) einen Lohnersatz erhalten. Deshalb sehe ich den «Service Citoyen»<br />
als etwas Befreiendes. Jeder und jede kann unabhängig von seiner<br />
Lebenssituation etwas für die Gesellschaft und die Umwelt tun. Gesellschaftliches<br />
Engagement wird angesichts anstehender Herausforderungen<br />
wie der Klimakrise, der Ernährungs- und Energieversorgung, des<br />
Pflegenotstands oder der Vereinsamung der Menschen immer wichtiger.<br />
Kann man Engagement erzwingen?<br />
Nein! Aber ich sehe den «Service Citoyen» auch nicht als Zwang. Viele<br />
möchten sich engagieren, können es aber nicht, weil ihnen die Zeit<br />
fehlt, sie finanzielle Einbussen befürchten oder das Milizsystem nicht<br />
kennen. Der «Service Citoyen» schafft dafür einen geschützten Freiraum.<br />
Deshalb ist der Dienst eher ein Pflichtwahlfach, basierend auf<br />
einem republikanischen, positiven Menschenbild. Jeder und jede kann,<br />
will und soll Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen. Ganz<br />
nach dem Motto: Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern,<br />
was du für dein Land tun kannst.<br />
Das tönt ein wenig schönfärberisch. Ist es aber nicht so, dass<br />
Menschen, die etwas tun müssen, obwohl sie nicht wollen, nicht<br />
mit dem Herzen dabei sind? Das bringt doch keiner Seite etwas.<br />
Wie stehen Sie dazu?<br />
Ich glaube nicht, dass viele verweigern werden, wenn sie den Einsatz<br />
in einem Bereich leisten können, den sie sich selbst aussuchen. Im Kern<br />
ist man dann motiviert, wenn es für einen persönlich Sinn macht. Wer<br />
nicht mitmachen kann oder will, zahlt (wie heute) eine Ersatzabgabe.<br />
Es ist sicher nicht im Sinne der Initianten, Menschen ins Gefängnis zu<br />
bringen, die sich mit Händen und Füssen gegen den «Service Citoyen»<br />
wehren.<br />
Zahlreiche Unternehmen engagieren sich bereits heute in der Freiwilligenarbeit.<br />
Innerhalb von Corporate Social Responsibility<br />
gewähren sie freie Tage, damit sich Mitarbeitende freiwillig engagieren.<br />
Weshalb dann noch einen «Service Citoyen»?<br />
Solche Modelle findet man eher in grossen, etablierten Unternehmen.<br />
Grundsätzlich schliesst das eine das andere aber nicht aus. Im Gegenteil.<br />
Das eine wird das andere positiv verstärken.<br />
JEDER UND JEDE KANN,<br />
WILL UND SOLL<br />
VERANTWORTUNG<br />
IN DER GESELLSCHAFT<br />
WA<strong>HR</strong>NEHMEN.<br />
NOÉMIE ROTEN<br />
Wer würde zum Dienst verpflichtet?<br />
Der «Service Citoyen» betrifft primär jüngere Menschen. Wie im Militär<br />
jene zwischen 18 und 35 Jahren. In welchem Zeitraum der Dienst geleistet<br />
werden muss, ist im revidierten Bundesverfassungsartikel nicht<br />
festgehalten. Das muss per Gesetz geregelt werden. Denkbar sind<br />
Modelle wie im Militär: beispielsweise Durchdiener-Modelle, bei denen<br />
«Service Citoyen»-Dienstleistende zehn Monate am Stück oder drei<br />
Einsätze zu drei Monaten leisten.<br />
12
Im Gespräch<br />
PEOPLE<br />
Was bringt es der Gesellschaft?<br />
Wer sich in jüngeren Jahren gesellschaftlich engagiert, wird es auch<br />
später tun. Das zeigen verschiedene Studien. Mit der Initiative wird der<br />
«Service Citoyen» Teil der Grundbildung. Menschen lernen so, Verantwortung<br />
für die Gesellschaft zu übernehmen. Sie können ihre Talente<br />
einbringen, sich ein Netzwerk aufbauen, Menschen aus unterschiedlichsten<br />
Gesellschaftsschichten kennenlernen und ein Verständnis füreinander<br />
über alle Landessprachen und -grenzen hinweg entwickeln.<br />
Wer mit anderen zusammen etwas unternimmt, fühlt sich zudem vermehrt<br />
zugehörig. Das schweisst die Gesellschaft zusammen. Das Milizsystem<br />
zu stärken, ist wichtig: Es gehört zum Selbstverständnis der<br />
Schweiz und verhindert, dass sich eine kleine Elite vom Volk abkoppelt.<br />
FOTO: ZVG<br />
Gesellschaftliches Engagement ist häufig nicht sichtbar. Wie liesse<br />
sich das ändern?<br />
Beispielsweise durch ein Punktesystem. Wer sich freiwillig engagiert,<br />
sammelt Punkte, die er später einlöst, beispielsweise, weil er pflegebedürftig<br />
wird und Hilfe braucht. Ein Nachweis könnte auch über ein<br />
Dienstbuch erfolgen oder ein Abschlusszeugnis, worin aufgeführt ist,<br />
was man gemacht hat. Es spielt keine Rolle, wie man das gesellschaftliche<br />
Engagement aufwertet und sichtbar macht. Hauptsache, es wird<br />
getan. Heute ist das häufig nicht so. Als einer meiner Westschweizer<br />
Kollegen eine <strong>HR</strong>-Weiterbildung machen wollte, wurde seine Personalmanagement-Erfahrung<br />
im Freiwilligenbereich nicht anerkannt. Das<br />
ist sehr bedauerlich, denn das Management von Freiwilligen ist grundsätzlich<br />
schwieriger als das von Angestellten. Ehrenamtliche bekommen<br />
meist keinen Lohn. Sie für eine Arbeit zu begeistern, ohne sie dafür zu<br />
bezahlen, ist sehr herausfordernd. Von dieser Erfahrung würden auch<br />
Arbeitgebende profitieren.<br />
Arbeitgebende müssen immer mehr Arbeitsausfälle verkraften:<br />
Militär, Mutter- und Vaterschutz und jetzt noch den «Service<br />
Citoyen» …<br />
Ein Geschäft, das pleitegeht, nur weil ein Angestellter fehlt, hat wohl<br />
auch sonst strukturelle Probleme. Den meisten Geschäften bringen<br />
diese Absenzen aber etwas: Die Beschäftigten werden ausgebildet und<br />
erweitern ihren Horizont. Zudem trägt der Dienst zum sozialen Frieden<br />
bei. Daneben werden Arbeitgebende für diese Ausfälle auch entschädigt<br />
und können einen personellen Ersatz langfristig planen. Dennoch<br />
muss sich die Wirtschaft darauf einstellen, dass manche Mitarbeitende<br />
ab und zu länger weg sind.<br />
Kurzzeitige Freiwilligeneinsätze sind vor allem für kleinere Organisationen,<br />
die Arbeitsplätze für Freiwillige anbieten, mit grossem<br />
(personellen) Aufwand verbunden. Wer bezahlt diesen Aufwand?<br />
Heute müssen sich Einsatzbetriebe melden, wenn sie Zivildienstleistende<br />
beschäftigen wollen. Dafür gibt es einen strengen Selektionsprozess. Es<br />
stimmt aber: Bei gewissen Tätigkeiten lohnt es sich nicht, für einen viermonatigen<br />
Einsatz jemanden einzuarbeiten, der dann nur wenige Wochen<br />
oder Monate produktiv ist. Bei anderen Tätigkeiten hingegen schon,<br />
beispielsweise bei der Seniorenuniversität im Kanton Waadt. Dort kümmert<br />
sich alle sechs Monate ein anderer Zivildienstleistender um die<br />
Koordination der Bildungsangebote. Ohne sie gäbe es diese Institution<br />
wohl nicht. Ein weiteres Beispiel ist die Pflege. In vielen Dienstleistungen<br />
fehlt es an der Zeit füreinander und deshalb auch an Menschlichkeit.<br />
Zwar wird ein «Service Citoyen»-Dienstleistender eine qualifizierte Pflegefachkraft<br />
nicht ersetzen, er kann sie aber administrativ unterstützen,<br />
Patienten bei Arztbesuchen begleiten, im Pflegeheim Essen verteilen, mit<br />
Bewohnenden spazieren gehen oder Anlässe organisieren. Diese Arbeiten<br />
lassen sich künftig nicht alleine durch Mehrausbildung, Migration oder<br />
Abwerben von Fachkräften aus dem Ausland abdecken. Es gibt also<br />
genügend Arbeiten, die komplementär zur Wirtschaft mit Freiwilligen<br />
abgedeckt werden können. Übrigens wollen momentan mehr Zivildienstleistende<br />
einen Einsatz leisten, als es Einsatzplätze gibt. 2019 wurde die<br />
Zulassung neuer Einsatzbetriebe beschränkt, weil man im Parlament<br />
Angst hatte, dass die Armeebestände nicht mehr garantiert sind.<br />
Ihr Ansinnen ist nobel, wird den Steuerzahlenden aber voraussichtlich<br />
mehr kosten …<br />
Ja der Dienst wird mehr kosten als heute, aber weniger, als anfänglich<br />
vermutet. Zwar wird der Rekrutierungspool erweitert, die Zahl der Diensttage<br />
pro Kopf könnte aber auch reduziert werden. Wir möchten den<br />
Leuten aufzeigen, welchen gesellschaftlichen Nutzen die Initiative bringt,<br />
nämlich dass der Dienst an der Gesellschaft mehr bringt, als er kostet.<br />
Das ist nicht ganz einfach: Die Mehrkosten sind einfacher zu beziffern<br />
als der Nutzen, der ein gesellschaftliche Wirgefühl stiftet. Die Initiative<br />
ist eine ideale Plattform, um diese Diskussion zu führen.<br />
a<br />
«Service Citoyen»-Initiative<br />
Die «Service Citoyen»-Initiative will eine aktive Schweiz, in der Gleichberechtigung,<br />
sozialer Zusammenhalt und Solidarität wieder selbstverständlich<br />
sind. Deswegen fordert sie, dass jede und jeder einmal im<br />
Leben einen Einsatz zugunsten von Gesellschaft und Umwelt leistet – sei<br />
es Militärdienst, Zivildienst, Zivilschutz oder durch ein anderes Milizengagement.<br />
Die Initiative macht einen historischen Doppelschritt: Sie sorgt<br />
für die Gleichstellung aller Geschlechter beim Dienst an der Gesellschaft.<br />
Dazu werden Zivildienst und soziales Engagement dem Militärdienst<br />
gleichgestellt. Weg von einer rein männlichen Wehrpflicht zu einem «Service<br />
Citoyen» für alle, weil jede und jeder zählt.<br />
servicecitoyen-initiative.ch<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
13
PEOPLE<br />
Sesselrücker<br />
SESSELRÜCKER<br />
Per 1. August <strong>2022</strong> übernimmt Christoph Haldi die Position<br />
des Chief People Officer (CPO) der Ringier AG von<br />
Susanne Jud, die das Unternehmen auf eigenen Wunsch<br />
verlässt. In seiner neuen Funktion ist Christoph Haldi<br />
Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung der Ringier<br />
AG. Der 51-Jährige ist seit 2013 in verschiedenen Leitungspositionen<br />
bei der Ringier AG tätig. Seit Januar<br />
2017 verantwortet er als Head Business Services den<br />
Aufbau eines Shared Service Center.<br />
Monika Casanova ist die neue Personalchefin<br />
und Mitglied des Management Committee des<br />
weltweit tätigen Entwicklers und Herstellers von<br />
Peptiden, der Polypeptide Group AG. Zuletzt leitete<br />
sie das weltweite Personalwesen des Baustoffherstellers<br />
Duravit.<br />
Manuela Staub ist seit dem 1. Juni <strong>2022</strong> Chief<br />
People & Communications Officer beim Flughafen<br />
Zürich und zudem Geschäftsleitungsmitglied.<br />
Die Position wurde neu geschaffen. Davor<br />
war sie etwas mehr als zwei Jahre Leiterin Unternehmenskommunikation.<br />
Wer hat wann und wo eine neue Stelle angetreten? Das erfahren Sie hier. Weitere Sesselrücker finden Sie auf hrtoday.ch<br />
Haben Sie Ihre Stelle gewechselt? Schicken Sie uns ein E-Mail: redaktion@hrtoday.ch<br />
PERIKOM GOOD PRACTICE VOM 14. JUNI<br />
WIE BRINGEN WIR MITARBEITENDE ZUM<br />
STRATEGIERORIENTIERTEN HANDELN?<br />
DIE BALOISE PRÄSENTIERTE AN DER PERIKOM GOOD PRACTICE-VERANSTALTUNG VOM 14. JUNI EIN PROGRAMM,<br />
DAS MITARBEITENDE ZUM STRATEGIEORIENTIERTEN HANDELN BRINGT.<br />
Gastbeitrag: Andreas Jäggi / Stefanie Moser, Vorstand Perikom<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Die Baloise präsentierte an der Perikom Good<br />
Practice-Veranstaltung ein Programm, das eine<br />
Antwort auf die Frage gibt, wie Mitarbeitende<br />
zum strategieorientierten Handeln gebracht werden.<br />
Mit dem Programm «Season2Action» kombiniert<br />
die Baloise organisationale Zielsetzungen<br />
mit persönlichen Entwicklungszielen. Dabei vereint<br />
der Versicherer die Strategie auf Grundlage<br />
des Businessmanagementmodells von OS Canvas<br />
(aus Aaron Dignan, Brave New Work, 2019) sowie<br />
konkrete Handlungs- und Reflektionsanleitungen,<br />
die auf Working Out Loud basieren.<br />
Das Projekt, das Beat Knechtli, Senior OD &<br />
Transformation Expert von der Baloise und<br />
Stefanie Moser, Organisationsvernetzerin und<br />
WOL Coach von der Trans4m GmbH, gemeinsam<br />
entwickelten, wurde bei der Baloise 2021<br />
vorgestellt und ausgerollt. In sogenannten<br />
«Wellen» wurden jeweils mehrere kleine Gruppen<br />
Gleichgesinnter – sogenannte Circles – auf eine<br />
12-wöchige Lernreise geschickt und dabei mit<br />
Events begleitet und untereinander vernetzt.<br />
Nach einer ersten Eventserie wurden 2021 Mentorinnen<br />
und Mentoren gewonnen und ausgebildet,<br />
die das Programm dieses Jahr eigenverantwortlich<br />
fortführen und entwickeln. An der<br />
Perikom Good Practice-Veranstaltung berichteten<br />
zwei von ihnen von ihren Erfahrungen<br />
und ihrer Bereitschaft, für Vernetzung innerhalb<br />
der Baloise zu sorgen. Ihre künftige Aufgabe?<br />
Kollegen und Kolleginnen auf dem<br />
Lernweg zu fördern, damit sie die strategischen<br />
Verhaltensziele der Baloise erreichen.<br />
Etwa «Vernetzen», «Lernen», «Zusammenarbeiten»<br />
und «Eigenverantwortung übernehmen».<br />
«Ohne Co-Creation wären die Unternehmensziele<br />
nicht erreichbar», sind die Learnings von<br />
Beat Knechtli. Stefanie Moser ihrerseits meint,<br />
dass sich die New Work «Pflanze» dank liebevoller<br />
Pflege und Wasserzufuhr prächtig entwickle,<br />
es aber auch entsprechend «Licht von<br />
oben» brauche. <br />
perikom.ch<br />
Perikom war Gast im neuen<br />
Ausbildungszentrum der Baloise.<br />
14
Events<br />
PEOPLE<br />
FHNW-TRENDSTUDIE<br />
NACHHALTIGKEIT IM <strong>HR</strong><br />
ES KLAFFT EINE LÜCKE ZWISCHEN DEM NACHHALTIGKEITS-ENGAGEMENT<br />
AUF UNTERNEHMENSEBENE UND JENEM IM <strong>HR</strong>, LAUTET DAS FAZIT DER<br />
DIESJÄ<strong>HR</strong>IGEN TRENDSTUDIE, DIE <strong>HR</strong> TODAY ZUM VIERTEN MAL ZUSAMMEN<br />
MIT DER FHNW DURCHFÜ<strong>HR</strong>TE. AM 17. MAI PRÄSENTIERTE DAS FHNW-TEAM<br />
DIE RESULTATE IN DER AULA DER FACHHOCHSCHULE IN OLTEN.<br />
«Wir stecken die Nase in den Wind und beobachten Trendthemen»,<br />
eröffnete Martina Zölch, Leiterin des Instituts<br />
für Personalmanagement und Organisation der FHNW<br />
die Abendveranstaltung. Eines davon? Nachhaltigkeit.<br />
Mit den Worten: «In der Finanzwelt ist das<br />
Thema weit verbreitet, zudem reorganisieren viele<br />
Unternehmen bereits ihre Lieferketten, im <strong>HR</strong> wird<br />
es dagegen noch wenig angesprochen», begrüsste<br />
Geschäftsführer Tobias Mengis die Anwesenden<br />
im Namen von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>. Eine gute Überleitung für<br />
die Studienverantwortlichen Michelle Zumsteg,<br />
Feriha Özdemir und Dominik Büttler. Nach einer<br />
kurzen Definition des Wortes Nachhaltigkeit, das<br />
aus der Forstwirtschaft stammt und im ursprünglichen<br />
Sinn bedeutet, nicht mehr Holz abzuholzen<br />
als nachwächst, folgten Zahlen, Daten und Fakten<br />
der Studie. Dass nicht allen einleuchtet, weshalb<br />
sich <strong>HR</strong> mit Nachhaltigkeit beschäftigen sollte, zeigen<br />
einige Kommentare der 281 Studienteilnehmenden.<br />
Etwa dieser: «Für Nachhaltigkeit sind Einkauf,<br />
Produktmanagement, Projektmanagement und Sustainability<br />
Manager zuständig.» Diese Haltung spiegelt<br />
sich in weiteren Statistiken. So sagten 54 Prozent der Studienteilnehmenden,<br />
Nachhaltigkeit habe einen zentralen<br />
Stellenwert im Unternehmen, nur 27 dagegen, dass dies auch im<br />
<strong>HR</strong> der Fall sei. Demzufolge ergriffen im vergangenen Jahr nur 28 Prozent<br />
der Antwortenden aus dem <strong>HR</strong> Massnahmen, um nachhaltiger zu werden.<br />
Die derzeitige <strong>HR</strong>-Rolle sehen die Studienteilnehmenden vor allem in jener<br />
des Kommunikators, Verstärkers und Ausführenden. Künftig steht für sie<br />
dagegen die Rolle des Verstärkers im Vordergrund,<br />
gefolgt von jener des Kommunikators und des Befähigers. Nach<br />
einer kurzen Pause folgte ein Podiumsgespräch mit den <strong>HR</strong>-Leitenden<br />
Elisabeth Catharina Vock von Syngenta, Swen Faes von der Nikin AG,<br />
Nicole Kamm Steiner von der ABB, der Nachhaltigkeits-Verantwortlichen<br />
Christina Meier von den SBB und Urs Podzorski<br />
von der Aargauischen Kantonalbank. Das Fazit der<br />
Podiumsrunde: Nachhaltigkeitsabteilung und <strong>HR</strong><br />
sollten enger zusammenarbeiten, von Best<br />
Cases lernen und sich vermehrt untereinander<br />
austauschen. Fragen aus dem Publikum rundeten<br />
den Anlass ab. Etwa: Der Kapitalmarkt<br />
macht mit ESG (Environmental Social Governance)<br />
Druck auf Unternehmen. Inwieweit<br />
braucht es hierzu neue Vergütungssysteme?<br />
Punkt 19 Uhr war die Diskussionsrunde beendet.<br />
Dozierende, Studierende und Podiumsteilnehmende<br />
liessen den Abend beim gemütlichen<br />
Apéro ausklingen. (cp)<br />
Fotos: Eleni Kougionis<br />
6&7| <strong>2022</strong><br />
15
PEOPLE<br />
Events<br />
ARBEITSRECHTSTAGUNG <strong>2022</strong><br />
ARBEITSAUSFÄLLEN PRÄVENTIV<br />
ENTGEGENWIRKEN<br />
In den letzten Jahren haben Arbeitsausfälle aufgrund<br />
psychischer Erkrankungen zugenommen.<br />
Die diesjährige Arbeitsrechtstagung widmete sich<br />
den rechtlichen Fragestellungen bei Arbeitsunfähigkeit<br />
und bot Lösungsansätze für die Praxis.<br />
Die Arbeitsrechtstagung <strong>2022</strong> im Zürcher Marriott<br />
Hotel wurde als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt<br />
und widmete sich dem Schwerpunktthema<br />
«Arbeitsunfähigkeit: Rechte, Pflichten, Handlungsmöglichkeiten».<br />
Eine der Keynotes kam von Leonhard<br />
Sigel, Facharzt für Arbeitsmedizin an der<br />
ETH Zürich. Täglich versucht er, Berufskrankheiten<br />
und berufsassoziierte Gesundheitsstörungen durch<br />
Arbeitsplatzbesuche, Risikoanalysen und Schulungen<br />
präventiv zu verhindern, und unterstützt <strong>HR</strong>,<br />
Arbeitsunfähigkeit durch Unfall oder Krankheit zu<br />
vermeiden und zu verkürzen. «Psychischen Problemen<br />
wie Depression, Angst oder Stress begegne<br />
ich häufig», sagte Sigel. Doch Führungskräfte und<br />
<strong>HR</strong> seien in vielen Fällen nicht die Hände gebunden,<br />
im Gegenteil: «Wenn die Leistung eines Arbeitnehmenden<br />
langsam abnimmt, sich sein Verhalten<br />
ändert, gilt es, das Gespräch zu suchen, auf seine<br />
Anliegen einzugehen. Stellen Sie aber keine eigene<br />
Diagnose, sondern suchen Sie gemeinsam nach<br />
Lösungen – allenfalls mithilfe von Fachpersonen»,<br />
betonte Sigel. Doch die Prävention beginne bereits<br />
viel früher. «Wir reden hier von Einzelfällen. Die<br />
meisten Arbeitnehmenden haben ein hohes Commitment<br />
gegenüber ihren Arbeitgebenden. Wertschätzen<br />
Sie das und behandeln Sie Ihre Mitarbeitenden<br />
vertrauensvoll und mit Respekt.» Das<br />
fördere letztlich auch die Früherkennung, sollte mal<br />
etwas nicht «rosig» sein.<br />
Ähnlich tönte es bei der Podiumsdiskussion. Evelyne<br />
Suter, Ärztin FMH für Innere Medizin mit<br />
eigener Praxis in Zürich, gab zu bedenken, dass<br />
«Arbeitnehmende bei psychischen Erkrankungen<br />
deutlich zurückhaltender sind und ungern über<br />
ihre Schwierigkeiten sprechen». Häufig hätten sie<br />
Angst, wegen ihrer Nicht-Einsatzfähigkeit bei<br />
Restrukturierungen «Opfer» zu werden. Ein solches<br />
Angstgefühl liesse sich verhindern, wenn das Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Arbeitgebenden und<br />
Arbeitnehmenden stabil sei, sagte Daniel Huser,<br />
Präsident der Informationsplattform für berufliche<br />
Integration Compasso. «Sowohl für die Wiedereingliederung<br />
als auch für die Kommunikation,<br />
wenn es um Arbeitsunfähigkeit geht. Nur im Miteinander<br />
können Lösungswege gefunden werden.»<br />
Denn grundsätzlich hätten Mitarbeitende und<br />
Arbeitgebende ein gleichermassen grosses Interesse<br />
an einer raschen Genesung und Rückkehr an<br />
den Arbeitsplatz. (es)<br />
RANDSTAD AWARD <strong>2022</strong><br />
«LOW HANGING EMPLOYER<br />
BRANDING FRUITS» ERNTEN<br />
GEFEIERT WURDEN DIE GEWINNER DES NEUNTEN RANDSTAD AWARDS AM 31. MAI AN EINEM UNGEWÖHNLICHEN ORT:<br />
DER <strong>HR</strong> TODAY ACTION STAGE AM <strong>HR</strong> FESTIVAL EUROPE <strong>2022</strong>.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Ein leichtes Raunen ging durch die Menschenmenge<br />
als die Lichtkegel die Randstad-Award-<br />
Bühne blau beleuchteten und ein Pianospieler die<br />
Szene betrat, um das Publikum auf die Award-<br />
Verleihung einzustimmen. Eine weitere Überraschung<br />
gab es bei der Anmoderation: Statt des<br />
erkrankten CEO Taco de Vries stand Bernhard<br />
Hänggi, CFO Randstad Schweiz, auf der Bühne.<br />
Was ihn an den Resultaten am meisten überraschte,<br />
fragte Moderatorin Julia Bauer. «Dass<br />
die Karten komplett neu gemischt wurden.» Wenig<br />
verändert hätten sich dagegen die Bedürfnisse<br />
der Berufstätigen, ergänzt Randstad-<strong>HR</strong>-Chefin<br />
Susanne Beer. «Sie sind relativ stabil geblieben.<br />
Weiterhin wichtig sind ein attraktives Gehalt und<br />
Fringe Benefits, eine angenehme Arbeitsatmosphäre,<br />
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben<br />
sowie die Arbeitsplatzsicherheit.» An Bedeutung<br />
verloren hätte hingegen die finanzielle Stabilität.<br />
Einen Grund hierfür ortet Beer in den gut ausgebauten<br />
Sozial versicherungssystemen der Schweiz.<br />
Ein weiterer Trend? «Workation. Das wirft für das<br />
<strong>HR</strong> viele Fragen auf. Etwa zum Sozialversicherungsrecht,<br />
zum Datenschutz, aber auch zu steuerrechtlichen<br />
Themen.» Nach der Pause folgte die<br />
Überleitung zum Round Table, an dem Bruno<br />
Zanella, Head <strong>HR</strong> des Flughafens Zürich, Marc<br />
Isler, CEO von Brack, sowie Josef Frischeisen,<br />
Managing Partner bei The Transformation Group,<br />
teilnahmen und über die Studienergebnisse sowie<br />
«low hanging fruits» im Employer Branding diskutierten.<br />
Ihr Fazit? «Firmen müssen gegenüber<br />
Bewerbenden ehrlich und transparent sein und<br />
zeigen, was sie besonders macht. Das eröffnet die<br />
Chance, abzuschätzen, ob beide Seiten zusammenpassen.»<br />
Mehr «Walk the talk» wünschte sich<br />
hingegen Bruno Zanella. «Das sind banale Dinge.<br />
Jemand bewirbt sich, bekommt eine Einladung<br />
und trifft auf engagierte Menschen, nicht solche<br />
mit einem Zwanzig-nach-Acht-Gesicht.» Die<br />
Bewerbenden bevorzugen hingegen eher lukrative<br />
Benefits, Reputation, Feedback-Kultur, Life<br />
Balance oder Bekanntheit. Die Spannung stieg<br />
spür bar, als Bernhard Hänggi die Bühne nach<br />
dem Round Table erneut betrat, um die Rangliste<br />
zu verkünden. Die Gewinner? Platz 3 belegte Lindt<br />
& Sprüngli, Platz 2 die Uhrenmarke Patek Philippe.<br />
Mit der Siegerfirma Rolex war ein weiterer<br />
Uhrenbrand vertreten. Nach knapp einer Stunde<br />
war der Award vorbei: Es lockten kulinarische<br />
Genüsse in der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> Lounge. (cp)<br />
16
<strong>HR</strong> Tech Club<br />
PSYCHISCH GESUND ARBEITEN:<br />
EIN NEUES ANGEBOT HILFT WEITER<br />
STRESS UND KONFLIKTE AM ARBEITSPLATZ FÜ<strong>HR</strong>EN VERME<strong>HR</strong>T ZU KRANKSC<strong>HR</strong>EIBUNGEN. DIESE VERURSACHEN LEID<br />
UND HOHE KOSTEN – TENDENZ STEIGEND. EINE NEUE WEB-APP UNTERSTÜTZT UNTERNEHMEN UND MITARBEITENDE:<br />
«ETWAS TUN?!» HILFT MIT, DASS ANGESTELLTE PSYCHISCH FIT BLEIBEN.<br />
Gastbeitrag: Gabriela Bonin<br />
Gabriela Bonin ist<br />
freischaffende<br />
Journalistin.<br />
Sponsoren:<br />
Immer mehr Arbeitnehmende werden krankgeschrieben und<br />
beanspruchen psychiatrische oder psychotherapeutische<br />
Behandlungen. Der Arbeitnehmerverband Angestellte Schweiz<br />
will dieser Entwicklung entgegenwirken. «Mit der Gesundheits-<br />
App ‹Etwas tun?!› setzen wir auf Prävention», sagt Stefan<br />
Studer, Gesch äftsleiter Angestellte Schweiz, «damit stärken<br />
wir Unternehmen und Arbeitnehmenden den Rücken.»<br />
Betriebliches Gesundheitsmanagement stärken<br />
Unternehmen können mit der Web-App ihr betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement verbessern, so Studer: «Es reicht<br />
nicht mehr, Mitarbeitenden einen Früchtekorb für den Vitaminkick<br />
bereitzustellen», erklärt er, «sie benötigen vielmehr<br />
kompetente, psychische Rückendeckung.» Darum biete die<br />
neue App «Etwas tun?!» hilfreiches Fachwissen in verständlicher<br />
Form.<br />
Dahinter steht die Expertise von WorkMed, einem Kompetenzzentrum<br />
der Psychiatrie Baselland. Dessen Leiter, der<br />
Psychologe Niklas Baer, hat die App mit dem WorkMed-Team<br />
von Grund auf entwickelt. «Es ist wichtig und richtig, psychische<br />
Probleme vermehrt zu behandeln», sagt Baer, «zugleich<br />
müssen wir aber auch verstärkt vorsorgen.» Nur so liessen<br />
sich individuelles Leid und die steigenden Kosten reduzieren,<br />
ist Baer überzeugt.<br />
Steigende Krankschreibungen und Kosten abbremsen<br />
Immerhin entsteht über die Hälfte aller Krankschreibungen<br />
durch Konflikte am Arbeitsplatz (detaillierte Zahlen). Wer<br />
krankgeschrieben werde, riskiere, gekündigt, arbeitslos oder<br />
gar invalid zu werden. «Längere Krankschreibungen sind dafür<br />
das grösste Einfallstor», warnt Baer.<br />
Immer mehr Menschen beanspruchen psychische Behandlungen.<br />
Das bedeutet nicht, dass mehr Menschen erkranken als früher.<br />
Vielmehr werden psychische Probleme stärker thematisiert.<br />
(Quelle: BAK Analytics, Übersicht zu psychischen Erkrankungen<br />
und deren volkswirtschaftlichen Kosten in der Schweiz)<br />
Die Kosten steigen stetig. Ein Ende der zunehmenden Arbeitsunfähigkeit<br />
ist gemäss Baer nicht in Sicht.<br />
Deshalb bieten Angestellte Schweiz und WorkMed die «Etwas<br />
tun?!»-App so breit wie möglich an: Einerseits bewegen sie<br />
Unternehmen dazu, sie Mitarbeitenden zur Verfügung zu<br />
stellen. Andererseits ist das Präventionsprogramm für alle<br />
Erwerbstätigen frei zugänglich.<br />
Gesundheitskompetenz kann man sich aneignen<br />
Der Name der neuen Web-App «Etwas tun?!» ist Programm:<br />
Etwas für die Gesundheit tun! Nutzerinnen und Nutzer erfahren,<br />
was sie tun können. Stefan Studer meint: «Es liegt im<br />
Interesse aller, dass sich Angestellte neue Gesundheitskompetenzen<br />
aneignen.» Wer lerne, am Arbeitsplatz aufmerksamer<br />
auf seine psychische Gesundheit zu achten, sei auch<br />
im Privatleben fitter.<br />
Vorsorge lohnt sich, denn: «Konflikte und Krankschreibungen<br />
lassen sich häufig vermeiden, wenn man sie früh genug<br />
angeht», sagt Baer. Die neue App sei «ein Belastungs-Bewältigungs-Tool».<br />
Mitarbeitende und Vorgesetzte lernen damit,<br />
Probleme frühzeitig und verträglich anzusprechen. Sie erfahren,<br />
wie sie produktiv mit Stress, Kränkungen und Krisen umgehen.<br />
Diskret und anonym<br />
Die App bietet zahlreiche Vorsorgetipps und -übungen. Sie<br />
begleitet gesunde Arbeitnehmende, die sich damit gegen<br />
künftigen Stress wappnen: «Dass wir plötzlich vor Veränderungen<br />
im Betrieb stehen, kann uns allen passieren. Das verunsichert<br />
und fordert uns heraus», sagt Baer.<br />
Daneben gibt die App Ratsuchenden Tipps, die belasteten<br />
Kollegen oder Kolleginnen helfen möchten. Ebenso unterstützt<br />
sie Menschen, die bereits psychisch angeschlagen sind.<br />
Diese brauchen jemanden, dem sie sich anvertrauen können,<br />
sich aber nicht trauen. «Etwas tun?!» informiert und orientiert<br />
diskret – ohne dass sich Nutzende «outen» müssen. a<br />
etwastun.ch, angestellte.ch, workmed.ch<br />
8,00%<br />
6,00%<br />
4,00%<br />
2,00%<br />
0,00%<br />
6,40%<br />
5,30% 5,40%<br />
4,10%<br />
4,50%<br />
1997 2002 2007 2012 2017<br />
hrtechclub.ch<br />
<strong>HR</strong> TECH CLUB –<br />
MEET THE FUTURE<br />
Ab August <strong>2022</strong><br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
17
Presented by Rüegg-Naegeli<br />
DIE ZUKUNFT DER ARBEIT IST JETZT<br />
NEW WORK – NUR EIN MODEWORT –<br />
ODER STECKT DOCH ME<strong>HR</strong> DAHINTER?<br />
6 Uhr morgens, irgendwo auf der Welt. Duschen.<br />
Hastig ein paar Löffel Müsli runterschlingen.<br />
Jacke schnappen. Schuhe binden. Los geht’s. In<br />
der U-Bahn dichtes Gedränge. Hektisch zwängen<br />
sich die Menschen in die überfüllten Wagons. Auf<br />
den Strassen kilometerlange Staus. Alle haben<br />
das gleiche Ziel – das Büro.<br />
Man setzt sich an den Bildschirm, checkt die<br />
Agenda für den Tag, nimmt an Meetings teil und<br />
macht sich um 17 Uhr wieder auf den langen<br />
Heimweg. Am nächsten Tag wiederholt sich<br />
dieses Schauspiel.<br />
Zugegeben, ein sehr überspitzes Bild und doch<br />
sind die Szenen aus den Zeiten vor der Pandemie<br />
bekannt. Im Nachhinein stellen sich viele die<br />
Frage, wieso wir uns täglich diesen Umständen<br />
ausgesetzt haben.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Durch die Pandemie haben wir gelernt, dass es<br />
auch anders geht. Die Mitarbeitenden wollen die<br />
neu gewonnenen Annehmlichkeiten, die das<br />
Homeoffice mit sich bringt und die damit verbundene<br />
Flexibilität nicht mehr aufgeben. Klar<br />
ist, die Welle der Veränderung lässt sich nicht<br />
aufhalten.<br />
Was genau ist New Work überhaupt?<br />
Darüber liesse sich vermutlich nächtelang<br />
philosophieren. Die Interpretationen gehen weit<br />
auseinander. Doch New Work ist mehr als nur<br />
ein Buzzword. New Work ist ein Paradigmenwechsel<br />
und meint im unternehmerischen Kontext<br />
das Aufbrechen von alten Gewohnheiten,<br />
das Hinterfragen von bisherigen Organisationsstrukturen<br />
und eine neue Interpretation von<br />
Führung. Es beschreibt einen vollumfänglichen<br />
Veränderungsprozess. Dabei stehen der Mensch<br />
und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt.<br />
New Work beschränkt sich nicht auf den Bürohund,<br />
die Tischtennisplatte oder die Bierzapfanlage<br />
in der Teeküche. Eine oberflächliche und<br />
eindimensionale Betrachtungsweise führt dazu,<br />
dass solche Veränderungsprozesse häufig scheitern.<br />
Auch geht es nicht darum, die Arbeit der<br />
ohnehin privilegierten «White Collar Workers»<br />
noch komfortabler zu gestalten, sondern vielmehr<br />
darum, das Arbeitsumfeld aller Menschen<br />
angenehmer zu machen.<br />
Die Pandemie als Treiber<br />
der New Work Bewegung<br />
Die New Work-Bewegung aus den 70er-Jahren vom<br />
Philosophen Frithjof Bergmann wurde auch schon<br />
vor der Pandemie viel thematisiert. Doch das Thema<br />
hat in den letzten zwei Jahren nochmal deutlich an<br />
Bedeutung gewonnen. Viele Menschen hinterfragen<br />
ihre aktuelle Situation: «Was möchte ich wirklich?»<br />
Durch diese Betrachtungsweise entwickelt sich ein<br />
neues Verständnis und Arbeit wird zu etwas, das<br />
den Menschen stärken soll, statt ihn zu schwächen,<br />
so wie es auch Bergmanns Kerngedanke war.<br />
In Gesprächen mit Führungskräften ist häufig<br />
die Rede von einem «return to work». Dies verdeutlicht,<br />
dass das Verständnis des Paradigmenwechsels<br />
noch längst nicht überall verankert ist.<br />
Die Covid-Pandemie und der digitale Fortschritt<br />
haben jedoch gezeigt, dass es einen «return to<br />
work» in der Form nicht mehr geben wird. Aktuelle<br />
Studien belegen, dass weltweit mehr als die<br />
Hälfte der Arbeitnehmenden sogar mit dem<br />
Gedanken spielen den Job zu wechseln, sollte der<br />
Arbeitnehmer keine flexiblen Arbeitsbedingungen<br />
anbieten. Die Vorteile liegen auf der Hand:<br />
eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und<br />
Freunden, mehr Selbststimmung, eine höhere<br />
Flexibilität und Video-Calls in Pyjamahosen.<br />
Wir müssen unser Arbeitsumfeld neu denken<br />
Die Pandemie hat uns aufgezeigt, wie sehr sich<br />
Menschen nach Austausch und persönlichen<br />
Begegnungen sehnen. Dazu braucht es Räume.<br />
Doch wie müssen die aussehen- und wozu werden<br />
wir diese Räume nutzen? Bei der Gestaltung<br />
moderner Arbeitswelten geht es um deutlich<br />
mehr als nur um die Gewichtung der Arbeitszeit<br />
zwischen Homeoffice und Büro. Ein intelligent<br />
konzipiertes Raumkonzept soll Unternehmen<br />
dabei helfen, ihre Flächen schnell und effizient<br />
an konstant wechselnde Anforderungen anzupassen.<br />
Gleichzeitig soll es den Mitarbeitenden<br />
ein Umfeld bieten, in denen Produktivität, Kreativität<br />
und Innovation gelebt werden können.<br />
Jedes Unternehmen muss für sich Orte der Arbeit<br />
kreieren, welche die Werte und die Unternehmenskultur<br />
widerspiegeln. Dafür müssen die<br />
richtigen Fragen gestellt und anschliessend<br />
mutig beantwortet werden. Wie verändert sich<br />
unser Business? Wie wollen wir künftig arbeiten?<br />
Wie machen wir unsere Kultur sichtbar? Welche<br />
Art von Führung möchten wir etablieren? Für<br />
welchen Tätigkeiten kommen unsere Mitarbeitenden<br />
überhaupt noch ins Büro?<br />
In Zukunft ist das Büro ein Ort der Zusammenarbeit,<br />
der Zugehörigkeit und ein Ort, an dem<br />
Kreativität und gemeinsames Lernen gefördert<br />
wird. Nur wer sich heute mit diesen Fragen<br />
beschäftigt, wird zukunftsfähig sein. a<br />
ruegg-naegeli.ch<br />
18
G<br />
Afterwork<br />
PEOPLE<br />
ZUM ERFOLG<br />
ANDERER BEITRAGEN<br />
<strong>HR</strong>-FACHLEUTE VERRATEN UNS PRIVATE UND<br />
BERUFLICHE VORLIEBEN – DIESES MAL JÜRG STUCKI,<br />
STV. LEITER PERSONAL BEI DER EISBERG AG.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
Jürg Stucki,<br />
Eisberg AG, Dällikon<br />
Stv. Leiter Personal<br />
Z V<br />
:<br />
MEINE LIEBSTE<br />
TÄTIGKEIT IM <strong>HR</strong><br />
Den Kontakt zu meinen internen und externen<br />
Stakeholdern pflegen. Besonders motiviert mich,<br />
zum Erfolg anderer beizutragen – beispielsweise die<br />
Richtigen zu rekrutieren. Das hilft den Bewerbenden<br />
gleichermassen wie den Abteilungen.<br />
Mein<br />
Lieblingsrestaurant<br />
Ich mag die italienische Küche und bin immer wieder von der Gastfreundschaft<br />
und dem Gaumenerlebnis im Molino begeistert. Diese Restaurants<br />
gibt es fast überall, leider noch nicht in der Region Olten/Aarau.<br />
F O<br />
T O<br />
Mein<br />
Lieblingsbuch<br />
Seit Jahren lese (oder höre) ich die Bibel.<br />
Dabei stelle ich immer wieder fest, dass sie<br />
schon oft kopiert wurde und deshalb immer<br />
noch der beste psychologische Ratgeber<br />
ist und aufzeigt, wie man mit Menschen<br />
um gehen sollte.<br />
F O<br />
T O<br />
:<br />
Z V<br />
G<br />
Meine grösste<br />
Extravaganz<br />
Ob iPhone, iPad, MacBook, Mac,<br />
welches technische Tool auch immer:<br />
Es sollte von Apple sein. Nur im Job<br />
muss ich ohne auskommen.<br />
MEIN SEHNSUCHTSORT<br />
IN DER SCHWEIZ<br />
Das Berner Oberland. In meiner Jugend verbrachte ich praktisch<br />
alle Ferien bei meinen Grosseltern. Deshalb verbinde ich wunderbare<br />
Kindheitserinnerungen mit der Region Gsteig/Gstaad.<br />
Mein<br />
Lieblingssound<br />
New Wave und<br />
Indie Pop aus den<br />
80er- und 90er-<br />
Jahren. Damals<br />
waren wir jung und<br />
mit dem richtigen<br />
Sound bleiben wir<br />
es auch.<br />
F O<br />
T O<br />
:<br />
G<br />
Z V<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
19
Zurich 31/05 – 01/06/<strong>2022</strong><br />
SAVE<br />
THE DATE<br />
28./29.03.2023<br />
Keynote Speaker James Priest.<br />
Action mit von Rundstedt auf der Action Stage.<br />
Die Swiss <strong>HR</strong> Awards warten auf die Gewinnerinnen<br />
und Gewinner.<br />
FOTOS: DAVID BIEDERT & MARCO BILIC<br />
Am Stand von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>.<br />
Vortrag in einem der Domes.<br />
<strong>HR</strong>-Rockstar Martin Wezowski.<br />
ZWEI EREIGNISREICHE<br />
TAGE AM <strong>HR</strong> FESTIVAL<br />
EUROPE <strong>2022</strong><br />
WORKSHOPS, AWARD-VERLEIHUNG,<br />
FOOD AND DRINKS<br />
Anders Indset: der Wirtschaftsphilosoph.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
20
Xxxxx<br />
SCHWERPUNKT<br />
Curly-Eis: Glace Marke <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>.<br />
Jean-Claude Biver erzählt von seinen Plänen.<br />
Der Inhaber der Alma Medien AG (Matthias Zimmermann,<br />
links) packt zusammen mit seinem Team Ariane<br />
Planzer (Mitte) und Franziska Luginbühl (rechts) mit an.<br />
GUTE<br />
LAUNE<br />
ÜBERALL!<br />
Keynote Speaker Jonas Kjellberg auf der Main Stage.<br />
Musikalisches Intermezzo.<br />
In den Lounges lässt es sich arbeiten.<br />
Schon bei Türöffnung bilden sich Schlangen.<br />
WEITERE IMPRESSIONEN FINDEN SIE ONLINE: <strong>HR</strong>FESTIVAL.CH<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
21
SWISS <strong>HR</strong> AWARD <strong>2022</strong><br />
WINNERS<br />
Marc Tischhauser und Saphira Saurer<br />
Gastro Graubünden<br />
Sergio Mendolia und<br />
Pascal Helfenstein<br />
Liip AG<br />
Kristina Schneider, Universitäre Psychiat rische Dienste (UPD) Bern,<br />
und Nola Battelli, Pomcanys Marketing AG<br />
1. Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />
2. Was sind Ihre nächsten Ziele?<br />
3. Wie schöpfen Sie und Ihr Team Inspiration?<br />
4. Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
WORKPLAYZ AG<br />
KATEGORIE <strong>HR</strong> TREND<br />
1. Der Award ist für uns eine grosse Ehre und Anerkennung für unser Business- Konzept.<br />
Hybride Arbeitsplätze sind die Zukunft und warum soll das nicht auch in Feriendestinationen<br />
möglich sein? Workplayz will eine Bewegung sowie ein Umdenken hinsichtlich<br />
hybrider Arbeitsplätze in Gang setzen. Für diese Botschaft braucht es eine Bühne, die<br />
dank des Swiss <strong>HR</strong> Awards noch ein bisschen grösser wird.<br />
2. Workplayz will an allen Fronten wachsen. Deshalb positionieren wir uns nicht nur<br />
als Fringe-Benefits-Anbieter, sondern bauen unser Angebot als festen Bestandteil<br />
des Arbeitsplatzport folios aus. Unser Produkt ist eine finanziell unschlagbare Workation-Beteiligung.<br />
Damit soll die hybride Arbeitswelt noch mehr Menschen zugänglich<br />
gemacht werden. Für die touristischen Destinationen ist die hybride Arbeitswelt zudem<br />
eine Chance, den Ganzjahrestourismus zu fördern. Arbeitstouristen ergänzen dabei die<br />
Feriengäste.<br />
3. Aus dem Austausch mit Vorreitern der hybriden Arbeitswelt und indem wir unser<br />
Konzept vorleben. Unser Firmensitz befindet sich in den Bündner Bergen, umgeben<br />
von schönster Natur. Das macht die Kombination aus Arbeit und Freizeit sehr einfach.<br />
Diese Botschaft in die Welt hinaustragen können und wollen wir jedoch nicht allein. Es<br />
braucht mehr Unternehmen, die das Work-Life-Blending in ihre DNA aufnehmen, um es<br />
für noch mehr Menschen erreichbar zu machen. Wenn das gelingt, ist das für uns jedes<br />
Mal ein Inspirationsschub.<br />
4. Die Freiheit, das zu tun, was einen Mehrwert für die Mitarbeitenden und das<br />
Unternehmen schafft. Die Freiheit, auf innovative Art die Unternehmenskultur zu stärken.<br />
Denn diese macht für die meisten Mitarbeitenden den Unterschied. Die Personalarbeit<br />
der Zukunft sollte somit in der Lage sein, die bestmöglichen Tools für ihr spezifisches<br />
Unternehmen zu definieren und auszurollen.<br />
UNIVERSITÄRE PSYCHIAT RI<br />
SCHE DIENSTE (UPD) BERN<br />
KATEGORIE EMPLOYER BRANDING & RECRUITING<br />
1. Der Award bedeutet uns sehr viel. Er symbolisiert Anerkennung und Auszeichnung für<br />
viel Arbeit, Herzblut und Engagement vonseiten unserer Mitarbeitenden aller Stufen, die<br />
tatkräftig mitgewirkt haben. Das trotz pandemiebedingter Ausnahmesituation, überfüllter<br />
Stationen und geleisteter Mehrstunden. Er signalisiert aber auch Lob und Wertschätzung<br />
für das Team von Pomcanys, das Schönes geschaffen hat und den Fokus auf den potenziellen<br />
Mitarbeitenden behielt. Lob und Dank gelten auch allen weiteren stillen Helferinnen<br />
und Helfern wie Textern, Lektorat und und und.<br />
2. Die Karriereseite soll weiter ausgebaut werden, beispielsweise der Bildungs- und<br />
Weiterbildungsbereich. Zudem wollen wir unsere vielfältigen Standorte noch besser<br />
präsentieren. Daneben planen wir eine K<strong>amp</strong>agne, um die Karriereseite beziehungsweise<br />
die UPD als Arbeitgeberin bekannter zu machen.<br />
3. Einerseits an Anlässen wie dem <strong>HR</strong> FESTIVAL europe, mit Fachliteratur, indem wir<br />
unseren Mitarbeitenden zuhören – andererseits im privaten Bereich. Ich persönlich beispielsweise<br />
beim Bewegen in der Natur.<br />
4. Mich stört der Ausdruck «Personal», ich spreche immer von Mitarbeitenden. Denn<br />
es soll ein «MITeinandersein» bei der «ARBEIT» sein. Im Moment laufen sehr viele innovative<br />
Ideen und bereits Umsetzungen. Am Swiss <strong>HR</strong> Award wurden tolle Projekte<br />
vorgestellt. Viele lassen sich im Gesundheitswesen jedoch nicht oder nur teilweise umsetzten.<br />
Ich wünsche mir auch für diese Bereiche mehr Innovation. Und dann wünsche<br />
ich mir eine Entstigmatisierung der Psychiatrie. Mit psychischen Erkrankungen sollte<br />
auf allen Ebenen gleich offen umgegangen werden wie mit Krebserkrankungen oder<br />
Kreuzbandrissen.<br />
22
Yasemin Tahris<br />
Flowit AG<br />
Denise Jentsch und Patrick Neudorfer<br />
Waldner Partner<br />
Deborah Luetolf<br />
Workplayz AG<br />
FLOWIT AG<br />
KATEGORIE START-UP<br />
1. Wir freuen uns riesig über den Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards! Er ist für uns eine sehr<br />
schöne Wertschätzung für die intensive Arbeit, die wir in Flowit investieren haben und<br />
das beflügelt uns, weiterhin Vollgas zu geben.<br />
2. Wir bauen unser Team aus und haben viele Ideen, wie wir unsere Plattform verbessern<br />
können. Dazu gehören weitere Module, aber auch der gezielte Ausbau von<br />
menschenzentrierter KI. Zudem bestehen Ideen, wie wir Flowit für andere Zielgruppen<br />
modifizieren. Zudem haben wir erste internationale Schritte gemacht und wollen in Zukunft<br />
auch Unternehmen im Ausland ansprechen.<br />
3. Wir arbeiten nahe mit unseren Kundinnen und Kunden zusammen und empfinden dies<br />
als äusserst wertvoll. Auch die Zusammenarbeit im Team inspiriert uns, da wir ein sehr diverses<br />
Gründerteam sind. Es setzt sich aus Experten in den Bereichen Data Science, Machine<br />
Learning und KI, Psychologie, <strong>HR</strong>M, Ökonomie und Unternehmertum zusammen.<br />
4. Arbeitsplätze verändern sich, und zwar schnell. Viele Rollen verschwinden, andere<br />
entstehen. Um diesen Wandel menschenzentriert zu begleiten, wünschen wir uns für die<br />
Zukunft der Personalarbeit, dass sie eine ganzheitliche Aufgabe übernimmt – von der Strategie<br />
über die Organisation bis hin zur Kultur. Dazu benötigt es teilweise Anpassungen an<br />
Organisationen, Transformation und Technologien, die wir mit Flowit gerne unterstützen.<br />
LIIP AG<br />
KATEGORIE DIVERSITY, INCLUSION, EQUALITY<br />
1. Wir sind stolz auf «unseren» Swiss <strong>HR</strong> Award in der Kategorie «Diversity, Inclusion,<br />
Equality». In unserem neuen Lohnsystem stecken viele Arbeitsstunden und noch viel<br />
mehr Herzblut. Dieser Preis motiviert uns, weiter an innovativen und digitalen Lösungen<br />
für unsere Mitarbeitenden zu arbeiten.<br />
2. In einem nächsten Schritt soll sich das neue Lohnsystem innerhalb von Liip etablieren.<br />
Danach konzentrieren wir uns auf die Entwicklung der Selbstorganisation und<br />
erproben innovative Wege, um unsere Zusammenarbeit und den «Liip Deal» (gesamtes<br />
Paket für Mitarbeitende) kontinuierlich zu verbessern.<br />
3. Wir streben nach «digital human progress» und wollen allen Mitarbeitenden die<br />
besten Arbeitsbedingungen bieten. Ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Gehalt<br />
weitestgehend selbst zu bestimmen, ist einer der vielen Aspekte für die Mitarbeitendenzufriedenheit<br />
und die Zusammenarbeit aller Akteure innerhalb der Digitalagentur<br />
auf Augenhöhe. Der regelmässige Austausch mit Gleichgesinnten hilft uns zudem,<br />
neue Sichtweisen auf Problemstellungen zu erhalten.<br />
4. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden tun, wofür sie brennen und womit sie<br />
Wirkung erzeugen. Wo immer Hindernisse im Weg stehen, findet jemand neue Lösungswege.<br />
So können wir das Potenzial der Mitarbeitenden freisetzen.<br />
WALDNER PARTNER<br />
KATEGORIE KULTUR & WANDEL<br />
1. Eine Firma ohne Chef hätten wir uns 2016 nicht im Traum vorstellen können. Heute<br />
gehört die Firma den Mitarbeitenden. Wir arbeiten selbstorganisiert in einer Genossenschaft.<br />
Der Award ist für uns eine wichtige Anerkennung für die vielen Achterbahnfahrten<br />
der letzten Jahre. Unser ungewöhnlicher Weg der Nachfolgeregelung ist immer<br />
wieder auf Unverständnis gestossen. Umso mehr ermutigen uns der Award und die<br />
vielen positiven Feedbacks, unsere Erfolgsgeschichte weiterzutragen.<br />
2. Unser konstantes Ziel ist: «Wir entwickeln uns ständig.» Heute wissen wir, dass die<br />
finanzielle Übernahme der Firma 2020 nicht das Ziel des Marathons war, sondern erst<br />
der Start. Auch der Award ist ein weiterer Meilenstein in unserem permanenten Veränderungsprozess.<br />
Unser konkretes Ziel: Wir möchten unsere Erfahrungen und Erkenntnisse<br />
an andere KMU weitergeben, die eine nachhaltige und innovative Nachfolgelösung<br />
oder ein hierarchiefreies Zusammenarbeiten suchen.<br />
3. Vor allem durch den Austausch mit anderen – intern wie extern. Wir suchen bei den<br />
Kontakten die Vielfalt, unabhängig von Branchen und Erfahrungen. Impulse holen und<br />
geben wir in losen Netzwerken und verbindlichen Partnerschaften. Inspiration kann zudem<br />
überall lauern – wir halten Ohren und Augen ständig offen.<br />
4. Dass mehr Firmen ihre Mitarbeitenden ermöglichen, eine Firma aktiv mitzugestalten.<br />
Agile Arbeitsformen sollen gelebt werden und nicht nur eine Marketingaktion sein.<br />
Unsere Erfahrung zeigt, welche Dynamik entstehen kann, wenn man die kollektive Intelligenz<br />
nutzt.<br />
GASTRO GRAUBÜNDEN<br />
KATEGORIE AUSBILDUNG & ENTWICKLUNG<br />
1. Wir sind überglücklich über den Gewinn dieses Awards. Er bedeutet für uns eine<br />
sehr grosse Wertschätzung und ein Ritterschlag für unsere Arbeit und Investition in die<br />
Nachwuchsförderung. Zudem ist er eine wichtige unabhängige Bestätigung, dass wir<br />
mit der Gastro Story auf dem richtigen Weg sind. Er motiviert uns, dranzu bleiben und<br />
weiterzumachen.<br />
2. Der Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Work-Life-Balance, flache Hierarchien, Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
Selbstverwirklichung oder die Arbeit in coolen Teams sind Werte,<br />
die für Mitarbeitende immer wichtiger werden. In diesem Change-Prozess wollen wir<br />
unsere Hotellerie- und Gastronomie-Mitglieder aktiv begleiten und unterstützen. Von der<br />
Sensibilisierung über konkrete Weiterbildungsseminare bis hin zu Coaching in Betrieben.<br />
3. Wir arbeiten in Netzwerken, tauschen uns mit Mitgliedern und Partnern aus und<br />
geniessen auch mal einen lustigen Abend, wo wir neue Ideen spinnen.<br />
4. Viel Menschlichkeit und Empathie, sodass die Menschen Freude an ihrer Arbeit<br />
und in der persönlichen Entwicklung finden.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
23
FOTO: iSTOCKPHOTO<br />
24
SCHWERPUNKT<br />
PERSONALENTWICKLUNG DREI FIRMEN, DREI PROGRAMME. 26<br />
GAMING WELCHE BERUFS-SKILLS SICH SPIELENDE ANEIGNEN. 28<br />
HOBBYS WER SEINE MITARBEITENDEN KENNT, KANN SIE BESSER EINSETZEN. 30<br />
METAVERSE WAS DIE VIRTUELLE WELT DEM <strong>HR</strong> BRINGT. 32<br />
25
SCHWERPUNKT<br />
Learning<br />
INTERN VOR<br />
EXTERN?<br />
Ambros Scope<br />
Head Leadership and<br />
Future of Work<br />
Zurich<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
DIE PERSONALENTWICKLUNG WIRD<br />
IMMER WICHTIGER, UM FACHKRÄFTE<br />
ZU GEWINNEN, ZU FÖRDERN UND<br />
ZU HALTEN. DREI PERSONALENT-<br />
WICK LUNGS-INITIATIVEN.<br />
Text & Interviews: Corinne Päper<br />
«Die ideale Personalentwicklung fokussiert<br />
sich stärker darauf, individuelle Entwicklungsziele<br />
mit strategischen Unternehmenszielen<br />
zu verbinden», sagen Marcel<br />
Unter asinger, <strong>HR</strong>-Leiter der Schweizer<br />
Paraplegiker-Gruppe Nottwil, Ambros<br />
Scope, Head Leadership and Future of Work,<br />
Zurich, sowie Boris Billing, VPE von der ZKB.<br />
Dass sich die Personalentwicklung grundsätzlich<br />
verändere, verneinen die Auskunftgebenden.<br />
Dennoch entwickle sich das<br />
Berufsbild. Doch wie? «Personalentwickler<br />
werden Architekten des Lernens und arbeiten<br />
weniger als Trainer oder Berater», sagt<br />
Boris Billing. «Vielmehr dienen sie als<br />
Lernvorbild, befähigen Menschen sowie die<br />
Organisation und schaffen Rahmen und<br />
Systeme.» Etwas anders sieht dies Ambros<br />
Scope: «Die Entwicklung geht vom Trainer<br />
zum Berater. Zwar bleiben eigene Weiterbildungsangebote<br />
Bestandteil des Personalentwicklungsangebots,<br />
doch werden<br />
Beratungen zur individuellen und strategischen<br />
Entwicklung wichtiger.» Einzig für<br />
Unter asinger bleibt ein Personalentwickler<br />
das, was er heute bereits ist.<br />
Der Personalentwicklungserfolg liesse sich<br />
mit KPIs messen. Beispielsweise mit internen<br />
Stellenbesetzungsquoten. Doch macht das<br />
Sinn? «Nein», meint Scope. «Fixe KPIs sind<br />
weniger wichtig als die passende Mischung<br />
aus Internen und Externen eines Bereichs.»<br />
Für Billing ist diese Frage reiner «Formalismus»:<br />
«Die Stellenbesetzung ist von einer<br />
Funktion abhängig. Entstehen durch interne<br />
Bewegungen Vakanzen, wird diese Frage<br />
irrelevant.» KPI-Vorgaben kann sich nur<br />
Unterasinger vorstellen: «Zwar haben wir<br />
diesbezüglich noch keine Ziele, das könnte<br />
sich künftig aber ändern.»<br />
a<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Welchen Stellenwert hat<br />
die Personalentwicklung<br />
in Ihrem Unternehmen?<br />
Wer kümmert sich um die<br />
Personalentwicklung?<br />
Wie bringt man die Bedürfnisse<br />
des Unternehmens mit<br />
jenen der Mitarbeitenden in<br />
Einklang?<br />
Inwiefern kann Ihr<br />
Unternehmen Stellen<br />
intern besetzen?<br />
Welche Zukunft hat eine<br />
standardisierte Unternehmens-Academy?<br />
Die Personalentwicklung hat bei der Zurich die Aufgabe,<br />
Mitarbeitende gemäss den Marktanforderungen<br />
zu ent wickeln. Dieser Ansatz ist mit dem Grundsatz<br />
«Lebenslanges Lernen» in der Unternehmensstrategie<br />
verankert. Wir verstehen das als eine von Selbstverantwortung<br />
geprägte Personalentwicklung. Diese<br />
wird durch mehrere Initiativen gestützt. Dazu zählt<br />
beispielsweise der «Internal First»-Ansatz, bei dem<br />
interne Kandidaten und Kandida tinnen bei Stellenbesetzungen<br />
Vorrang vor Externen haben. Mit der Initiative<br />
«Future of Work» verankern wir das le benslange<br />
Lernen in der Belegschaft. Daraus leitet sich unser<br />
vielfältiges Aus- und Weiterbildungsangebot ab.<br />
Die Hauptverantwortung für die Personalentwicklung<br />
liegt bei den Mitarbeitenden, die von Führungskräften<br />
in Leadership- und Coachingrollen unterstützt<br />
werden. Hinzu kommt die Belegschaft der Professional<br />
Academies und mein Team, das Führungskräfte<br />
wie Mitarbeitende bei Leadership-, Future of Work-,<br />
Führungsfähigkeit- und Powerskills Themen fördert.<br />
Ebenfalls involviert ist die Geschäftsleitung, die als<br />
Förderer (Sponsoren) agiert und in den Programmen<br />
eine aktive Rolle einnimmt.<br />
Die Verbindung individueller Entwicklungsziele mit<br />
strategischen Unternehmenszielen ist nicht nur aus<br />
betriebswirtschaftlicher Sicht zentral, sondern ein<br />
wichtiger Erfolgsfaktor der Entwicklungsangebote<br />
der Zurich. Mitarbeitende müssen den individuellen<br />
Nutzen, das «what’s in for me» erkennen, um zu lernen<br />
und das Gelernte in der Praxis anzuwenden. Ein<br />
Beispiel dafür ist unser Training «CEO of my Career»,<br />
das Mitarbeitende bezüglich ihrer Karriereplanung<br />
befähigt. Nicht zuletzt dient der Performance- und<br />
Development-Prozess den Mitarbeitenden, die beste<br />
Version ihrer selbst zu werden und so ihren Beitrag<br />
zum Unternehmenserfolg zu leisten.<br />
Nebst den genannten Personalentwicklungsinitiativen<br />
investiert Zurich Schweiz in Young Professio nals.<br />
Also in Lernende in für uns zentralen Berufsgruppen,<br />
in Graduate-Programmen und in Werkstudenten.<br />
Darüber hinaus fördern wir junge Fach- und Führungskräfte.<br />
Die Entwicklung der «Internal First»-Initiative<br />
ist sehr erfreulich. Immer mehr Stellen können intern<br />
besetzt werden.<br />
Bei uns sind Programme mit mehreren Modulen<br />
für eine gleichbleibende Zielgruppe nur ein kleiner<br />
Teil unseres Entwicklungsangebots. Diese haben jedoch<br />
auch Vorteile: Beispielsweise die Vernetzung<br />
der Mitarbeitenden, mehr gegenseitiges Vertrauen,<br />
das Voneinander-Lernen und kulturelle Aspekte. Der<br />
grösste Teil unseres Bildungsangebots folgt aber dem<br />
«Pick-and-Choose»-Ansatz, bei dem Lernende die<br />
Bausteine ihrer Lernreise selbst zusammenstellen.<br />
26
Learning<br />
SCHWERPUNKT<br />
Boris Billing<br />
Leiter Entwicklung und Transformation<br />
Zürcher Kantonalbank (ZKB)<br />
Marcel Unterasinger<br />
<strong>HR</strong>-Leiter<br />
Schweizer Paraplegiker-Gruppe<br />
Personalentwicklung sorgt dafür, dass die richtigen Menschen zum richtigen<br />
Zeitpunkt am richtigen Ort sind und sie über die dafür notwendigen<br />
Skills und Kompetenzen verfügen. Dazu ist die Personalentwicklung in den<br />
Transformations- und Entwicklungsprozess des Unternehmens eingebettet.<br />
Ohne Aspekte der Organisationsentwicklung ist Personalentwicklung heute<br />
aber nicht mehr aktuell. Mit der ZKB-Philosophie «Performance & Entwicklung»<br />
legten wir vor fünf Jahren als Abkehr von klassischen Management by<br />
Objectives den Grundstein für eine neue Personalentwicklung. Heute sind wir<br />
Partner bei Transformations- und Veränderungsprojekten, Change-Berater<br />
sowie Moderator bei Lernprozessen und kreieren als Spezialisten die Rahmenbedingungen<br />
für die Entwicklung der Mit arbeitenden.<br />
Die Personalentwicklung der Schweizer Paraplegiker-Gruppe bietet Mitarbeitenden<br />
Perspektiven und unterstützt sie in der persönlichen Entwicklung.<br />
Sie berät aber auch Geschäftsleitungen und Führungskräfte bei der Organisationsentwicklung.<br />
Zudem initiiert und begleitet sie organisatorische<br />
Veränderungen, entwickelt Führungskräfte, fördert Talente und bietet Mitarbeitenden<br />
Möglichkeiten zur internen Wissensvermittlung und Kompetenzerweiterung.<br />
Wir verfügen mittlerweile über gut etablierte Personalentwicklungsprozesse.<br />
Beim Wissensmanagement und der Digitalisierung sind wir<br />
dabei, die nächsten Schritte zu machen.<br />
Das Personalentwicklungsteam ist Teil des <strong>HR</strong>. Der Personalentwicklungsleiter<br />
berichtet direkt an den <strong>HR</strong>-Leiter und agiert über alle Geschäftseinheiten und<br />
alle Führungsebenen hinweg selbständig. Relevante Personalentwicklungsthemen<br />
werden zudem in der Generaldirektion diskutiert. Im Ganzen existiert<br />
bei der ZKB ein hohes Vertrauen in den Personalentwicklungsbereich,<br />
sodass viele Aktivitäten in eigener Verantwortung für den Konzern realisiert<br />
werden können.<br />
Die Personalentwicklungsverantwortliche ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.<br />
Sie wird durch eine Bildungsverantwortliche ergänzt. Beide werden von<br />
einer Mitarbeitenden unterstützt, die primär Lernvideos, Learning Snacks und<br />
Ähnliches produziert. Alle drei sind dem <strong>HR</strong> angegliedert und erhalten innerhalb<br />
und ausser halb des <strong>HR</strong> Hilfe. Beispielsweise vom Unternehmenskommunikationsteam.<br />
Mit Sirmed verfügen wir zudem über ein eigenes Bildungsunternehmen,<br />
das für öffentliche sowie interne Seminare die Administration übernimmt.<br />
Es geht um die Balance zwischen den Interessen des Unternehmens und jenen<br />
der Mitarbeitenden. Das loten wir im Dialog aus integrieren es in den<br />
Entwicklungsplänen. Der Bezug zur aktuellen oder zukünftigen Rolle des Mitarbeitenden<br />
muss jedoch vorhanden sein.<br />
Betrachtet man die Bedürfnisse beider Seiten und denkt den Nutzen entsprechender<br />
Bildungsinvestitionen zu Ende, kommt man zum Schluss, dass sich die<br />
Interessensbereiche stark überlappen. Natürlich müssen wir die zur Verfügung<br />
stehenden Mittel sinnvoll investieren und möglichst stimmige Lösungen finden.<br />
Für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum, die grösste Tochterfirma der Stiftung,<br />
gibt es hierfür einen eigenen Geschäftsleitungsausschuss.<br />
In unserem jährlichen strategischen Personalplanungsprozess analysieren wir,<br />
welche Kompetenzen und Skills wir künftig benötigen, welche Veränderungen<br />
sich abzeichnen und wie wir diesbezüglich aufgestellt sind. Dadurch<br />
entstehen Handlungsfelder im Rekrutierungsprozess und bei Entwicklungsthemen.<br />
Durch interne Bewegungen können wir viele Stellen intern besetzen.<br />
Manchmal entstehen dadurch aber auch zusätzliche Vakanzen, die wir dann<br />
extern abdecken.<br />
Wir praktizieren über alle Organisationseinheiten hinweg einen jährlichen Mitarbeiter-Review.<br />
Dieser wird zunächst auf Bereichsebene konsolidiert und<br />
danach zusammen mit dem <strong>HR</strong> auf Geschäftsleitungsebene. Nebst Entscheiden<br />
zu anstehenden Lohnrunden wird in diesem Gremium auch über die Mitarbeiterförderung<br />
und Nachfolgeplanung gesprochen. Mit der strategischen Nachfolgeplanung<br />
innerhalb der Mit arbeiter-Reviews schaffen wir die Voraussetzung,<br />
den Nachbesetzungsprozess bei absehbaren Personalabgängen einzuleiten und<br />
Mitarbeitende mit erkennbaren Talenten frühzeitig zu fördern. Im Idealfall bereiten<br />
wir interne Mitarbeitende mit Potenzial darauf vor, eine Nachfolge anzutreten.<br />
Es braucht standardisierte und individuelle Bildungsprogramme. Zudem sind<br />
nicht alle Unternehmensprogramme starr. Auch diese können individualisiert<br />
werden. Das Programm der ZKB für junge Talente beinhaltet beispielsweise<br />
die Vernetzung, die Visibilität der Nachwuchskräfte sowie die Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Das ist keinesfalls stromlinienförmig. Auch die Themenwahl der<br />
einzelnen Module erfolgt in der Gruppe und bindet die Mitarbeitenden somit<br />
stark ein.<br />
Starre Angebote sind weder effizient noch zeitgemäss. Es macht aber Sinn, ein<br />
Grund gerüst für den Erwerb oder die Entwicklung von Kompetenzen zu schaffen,<br />
die dem Unternehmen dienen und auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Entscheidend<br />
ist, ob oder in welchem Umfang Mitarbeitende Bildungsmassnahmen<br />
auf eigene Bedürfnisse anpassen können. Für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
bieten wir beispielsweise ein internes Führungszertifikat mit verschiedenen<br />
Modulen. Dieses Lernprogramm können Mitarbeitende weitgehend selbst<br />
zusammenstellen.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
27
SCHWERPUNKT<br />
Learning<br />
FOTO: iSTOCK<br />
DIE SKILLS DER ZUKUNFT ERSPIELEN<br />
EIGENSCHAFTEN WIE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT, KRITISCHES DENKEN UND DIE ANALYSE VON KOMPLEXEN SITUATIONEN<br />
GEHÖREN ZUM ALLTAG VON GAMERINNEN UND GAMERN. DOCH DIE MEISTEN SIND SICH NICHT BEWUSST,<br />
WELCHE FÄHIGKEITEN SIE SICH IN KURZWEILIGEN STUNDEN ANTRAINIEREN. FÜR BERUFS- UND LAUFBAHNBERATENDE,<br />
ABER AUCH <strong>HR</strong>-VERANTWORTLICHE, BIETEN VIDEOSPIEL-PRÄFERENZEN WERTVOLLE INFORMATIONEN<br />
ZU NEIGUNGEN, MOTIVATIONEN UND SKILLS VON NACHWUCHSKRÄFTEN.<br />
Gastbeitrag: Marc Bodmer<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Marc Bodmer ist<br />
J urist und selbstständiger<br />
Game<br />
Consultant. Als<br />
stellvertretender<br />
Projektleiter realisierte<br />
er im Auftrag der<br />
ZHAW das Pilotprojekt<br />
«Gaming<br />
Skills – Verborgene<br />
Kompetenzen für<br />
die Berufswelt».<br />
Es gibt Dinge, die in den letzten zehn Jahren erstaunlich stabil<br />
geblieben sind. Dazu zählt beispielsweise der Prozentsatz der<br />
jugendlichen Gamerinnen und Gamer in der Schweiz. Seit<br />
2010 befragt die Zürcher Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften (ZHAW) für die James-Studie jährlich rund<br />
1000 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 12 und 18<br />
Jahren zu ihrer Mediennutzung. Dort zeigte sich, dass über<br />
90 Prozent der Jungs und über 50 Prozent der Mädels<br />
regelmässig gamen.<br />
Die Geschlechterverteilung überrascht nicht, sollte aber mit<br />
Vorsicht genossen werden, denn entscheidend ist die Form<br />
der Frage. Spricht man mit Jungs über Games, kommt schnell<br />
Begeisterung auf. Der Identifikationsgrad mit Videospielen<br />
ist hoch und deren Inhalte Gesprächsthema Nummer 1 auf<br />
dem Pausenplatz. Die jungen Damen hingegen identifizieren<br />
sich in der Regel nicht als Gamerinnen. Für sie sind die Computerspiele<br />
einfach ein Zeitvertrieb und Spass für Zwischendurch.<br />
Damit die Zahlenhuberei ein Ende hat: Games sind<br />
keineswegs Kinderkram. Gemäss der «eSports Schweiz<br />
2021»-Studie der ZHAW ist die Gruppe der Spielenden im Alter<br />
von 30 bis 44 Jahren gleich gross wie die der 16- bis 19-Jährigen.<br />
Allgemein wird von einem Durchschnittsalter zwischen<br />
30 und 35 Jahren ausgegangen. In Anbetracht dessen macht<br />
es Sinn, die Beschäftigung mit Computerspielen im Kontext<br />
der Berufswahl und der Rekrutierung genauer zu betrachten,<br />
da die Game-Industrie im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren<br />
Jahr für Jahr zulegt. Aktuell geht man weltweit von<br />
über drei Milliarden Gamerinnen und Gamern aus. Das hat<br />
der Schweizer Dachverband der Berufs- und Laufbahnberatenden<br />
SDBB erkannt und deshalb mit einem Innovationsfond<br />
das Pilotprojekt «Gaming Skills – Verborgene Kompetenzen<br />
für die Berufswelt» der ZHAW unterstützt.<br />
Vergleicht man die Anforderungen heutiger Videospiele an<br />
Spielende mit den «Seven Survival Skills», die der Bildungswissenschaftler<br />
Tony Wagner 2015 definierte, um Arbeitnehmende<br />
für die Arbeitswelt zu rüsten, ergibt sich eine hohe<br />
Deckung:<br />
• Criticial Thinking & Problem Solving<br />
Kritisches Denken beginnt damit, gute Fragen zu stellen.<br />
28
Learning<br />
SCHWERPUNKT<br />
Es geht darum, ein Problem zu erfassen und<br />
zu beschreiben. Einmal konkret umschrieben,<br />
ist es einfacher zu lösen.<br />
Auf Games angewandt heisst das: In jedem<br />
Computerspiel werden Spielende vor Herausforderungen<br />
gestellt. Für die sich laufend wandelnden<br />
Problemstellungen sind stets Lösungen<br />
zu finden. Dabei müssen Spielende in Sekundenbruchteilen<br />
eine Lage erfassen, analysieren und<br />
hinterfragen, bevor sie eine Strategie entwickeln.<br />
• Collaboration Across Networks & Leading<br />
by Ex<strong>amp</strong>le<br />
Immer mehr Arbeit wird von «virtuellen»<br />
Teams erledigt. Zunehmend werden diese<br />
durch Einflussnahme ihrer Mitglieder geleitet<br />
und nicht durch eine hierarchisch höher eingestufte<br />
Person.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Praktisch alle<br />
Videospiele sind heute vernetzt. Gespielt wird oft<br />
in (internationalen) Teams, die sich via VoIP<br />
(Voice over Internet Protocol) oder Netzwerken<br />
wie Discord während des Spiels absprechen. Was<br />
zählt, ist die Leistung und die im Spiel gezeigte<br />
Kompetenz. Zur daraus resultierenden Vorbildrolle<br />
gehört auch der Wille, das Team vorwärtszubringen.<br />
• Agility & Adaptability<br />
Die Geschwindigkeit der laufenden Veränderungen<br />
und die Komplexität der Problemstellungen<br />
verlangen Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Aktuelle Computerspiele<br />
stellen Spielende immer wieder vor<br />
neue Herausforderungen. Treten Spielerinnen<br />
und Spieler gegeneinander online an, präsentieren<br />
sich die Begegnungen sehr unterschiedlich.<br />
Spielende werden selbst durch Handy-Games<br />
laufend gezwungen, flexibel zu sein und sich<br />
neuen Gegebenheiten anzupassen.<br />
• Initiative & Entrepreneurship<br />
Es reicht längst nicht mehr, Aufgaben und Aufträge<br />
zu erfüllen. Man muss sich Ziele setzen<br />
und diese angehen. Werden nicht alle erreicht,<br />
ist das immer noch höher einzustufen als das<br />
reine Abarbeiten von vorgegebenen Aufträgen<br />
und eine Frage der Fehlerkultur.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Wer nicht nur<br />
bestehen, sondern vorwärtskommen will, muss<br />
bereit sein, die Initiative zu ergreifen und mehr<br />
als das Nötige zu erfüllen. Durch die in Games<br />
verbreitete «Versuch und Irrtum»-Herangehensweise<br />
wird stets der Rahmen des Möglichen ausgelotet.<br />
Ohne (Eigen)Initiative geschieht in<br />
Games nichts.<br />
• Effective Oral, Written and Multimedia<br />
Communication<br />
Schreiben hört nicht mit korrekter Orthografie<br />
und Grammatik auf. Gedanken müssen in<br />
eigene Worte gefasst werden, um zu überzeugen.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Viele Computerspiele<br />
werden in Teams gespielt. In hektischen<br />
Situationen bedarf es einer klaren und<br />
effektiven Kommunikation, um Missverständnissen<br />
vorzubeugen. Viele Spielende sagen, dass<br />
sie ihre Englischkenntnisse durch das Online-Spielen<br />
wesentlich verbesserten.<br />
IN JEDEM COMPUTER-<br />
SPIEL WERDEN<br />
SPIELENDE VOR<br />
HERAUSFORDERUNGEN<br />
GESTELLT<br />
MARC BODMER<br />
• Accessing & Analysing Information<br />
Sich Zugriff auf relevante Informationen verschaffen<br />
und entsprechende Schlüsse daraus<br />
ziehen.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Es kommt<br />
immer wieder vor, dass sich Spielenden gewisse<br />
Problemstellungen nicht erschliessen. Dafür werden<br />
online Lösungswege gesucht und im Spiel<br />
umgesetzt. Ein anderer Weg ist der Beizug von<br />
erfahrenen Spielenden, die bei der Problemlösung<br />
helfen.<br />
• Curiosity & Imagination<br />
Neugierde, Vorstellungsvermögen und Kreativität<br />
sind von zentraler Bedeutung, wenn es<br />
darum geht, in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt<br />
zu bestehen.<br />
Auf Games angewandt heisst das: Neugierde ist<br />
eine treibende Kraft in Computerspielen, die sich<br />
als Versuchslabor eignen, um neue Wege zu<br />
beschreiten und Dinge auszuprobieren. Sogenannte<br />
Sandkastenspiele wie «Minecraft» lassen<br />
Spielende kreatives Potenzial ausschöpfen. Einzig<br />
die Limiten der eigenen Vorstellungskraft setzen<br />
dem Spiel Grenzen.<br />
Berufslaufbahnberatende aus der Deutschschweiz<br />
wurden an vier Workshops des vom<br />
SDBB-Innovationsfonds finanzierten Pilotprojekts<br />
der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften zu «Gaming Skills – Verborgene<br />
Kompetenzen für die Berufswelt»<br />
eingeladen. Die wenigsten Teilnehmenden verfügten<br />
über aktuelle Gameerfahrung. Vielfach<br />
verwiesen sie auf das Gamen in Jugendjahren.<br />
Doch die technische Entwicklung des interaktiven<br />
Unterhaltungsmediums ist derart gross, dass<br />
Videospiele der heutigen Generation mit ihren<br />
Vorgängern von anno dazumal höchstens noch<br />
gewisse Grundmechanismen gemein haben. Sie<br />
sind bzüglich des Grads der Komplexität und der<br />
gestellten Anforderungen erheblich anspruchsvoller.<br />
Dass sich durch das Spielen von Computergames<br />
für den Berufsalltag nützliche Fähigkeiten aneignen<br />
lassen, bejahten sämtliche Teilnehmenden.<br />
Trotz des Interesses an der Skills-Thematik wurden<br />
immer wieder Bedenken eingebracht. Ob<br />
Games nicht süchtig machen, wurde gefragt.<br />
Welche Bedeutung kommt Gewaltdarstellungen<br />
in Computerspielen zu? Machen Games aggressiv?<br />
Diese Einwände illustrierten zum einen die<br />
weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber Computerspielen,<br />
aber auch unter welcher Stigmatisierung<br />
Kinder und Jugendliche leiden. Schnell<br />
heisst es: «Er ist halt ein Gamer.» Damit werden<br />
pauschal gewisse Auffälligkeiten wie Unzuverlässigkeit,<br />
Desinteresse oder Schlafmangel<br />
«erklärt» und der Betroffene wird abgestempelt.<br />
Vor dem Hintergrund, dass über 90 Prozent der<br />
männlichen Jugendlichen in der Schweiz regelmässig<br />
gamen, ist diese Haltung problematisch.<br />
Gamer sind die Regel und nicht die Ausnahme.<br />
Aufgrund dieser Stigmatisierung erwähnen Spielende<br />
selten aus eigenem Antrieb ihr Hobby. Viele<br />
sind dann erstaunt, wenn sie von Beratenden<br />
wertfrei darauf angesprochen werden.<br />
Die Workshops und Befragungen der Berufslaufbahnberatung<br />
zeigten, dass sich Beratende<br />
Unterstützung und Gesprächshilfe im Bereich<br />
Computerspiele wünschen. Das Wissen über dieses<br />
schnelllebige und weitverbreitete Unterhaltungsmedium<br />
der Beratenden ist beschränkt und<br />
reicht bei Weitem nicht aus, um ein fundiertes<br />
und zielführendes Gespräch zu führen. Vonseiten<br />
der Teilnehmenden wurde verschiedentlich auch<br />
auf die Stigmatisierung der Thematik hingewiesen.<br />
Computerspiele und Gamer haben einen<br />
schlechten Ruf – besonders in überwiegend traditionellen<br />
Arbeitsgebieten. Das ist ein Grund,<br />
weshalb Ratsuchende Gaming-Tätigkeiten selten<br />
aus eigenen Stücken thematisieren. Vonseiten<br />
der ZHAW sind deshalb weitere «Gaming Skills»-<br />
Workshops geplant. Parallel dazu wird ein Tool<br />
für Berufs- und Laufbahnberatende entwickelt,<br />
das Beratende in ihrer Tätigkeit unterstützt und<br />
die verborgenen Potenziale der Games sichtbar<br />
macht.<br />
a<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
29
SCHWERPUNKT<br />
Learning<br />
VIELFALT NUTZEN<br />
SOFT SKILLS GEHÖREN ZU DEN ERFOLGSKRITERIEN IM BERUFSALLTAG. WARUM SICH ARBEITGEBENDE<br />
ME<strong>HR</strong> DAMIT AUSEINANDERSETZEN SOLLTEN UND WESHALB SICH DER AUFBAU EINES<br />
SKILL MANAGEMENT AUSZAHLT, ERZÄHLEN EINE SEGELLE<strong>HR</strong>ERIN, EIN EISHOCKEYTRAINER SOWIE<br />
EIN UNTERNEHMENSBERATER UND MÄRCHENERZÄHLER IM NEBENAMT.<br />
Text: Christine Bachmann<br />
Im Berufsalltag ist Annett Herrmann Strategische<br />
Personalentwicklerin bei der Sparkassen-<br />
Versicherung Sachsen, privat betreut sie Jungseglerinnen<br />
und -segler an Land und auf dem<br />
Wasser. Ihre in der Freizeit erworbenen (Soft)<br />
Skills nützen ihr auch im Berufsalltag: «Beim<br />
Segeln zählen Ausdauer, Konzentration und<br />
Fokus.» Bei einer Regatta definiere der Segelnde<br />
den genauen Fahrplan und die Manöver individuell<br />
durch Taktik und Strategie. Dabei müsse<br />
er Umstände wie Winddreher, Böen und Wellen<br />
im Blick behalten und diese als Chance für einen<br />
optimalen Kurs auf dem Wasser nutzen. Bei der<br />
Regatta-Auswertung würden dessen Strategien<br />
unter die Lupe genommen. «Damit richten<br />
Segelnde den Blick auf Erfolge und Herausforderungen<br />
und lernen aus ihren Fehlern. Das sind<br />
erforderliche Skills im Berufsalltag», betont<br />
Herrmann.<br />
FOTO: ZVG<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Annett Herrmann,<br />
Strategische Personalentwicklerin,<br />
Sparkassen-Versicherung Sachsen<br />
FOTOS: ZVG<br />
30
Learning<br />
SCHWERPUNKT<br />
Auch Simon Born, Leiter Administration & <strong>HR</strong> bei<br />
der Elektro Burkhalter AG, ein leidenschaftlicher<br />
Eishockeytrainer, hat sich durch seine private<br />
Tätigkeit Fähigkeiten angeeignet, die er im Berufsalltag<br />
nutzt. Doch welche? «Beispielsweise meine<br />
Handlungskompetenz», sagt er. «Das heisst, in<br />
einer Situation die richtigen Entscheidungen zu<br />
treffen und diese adressatengerecht zu kommunizieren.»<br />
Auch seine Sozialkompetenz sei beim<br />
Trainieren der Eishockeyspieler wichtig. «Ich muss<br />
meine Teammitglieder verstehen, sie unterstützen<br />
und mit ihnen am gleichen Strang ziehen.»<br />
Während sich Herrmann und Born zusätzliche<br />
Fähigkeiten im Trainingsbereich aneigneten,<br />
erarbeitete sich Armin Ziesemer weitere beim<br />
Aufbau der Synop-Sys Organisationsentwicklung<br />
GmbH im betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />
und im Coaching. Zudem betreibt der <strong>HR</strong>-<br />
Mitarbeitende einer Behörde mit einem Kölner<br />
Kollegen den wöchentlichen Podcast «Mit Brille<br />
und Bart». «Zu zweit oder mit Gästen erfahren<br />
wir mehr über Organisationsentwicklung, Coaching<br />
und Transaktionsanalyse», beschreibt Ziesemer<br />
seine nebenamtlichen Lernerfahrungen.<br />
Zudem ist er Initiant der Kultur- und Bildungsinitiative<br />
«Märchen im Leben». Diese bringt Erwachsenen<br />
den weltweiten Märchenschatz näher. In<br />
einem zweijährlichen Symposium beispielsweise<br />
mit Brennpunktthemen wie «Von Geld und Gold»<br />
oder «Von Heimat und Fremde». Dabei werden<br />
Volksmärchen frei erzählt und als Instrument für<br />
die persönliche und gesellschaftlich Entwicklung<br />
genutzt. Im beruflichen Alltag helfen ihm vor<br />
allem seine Coaching-Skills: «Konstruktivere<br />
Arbeitsbeziehungen zu gestalten, Themen zu<br />
adressieren, meine Resilienz und sowie meine<br />
Fähigkeit, mich als unselbständiger Erwerbstätiger<br />
abzugrenzen, schaffen im Unternehmen den<br />
Boden für eine gelingende Zusammenarbeit.»<br />
Bekannte Nebentätigkeit,<br />
aber kein Skill Management<br />
Die Nebentätigkeiten von Annett Herrmann wie<br />
Simon Born sind ihren Arbeitgebenden bekannt.<br />
«Ich nutze meine Skills ja ständig in meinem täglichen<br />
Umfeld», betont Herrmann. Nebenberufliche<br />
Tätigkeiten gerieten im beruflichen Alltag<br />
aber häufig in den Hintergrund: «Die Skills-Vielfalt<br />
jedes Mitarbeitenden stärker in den Vordergrund<br />
zu stellen, ist mir deshalb ein wichtiges<br />
Anliegen. Das sorgt für unternehmerischen Erfolg<br />
und motiviert Mitarbeitende.» Ähnlich sieht das<br />
Simon Born, der private Fähigkeiten und Erfahrungen<br />
im Umgang mit Jugendlichen bei der<br />
Rekrutierung von Lernenden nutzt. «Ich führe<br />
jungen Menschen ein grosses Ziel vor Augen. Nur<br />
so finden wir für unsere Lehrstellen passende<br />
Personen.» Bei Armin Ziesemer weiss die Arbeitgeberin<br />
zwar durch eine Nebentätigkeitsvereinbarung<br />
von seinen ausserberuflichen Engagements,<br />
nutzt seine Skills aber nicht explizit. «Das<br />
ist schade, weil keine weitergehende Verbindung<br />
oder gar Bereicherung durch eine Kompetenzentwicklung<br />
besteht.» Ein explizites Skills<br />
Management existiert in keinem der Betriebe.<br />
«Oder noch nicht», sagt Annett Herrmann: «Wir<br />
haben dafür aber schon einen ersten Baustein<br />
gesetzt. Beispielsweise mit der Einführung von<br />
Jobfamilien.»<br />
Armin Ziesemer,<br />
Gründer,<br />
Synop-Sys Organisationsentwicklung GmbH<br />
propagiert eine ko-kreative Haltung von Arbeitgebenden:<br />
«In Job Coachings begegne ich immer<br />
wieder Menschen, die die Anforderungen ihres<br />
Arbeitgebenden erfüllen, in ihren begrenzten<br />
beruflichen Lernfeldern aber mehr erreichen<br />
möchten. Dadurch entstehen psychische Spannungen,<br />
die nach einer Energieabfuhr suchen.»<br />
Schaden lässt sich vermeiden, wenn Mitarbeitende<br />
in der Organisationsgestaltung kooperativ und<br />
kreativ mitwirken oder alternative Betätigungen<br />
finden.» Diese Art der Zusammenarbeit bedinge<br />
eine partizipative Führungshaltung. «Dadurch wird<br />
Arbeit sinnstiftender. Das trägt zu einer gesundheitsförderlichen<br />
Organisation bei und lässt<br />
Arbeitsbeziehungen lustvoll werden.» a<br />
Mehrwert fürs Unternehmen<br />
Doch wieso sollten sich Unternehmen vermehrt<br />
für die privaten oder nebenamtlichen Fähigkeiten<br />
ihrer Mitarbeitenden interessieren? «Mitarbeitende<br />
und Führungskräfte könnten individueller<br />
eingesetzt werden», meint Annett Herrmann.<br />
Etwa, indem Unternehmen ihre Stärkenfelder<br />
nutzen.» Seien sich Teammitglieder ihrer eigenen<br />
Stärken bewusster, gelänge es ihnen besser, sich<br />
zu ergänzen und miteinander und voneinander<br />
zu lernen. Das Bewusstsein der eigenen Stärken<br />
schaffe auch oder gerade in stürmischen Zeiten<br />
Orientierung. Ausserdem brauche es für die neue<br />
Arbeitswelt ein Mehr an Vernetzung und Miteinander.<br />
«Besonders Flexibilität, Agilität und<br />
Empathie sind dafür wichtig.»<br />
Simon Born,<br />
Leiter Administration & <strong>HR</strong>,<br />
Elektro Burkhalter AG<br />
Dem kann Simon Born nur zustimmen: «Erfahrungen,<br />
Erlebnisse und Herausforderungen aus dem<br />
Privaten oder Nebenamtlichen schaffen für Unternehmen<br />
einen grossen Mehrwert.» Auch Ziesemer<br />
FOTO: ZVG<br />
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Das i-Tüpfelchen in Ihrem Mediaplan:<br />
• reichweitenstark und trotzdem zielgruppenfokussiert<br />
• CV-Datenbank mit Matchingtool «QualiProfil»<br />
• Social Media-, Partnernetzwerk- und Fachpresse-Präsenz<br />
VON FACHLEUTEN FÜR FACHLEUTE: Informatik & Telekommunikation, Medien, Kommunikation, Marketing<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
31
SCHWERPUNKT<br />
Learning<br />
VIRTUELLE ARBEITSWELTEN<br />
METAVERSE GIBT SEIT MONATEN VIEL ZU REDEN. FÜR UNTERNEHMEN STELLT SICH<br />
DESHALB AKTUELL DIE FRAGE, OB SIE DIESE NEUE TECHNIK<br />
IN DEN ARBEITSALLTAG INTEGRIEREN SOLLTEN.<br />
Gastbeitrag: Gustavo Salami<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Gustavo Salami ist<br />
Gründer und Partner<br />
von Kuble, einer Social<br />
Media- und Digital-<br />
Agentur.<br />
kuble.com<br />
Lauthals werden Best Cases gefordert. Solange es diese nicht<br />
gibt, muss man auch nicht auf den Metaverse-Zug aufspringen.<br />
Das kann ein Ansatz sein. Firmen könnten stattdessen<br />
aber auch vorangehen und die virtuellen Räumlichkeiten<br />
beziehen. Wie immer gilt: Unternehmen, die den technologischen<br />
Wandel verpassen, geraten früher oder später häufig<br />
in Schwierigkeiten. Pioniere und Early Adapters verschaffen<br />
sich dagegen Vorteile, weil Fehler noch keine weitreichenden<br />
Folgen haben und daher zur Entwicklung genutzt werden<br />
können.<br />
Technologische Herausforderungen<br />
Zugegeben, die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen.<br />
Doch die Entwicklung braucht nicht mehr Jahre, sondern<br />
verläuft exponentiell. Laptops werden immer schneller, können<br />
grafische Herausforderungen problemlos laden und stürzen<br />
bedeutend seltener ab. Jedes neu auf den Markt gebrachte<br />
Virtual-Reality-Headset übertrumpft seine Vorgänger um ein<br />
Vielfaches: Sie werden leichter und einfacher in der Bedienung,<br />
hochaufgelöster und immersiver. Heute kostet ein Virtual-<br />
Reality-Headset noch 400 Franken, obschon das Seherlebnis<br />
nicht optimal ist und das Tragen einer virtuellen Brille nach<br />
einer Stunde unbequem wird. Bald ist jedoch damit zu rechnen,<br />
dass wir uns stundenlang relativ natürlich in der neuen<br />
virtuellen Umgebung bewegen.<br />
Bei sich selbst beginnen<br />
Seit Anfang Jahr nutzt Kuble virtuelle Workshopräume von<br />
Meta und Spatial für interne Meetings. 30 Prozent der Sitzungen<br />
finden bereits so statt. Einige unserer Mitarbeitenden<br />
sitzen zwar am anderen Ende der Welt, diese Distanz scheint<br />
über die virtuelle Welt im Metaverse aber wie weggewischt.<br />
Das Raumempfinden ist mit einer virtuellen Brille sehr real.<br />
Nicht nur deswegen haben wir unsere Meetings ins Digitale<br />
verschoben. Unser ganzes Team lernt so nebenbei Begriffe<br />
kennen sowie den Umgang mit Blockchain, NFTs, den Avataren,<br />
der Navigation in der Virtualität und vieles mehr. Unser<br />
Vorteil ist, experimentell, neugierig und mit Freude an diese<br />
Themen heranzugehen. Metaverse ist für uns eine Möglichkeit,<br />
diese Offenheit vorzuleben und alle Mitarbeitenden niederschwellig<br />
ins Boot zu holen.<br />
Das <strong>HR</strong> im Metaverse<br />
Technologischer Wandel zeigt sich auf <strong>HR</strong>-Ebene immer<br />
besonders schnell. Das wissen wir seit den Lockdowns nur all<br />
zu gut. Wo Homeoffice früher undenkbar war, ist es heute<br />
fester Bestandteil der Arbeitskultur geworden. Einige Mitarbeitende<br />
kehren überhaupt nicht mehr ins Büro zurück und<br />
Onlinemeetings sind das neue Normal. Nun geht es mit der<br />
Entwicklung zu 3D-Räumen noch weiter.<br />
Nur: Wollen das die Mitarbeitenden überhaupt? Nicht alle. Es<br />
gibt immer solche, denen es schwerfällt, mit Veränderungen<br />
umzugehen, und die neue Technologien als Spielerei abtun.<br />
Gen Z und die nachfolgenden Generationen erwarten jedoch,<br />
dass sie in ihrer Lebenswelt abgeholt werden – und diese darf<br />
spielerisch sein. Im Metaverse können sich Arbeitgebende<br />
zeigen, wie sie sein wollen. So kann eine Sitzung spontan im<br />
Bungalow am Strand stattfinden, anderntags urban im Hochhaus.<br />
Die Möglichkeiten sind grenzenlos.<br />
GEN Z UND NACHFOLGENDE<br />
GENERATIONEN ERWARTEN,<br />
DASS SIE IN I<strong>HR</strong>EN<br />
LEBENSWELTEN<br />
ABGEHOLT WERDEN.<br />
GUSTAVO SALAMI<br />
GRÜNDER UND PARTNER VON KUBLE<br />
Bestimmt werden Unternehmen auch bald erste Jobinterviews<br />
auf Metaverse führen. Einerseits senden Arbeitgebende so<br />
das Signal, dass sie innovativ sind und neue Themen besetzen.<br />
Andererseits merken sie gleich, wie potenzielle Teammitglieder<br />
eingestellt sind – ob sie das toll oder vielleicht eher ungewohnt<br />
und mühsam finden.<br />
32
Learning<br />
SCHWERPUNKT<br />
FOTO: iSTOCK<br />
Regelmässige Kundenmeetings haben wir zwar<br />
noch nicht in den virtuellen Raum verschoben,<br />
wir zeigen Kundinnen und Kunden auf Anfrage<br />
aber verschiedene Metaverses, erläutern, wie<br />
man Avatare erstellt und im Metaverse navigiert,<br />
Inhalte im virtuellen Raum präsentiert und welche<br />
Werbemöglichkeiten dort existieren.<br />
Zudem veranstalten wir im Metaverse Decentraland<br />
in unserem virtuellen Haus auch Kundenevents.<br />
Diese reichen von «Lehrpfaden» für die<br />
Belegschaft bis hin zu Schnitzeljagden und Partys.<br />
Von uns produzierte Livestreams, also<br />
Gespräche mit mehreren Personen, können Interessierte<br />
nicht nur auf Linkedin, Youtube oder<br />
Facebook, sondern auch auf dem Metaverse<br />
Decentraland verfolgen.<br />
Second Life für Second Life?<br />
Im Zusammenhang mit Metaverse sind Verweise<br />
auf Second Life häufig zu hören. Insbesondere,<br />
wenn es darum geht, ein Exempel anzubringen,<br />
nicht schon wieder auf einen Hype hereinzufallen.<br />
Das Spiel dürfte vor allem den Generationen X<br />
und Y ein Begriff sein. 2003 tummelten sich Millionen<br />
Nutzende in der virtuellen Parallelwelt,<br />
suchten Anerkennung, ein Einkommen und gar<br />
ihr Liebesglück. Auch viele globale Firmen waren<br />
darin präsent. Stark gehypt, floppte es dann eher<br />
schnell. Beispielsweise wegen der eingefrorenen<br />
Ansichten aufgrund der nicht zu bewältigenden<br />
Grafikanforderungen oder Tausender inaktiver<br />
Avatare, die für eine postapokalyptische Stimmung<br />
sorgten. Damals fehlte auch die Blockchain,<br />
welche das Eigentum schützt. Es war<br />
zudem eher die Ausnahme als die Regel, dass<br />
Menschen stundenlang online waren. Doch: Auch<br />
Second Life ist ein Metaverse und somit eines der<br />
ersten, das eine grosse Bekanntheit erlangte.<br />
Und: Es kommt (vielleicht) zurück. Miterfinder<br />
Philip Rosedale hat seine Vision nicht aufgegeben.<br />
Schliesslich hat es noch Zehntausende aktive<br />
Nutzende und blickt seit seiner Gründung auf<br />
eines seiner erfolgreichsten Geschäftsjahre<br />
zurück. Es soll nun wieder wachsen und vom aktuellen<br />
Trend profitieren.<br />
Metaverse ist gekommen, um zu bleiben. Wer<br />
den Anschluss nicht verlieren will, muss sich<br />
damit beschäftigen. Das darf Spass machen,<br />
sowohl spielerisch als auch fehlerbehaftet sein<br />
und sich entwickeln. Dann kommt der Erfolg fast<br />
von allein. Metaverse ist eine Chance, keine<br />
Bedrohung.<br />
a<br />
Die Metaverse Academy<br />
Gerade weil das Interesse und die Skepsis gross<br />
sind und das Verständnis unterschiedlich ist,<br />
starteten wir die Metaverse Academy. Sie<br />
richtet sich an alle, die Metaverse besser verstehen<br />
und sich damit auf einer strategischen<br />
Ebene auseinandersetzen möchten. Ausserdem<br />
werden wir Lehrgänge anbieten, die<br />
andere Themen als Metaverse abdecken, aber<br />
auf der Plattform gelehrt werden.<br />
metaverse-academy.ch<br />
live.kuble.com<br />
decentraland.com<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
33
Presented by Proteusly<br />
LERNEN IM METAVERSUM<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Dominique Meldau ist Cyberpsycholog und<br />
promoviert zu den psychologischen Auswirkungen<br />
virtueller Identitäten und der Kompetenzentwicklung<br />
in Avatar-basierten 3D-Szenarien.<br />
Kontakt:<br />
mail@proteusly.com<br />
www.proteusly.com<br />
Spätestens seitdem der Facebook-Gründer Mark<br />
Zuckerberg im vergangenen Jahr seinen Konzern<br />
von Facebook zu Meta umbenannt hat, ist der<br />
Begriff «Metaverse» (dt. Metaversum) allgegenwärtig.<br />
Eingeführt wurde er bereits 1993 von Neal<br />
Stephenson in seinem Buch Snow Crash. Das<br />
Metaversum ist demzufolge ein Internet-Universum<br />
der virtuellen Realität (engl. virtual reality,<br />
kurz VR), in dem bestimmte Verhaltensweisen<br />
der realen Welt simuliert werden und die<br />
Benutzer*innen innerhalb festgelegter Parameter<br />
mithilfe ihrer Avatare individuell, gemeinschaftlich<br />
oder gegensätzlich interagieren können.<br />
Der Begriff Avatar leitet sich von dem<br />
sanskritischen Wort avatàra ab und bezeichnet<br />
die körperliche Manifestation einer an sich körperlosen<br />
Gottheit, wenn sie zur Erde herabsteigt.<br />
Philipp Rosedale, der Schöpfer von Second Life,<br />
eine der ersten, virtuellen 3D-Welten, die 2003<br />
von Linden Lab gegründet wurde, liess sich ebenfalls<br />
von dem Cyberpunk-Roman inspirieren.<br />
In virtuellen Interaktionen beeinflussen die Avatareigenschaften<br />
das Verhalten und die Einstellungen<br />
der menschlichen Nutzer*innen, was unter<br />
anderem die Motivation der Lernenden steigern<br />
kann und als Proteus-Effekt bekannt ist. Der<br />
Name spielt auf die Wandlungsfähigkeiten des<br />
griechischen Gottes Proteus an, einem früheren<br />
Meeresgott der griechischen Mythologie. Die<br />
Ergebnisse des Proteus-Effekts fallen umso stärker<br />
aus, je näher sich die Nutzer*innen ihrem jeweiligen<br />
Avatar fühlen, was sich in Identifikation,<br />
Verkörperung und Selbstpräsenz widerspiegelt.<br />
THE INCREDIBLE<br />
THING ABOUT THE<br />
TECHNOLOGY IS THAT<br />
YOU FEEL LIKE YOU’RE<br />
ACTUALLY PRESENT<br />
IN ANOTHER PLACE<br />
WITH OTHER PEOPLE.<br />
PEOPLE WHO TRY IT SAY<br />
IT’S DIFFERENT FROM<br />
ANYTHING THEY’VE<br />
EVER EXPERIENCED<br />
IN THEIR LIVES<br />
MARK ZUCKERBERG, 2014<br />
Die virtuelle Realität vermittelt ein Gefühl der<br />
Präsenz und des Eintauchens, wodurch emotional<br />
ansprechende Lernsituationen konzipiert werden<br />
können, die das Lernen unterstützen und sich<br />
positiv darauf auswirken. Der Einsatz virtueller<br />
Umgebungen und interaktiver Avatare führt<br />
ebenfalls zu einer besseren Kooperation und<br />
Zusammenarbeit zwischen den Lernenden. Auch<br />
der Einsatz von simulierten Handlungen als Ersatz<br />
für reale Handlungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie,<br />
insbesondere für die Ausbildung von<br />
Pilot*innen, ist ein aussergewöhnlich starker<br />
Beweis für die Bedeutung des Lernens in virtuellen<br />
Welten und Umgebungen. Konkrete Beispiele reichen<br />
über das Training von Polizeieinsatzkräften<br />
zu Avatar-basierten Therapien, in welchen essgestörten<br />
Nutzer*innen ein adäquateres Verhalten<br />
im Umgang mit Nahrung gezeigt wird. In der<br />
beruflichen Bildung wird die VR-Technologie ein<br />
zunehmend attraktives Lehrmedium. Einerseits<br />
können damit Handlungssituationen und damit<br />
verbundene Kompetenzen modelliert und gefördert<br />
werden, die mit herkömmlichen Lernmedien<br />
nicht realisiert werden könnten (z. B. Verkaufsgespräche<br />
im virtuellen Raum). Und andererseits<br />
profitiert Lehre und Unterricht auch von dem Einsatz<br />
von VR-Technologie besonders in den Kontexten,<br />
in welchen ein physischer Zugang zu Ressourcen,<br />
wie bspw. technischem Equipment oder<br />
dem Arbeitsumfeld nur beschränkt möglich ist.<br />
Sie erlaubt weiterhin, komplexe, räumliche Zusammenhänge<br />
sowie abstrakte Konzepte zu visualisieren.<br />
In Versuchen liessen sich Handlungssituationen<br />
in immersiven Settings kaum von der Kommunikation<br />
in «Face to Face»-Situationen unterscheiden,<br />
da die Lernenden sich aufgrund des Agierens<br />
mithilfe ihrer Avatare sehr gut auf soziale Interaktionen<br />
einliessen. Auch hat sich in virtuellen<br />
Umgebungen die wahrgenommene Empathie für<br />
Mitglieder stigmatisierter Gruppen als ein mächtiges<br />
Werkzeug erwiesen, positive Einstellungen<br />
gegenüber dieser Gruppe zu verbessern. Die<br />
«Erlebbarkeit» dieser Informationen ist nur im<br />
Metaversum möglich, denn klassische, beabsichtigte<br />
Wissensvermittlung in Form von Seminaren<br />
ersetzt nicht die Fähigkeit, Herausforderungen in<br />
der Praxis selbstorganisiert bewältigen und effektiv<br />
handeln zu können.<br />
a<br />
FOTO: iSTOCK<br />
34
THEMA<br />
Arbeit & Recht (Seite 36) • Sozialversicherungen (Seite 39)<br />
Reverse Coaching (Seite 40) • Retention (Seite 42)<br />
WERDEN KINDERLOSE<br />
DISKRIMINIERT?<br />
Ja, meinen die Autoren der amerikanischen Studie: «What’s it like being<br />
childfree at the workplace», zu der 938 Berufstätige befragt wurden.<br />
Drei von vier Auskunftgebenden meinten, Arbeitnehmende mit Familien<br />
würden am Arbeitsplatz besser behandelt als Kinderlose. Das sind<br />
alarmierende Zeichen, denn die Zahl der Arbeitnehmenden ohne Nachwuchs<br />
steigt. Schon heute wollen rund 44 Prozent der 18- bis 49-Jährigen<br />
in den USA keine Kinder. Das sind 7 Prozent mehr als noch 2018.<br />
Kritikpunkte der Ungleichheitsbehandlung? 53 Prozent der Befragten<br />
bejahten, dass Arbeitnehmende mit Familienverpflichtungen eher eine<br />
Lohnerhöhung erhielten. 49 Prozent zudem, dass Angestellte mit Kindern<br />
eher befördert würden. Darüber hinaus beklagten 63 Prozent,<br />
dass Kinderlose weniger freie Tage erhielten. Gemäss 69 Prozent müssten<br />
sie zudem mehr Überstunden leisten und hätten laut 70 Prozent<br />
eine grössere Arbeitsmenge zu bewältigen. Zudem erhalten sie weniger<br />
Benefits. Das meinen zumindest 87 Prozent der Studienteilnehmenden.<br />
Diese Ungleichbehandlung widerspricht der Überzeugung aller<br />
Teilnehmenden – ob mit oder ohne Kinder. So befürworten 92 Prozent<br />
aller Befragten, alle Angestellten ungeachtet ihres familiären Status<br />
gleich zu behandeln. 84 Prozent teilen zudem die Ansicht, Mitarbeitenden<br />
mit denselben Rollen die gleiche Arbeitsmenge zuzuweisen.<br />
Frauen<br />
machen<br />
vorwärts<br />
Es geht vorwärts. Immer mehr Frauen nehmen Einsitz im Verwaltungsrat<br />
oder in der Geschäftsleitung, konstatiert der Schillingreport<br />
<strong>2022</strong>. Dieser Fortschritt mache sich besonders bei SMI-kotierten<br />
Unternehmen bemerkbar, die im vergangenen Jahr 36 Prozent der<br />
vakanten Geschäftsleitungspositionen mit Frauen besetzten. 69<br />
Prozent dieser Unternehmen beschäftigen darüber hinaus mindestens<br />
eine Frau in der Geschäftsleitung. Vor vier Jahren waren es<br />
gerade 41 Prozent. Gemäss Report würden Unternehmen, die<br />
Frauenquoten bei diesem Tempo von 30 Prozent in Verwaltungsräten<br />
und 20 Prozent in Geschäftsleitungen deutlich früher erreichen als<br />
2025, beziehungsweise 2030 überschreiten.<br />
Reisen ja – aber nur,<br />
wenn notwendig<br />
GRAFIKEN: ISTOCK<br />
Im Auftrag von SAP befragte das Marktforschungsinstitut iResearch<br />
im März <strong>2022</strong> rund 700 Entscheidungsträgerinnen und -träger aus<br />
Europa zu ihrem Reiseverhalten. Demnach will ein Viertel gänzlich<br />
auf Reisen verzichten, rund 71 Prozent würden für Kundenmeetings<br />
weiterhin reisen, während 64 Prozent für Events, Ausstellungen und<br />
Konferenzen sowie 52 Prozent für Trainingsprogramme ihre Koffer<br />
packen würden.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
35
THEMA<br />
Arbeit und Recht<br />
DIE KÜNDIGUNGSFRIST<br />
UND I<strong>HR</strong>E BERECHNUNG<br />
HÄUFIGE «KNACKNÜSSE» BEI DER FRIST FÜR DIE ORDENTLICHE KÜNDIGUNG<br />
BETREFFEN DIE ZUSTELLUNG DER KÜNDIGUNG. AB WANN DIESE GILT UND WIE SICH<br />
EINE ERKRANKUNG EINES MITARBEITENDEN AUF DIE KÜNDIGUNGSFRIST AUSWIRKT.<br />
Gastbeitrag: Philipp Meier Schleich<br />
Philipp Meier Schleich<br />
ist Rechtsanwalt und<br />
Partner bei LANTER<br />
Anwälte & Steuerberater.<br />
Er berät und<br />
vertritt Unternehmen<br />
und Privatpersonen in<br />
allen arbeitsrechtlichen<br />
Belangen. lanter.biz<br />
Damit eine ordentliche Kündigung auf den beabsichtigten<br />
Termin wirksam ist, muss sie dem Empfänger vor Beginn der<br />
Kündigungsfrist «zugehen». 1 Dieser Zugang wirft in der Praxis<br />
immer wieder Fragen auf. Problemlos ist eine mündliche<br />
Erklärung oder eine persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens<br />
an den Empfänger. In diesen Fällen findet der<br />
Zugang sofort und ohne Verzögerung statt.<br />
Verzögerter Zugang<br />
In anderen Fällen erfolgt der Zugang später, nämlich wenn<br />
die Erklärung in den «Machtbereich» des Empfängers (wie<br />
etwa dessen Briefkasten) gelangte und nach Treu und Glauben<br />
angenommen werden darf, der Empfänger habe die<br />
Möglichkeit zur Kenntnisnahme gehabt. So gilt ein am Sonntag<br />
in den Briefkasten des Empfängers eingeworfenes Kündigungsschreiben<br />
normalerweise frühestens am Montag als<br />
zugestellt. Sonderregeln gelten, wenn das Kündigungsschreiben<br />
per eingeschriebenem Brief verschickt wurde, der Postbote<br />
den Empfänger aber nicht zu Hause antraf und daher<br />
eine Abholungseinladung hinterliess. Hier wird meist angenommen,<br />
dass der Zugang an jenem Tag erfolgte, ab dem<br />
der Brief bei der Post zur Abholung bereit lag. Das ist in der<br />
Regel der erste Werktag nach dem Zustellversuch.<br />
Etwas anderes gilt, wenn der Empfänger – etwa wegen eines<br />
Spitalaufenthalts oder einer Ferienreise – nicht in der Lage<br />
ist, Kenntnis vom Kündigungsschreiben zu erlangen, und der<br />
Kündigende davon wusste. Dann muss anhand der Umstände<br />
bestimmt werden, ab welchem Zeitpunkt man nach Treu und<br />
Glauben annehmen darf, der Empfänger habe vom Schreiben<br />
Kenntnis erlangen können.<br />
Diese Fristen können durch eine schriftliche Abrede, einen<br />
Normalarbeits- oder einen Gesamtarbeitsvertrag abgeändert<br />
werden, wobei eine Herabsetzung der Frist auf unter einen<br />
Monat einzig durch einen Gesamtarbeitsvertrag und nur für<br />
das erste Dienstjahr erfolgen darf (Artikel 335 Absatz 2 OR).<br />
Gilt die gesetzliche Regelung, fragt sich bei den Übergängen<br />
vom ersten zum zweiten und vom neunten zum zehnten Dienstjahr,<br />
welche Kündigungsfrist zur Anwendung kommt. Gemäss<br />
Rechtsprechung ist der Zeitpunkt des Kündigungszugangs beim<br />
Empfänger entscheidend. Das heisst: Erfolgt der Zugang noch<br />
vor Ende des ersten Dienstjahrs, gilt die Frist des ersten Dienstjahrs,<br />
die nur einen Monat beträgt – auch wenn die Frist in das<br />
zweite Dienstjahr «hineinragt» und das Ende des Arbeitsverhältnisses<br />
somit in diesem zu liegen kommt.<br />
Achtung bei Arbeitsunfähigkeit<br />
Eine weitere Konstellation, die in der Praxis oft zu Fragen führt:<br />
Der Arbeitnehmende wird für eine gewisse Zeit arbeitsunfähig,<br />
nachdem der Arbeitgebende gekündigt hat. Für den Fall, dass<br />
«der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit<br />
oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung<br />
verhindert ist», statuiert das Gesetz bei nach der Probezeit ausgesprochenen<br />
Arbeitgeber-Kündigungen eine Sperrfrist, deren<br />
Dauer vom Dienstjahr abhängt. (Artikel 336c Absatz 1 lit. b OR):<br />
Dienstjahr<br />
Sperrfrist<br />
1 30 Tage<br />
2 bis 5 90 Tage<br />
≥ 6<br />
180 Tage<br />
1<br />
Zu weiteren Voraussetzun<br />
Grenzfälle bei der Fristdauer<br />
Hinsichtlich der Dauer der Frist für die ordentliche Kündigung<br />
nach der Probezeit enthält das Gesetz eine Regelung, die auf<br />
die Anzahl Dienstjahre abstellt (Artikel 335c Absatz 1 Obligationenrecht,<br />
OR):<br />
Dienstjahr<br />
Kündigungsfrist<br />
1 1 Monat*<br />
Tritt eine Sperrfrist ein, nachdem eine Kündigung ausgesprochen<br />
wurde, bewirkt diese eine Unterbrechung der Kündigungsfrist,<br />
wenn sie bis dahin noch nicht abgelaufen ist<br />
(Artikel 336c Absatz 2 OR). Gilt für die Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Monatsende, und<br />
fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist<br />
zusammen, verlängert sich diese Frist bis zum nächstfolgenden<br />
Endtermin (Artikel 336c Absatz 3 OR).<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
gen wie allfälligen Formvorschriften<br />
siehe beispielsweise<br />
«Stolpersteine bei der<br />
ordentlichen Kündigung»,<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> 04/2014.<br />
2 bis 9 2 Monate*<br />
≥ 10<br />
* je auf Ende eines Monats<br />
3 Monate*<br />
Rückrechnung vom Endtermin<br />
Hier fragt sich zunächst, ob und wie die Kündigungsfrist<br />
unterbrochen wird. Gemäss neuerer Rechtsprechung<br />
bestimmt sich die Kündigungsfrist durch Rückrechnung vom<br />
36
Arbeit und Recht<br />
THEMA<br />
ursprünglichen Endtermin. Zur Illustration wird<br />
von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, das<br />
unter Einhaltung einer einmonatigen Frist auf<br />
Monatsende gekündigt werden kann. Wird am<br />
15. Mai auf den 30. Juni gekündigt, kommt die<br />
Kündigungsfrist auf den Zeitraum 1. bis 30. Juni<br />
zu liegen. Eine Arbeitsunfähigkeit kann daher erst<br />
ab dem 1. Juni die Sperrfrist auslösen und einen<br />
Unterbruch der Kündigungsfrist bewirken. Ist der<br />
Arbeitnehmende aber während der Kündigungsfrist<br />
arbeitsunfähig, so steht die Kündigungsfrist<br />
während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit still,<br />
solange nicht die Dauer der Sperrfrist überschritten<br />
ist. Ist der Arbeitnehmende also beispielsweise<br />
HABEN SIE FRAGEN ZUM THEMA? ANTWORTEN GIBT ES<br />
AUF <strong>HR</strong> COSMOS,DEM GRÖSSTEN <strong>HR</strong>-WISSENSNETZWERK<br />
DER SCHWEIZ MIT ÜBER 3000 MITGLIEDERN.<br />
<strong>HR</strong>-COSMOS.CH ODER QR-CODE SCANNEN.<br />
vom 11. Juni bis und mit 20. Juni arbeitsunfähig,<br />
steht die Kündigungsfrist während dieser zehn Tage<br />
still und läuft erst am 21. Juni weiter. Das hat zur<br />
Folge, dass die Kündigungsfrist erst 10 Tage später<br />
abläuft, also am 10. Juli statt am 30. Juni. Hinzu<br />
kommt, dass im Beispielfall das Monatsende als<br />
Endtermin festgelegt ist. Deshalb geht das Arbeitsverhältnis<br />
gestützt auf Artikel 336c Absatz 3 OR<br />
nicht am 10. Juli, sondern erst am Monatsende und<br />
somit am 31. Juli zu Ende. Wichtig zu wissen: Eine<br />
weitere Arbeitsunfähigkeit während dieser «zusätzlichen»<br />
Verlängerungsphase aufgrund eines Endtermins<br />
beziehungsweise aufgrund von Artikel 336c<br />
Absatz 3 OR (wie hier vom 11. Juli bis zum 31. Juli)<br />
kann keine Sperrfrist mehr auslösen, zumal die<br />
Kündigungsfrist ja schon abgelaufen ist.<br />
Zusätzliches Kopfzerbrechen kann die folgende<br />
Konstellation bereiten: Eine Arbeitsunfähigkeit,<br />
welche die Kündigungsfrist unterbricht, zieht sich<br />
in das nächste Dienstjahr, für das eine andere<br />
Sperrfrist gilt. Das kann beim Übergang vom<br />
ersten zum zweiten Dienstjahr, oder aber jenem<br />
vom fünften zum sechsten Dienstjahr geschehen<br />
(siehe Tabelle). Hier wird mehrheitlich angenommen,<br />
dass die kürzere Sperrfrist massgebend ist,<br />
wenn die Kündigungsfrist nach dem durch die<br />
Sperrfrist eingetretenen Unterbruch noch im<br />
alten Dienstjahr abläuft. Eine allfällige zusätzliche<br />
Verlängerung aufgrund von Artikel 336c<br />
Absatz 3 OR zum Endtermin bleibt insofern unbeachtlich.<br />
Ist die Kündigungsfrist im alten Dienstjahr<br />
aber noch nicht abgelaufen, kommt die<br />
längere Sperrfrist zum Tragen, wobei die Dauer<br />
der im alten Dienstjahr «verbrauchten» Sperrfrist<br />
angerechnet wird.<br />
a<br />
SÄMTLICHE HAUPT- UND NEBENTÄTIGKEITEN BEIM GLEICHEN<br />
ARBEITGEBENDEN UNTERSTEHEN DEM BVG-OBLIGATORIUM<br />
Rechtsanwältin Sonja<br />
Stark-Traber, LL.M.,<br />
Sozialversicherungsfachfrau<br />
mit eidgenössischem<br />
Fachausweis,<br />
ist Partnerin in der<br />
Wirtschaftsanwaltskanzlei<br />
Suter Howald<br />
Rechtsanwälte in Zürich<br />
und sowohl beratend als<br />
auch prozessierend im<br />
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />
tätig.<br />
suterhowald.ch<br />
BGE 9C_31/2021, Urteil vom 14. April <strong>2022</strong> (zur Publikation<br />
vorgesehen)<br />
Das Urteil<br />
Arbeitnehmer A. war von 2011 bis 2017 als Sozialarbeiter in<br />
einem 100-Prozent-Pensum tätig und bei der BVK Personalvorsorge<br />
des Kantons Zürich in der beruflichen Vorsorge<br />
versichert. In den Jahren 2013 bis 2015 arbeitete er zugleich<br />
in einem geringen Pensum als sozialpädagogischer Familienbegleiter.<br />
Für diese Nebentätigkeit wurden ihm vom Lohn<br />
keine BVG-Beiträge abgezogen. Für beide Tätigkeiten war A.<br />
beim Kanton Zürich angestellt.<br />
A. klagte beim Sozialversichersicherungsgericht des Kantons<br />
Zürich auf Entrichtung der ordentlichen BVG-Beiträge auf<br />
seinem Nebenverdienst. Das Sozialversicherungsgericht wies<br />
die Klage gestützt auf Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2 ab. Nach dieser<br />
Bestimmung sind Arbeitnehmende, die nebenberuflich<br />
tätig und für eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit obligatorisch<br />
versichert sind, oder im Hauptberuf eine selbständige<br />
Erwerbstätigkeit ausüben, der obligatorischen Versicherung<br />
gemäss BVG nicht unterstellt. Das Sozialversicherungsgericht<br />
befand, diese Regelung gelte auch im Fall von Mehrfachbeschäftigungen<br />
beim gleichen Arbeitgebenden, die in keinem<br />
Zusammenhang zueinander stünden.<br />
Das Bundesgericht wiederum hiess die von A. gegen den<br />
Entscheid erhobene Beschwerde gut. Grund für den Erlass<br />
von Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2 sei es gewesen, so weit wie möglich<br />
zu verhindern, dass Arbeitnehmende, die im Dienste<br />
mehrerer Arbeitgebenden stehen, für jede Tätigkeit der obligatorischen<br />
beruflichen Vorsorge unterstellt würden. Das<br />
würde bei den beteiligten Vorsorgeeinrichtungen einen nicht<br />
unerheblichen administrativen Aufwand verursachen, der bei<br />
geringfügigen Nebenerwerbstätigkeiten in keinem Verhältnis<br />
zum verbesserten Vorsorgeschutz des Arbeitnehmenden<br />
stünde. Dieser Zweckgedanke komme jedoch nicht zum<br />
Tragen, wenn ein Arbeitnehmender beim gleichen Arbeitgebenden<br />
mehrere Tätigkeiten ausübe. In diesen Fällen sei<br />
jeweils dieselbe Vorsorgeeinrichtung zuständig, womit der<br />
Mehraufwand für die Versicherung kaum ins Gewicht falle.<br />
Weiter sei auch auf die nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr<br />
hinzuweisen, die bestünde, wenn die aus verschiedenen Tätigkeiten<br />
erzielten Löhne beim gleichen Arbeitgebenden nicht<br />
kumuliert würden. Ein Arbeitgebender könnte damit durch<br />
Abschluss mehrerer Arbeitsverträge mit demselben Arbeitnehmenden<br />
Arbeitsverhältnisse schaffen, die den Mindestlohn<br />
für die obligatorische Versicherung gemäss BVG nicht erreichen,<br />
und auf diese Weise das BVG-Obligatorium ganz oder<br />
teilweise umgehen.<br />
Daraus folgt gemäss Bundesgericht, dass in Fällen, in denen<br />
ein Arbeitnehmender beim gleichen Arbeitgebenden sowohl<br />
im Haupt- als auch im Nebenerwerb tätig ist, Art. 1j Abs. 1<br />
lit. c BVV2 keine Anwendung findet. Vielmehr sind in diesen<br />
Fällen die erzielten Löhne in Anwendung von Art. 2 Abs. 1 BVG<br />
zusammenzurechnen.<br />
Konsequenz für die Praxis<br />
Soweit ein Arbeitnehmender für seine hauptberufliche Tätigkeit<br />
obligatorisch in der beruflichen Vorsorge versichert ist, unterstehen<br />
allfällige Nebentätigkeiten nicht dem BVG-Obligatorium<br />
(Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2). Falls für die Nebentätigkeit keine freiwillige<br />
Versicherung gemäss Art. 46 BVG abgeschlossen wird,<br />
ist der erzielte Nebenverdienst deshalb nicht BVG-beitragspflichtig.<br />
Das Bundesgericht stellte mit dem vorliegenden Entscheid<br />
jedoch klar, dass das nicht gilt, wenn die Mehrfachbeschäftigung<br />
durch den gleichen Arbeitgebenden erfolgt. In diesem Fall sind<br />
BVG-Beiträge auf dem gesamten Verdienst zu entrichten. Arbeitgebende,<br />
die mehr als ein Arbeitsverhältnis mit dem gleichen<br />
Arbeitnehmenden eingehen, sollten deshalb sicherstellen, dass<br />
die BVG-Beiträge auf dem gesamten Lohn entrichtet werden,<br />
um spätere Nachforderungen zu vermeiden.<br />
a<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
37
Das Studienprojekt zum Schweizer Arbeitsmarkt im Überblick:<br />
Fachkräftemangel in der Schweiz – April<br />
Arbeitgeber bringen sich in Position – Mai<br />
RESEARCH<br />
Nachhaltige Strategien – Juni<br />
Report zu Branchen und Berufsgruppen – Juli<br />
Auswertung und Ergebnisse der Umfrage – Oktober<br />
DER BRANCHEN-REPORT<br />
ZUM FACHKRÄFTEMANGEL –<br />
EIN KLEINER VORGESCHMACK<br />
FAST ÜBERALL WIRD ÜBER FACHKRÄFTE- ODER PERSONALMANGEL GEKLAGT. IN BRANCHEN MIT STRUKTURELLEM MANGEL<br />
LOHNT ES SICH, GENAUER HINZUSCHAUEN. UM DIESE STRUKTURELLEN PROBLEME ZU BEHEBEN, MÜSSEN DIE URSACHEN<br />
BEKANNT SEIN. DIESE SIND JE NACH BRANCHE ANDERS. VON RUNDSTEDT HAT VERSCHIEDENE SCHLÜSSELBRANCHEN<br />
IDENTIFIZIERT UND FÜ<strong>HR</strong>T AKTUELL ME<strong>HR</strong>ERE GESPRÄCHE MIT BRANCHENKENNERN. DARAUS ENTSTEHT EIN<br />
BRANCHEN-REPORT ZUM FACHKRÄFTEMANGEL, DER IM HERBST <strong>2022</strong> PUBLIZIERT WIRD. ERSTE ERKENNTNISSE.<br />
MINT-BERUFE<br />
• Wachsender Bedarf durch<br />
technischen und digitalen<br />
Fortschritt<br />
• Schwierigkeitsgrad<br />
der Ausbildung<br />
• Fehlende Fachkarrieren<br />
QUALIFIZIERTE<br />
HANDWERKER<br />
• Akademisierung<br />
von Berufsbildern<br />
• Tiefere Einkommens erwartung<br />
• Arbeitsbedingungen<br />
• Fehlende Karriereperspektiven<br />
PFLEGE<br />
• Wachsender Bedarf<br />
durch Überalterung<br />
• Arbeitszeiten und -bedingungen<br />
• Operativer Fokus<br />
in der Personalarbeit<br />
• Kostendruck<br />
Pascal Scheiwiller<br />
CEO von Rundstedt<br />
LOGISTIK<br />
GASTRONOMIE<br />
• Wachsender Bedarf<br />
durch Online-Handel und<br />
Individualisierung Delivery<br />
• Arbeitszeiten und -bedingungen<br />
• Temporär geprägte Branche<br />
• Arbeitsbedingungen<br />
• Karriereperspektiven<br />
• Kaum Personalarbeit<br />
• Einfacher Branchenwechsel<br />
Als gemeinsamen Nenner lassen sich zwei Aussagen<br />
ableiten: Bei der Arbeitsnachfrage führt die digitale<br />
Transformation in einigen Bereichen zum rasant<br />
wachsenden Bedarf nach spezifischen Berufsbildern<br />
und Fachkräften. Beim Arbeitsangebot sind es häufig<br />
schlechte Arbeitsbedingungen, Reputation oder<br />
fehlende Entwicklungsperspektiven, die dazu führen,<br />
dass sich Arbeits- und Fachkräfte abwenden<br />
und in andere Branchen abwandern. Treffen beide<br />
Aspekte gleichzeitig aufeinander, ist ein erheblicher<br />
Fachkräftemangel vorprogrammiert.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Wir brauchen Ihre Meinung!<br />
Wie erleben Sie den Fachkräftemangel<br />
und andere <strong>HR</strong>-Entwicklungen?<br />
Wir bitten Sie und die ganze Schweizer <strong>HR</strong> Community, an der von-Rundstedt-Umfrage<br />
zum «Fachkräftemangel in der Schweiz» teilzunehmen.<br />
Wie erleben Sie den Fachkräftemangel und andere <strong>HR</strong>-Entwicklungen bei<br />
Ihnen im Unternehmen? Die Umfrageergebnisse werden im Spätsommer<br />
ausgewertet und im Oktober im <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> publiziert.<br />
In der von-Rundstedt-Publikation zum Fachkräftemangel<br />
wird im Oktober <strong>2022</strong> in einem Whitepaper<br />
detaillierter auf die Ergebnisse eingegangen und<br />
mögliche Lösungsstrategien werden aufgezeigt.<br />
Die detaillierten Resultate und Zahlen der gesamten<br />
Studie können Sie dem Whitepaper oder dem<br />
separaten Online-Artikel entnehmen. Diese finden<br />
Sie unter: rundstedt.ch oder research.<br />
hrtoday.ch.<br />
38
Sozialversicherungen<br />
THEMA<br />
HERAUSFORDERUNG KLIMAWANDEL:<br />
WIE PENSIONSKASSEN<br />
EINEN BEITRAG LEISTEN<br />
INSTITUTIONELLE INVESTOREN SPIELEN PUNKTO NACHHALTIGKEIT EINE WICHTIGE ROLLE, DA SIE<br />
FINANZSTRÖME IN DIE GEWÜNSCHTEN SEKTOREN LENKEN KÖNNEN – SO AUCH PENSIONSKASSEN.<br />
Gastbeitrag: Beatrice Stadler<br />
Beatrice Stadler ist<br />
ESG-Managerin bei<br />
der Sammelstiftung<br />
Vita. Mit rund 23 500<br />
angeschlossenen Unternehmen<br />
und über<br />
142 000 Versicherten<br />
ist die Sammelstiftung<br />
Vita eine der<br />
grössten teilautonomen<br />
Sammelstiftungen<br />
in der Schweiz.<br />
vita.ch<br />
Der Klimaschutz ist eine der grössten Herausforderung unserer<br />
Zeit. Sollen die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht<br />
werden, ist es entscheidend, die Finanzflüsse klimaverträglich<br />
auszurichten, denn auch Investitionen verursachen CO 2<br />
-Emissionen.<br />
Mit der Integration von ESG-Kriterien im Anlageprozess<br />
leisten Pensionskassen einen Beitrag zur Dekarbonisierung<br />
der Wirtschaft.<br />
Anlage von Pensionskassengelder<br />
Mit einer Bilanzsumme von insgesamt 1063 Milliarden Schweizer<br />
Franken per Ende 2020 verfügen die Vorsorgeeinrichtungen<br />
in der Schweiz beim grünen Anlegen über eine grosse Hebelwirkung.<br />
Die Integration der ESG-Aspekte in ein Anlageportfolio<br />
ist jedoch nicht ganz so trivial, wie es auf den ersten<br />
Blick scheint: Die Vorsorgeeinrichtungen befinden sich in<br />
einem Spannungsfeld von Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit.<br />
Wie Vorsorgegelder angelegt werden dürfen, wird in den An -<br />
lagevorschriften der Verordnung über die berufliche Vorsorge<br />
geregelt. In dieser wird allerdings nicht explizit auf nachhaltiges<br />
Investieren eingegangen. Im erweiterten Sinne kann die<br />
Integration von ESG-Kriterien im Anlageprozess als Teil der<br />
treuhänderischen Sorgfaltspflicht verstanden werden.<br />
«Grüne» Anlagen sind demnach gesetzlich erlaubt, solange<br />
das langfristige Vorsorgeziel nicht beeinträchtigt wird und die<br />
Anlagerisiken angemessen diversifiziert sind.<br />
Entscheid über Anlagen liegt beim Stiftungsrat<br />
Mit gestiegenem Bewusstsein für den Klimawandel legen die<br />
Versicherten zunehmend Wert auf eine umsichtige und nachhaltige<br />
Anlage ihres Vorsorgevermögens. Doch wie «grün»<br />
darf es sein? Die Meinung der Versicherten abzuholen, wäre<br />
wünschenswert, ist aber bei grösseren Sammelstiftungen<br />
kaum umsetzbar. Der Entscheid, wie Vorsorgegelder angelegt<br />
werden, obliegt jedoch dem Stiftungsrat. Als oberstes Organ<br />
einer Vorsorgeeinrichtung nimmt er die Interessen der Versicherten<br />
wahr und legt deren strategische Ziele sowie Grundsätze<br />
fest. Auch wenn er sich für verantwortungsbewusstes<br />
Investieren entscheidet, ist es damit allein noch nicht getan.<br />
Ein klarer Umsetzungsfahrplan, eine laufende Messung und<br />
eine transparente Berichterstattung sind ebenso vonnöten.<br />
Gemeinsames Verständnis<br />
Eine erste Hürde ist oft der Konsens. Wie soll die Nachhaltigkeitsstrategie<br />
aussehen? Und wie wird der Begriff Nachhaltigkeit<br />
interpretiert? Zudem gibt es keine einheitliche, allgemein<br />
verbindliche Definition für ESG. Dafür eigene Präferenzen in<br />
Form von Grundsätzen festzulegen, ist elementar, weil diese<br />
die Basis für die Ausgestaltung der Anlagestrategie bilden, in<br />
der ESG-Aspekte auf unterschiedliche Art integriert werden.<br />
Ein zentrales Element ist beispielsweise die direkte Einflussnahme<br />
auf investierte Unternehmen. Das geschieht durch<br />
die Ausübung der Stimmrechte und über einen aktiven Dialog.<br />
Seit der 2013 angenommenen Minder-Initiative ist die Stimmrechtsausübung<br />
bei börsenkotierten Aktien bei den Schweizer<br />
Vorsorgeeinrichtungen fest verankert. Noch liegt der Fokus<br />
meist auf der Vergütung und der Wahl von Verwaltungsratsmitgliedern,<br />
also dem «G» von ESG. Ein stärkeres Abstimmungsverhalten<br />
zu Klima- und sozialen Themen sollte daher<br />
stärker ins Auge gefasst werden.<br />
Ein weiterer einflussreicher Hebel ist das Portfoliomanagement,<br />
wo die klassische Finanzanalyse mit ESG-Kriterien<br />
ergänzt wird. Dabei kommen Negativ- und Positivkriterien<br />
zur Anwendung. Besonders häufig sind Ausschlüsse, die sich<br />
auf Branchen, Aktivitäten oder Geschäftspraktiken beziehen,<br />
wie Firmen, die Massenvernichtungswaffen herstellen, oder<br />
der Kohleabbau. Viele Pensionskassen halten sich hierzu an<br />
die Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste<br />
Kapitalanlagen (SVVK-ASIR). Der Verein führt eine<br />
schwarze Liste mit Unternehmen, die nachweislich gegen<br />
Schweizer Gesetze sowie von der Schweiz ratifizierte internationale<br />
Konventionen verstossen. Das Investieren in solche<br />
Firmen ist heutzutage aus ethischen und ökologischen Gründen<br />
nicht vertretbar. Bei den Ausschlüssen steht die Risikoverminderung<br />
im Vordergrund.<br />
Die wirkungsorientierten und Themenanlagen zielen hingegen<br />
darauf ab, einen positiven und messbaren Beitrag zu drängenden<br />
Herausforderungen der Welt zu leisten. Bei der Implementierung<br />
der unterschiedlichen Ansätze muss auf Stufe<br />
Gesamtvermögen jedoch sichergestellt werden, das Vorsorgeziel<br />
nicht zu beeinträchtigen. So ist das Rendite-Risiko-<br />
Profil nachhaltiger Anlagen nicht automatisch besser als jenes<br />
eines klassischen Portfolios und eine eindimensionale Ausrichtung<br />
daher wenig sinnvoll. Einer nachhaltigen Anlage muss<br />
es gelingen, Nachhaltigkeits- und Kapitalmarktziele gleichzeitig<br />
zu erreichen. Pensionskassen sind dabei gefordert, denn<br />
die Formulierung und die konsistente Implementierung einer<br />
Nachhaltigkeitsstrategie werden anhand verschiedener Massnahmen<br />
immer wichtiger. <br />
a<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
39
THEMA<br />
Reverse Coaching<br />
VERKE<strong>HR</strong>T HERUM<br />
REVERSE COACHING BEDEUTETE IN DER VERGANGENHEIT, DASS JUNGE MITARBEITENDE<br />
ÄLTERE IN IT-FRAGEN COACHEN, WÄ<strong>HR</strong>END ERFA<strong>HR</strong>ENE MITARBEITENDE JÜNGERE<br />
BEI WEICHEN FAKTOREN BERATEN. DAS KONZEPT ÄNDERT SICH GERADE.<br />
Gastbeitrag: Rebecca Eberle, Sandra Vögel, Stephan Laske, Peter Ziswiler, Gerhard Graf<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Rebecca Eberle,<br />
Consultant Change<br />
Management & <strong>HR</strong>,<br />
Horváth Schweiz<br />
Sandra Vögel,<br />
Senior Advisor Change<br />
Management & <strong>HR</strong>,<br />
Horváth Schweiz<br />
Peter Ziswiler,<br />
C<strong>HR</strong>O Georg<br />
Fischer AG<br />
Die Arbeitswelt hat sich verändert und damit die Ansprüche<br />
der Arbeitnehmenden. Auch das Reverse Coaching muss in<br />
diesem Kontext neu betrachtet werden. Dass es nicht «einfach<br />
so» weitergeht, verdeutlichen die Erfahrungen eines <strong>HR</strong>-Leitenden<br />
eines KMU: «In den letzten beiden Wochen kündigten<br />
drei Nachwuchstalente. Einer nimmt einen Lehrerjob an, die<br />
zweite geht zu einem Start-up-Unternehmen und der dritte<br />
weiss noch gar nicht, was er machen möchte. Ich bin seit<br />
vielen Jahre als <strong>HR</strong>-Leiter tätig und habe so etwas noch nicht<br />
erlebt. Wir haben einen guten Ruf, gelten als Vorzeigearbeitgeber,<br />
sind weltweit aktiv, zahlen überdurchschnittliche<br />
Gehälter und kümmern uns um unsere Leute. Trotzdem verlassen<br />
Spitzentalente unser Unternehmen.» Als Austrittsgrund<br />
fielen immer häufiger die Worte «fehlender Austausch» und<br />
«Lernträgheit». «Ich glaube, erfahrene Angestellte müssen<br />
junge Mitarbeitende besser verstehen. Wie sie denken, arbeiten,<br />
sich vernetzen und leisten. Älteren müssen aufhören,<br />
‹den Jungen› zu erklären, wie die Welt funktioniert, was richtig<br />
und was falsch ist. Andersrum denke ich, dass jüngere<br />
Generationen einen Mehrwert für ihre Karrieren daraus ziehen,<br />
wenn sie besser verstehen, welche Glaubenssätze, Denkhaltungen<br />
und Wertemuster auch künftig für Erfolg stehen. Wenn<br />
wir es schaffen, Erfahrungen und Hintergründe auf Augenhöhe<br />
zusammenzubringen, könnte etwas Neues und Wertstiftendes<br />
für unser Unternehmen entstehen, das uns für die<br />
Zukunft fit macht.»<br />
Reverse Coaching unter der Lupe<br />
Doch was bedeutet Reverse Coaching 2.0 – in Bezug auf<br />
Funktionsarchitektur, Inhalte, Rollen sowie die Aspekte Lernen<br />
und Funktionsbedingungen? Es illustriert einen Modus, wie<br />
unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen und Werthaltungen<br />
miteinander verknüpft werden. Dabei ist die generationenübergreifende<br />
Entwicklung nebst dem kultur-, hierarchie-<br />
oder teamübergreifenden Lernen ein weiteres<br />
Ordnungskriterium. Wofür sich ein Betrieb entscheidet, hängt<br />
von der aktuellen Unternehmenssituation ab. Die generationenübergreifende<br />
Zusammenarbeit soll Lernvielfalt und Professionalität<br />
im Businessalltag stärken und alle Mitarbeitenden<br />
in ihrer Unterschiedlichkeit aktivieren und entwickeln.<br />
Hierfür praktizieren die Beteiligten ein wechselseitiges Geben<br />
und Nehmen, um das Unternehmen im Sinne einer Hochleistungsorganisation<br />
«zukunftsfitter» zu machen. «Reverse»<br />
steht dabei für eine Dynamik, die an die Kreislaufwirtschaft<br />
erinnert: Das klassische Rollenkonzept von Coach und Coachee<br />
löst sich auf. Beide entscheiden themenspezifisch selbstorganisiert,<br />
wie sie innerhalb eines Austauschs oder über<br />
mehrere Sitzungen hinweg das Wechselspiel ihrer Rollen<br />
gestalten und welche Inhalte sie besprechen. Beispielsweise<br />
Arbeitsmodelle, Wertsysteme, Qualitätsbewusstsein, Digitalisierung<br />
oder Arbeitsmethodik. Die Praxis zeigt, dass die<br />
Lernpräferenz beider Beteiligten darüber entscheidet, wie sie<br />
die Sitzungen gestalten und worüber sie sprechen.<br />
DAS KLASSISCHE<br />
REVERSE COACHING 2.0<br />
ERMÖGLICHT INHALTLICHE<br />
VIELFALT DER PERSPEKTIVEN<br />
UND DENKWEISEN<br />
IM UNTERNEHMEN.<br />
Reverse Coaching 2.0 ermöglicht inhaltliche Vielfalt der Perspektiven<br />
und Denkweisen im Unternehmen. Je unterschiedlicher<br />
die Beteiligten nach Alter, Geschlecht, fachlicher Ausrichtung<br />
oder kulturellem Hintergrund den Dialog suchen,<br />
desto grösser die Chance, passende Antworten auf die<br />
Komplexität und Dynamik des Unternehmens zu finden und<br />
in die Denk- und Handlungsmuster des eigenen Handelns<br />
zu bringen. Auf diese Weise wird abstrakt geforderte Diversität<br />
praktisch eingelöst. Das «Andere» macht neugierig, ist<br />
40
Reverse Coaching<br />
THEMA<br />
GRAFIK: iSTOCK<br />
Stephan Laske,<br />
Vorstandsmitglied<br />
Transformation<br />
Management AG,<br />
St. Gallen<br />
Gerhard Graf,<br />
Vorsitzender des<br />
Vorstands, Transformation<br />
Management<br />
AG, St. Gallen<br />
Herausforderung und Entwicklungsimpuls nach dem Motto<br />
«Ich inte ressiere mich für das, was ich selbst nicht denke!»<br />
(F. A. Meyer). Reverse Coaching 2.0 ist somit nicht nur ein<br />
Tool, sondern auch ein vielschichtiges, zirkulär-selbstgesteuertes<br />
Lern- und Entwicklungsinstrument. Dessen Lernpotenzial<br />
liegt in der Vielfalt der applizierbaren Inhalte und im<br />
Wechselspiel der Rollen. Doch welche Voraussetzungen müssen<br />
gegeben sein, um diese Offenheit im Unternehmen leben<br />
zu können?<br />
Zwei Faustregeln für eine erfolgreiche Anwendung:<br />
Über den Schatten der «Ich weiss es eh schon»-Haltung<br />
springen<br />
Hier gilt: gedankliche Scheuklappen abzunehmen und die<br />
mental-hierarchischer Distanz zu reduzieren. Eigene Denkund<br />
Verhaltensmuster sollten verworfen werden, die verbal<br />
immer wieder verstärkt werden. Ausserdem sind Themen- und<br />
Wissenstabus offenzulegen, persönliche Sichtweisen und<br />
gegenwärtig (noch) fehlende Toleranz ohne Wertung unverblümt<br />
darzustellen. Auf dieser Basis ist klar, wo der Dialog<br />
anzusetzen und aufzubauen ist. Nicht zu unterschätzen ist<br />
auch der Bedarf an aufgebrachter Eigenenergie: Das Erlernen<br />
von Neuem braucht in erster Instanz oft den aufwendigen<br />
Schritt des Verlernens (un)bewusster Routinen und Handlungsmuster.<br />
Es hilft, mit bisherigen Glaubenssätzen zu brechen.<br />
Etwa: «Je weiter oben in der Hierarchie, desto weniger<br />
darf fehlendes Wissen offengelegt werden.»<br />
Nur bei klaren Strukturen sind Diskussions-Freiräume möglich<br />
Aufgrund der inhaltlichen und rollenbezogenen Flexibilität<br />
sollten Rahmenbedingungen der Reverse-Coaching-Struktur<br />
REVERSE COACHING 2.0<br />
IST NICHT NUR EIN TOOL,<br />
SONDERN EIN VIELSCHICH-<br />
TIGES, ZIRKULÄR-SELBST-<br />
GESTEUERTES LERN- UND<br />
ENTWICKLUNGSINSTRUMENT.<br />
und des Ablaufs vorab definiert werden und beide sollten sich<br />
dazu verpflichten. Dabei zählen unter anderem Fragen wie:<br />
Welche Themen interessieren uns beide (Richtwert: mindestens<br />
ein Thema pro Coaching-Partner)? Wie wollen wir den<br />
Rollenwechsel leben: innerhalb einer einzelnen Sitzung oder<br />
aufgeteilt in mehrere Sitzungen? Wie wichtig ist uns die Arbeit<br />
mit Fallbeispielen? Wie viel wollen wir aus unserer persönlichen<br />
Erfahrung einbringen? Wie gehen wir mit dem Thema Vertrauen<br />
um: Darf über Inhalte der Coaching-Session gesprochen<br />
werden oder nicht? Um Reverse Coaching zielgerichtet<br />
einsteuern zu können, bedarf es in erster Linie Kenntnis der<br />
Erfolgsbedingungen. <strong>HR</strong> spielt eine zentrale Rolle als Ansatzentwickler,<br />
Wissensvermittler und Promotor.<br />
a<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
41
THEMA<br />
Retention<br />
SCHLÜSSEL-<br />
PERSONEN<br />
VERSICHERN?<br />
1<br />
Was beinhalten Versicherungen<br />
für Schlüsselpersonen?<br />
FALLEN SCHLÜSSELPERSONEN IN<br />
EINEM UNTERNEHMEN AUS, KANN<br />
DAS FATALE FOLGEN HABEN. WIE<br />
UNTERNEHMEN DAS VERMEIDEN.<br />
Text und Interviews: Christine Bachmann<br />
«Können Unternehmen von einem Moment auf<br />
den anderen nicht mehr auf Schlüsselpersonen<br />
mit individueller langjähriger Erfahrung zurückgreifen,<br />
stellt das für sie einen der grössten Schäden<br />
dar», weiss Pia Tischhauser, Managing Director<br />
& Senior Partner des Zürcher Büros der Boston<br />
Consulting Group. Eine Schlüsselpersonen-Versicherung<br />
nütze vor allem Unternehmen, die auf<br />
die Marke einer einzelnen Person gebaut hätten.<br />
«Aber auch Firmen, deren Fachpersonen ausfallen<br />
und der Betrieb dadurch nicht aufrechterhalten<br />
werden kann.» Beispielsweise bei speziell<br />
geschultem Personal wie Lokführern, wo aufgrund<br />
eines Personalmangels sogar Zugverbindungen<br />
gestrichen werden müssten. Zielpersonen für eine<br />
Schlüsselpersonen-Versicherung seien aber auch<br />
Starköche in einem Restaurant, Spitzenspieler in<br />
einem Fussballverein oder Leadsänger einer Band.<br />
Wichtig bei Ausfällen ist gemäss Pia Tischhauser,<br />
dass diese klar beziffert werden: «Das ist oft nicht<br />
einfach.» Auch müsse das Unternehmen nachweisen,<br />
ob es Governance-Vorkehrungen wie<br />
Stellvertretungen für solche Eventualitäten<br />
getroffen habe.<br />
Eine gute Governance ist für Tischhauser wichtiger<br />
als eine Geldauszahlung bei einem personellen<br />
Ausfall: «Stellen Sie sich vor, eine Schlüsselperson<br />
verlässt das Unternehmen. Bricht dann alles<br />
zusammen, hat das Management bei der Nachfolgeplanung<br />
und Stellvertreterreglung seinen Job<br />
nicht gemacht.»<br />
a<br />
Claudio Grass<br />
Leiter Marktentwicklung<br />
Funk Insurance Brokers AG<br />
Alexandra Waldmeier<br />
Mediensprecherin<br />
Generali Schweiz<br />
Konrad Hugo<br />
Mandatsleiter<br />
Walser Consulting AG<br />
Vorab: Versicherungen für Schlüsselpersonen<br />
braucht es seltener als angenommen. Wichtiger<br />
als die Versicherung ist eine Bedarfsabklärung,<br />
verbunden mit alternativen Lösungen oder einer<br />
Risikoverminderung, bei der sich eine Versicherungslösung<br />
erübrigt oder reduziert. Inhalt<br />
einer Versicherung für Schlüsselpersonen ist stets<br />
die Frage, ob der Ausfall einer bestimm ten Person<br />
oder eines bestimmten Personenkreises nicht oder<br />
schlecht tragbare finanzielle Folgen für Schlüsselpersonen,<br />
Familienangehörige, Unterneh men,<br />
Investoren, Kreditgeber oder Vertragspartner hat.<br />
Unter «Ausfall» verstehen wir Ereignisse wie Tod,<br />
Krankheit oder Unfall, die zu einem versicherungswürdigen<br />
Ausmass ausserhalb der üblichen Personenversicherungen<br />
führen.<br />
Es handelt sich um eine Entschädigung, die bei der<br />
Arbeitsunfähigkeit einer Person mit einer wichtigen<br />
Position im Unternehmen ausbezahlt wird.<br />
Vergleichbar ist dies mit einer Betriebsausfallversicherung<br />
bei einem Unfall oder einer Krankheit.<br />
Es ist ein Versicherungsschutz der die finanziellen<br />
Folgen eines Schlüsselpersonenausfalls infolge<br />
Tods oder einer Krankheit deckt. Schlüsselpersonen<br />
werden unter den Personenrisiken subsumiert.<br />
Darunter fallen Risiken wie Nachfolgeregelung<br />
im Management oder Ausfallzeiten infolge<br />
Krankheit, Unfalls oder eines Fachkräftemangel.<br />
Solche Spezialversicherungen können auf dem<br />
Versicherungsmarkt mit einer Risikolebensversicherung<br />
oder einer Kombination aus Unfall-,<br />
Kranken- und Risikolebensversicherung abgeschlossen<br />
werden. Ausserdem gibt es auf dem<br />
Assekuranzmarkt ein Produkt, das den spürbaren<br />
Umsatzrückgang durch eine wegfallende Schlüsselperson<br />
bis zur vereinbarten Versicherungssumme<br />
deckt. Der Umsatzausfall muss allerdings<br />
über 10 Prozent betragen.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
42
Retention<br />
THEMA<br />
2 3 4<br />
Warum braucht es sie?<br />
Für welche Unternehmen<br />
eignet sich diese<br />
Versicherungslösung?<br />
Wie viel kostet eine<br />
Schlüsselpersonen-<br />
Versicherung?<br />
Um Investitionen oder Kredite abzusichern und einen<br />
personellen Ersatz sicherzustellen. Letzteres<br />
ist bedeutsam, weil die Anstellungskosten einer<br />
schwierig zu findenden Nachfolge situativ beträchtlich<br />
sein können. Bei kleinen KMU kann der Ausfall<br />
der Chefin oder des Chefs sogar die Existenz des<br />
Unternehmens gefährden. In Unternehmen mit<br />
Partnerschaftsmodellen können bei einem Arbeitsausfall<br />
eines Partners abgesehen von dessen<br />
Lohnausfall zudem weitere heftige Kosten anfallen,<br />
beispielsweise für Miete oder andere Fixkosten.<br />
Wenn ein (Kunden-)Portfolio zudem einen hohen<br />
Wert aufweist, das bei Austritt des Partners teuer<br />
verkauft worden wäre, fehlt bei seinem Ausfall ein<br />
wichtiger Teil der Altersvorsorge. Das betrifft auch<br />
seine Hinterblie benen.<br />
Je kleiner ein Unternehmen ist, desto häufiger<br />
benötigt es eine Schlüsselpersonen-Versicherung.<br />
Das gilt besonders für junge Unternehmen und<br />
Start-ups. Grössere und grosse Unternehmen benötigen<br />
diese hingegen kaum. Sie sollten besser eine<br />
Schadenminderung wie die «Verteilung der Arbeit<br />
auf mehrere Schultern», Wissensmanagement oder<br />
Kompetenzerhöhung betreiben. Damit vermeiden<br />
sie nicht nur unnötige Versicherungs kosten, sondern<br />
reduzieren gleichzeitig Fluktuationen und Absenzen.<br />
Eine massgeschneiderte Versicherungs lösung ist<br />
für kleine und junge Betriebe dagegen meist problemlos<br />
finanzierbar. Leider wird das von auf KMU<br />
und Start-ups spezialisierten Beratenden zu wenig<br />
angesprochen. Das ist nicht deren Versäumnis, sondern<br />
abhängig von ihrem Auftrag, Produkte ihres<br />
Arbeitgeben den zu vertreiben. Die Mehrheit der Versicherer<br />
fördert solche Produkte nicht. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass für eine solche Lösung Produkte<br />
von Lebensversicherungen und Versicherern allgemeiner<br />
Branchen kombiniert werden müssen.<br />
Eine Todesfallversicherung von beispielsweise ei ner<br />
Million Franken, verbunden mit einem Taggeld in<br />
Höhe des doppelten Lohnes des Inhabers oder der<br />
Inhaberin ist für wenige Tausend Franken pro Person<br />
pro Jahr erhältlich. Je mehr Personen, desto günstiger.<br />
Beispielsweise, weil die Versicherungssumme im<br />
Todesfall nur einmal be zahlt werden muss. Nebst der<br />
Modellierung (Zusammensetzungen der Deckungen,<br />
deren Summen und de ren Dauern) gehört das Alter<br />
der versicherten Person und deren Gesundheitszustand<br />
zu den wichtigsten Prämienkriterien. Hinzu<br />
kommen anbieterspezifische Faktoren wie Raucher<br />
oder Nichtraucher. Problematischer als der Preis<br />
ist die Zeit, bis dies dokumentiert ist. Besonders bei<br />
höheren Summen ist es daher sinnvoll, sich frühzeitig<br />
mit diesem Thema zu befassen.<br />
Damit sollen die Fixkosten eines Unternehmens<br />
während der Arbeitsunfähigkeit einer Schlüsselperson<br />
ganz oder teilweise gedeckt werden. Dank dieser<br />
Versicherungslösung die als Ergänzung zur Erwerbsausfallversicherung<br />
dient, kann das Unternehmen<br />
seine Fixkosten bezahlen, obschon der Umsatz sinkt.<br />
Sie eignet sich eher für kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU), ausgehend von der Annahme, dass der<br />
Umsatz eines grossen Unternehmens nur selten von<br />
einer oder zwei Personen erwirtschaftet wird. Man<br />
muss die Frage jedoch anders stellen: Was passiert,<br />
wenn eine Schlüsselperson arbeitsunfähig ist? Wer<br />
bezahlt die Gehälter der Angestellten? Wer zahlt die<br />
Miete, den Strom und so weiter? Ist der Anwalt einer<br />
Kanzlei ein oder zwei Jahre lang arbeitsunfähig, hat<br />
diese keine Kundinnen und Kunden und somit auch<br />
keine Einnahmen. Die Miete muss aber trotzdem<br />
bezahlt werden.<br />
Die Prämie hängt von der Höhe der Entschädigung,<br />
der Wartezeit, den versicherten Risiken (Krankheit<br />
und Unfall oder nur Krankheit) und der Dauer der<br />
Entschädigungszahlung ab.<br />
Beim Ausfall einer oder allenfalls mehrerer Schlüsselpersonen<br />
ist das Ziel der Versicherung, den Betrieb<br />
aufrecht zuerhalten. Mit der Entschädigung kann das<br />
versicherte Unternehmen Rekrutierungskosten bezahlen<br />
und Fachkraft oder Führungsperson ad interim<br />
einstellen. Der Abschluss einer solchen Versicherung<br />
verhindert somit im Worst Case einen Totalausfall<br />
oder die Betriebsschliessung.<br />
Es sind eher KMU, die eine solche Versicherung benötigen.<br />
In Grossunternehmen ist das Risikomanagement<br />
dagegen verankert und mit diesem Personenrisiken<br />
definiert und risikomindernde Massnahmen<br />
sind implementiert. Bei vielen kleineren KMU ist ein<br />
solches Risiko jedoch vorhanden. So kann der unerwartete<br />
Tod einer Schlüsselperson in einem solchen<br />
Betrieb dazu führen, dass ein grosser Teil des Umsatzes<br />
wegbricht. Die Folgen: Umsatzeinbussen,<br />
Kundenverluste und sogar eine Schliessung. Ein<br />
Beispiel: Ein Gault&Millau-Koch eines Restaurants<br />
stirbt unerwartet durch einen Autounfall. Der Inhaber<br />
des Gastrobetriebs erleidet dadurch einen erheblichen<br />
Umsatzeinbruch und muss Personal entlassen,<br />
weil Gäste ausbleiben. Hätte er eine Schlüsselpersonen-Versicherung<br />
abgeschlossen, könnte der Inhaber<br />
in die Rekrutierung des Nachfolgenden investieren.<br />
Die Versicherungskosten sind erschwinglich, aber<br />
kein unerheblicher Kostenfaktor.<br />
Die Prämie ist abhängig vom Assekuranzmarkt<br />
und vor allem vom Gesundheitszustand der zu versichernden<br />
Schlüsselperson. Als Illustration ein fiktives<br />
Beispiel des Versicherers TSM. Versicherungsnehmer:<br />
Firma «TechnoY AG». Diese hat 15<br />
Mitarbeitende, und erzielt jährlich eine Bruttomarge<br />
von 1,2 Millionen Franken. Die Schlüssel person heisst<br />
«André», ist 55 Jahre alt und hat eine Nachfolgeund<br />
Ersatzregelung und keine medizinischen Vorbehalte.<br />
Die Karenzfrist beträgt 30 Tage. Mit der Versicherungssumme<br />
sind 60 Prozent der Bruttomarge<br />
abgedeckt. Das heisst 720 000 Franken. Besondere<br />
Auslagen dürfen maximal 144 000 Franken betragen.<br />
Die offerierte Prämie der TSM Versicherungs-Gesellschaft<br />
beläuft sich inklusive Stempelsteuer auf<br />
rund 7938 Franken. Die Prämie gilt jeweils für ein<br />
Jahr und wird jedes Jahr neu verhandelt.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
43
swissstaffing<br />
MARKTKONZENTRATION IN DER<br />
PERSONALDIENSTLEISTUNG:<br />
WANN KOMMT SIE?<br />
EIN GESPENST GEISTERT SEIT JA<strong>HR</strong>EN DURCH DIE BÜROS DER PERSONALDIENSTLEISTENDEN –<br />
JENES DER HERAUFZIEHENDEN MARKTKONZENTRATION. FUSIONS- ODER PLEITEWELLEN, DIE ZU WENIGER<br />
MARKTANBIETENDEN FÜ<strong>HR</strong>EN, SIND BISHER AUSGEBLIEBEN. DER GRUND: EIN HERVORRAGENDES<br />
KONTAKTNETZ UND EIN KLARER FOKUS SIND IN DER TEMPORÄRBRANCHE ME<strong>HR</strong> WERT ALS DIE VORTEILE,<br />
DIE SICH AUS REINER GRÖSSE ERGEBEN.<br />
Text: Dr. Marius Osterfeld<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Ob sich auf einem Markt Unternehmen zu immer<br />
weniger Anbietenden zusammenschliessen oder<br />
kleinere Anbietende verdrängen, ist mit zwei zentralen<br />
Fragen verbunden: Erstens: Welche Steine<br />
werden Neugründenden in den Weg gelegt, um<br />
in den Markt einzutreten? Zweitens: Erfordert der<br />
Betrieb eines Unternehmens hohe Fixkosten, die<br />
bei wachsender Unternehmensgrösse auf mehr<br />
Kundinnen und Kunden umgelegt werden können,<br />
wodurch ein Preisvorteil entsteht? Eine Analyse<br />
beider Fragen zeigt: Auf absehbare Zeit<br />
zeichnet sich kein Trend zur Marktkonzentration<br />
ab.<br />
Gesetzliche Regulierungen sind eine klassische<br />
Triebfeder für Marktkonzentration. So stückeln<br />
und verkaufen viele Länder Mobilfunklizenzen an<br />
Telekommunikationsfirmen. Die staatlich festgelegte<br />
Zahl der Lizenzen bestimmt die Höchstzahl<br />
der Wettbewerber. Für den Marktzugang im<br />
Personalverleih relevant ist das Arbeits- und Vermittlungsgesetz,<br />
das für jeden Verleihbetrieb den<br />
Erwerb einer Lizenz vorsieht. Diese ist mit klaren<br />
Kriterien verknüpft, die jedes Temporärunternehmen<br />
erfüllen muss. Dazu gehören beispielsweise<br />
eine adäquate Ausbildung der Firmeninhaberin<br />
bzw. des Firmeninhabers, eine mit der Unternehmensgrösse<br />
wachsende Kaution, ein guter Leumund<br />
sowie angemessene Büroräumlichkeiten.<br />
Mit diesen Anforderungen schafft das Gesetz die<br />
Grundlagen für eine professionelle Personalvermittlung.<br />
Die finanziellen Eintrittshürden bleiben<br />
im Vergleich zu anderen Branchen gering. Dass<br />
das keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt ein Blick<br />
Dr. Marius Osterfeld<br />
Ökonom bei swissstaffing<br />
ins Ausland. Höhere Kautionen und stärkere<br />
Zutrittsbeschränkungen führen zu stark konzentrierten<br />
Märkten. Während sich in der Schweiz<br />
gut 900 Anbietende den Temporärmarkt aufteilen,<br />
beherrschen in Belgien 20 und in Italien 80<br />
den Markt.<br />
Als Triebfeder der Marktkonzentration werden<br />
steigende Anforderungen im Bereich der Digitalisierung<br />
genannt, die in Anbetracht des starken<br />
Wettbewerbs auf längere Sicht von den Marktteilnehmenden<br />
nicht geschultert werden können.<br />
Diese Analyse ist richtig, blendet aber die tatsächliche<br />
Marktstruktur aus. Zum Markenkern<br />
eines Temporärunternehmens gehört nicht zwingend<br />
der Aufbau digitaler <strong>HR</strong>-Tools, sondern<br />
deren geschickte Auswahl aus einer breiten<br />
Angebotspalette von <strong>HR</strong>-Technologieanbietenden.<br />
Damit gehen diese einerseits in Sachen<br />
Softwareentwicklung in Vorleistung und verteilen<br />
die Entwicklungskosten symmetrisch auf ihre<br />
Kundinnen und Kunden. Andererseits erlauben<br />
sie den Temporärunternehmen, sich auf ihre<br />
Kernkompetenz zu konzentrieren: die Begleitung<br />
und Unterstützung von Kandidatinnen und Kandidaten<br />
und Einsatzbetrieben. Die Symbiose aus<br />
Technologieanbietenden und Personaldienstleistenden<br />
schafft ein dynamisches Ökosystem, das<br />
laufende Innovation ohne Marktkonzentration<br />
bei den Personaldienstleistenden möglich macht.<br />
Vorteile der Marktstruktur für Einsatzbetriebe,<br />
Talente und Marktanalyse<br />
Für Einsatzbetriebe bietet der starke Wettbewerb<br />
auf dem Temporärmarkt mehrere Vorteile. Erstens<br />
können sie sich statt Einheitsdienstleistungen<br />
ein Netz mit vielen verschiedenen Partnern<br />
aufbauen, die jeweils ihr eigenes Rezept zur Rekrutierung<br />
von neuen Talenten verfolgen. Damit<br />
verbreitert sich die Talentpipeline und die Diversität<br />
der eigenen Belegschaft steigt. In Zeiten<br />
des Fachkräftemangels und des steten Innovationsdrucks<br />
sind das zwei Schlüsselfaktoren für<br />
den langfristigen Unternehmenserfolg. Zweitens<br />
garantiert der Wettbewerb unter den Personaldienstleistenden<br />
die bezogenen Leistungen zu<br />
einem schlanken Preis – gerade wenn man als<br />
Einsatzbetrieb eine Vollkostenrechnung macht<br />
44
swissstaffing<br />
und die eigenen internen Aufwände für das<br />
interne <strong>HR</strong> sowie die Zeit der Linienverantwortlichen<br />
berücksichtigt. In Anbetracht beider Vorteile<br />
urteilte <strong>HR</strong>-Guru Peter Drucker um die Jahrtausendwende:<br />
«Für die erfolgreiche Nutzung<br />
von Personaldienstleistungen darf nicht der Preis,<br />
sondern muss eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />
Personaldienstleister und Unternehmen<br />
im Vordergrund stehen, die die Arbeitnehmenden<br />
als Menschen in den Mittelpunkt stellt.»<br />
Für Talente ist die Vielzahl der Temporärunternehmen<br />
Chance und Sicherheit zugleich. Menschen,<br />
die sich bewusst für flexible Arbeit unter<br />
dem Schutzschirm der Temporärarbeit entscheiden,<br />
können ein Beziehungsnetz mit mehreren<br />
Personaldienstleistenden aufbauen. Mit jedem<br />
Kontakt steigt die Wahrscheinlichkeit einer nahtlosen<br />
Arbeitsmarktintegration bei gleichzeitig<br />
wechselnden Einsätzen. Gerade in Pflegeberufen,<br />
auf dem Bau, der Gastronomie und der<br />
Industrie lassen Fachkräftemangel und ein hoher<br />
Grad von mitnehmbarem Wissen zwischen verschiedenen<br />
Firmen ein Leben als Flexworker Wirklichkeit<br />
werden. Für Stellensuchende, die langfristig<br />
eine Feststelle suchen, ist Temporärarbeit<br />
eine Brücke. Jeder zusätzliche Kontakt zu einem<br />
der vielen Personaldienstleistenden öffnet die<br />
Tür zu einem breiten Netzwerk potenzieller künftiger<br />
Arbeitgebender. Nicht zuletzt eröffnet der<br />
Wettbewerb Temporärarbeitenden die Chance<br />
eines steten Vergleichs verschiedener Anbietenden.<br />
Gerade Menschen, die längerfristig im Personalverleih<br />
tätig sind, können so zur Firma mit<br />
den besten Konditionen wechseln.<br />
Die stärkere Konzentration bei den Softwareanbietenden<br />
eröffnet swissstaffing als Branchenverband<br />
eine weitere Chance: eine enge Be <br />
obachtung der Entwicklung der äusserst kon <br />
junktursensitiven Temporärbranche. Dank der<br />
Zusammenarbeit mit sechs führenden Software<br />
providern – Arca 24, B&F Solutions, pcjob.net,<br />
Quadrigis, Realisator und zvoove – können monatlich<br />
Marktdaten für das Temporär- und Feststellengeschäft<br />
zuverlässig erhoben werden und über<br />
den Swiss Staffingindex der Öffentlichkeit bereitgestellt<br />
werden. Knapp 50 Prozent des Gesamtmarkts<br />
werden über diesen Zusammenschluss<br />
erfasst. Damit wird dieses Indikatorensystem<br />
einerseits zu einer wichtigen Orientierungsgrösse<br />
für alle, die in oder mit der Branche arbeiten.<br />
Andererseits sind die gemeldeten Zahlen Beweis<br />
für die Integrationsleistung, die die Branche Monat<br />
für Monat auf dem Arbeitsmarkt erbringt.<br />
Marktkonzentration: ein Blick in die Zukunft<br />
Während sich heute noch keine Tendenz zu einer<br />
stärkeren Konzentration auf dem Markt der Personaldienstleistenden<br />
abzeichnet, muss das aber<br />
nicht so bleiben. Erstens wird die Arbeitsmarktregulierung<br />
laufend komplizierter und stellt<br />
Markteinsteigende vor immer grössere Herausforderungen.<br />
Diese stellen sich auch Einsatzbetrieben,<br />
die allenfalls die Lösung bei Personaldienstleistenden<br />
suchen und damit für<br />
Marktwachstum sorgen. Zweitens könnten Fortschritte<br />
im Bereich der künstlichen Intelligenz<br />
die Personalberatenden vollständig digitalisieren<br />
– mit der Folge, dass Softwareanbietende und<br />
Personaldienstleistende zu einer Unternehmenseinheit<br />
verschmelzen und kleine Temporärunternehmen<br />
verschwinden. Die grundsätzliche Frage<br />
lautet aber, was sich Arbeitnehmende wünschen,<br />
wenn es um existenzielle Entscheide in<br />
ihrem Erwerbsleben geht. Suchen sie eine vollautomatische<br />
Vermittlung oder vielmehr den<br />
persönlichen Austausch mit einem Personalberatenden?<br />
Die vermutliche Antwort: Vor einer<br />
Marktkonsolidierung wird sich das Berufsbild des<br />
Personalberatenden immer weiter zum Coach<br />
von Talent und Einsatzbetrieb wandeln, um diesen<br />
zu helfen, die Herausforderungen der<br />
Arbeitsmärkte von morgen zu meistern. a<br />
Hier bloggt der Vorstand …<br />
Alter und Arbeitsmarkt:<br />
Die Schweiz muss sich auf<br />
einen Paradigmenwechsel<br />
einstellen<br />
Robin Gordon, CEO Interiman Group<br />
Es ist unbestritten, dass es ab 55 Jahren<br />
schwieriger ist, eine neue Arbeit zu finden.<br />
Wird diese Problematik andauern?<br />
Robin Gordon: Davon gehe ich aus mehreren<br />
Gründen nicht aus. Zunächst einmal<br />
ändert sich die Altersstruktur in der Schweiz<br />
rasch. Die letzten Babyboomer werden etwa<br />
2030 das offizielle Rentenalter erreichen.<br />
Gleichzeitig hat die Schweiz eine der tiefsten<br />
Geburtenraten der Welt. Das bedeutet, dass<br />
die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte in der<br />
Schweiz sinkt und sich die Lage am Arbeitsmarkt<br />
drastisch anspannt. Diese Entwicklung<br />
zeichnet sich bereits jetzt ab. Gemäss<br />
jüngstem Beschäftigungsbarometer des BFS<br />
für das erste Quartal <strong>2022</strong> überschritt die<br />
Zahl der offenen Stellen die 100 000, was<br />
einem neuen historischen Rekord entspricht.<br />
Die Beschäftigungsmöglichkeiten werden<br />
zunehmen – davon können Arbeitnehmende<br />
über 50 Jahren profitieren.<br />
Das Wirtschaftswachstum der Schweiz<br />
war immer vom Einsatz ausländischer<br />
Arbeitskräfte abhängig. Ist das nicht<br />
auch die Lösung, um dem aktuellen Rückgang<br />
an verfügbaren Arbeitskräften entgegenzuwirken?<br />
Die Zuwanderung von Arbeitskräften wird<br />
anhalten, aber einigen zusätzlichen<br />
Beschränkungen unterliegen. Zum einen,<br />
weil die historischen Einwanderungsländer<br />
stetig sinkende Geburtenraten und eine<br />
Überalterung ihrer Bevölkerung verzeichnen,<br />
zum anderen, weil sich die Wirtschaftslage<br />
der Auswanderungsländer von Jahr zu Jahr<br />
verbessert, wodurch es für ihre Arbeitskräfte<br />
weniger Anreize gibt, einen Umzug in die<br />
Schweiz in Erwägung zu ziehen.<br />
Den ganzen Blogbeitrag lesen Sie auf<br />
blog.swissstaffing.ch<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
45
«Das Zeugnistool von Avenir ermöglicht einen<br />
unkomplizierten und digitalen Prozess von<br />
A bis Z. Die einfache Bedienung sowie der<br />
Zeitgewinn für <strong>HR</strong> bei der Zeugniserstellung<br />
sind hierbei besonders erwähnenswert.»<br />
Daniel Hausammann, <strong>HR</strong> Business Partner, Meier Tobler AG<br />
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Karin Bosshard<br />
Chefredaktorin<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
HZ Insurance DAILY:<br />
Ihr Briefing zur Versicherungswirtschaft.<br />
Insights, Analysen, Updates:<br />
Ein Muss für Branchen-Entscheider:innen.<br />
46<br />
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MEINUNG<br />
Debatte (Seite 49) • Fokus Forschung (Seite 57) • <strong>HR</strong>-Team des Monats (Seite 58)<br />
Zitat des Monats<br />
Klickhit<br />
<strong>HR</strong> FESTIVAL europe<br />
FRAUEN SOLLTEN<br />
FRÜH DAMIT ANFANGEN<br />
ZU TRAINIEREN, VORNE<br />
HINZUSTEHEN.<br />
Begeisterte und lachende Gesichter. Ein Gemütsbild, das sich nicht<br />
nur am <strong>HR</strong> FESTIVAL europe am 31. Mai und 1. Juni bot, sondern sich<br />
auch auf Social Media spiegelte – beispielsweise auf Linkedin. So<br />
wurde der Beitrag zum ersten Festival-Tag über 23 000 Mal angezeigt.<br />
Auch die Vorankündigung vom 31. Mai <strong>2022</strong> weckte mit 10 000 Impressionen<br />
Neugier. Auf ebenso viel Anklang stiess der Video- Beitrag vom<br />
3. Juni zur Swiss- <strong>HR</strong>-Award-Verleihung, die am <strong>HR</strong> FESTIVAL europe<br />
am 1. Juni über die Bühne ging, gefolgt von einem Post mit weiteren<br />
Eindrücken vom <strong>HR</strong> FESTIVAL europe mit 7039 Impressionen. (Stand<br />
13. Juni <strong>2022</strong>)<br />
23 000<br />
Einblendungen<br />
Hintergrund<br />
Die aktuelle Ausgabe des Magazins<br />
«Women in Business» widmet der<br />
ehemaligen SRF-Korrespondentin<br />
und heutigen Executive Searcherin<br />
Henriette Engbersen ein Porträt.<br />
Vorankündigung mit<br />
10 000+ Einblendungen<br />
Fünf Jahre lang berichtete sie als SRF-Korrespondentin über das<br />
politische und gesellschaftliche Leben in England. Jetzt beschreitet<br />
sie als Executive Searcherin neue Wege.<br />
Swiss-<strong>HR</strong>-Award-<br />
Verleihung mit 10 000+<br />
Einblendungen<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
47
MEINUNG<br />
Buchtipps<br />
BUCHTIPPS<br />
IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM ERSCHEINEN JÄ<strong>HR</strong>LICH TAUSENDE VON FACH BÜCHERN. WIR HABEN EINE<br />
AUSWAHL FÜR SIE GETROFFEN UND PRÄSENTIEREN IHNEN NEUERSCHEINUNGEN ZUR ARBEITSWELT UND ZU <strong>HR</strong>.<br />
PFLEGEFACHMÄNNER<br />
AUF WEIBLICHEM TERRAIN<br />
IN DER PFLEGE ZU ARBEITEN, IST SINNSTIFTEND UND NIEMALS<br />
LANGWEILIG, BESTÄTIGEN DIE PORTRÄTIERTEN PFLEGEFACHMÄNNER<br />
IM BUCH VON SABINE MEISEL UND EDITA TRUNINGER. DENNOCH<br />
SIND MÄNNER IN PFLEGEBERUFEN MANGELWARE. WORAN DAS LIEGT<br />
UND WARUM SICH DAS ÄNDERN MUSS.<br />
Edita Truninger,<br />
Sabine Meisel<br />
(von links):<br />
Auf weiblichem<br />
Terrain, Hogrefe AG,<br />
<strong>2022</strong>, 136 Seiten.<br />
Weshalb ein Buch über Pflegefachmänner und nicht beispielsweise<br />
über Kindergärtner?<br />
Edita Truninger: Berufsbiografien haben mich schon immer interessiert.<br />
Zuerst dachte ich tatsächlich an Männer in Kindertagesstätten oder Kindergärten.<br />
Doch durch die Pandemie rückte die Pflege in den Fokus. Als ich<br />
Sabine Meisel im Frühling 2020 zufällig traf, sagte sie: «Wenn ich im Moment<br />
ein Buch über Männer schreiben würde, dann über Pflegefachmänner!» Das<br />
überzeugte mich und so wurde daraus unser gemeinsames Buchprojekt.<br />
Sie führten etliche Gespräche. Eine überraschende Erkenntnis?<br />
Durch unsere zahlreichen Interviews bestätigte sich, was auch viele Studien<br />
belegen: Männer, die den Pflegeberuf ergreifen, haben alle einen persönlichen<br />
Bezug zur Pflege – entweder durch pflegende Familienmitglieder,<br />
durch ein Zivildienstpraktikum im Spital oder durch eine eigene Erkrankung<br />
oder einen Unfall mit Spitalaufenthalt. Für mich persönlich war es ausserdem<br />
bereichernd zu erfahren, wie vielseitig der Beruf und die Settings sind.<br />
Wie sind Sie zu den Pflegefachmännern gekommen?<br />
Vorwiegend durch unser persönliches Netzwerk. Meine Mitherausgeberin<br />
Sabine Meisel war selbst über zwanzig Jahre im Beruf tätig und engagiert<br />
sich immer noch in der Ausbildung von Pflegefachpersonen. Zudem unterstützte<br />
die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW<br />
Gesundheit) unser Projekt. Dafür sind wir sehr dankbar.<br />
In der Pflege herrscht ein Fachkräftemangel. Es ist ausserordentlich<br />
schwierig, Männer für diesen Beruf zu begeistern. Weshalb?<br />
Fürsorge gilt immer noch als weibliches Attribut, und Soft-Skills werden bei<br />
Männern immer noch oft in die Nähe der Homosexualität gerückt. So einem<br />
Verdacht möchten sich viele nicht aussetzen. An den Gymnasien thematisiert<br />
man zudem nur die klassischen Studienfächer Medizin, Wirtschaft oder<br />
Jura. Vorbilder in der Pflege fehlen. Das wollen wir mit unserem Buch ändern.<br />
Welche Rolle spielen das Image, die (niedrige) Entlöhnung und fehlende<br />
Aufstiegsmöglichkeiten?<br />
Es ist schlichtweg falsch, dass es wenig Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Wir<br />
interviewten für unser Buch Spitalmanager, Dozenten, Erwachsenenpädagogen<br />
oder Schulleitungsmitglieder. Sie alle haben einmal am Krankenbett<br />
angefangen und sich entsprechend weitergebildet. Die im Branchenvergleich<br />
eher tiefe Entlöhnung war für unsere Interviewpartner durchs Band kein<br />
wesentlicher Faktor. Ein Grund dafür dürfte darin liegen, dass die Pflege<br />
Menschen anzieht, die eher intrinsisch motiviert sind.<br />
Braucht es mehr Männer in der Pflege?<br />
Generell braucht es mehr Menschen in der Pflege. Die Zahl der unbesetzten<br />
Stellen ist prekär. Zudem: Die Hälfte der Bevölkerung ist männlich, da sollte<br />
auch die Hälfte der Pflegefachleute männlich sein. Das ist für die Patienten<br />
gut, da männliche Patienten gewisse pflegerische Interventionen lieber von<br />
männlichen Pflegefachkräften ausführen lassen, aber auch für die Dynamik<br />
in den Teams. Zudem haben Pflegefachleute nach dem Studium eine hundertprozentige<br />
Jobgarantie. Wo gibt es das sonst?<br />
Muss der Pflegeberuf aufgewertet werden?<br />
Ja, durch mehr Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit, damit sich das<br />
Image wandelt. Die Pflege ist sinnstiftend, niemals langweilig und nicht<br />
durch künstliche Intelligenz ersetzbar. Darüber hinaus: Neu können Medizinund<br />
Pflegestudierende durch interdisziplinäre Module in der Ausbildung<br />
gemeinsam an simulierten Fallbeispielen lernen. Solche Massnahmen steigern<br />
den gegenseitigen Respekt. (cb)<br />
Neinsager ERFINDERGEIST Gutmensch<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Ob in der Wirtschaft, in der Politik oder im Alltag:<br />
Wir übernehmen täglich Verantwortung. Allzu oft<br />
drücken wir uns aber auch davor. In Gesprächen<br />
mit Entscheidern und Prominenten aus Politik,<br />
Wirtschaft, Unterhaltung und Sport definiert<br />
Kiesewetter ein neues Verantwortungsgefühl.<br />
Bernd Kiesewetter, Die<br />
Neinsager-Republik: Warum<br />
wir Verantwortung wieder<br />
lernen müssen, BusinessVillage,<br />
<strong>2022</strong>, 235 Seiten.<br />
Die digitale Transformation, Nachhaltigkeit und<br />
der demografische Wandel sind Treiber, die sich<br />
gegenseitig verstärken. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts<br />
entsteht dadurch eine vollkommen neue<br />
Wirtschaft. Doch wie können Unternehmen diesen<br />
radikalen Wandel bewältigen? Antworten<br />
liefert dieses Buch.<br />
Jens-Uwe Meyer, reset –<br />
Wie sich Unternehmen und<br />
Organisationen neu erfinden,<br />
Business Village, <strong>2022</strong>, 262 Seiten.<br />
An vielen Beispielen und auf Basis langjähriger<br />
Studien zeigt uns Leibniz-Preisträger Armin Falk,<br />
unter welchen Umständen sich Menschen moralisch<br />
verhalten und wann nicht. Wieviel Einfluss<br />
haben die Persönlichkeit, das Geschlecht, die<br />
Erziehung, die Kultur? Wenn wir das verstehen,<br />
wird es uns leichter fallen, nicht nur uns selbst zu<br />
verändern, sondern auch die Rahmenbedingungen<br />
in Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Armin Falk, Warum es so schwer<br />
ist, ein guter Mensch zu sein,<br />
Siedler Verlag, <strong>2022</strong>, 336 Seiten.<br />
48
Debatte<br />
MEINUNG<br />
MENSTRUATIONSURLAUB?<br />
IN JAPAN GIBT ES IHN BEREITS: DEN MENSTRUATIONSURLAUB. AUCH IN UNSEREN BREITENGRADEN WIRD<br />
ÜBER EINE MÖGLICHE EINFÜ<strong>HR</strong>UNG DISKUTIERT. DOCH BRAUCHT ES IHN ÜBERHAUPT? EINE DEBATTE.<br />
MARTIN GEISENHAINER<br />
Inhaber, Participation Rocks<br />
Die Tatsache, dass wir uns mit dem Umgang der Menstruation<br />
und den damit verbundenen Mühseligkeiten für<br />
Frauen beschäftigen, ist richtig und überfällig. Immerhin<br />
menstruiert die eine Hälfte der Menschheit monatlich.<br />
Das Thema wäre omnipräsent und formal bestens geregelt,<br />
hätte die andere Hälfte besagter Menschheit mit<br />
Monatsblutungen zu kämpfen. Ein öffentlicher Diskurs<br />
ist ein erster, notwendiger Schritt, um das Thema aus<br />
der schamhaften Schmuddelecke zu holen. Den Vorschlag,<br />
das mit einem Menstruationsurlaub zu lösen,<br />
halte ich aus mehreren Gründen für wenig sinnvoll. Zum<br />
einen klingt Urlaub nach Chillen, Erholung und wirkt in<br />
diesem Zusammenhang auf mich eher zynisch. Ausserdem<br />
geraten wir damit ganz schnell in eine Neiddebatte. Insbesondere<br />
durch benachteiligte Männer, die schnell damit beginnen, ihre<br />
verlorene Lebenszeit durch Rasieren in den Ring zu werfen. Problematischer<br />
halte ich allerdings die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Brauchen Frauen<br />
mehr Urlaub als Männer, impliziert das eine geringere Belastbarkeit beziehungsweise<br />
die Notwendigkeit einer längeren Rekreationsphase, was sich<br />
mit Sicherheit auf die Karrieremöglichkeiten von Frauen auswirken würde.<br />
Ebenso wahrscheinlich würde Frauen dieses Thema aber schon bei der<br />
Bewerbung zum Fallstrick werden. Können Organisationen zwischen mehr<br />
oder weniger bezahlten Urlaubstagen wählen – raten Sie mal. Aus meiner<br />
Sicht gehört das Thema in einem weiteren Kontext beleuchtet. Nämlich im<br />
Umgang mit der Selbstorganisation. Der mittelalterliche Command-and-<br />
Control-Ansatz, der impliziert, Anwesenheit sei mit Arbeit gleichzusetzen,<br />
nimmt arbeitnehmenden Menschen, egal welcher sexuellen Identität, die<br />
Chance, zu entscheiden, wann sie in ihrer Kraft und damit in der Lage sind,<br />
konzentriert und produktiv zu arbeiten. Eine fehlende geistige Ausgeglichenheit<br />
oder ein körperliches Ungemach machen es schwer, einen wertvollen<br />
Beitrag zu leisten. Hören wir also damit auf, die Organisation von Arbeit<br />
mit veralteten Rezepten und Konzepten zu gestalten.<br />
EIN ÖFFENTLICHER DISKURS<br />
IST EIN ERSTER,<br />
NOTWENDIGER SC<strong>HR</strong>ITT.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
49
MEINUNG<br />
Debatte<br />
DER CHELSEA FC WOMEN<br />
TRAINIERT SEINE<br />
SPIELERINNEN<br />
ZYKLUSORIENTIERT.<br />
NENA MORF<br />
Texterin und Geschäftsführerin Textbüro Konrad GmbH<br />
Menstruationsurlaub? Die Menstruation hat genauso wenig mit Urlaub<br />
zu tun wie die Mutterschaft. Dass beiden Begriffen zuweilen ein<br />
«Urlaub» angehängt wird, zeugt vom profunden Unverständnis für<br />
die immensen Leistungen des weiblichen Körpers – und nicht zuletzt<br />
für das weibliche Potenzial. Die Tatsache, dass die westliche Medizin<br />
geschlechterspezifisch geprägt ist und Frauen klar benachteiligt,<br />
mischt hier kräftig mit. Doch zukunftsorientierte Unternehmen stellen<br />
nicht Roboter, sondern Menschen ein. Das mit dem Vorteil, dass Arbeitnehmende<br />
ihre spezifischen Fähigkeiten einbringen und entfalten können.<br />
Das gilt für jeden Beruf, denn sobald Menschen arbeiten, sind die<br />
Ergebnisse verschieden. Umso wichtiger ist es, die Menstruation in einem<br />
übergreifenden Kontext zu verstehen. Dazu kurz zum Spitzensport: Der<br />
Chelsea FC Women ist der erste Fussballclub, der seine Spielerinnen zyklusorientiert<br />
trainiert. Der Trainingsplan wird individuell auf die jeweiligen Zyklusphasen<br />
der Sportlerinnen abgestimmt. Die Menstruation ist die erste von insgesamt<br />
vier Zyklusphasen, die von Hormonen gesteuert werden. In der zweiten Zyklusphase<br />
sorgt etwa unter anderen das Hormon Östrogen für einen mächtigen Energieschub:<br />
Frau kann Bäume ausreissen – und ihre Überzeugungskraft ist überaus<br />
bestechend. Könnte für Unternehmen spannend sein, diese sprühende Energie<br />
zielführend einzusetzen. Mit dem Eisprung in der dritten und dem Anstieg<br />
des Hormons Progesteron in der vierten Zyklusphase treten empathische<br />
Fähigkeiten ins Zentrum: Der Körper richtet sich auf eine mögliche Schwangerschaft<br />
ein, der Mensch handelt teamorientiert und kooperativ. Keine<br />
schlechten Voraussetzungen für eine speditive Zusammenarbeit und Kundenbetreuung.<br />
Kam es nicht zu einer Schwangerschaft, beginnt dann in<br />
der ersten Zyklusphase die Menstruation. Für viele die Zeit der Schmerzen:<br />
Laut John Guillebaud, Professor am University College in London, sind diese<br />
«annähernd so schlimm wie ein Herzinfarkt». Grund genug, um eine Pause<br />
einzulegen – wobei kluge Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, wie wichtig<br />
Regeneration für die Leistungsfähigkeit ist. Während der Menstruation herrscht im Körper<br />
ein hormoneller Tiefstand, der Geist ist klar und messerscharf: Es ist auch die Zeit des strategischen<br />
Weitblicks. Diesen beweisen Unternehmen, die verstehen, warum es sich lohnt, sich mit zyklusorientiertem<br />
Arbeiten, statt mit dem unsinnigen Begriff Menstruationsurlaub auseinanderzusetzen. Sie fördern<br />
das volle Potenzial ihrer Mitarbeitenden – auch, indem sie die wertvolle Zeit für Regeneration nutzen.<br />
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6&7 | <strong>2022</strong><br />
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50
Debatte<br />
MEINUNG<br />
NICOLAS FACINCANI<br />
Rechtsanwalt, Voillat Facincani Sutter + Partner<br />
Spanien will den Menstruationsurlaub einführen, in Japan gibt es ihn<br />
schon. In der Schweiz wird (noch) darüber diskutiert. Ein Menstruationsurlaub<br />
soll Frauen ermöglichen, bei starken Regelschmerzen zu<br />
Hause zu bleiben. Andere Lösungsansätze zielen darauf hin, Frauen<br />
jeden Monat zwischen drei und fünf zusätzliche freie Tage zu geben.<br />
Im Ausland sind sodann arbeitsvertragliche Regelungen von Arbeitgebenden<br />
bekannt, die für Arbeitnehmerinnen einen Menstruationsurlaub<br />
vorsehen, was ihnen bei Bewerbenden einen Wettbewerbsvorteil<br />
verschaffen soll. Das Schweizer Recht sieht keinen<br />
Menstruationsurlaub vor. Arbeitnehmerinnen, die aufgrund von<br />
Menstruationsbeschwerden arbeitsunfähig sind, sind wie bei einer<br />
Krankheit nicht zur Arbeit verpflichtet und erhalten ihren Lohn für eine<br />
beschränkte Zeit. Das aktuelle System hat für betroffene Arbeitnehmerinnen<br />
aber gewisse Schwächen. Grundsätzlich ist eine Arbeitnehmerin,<br />
die sich auf eine Arbeitsunfähigkeit berufen will, ab dem ersten Moment<br />
der Arbeitsunfähigkeit beweispflichtig. Der Arbeitgebende könnte die<br />
Arbeitsunfähigkeit jeweils in Frage stellen und sofort ein Arztzeugnis verlangen.<br />
Das wiederum könnte für die betroffene Arbeitnehmerin zu einer (zu) grossen<br />
Belastung führen. Zudem ist die Dauer der Lohnzahlungspflicht pro Dienstjahr<br />
beschränkt. Für alle Arbeitsunfähigkeiten zusammen beträgt diese im ersten<br />
Dienstjahr drei Wochen, in den weiteren Dienstjahren eine angemessene längere<br />
Dauer (Stichwort Zürcher, Berner und Basler Skala). Eine Abwesenheit aufgrund<br />
einer Arbeitsunfähigkeit wird jedoch nur entschädigt, wenn das Arbeitsverhältnis<br />
mehr als drei Monate dauerte oder für über drei Monate eingegangen wurde.<br />
In Abwesenheit einer Versicherungs- oder grosszügigeren vertraglichen Lösung<br />
ist also nicht garantiert, ob die menstruationsbedingte Abwesenheit tatsächlich<br />
entschädigt wird. In letzter Zeit wurde das Obligationenrecht bereits um verschiedene<br />
Urlaube ergänzt. So wurden der Vaterschaftsurlaub und der Betreuungsurlaub<br />
eingeführt. Sodann wurden die Bestimmungen zum Mutterschaftsurlaub<br />
erweitert. Neu wird zudem ein Adoptionsurlaub eingeführt. Somit würde es dem Zeitgeist<br />
entsprechen, auch einen speziellen Menstruationsurlaub einzuführen. Obgleich das für die<br />
Betroffenen durchaus entlastend sein kann, wäre dessen Ausgestaltung sorgfältig zu redigieren, sodass<br />
sich der Menstruationsurlaub am Schluss nicht zum Nachteil weiblicher Stellenbewerberinnen auswirkt<br />
oder zu einer Stigmatisierung von Arbeitnehmerinnen führt.<br />
ES WÜRDE DEM<br />
ZEITGEIST ENTSPRECHEN,<br />
EINEN SPEZIELLEN<br />
MENSTRUATIONS<br />
URLAUB EIN <br />
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6&7 | <strong>2022</strong><br />
51
Presented by <strong>HR</strong>SE<br />
BERUFSBILDUNGSWEGE<br />
FÜR <strong>HR</strong>-PROFIS<br />
IN DER SCHWEIZ ARBEITEN SCHÄTZUNGSWEISE RUND 30 000 MITARBEITENDE IN UNTERSCHIEDLICHSTEN<br />
<strong>HR</strong>-BERUFEN. FÜR DIESE GIBT ES KEINE GRUNDBILDUNGSANGEBOTE WIE EINE LE<strong>HR</strong>E ODER EIN GRUND-<br />
STUDIUM. QUALIFIKATIONSMÖGLICHKEITEN SIND IN DER HÖHEREN BERUFSBILDUNG FÜR <strong>HR</strong>-PROFIS<br />
DESHALB VON GROSSER BEDEUTUNG.<br />
Text: Chris Dunkel<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
Chris Dunkel,<br />
Präsident <strong>HR</strong>SE<br />
hrse.ch<br />
Im Unterschied zu anderen Tätigkeitsgebieten existiert im<br />
<strong>HR</strong> keine Möglichkeit eine Lehre (EFZ) zu machen. <strong>HR</strong>-<br />
Mitarbeitende absolvieren deshalb typischerweise eine<br />
andere Grundbildung wie eine kaufmännische Lehre und<br />
suchen sich danach Wege, um im <strong>HR</strong> Fuss zu fassen. Viele<br />
finden den Einstieg im Berufsbildungswegs über einen<br />
Zertifikatsabschluss als «<strong>HR</strong>-Assistent, <strong>HR</strong>-Assistentin». Es<br />
folgen ein paar Jahre Praxis, nach denen sie sich die erworbenen<br />
Handlungskompetenzen mit einem eidgenössisch<br />
geschützten Fachausweis und einem eidgenössischen Diplom<br />
bestätigen lassen. Ohne diesen für das schweizerische<br />
duale Bildungssystem typischen Berufsweg, könnte der<br />
Bedarf nach <strong>HR</strong>-Fachkräften nicht gedeckt werden.<br />
Gute Mitarbeitende im <strong>HR</strong>-Bereich zeichnen sich dadurch<br />
aus, dass sie die vielschichtigen Prozesse im Personalwesen<br />
erklären und begleiten, so dass diese auf die individuellen<br />
Bedürfnisse von Mitarbeitenden ausgerichtet sind und die<br />
gewünschte Kultur im Unternehmen spiegeln. Diese Fähigkeiten<br />
können nicht «in der Schulbank» erworben werden.<br />
Nur wer eine entsprechende, in der Berufsbildung unverzichtbare<br />
längere <strong>HR</strong>-Praxiserfahrung mitbringt, wird Vorgesetzte<br />
und Mitarbeitende verstehen, so dass <strong>HR</strong>- Prozesse<br />
im Unternehmen von der Linie als erwünschte Unterstützung<br />
und nicht als umständliche oder gar überflüssige Pflichtaufgabe<br />
wahrgenommen werden.<br />
Eine weitere Facette des <strong>HR</strong>- Berufsbildungswegs ist, dass<br />
sich Fachkräfte mit eidgenössischen Abschlüssen der Höheren<br />
<strong>HR</strong>-Berufsbildung auch die Fähigkeiten für spezifische<br />
Fachbereiche erwerben. Etwa für eine Tätigkeit in der<br />
privaten Personalvermittlung oder der staatlichen Arbeitsvermittlung<br />
(RAV).<br />
Die Abschlüsse in der Berufsbildung sind nicht Ausgangspunkt<br />
einer Laufbahn, sondern vielmehr Bestätigung für<br />
erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten. Es ist wichtig, diese<br />
wesentliche Unterscheidung zu anderen Bildungssystemen<br />
zu erkennen. So belegt ein solcher Abschluss nicht nur, dass<br />
theoretische Voraussetzungen vorhanden sind, sondern dass<br />
die dazu gehörende Praxiserfahrungen bereits gemacht<br />
wurde. Dies ist ein ganz wesentlicher Entscheidungsfaktor<br />
für Arbeitgebende bei der Suche und Anstellung von <strong>HR</strong>-<br />
Fachkräften.<br />
Wer über ausgesprochen gute Praxiserfahrungen verfügt,<br />
kann sich im System der Höheren Berufsbildung entscheiden,<br />
eine Prüfung ohne vorangehenden Besuch von Vorbereitungsschulungen<br />
zu machen. Gerade beim Abschluss zum<br />
eidgenössischen Diplom für «Leiterinnen und Leiter <strong>HR</strong>» zeigt<br />
sich immer wieder, dass gute Praktikerinnen und Praktiker<br />
regelmässig besser abschneiden als Kandidatinnen und Kandidaten,<br />
sie sich in Vorbereitungsschulungen für <strong>HR</strong>-Themen<br />
vorgängig fit gemacht haben. Berufserfahrene zeichnen<br />
sich dadurch aus, dass sie die praktische Fähigkeit haben,<br />
Probleme im unternehmerischen Kontext und in der anvisierten<br />
Unternehmenskultur gestalten zu können und sich<br />
nicht ausschliesslich auf theoretische <strong>HR</strong>-Standardprozesse<br />
abstützen. Wer sich auf eine der eidgenössisch anerkannten<br />
<strong>HR</strong>-Prüfungen an einem der schweizweit rund 150 spezialisierten<br />
Bildungsinstituten vorbereiten will, trifft dort aufgrund<br />
der verlangten Praxisanforderungen auf Mitstudentinnen<br />
und Mitstudenten, die «aus der Praxis für die Praxis»<br />
lernen und weiterkommen wollen. Der Austausch «unter<br />
Profis» fördert die Attraktivität während der Weiterbildungszeit<br />
entscheidend.<br />
Übrigens: Auch der Gesetzgeber hat die Bedeutung des<br />
Berufsbildungswegs kürzlich weiter unterstrichen und einen<br />
Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels geleistet. Analog<br />
der Subventionierung der akademischen Bildungswege werden<br />
Bildungskurse der Höheren Berufsbildung seit Kurzem<br />
vom Bund zu 50 Prozent finanziert. Dies erlaubt auch <strong>HR</strong>-<br />
Fachpersonen mit bescheidenen Mitteln, ein qualitativ hochstehendes,<br />
staatlich anerkanntes Diplom abzuschliessen. a<br />
Vom EINSTIEG zum PROFI bis zur Stufe LEADER in Human<br />
Resources. Mit den eidgenössisch anerkannten Berufsabschlüssen<br />
führt die <strong>HR</strong>-Karriere bis ganz nach oben!<br />
hrse.ch<br />
52
Marktplatz<br />
MEINUNG<br />
Wettbewerbsgewinnerin<br />
CATHERINE GISLER<br />
HEAD OF HUMAN RESOURCES<br />
METROHM INTERNATIONAL<br />
Der Besuch am <strong>HR</strong> FESTIVAL<br />
europe und am Stand von<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> lohnte sich nicht nur<br />
wegen des Curly-Eises. Zu<br />
gewinnen gab es zudem ein<br />
Wochenende für zwei Personen<br />
im Fünf-Sterne-Hotel Villa<br />
Honegg in Ennetbürgen.<br />
Hoch über dem Vierwald -<br />
s tättersee gelegen, bietet<br />
das Boutique-Hotel eine<br />
reizvolle Sicht auf Berge<br />
und See. Diese Aussicht<br />
kann Catherine Gisler nun<br />
geniessen.<br />
Wir gratulieren zum Gewinn!<br />
Bilder: allink AG<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
53
<strong>HR</strong>TODAY.CH<br />
FOTO: iSTOCK<br />
Die Checkliste<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> TV<br />
Video-Porträt:<br />
Loes Bresseleers<br />
Eine internationale Karriere strebte die<br />
36-Jährige seit 2013 – dem Beginn ihrer Karriere<br />
beim Pharmazie- und Konsumgüterhersteller<br />
Johnson & Johnson AG an. Nach einem Aufenthalt in<br />
Südafrika ist die gebürtige Belgierin vor fast einem Jahr mit ihrer<br />
Familie in die Schweiz gekommen.<br />
Der Artikel<br />
Beziehungspflege<br />
«Ausmisten» sollten wir ab und zu nicht nur unseren<br />
Kleiderschrank, sondern auch unseren<br />
Freundes- und Bekanntenkreis. Denn<br />
nicht alle Menschen tun uns gut.<br />
Im Gegenteil! Manche beeinträchtigen<br />
durch ihr Verhalten<br />
unser Wohl befinden. Die<br />
Checkliste «Vier(einhalb)<br />
Tipps für ein entspannteres<br />
Beziehungsnetzwerk»<br />
von Gastautorin Sabine<br />
Prohaska hilft dabei,<br />
sowohl im Privat- wie auch<br />
im Berufsleben «auszumisten».<br />
Der Blog<br />
Post & Pray? –<br />
Adieu!<br />
Newsletter<br />
Mit unserem kostenlosen<br />
wöchentlichen Newsletter bleiben<br />
Sie auf dem<br />
Laufenden über weitere<br />
Online-Artikel und Videos.<br />
hrtoday.ch/de/<br />
newsletter-subscribe<br />
Jobinserat aufschalten und hoffen – ein<br />
Vorgehen, das zwar viele <strong>HR</strong>-Spezialistinnen<br />
und Spezialisten leid sind, trotzdem<br />
ist es noch immer die gängigste Methode,<br />
um nach passenden Kandidatinnen und Kandidaten<br />
zu suchen. Dabei gibt es eine Option, die um einiges einfacher<br />
und effektiver ist: Social Recruiting. Blogger Urs Casty zeigt in seinem<br />
Beitrag, wie es gehen könnte: blog.hrtoday.ch<br />
FOTO: iSTOCK<br />
Effizientes und<br />
nachhaltiges Lernen<br />
Es gibt keinen einheitlichen Ansatz, um neue Fähigkeiten zu erlernen oder<br />
vorhandenes Fachwissen zu vertiefen. Kennen Unternehmen die verschiedenen<br />
Lerntypen jedoch, lassen sich effizientere und nachhaltigere Schulungen<br />
für die Mitarbeitenden zusammenstellen. Der Artikel «Welcher<br />
Lerntyp sind Sie?» von Gastautor Aristoteles Kabarganos zeigt die verschiedenen<br />
Lerntypen auf und erklärt, welcher Zugang Arbeitgebende<br />
wählen könnten.<br />
Etwas verpasst?<br />
Klicken Sie sich durch unsere Online-Perlen:<br />
hrtoday.ch<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
54
Bloghub<br />
MEINUNG<br />
DIE TÜCKEN MIT DEM ARZTZEUGNIS<br />
ARZTZEUGNISSE SIND WICHTIG. I<strong>HR</strong>E BEDEUTUNG IST ABER HÄUFIG UNKLAR.<br />
BLOG<br />
TV<br />
NETWORK<br />
Ist ein Arbeitnehmer aus<br />
gesundheitlichen Gründen<br />
an der Arbeit verhindert,<br />
besteht während einer<br />
beschränkten Dauer nach<br />
Art. 324a f. OR eine Lohnfortzahlungspflicht<br />
und nach Art.<br />
Thomas Geiser<br />
336c OR ein Kündigungsschutz.<br />
Krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit<br />
hat somit weitreichende Folgen für die<br />
Arbeitgeberin.<br />
Arbeitnehmende melden sich in der Regel nur<br />
krank, wenn sie dies auch tatsächlich sind, und<br />
Arbeitgeberinnen haben meistens keinerlei<br />
Grund, an der Krankheit zu zweifeln. Selbstverständlich<br />
gibt es aber auch Missbrauch und<br />
misstrauische Arbeitgeberinnen. Dann wird die<br />
Frage der gesundheitsbedingen Arbeitsunfähigkeit<br />
zum Streitfall.<br />
Verlangt der Arbeitnehmer Lohn, obgleich er<br />
nicht gearbeitet hat, muss er beweisen, dass er<br />
krank war. Das gilt auch, wenn sich deshalb die<br />
Kündigungsfrist verlängern sollte. Der Arbeitnehmer<br />
wird dann ein Arztzeugnis beibringen.<br />
Das ist aber im Prozess kein Beweis für die Krankheit.<br />
Es beweist nur, dass der Arzt der Meinung<br />
war, der Arbeitnehmer sei arbeitsunfähig. Es ist<br />
eine blosse Parteibehauptung, die das Gericht<br />
würdigen muss. Soweit das im Arbeitsvertrag<br />
vorgesehen ist, kann die Arbeitgeberin den<br />
Arbeitnehmer zu ihrem Vertrauensarzt schicken.<br />
Dieser kommt dann eventuell zum Ergebnis, dass<br />
keine Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Auch das<br />
ist kein Beweis, sondern nur eine Parteibehauptung.<br />
Welche mehr Gewicht hat, kommt auf den<br />
Einzelfall an. Es gibt Argumente, die zwar nichts<br />
taugen, man aber immer wieder hört:<br />
• Der Hausarzt habe den Patienten erst im Nachhinein<br />
gesehen und die Arbeitsunfähigkeit<br />
rückwirkend festgestellt. Doch der Vertrauensarzt<br />
untersucht den Patienten noch später. Das<br />
zeitliche Argument spricht folglich nicht gegen<br />
das Zeugnis des Hausarztes und für jenes des<br />
Vertrauensarztes.<br />
• Der Hausarzt attestiere die Arbeitsunfähigkeit,<br />
weil er sonst einen Patienten verliere, dann<br />
bestreite sie der Vertrauensarzt, weil er sonst<br />
die Arbeitgeberin als Auftraggeberin verliere.<br />
Hausärzte gibt es zu wenige, Vertrauensärzte<br />
sind einfacher zu finden. Sie haben folglich ein<br />
grösseres Interesse, den Auftraggeber nicht zu<br />
verärgern.<br />
• Zutreffend ist allerdings das Argument, der<br />
Hausarzt habe eine Verantwortung für die<br />
Gesundheit seines Patienten. Schickt er ihn zu<br />
früh zur Arbeit und verschlechtert sich dadurch<br />
die Gesundheit, kann der Arzt unter Umständen<br />
haften.<br />
Mangels klarer Kriterien ist folglich die Glaubhaftigkeit<br />
des Arztzeugnisses im Einzelfall zu<br />
prüfen. Es kommt auf die Qualität des Zeugnisses<br />
an!<br />
Der Arzt kann nur glaubhaft die Arbeitsfähigkeit<br />
beurteilen, wenn er die Anforderungen an<br />
den Arbeitsplatz kennt. Er wird sinnvollerweise<br />
detailliert aufführen, welche Arbeiten der<br />
Arbeitnehmer noch machen kann und welche<br />
nicht. Die Ärztegesellschaft des Kantons<br />
Zürich beispielsweise stellt Informationen zu<br />
detaillierten Arztzeugnissen zur Verfügung. Ein<br />
solches ist in jedem Fall notwendig, wenn es<br />
bloss um eine teilweise Arbeitsunfähigkeit geht.<br />
Das Attestieren einer 50-Prozent-Arbeitsunfähigkeit<br />
besagt nicht viel und lässt Fragen<br />
offen: Geht es um 100-prozentige Präsenz mit<br />
50 Prozent Arbeitsleistung? Soll die Arbeit nur<br />
in einer halben Woche erledigt werden oder soll<br />
der Patient nur jeweils einen Halbtag arbeiten?<br />
Es macht auch wenig Sinn, von allen Arbeitnehmenden<br />
bereits nach drei Tagen Krankheit<br />
ein Arztzeugnis zu verlangen. Grippen und<br />
Ähnliches brauchen eben ihre Zeit. Ein Besuch<br />
beim Arzt ist meist nicht notwendig und ausserdem<br />
epidemiologisch unerwünscht. Eine<br />
solche Verpflichtung im Arbeitsvertrag kann je<br />
nach Formulierung zudem dahin ausgelegt<br />
werden, dass vor dem dritten Tag kein Arztzeugnis<br />
verlangt werden darf. Dann hat die<br />
Arbeitgeberin ein Problem, wenn sich ein<br />
Arbeitnehmer immer wieder Montags krankmeldet<br />
– oder allgemein nur einen einzigen Tag.<br />
Weitere Blog-Beiträge lesen Sie auf<br />
blog.hrtoday.ch.<br />
Impressum<br />
Erscheint 10 x jährlich auf Deutsch und<br />
6 x jährlich auf Französisch<br />
23. Jahrgang<br />
Druckauflage 5000 Exemplare<br />
WEMF-beglaubigte Auflage: 4511 Exemplare<br />
Gründer und Herausgeber: Matthias Zimmermann<br />
Offizielles Kommunikationsorgan von<br />
Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />
Union suisse des services de l’emploi<br />
Stettbachstrasse 10, 8600 Dübendorf<br />
T: 044 388 95 40, F: 044 388 95 49<br />
Verlag: ALMA Medien AG<br />
Hofackerstrasse 32, 8032 Zürich<br />
T: 044 269 50 10, info@hrtoday.ch<br />
Aboverwaltung: T: 044 269 50 20, abo@hrtoday.ch<br />
Geschäfts- & Verkaufsleitung: Tobias Mengis<br />
T: 044 269 50 18<br />
Key Account Manager:<br />
Marc Christen, T: 044 269 50 33, marc.christen@hrtoday.ch<br />
Mari Greco, T: 044 269 50 28, mari.greco@hrtoday.ch<br />
Aurelia Keusch, T: 044 269 50 34, aurelia.keusch@hrtoday.ch<br />
Marketing- und Eventleitung: Lea Maurer<br />
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Marketing Manager: Franziska Luginbühl<br />
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Marketing- und Administrationsassistenz: Sina Thüring<br />
T: 044 269 50 32, sina.thuering@hrtoday.ch<br />
Redaktionsteam: Corinne Päper (Chefredaktion),<br />
Christine Bachmann, Eliane Stöckli<br />
Redaktionelle Beiträge:<br />
Marc Bodmer, Gabriela Bonin, Chris Dunkel, Rebecca Eberle,<br />
Nicolas Facincani, Martin Geisenhainer, Robin Gordon, Gerhard<br />
Graf, Stephan Laske, Philipp Meier Schleich, Nena Morf, Marius<br />
Osterfeld, Marina Pletscher, Gustavo Salami, Beatrice Stadler,<br />
Sonja Stark, Sandra Vögel, Peter Ziswiler, Steffen Zitzmann.<br />
Grafik: Jasmin Knecht Korrektorat: comtexto<br />
Druck: Werner Druck & Medien AG,<br />
Leimgrubenweg 9, 4001 Basel, T: 061 270 15 15<br />
Demnächst: Nr. 8 / <strong>2022</strong><br />
Erscheinungstermin: 24. August <strong>2022</strong><br />
Insertionsschluss: 5. August <strong>2022</strong><br />
Abonnementspreise<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> PRO: CHF 324.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch,<br />
4 <strong>HR</strong>M Dossiers, 5 App-Zugänge, unlimitierter Zugriff auf alle <strong>HR</strong>M<br />
Dossiers über die App)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> STANDARD: CHF 227.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch, App-Zugang)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> App CHF 170.–<br />
(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> auf dem Smartphone und Tablet)<br />
<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> DIGITAL: CHF 129.–<br />
(12 Monate Zugang zu hrtoday.ch)<br />
Gezeichnete Artikel wider spiegeln nicht un be dingt die Meinung der<br />
Redaktion oder des Verlags. Für unverlangt eingesandte Texte<br />
übernimmt die Redaktion beziehungs weise der Verlag keine Haftung.<br />
Die Wieder gabe von Beiträgen ist nur mit Quellen angabe gestattet.<br />
Wir bedanken uns für ein Beleg exemplar.<br />
Fotos: iStockphoto<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
55
MEINUNG<br />
Leserreaktionen<br />
Kommentare unserer Leserinnen und Leser<br />
Blog-Beitrag von Thomas Geiser<br />
«Die Tücken mit dem Arbeitszeugnis»<br />
vom 2. Juni <strong>2022</strong>:<br />
«Sehr erhellend, vielen Dank.»<br />
Kristina Hofstetter<br />
Blog-Beitrag von Christoph Jordi «Sind wir<br />
zukunftstauglich?» vom 20. Februar 2020:<br />
«Herzlichen Dank für diesen spannenden<br />
Beitrag! Insbesondere das Bild des<br />
Leitsterns und die Reisemetapher gefallen<br />
mir sehr gut. Mitarbeitende sollten mit einer<br />
gemeinsamen Vision, einem gemeinsamen Nordstern, für<br />
den Purpose ihres Unternehmens brennen, anstatt «nur»<br />
einem Job nachzugehen.» Rahel Kindermann<br />
Blog-Beitrag von Urs Casty «Post & Pray –<br />
Adieu!» vom 19. Mai <strong>2022</strong>:<br />
«Mittlerweile muss man wirklich kreativ<br />
sein und die Kandidatinnen und Kandidaten<br />
da abholen, wo sie stehen. Nicht nur<br />
bei den jungen Fachkräften. Neben der Stellenanzeige<br />
ist die Direktansprache in Social<br />
Media, aber vor allem am Telefon in unseren Projekten oft<br />
ausschlaggebend.»<br />
<br />
Vanessa Streich<br />
«Bis zu drei von vier potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten<br />
sind passiv suchend – darum finde ich nebst Social<br />
Recruiting wichtig, dass man auch darauf setzt, dass Mitarbeitende<br />
Talente anwerben bzw. Jobs oder Unternehmen<br />
empfehlen.»<br />
<br />
Jan Schleuniger<br />
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Lehrbeauftragter für <strong>HR</strong>-<br />
Compliance<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
56
Fokus Forschung<br />
MEINUNG<br />
<strong>HR</strong> MANAGEMENT VON MORGEN:<br />
TRENDS, DIE BLEIBEN WERDEN<br />
MÜSSEN SICH SCHWEIZER ARBEITGEBENDE AUF DIE «GREAT RESIGNATION»<br />
VORBEREITEN UND WIRD HOMEOFFICE ZUR NEUEN NORMALITÄT? WIE<br />
VERÄNDERTE SICH DAS <strong>HR</strong> MANAGEMENT SEIT DEM AUSBRUCH DER PANDEMIE?<br />
DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE AUS DER AKTUELLEN CRANET-<strong>HR</strong>M-STUDIE.<br />
Gastbeitrag: Marina Pletscher<br />
Marina Pletscher ist Doktorandin und<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität<br />
Luzern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind<br />
Führungskommunikation und Talentmanagement.<br />
Zugleich ist sie auch als selbständige<br />
Kommunikationsmanagerin tätig.<br />
Darüber hinaus nutzen Organisationen immer<br />
häufiger digitale Lösungen bei der Suche nach<br />
Talenten. Statt in Zeitungen Stelleninserate zu<br />
schalten (es wurde ein Rückgang um nahezu die<br />
Hälfte festgestellt), nutzen heute 70 Prozent der<br />
Unternehmen soziale Medien bei der Rekrutierung.<br />
Kommunikation über direkte Vorgesetzte zugenommen.<br />
Ausserdem reduzierten 47 Prozent der<br />
befragten Unternehmen regelmässige persönliche<br />
Besprechungen mit ihren Mitarbeitenden,<br />
während 76 Prozent verstärkt elektronische Kommunikationskanäle<br />
verwenden.<br />
Im Gegensatz zu den USA haben Schweizer<br />
Arbeitgebende offenbar keinen Grund, infolge<br />
abflachender Pandemiekurve eine «Great Resignation»<br />
zu befürchten. Die freiwillige Fluktuation<br />
ging in der Schweiz im Vergleich zur letzten<br />
CRANET-Erhebung im Jahr 2014 sogar zurück<br />
und liegt bei durchschnittlich 7 Prozent.<br />
Allerdings zeigen die Daten, dass sich die Arbeitsmodelle<br />
dramatisch verändern und sich neue<br />
Ansätze etablieren. Beispielsweise der Trend zur<br />
Homeoffice-Arbeit. Der Umfrage zufolge bieten<br />
heute 96 Prozent der Unternehmen die Möglichkeit,<br />
remote zu arbeiten. Bei einem Fünftel<br />
(21 Prozent) arbeitet über die Hälfte der Mitarbeitenden<br />
im Homeoffice.<br />
Das instabile wirtschaftliche Umfeld brachte die<br />
Unternehmen dazu, sich flexibleren Arbeitsbedingungen<br />
zuzuwenden. Um den Personalbedarf<br />
zu decken, greifen Organisationen deshalb<br />
zunehmend auf Zeitarbeitsfirmen (76 Prozent)<br />
oder Selbstständige und Freiberufler (62 Prozent)<br />
zurück. Kurzfristige Vertretungen aufgrund von<br />
Krankheit, Projektarbeit und saisonalen Auftragsschwankungen<br />
gehören zu den häufigsten Gründen<br />
für deren Einsatz.<br />
Für bestehende Arbeitskräfte werden digitale<br />
<strong>HR</strong>-Lösungen ebenfalls zum gängigen Instrument.<br />
So hat sich die Einführung von Employee<br />
Self Service fast verdoppelt (66 Prozent im Jahr<br />
2021). Unternehmen nutzen sie, um Mitarbeitenden<br />
die Möglichkeit zu geben, mehrere <strong>HR</strong>-bezogene<br />
Aufgaben selbst zu erledigen, beispielsweise<br />
Urlaubsanträge, Spesenabrechnungen, Schulungsplanung.<br />
Zudem entscheidet sich die Mehrheit<br />
der Unternehmen für die digitale Weiterbildung<br />
ihrer Talente: 75 Prozent der Befragten<br />
nutzen E-Learning-Programme für die Schulung<br />
und Fortbildung der Mitarbeitenden.<br />
Kommunikation im Mittelpunkt<br />
Noch nie war Führung so herausfordernd wie<br />
heute: Ein verändertes Arbeitsumfeld, Ungewissheit<br />
und die zunehmende Digitalisierung verlangen<br />
von Managerinnen und Managern aussergewöhnliche<br />
Kommunikationskompetenzen. Als<br />
unmittelbare und vertrauenswürdigste Informationsquelle<br />
haben sich die direkten Vorgesetzten<br />
zu zentralen Kommunikatoren entwickelt – die<br />
überwiegende Mehrheit bezeichnete sie als wichtigste<br />
Mediatoren des Informationsflusses. Folglich<br />
hat in etwa 31 Prozent der Unternehmen die<br />
Die Vermittlung von Informationen reicht für den<br />
Erfolg nicht aus: Unternehmen sollten auch auf Mitarbeitende<br />
hören. Die Datenanalyse ergab, dass<br />
Organisationen, die eine Bottom-up-Kommunikation<br />
(beispielsweise über das Vorschlagswesen)<br />
fördern, profitabler und wachstumsstärker sind.a<br />
CRANET<br />
CRANET ist die umfassendste wissenschaftliche<br />
Studie des (inter)nationalen Personalmanagements.<br />
Mit Vertretern aus über 50 Ländern ist<br />
CRANET das weltweit grösste <strong>HR</strong>M-Forschungsnetzwerk<br />
und das einzige, das seit über drei Jahrzehnten<br />
vergleichende Daten zum internationalen<br />
<strong>HR</strong>M sammelt. In der Schweiz wird das Projekt<br />
vom Center für Human Resources Management<br />
(CE<strong>HR</strong>M) an der Universität Luzern durchgeführt.<br />
Die Ergebnisse der neusten CRANET-Umfrage<br />
(2021) sind im Bericht «<strong>HR</strong>M in Switzerland: People<br />
& Practices» verfügbar. Die Daten enthalten<br />
ausführliche Informationen zu <strong>HR</strong>M-Praktiken<br />
und basieren auf den Angaben von 174 Unternehmen<br />
mit mindestens 100 Mitarbeitenden.<br />
bit.ly/CRANET_<strong>2022</strong><br />
Dennoch sind die Unternehmen nicht bereit, bei<br />
der Qualität Kompromisse einzugehen: 64 Prozent<br />
der befragten Organisationen gaben an, die<br />
fachlichen Anforderungen an Zeitarbeitskräfte<br />
seien genauso hoch wie die an Festangestellte.<br />
Digitaler Wandel<br />
In den letzten Jahren waren viele Unternehmen<br />
gezwungen, ihre internen Prozesse zu optimieren<br />
und Führung auf Distanz zu ermöglichen. Infolgedessen<br />
stieg die Nachfrage nach digitalen Lösungen<br />
für das Personalmanagement: Der Bedarf<br />
an Outsourcing-Aktivitäten hat sich bei <strong>HR</strong>-<br />
Informationssystemen und -Technologien fast<br />
verdoppelt und liegt nun bei rund 50 Prozent.<br />
Elektronische Kommunikation<br />
Kommunikation direkt an /<br />
von Senior Management<br />
Kommunikation durch direkte Vorgesetzte<br />
Teambriefings<br />
Mitarbeitendenbefragungen<br />
18,4%<br />
31,2%<br />
30,6%<br />
29,1%<br />
Interne Kommunikationswege, die seit dem Ausbruch der Pandemie verstärkt genutzt werden<br />
76,5%<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
57
<strong>HR</strong>-TEAM DES MONATS<br />
FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />
(Von links): Guido Landert, Leiter <strong>HR</strong> und<br />
Administration; Oliver Lacher, Inhaber und<br />
Geschäftsführer; Sandra Freitag, Buchhaltung.<br />
4-TAGE-WOCHE ALS OPTION<br />
KMU SIND EIN GUTER BODEN FÜR INNOVATIONEN UND NEUE ARBEITSMODELLE.<br />
DAS ZEIGT DIE BICHLER + PARTNER AG IM TOGGENBURGISCHEN WATTWIL.<br />
Interview: Christine Bachmann<br />
Ab Juli können die Mitarbeitenden in Ihrem<br />
Unternehmen die 40-Stunden-Arbeitswoche auf<br />
Wunsch in vier Tagen leisten. Warum haben Sie<br />
sich für dieses Arbeitsmodell entschieden?<br />
Guido Landert: In der Elektrobranche ist es seit<br />
längerem schwierig, Fachpersonal zu finden. Wir<br />
wollen alles Mögliche ausschöpfen, um unsere<br />
Mitarbeitenden zu halten und neue Fachkräfte zu<br />
gewinnen.<br />
Wie kommt das bei den Mitarbeitenden an?<br />
Die Rückmeldungen sind ausschliesslich positiv,<br />
denn das neue Arbeitszeitmodell bietet unseren<br />
Mitarbeitenden zusätzliche Möglichkeiten, um<br />
Privates und Berufliches zu vereinbaren. Wer keine<br />
Änderung wünscht, kann am bisherigen Modell<br />
festhalten.<br />
Guido Landert,<br />
Leiter <strong>HR</strong> und Administration,<br />
Bichler + Partner AG, Wattwil<br />
aussen sichtbarer wird. Viele Unternehmen der<br />
Region arbeiten bei diesem Thema eng zusammen.<br />
Welche Themen beschäftigen Sie nebst dem<br />
Fachkräftemangel?<br />
Der Fachkräftemangel und der Personalerhalt sind<br />
die treibenden Themen im <strong>HR</strong>-Alltag. Zudem werden<br />
wir in den nächsten Wochen unsere IT-Lösung komplett<br />
verändern. Davon ist die gesamte Belegschaft<br />
betroffen. Die damit einhergehenden Veränderungen<br />
und Auswirkungen beobachten wir und begleiten<br />
unsere Mitarbeitenden proaktiv.<br />
Sie sind ein kleines <strong>HR</strong>-Team. Was zeichnet es aus?<br />
Wir haben kurze Kommunikationswege. Jeder weiss<br />
zudem über fast alle <strong>HR</strong>-Themen Bescheid. Mitarbeitende<br />
schätzen unseren unkomplizierten Umgang<br />
und finden rasch geeignete Ansprechpartner.<br />
6&7 | <strong>2022</strong><br />
… und bei Ihrer Kundschaft?<br />
Die Neuerungen sind in der Region gut angekommen<br />
und wir haben viele Rückmeldungen erhalten.<br />
Da viele unserer Mitarbeitenden weiterhin fünf Tage<br />
arbeiten, sind wir für unsere Kunden zu den gewohnten<br />
Arbeitszeiten erreichbar. Durch die punktuell<br />
verlängerte Arbeitszeit sind einige Mitarbeitende<br />
sogar länger im Einsatz. Somit profitieren auch<br />
Kunden von dieser Änderung.<br />
Inwiefern helfen flexible Arbeitsmodelle, dem<br />
Fachkräftemangel bei KMU entgegenzuwirken?<br />
Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden haben sich<br />
verändert, auch in der Handwerkbranche. Somit ist<br />
es unsere Pflicht, interne Möglichkeiten auszuschöpfen.<br />
Das neue Arbeitsmodell zeigt, dass wir<br />
als KMU in der Lage sind, nicht nur fachlich innovativ<br />
zu sein, sondern auch bezüglich unserer Mitarbeitenden.<br />
Wir hoffen, dass diese Anpassung<br />
einen nachhaltigen Effekt auf künftige Bewerbende<br />
haben wird.<br />
Die 4-Tage-Woche soll Mitarbeitenden mehr Zeit<br />
für Familie, aber auch für Weiterbildung geben.<br />
Inwiefern unterstützen Sie Letzteres?<br />
Wir klären in Gesprächen, was Mitarbeitende tun<br />
möchten, und beteiligen uns an ihren Weiterbildungskosten.<br />
Viele arbeiten bei uns Teilzeit, um<br />
eine Weiterbildung berufsbegleitend zu absolvieren.<br />
Wie schwierig ist es für Sie, Fachkräfte für Ihr<br />
Unternehmen zu finden und wo rekrutieren Sie?<br />
In der Vergangenheit haben wir Fachpersonal fast<br />
nur über unser Netzwerk gefunden. Seit Jahren sind<br />
wir zudem bestrebt, Ausbildungsplätze anzubieten,<br />
um eigenes Fachpersonal auszubilden. Künftig soll<br />
die Region gezielt gestärkt werden, damit die bereits<br />
vorhandene Innovation des Toggenburgs gegen<br />
Wo sehen Sie sich und Ihr Team in Zukunft?<br />
Wir werden weiterhin in der Region stark verankert<br />
sein und sind bereit, zusätzliches Personal zu engagieren,<br />
damit wir unsere Kundenaufträge optimal<br />
umsetzen können. Persönlich würde ich mich daher<br />
vermehrt internen Themen widmen und mich<br />
weniger auf fehlendes Personal konzentrieren. a<br />
Unternehmensbiografie<br />
Die Bichler + Partner AG mit Hauptsitz im<br />
toggenburgischen Wattwil bietet Dienstleistungen<br />
in den Bereichen Installation, Telematik,<br />
Hausgeräte und Automation an. Das 1895<br />
gegründete Elektrotechnikunternehmen beschäftigt<br />
über 75 Mitarbeitende und verfügt über<br />
Filialen in Nesslau und Ebnat-Kappel sowie einen<br />
Hausgeräte-Stützpunkt in Wil.<br />
58
Presented by GoodHabitz<br />
WOHLBEFINDEN AM ARBEITSPLATZ<br />
DURCHGEHEND IM BLICK HABEN –<br />
BESONDERS IN KRISENZEITEN!<br />
Das aktuelle Weltgeschehen sorgt für viel Verunsicherung<br />
und Ängste – auch am Arbeitsplatz.<br />
Viele Mitarbeitende fragen sich, wie sie unter<br />
diesen Umständen einfach weiterarbeiten sollen.<br />
Die psychische Gesundheit und die Sensibilisierung<br />
für Soft Skills ist unerlässlich, um resilienter<br />
den aktuellen und zukünftigen Krisen zu begegnen.<br />
Vor allem junge Arbeitnehmer*innen fordern,<br />
dass ihre Gesundheit auch Priorität für ihre<br />
Arbeitgeber*innen haben sollte. Die «Benchmarking<br />
Studie 2021. Wohlbefinden am Arbeitsplatz»,<br />
die gemeinsam von GoodHabitz und dem eLearning<br />
Journal im gesamten deutschsprachigen<br />
Raum durchgeführt wurde, kommt zu dem<br />
Ergebnis, dass die psychische Gesundheit nach<br />
Stress zu den Hauptproblemen und -anliegen der<br />
Belegschaft gehört.<br />
Sieben Dimensionen des Wohlbefindens<br />
Doch was für Massnahmen lassen sich konkret<br />
ergreifen, wenn es um das Thema Wohlbefinden<br />
geht? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen,<br />
wurden in der globalen Benchmarking Studie<br />
sieben Dimensionen, die zum Gelingen beitragen,<br />
definiert: (1) Körperliches Wohlbefinden (psychische<br />
Leistungsfähigkeit), (2) Umweltbewusstes<br />
Wohlbefinden (Arbeitsumgebung, Nachhaltigkeit<br />
im Unternehmen), (3) Emotionales Wohlbefinden<br />
(Emotionen erkennen und effektiv<br />
steuern), (4) Geistiges Wohlbefinden (Überzeugung<br />
und Werte, die der Arbeit einen Sinn geben),<br />
(5) Intellektuelles Wohlbefinden (Fähigkeiten<br />
verbessern, neue Konzepte erlernen), (6) Berufliches<br />
Wohlbefinden (Arbeitsaufgaben, die die<br />
Talente und Fähigkeiten der Mitarbeitenden fördern),<br />
(7) Soziales Wohlbefinden (positive Beziehungen,<br />
Gefühl der Zugehörigkeit).<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass in der DACH-Region<br />
vor allem das körperliche Wohlbefinden mit 66 %<br />
mit Abstand einer der wichtigsten Faktoren ist.<br />
Es folgen das berufliche und das soziale Wohlbefinden<br />
mit jeweils 51 %, dicht gefolgt vom<br />
Ev Kicken ist Country Manager Switzerland<br />
bei GoodHabitz, einem führenden europäischen<br />
Anbieter von E-Learning Inhalten für Unternehmen.<br />
Als Expertin in der Bildungsdienstleistung<br />
setzt sie sich für die digitale Weiterbildung<br />
und moderne Lernkulturen ein.<br />
umweltbewussten Wohlbefinden (51 %). Das<br />
emotionale Wohlbefinden spielt mit 37 % eine<br />
untergeordnete Rolle. Trotzdem bieten nach<br />
eigenen Angaben 76 % der befragten Unternehmen<br />
Massnahmen bzw. Aktivitäten zum Thema<br />
«Wellbeing» für ihre Mitarbeiter*innen an oder<br />
verfügen über ein Gesundheitsmanagement. Die<br />
Thematik wird dabei vor allem als adäquates<br />
Werkzeug im K<strong>amp</strong>f um Fachkräfte und Talente<br />
gesehen. Mit 73 % ist das Anbieten von Schulungsmassnahmen<br />
zum Wohlbefinden am<br />
Arbeitsplatz eine Massnahme zur Stärkung der<br />
Mitarbeiterbindung und dient der Attraktivitätssteigerung<br />
des Unternehmens als Arbeitgeber.<br />
Aber auch weitere Aspekte, wie die Stärkung der<br />
Produktivität der Mitarbeitenden (61 %), die Verringerung<br />
der Krankheitstage (60 %) oder die<br />
Förderung von Zusammenarbeit in Teams (56 %)<br />
werden jeweils von mehr als der Hälfte der<br />
Befragten als Argumente für ansprechende<br />
Schulungsmassnahmen angegeben.<br />
e-Learning und Wohlbefinden: ein Dream-Team<br />
Wohlbefinden im Unternehmen ist kein Ziel, das<br />
man anstrebt, erreicht und dann von der Todo-Liste<br />
streicht. Es handelt sich um einen<br />
andauernden Prozess, bei dem immer wieder<br />
Veränderungen und Anpassungen nötig sind.<br />
Und das auf allen Ebenen: <strong>HR</strong>-Manager*innen<br />
und Führungspersonen haben die Aufgabe,<br />
durch gezielte Massnahmen eine Unternehmenskultur<br />
zu schaffen, die das mentale und<br />
körperliche Wohlbefinden in den Vordergrund<br />
stellt. Führungskräfte sollten sicherstellen, dass<br />
ihr Führungsstil den Anforderungen einer zunehmend<br />
dynamischen, digitalen und komplexen<br />
Arbeitswelt entspricht. Und Mitarbeitende sollten<br />
ihrer Gesundheit mehr Beachtung schenken,<br />
ihre Stärken erkennen und wertschätzen, sowie<br />
neue Fähigkeiten entwickeln. Auf diese Weise<br />
tragen alle Ebenen zu einer stärkeren und zufriedeneren<br />
Unternehmenskultur bei. Doch wie<br />
können Schulungen im Bereich des Wohlbefindens<br />
gelingen?<br />
Auf den ersten Blick mag «Wellbeing» nicht<br />
unbedingt ein klassisches E-Learning-Thema sein.<br />
In der Vergangenheit lagen beim digitalen Lernen<br />
regelmässig Compliance, IT-Trainings und Produktschulungen<br />
an oberster Stelle, wobei über<br />
die letzten Jahre zunehmend auch Soft Skills an<br />
Bedeutung gewannen. Mit Online-Kursen kann<br />
ein erster Schritt in Unternehmen zur Aufklärung<br />
und Sensibilisierung der Thematik „Wellbeing am<br />
Arbeitsplatz» geleistet werden. Denn Mitarbeitende<br />
haben die Möglichkeit sich individuell und<br />
zeitlich flexibel damit auseinanderzusetzen und<br />
es bleibt somit kein Tabu Thema.<br />
Wer als Unternehmen es schafft, Mitarbeitende<br />
dort abzuholen abzuholen wo sie stehen und ihre<br />
Resilienz zu erhöhen, hat es im Ringen um qualifizierte<br />
Fachkräfte einfacher, reduziert Fehlzeiten<br />
und positioniert sich als modernen Arbeitgeber.<br />
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