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HR_Today_6&7_2022

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hrtoday.ch | CHF 19.50<br />

<strong>2022</strong><br />

N°6/7<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />

Know-how for tomorrow<br />

Porträt<br />

Seit Arbeitsstart bei Johnson & Johnson<br />

strebte Loes Bresseleers eine internationale<br />

Karriere an. Heute ist sie <strong>HR</strong>-Leiterin Schweiz<br />

beim Pharmazie- und Konsumgüterkonzern.<br />

Seite 8<br />

Metaverse<br />

Weshalb es das Lernen erleichtert und<br />

sich Firmen schon heute mit dieser<br />

Technologie auseinandersetzen sollten.<br />

Seite 32<br />

Über 800 <strong>HR</strong>-Stellen<br />

hrtoday.ch/jobs<br />

powered by<br />

Chefs versichern<br />

Fallen Schlüsselpersonen im Unternehmen<br />

aus, kann das zum Stillstand des Betriebs<br />

führen. Besonders gefährdet sind KMU.<br />

Seite 42<br />

LEARNING<br />

iSTOCK


Presented by Beratungs- und Weiterbildungsinstitut BWI AG<br />

FÜ<strong>HR</strong>UNGSFÄHIGKEITEN FÜR<br />

ORGANISATIONEN VON HEUTE<br />

WIR BRAUCHEN VIEL ME<strong>HR</strong> ALS AGILITÄT: WIR BRAUCHEN EINE FÜ<strong>HR</strong>UNGSWEITERBILDUNG,<br />

DIE ALLE ASPEKTE DER TRANSFORMATION MIT EINBEZIEHT.<br />

Autorin: Franziska Gottschalk, Trainerin und Beraterin, BWI<br />

In Organisationen und Teams sind Veränderung<br />

und Transformation längst zum Alltag geworden,<br />

mit denen es professionell umzugehen gilt. Damit<br />

dieser Wandel für jede Unternehmung individuell,<br />

strukturiert und zielführend passiert, brauchen<br />

wir Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu<br />

übernehmen. Leader, die ein Verständnis über<br />

systemische Zusammenhänge und ein solides<br />

Wissen über das menschliche Verhalten in Zeiten<br />

von Veränderung haben. Führungskräfte, die in<br />

der Lage sind, die richtigen Interventionen zur<br />

richtigen Zeit einzusetzen. Agile Coaches, die die<br />

Mitarbeitenden der Organisation in diesem Prozess<br />

abholen und deren Entwicklung zu «Co-Führenden»<br />

ermöglichen. Kurz: Wir brauchen «Agile<br />

Transformation Leaders», die über gutes Rüstzeug<br />

verfügen, um die Organisation kompetent in der<br />

Transformation zu führen.<br />

Eine andere Sicht auf Führung<br />

Wenn wir uns dieser Notwendigkeit bewusst sind,<br />

ist die einzig logische Konsequenz eine andere<br />

Sicht auf Leadership. Unsere bekannte direkte,<br />

traditionell-hierarchische Führung zahlt auf<br />

Eigenverantwortung, Potentialentfaltung und<br />

Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden wenig ein.<br />

Mitarbeitende in traditionell geführten Teams<br />

erwarten von ihrer Führungskraft Unmögliches:<br />

«Motiviere mich!», «Entscheide, was ich tun soll!»,<br />

«Bestätige mir, dass ich es richtig gemacht<br />

habe!» «Sag mir, was die Zukunft bringt!». Diese<br />

Bedürfnisse sind von einer Führungsperson unerfüllbar.<br />

Und zu viel direkte Führung kann zu<br />

Abhängigkeiten von charismatischen Führungspersönlichkeiten<br />

führen und damit Selbstverantwortung,<br />

Innovation und Entwicklung bei den<br />

Mitarbeitenden unterdrücken.<br />

Es braucht dringend einen Perspektivenwechsel:<br />

Führungskräfte sollen ermöglichen, den<br />

Rahmen vorgeben, Zusammenarbeitsprozesse<br />

gestalten, den Mitarbeitenden den<br />

Rücken freihalten. Mit Partizipation und<br />

Franziska Gottschalk<br />

Trainerin und Beraterin, BWI<br />

Transparenz stärken Führungspersönlichkeiten die<br />

psychologische Sicherheit im Team und ermöglichen<br />

erst damit Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit<br />

der Mitarbeitenden.<br />

Gestalten von lernfördernden Arbeitsumfeldern<br />

für Innovation und Entwicklung<br />

Doch wie erreiche ich als Führungskraft diesen<br />

Zustand? Es braucht Orientierung für die sinnvolle<br />

und nachhaltige Anwendung agiler, selbstorganisierter<br />

Methoden und Tools. Dafür braucht<br />

es Wissen, harte Fakten aus der Wissenschaft:<br />

Wie gestalte ich eine Arbeitsumgebung, in der<br />

sich die Mitarbeitenden auf ihre Arbeit konzentrieren<br />

können? Welche Rahmenbedingungen<br />

schaffe ich, um Motivation und Lernen zu ermöglichen?<br />

Wie finden Innovation und iterative Weiterentwicklung<br />

im Team statt? Wie nutze ich<br />

Widerstand positiv? Was trage ich als Führungsperson<br />

zur Lösung von Konflikten bei?<br />

Weiterbildung zum Agile Transformation Leader<br />

Doch Wissen allein reicht nicht aus! Agile Leaders<br />

brauchen viel mehr die praktische Erfahrung, sie<br />

brauchen direktes qualitatives Feedback von<br />

Transformationsprofis, brauchen Raum für eigene<br />

Ideen und Prozesse. Im Intensivkurs zum «Agile<br />

Transformation Leader» wird der eigene Führungsalltag<br />

thematisiert und reflektiert. Direkt<br />

und im individuellen Praxisfeld. Um Agilität,<br />

Selbstorganisation und Transformation aktiv im<br />

eigenen Arbeitsumfeld gestalten und weiterentwickeln<br />

zu können, bieten wir über acht Tage verteilt,<br />

ca. 50 Methoden, Tools und Interventionen,<br />

die bereits während des Kurses ausprobiert und<br />

direkt im Alltag angewendet werden können. Alles<br />

Gelernte wird mit den persönlichen Werten und<br />

Erfahrungen der Teilnehmenden in Verbindung<br />

gebracht: So zieht jede*r individuell und praxisnah<br />

ihren*seinen Nutzen aus dem Seminar. a<br />

«Agile Transformation<br />

Leader» als Weiterentwicklung<br />

für <strong>HR</strong> Business Partner<br />

Jede Organisation im Veränderungssprozess<br />

braucht Expert*innen, die sich mit nützlichen<br />

und sinnvollen Transformations-Methoden und<br />

Interventionen auskennen. Konfliktlöser*innen<br />

und Innovationsspezialist*innen, Facilitator*innen<br />

und Zusammenarbeitsprofis sind gefragt.<br />

Als <strong>HR</strong> Business Partner*in oder <strong>HR</strong> Manager*in<br />

hast du für diese Zusatzausbildung die besten<br />

Voraussetzungen.<br />

Online-Infoabende:<br />

4. Juli/ 25. August/ 26. September/ 19. Oktober<br />

jeweils 18.00 Uhr – 18.45 Uhr<br />

Anmeldung: bwi.ch/ATL<br />

Beratungs- und Weiterbildungsinstitut BWI AG<br />

Technoparkstrasse 1<br />

8005 Zürich<br />

T +41 44 277 70 40<br />

www.bwi.ch/ATL


EDITORIAL<br />

HAPPY EMPLOYEE, HAPPY COMPANY.<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser<br />

Ob on the Job, beim Segeln, beim Theaterspielen oder beim Gamen: Lernen geschieht<br />

auf vielfältige Weise. Dennoch werden die so erworbenen Kompetenzen beruflich<br />

kaum gewürdigt. Das ist schade, denn wüssten Unternehmen, was ihre Mitarbeitenden<br />

können, liesse sich deren Potenzial noch besser in der Firma einbringen. Und:<br />

Mitarbeitende, die in einem Unternehmen tun, was ihnen Spass macht, sind motivierter.<br />

Mehr hierzu im Themen-Schwerpunkt Learning ab Seite 24.<br />

Die ganze <strong>HR</strong>-Welt spricht über Metaverse. Weshalb die neue digitale Parallelwelt<br />

keine Neuauflage von «Second Life» ist und wir diese Technik künftig zum Lernen<br />

benötigen, erfahren Sie im Beitrag von Gustavo Salami (Seite 32).<br />

Ausserdem: Das erste <strong>HR</strong> FESTIVAL europe ist vorbei. Die Eindrücke zweier ereignisreicher<br />

Tage auf einer mehrseitigen Bildstrecke – unter anderem ein Rückblick auf den<br />

Swiss <strong>HR</strong> Award (ab Seite 20).<br />

Wir wünschen Ihnen viel Lesevergnügen und verabschieden uns mit dieser Ausgabe in<br />

die Sommerpause.<br />

Herzlich,<br />

Corinne Päper, Chefredaktorin<br />

cp@hrtoday.ch<br />

PS: Beigeheftet finden Sie das BGM<br />

Special <strong>2022</strong>, das Sie über Trends<br />

im betrieblichen Gesundheits -<br />

management informiert.<br />

Unsere Bilder sind<br />

jetzt mehr als Bilder –<br />

lassen Sie sie<br />

lebendig werden!<br />

1 Laden Sie die<br />

Gratis-App «Xtend»<br />

für iOS + Android<br />

herunter.<br />

2 Öffnen Sie im Hauptmenü<br />

die Funktion<br />

«Scannen».<br />

3 Halten Sie die Kamera<br />

auf das mit markierte<br />

Bild und klicken Sie auf<br />

«scannen».<br />

Digitales Recruiting.<br />

Und doch persönlich.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

3


INHALT<br />

PEOPLE<br />

8 Porträt Die gebürtige Belgierin Loes Bresseleers ist <strong>HR</strong>-Leiterin<br />

Schweiz bei Johnson & Johnson und startet international durch.<br />

12 Im Gespräch Noémi Roten über die Vorteile der Milizinitiative.<br />

14 Sesselrücker und Event<br />

19 Afterwork Jürg Stucki wollte ein «Beatle» werden. Heute ist er<br />

stellvertretender Leiter Personal bei der Eisberg AG in Dällikon.<br />

20 Bilderreigen des <strong>HR</strong> FESTIVAL europe <strong>2022</strong><br />

22 Gewinnerinnen und Gewinner des Swiss <strong>HR</strong> Award <strong>2022</strong><br />

SCHWERPUNKT:<br />

LEARNING<br />

8<br />

26 <strong>HR</strong> als Bildungsberater Drei Personalentwicklungsinitiativen.<br />

28 Gaming Videospiel-Präferenzen zeigen Neigung und Motivation<br />

von Nachwuchskräften.<br />

30 Soft Skills Warum sich Arbeitgebende mehr dafür interessieren<br />

sollten und sich der Aufbau eines Skill Managements lohnt.<br />

32 Metaverse Wie es sich im Arbeitsalltag integrieren lässt und was<br />

<strong>HR</strong> damit zu tun hat.<br />

THEMA<br />

28<br />

36 Arbeit und Recht Die Kündigungsfrist und ihre Berechnung.<br />

39 Sozialversicherungen Institutionelle Investoren und<br />

Nachhaltigkeit.<br />

40 Reverse Coaching Neues Konzept.<br />

42 Retention Wie man Schlüsselpersonen versichert.<br />

44 Swissstaffing-News Neues vom Verband der<br />

Personaldienstleister.<br />

MEINUNG<br />

49 Debatte Was für und was gegen den Menstruationsurlaub<br />

spricht.<br />

54 hrtoday.ch Post & Pray, eine Checkliste zur Beziehungspflege<br />

und wie effizientes und nachhaltiges Lernen gelingt.<br />

55 Blog Die Tücken mit dem Arbeitszeugnis.<br />

57 Fokus Forschung Das <strong>HR</strong> Management von morgen.<br />

58 <strong>HR</strong>-Team des Monats Die Bichler + Partner AG in Wattwil<br />

bietet Mitarbeitenden eine Vier-Tage-Woche.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

58<br />

4


22<br />

Anzeige<br />

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People Analytics und Agilität sind Megatrends mit grossem<br />

Potential für ein evidenzbasiertes Human Capital Management.<br />

Stärken Sie in diesem CAS mit Lernwerkstattcharakter die<br />

dazu nötige Handlungs- und Methodenkompetenz.<br />

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6&7 | <strong>2022</strong><br />

5


Presented by Devyl – Develop your learning<br />

WIE NEW LEARNING IN DER<br />

BERUFLICHEN AUS- UND<br />

WEITERBILDUNG WIRKLICH GELINGT<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Martin Braun,<br />

Geschäftsführer Develop-P GmbH<br />

In den vergangenen beiden Jahren haben wir<br />

unterschiedlichste Erfahrungen mit dem Führen<br />

von virtuellen Meetings, Ausbildung im Homeoffice<br />

und ganzen digitalen Weiterbildungsreihen<br />

gemacht; einzelne Formate sind sogar richtig<br />

erfolgreich geworden. Sind wir damit schon<br />

angekommen bei «New Learning»?<br />

Könnte man eigentlich meinen, zumal in der<br />

beruflichen Aus- und Weiterbildung in den letzten<br />

10 Jahren richtig viel investiert worden ist:<br />

Anpassung der Rahmenpläne an die betrieblichen<br />

Bedürfnisse, Optimierung der Lernprozesse,<br />

Einzug von Tablets und E-Learnings, ganzer WiKis<br />

und Lern-Management-Systeme, Digitalisierung<br />

von Berichtsheft und Dokumentationen.<br />

Ehrlicherweise muss auch hinzugefügt werden,<br />

dass die Digitalisierung – zu allererst über E-Learnings<br />

z.B. beim kompletten Onboarding - helfen<br />

sollte, die Aus- und Weiterbildung zu standardisieren,<br />

effizienter zu machen und damit letztlich<br />

auch Ressourcen einzusparen.<br />

New Learning ist nicht nur Digitalisierung<br />

Das ist Optimierung ausschließlich vom Lehrenden<br />

her gedacht: Ein Zugänglich-machen von<br />

penibel ausgewähltem Lernstoff - für alle Fälle<br />

des Arbeitslebens, für alle gleich aufbereitet und<br />

in gleicher Zeit zu absolvieren.<br />

Wie wenig diese Denkrichtung den Lernenden<br />

hilft und sie befähigt, sich ganz individuell in der<br />

Flut der Lernangebote zu orientieren, wurde spätestens<br />

mit der Ausbildung im Homeoffice und<br />

den rein digitalen Aus- und Weiterbildungskursen<br />

deutlich.<br />

Und so, wie eine Homeoffice-Erlaubnis noch kein<br />

New Work ausmacht, garantiert auch kein noch<br />

so gut bestücktes LMS bereits ein New Learning.<br />

Es braucht neue, wertschöpfende Formen des<br />

kollegialen Knowhow-Austauschs und des<br />

gemeinsamen, hybriden Lernens.<br />

Natürlich ist nach zwei Jahren unterschiedlichster<br />

Ausnahmezustände das Bedürfnis nach dem<br />

«zurück zu bisher bewährten Formen» verständlich.<br />

Gleichzeitig muss allen klar sein, dass eine<br />

Aus- und Weiterbildung weder inhaltlich und<br />

schon gar nicht methodisch wie vor 2020 betrieben<br />

werden kann. Zu sehr hat sich die Welt seither<br />

verändert und uns aufgezeigt, wie dünn wir<br />

gerade beim Lernen aufgestellt sind.<br />

Damit New Learning effektiv und effizient wird,<br />

müssen die Lernenden wieder ins Zentrum aller<br />

Methodik und Didaktik: Es braucht eine intelligente,<br />

hybridfähige Mischung von Selbst- und<br />

Peerteaching, Flipped Classroom, Working-<br />

Out-Loud–Settings und praktischer «4-Stufen-<br />

Methode 4.0» oder gleich einer leittextorientierten<br />

Vorgehensweise – in interaktiven<br />

Lernmodulen angeboten, die den kollegialen<br />

Diskurs geradezu herausfordern. Und das<br />

natürlich auf einer digitalen Plattform, die das<br />

«Spielzeug» Handy zum Lernzeug macht, das<br />

immer und überall funktioniert.<br />

Diese neuen kollaborativen Lernformen müssen<br />

tatsächlich erst gelernt werden – ein echtes<br />

Develop your learning. Vorgesetzte und Ausbildende<br />

sind dabei als Learning-Developer mehr<br />

denn je gefragt!<br />

Und wie gelingt New Learning ganz praktisch?<br />

Zunächst müssen die Lernenden ihre Ziele klar<br />

formulieren, die wichtigste Voraussetzung für<br />

eine intrinsische Motivation. Und diese sind am<br />

besten gleich SMART formuliert, damit ein konkreter<br />

Fortschritt erfahrbar und Lernerfolg sichtbar<br />

wird.<br />

Dann braucht individuelles Lernen digital verfügbare<br />

Lernmodule, die didaktisch so angelegt<br />

sind, dass möglichst viel gesprochen wird und<br />

ein konstruktiver Streit um die beste Lösung entsteht.<br />

Noch wertvoller sind Lernmodule und<br />

Aufgaben, die von den Lernenden selbst oder<br />

in Zusammenarbeit mit Know-how-Träger*innen<br />

vor Ort entwickeln werden; das ist dann<br />

sozusagen Peerteaching im Quadrat.<br />

Regelmäßiges Feedback ist der dritte, entscheidende<br />

Bestandteil für effektive, persönliche Entwicklung<br />

und das eigene Lernen. Entsprechende<br />

Feedbackgespräche werden am besten digital<br />

vorbereitet, indem sowohl die Lernenden, als<br />

auch die Ausbildenden und Vorgesetzten regelmäßig<br />

zu Selbst- und Fremdeinschätzung aufgefordert<br />

werden.<br />

Den Lern- bzw. Entwicklungsprozess schließt<br />

letztlich eine gute Dokumentation ab (im Bereich<br />

der Ausbildung das Berichtsheft), die die Lernergebnisse<br />

sichtbar macht, nachhält und eine<br />

Honorierung ermöglicht.<br />

Develop your learning: das ist der Ausgangspunkt<br />

der Plattform Devyl, die als App oder PC-<br />

Anwendung für das NEW LEARNING eine einzigartige<br />

technische und methodisch-didaktische<br />

Grundlage bildet, sowohl für die duale Ausbildung,<br />

aber noch viel mehr für die gesamte<br />

betriebliche Weiterbildung. Denn neben allen<br />

aus- und weiterbildungsrelevanten administrativen<br />

Prozessen lassen sich beliebig viele Lernpfade<br />

mit den entsprechenden Lernmodulen und<br />

E-Learnings integrieren. Dies kann wiederum mit<br />

detailliertem Entwicklungs-Feedback- und smarten<br />

Zielvereinbarungen verknüpft werden – die<br />

digital vorbereitet und natürlich im Gespräch<br />

geteilt werden.<br />

Gerne laden wir Sie auf eine «geführte Entdeckungsreise»<br />

unserer Antwort auf die Herausforderungen<br />

des New Learning mit Devyl – Develop<br />

your learning ein.<br />

a<br />

Angaben zum Produkt<br />

Devyl ist die umfangreiche und pädagogisch<br />

fundierte Aus- und Weiterbildungsplattform, die<br />

Administrationsaufwand reduziert und gleichzeitig<br />

das Lernen auf einen neuen Level hebt.<br />

Mehr Informationen<br />

und kostenfreies<br />

Demosystem<br />

auf devyl.de<br />

6


PEOPLE<br />

Loes Bresseleers (Seite 8) • Noémi Roten (Seite 12)<br />

Sesselrücker & Events (Seite 14) • Afterwork (Seite 19)<br />

4 FRagen an<br />

Elke Thamm<br />

Am 15. September <strong>2022</strong> findet der<br />

Ostschweizer Personaltag statt.<br />

Sie werden über Personal-, Teamund<br />

Organisationsentwicklung<br />

sprechen. Ein kleiner Sneak Peek?<br />

Elke Thamm: Ich plane Einblicke zu<br />

geben, wie wir bei Bühler mit High<br />

Performance Teams als Kernelemente<br />

unsere Werte leben und wie wir unsere<br />

Führungskräfte fördern, sodass sie ihre Mitarbeitenden<br />

unterstützen. Zudem verrate ich, was der Zaubertrank einer<br />

erfolgreichen Teamkooperation in der hybriden Zukunft ist.<br />

Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen als Head of<br />

Corporate Personnel Development bei der Bühler AG?<br />

Der Jobmarkt ist in vielen Ländern gerade sehr dynamisch. Es wird<br />

zunehmend schwieriger, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden. Das<br />

spüren auch wir. Darüber hinaus ist für uns die neue hybride Arbeitswelt<br />

ein span nendendes und spannungsgeladenes Spielfeld. Hier<br />

wollen wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden die künftigen<br />

Spielregeln definieren. In der Rolle als Head of Corporate Personnel<br />

Development mit globaler Verantwortung für Personal und Organisationsentwicklung<br />

setzen wir an allen Phasen des Employee Life<br />

Cycle an. Das fängt bei der Talentakquise an, gilt aber auch für die<br />

Führungsentwicklung.<br />

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Personalentwicklung<br />

seinen Zweck erfüllt?<br />

Es ist wichtig, Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten<br />

aufzuzeigen, denn 90 Prozent des Lernens passieren während der<br />

täglichen Arbeit. Also ausserhalb der klassischen Trainings. Dafür<br />

müssen Vorgesetzte und Mitarbeitende jedoch sensibilisiert werden.<br />

Zudem sollte eine unternehmensweite Lernkultur etabliert werden,<br />

die es jedem Mitarbeitenden ermöglicht, sich zu entwickeln, Bestehendes<br />

zu entlernen sowie Neues zu erlernen und auszuprobieren.<br />

Das generationenübergreifend und in allen Karrierephasen.<br />

Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich persönlich?<br />

Ich freue mich am meisten auf den Austausch und die Diskussion<br />

mit allen Teilnehmenden. Nach zwei Jahren Pandemie schätze ich<br />

diesen direkten persönliche Austausch, ziehe daraus viel Energie und<br />

nehme spannende Anregungen mit. (cb)<br />

Anmelden unter: personaltag.ch<br />

Was macht eigentlich<br />

Gabriela Keller?<br />

Als wir Sie 2017 porträtierten, befand sich Ergon auf starkem<br />

Wachstumskurs. Einige Mitarbeitende mussten sogar an<br />

einen anderen Standort umziehen, weil der Hauptsitz an der<br />

Merkurstrasse in Zürich aus allen Nähten platzte.<br />

Gabriela Keller: Wir haben weiter expandiert.<br />

Derzeit zählen wir 360 Mitarbeitende,<br />

die von zu Hause aus oder<br />

an einem unserer drei Standorte<br />

rund um den Bahnhof<br />

Stadelhofen arbeiten. In der<br />

Zwischenzeit haben wir zudem<br />

unseren Hauptsitz vergrössert.<br />

Dort befindet sich<br />

nun eine grosszügige Begegnungshalle,<br />

ausserdem gibt<br />

es dort weitere Kollaborationsräume.<br />

Ganz neu ist unsere Zweigniederlassung<br />

in Deutschland.<br />

Sie selbst arbeiten seit 28 Jahren bei Ergon. Was hat Sie gehalten?<br />

Die tollen Arbeitskolleginnen und -kollegen, die vielen Digitalisierungsprojekte<br />

unserer Kundinnen und Kunden und die kontinuierliche<br />

Entwicklung unseres Unternehmens über all die Jahre hinweg.<br />

Ich konnte zudem in viele unterschiedliche Rollen schlüpfen, das hat<br />

mir unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten geboten und mich<br />

stets vor neue Herausforderungen gestellt.<br />

Langweilt Sie die Aussage, dass Sie immer noch eine der wenigen<br />

weiblichen CEOs sind?<br />

Nein, ich finde es eher bedauerlich. Die Entwicklung geht aber in<br />

die richtige Richtung, denn es gibt immer mehr weibliche Führungskräfte.<br />

Spürbar ist das besonders an Anlässen wie dem Swiss Economic<br />

Forum. In der IT steigt der Frauenanteil dagegen nur langsam.<br />

Deshalb müssen wir uns bemühen, allen Menschen aufzuzeigen,<br />

wie spannend unsere Branche ist.<br />

In unserem letzten Interview erzählten Sie, dass Sie komplett<br />

auf Off- und Nearshoring verzichten. Ist das immer noch so?<br />

Das ist immer noch so. Für uns ist Kundennähe wichtig, um<br />

Vertrauen zu bilden und erfolgreich mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten.<br />

Dass unsere Mitarbeitenden Ergon empfehlen,<br />

bleibt für die Talentgewinnung enorm wichtig. (cp)<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

7


AKTUELL<br />

Porträt<br />

FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />

2021<br />

Head of <strong>HR</strong>, Switzerland,<br />

Johnson & Johnson<br />

2018<br />

Head of <strong>HR</strong>, Südafrika,<br />

Johnson & Johnson<br />

2021<br />

Global <strong>HR</strong> Leader, Pharma R&D<br />

Johnson & Johnson<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

8


DIE INTERNATIONALE<br />

LOES BRESSELEERS STREBTE SEIT I<strong>HR</strong>EM ARBEITSSTART 2013 BEI JOHNSON & JOHNSON<br />

EINE INTERNATIONALE KARRIERE AN. DAS GELINGT 2018, ALS DIE GEBÜRTIGE BELGIERIN<br />

FÜR DAS GESUNDHEITSUNTERNEHMEN ZUNÄCHST NACH SÜDAFRIKA UND DANACH IN<br />

DIE SCHWEIZ ZIEHT. ÜBER DIE HERAUSFORDERUNGEN, DIE DAS MIT SICH BRINGT.<br />

Text: Corinne Päper<br />

Ein regnerischer grauer Morgen in Zug. Im<br />

Gebäude an der Gubelstrasse bei Johnson &<br />

Johnson ist es um halb elf Uhr morgens recht<br />

ruhig. Das liegt nicht am trüben Wetter: «Wir<br />

haben in der Schweiz gerade unser hybrides<br />

Arbeitsmodell eingeführt», begrüsst uns Loes<br />

Bresseleers, <strong>HR</strong>-Leiterin Schweiz. Das heisst: Vollzeitangestellte<br />

arbeiten bis zwei Tage zu Hause<br />

und drei im Büro. «Immer mehr kehren aber ins<br />

Büro zurück», freut sich Bresseleers. Das Kommen<br />

und Gehen der diversen Handwerker verdeutlicht<br />

den Arbeits-Kulturwandel. «Bald werden<br />

wir in Office Spaces arbeiten, die ein<br />

tätigkeitsbasiertes Arbeiten ermöglichen.»<br />

Räumliche Veränderungen, die auch vor dem<br />

45-köpfigen <strong>HR</strong>-Team in Zug nicht haltmachen:<br />

«Auch wir ziehen in den Open Space.»<br />

Da drängt sich eine Frage auf, denn <strong>HR</strong>-Arbeit<br />

ist vertraulich. Doch wie lassen sich diese Tätigkeiten<br />

in offenen Büroflächen geheim halten?<br />

«Das <strong>HR</strong>- und Payroll-Team wird in einem separaten<br />

Bereich arbeiten. Dort gibt es genügend<br />

Räume, wo wir uns auf unsere Arbeit fokussieren,<br />

uns treffen und Anrufe tätigen können», sagt<br />

Bresseleers. Trotzdem müsse sich das <strong>HR</strong>-Team<br />

neue Arbeitsweisen angewöhnen, beispielsweise<br />

vermehrt papierlos zu arbeiten oder die Arbeitswoche<br />

und -tage genauer zu planen. «Das<br />

bedeutet, zu reflektieren, wozu man ins Büro<br />

kommt, welche Arbeiten man hier und welche<br />

von zu Hause aus erledigt, aber auch abzuklären,<br />

welche gegenseitigen Erwartungen die Teammitglieder<br />

haben.» Dieser Wandel ist für Bresseleers<br />

nichts Neues: «Das habe ich bereits in meinem<br />

Heimatland Belgien erlebt und im<br />

südafrikanischen Johannesburg.»<br />

Nur im Homeoffice zu arbeiten, kommt für die<br />

36-jährige Bresseleers sowieso nicht in Frage:<br />

«Trifft man sich persönlich, ist das etwas ganz<br />

anderes als ein Meeting über Zoom.» Dass sich<br />

Mitarbeitende nicht nur aus der Ferne kennen,<br />

sei auch für eine Konzernkarriere wichtig: Johnson<br />

& Johnson sei eine Netzwerkorganisation.<br />

Um andere Mitarbeitende zu treffen, erweise sich<br />

die Cafeteria als Türöffner. Diese sei gerade sehr<br />

«busy». Ein gutes Zeichen, dass die Mitarbeitenden<br />

die Pandemiezeit hinter sich gelassen haben.<br />

TRIFFT MAN<br />

SICH PERSÖNLICH,<br />

IST DAS ETWAS GANZ<br />

ANDERES ALS EIN<br />

MEETING ÜBER ZOOM.<br />

LOES BRESSELEERS<br />

Weltenbummlerin<br />

Belgien – Afrika – Schweiz: Eine internationale <strong>HR</strong>-<br />

Karriere erhoffte sich Bresseleers seit ihrem ersten<br />

Arbeitstag beim Gesundheitsunternehmen. «Als<br />

ich im September 2018 die Möglichkeit erhielt,<br />

nach Südafrika zu gehen, entschieden sich mein<br />

Mann und ich innert fünf Minuten.» Gesagt,<br />

getan: Bresseleers zieht mit Ehemann und den<br />

vier- und sechsjährigen Söhnen, die kein Wort<br />

Englisch sprechen, nach Johannesburg. Der<br />

Umzug bringt für die Familie viele Veränderungen.<br />

«Mein Mann erhielt als Werbetexter keine Arbeitserlaubnis<br />

und konnte somit in Südafrika nicht<br />

arbeiten. Deshalb kümmerte er sich vermehrt um<br />

die Kinder und pflegte neue Hobbys – beispielsweise<br />

Fotografie oder Tennis.» Langeweile kam<br />

nie auf: «Er war konstant beschäftigt.» Trotz des<br />

Rollentauschs fällt der Familie die Eingewöhnung<br />

leicht: «Wir wurden von Anfang an von Nachbarn<br />

und Bekannten aller Altersgruppen zu Grillfesten<br />

eingeladen. Südafrikaner sind sehr offen und<br />

freundlich.» Funktioniert habe der Standortwechsel<br />

vor allem auch deshalb, «weil wir uns als Familie<br />

dafür entschieden haben und es als Abenteuer<br />

betrachteten».<br />

In Südafrika trifft Bresseleers auf ein <strong>HR</strong>, das<br />

generalistisch ausgerichtet ist. «Ich hatte den<br />

Auftrag, es auf die globale Organisation anzupassen.»<br />

Heisst: beispielsweise ein bereichsübergreifend<br />

rekrutierendes Talent Acquisition Team<br />

aufzubauen oder eines, das den Kontakt zu<br />

Gewerkschaften pflegt. Daneben müssen <strong>HR</strong>-<br />

Prozesse angepasst und neue Tools wie <strong>HR</strong>-Analytics<br />

eingeführt werden. «Eine typische Turnaround-Situation»,<br />

summiert Bresseleers ihre<br />

<strong>HR</strong>-Erfahrung in Südafrika. Auf das Erreichte ist<br />

sie nach wie vor stolz: «Wir schafften es im Team,<br />

Zur Firma<br />

Johnson & Johnson ist ein weltweit tätiger<br />

US-amerikanischer Pharmazie- und Konsumgüterhersteller<br />

mit Hauptsitz in New Brunswick<br />

im US-Bundesstaat New Jersey. Der Konzern ist<br />

weltweit eines der grössten Gesundheitsunternehmen.<br />

Johnson & Johnson beschäftigt weltweit<br />

rund 127 000 Mitarbeitende in 60 Ländern.<br />

In der Schweiz zählt der Konzern aktuell rund<br />

4600 Mitarbeitende an neun Standorten in sieben<br />

Kantonen. jnj.ch<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

9


AKTUELL<br />

Porträt<br />

Johnson & Johnson in Südafrika als Top-Arbeitgeber<br />

zu zertifizieren.» Nicht nur das: «Wir<br />

wurden auch für unsere Gesundheitsförderung<br />

ausgezeichnet und gehörten damit zu den<br />

<strong>HR</strong>-Klassenbesten.»<br />

Ab in den Süden<br />

Das südafrikanische Abenteuer dauert fast zwei<br />

Jahre. Der Aufbruch in die Schweiz ist nicht ganz<br />

freiwillig: «Durch die strikten Lockdowns merkten<br />

wir, wie wichtig es ist, die eigene Familie in Notfallsituationen<br />

in der Nähe zu haben. Zudem<br />

wollte mein Mann wieder arbeiten. Deshalb gingen<br />

wir zurück nach Europa.» Zunächst reist die<br />

Familie nach Belgien, wo Bresseleers weiterhin<br />

für Johnson & Johnson arbeitet und nach weiteren<br />

Arbeitsmöglichkeiten Ausschau hält. Im<br />

August 2021 ist es soweit. Die Familie packt ihre<br />

Koffer und zieht in die Nähe von Zug, wo Bresseleers<br />

bei Johnson & Johnson als Head of <strong>HR</strong><br />

Schweiz antritt und damit die Verantwortung<br />

für 4600 Mitarbeitende an neun Standorten in<br />

sieben Kantonen übernimmt. Beim Umzug wird<br />

Bresseleers tatkräftig von ihrem Arbeitgebenden<br />

unterstützt. «Eine lokale Relocation-Spezialistin<br />

zeigte uns die Gegend in der Nähe des Firmensitzes,<br />

machte uns auf Freizeitaktivitäten<br />

aufmerksam, erklärte uns, wie der öffentliche<br />

Verkehr funktioniert, sowie die kulturellen<br />

Eigenheiten der Schweizer. Sie half uns auch,<br />

eine Unterkunft zu finden. Das war nicht ganz<br />

einfach.» Mittlerweile sei die Familie in der<br />

Schweiz heimisch geworden. «Mein Mann arbeitet<br />

als selbständiger Werbetexter von zu Hause<br />

aus und meine mittlerweile 7- und 10-jährigen<br />

Söhne gehen in eine internationale Schule.»<br />

Familie und Beruf unter einem Hut<br />

Die Wahl zwischen Familie und Beruf hat sich<br />

Bresseleers nie gestellt: «Ich arbeitete immer<br />

hundert Prozent. Teilzeitarbeit kam für mich<br />

nicht infrage.» Dank ihres Ehemanns und ihres<br />

Arbeitgebenden gelingt es, ihr Vollzeitpensum<br />

mit Familie zu vereinbaren: «Meine Arbeit habe<br />

ich immer so gestaltet, dass ich meine Kinder<br />

an alle wichtigen Ereignisse begleiten konnte.» So<br />

auch heute: Bresseleers kommt soeben von<br />

einer Schulbesprechung zurück. Obschon sie<br />

heute mit ausserberuflichen Pflichten locker<br />

umgeht, plagten sie am Anfang ihrer Karriere<br />

Schuldgefühle: «Es dauerte eine Weile, bis ich<br />

realisierte, dass ich mir das selbst auferlege.<br />

Wer sagt denn, dass ich nicht vor 17 Uhr nach<br />

Hause gehen kann?» Erst als ihre Vorgesetzten<br />

ihr explizit mitteilen, dass sie tun soll, was sie<br />

tun muss, nimmt ihre Sorge ab, trotz Familienpflichten<br />

beruflich nicht zu genügen. «Die Fürsorgepflicht<br />

für Mitarbeitende wird bei Johnson<br />

& Johnson grossgeschrieben: Als ich eine dringende<br />

E-Mail aus dem Urlaub beantwortete,<br />

ermahnte mich mein Vorgesetzter, ich solle<br />

während der Ferien nicht arbeiten.» Sich abzugrenzen,<br />

kostet sie zwar immer noch Mühe,<br />

gelingt aber immer besser: «Wenn ich nach<br />

Hause komme, bin ich ganz für meine Kinder<br />

da – an Wochenenden versuche ich, nicht zu<br />

arbeiten.» Heute profitieren andere von ihren<br />

Erfahrungen. Leistet jemand viele Überstunden,<br />

ist das für Bresseleers ein Alarmsignal. «Dann<br />

braucht es Gespräche über die Arbeitsbelastung<br />

oder darüber, wie jemand seinen Tag organisiert.»<br />

a<br />

DURCH DIE STRIKTEN<br />

LOCKDOWNS MERKTEN WIR,<br />

WIE WICHTIG ES IST,<br />

DIE EIGENE FAMILIE IN<br />

DER NÄHE ZU HABEN.<br />

LOES BRESSELEERS<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

10


KURZ UND BÜNDIG<br />

LIEBLINGSSPORT?<br />

Aerial Yoga, also Yoga in der Hängematte.<br />

In manchen Positionen sogar kopfüber.<br />

Mein<br />

Lieblingsort<br />

Australien und Südafrika. Sonst alle Länder,<br />

die wir als Familie entdecken können.<br />

Büro oder Homeoffice?<br />

Ich vermisste die Begegnungen mit Mitarbeitenden, als ich<br />

während der Pandemie Vollzeit von zu Hause aus arbeitete.<br />

Trotzdem würde ich nicht wieder Vollzeit ins Büro zurück.<br />

VERÄNDERUNG<br />

ODER STABILITÄT?<br />

Veränderung. Das hält mich wachsam, wobei<br />

auf einen Change Stabilität folgen muss. Man<br />

braucht einen festen Anker.<br />

Leadership?<br />

Ich betrachte es als Privileg, anderen zu helfen, ihr Potenzial zu<br />

verwirklichen. Dafür versuche ich zu verstehen, wie eine Person<br />

tickt, was sie begeistert und ihr Energie verschafft. Ich würde<br />

mich als Servant Leaderin bezeichnen.<br />

Athletin oder Couchpotato?<br />

Eine Rücken- und Knieverletzung, die ich mir<br />

beim Skifahren zugezogen habe, hindert mich an<br />

manchen sportlichen Aktivitäten, dennoch bin ich<br />

aktiv – einfach im Rahmen dessen, was möglich ist.<br />

Das Video-Interview mit Loes Bresseleers:<br />

hrtoday.ch<br />

Presented by Tellco pk<br />

FÜR SICHERHEIT IN DER<br />

BERUFLICHEN VORSORGE<br />

DIE TELLCO PK STELLT BEI DER ANLAGESTRATEGIE FÜR DIE VORSORGE -<br />

GELDER DIE SICHERHEIT AN DIE ERSTE STELLE. DANK EINER DYNAMISCHEN<br />

ANLAGESTRATEGIE VERWALTET DIE ERFA<strong>HR</strong>ENE SCHWYZER PENSIONSKASSE<br />

DIE GELDER RISIKOOPTIMIERT.<br />

Sicherheitsorientierte Anlagestrategie<br />

Das oberste Ziel bei der beruflichen Vorsorge:<br />

eine gesicherte Rente im Pensionsalter. Daher<br />

verfolgt die Tellco pk mit ihrem Compartment<br />

PRO beispielsweise eine dynamische Anlagestrategie<br />

oder, wie es im Fachjargon heisst, eine<br />

Dynamic Asset-Allocation. Das heisst, man legt<br />

eine Mittellinie fest. Diese orientiert sich am<br />

Deckungsgrad der Pensionskasse. Ausgerichtet<br />

an der Mittelinie, bewegt sich der Anteil der<br />

Aktien in der Anlagestrategie. Starke Kursschwankungen<br />

an den Börsen sollen hierdurch<br />

abgefangen werden.<br />

Individuelle Wahlmöglichkeiten<br />

Bemerkenswert bei der Tellco pk ist auch ihr individualisierter<br />

Ansatz: «Wir sind der Ansicht, dass<br />

die berufliche Vorsorge nicht statisch gedacht<br />

werden kann: Sie sollte mit dem Unternehmen<br />

mitwachsen.» Deshalb haben angeschlossene<br />

Unternehmen bei der Tellco pk die Möglichkeit,<br />

aus verschiedenen Angeboten die für sie passende<br />

Wahl zu treffen, und können diese sogar<br />

jährlich kostenlos anpassen – wie beispielsweise<br />

folgende Lösungen:<br />

• Bei PRO, mit einem Aktienanteil von 25 %,<br />

steht die Stabilität im Vordergrund: Die Kursschwankungen<br />

bleiben gering, und das Vermögen<br />

wächst mässig, aber regelmässig.<br />

• Bei PULSE steht hingegen das Wachstum im<br />

Vordergrund: Ein höherer Aktienanteil von 40 %<br />

sorgt für mehr Chancen, aber unter Umständen<br />

auch für grössere Kursschwankungen. a<br />

tellco.ch/kmu<br />

Führende Schweizer<br />

Pensionskasse<br />

Die Tellco pk zählt zu den wichtigsten Pensionskassen<br />

auf dem Schweizer Markt. Mit<br />

einem kontinuierlichen Wachstum zählt<br />

sie aktuell rund 10 000 angeschlossene<br />

Unternehmen und 88 000 Versicherte. Sie<br />

verwaltet dabei eine Bilanzsumme von<br />

rund CHF 4,3 Milliarden (per Ende 2021).<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

11


PEOPLE<br />

Im Gespräch<br />

FRAG, WAS DU FÜR<br />

DEIN LAND TUN KANNST<br />

EINE NEUE INITIATIVE WILL DEN BISHERIGEN ZIVIL- UND MILITÄRDIENST ABLÖSEN. KÜNFTIG SOLLEN ALLE BEWOHNENDEN<br />

DER SCHWEIZ EINEN DIENST FÜR DIE GEMEINSCHAFT LEISTEN. NOÉMIE ROTEN, CO-PRÄSIDENTIN VON SERVICECITOYEN.CH,<br />

ÜBER DEN GESELLSCHAFTLICHEN FORTSC<strong>HR</strong>ITT, DEN DIE INITIATIVE BRINGEN SOLL.<br />

Interview: Corinne Päper<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Sie wollen mit der «Service Citoyen»-Initiative eine Milizpflicht für<br />

alle einführen, die den Zivil- und Militärdienst ersetzt. Weshalb?<br />

Noémie Roten: Nicht alle fühlen sich vom Militärdienst oder Zivilschutz<br />

angesprochen. Durch die aktuelle Gesetzeslage kann sich der Zivildienst<br />

nicht autonom entwickeln. Ein Beispiel: Wollen Frauen Zivildienst leisten,<br />

müssen sie sich zunächst fürs Militär anmelden, sich für physisch tauglich<br />

erklären lassen und dann glaubhaft machen, dass sie mit dem<br />

Militärdienst einen Gewissenskonflikt erleiden. Das ist etwas schizophren.<br />

Deshalb gibt es derzeit gerade 16 weibliche Zivildienstleistende. Zudem<br />

nimmt das freiwillige gesellschaftliche Engagement ab. Ob sich jemand<br />

engagiert, hängt weitgehend von seinem Einkommen ab: Menschen<br />

aus besseren Schichten können es sich leisten, auf einen Teil ihres Lohns<br />

zu verzichten oder sich ohne Entschädigung für die Gesellschaft einzusetzen.<br />

Kaum ehrenamtlich arbeiten vor allem Alleinerziehende, Menschen<br />

im Tieflohnsegment oder Arbeitnehmende in einem Betrieb, der<br />

dieses Engagement nicht zulässt. Mit dem «Service Citoyen» wird Engagement<br />

unabhängig vom Lohn, der Lebens- und Arbeitssituation: Alle<br />

werden entschädigt, weil Teilnehmende aus der Erwerbsersatzordnung<br />

(EO) einen Lohnersatz erhalten. Deshalb sehe ich den «Service Citoyen»<br />

als etwas Befreiendes. Jeder und jede kann unabhängig von seiner<br />

Lebenssituation etwas für die Gesellschaft und die Umwelt tun. Gesellschaftliches<br />

Engagement wird angesichts anstehender Herausforderungen<br />

wie der Klimakrise, der Ernährungs- und Energieversorgung, des<br />

Pflegenotstands oder der Vereinsamung der Menschen immer wichtiger.<br />

Kann man Engagement erzwingen?<br />

Nein! Aber ich sehe den «Service Citoyen» auch nicht als Zwang. Viele<br />

möchten sich engagieren, können es aber nicht, weil ihnen die Zeit<br />

fehlt, sie finanzielle Einbussen befürchten oder das Milizsystem nicht<br />

kennen. Der «Service Citoyen» schafft dafür einen geschützten Freiraum.<br />

Deshalb ist der Dienst eher ein Pflichtwahlfach, basierend auf<br />

einem republikanischen, positiven Menschenbild. Jeder und jede kann,<br />

will und soll Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen. Ganz<br />

nach dem Motto: Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern,<br />

was du für dein Land tun kannst.<br />

Das tönt ein wenig schönfärberisch. Ist es aber nicht so, dass<br />

Menschen, die etwas tun müssen, obwohl sie nicht wollen, nicht<br />

mit dem Herzen dabei sind? Das bringt doch keiner Seite etwas.<br />

Wie stehen Sie dazu?<br />

Ich glaube nicht, dass viele verweigern werden, wenn sie den Einsatz<br />

in einem Bereich leisten können, den sie sich selbst aussuchen. Im Kern<br />

ist man dann motiviert, wenn es für einen persönlich Sinn macht. Wer<br />

nicht mitmachen kann oder will, zahlt (wie heute) eine Ersatzabgabe.<br />

Es ist sicher nicht im Sinne der Initianten, Menschen ins Gefängnis zu<br />

bringen, die sich mit Händen und Füssen gegen den «Service Citoyen»<br />

wehren.<br />

Zahlreiche Unternehmen engagieren sich bereits heute in der Freiwilligenarbeit.<br />

Innerhalb von Corporate Social Responsibility<br />

gewähren sie freie Tage, damit sich Mitarbeitende freiwillig engagieren.<br />

Weshalb dann noch einen «Service Citoyen»?<br />

Solche Modelle findet man eher in grossen, etablierten Unternehmen.<br />

Grundsätzlich schliesst das eine das andere aber nicht aus. Im Gegenteil.<br />

Das eine wird das andere positiv verstärken.<br />

JEDER UND JEDE KANN,<br />

WILL UND SOLL<br />

VERANTWORTUNG<br />

IN DER GESELLSCHAFT<br />

WA<strong>HR</strong>NEHMEN.<br />

NOÉMIE ROTEN<br />

Wer würde zum Dienst verpflichtet?<br />

Der «Service Citoyen» betrifft primär jüngere Menschen. Wie im Militär<br />

jene zwischen 18 und 35 Jahren. In welchem Zeitraum der Dienst geleistet<br />

werden muss, ist im revidierten Bundesverfassungsartikel nicht<br />

festgehalten. Das muss per Gesetz geregelt werden. Denkbar sind<br />

Modelle wie im Militär: beispielsweise Durchdiener-Modelle, bei denen<br />

«Service Citoyen»-Dienstleistende zehn Monate am Stück oder drei<br />

Einsätze zu drei Monaten leisten.<br />

12


Im Gespräch<br />

PEOPLE<br />

Was bringt es der Gesellschaft?<br />

Wer sich in jüngeren Jahren gesellschaftlich engagiert, wird es auch<br />

später tun. Das zeigen verschiedene Studien. Mit der Initiative wird der<br />

«Service Citoyen» Teil der Grundbildung. Menschen lernen so, Verantwortung<br />

für die Gesellschaft zu übernehmen. Sie können ihre Talente<br />

einbringen, sich ein Netzwerk aufbauen, Menschen aus unterschiedlichsten<br />

Gesellschaftsschichten kennenlernen und ein Verständnis füreinander<br />

über alle Landessprachen und -grenzen hinweg entwickeln.<br />

Wer mit anderen zusammen etwas unternimmt, fühlt sich zudem vermehrt<br />

zugehörig. Das schweisst die Gesellschaft zusammen. Das Milizsystem<br />

zu stärken, ist wichtig: Es gehört zum Selbstverständnis der<br />

Schweiz und verhindert, dass sich eine kleine Elite vom Volk abkoppelt.<br />

FOTO: ZVG<br />

Gesellschaftliches Engagement ist häufig nicht sichtbar. Wie liesse<br />

sich das ändern?<br />

Beispielsweise durch ein Punktesystem. Wer sich freiwillig engagiert,<br />

sammelt Punkte, die er später einlöst, beispielsweise, weil er pflegebedürftig<br />

wird und Hilfe braucht. Ein Nachweis könnte auch über ein<br />

Dienstbuch erfolgen oder ein Abschlusszeugnis, worin aufgeführt ist,<br />

was man gemacht hat. Es spielt keine Rolle, wie man das gesellschaftliche<br />

Engagement aufwertet und sichtbar macht. Hauptsache, es wird<br />

getan. Heute ist das häufig nicht so. Als einer meiner Westschweizer<br />

Kollegen eine <strong>HR</strong>-Weiterbildung machen wollte, wurde seine Personalmanagement-Erfahrung<br />

im Freiwilligenbereich nicht anerkannt. Das<br />

ist sehr bedauerlich, denn das Management von Freiwilligen ist grundsätzlich<br />

schwieriger als das von Angestellten. Ehrenamtliche bekommen<br />

meist keinen Lohn. Sie für eine Arbeit zu begeistern, ohne sie dafür zu<br />

bezahlen, ist sehr herausfordernd. Von dieser Erfahrung würden auch<br />

Arbeitgebende profitieren.<br />

Arbeitgebende müssen immer mehr Arbeitsausfälle verkraften:<br />

Militär, Mutter- und Vaterschutz und jetzt noch den «Service<br />

Citoyen» …<br />

Ein Geschäft, das pleitegeht, nur weil ein Angestellter fehlt, hat wohl<br />

auch sonst strukturelle Probleme. Den meisten Geschäften bringen<br />

diese Absenzen aber etwas: Die Beschäftigten werden ausgebildet und<br />

erweitern ihren Horizont. Zudem trägt der Dienst zum sozialen Frieden<br />

bei. Daneben werden Arbeitgebende für diese Ausfälle auch entschädigt<br />

und können einen personellen Ersatz langfristig planen. Dennoch<br />

muss sich die Wirtschaft darauf einstellen, dass manche Mitarbeitende<br />

ab und zu länger weg sind.<br />

Kurzzeitige Freiwilligeneinsätze sind vor allem für kleinere Organisationen,<br />

die Arbeitsplätze für Freiwillige anbieten, mit grossem<br />

(personellen) Aufwand verbunden. Wer bezahlt diesen Aufwand?<br />

Heute müssen sich Einsatzbetriebe melden, wenn sie Zivildienstleistende<br />

beschäftigen wollen. Dafür gibt es einen strengen Selektionsprozess. Es<br />

stimmt aber: Bei gewissen Tätigkeiten lohnt es sich nicht, für einen viermonatigen<br />

Einsatz jemanden einzuarbeiten, der dann nur wenige Wochen<br />

oder Monate produktiv ist. Bei anderen Tätigkeiten hingegen schon,<br />

beispielsweise bei der Seniorenuniversität im Kanton Waadt. Dort kümmert<br />

sich alle sechs Monate ein anderer Zivildienstleistender um die<br />

Koordination der Bildungsangebote. Ohne sie gäbe es diese Institution<br />

wohl nicht. Ein weiteres Beispiel ist die Pflege. In vielen Dienstleistungen<br />

fehlt es an der Zeit füreinander und deshalb auch an Menschlichkeit.<br />

Zwar wird ein «Service Citoyen»-Dienstleistender eine qualifizierte Pflegefachkraft<br />

nicht ersetzen, er kann sie aber administrativ unterstützen,<br />

Patienten bei Arztbesuchen begleiten, im Pflegeheim Essen verteilen, mit<br />

Bewohnenden spazieren gehen oder Anlässe organisieren. Diese Arbeiten<br />

lassen sich künftig nicht alleine durch Mehrausbildung, Migration oder<br />

Abwerben von Fachkräften aus dem Ausland abdecken. Es gibt also<br />

genügend Arbeiten, die komplementär zur Wirtschaft mit Freiwilligen<br />

abgedeckt werden können. Übrigens wollen momentan mehr Zivildienstleistende<br />

einen Einsatz leisten, als es Einsatzplätze gibt. 2019 wurde die<br />

Zulassung neuer Einsatzbetriebe beschränkt, weil man im Parlament<br />

Angst hatte, dass die Armeebestände nicht mehr garantiert sind.<br />

Ihr Ansinnen ist nobel, wird den Steuerzahlenden aber voraussichtlich<br />

mehr kosten …<br />

Ja der Dienst wird mehr kosten als heute, aber weniger, als anfänglich<br />

vermutet. Zwar wird der Rekrutierungspool erweitert, die Zahl der Diensttage<br />

pro Kopf könnte aber auch reduziert werden. Wir möchten den<br />

Leuten aufzeigen, welchen gesellschaftlichen Nutzen die Initiative bringt,<br />

nämlich dass der Dienst an der Gesellschaft mehr bringt, als er kostet.<br />

Das ist nicht ganz einfach: Die Mehrkosten sind einfacher zu beziffern<br />

als der Nutzen, der ein gesellschaftliche Wirgefühl stiftet. Die Initiative<br />

ist eine ideale Plattform, um diese Diskussion zu führen.<br />

a<br />

«Service Citoyen»-Initiative<br />

Die «Service Citoyen»-Initiative will eine aktive Schweiz, in der Gleichberechtigung,<br />

sozialer Zusammenhalt und Solidarität wieder selbstverständlich<br />

sind. Deswegen fordert sie, dass jede und jeder einmal im<br />

Leben einen Einsatz zugunsten von Gesellschaft und Umwelt leistet – sei<br />

es Militärdienst, Zivildienst, Zivilschutz oder durch ein anderes Milizengagement.<br />

Die Initiative macht einen historischen Doppelschritt: Sie sorgt<br />

für die Gleichstellung aller Geschlechter beim Dienst an der Gesellschaft.<br />

Dazu werden Zivildienst und soziales Engagement dem Militärdienst<br />

gleichgestellt. Weg von einer rein männlichen Wehrpflicht zu einem «Service<br />

Citoyen» für alle, weil jede und jeder zählt.<br />

servicecitoyen-initiative.ch<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

13


PEOPLE<br />

Sesselrücker<br />

SESSELRÜCKER<br />

Per 1. August <strong>2022</strong> übernimmt Christoph Haldi die Position<br />

des Chief People Officer (CPO) der Ringier AG von<br />

Susanne Jud, die das Unternehmen auf eigenen Wunsch<br />

verlässt. In seiner neuen Funktion ist Christoph Haldi<br />

Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung der Ringier<br />

AG. Der 51-Jährige ist seit 2013 in verschiedenen Leitungspositionen<br />

bei der Ringier AG tätig. Seit Januar<br />

2017 verantwortet er als Head Business Services den<br />

Aufbau eines Shared Service Center.<br />

Monika Casanova ist die neue Personalchefin<br />

und Mitglied des Management Committee des<br />

weltweit tätigen Entwicklers und Herstellers von<br />

Peptiden, der Polypeptide Group AG. Zuletzt leitete<br />

sie das weltweite Personalwesen des Baustoffherstellers<br />

Duravit.<br />

Manuela Staub ist seit dem 1. Juni <strong>2022</strong> Chief<br />

People & Communications Officer beim Flughafen<br />

Zürich und zudem Geschäftsleitungsmitglied.<br />

Die Position wurde neu geschaffen. Davor<br />

war sie etwas mehr als zwei Jahre Leiterin Unternehmenskommunikation.<br />

Wer hat wann und wo eine neue Stelle angetreten? Das erfahren Sie hier. Weitere Sesselrücker finden Sie auf hrtoday.ch<br />

Haben Sie Ihre Stelle gewechselt? Schicken Sie uns ein E-Mail: redaktion@hrtoday.ch<br />

PERIKOM GOOD PRACTICE VOM 14. JUNI<br />

WIE BRINGEN WIR MITARBEITENDE ZUM<br />

STRATEGIERORIENTIERTEN HANDELN?<br />

DIE BALOISE PRÄSENTIERTE AN DER PERIKOM GOOD PRACTICE-VERANSTALTUNG VOM 14. JUNI EIN PROGRAMM,<br />

DAS MITARBEITENDE ZUM STRATEGIEORIENTIERTEN HANDELN BRINGT.<br />

Gastbeitrag: Andreas Jäggi / Stefanie Moser, Vorstand Perikom<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Die Baloise präsentierte an der Perikom Good<br />

Practice-Veranstaltung ein Programm, das eine<br />

Antwort auf die Frage gibt, wie Mitarbeitende<br />

zum strategieorientierten Handeln gebracht werden.<br />

Mit dem Programm «Season2Action» kombiniert<br />

die Baloise organisationale Zielsetzungen<br />

mit persönlichen Entwicklungszielen. Dabei vereint<br />

der Versicherer die Strategie auf Grundlage<br />

des Businessmanagementmodells von OS Canvas<br />

(aus Aaron Dignan, Brave New Work, 2019) sowie<br />

konkrete Handlungs- und Reflektionsanleitungen,<br />

die auf Working Out Loud basieren.<br />

Das Projekt, das Beat Knechtli, Senior OD &<br />

Transformation Expert von der Baloise und<br />

Stefanie Moser, Organisationsvernetzerin und<br />

WOL Coach von der Trans4m GmbH, gemeinsam<br />

entwickelten, wurde bei der Baloise 2021<br />

vorgestellt und ausgerollt. In sogenannten<br />

«Wellen» wurden jeweils mehrere kleine Gruppen<br />

Gleichgesinnter – sogenannte Circles – auf eine<br />

12-wöchige Lernreise geschickt und dabei mit<br />

Events begleitet und untereinander vernetzt.<br />

Nach einer ersten Eventserie wurden 2021 Mentorinnen<br />

und Mentoren gewonnen und ausgebildet,<br />

die das Programm dieses Jahr eigenverantwortlich<br />

fortführen und entwickeln. An der<br />

Perikom Good Practice-Veranstaltung berichteten<br />

zwei von ihnen von ihren Erfahrungen<br />

und ihrer Bereitschaft, für Vernetzung innerhalb<br />

der Baloise zu sorgen. Ihre künftige Aufgabe?<br />

Kollegen und Kolleginnen auf dem<br />

Lernweg zu fördern, damit sie die strategischen<br />

Verhaltensziele der Baloise erreichen.<br />

Etwa «Vernetzen», «Lernen», «Zusammenarbeiten»<br />

und «Eigenverantwortung übernehmen».<br />

«Ohne Co-Creation wären die Unternehmensziele<br />

nicht erreichbar», sind die Learnings von<br />

Beat Knechtli. Stefanie Moser ihrerseits meint,<br />

dass sich die New Work «Pflanze» dank liebevoller<br />

Pflege und Wasserzufuhr prächtig entwickle,<br />

es aber auch entsprechend «Licht von<br />

oben» brauche. <br />

perikom.ch<br />

Perikom war Gast im neuen<br />

Ausbildungszentrum der Baloise.<br />

14


Events<br />

PEOPLE<br />

FHNW-TRENDSTUDIE<br />

NACHHALTIGKEIT IM <strong>HR</strong><br />

ES KLAFFT EINE LÜCKE ZWISCHEN DEM NACHHALTIGKEITS-ENGAGEMENT<br />

AUF UNTERNEHMENSEBENE UND JENEM IM <strong>HR</strong>, LAUTET DAS FAZIT DER<br />

DIESJÄ<strong>HR</strong>IGEN TRENDSTUDIE, DIE <strong>HR</strong> TODAY ZUM VIERTEN MAL ZUSAMMEN<br />

MIT DER FHNW DURCHFÜ<strong>HR</strong>TE. AM 17. MAI PRÄSENTIERTE DAS FHNW-TEAM<br />

DIE RESULTATE IN DER AULA DER FACHHOCHSCHULE IN OLTEN.<br />

«Wir stecken die Nase in den Wind und beobachten Trendthemen»,<br />

eröffnete Martina Zölch, Leiterin des Instituts<br />

für Personalmanagement und Organisation der FHNW<br />

die Abendveranstaltung. Eines davon? Nachhaltigkeit.<br />

Mit den Worten: «In der Finanzwelt ist das<br />

Thema weit verbreitet, zudem reorganisieren viele<br />

Unternehmen bereits ihre Lieferketten, im <strong>HR</strong> wird<br />

es dagegen noch wenig angesprochen», begrüsste<br />

Geschäftsführer Tobias Mengis die Anwesenden<br />

im Namen von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>. Eine gute Überleitung für<br />

die Studienverantwortlichen Michelle Zumsteg,<br />

Feriha Özdemir und Dominik Büttler. Nach einer<br />

kurzen Definition des Wortes Nachhaltigkeit, das<br />

aus der Forstwirtschaft stammt und im ursprünglichen<br />

Sinn bedeutet, nicht mehr Holz abzuholzen<br />

als nachwächst, folgten Zahlen, Daten und Fakten<br />

der Studie. Dass nicht allen einleuchtet, weshalb<br />

sich <strong>HR</strong> mit Nachhaltigkeit beschäftigen sollte, zeigen<br />

einige Kommentare der 281 Studienteilnehmenden.<br />

Etwa dieser: «Für Nachhaltigkeit sind Einkauf,<br />

Produktmanagement, Projektmanagement und Sustainability<br />

Manager zuständig.» Diese Haltung spiegelt<br />

sich in weiteren Statistiken. So sagten 54 Prozent der Studienteilnehmenden,<br />

Nachhaltigkeit habe einen zentralen<br />

Stellenwert im Unternehmen, nur 27 dagegen, dass dies auch im<br />

<strong>HR</strong> der Fall sei. Demzufolge ergriffen im vergangenen Jahr nur 28 Prozent<br />

der Antwortenden aus dem <strong>HR</strong> Massnahmen, um nachhaltiger zu werden.<br />

Die derzeitige <strong>HR</strong>-Rolle sehen die Studienteilnehmenden vor allem in jener<br />

des Kommunikators, Verstärkers und Ausführenden. Künftig steht für sie<br />

dagegen die Rolle des Verstärkers im Vordergrund,<br />

gefolgt von jener des Kommunikators und des Befähigers. Nach<br />

einer kurzen Pause folgte ein Podiumsgespräch mit den <strong>HR</strong>-Leitenden<br />

Elisabeth Catharina Vock von Syngenta, Swen Faes von der Nikin AG,<br />

Nicole Kamm Steiner von der ABB, der Nachhaltigkeits-Verantwortlichen<br />

Christina Meier von den SBB und Urs Podzorski<br />

von der Aargauischen Kantonalbank. Das Fazit der<br />

Podiumsrunde: Nachhaltigkeitsabteilung und <strong>HR</strong><br />

sollten enger zusammenarbeiten, von Best<br />

Cases lernen und sich vermehrt untereinander<br />

austauschen. Fragen aus dem Publikum rundeten<br />

den Anlass ab. Etwa: Der Kapitalmarkt<br />

macht mit ESG (Environmental Social Governance)<br />

Druck auf Unternehmen. Inwieweit<br />

braucht es hierzu neue Vergütungssysteme?<br />

Punkt 19 Uhr war die Diskussionsrunde beendet.<br />

Dozierende, Studierende und Podiumsteilnehmende<br />

liessen den Abend beim gemütlichen<br />

Apéro ausklingen. (cp)<br />

Fotos: Eleni Kougionis<br />

6&7| <strong>2022</strong><br />

15


PEOPLE<br />

Events<br />

ARBEITSRECHTSTAGUNG <strong>2022</strong><br />

ARBEITSAUSFÄLLEN PRÄVENTIV<br />

ENTGEGENWIRKEN<br />

In den letzten Jahren haben Arbeitsausfälle aufgrund<br />

psychischer Erkrankungen zugenommen.<br />

Die diesjährige Arbeitsrechtstagung widmete sich<br />

den rechtlichen Fragestellungen bei Arbeitsunfähigkeit<br />

und bot Lösungsansätze für die Praxis.<br />

Die Arbeitsrechtstagung <strong>2022</strong> im Zürcher Marriott<br />

Hotel wurde als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt<br />

und widmete sich dem Schwerpunktthema<br />

«Arbeitsunfähigkeit: Rechte, Pflichten, Handlungsmöglichkeiten».<br />

Eine der Keynotes kam von Leonhard<br />

Sigel, Facharzt für Arbeitsmedizin an der<br />

ETH Zürich. Täglich versucht er, Berufskrankheiten<br />

und berufsassoziierte Gesundheitsstörungen durch<br />

Arbeitsplatzbesuche, Risikoanalysen und Schulungen<br />

präventiv zu verhindern, und unterstützt <strong>HR</strong>,<br />

Arbeitsunfähigkeit durch Unfall oder Krankheit zu<br />

vermeiden und zu verkürzen. «Psychischen Problemen<br />

wie Depression, Angst oder Stress begegne<br />

ich häufig», sagte Sigel. Doch Führungskräfte und<br />

<strong>HR</strong> seien in vielen Fällen nicht die Hände gebunden,<br />

im Gegenteil: «Wenn die Leistung eines Arbeitnehmenden<br />

langsam abnimmt, sich sein Verhalten<br />

ändert, gilt es, das Gespräch zu suchen, auf seine<br />

Anliegen einzugehen. Stellen Sie aber keine eigene<br />

Diagnose, sondern suchen Sie gemeinsam nach<br />

Lösungen – allenfalls mithilfe von Fachpersonen»,<br />

betonte Sigel. Doch die Prävention beginne bereits<br />

viel früher. «Wir reden hier von Einzelfällen. Die<br />

meisten Arbeitnehmenden haben ein hohes Commitment<br />

gegenüber ihren Arbeitgebenden. Wertschätzen<br />

Sie das und behandeln Sie Ihre Mitarbeitenden<br />

vertrauensvoll und mit Respekt.» Das<br />

fördere letztlich auch die Früherkennung, sollte mal<br />

etwas nicht «rosig» sein.<br />

Ähnlich tönte es bei der Podiumsdiskussion. Evelyne<br />

Suter, Ärztin FMH für Innere Medizin mit<br />

eigener Praxis in Zürich, gab zu bedenken, dass<br />

«Arbeitnehmende bei psychischen Erkrankungen<br />

deutlich zurückhaltender sind und ungern über<br />

ihre Schwierigkeiten sprechen». Häufig hätten sie<br />

Angst, wegen ihrer Nicht-Einsatzfähigkeit bei<br />

Restrukturierungen «Opfer» zu werden. Ein solches<br />

Angstgefühl liesse sich verhindern, wenn das Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Arbeitgebenden und<br />

Arbeitnehmenden stabil sei, sagte Daniel Huser,<br />

Präsident der Informationsplattform für berufliche<br />

Integration Compasso. «Sowohl für die Wiedereingliederung<br />

als auch für die Kommunikation,<br />

wenn es um Arbeitsunfähigkeit geht. Nur im Miteinander<br />

können Lösungswege gefunden werden.»<br />

Denn grundsätzlich hätten Mitarbeitende und<br />

Arbeitgebende ein gleichermassen grosses Interesse<br />

an einer raschen Genesung und Rückkehr an<br />

den Arbeitsplatz. (es)<br />

RANDSTAD AWARD <strong>2022</strong><br />

«LOW HANGING EMPLOYER<br />

BRANDING FRUITS» ERNTEN<br />

GEFEIERT WURDEN DIE GEWINNER DES NEUNTEN RANDSTAD AWARDS AM 31. MAI AN EINEM UNGEWÖHNLICHEN ORT:<br />

DER <strong>HR</strong> TODAY ACTION STAGE AM <strong>HR</strong> FESTIVAL EUROPE <strong>2022</strong>.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Ein leichtes Raunen ging durch die Menschenmenge<br />

als die Lichtkegel die Randstad-Award-<br />

Bühne blau beleuchteten und ein Pianospieler die<br />

Szene betrat, um das Publikum auf die Award-<br />

Verleihung einzustimmen. Eine weitere Überraschung<br />

gab es bei der Anmoderation: Statt des<br />

erkrankten CEO Taco de Vries stand Bernhard<br />

Hänggi, CFO Randstad Schweiz, auf der Bühne.<br />

Was ihn an den Resultaten am meisten überraschte,<br />

fragte Moderatorin Julia Bauer. «Dass<br />

die Karten komplett neu gemischt wurden.» Wenig<br />

verändert hätten sich dagegen die Bedürfnisse<br />

der Berufstätigen, ergänzt Randstad-<strong>HR</strong>-Chefin<br />

Susanne Beer. «Sie sind relativ stabil geblieben.<br />

Weiterhin wichtig sind ein attraktives Gehalt und<br />

Fringe Benefits, eine angenehme Arbeitsatmosphäre,<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben<br />

sowie die Arbeitsplatzsicherheit.» An Bedeutung<br />

verloren hätte hingegen die finanzielle Stabilität.<br />

Einen Grund hierfür ortet Beer in den gut ausgebauten<br />

Sozial versicherungssystemen der Schweiz.<br />

Ein weiterer Trend? «Workation. Das wirft für das<br />

<strong>HR</strong> viele Fragen auf. Etwa zum Sozialversicherungsrecht,<br />

zum Datenschutz, aber auch zu steuerrechtlichen<br />

Themen.» Nach der Pause folgte die<br />

Überleitung zum Round Table, an dem Bruno<br />

Zanella, Head <strong>HR</strong> des Flughafens Zürich, Marc<br />

Isler, CEO von Brack, sowie Josef Frischeisen,<br />

Managing Partner bei The Transformation Group,<br />

teilnahmen und über die Studienergebnisse sowie<br />

«low hanging fruits» im Employer Branding diskutierten.<br />

Ihr Fazit? «Firmen müssen gegenüber<br />

Bewerbenden ehrlich und transparent sein und<br />

zeigen, was sie besonders macht. Das eröffnet die<br />

Chance, abzuschätzen, ob beide Seiten zusammenpassen.»<br />

Mehr «Walk the talk» wünschte sich<br />

hingegen Bruno Zanella. «Das sind banale Dinge.<br />

Jemand bewirbt sich, bekommt eine Einladung<br />

und trifft auf engagierte Menschen, nicht solche<br />

mit einem Zwanzig-nach-Acht-Gesicht.» Die<br />

Bewerbenden bevorzugen hingegen eher lukrative<br />

Benefits, Reputation, Feedback-Kultur, Life<br />

Balance oder Bekanntheit. Die Spannung stieg<br />

spür bar, als Bernhard Hänggi die Bühne nach<br />

dem Round Table erneut betrat, um die Rangliste<br />

zu verkünden. Die Gewinner? Platz 3 belegte Lindt<br />

& Sprüngli, Platz 2 die Uhrenmarke Patek Philippe.<br />

Mit der Siegerfirma Rolex war ein weiterer<br />

Uhrenbrand vertreten. Nach knapp einer Stunde<br />

war der Award vorbei: Es lockten kulinarische<br />

Genüsse in der <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> Lounge. (cp)<br />

16


<strong>HR</strong> Tech Club<br />

PSYCHISCH GESUND ARBEITEN:<br />

EIN NEUES ANGEBOT HILFT WEITER<br />

STRESS UND KONFLIKTE AM ARBEITSPLATZ FÜ<strong>HR</strong>EN VERME<strong>HR</strong>T ZU KRANKSC<strong>HR</strong>EIBUNGEN. DIESE VERURSACHEN LEID<br />

UND HOHE KOSTEN – TENDENZ STEIGEND. EINE NEUE WEB-APP UNTERSTÜTZT UNTERNEHMEN UND MITARBEITENDE:<br />

«ETWAS TUN?!» HILFT MIT, DASS ANGESTELLTE PSYCHISCH FIT BLEIBEN.<br />

Gastbeitrag: Gabriela Bonin<br />

Gabriela Bonin ist<br />

freischaffende<br />

Journalistin.<br />

Sponsoren:<br />

Immer mehr Arbeitnehmende werden krankgeschrieben und<br />

beanspruchen psychiatrische oder psychotherapeutische<br />

Behandlungen. Der Arbeitnehmerverband Angestellte Schweiz<br />

will dieser Entwicklung entgegenwirken. «Mit der Gesundheits-<br />

App ‹Etwas tun?!› setzen wir auf Prävention», sagt Stefan<br />

Studer, Gesch äftsleiter Angestellte Schweiz, «damit stärken<br />

wir Unternehmen und Arbeitnehmenden den Rücken.»<br />

Betriebliches Gesundheitsmanagement stärken<br />

Unternehmen können mit der Web-App ihr betriebliches<br />

Gesundheitsmanagement verbessern, so Studer: «Es reicht<br />

nicht mehr, Mitarbeitenden einen Früchtekorb für den Vitaminkick<br />

bereitzustellen», erklärt er, «sie benötigen vielmehr<br />

kompetente, psychische Rückendeckung.» Darum biete die<br />

neue App «Etwas tun?!» hilfreiches Fachwissen in verständlicher<br />

Form.<br />

Dahinter steht die Expertise von WorkMed, einem Kompetenzzentrum<br />

der Psychiatrie Baselland. Dessen Leiter, der<br />

Psychologe Niklas Baer, hat die App mit dem WorkMed-Team<br />

von Grund auf entwickelt. «Es ist wichtig und richtig, psychische<br />

Probleme vermehrt zu behandeln», sagt Baer, «zugleich<br />

müssen wir aber auch verstärkt vorsorgen.» Nur so liessen<br />

sich individuelles Leid und die steigenden Kosten reduzieren,<br />

ist Baer überzeugt.<br />

Steigende Krankschreibungen und Kosten abbremsen<br />

Immerhin entsteht über die Hälfte aller Krankschreibungen<br />

durch Konflikte am Arbeitsplatz (detaillierte Zahlen). Wer<br />

krankgeschrieben werde, riskiere, gekündigt, arbeitslos oder<br />

gar invalid zu werden. «Längere Krankschreibungen sind dafür<br />

das grösste Einfallstor», warnt Baer.<br />

Immer mehr Menschen beanspruchen psychische Behandlungen.<br />

Das bedeutet nicht, dass mehr Menschen erkranken als früher.<br />

Vielmehr werden psychische Probleme stärker thematisiert.<br />

(Quelle: BAK Analytics, Übersicht zu psychischen Erkrankungen<br />

und deren volkswirtschaftlichen Kosten in der Schweiz)<br />

Die Kosten steigen stetig. Ein Ende der zunehmenden Arbeitsunfähigkeit<br />

ist gemäss Baer nicht in Sicht.<br />

Deshalb bieten Angestellte Schweiz und WorkMed die «Etwas<br />

tun?!»-App so breit wie möglich an: Einerseits bewegen sie<br />

Unternehmen dazu, sie Mitarbeitenden zur Verfügung zu<br />

stellen. Andererseits ist das Präventionsprogramm für alle<br />

Erwerbstätigen frei zugänglich.<br />

Gesundheitskompetenz kann man sich aneignen<br />

Der Name der neuen Web-App «Etwas tun?!» ist Programm:<br />

Etwas für die Gesundheit tun! Nutzerinnen und Nutzer erfahren,<br />

was sie tun können. Stefan Studer meint: «Es liegt im<br />

Interesse aller, dass sich Angestellte neue Gesundheitskompetenzen<br />

aneignen.» Wer lerne, am Arbeitsplatz aufmerksamer<br />

auf seine psychische Gesundheit zu achten, sei auch<br />

im Privatleben fitter.<br />

Vorsorge lohnt sich, denn: «Konflikte und Krankschreibungen<br />

lassen sich häufig vermeiden, wenn man sie früh genug<br />

angeht», sagt Baer. Die neue App sei «ein Belastungs-Bewältigungs-Tool».<br />

Mitarbeitende und Vorgesetzte lernen damit,<br />

Probleme frühzeitig und verträglich anzusprechen. Sie erfahren,<br />

wie sie produktiv mit Stress, Kränkungen und Krisen umgehen.<br />

Diskret und anonym<br />

Die App bietet zahlreiche Vorsorgetipps und -übungen. Sie<br />

begleitet gesunde Arbeitnehmende, die sich damit gegen<br />

künftigen Stress wappnen: «Dass wir plötzlich vor Veränderungen<br />

im Betrieb stehen, kann uns allen passieren. Das verunsichert<br />

und fordert uns heraus», sagt Baer.<br />

Daneben gibt die App Ratsuchenden Tipps, die belasteten<br />

Kollegen oder Kolleginnen helfen möchten. Ebenso unterstützt<br />

sie Menschen, die bereits psychisch angeschlagen sind.<br />

Diese brauchen jemanden, dem sie sich anvertrauen können,<br />

sich aber nicht trauen. «Etwas tun?!» informiert und orientiert<br />

diskret – ohne dass sich Nutzende «outen» müssen. a<br />

etwastun.ch, angestellte.ch, workmed.ch<br />

8,00%<br />

6,00%<br />

4,00%<br />

2,00%<br />

0,00%<br />

6,40%<br />

5,30% 5,40%<br />

4,10%<br />

4,50%<br />

1997 2002 2007 2012 2017<br />

hrtechclub.ch<br />

<strong>HR</strong> TECH CLUB –<br />

MEET THE FUTURE<br />

Ab August <strong>2022</strong><br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

17


Presented by Rüegg-Naegeli<br />

DIE ZUKUNFT DER ARBEIT IST JETZT<br />

NEW WORK – NUR EIN MODEWORT –<br />

ODER STECKT DOCH ME<strong>HR</strong> DAHINTER?<br />

6 Uhr morgens, irgendwo auf der Welt. Duschen.<br />

Hastig ein paar Löffel Müsli runterschlingen.<br />

Jacke schnappen. Schuhe binden. Los geht’s. In<br />

der U-Bahn dichtes Gedränge. Hektisch zwängen<br />

sich die Menschen in die überfüllten Wagons. Auf<br />

den Strassen kilometerlange Staus. Alle haben<br />

das gleiche Ziel – das Büro.<br />

Man setzt sich an den Bildschirm, checkt die<br />

Agenda für den Tag, nimmt an Meetings teil und<br />

macht sich um 17 Uhr wieder auf den langen<br />

Heimweg. Am nächsten Tag wiederholt sich<br />

dieses Schauspiel.<br />

Zugegeben, ein sehr überspitzes Bild und doch<br />

sind die Szenen aus den Zeiten vor der Pandemie<br />

bekannt. Im Nachhinein stellen sich viele die<br />

Frage, wieso wir uns täglich diesen Umständen<br />

ausgesetzt haben.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Durch die Pandemie haben wir gelernt, dass es<br />

auch anders geht. Die Mitarbeitenden wollen die<br />

neu gewonnenen Annehmlichkeiten, die das<br />

Homeoffice mit sich bringt und die damit verbundene<br />

Flexibilität nicht mehr aufgeben. Klar<br />

ist, die Welle der Veränderung lässt sich nicht<br />

aufhalten.<br />

Was genau ist New Work überhaupt?<br />

Darüber liesse sich vermutlich nächtelang<br />

philosophieren. Die Interpretationen gehen weit<br />

auseinander. Doch New Work ist mehr als nur<br />

ein Buzzword. New Work ist ein Paradigmenwechsel<br />

und meint im unternehmerischen Kontext<br />

das Aufbrechen von alten Gewohnheiten,<br />

das Hinterfragen von bisherigen Organisationsstrukturen<br />

und eine neue Interpretation von<br />

Führung. Es beschreibt einen vollumfänglichen<br />

Veränderungsprozess. Dabei stehen der Mensch<br />

und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt.<br />

New Work beschränkt sich nicht auf den Bürohund,<br />

die Tischtennisplatte oder die Bierzapfanlage<br />

in der Teeküche. Eine oberflächliche und<br />

eindimensionale Betrachtungsweise führt dazu,<br />

dass solche Veränderungsprozesse häufig scheitern.<br />

Auch geht es nicht darum, die Arbeit der<br />

ohnehin privilegierten «White Collar Workers»<br />

noch komfortabler zu gestalten, sondern vielmehr<br />

darum, das Arbeitsumfeld aller Menschen<br />

angenehmer zu machen.<br />

Die Pandemie als Treiber<br />

der New Work Bewegung<br />

Die New Work-Bewegung aus den 70er-Jahren vom<br />

Philosophen Frithjof Bergmann wurde auch schon<br />

vor der Pandemie viel thematisiert. Doch das Thema<br />

hat in den letzten zwei Jahren nochmal deutlich an<br />

Bedeutung gewonnen. Viele Menschen hinterfragen<br />

ihre aktuelle Situation: «Was möchte ich wirklich?»<br />

Durch diese Betrachtungsweise entwickelt sich ein<br />

neues Verständnis und Arbeit wird zu etwas, das<br />

den Menschen stärken soll, statt ihn zu schwächen,<br />

so wie es auch Bergmanns Kerngedanke war.<br />

In Gesprächen mit Führungskräften ist häufig<br />

die Rede von einem «return to work». Dies verdeutlicht,<br />

dass das Verständnis des Paradigmenwechsels<br />

noch längst nicht überall verankert ist.<br />

Die Covid-Pandemie und der digitale Fortschritt<br />

haben jedoch gezeigt, dass es einen «return to<br />

work» in der Form nicht mehr geben wird. Aktuelle<br />

Studien belegen, dass weltweit mehr als die<br />

Hälfte der Arbeitnehmenden sogar mit dem<br />

Gedanken spielen den Job zu wechseln, sollte der<br />

Arbeitnehmer keine flexiblen Arbeitsbedingungen<br />

anbieten. Die Vorteile liegen auf der Hand:<br />

eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und<br />

Freunden, mehr Selbststimmung, eine höhere<br />

Flexibilität und Video-Calls in Pyjamahosen.<br />

Wir müssen unser Arbeitsumfeld neu denken<br />

Die Pandemie hat uns aufgezeigt, wie sehr sich<br />

Menschen nach Austausch und persönlichen<br />

Begegnungen sehnen. Dazu braucht es Räume.<br />

Doch wie müssen die aussehen- und wozu werden<br />

wir diese Räume nutzen? Bei der Gestaltung<br />

moderner Arbeitswelten geht es um deutlich<br />

mehr als nur um die Gewichtung der Arbeitszeit<br />

zwischen Homeoffice und Büro. Ein intelligent<br />

konzipiertes Raumkonzept soll Unternehmen<br />

dabei helfen, ihre Flächen schnell und effizient<br />

an konstant wechselnde Anforderungen anzupassen.<br />

Gleichzeitig soll es den Mitarbeitenden<br />

ein Umfeld bieten, in denen Produktivität, Kreativität<br />

und Innovation gelebt werden können.<br />

Jedes Unternehmen muss für sich Orte der Arbeit<br />

kreieren, welche die Werte und die Unternehmenskultur<br />

widerspiegeln. Dafür müssen die<br />

richtigen Fragen gestellt und anschliessend<br />

mutig beantwortet werden. Wie verändert sich<br />

unser Business? Wie wollen wir künftig arbeiten?<br />

Wie machen wir unsere Kultur sichtbar? Welche<br />

Art von Führung möchten wir etablieren? Für<br />

welchen Tätigkeiten kommen unsere Mitarbeitenden<br />

überhaupt noch ins Büro?<br />

In Zukunft ist das Büro ein Ort der Zusammenarbeit,<br />

der Zugehörigkeit und ein Ort, an dem<br />

Kreativität und gemeinsames Lernen gefördert<br />

wird. Nur wer sich heute mit diesen Fragen<br />

beschäftigt, wird zukunftsfähig sein. a<br />

ruegg-naegeli.ch<br />

18


G<br />

Afterwork<br />

PEOPLE<br />

ZUM ERFOLG<br />

ANDERER BEITRAGEN<br />

<strong>HR</strong>-FACHLEUTE VERRATEN UNS PRIVATE UND<br />

BERUFLICHE VORLIEBEN – DIESES MAL JÜRG STUCKI,<br />

STV. LEITER PERSONAL BEI DER EISBERG AG.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

Jürg Stucki,<br />

Eisberg AG, Dällikon<br />

Stv. Leiter Personal<br />

Z V<br />

:<br />

MEINE LIEBSTE<br />

TÄTIGKEIT IM <strong>HR</strong><br />

Den Kontakt zu meinen internen und externen<br />

Stakeholdern pflegen. Besonders motiviert mich,<br />

zum Erfolg anderer beizutragen – beispielsweise die<br />

Richtigen zu rekrutieren. Das hilft den Bewerbenden<br />

gleichermassen wie den Abteilungen.<br />

Mein<br />

Lieblingsrestaurant<br />

Ich mag die italienische Küche und bin immer wieder von der Gastfreundschaft<br />

und dem Gaumenerlebnis im Molino begeistert. Diese Restaurants<br />

gibt es fast überall, leider noch nicht in der Region Olten/Aarau.<br />

F O<br />

T O<br />

Mein<br />

Lieblingsbuch<br />

Seit Jahren lese (oder höre) ich die Bibel.<br />

Dabei stelle ich immer wieder fest, dass sie<br />

schon oft kopiert wurde und deshalb immer<br />

noch der beste psychologische Ratgeber<br />

ist und aufzeigt, wie man mit Menschen<br />

um gehen sollte.<br />

F O<br />

T O<br />

:<br />

Z V<br />

G<br />

Meine grösste<br />

Extravaganz<br />

Ob iPhone, iPad, MacBook, Mac,<br />

welches technische Tool auch immer:<br />

Es sollte von Apple sein. Nur im Job<br />

muss ich ohne auskommen.<br />

MEIN SEHNSUCHTSORT<br />

IN DER SCHWEIZ<br />

Das Berner Oberland. In meiner Jugend verbrachte ich praktisch<br />

alle Ferien bei meinen Grosseltern. Deshalb verbinde ich wunderbare<br />

Kindheitserinnerungen mit der Region Gsteig/Gstaad.<br />

Mein<br />

Lieblingssound<br />

New Wave und<br />

Indie Pop aus den<br />

80er- und 90er-<br />

Jahren. Damals<br />

waren wir jung und<br />

mit dem richtigen<br />

Sound bleiben wir<br />

es auch.<br />

F O<br />

T O<br />

:<br />

G<br />

Z V<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

19


Zurich 31/05 – 01/06/<strong>2022</strong><br />

SAVE<br />

THE DATE<br />

28./29.03.2023<br />

Keynote Speaker James Priest.<br />

Action mit von Rundstedt auf der Action Stage.<br />

Die Swiss <strong>HR</strong> Awards warten auf die Gewinnerinnen<br />

und Gewinner.<br />

FOTOS: DAVID BIEDERT & MARCO BILIC<br />

Am Stand von <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>.<br />

Vortrag in einem der Domes.<br />

<strong>HR</strong>-Rockstar Martin Wezowski.<br />

ZWEI EREIGNISREICHE<br />

TAGE AM <strong>HR</strong> FESTIVAL<br />

EUROPE <strong>2022</strong><br />

WORKSHOPS, AWARD-VERLEIHUNG,<br />

FOOD AND DRINKS<br />

Anders Indset: der Wirtschaftsphilosoph.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

20


Xxxxx<br />

SCHWERPUNKT<br />

Curly-Eis: Glace Marke <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>.<br />

Jean-Claude Biver erzählt von seinen Plänen.<br />

Der Inhaber der Alma Medien AG (Matthias Zimmermann,<br />

links) packt zusammen mit seinem Team Ariane<br />

Planzer (Mitte) und Franziska Luginbühl (rechts) mit an.<br />

GUTE<br />

LAUNE<br />

ÜBERALL!<br />

Keynote Speaker Jonas Kjellberg auf der Main Stage.<br />

Musikalisches Intermezzo.<br />

In den Lounges lässt es sich arbeiten.<br />

Schon bei Türöffnung bilden sich Schlangen.<br />

WEITERE IMPRESSIONEN FINDEN SIE ONLINE: <strong>HR</strong>FESTIVAL.CH<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

21


SWISS <strong>HR</strong> AWARD <strong>2022</strong><br />

WINNERS<br />

Marc Tischhauser und Saphira Saurer<br />

Gastro Graubünden<br />

Sergio Mendolia und<br />

Pascal Helfenstein<br />

Liip AG<br />

Kristina Schneider, Universitäre Psychiat rische Dienste (UPD) Bern,<br />

und Nola Battelli, Pomcanys Marketing AG<br />

1. Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards?<br />

2. Was sind Ihre nächsten Ziele?<br />

3. Wie schöpfen Sie und Ihr Team Inspiration?<br />

4. Was wünschen Sie sich für die Personalarbeit der Zukunft?<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

WORKPLAYZ AG<br />

KATEGORIE <strong>HR</strong> TREND<br />

1. Der Award ist für uns eine grosse Ehre und Anerkennung für unser Business- Konzept.<br />

Hybride Arbeitsplätze sind die Zukunft und warum soll das nicht auch in Feriendestinationen<br />

möglich sein? Workplayz will eine Bewegung sowie ein Umdenken hinsichtlich<br />

hybrider Arbeitsplätze in Gang setzen. Für diese Botschaft braucht es eine Bühne, die<br />

dank des Swiss <strong>HR</strong> Awards noch ein bisschen grösser wird.<br />

2. Workplayz will an allen Fronten wachsen. Deshalb positionieren wir uns nicht nur<br />

als Fringe-Benefits-Anbieter, sondern bauen unser Angebot als festen Bestandteil<br />

des Arbeitsplatzport folios aus. Unser Produkt ist eine finanziell unschlagbare Workation-Beteiligung.<br />

Damit soll die hybride Arbeitswelt noch mehr Menschen zugänglich<br />

gemacht werden. Für die touristischen Destinationen ist die hybride Arbeitswelt zudem<br />

eine Chance, den Ganzjahrestourismus zu fördern. Arbeitstouristen ergänzen dabei die<br />

Feriengäste.<br />

3. Aus dem Austausch mit Vorreitern der hybriden Arbeitswelt und indem wir unser<br />

Konzept vorleben. Unser Firmensitz befindet sich in den Bündner Bergen, umgeben<br />

von schönster Natur. Das macht die Kombination aus Arbeit und Freizeit sehr einfach.<br />

Diese Botschaft in die Welt hinaustragen können und wollen wir jedoch nicht allein. Es<br />

braucht mehr Unternehmen, die das Work-Life-Blending in ihre DNA aufnehmen, um es<br />

für noch mehr Menschen erreichbar zu machen. Wenn das gelingt, ist das für uns jedes<br />

Mal ein Inspirationsschub.<br />

4. Die Freiheit, das zu tun, was einen Mehrwert für die Mitarbeitenden und das<br />

Unternehmen schafft. Die Freiheit, auf innovative Art die Unternehmenskultur zu stärken.<br />

Denn diese macht für die meisten Mitarbeitenden den Unterschied. Die Personalarbeit<br />

der Zukunft sollte somit in der Lage sein, die bestmöglichen Tools für ihr spezifisches<br />

Unternehmen zu definieren und auszurollen.<br />

UNIVERSITÄRE PSYCHIAT RI­<br />

SCHE DIENSTE (UPD) BERN<br />

KATEGORIE EMPLOYER BRANDING & RECRUITING<br />

1. Der Award bedeutet uns sehr viel. Er symbolisiert Anerkennung und Auszeichnung für<br />

viel Arbeit, Herzblut und Engagement vonseiten unserer Mitarbeitenden aller Stufen, die<br />

tatkräftig mitgewirkt haben. Das trotz pandemiebedingter Ausnahmesituation, überfüllter<br />

Stationen und geleisteter Mehrstunden. Er signalisiert aber auch Lob und Wertschätzung<br />

für das Team von Pomcanys, das Schönes geschaffen hat und den Fokus auf den potenziellen<br />

Mitarbeitenden behielt. Lob und Dank gelten auch allen weiteren stillen Helferinnen<br />

und Helfern wie Textern, Lektorat und und und.<br />

2. Die Karriereseite soll weiter ausgebaut werden, beispielsweise der Bildungs- und<br />

Weiterbildungsbereich. Zudem wollen wir unsere vielfältigen Standorte noch besser<br />

präsentieren. Daneben planen wir eine K<strong>amp</strong>agne, um die Karriereseite beziehungsweise<br />

die UPD als Arbeitgeberin bekannter zu machen.<br />

3. Einerseits an Anlässen wie dem <strong>HR</strong> FESTIVAL europe, mit Fachliteratur, indem wir<br />

unseren Mitarbeitenden zuhören – andererseits im privaten Bereich. Ich persönlich beispielsweise<br />

beim Bewegen in der Natur.<br />

4. Mich stört der Ausdruck «Personal», ich spreche immer von Mitarbeitenden. Denn<br />

es soll ein «MITeinandersein» bei der «ARBEIT» sein. Im Moment laufen sehr viele innovative<br />

Ideen und bereits Umsetzungen. Am Swiss <strong>HR</strong> Award wurden tolle Projekte<br />

vorgestellt. Viele lassen sich im Gesundheitswesen jedoch nicht oder nur teilweise umsetzten.<br />

Ich wünsche mir auch für diese Bereiche mehr Innovation. Und dann wünsche<br />

ich mir eine Entstigmatisierung der Psychiatrie. Mit psychischen Erkrankungen sollte<br />

auf allen Ebenen gleich offen umgegangen werden wie mit Krebserkrankungen oder<br />

Kreuzbandrissen.<br />

22


Yasemin Tahris<br />

Flowit AG<br />

Denise Jentsch und Patrick Neudorfer<br />

Waldner Partner<br />

Deborah Luetolf<br />

Workplayz AG<br />

FLOWIT AG<br />

KATEGORIE START-UP<br />

1. Wir freuen uns riesig über den Gewinn des Swiss <strong>HR</strong> Awards! Er ist für uns eine sehr<br />

schöne Wertschätzung für die intensive Arbeit, die wir in Flowit investieren haben und<br />

das beflügelt uns, weiterhin Vollgas zu geben.<br />

2. Wir bauen unser Team aus und haben viele Ideen, wie wir unsere Plattform verbessern<br />

können. Dazu gehören weitere Module, aber auch der gezielte Ausbau von<br />

menschenzentrierter KI. Zudem bestehen Ideen, wie wir Flowit für andere Zielgruppen<br />

modifizieren. Zudem haben wir erste internationale Schritte gemacht und wollen in Zukunft<br />

auch Unternehmen im Ausland ansprechen.<br />

3. Wir arbeiten nahe mit unseren Kundinnen und Kunden zusammen und empfinden dies<br />

als äusserst wertvoll. Auch die Zusammenarbeit im Team inspiriert uns, da wir ein sehr diverses<br />

Gründerteam sind. Es setzt sich aus Experten in den Bereichen Data Science, Machine<br />

Learning und KI, Psychologie, <strong>HR</strong>M, Ökonomie und Unternehmertum zusammen.<br />

4. Arbeitsplätze verändern sich, und zwar schnell. Viele Rollen verschwinden, andere<br />

entstehen. Um diesen Wandel menschenzentriert zu begleiten, wünschen wir uns für die<br />

Zukunft der Personalarbeit, dass sie eine ganzheitliche Aufgabe übernimmt – von der Strategie<br />

über die Organisation bis hin zur Kultur. Dazu benötigt es teilweise Anpassungen an<br />

Organisationen, Transformation und Technologien, die wir mit Flowit gerne unterstützen.<br />

LIIP AG<br />

KATEGORIE DIVERSITY, INCLUSION, EQUALITY<br />

1. Wir sind stolz auf «unseren» Swiss <strong>HR</strong> Award in der Kategorie «Diversity, Inclusion,<br />

Equality». In unserem neuen Lohnsystem stecken viele Arbeitsstunden und noch viel<br />

mehr Herzblut. Dieser Preis motiviert uns, weiter an innovativen und digitalen Lösungen<br />

für unsere Mitarbeitenden zu arbeiten.<br />

2. In einem nächsten Schritt soll sich das neue Lohnsystem innerhalb von Liip etablieren.<br />

Danach konzentrieren wir uns auf die Entwicklung der Selbstorganisation und<br />

erproben innovative Wege, um unsere Zusammenarbeit und den «Liip Deal» (gesamtes<br />

Paket für Mitarbeitende) kontinuierlich zu verbessern.<br />

3. Wir streben nach «digital human progress» und wollen allen Mitarbeitenden die<br />

besten Arbeitsbedingungen bieten. Ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Gehalt<br />

weitestgehend selbst zu bestimmen, ist einer der vielen Aspekte für die Mitarbeitendenzufriedenheit<br />

und die Zusammenarbeit aller Akteure innerhalb der Digitalagentur<br />

auf Augenhöhe. Der regelmässige Austausch mit Gleichgesinnten hilft uns zudem,<br />

neue Sichtweisen auf Problemstellungen zu erhalten.<br />

4. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden tun, wofür sie brennen und womit sie<br />

Wirkung erzeugen. Wo immer Hindernisse im Weg stehen, findet jemand neue Lösungswege.<br />

So können wir das Potenzial der Mitarbeitenden freisetzen.<br />

WALDNER PARTNER<br />

KATEGORIE KULTUR & WANDEL<br />

1. Eine Firma ohne Chef hätten wir uns 2016 nicht im Traum vorstellen können. Heute<br />

gehört die Firma den Mitarbeitenden. Wir arbeiten selbstorganisiert in einer Genossenschaft.<br />

Der Award ist für uns eine wichtige Anerkennung für die vielen Achterbahnfahrten<br />

der letzten Jahre. Unser ungewöhnlicher Weg der Nachfolgeregelung ist immer<br />

wieder auf Unverständnis gestossen. Umso mehr ermutigen uns der Award und die<br />

vielen positiven Feedbacks, unsere Erfolgsgeschichte weiterzutragen.<br />

2. Unser konstantes Ziel ist: «Wir entwickeln uns ständig.» Heute wissen wir, dass die<br />

finanzielle Übernahme der Firma 2020 nicht das Ziel des Marathons war, sondern erst<br />

der Start. Auch der Award ist ein weiterer Meilenstein in unserem permanenten Veränderungsprozess.<br />

Unser konkretes Ziel: Wir möchten unsere Erfahrungen und Erkenntnisse<br />

an andere KMU weitergeben, die eine nachhaltige und innovative Nachfolgelösung<br />

oder ein hierarchiefreies Zusammenarbeiten suchen.<br />

3. Vor allem durch den Austausch mit anderen – intern wie extern. Wir suchen bei den<br />

Kontakten die Vielfalt, unabhängig von Branchen und Erfahrungen. Impulse holen und<br />

geben wir in losen Netzwerken und verbindlichen Partnerschaften. Inspiration kann zudem<br />

überall lauern – wir halten Ohren und Augen ständig offen.<br />

4. Dass mehr Firmen ihre Mitarbeitenden ermöglichen, eine Firma aktiv mitzugestalten.<br />

Agile Arbeitsformen sollen gelebt werden und nicht nur eine Marketingaktion sein.<br />

Unsere Erfahrung zeigt, welche Dynamik entstehen kann, wenn man die kollektive Intelligenz<br />

nutzt.<br />

GASTRO GRAUBÜNDEN<br />

KATEGORIE AUSBILDUNG & ENTWICKLUNG<br />

1. Wir sind überglücklich über den Gewinn dieses Awards. Er bedeutet für uns eine<br />

sehr grosse Wertschätzung und ein Ritterschlag für unsere Arbeit und Investition in die<br />

Nachwuchsförderung. Zudem ist er eine wichtige unabhängige Bestätigung, dass wir<br />

mit der Gastro Story auf dem richtigen Weg sind. Er motiviert uns, dranzu bleiben und<br />

weiterzumachen.<br />

2. Der Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Work-Life-Balance, flache Hierarchien, Entwicklungsmöglichkeiten,<br />

Selbstverwirklichung oder die Arbeit in coolen Teams sind Werte,<br />

die für Mitarbeitende immer wichtiger werden. In diesem Change-Prozess wollen wir<br />

unsere Hotellerie- und Gastronomie-Mitglieder aktiv begleiten und unterstützen. Von der<br />

Sensibilisierung über konkrete Weiterbildungsseminare bis hin zu Coaching in Betrieben.<br />

3. Wir arbeiten in Netzwerken, tauschen uns mit Mitgliedern und Partnern aus und<br />

geniessen auch mal einen lustigen Abend, wo wir neue Ideen spinnen.<br />

4. Viel Menschlichkeit und Empathie, sodass die Menschen Freude an ihrer Arbeit<br />

und in der persönlichen Entwicklung finden.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

23


FOTO: iSTOCKPHOTO<br />

24


SCHWERPUNKT<br />

PERSONALENTWICKLUNG DREI FIRMEN, DREI PROGRAMME. 26<br />

GAMING WELCHE BERUFS-SKILLS SICH SPIELENDE ANEIGNEN. 28<br />

HOBBYS WER SEINE MITARBEITENDEN KENNT, KANN SIE BESSER EINSETZEN. 30<br />

METAVERSE WAS DIE VIRTUELLE WELT DEM <strong>HR</strong> BRINGT. 32<br />

25


SCHWERPUNKT<br />

Learning<br />

INTERN VOR<br />

EXTERN?<br />

Ambros Scope<br />

Head Leadership and<br />

Future of Work<br />

Zurich<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

DIE PERSONALENTWICKLUNG WIRD<br />

IMMER WICHTIGER, UM FACHKRÄFTE<br />

ZU GEWINNEN, ZU FÖRDERN UND<br />

ZU HALTEN. DREI PERSONALENT-<br />

WICK LUNGS-INITIATIVEN.<br />

Text & Interviews: Corinne Päper<br />

«Die ideale Personalentwicklung fokussiert<br />

sich stärker darauf, individuelle Entwicklungsziele<br />

mit strategischen Unternehmenszielen<br />

zu verbinden», sagen Marcel<br />

Unter asinger, <strong>HR</strong>-Leiter der Schweizer<br />

Paraplegiker-Gruppe Nottwil, Ambros<br />

Scope, Head Leadership and Future of Work,<br />

Zurich, sowie Boris Billing, VPE von der ZKB.<br />

Dass sich die Personalentwicklung grundsätzlich<br />

verändere, verneinen die Auskunftgebenden.<br />

Dennoch entwickle sich das<br />

Berufsbild. Doch wie? «Personalentwickler<br />

werden Architekten des Lernens und arbeiten<br />

weniger als Trainer oder Berater», sagt<br />

Boris Billing. «Vielmehr dienen sie als<br />

Lernvorbild, befähigen Menschen sowie die<br />

Organisation und schaffen Rahmen und<br />

Systeme.» Etwas anders sieht dies Ambros<br />

Scope: «Die Entwicklung geht vom Trainer<br />

zum Berater. Zwar bleiben eigene Weiterbildungsangebote<br />

Bestandteil des Personalentwicklungsangebots,<br />

doch werden<br />

Beratungen zur individuellen und strategischen<br />

Entwicklung wichtiger.» Einzig für<br />

Unter asinger bleibt ein Personalentwickler<br />

das, was er heute bereits ist.<br />

Der Personalentwicklungserfolg liesse sich<br />

mit KPIs messen. Beispielsweise mit internen<br />

Stellenbesetzungsquoten. Doch macht das<br />

Sinn? «Nein», meint Scope. «Fixe KPIs sind<br />

weniger wichtig als die passende Mischung<br />

aus Internen und Externen eines Bereichs.»<br />

Für Billing ist diese Frage reiner «Formalismus»:<br />

«Die Stellenbesetzung ist von einer<br />

Funktion abhängig. Entstehen durch interne<br />

Bewegungen Vakanzen, wird diese Frage<br />

irrelevant.» KPI-Vorgaben kann sich nur<br />

Unterasinger vorstellen: «Zwar haben wir<br />

diesbezüglich noch keine Ziele, das könnte<br />

sich künftig aber ändern.»<br />

a<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Welchen Stellenwert hat<br />

die Personalentwicklung<br />

in Ihrem Unternehmen?<br />

Wer kümmert sich um die<br />

Personalentwicklung?<br />

Wie bringt man die Bedürfnisse<br />

des Unternehmens mit<br />

jenen der Mitarbeitenden in<br />

Einklang?<br />

Inwiefern kann Ihr<br />

Unternehmen Stellen<br />

intern besetzen?<br />

Welche Zukunft hat eine<br />

standardisierte Unternehmens-Academy?<br />

Die Personalentwicklung hat bei der Zurich die Aufgabe,<br />

Mitarbeitende gemäss den Marktanforderungen<br />

zu ent wickeln. Dieser Ansatz ist mit dem Grundsatz<br />

«Lebenslanges Lernen» in der Unternehmensstrategie<br />

verankert. Wir verstehen das als eine von Selbstverantwortung<br />

geprägte Personalentwicklung. Diese<br />

wird durch mehrere Initiativen gestützt. Dazu zählt<br />

beispielsweise der «Internal First»-Ansatz, bei dem<br />

interne Kandidaten und Kandida tinnen bei Stellenbesetzungen<br />

Vorrang vor Externen haben. Mit der Initiative<br />

«Future of Work» verankern wir das le benslange<br />

Lernen in der Belegschaft. Daraus leitet sich unser<br />

vielfältiges Aus- und Weiterbildungsangebot ab.<br />

Die Hauptverantwortung für die Personalentwicklung<br />

liegt bei den Mitarbeitenden, die von Führungskräften<br />

in Leadership- und Coachingrollen unterstützt<br />

werden. Hinzu kommt die Belegschaft der Professional<br />

Academies und mein Team, das Führungskräfte<br />

wie Mitarbeitende bei Leadership-, Future of Work-,<br />

Führungsfähigkeit- und Powerskills ­Themen fördert.<br />

Ebenfalls involviert ist die Geschäftsleitung, die als<br />

Förderer (Sponsoren) agiert und in den Programmen<br />

eine aktive Rolle einnimmt.<br />

Die Verbindung individueller Entwicklungsziele mit<br />

strategischen Unternehmenszielen ist nicht nur aus<br />

betriebswirtschaftlicher Sicht zentral, sondern ein<br />

wichtiger Erfolgsfaktor der Entwicklungsangebote<br />

der Zurich. Mitarbeitende müssen den individuellen<br />

Nutzen, das «what’s in for me» erkennen, um zu lernen<br />

und das Gelernte in der Praxis anzuwenden. Ein<br />

Beispiel dafür ist unser Training «CEO of my Career»,<br />

das Mitarbeitende bezüglich ihrer Karriereplanung<br />

befähigt. Nicht zuletzt dient der Performance- und<br />

Development-Prozess den Mitarbeitenden, die beste<br />

Version ihrer selbst zu werden und so ihren Beitrag<br />

zum Unternehmenserfolg zu leisten.<br />

Nebst den genannten Personalentwicklungsinitiativen<br />

investiert Zurich Schweiz in Young Professio nals.<br />

Also in Lernende in für uns zentralen Berufsgruppen,<br />

in Graduate-Programmen und in Werkstudenten.<br />

Darüber hinaus fördern wir junge Fach- und Führungskräfte.<br />

Die Entwicklung der «Internal First»-Initiative<br />

ist sehr erfreulich. Immer mehr Stellen können intern<br />

besetzt werden.<br />

Bei uns sind Programme mit mehreren Modulen<br />

für eine gleichbleibende Zielgruppe nur ein kleiner<br />

Teil unseres Entwicklungsangebots. Diese haben jedoch<br />

auch Vorteile: Beispielsweise die Vernetzung<br />

der Mitarbeitenden, mehr gegenseitiges Vertrauen,<br />

das Voneinander-Lernen und kulturelle Aspekte. Der<br />

grösste Teil unseres Bildungsangebots folgt aber dem<br />

«Pick-and-Choose»-Ansatz, bei dem Lernende die<br />

Bausteine ihrer Lernreise selbst zusammenstellen.<br />

26


Learning<br />

SCHWERPUNKT<br />

Boris Billing<br />

Leiter Entwicklung und Transformation<br />

Zürcher Kantonalbank (ZKB)<br />

Marcel Unterasinger<br />

<strong>HR</strong>-Leiter<br />

Schweizer Paraplegiker-Gruppe<br />

Personalentwicklung sorgt dafür, dass die richtigen Menschen zum richtigen<br />

Zeitpunkt am richtigen Ort sind und sie über die dafür notwendigen<br />

Skills und Kompetenzen verfügen. Dazu ist die Personalentwicklung in den<br />

Transformations- und Entwicklungsprozess des Unternehmens eingebettet.<br />

Ohne Aspekte der Organisationsentwicklung ist Personalentwicklung heute<br />

aber nicht mehr aktuell. Mit der ZKB-Philosophie «Performance & Entwicklung»<br />

legten wir vor fünf Jahren als Abkehr von klassischen Management by<br />

Objectives den Grundstein für eine neue Personalentwicklung. Heute sind wir<br />

Partner bei Transformations- und Veränderungsprojekten, Change-Berater<br />

sowie Moderator bei Lernprozessen und kreieren als Spezialisten die Rahmenbedingungen<br />

für die Entwicklung der Mit arbeitenden.<br />

Die Personalentwicklung der Schweizer Paraplegiker-Gruppe bietet Mitarbeitenden<br />

Perspektiven und unterstützt sie in der persönlichen Entwicklung.<br />

Sie berät aber auch Geschäftsleitungen und Führungskräfte bei der Organisationsentwicklung.<br />

Zudem initiiert und begleitet sie organisatorische<br />

Veränderungen, entwickelt Führungskräfte, fördert Talente und bietet Mitarbeitenden<br />

Möglichkeiten zur internen Wissensvermittlung und Kompetenzerweiterung.<br />

Wir verfügen mittlerweile über gut etablierte Personalentwicklungsprozesse.<br />

Beim Wissensmanagement und der Digitalisierung sind wir<br />

dabei, die nächsten Schritte zu machen.<br />

Das Personalentwicklungsteam ist Teil des <strong>HR</strong>. Der Personalentwicklungsleiter<br />

berichtet direkt an den <strong>HR</strong>-Leiter und agiert über alle Geschäftseinheiten und<br />

alle Führungsebenen hinweg selbständig. Relevante Personalentwicklungsthemen<br />

werden zudem in der Generaldirektion diskutiert. Im Ganzen existiert<br />

bei der ZKB ein hohes Vertrauen in den Personalentwicklungsbereich,<br />

sodass viele Aktivitäten in eigener Verantwortung für den Konzern realisiert<br />

werden können.<br />

Die Personalentwicklungsverantwortliche ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.<br />

Sie wird durch eine Bildungsverantwortliche ergänzt. Beide werden von<br />

einer Mitarbeitenden unterstützt, die primär Lernvideos, Learning Snacks und<br />

Ähnliches produziert. Alle drei sind dem <strong>HR</strong> angegliedert und erhalten innerhalb<br />

und ausser halb des <strong>HR</strong> Hilfe. Beispielsweise vom Unternehmenskommunikationsteam.<br />

Mit Sirmed verfügen wir zudem über ein eigenes Bildungsunternehmen,<br />

das für öffentliche sowie interne Seminare die Administration übernimmt.<br />

Es geht um die Balance zwischen den Interessen des Unternehmens und jenen<br />

der Mitarbeitenden. Das loten wir im Dialog aus integrieren es in den<br />

Entwicklungsplänen. Der Bezug zur aktuellen oder zukünftigen Rolle des Mitarbeitenden<br />

muss jedoch vorhanden sein.<br />

Betrachtet man die Bedürfnisse beider Seiten und denkt den Nutzen entsprechender<br />

Bildungsinvestitionen zu Ende, kommt man zum Schluss, dass sich die<br />

Interessensbereiche stark überlappen. Natürlich müssen wir die zur Verfügung<br />

stehenden Mittel sinnvoll investieren und möglichst stimmige Lösungen finden.<br />

Für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum, die grösste Tochterfirma der Stiftung,<br />

gibt es hierfür einen eigenen Geschäftsleitungsausschuss.<br />

In unserem jährlichen strategischen Personalplanungsprozess analysieren wir,<br />

welche Kompetenzen und Skills wir künftig benötigen, welche Veränderungen<br />

sich abzeichnen und wie wir diesbezüglich aufgestellt sind. Dadurch<br />

entstehen Handlungsfelder im Rekrutierungsprozess und bei Entwicklungsthemen.<br />

Durch interne Bewegungen können wir viele Stellen intern besetzen.<br />

Manchmal entstehen dadurch aber auch zusätzliche Vakanzen, die wir dann<br />

extern abdecken.<br />

Wir praktizieren über alle Organisationseinheiten hinweg einen jährlichen Mitarbeiter-Review.<br />

Dieser wird zunächst auf Bereichsebene konsolidiert und<br />

danach zusammen mit dem <strong>HR</strong> auf Geschäftsleitungsebene. Nebst Entscheiden<br />

zu anstehenden Lohnrunden wird in diesem Gremium auch über die Mitarbeiterförderung<br />

und Nachfolgeplanung gesprochen. Mit der strategischen Nachfolgeplanung<br />

innerhalb der Mit arbeiter-Reviews schaffen wir die Voraussetzung,<br />

den Nachbesetzungsprozess bei absehbaren Personalabgängen einzuleiten und<br />

Mitarbeitende mit erkennbaren Talenten frühzeitig zu fördern. Im Idealfall bereiten<br />

wir interne Mitarbeitende mit Potenzial darauf vor, eine Nachfolge anzutreten.<br />

Es braucht standardisierte und individuelle Bildungsprogramme. Zudem sind<br />

nicht alle Unternehmensprogramme starr. Auch diese können individualisiert<br />

werden. Das Programm der ZKB für junge Talente beinhaltet beispielsweise<br />

die Vernetzung, die Visibilität der Nachwuchskräfte sowie die Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Das ist keinesfalls stromlinienförmig. Auch die Themenwahl der<br />

einzelnen Module erfolgt in der Gruppe und bindet die Mitarbeitenden somit<br />

stark ein.<br />

Starre Angebote sind weder effizient noch zeitgemäss. Es macht aber Sinn, ein<br />

Grund gerüst für den Erwerb oder die Entwicklung von Kompetenzen zu schaffen,<br />

die dem Unternehmen dienen und auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Entscheidend<br />

ist, ob oder in welchem Umfang Mitarbeitende Bildungsmassnahmen<br />

auf eigene Bedürfnisse anpassen können. Für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />

bieten wir beispielsweise ein internes Führungszertifikat mit verschiedenen<br />

Modulen. Dieses Lernprogramm können Mitarbeitende weitgehend selbst<br />

zusammenstellen.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

27


SCHWERPUNKT<br />

Learning<br />

FOTO: iSTOCK<br />

DIE SKILLS DER ZUKUNFT ERSPIELEN<br />

EIGENSCHAFTEN WIE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT, KRITISCHES DENKEN UND DIE ANALYSE VON KOMPLEXEN SITUATIONEN<br />

GEHÖREN ZUM ALLTAG VON GAMERINNEN UND GAMERN. DOCH DIE MEISTEN SIND SICH NICHT BEWUSST,<br />

WELCHE FÄHIGKEITEN SIE SICH IN KURZWEILIGEN STUNDEN ANTRAINIEREN. FÜR BERUFS- UND LAUFBAHNBERATENDE,<br />

ABER AUCH <strong>HR</strong>-VERANTWORTLICHE, BIETEN VIDEOSPIEL-PRÄFERENZEN WERTVOLLE INFORMATIONEN<br />

ZU NEIGUNGEN, MOTIVATIONEN UND SKILLS VON NACHWUCHSKRÄFTEN.<br />

Gastbeitrag: Marc Bodmer<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Marc Bodmer ist<br />

J urist und selbstständiger<br />

Game<br />

Consultant. Als<br />

stellvertretender<br />

Projektleiter realisierte<br />

er im Auftrag der<br />

ZHAW das Pilotprojekt<br />

«Gaming<br />

Skills – Verborgene<br />

Kompetenzen für<br />

die Berufswelt».<br />

Es gibt Dinge, die in den letzten zehn Jahren erstaunlich stabil<br />

geblieben sind. Dazu zählt beispielsweise der Prozentsatz der<br />

jugendlichen Gamerinnen und Gamer in der Schweiz. Seit<br />

2010 befragt die Zürcher Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften (ZHAW) für die James-Studie jährlich rund<br />

1000 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 12 und 18<br />

Jahren zu ihrer Mediennutzung. Dort zeigte sich, dass über<br />

90 Prozent der Jungs und über 50 Prozent der Mädels<br />

regelmässig gamen.<br />

Die Geschlechterverteilung überrascht nicht, sollte aber mit<br />

Vorsicht genossen werden, denn entscheidend ist die Form<br />

der Frage. Spricht man mit Jungs über Games, kommt schnell<br />

Begeisterung auf. Der Identifikationsgrad mit Videospielen<br />

ist hoch und deren Inhalte Gesprächsthema Nummer 1 auf<br />

dem Pausenplatz. Die jungen Damen hingegen identifizieren<br />

sich in der Regel nicht als Gamerinnen. Für sie sind die Computerspiele<br />

einfach ein Zeitvertrieb und Spass für Zwischendurch.<br />

Damit die Zahlenhuberei ein Ende hat: Games sind<br />

keineswegs Kinderkram. Gemäss der «eSports Schweiz<br />

2021»-Studie der ZHAW ist die Gruppe der Spielenden im Alter<br />

von 30 bis 44 Jahren gleich gross wie die der 16- bis 19-Jährigen.<br />

Allgemein wird von einem Durchschnittsalter zwischen<br />

30 und 35 Jahren ausgegangen. In Anbetracht dessen macht<br />

es Sinn, die Beschäftigung mit Computerspielen im Kontext<br />

der Berufswahl und der Rekrutierung genauer zu betrachten,<br />

da die Game-Industrie im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren<br />

Jahr für Jahr zulegt. Aktuell geht man weltweit von<br />

über drei Milliarden Gamerinnen und Gamern aus. Das hat<br />

der Schweizer Dachverband der Berufs- und Laufbahnberatenden<br />

SDBB erkannt und deshalb mit einem Innovationsfond<br />

das Pilotprojekt «Gaming Skills – Verborgene Kompetenzen<br />

für die Berufswelt» der ZHAW unterstützt.<br />

Vergleicht man die Anforderungen heutiger Videospiele an<br />

Spielende mit den «Seven Survival Skills», die der Bildungswissenschaftler<br />

Tony Wagner 2015 definierte, um Arbeitnehmende<br />

für die Arbeitswelt zu rüsten, ergibt sich eine hohe<br />

Deckung:<br />

• Criticial Thinking & Problem Solving<br />

Kritisches Denken beginnt damit, gute Fragen zu stellen.<br />

28


Learning<br />

SCHWERPUNKT<br />

Es geht darum, ein Problem zu erfassen und<br />

zu beschreiben. Einmal konkret umschrieben,<br />

ist es einfacher zu lösen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: In jedem<br />

Computerspiel werden Spielende vor Herausforderungen<br />

gestellt. Für die sich laufend wandelnden<br />

Problemstellungen sind stets Lösungen<br />

zu finden. Dabei müssen Spielende in Sekundenbruchteilen<br />

eine Lage erfassen, analysieren und<br />

hinterfragen, bevor sie eine Strategie entwickeln.<br />

• Collaboration Across Networks & Leading<br />

by Ex<strong>amp</strong>le<br />

Immer mehr Arbeit wird von «virtuellen»<br />

Teams erledigt. Zunehmend werden diese<br />

durch Einflussnahme ihrer Mitglieder geleitet<br />

und nicht durch eine hierarchisch höher eingestufte<br />

Person.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Praktisch alle<br />

Videospiele sind heute vernetzt. Gespielt wird oft<br />

in (internationalen) Teams, die sich via VoIP<br />

(Voice over Internet Protocol) oder Netzwerken<br />

wie Discord während des Spiels absprechen. Was<br />

zählt, ist die Leistung und die im Spiel gezeigte<br />

Kompetenz. Zur daraus resultierenden Vorbildrolle<br />

gehört auch der Wille, das Team vorwärtszubringen.<br />

• Agility & Adaptability<br />

Die Geschwindigkeit der laufenden Veränderungen<br />

und die Komplexität der Problemstellungen<br />

verlangen Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Aktuelle Computerspiele<br />

stellen Spielende immer wieder vor<br />

neue Herausforderungen. Treten Spielerinnen<br />

und Spieler gegeneinander online an, präsentieren<br />

sich die Begegnungen sehr unterschiedlich.<br />

Spielende werden selbst durch Handy-Games<br />

laufend gezwungen, flexibel zu sein und sich<br />

neuen Gegebenheiten anzupassen.<br />

• Initiative & Entrepreneurship<br />

Es reicht längst nicht mehr, Aufgaben und Aufträge<br />

zu erfüllen. Man muss sich Ziele setzen<br />

und diese angehen. Werden nicht alle erreicht,<br />

ist das immer noch höher einzustufen als das<br />

reine Abarbeiten von vorgegebenen Aufträgen<br />

und eine Frage der Fehlerkultur.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Wer nicht nur<br />

bestehen, sondern vorwärtskommen will, muss<br />

bereit sein, die Initiative zu ergreifen und mehr<br />

als das Nötige zu erfüllen. Durch die in Games<br />

verbreitete «Versuch und Irrtum»-Herangehensweise<br />

wird stets der Rahmen des Möglichen ausgelotet.<br />

Ohne (Eigen)Initiative geschieht in<br />

Games nichts.<br />

• Effective Oral, Written and Multimedia<br />

Communication<br />

Schreiben hört nicht mit korrekter Orthografie<br />

und Grammatik auf. Gedanken müssen in<br />

eigene Worte gefasst werden, um zu überzeugen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Viele Computerspiele<br />

werden in Teams gespielt. In hektischen<br />

Situationen bedarf es einer klaren und<br />

effektiven Kommunikation, um Missverständnissen<br />

vorzubeugen. Viele Spielende sagen, dass<br />

sie ihre Englischkenntnisse durch das Online-Spielen<br />

wesentlich verbesserten.<br />

IN JEDEM COMPUTER-<br />

SPIEL WERDEN<br />

SPIELENDE VOR<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

GESTELLT<br />

MARC BODMER<br />

• Accessing & Analysing Information<br />

Sich Zugriff auf relevante Informationen verschaffen<br />

und entsprechende Schlüsse daraus<br />

ziehen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Es kommt<br />

immer wieder vor, dass sich Spielenden gewisse<br />

Problemstellungen nicht erschliessen. Dafür werden<br />

online Lösungswege gesucht und im Spiel<br />

umgesetzt. Ein anderer Weg ist der Beizug von<br />

erfahrenen Spielenden, die bei der Problemlösung<br />

helfen.<br />

• Curiosity & Imagination<br />

Neugierde, Vorstellungsvermögen und Kreativität<br />

sind von zentraler Bedeutung, wenn es<br />

darum geht, in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu bestehen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Neugierde ist<br />

eine treibende Kraft in Computerspielen, die sich<br />

als Versuchslabor eignen, um neue Wege zu<br />

beschreiten und Dinge auszuprobieren. Sogenannte<br />

Sandkastenspiele wie «Minecraft» lassen<br />

Spielende kreatives Potenzial ausschöpfen. Einzig<br />

die Limiten der eigenen Vorstellungskraft setzen<br />

dem Spiel Grenzen.<br />

Berufslaufbahnberatende aus der Deutschschweiz<br />

wurden an vier Workshops des vom<br />

SDBB-Innovationsfonds finanzierten Pilotprojekts<br />

der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften zu «Gaming Skills – Verborgene<br />

Kompetenzen für die Berufswelt»<br />

eingeladen. Die wenigsten Teilnehmenden verfügten<br />

über aktuelle Gameerfahrung. Vielfach<br />

verwiesen sie auf das Gamen in Jugendjahren.<br />

Doch die technische Entwicklung des interaktiven<br />

Unterhaltungsmediums ist derart gross, dass<br />

Videospiele der heutigen Generation mit ihren<br />

Vorgängern von anno dazumal höchstens noch<br />

gewisse Grundmechanismen gemein haben. Sie<br />

sind bzüglich des Grads der Komplexität und der<br />

gestellten Anforderungen erheblich anspruchsvoller.<br />

Dass sich durch das Spielen von Computergames<br />

für den Berufsalltag nützliche Fähigkeiten aneignen<br />

lassen, bejahten sämtliche Teilnehmenden.<br />

Trotz des Interesses an der Skills-Thematik wurden<br />

immer wieder Bedenken eingebracht. Ob<br />

Games nicht süchtig machen, wurde gefragt.<br />

Welche Bedeutung kommt Gewaltdarstellungen<br />

in Computerspielen zu? Machen Games aggressiv?<br />

Diese Einwände illustrierten zum einen die<br />

weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber Computerspielen,<br />

aber auch unter welcher Stigmatisierung<br />

Kinder und Jugendliche leiden. Schnell<br />

heisst es: «Er ist halt ein Gamer.» Damit werden<br />

pauschal gewisse Auffälligkeiten wie Unzuverlässigkeit,<br />

Desinteresse oder Schlafmangel<br />

«erklärt» und der Betroffene wird abgestempelt.<br />

Vor dem Hintergrund, dass über 90 Prozent der<br />

männlichen Jugendlichen in der Schweiz regelmässig<br />

gamen, ist diese Haltung problematisch.<br />

Gamer sind die Regel und nicht die Ausnahme.<br />

Aufgrund dieser Stigmatisierung erwähnen Spielende<br />

selten aus eigenem Antrieb ihr Hobby. Viele<br />

sind dann erstaunt, wenn sie von Beratenden<br />

wertfrei darauf angesprochen werden.<br />

Die Workshops und Befragungen der Berufslaufbahnberatung<br />

zeigten, dass sich Beratende<br />

Unterstützung und Gesprächshilfe im Bereich<br />

Computerspiele wünschen. Das Wissen über dieses<br />

schnelllebige und weitverbreitete Unterhaltungsmedium<br />

der Beratenden ist beschränkt und<br />

reicht bei Weitem nicht aus, um ein fundiertes<br />

und zielführendes Gespräch zu führen. Vonseiten<br />

der Teilnehmenden wurde verschiedentlich auch<br />

auf die Stigmatisierung der Thematik hingewiesen.<br />

Computerspiele und Gamer haben einen<br />

schlechten Ruf – besonders in überwiegend traditionellen<br />

Arbeitsgebieten. Das ist ein Grund,<br />

weshalb Ratsuchende Gaming-Tätigkeiten selten<br />

aus eigenen Stücken thematisieren. Vonseiten<br />

der ZHAW sind deshalb weitere «Gaming Skills»-<br />

Workshops geplant. Parallel dazu wird ein Tool<br />

für Berufs- und Laufbahnberatende entwickelt,<br />

das Beratende in ihrer Tätigkeit unterstützt und<br />

die verborgenen Potenziale der Games sichtbar<br />

macht.<br />

a<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

29


SCHWERPUNKT<br />

Learning<br />

VIELFALT NUTZEN<br />

SOFT SKILLS GEHÖREN ZU DEN ERFOLGSKRITERIEN IM BERUFSALLTAG. WARUM SICH ARBEITGEBENDE<br />

ME<strong>HR</strong> DAMIT AUSEINANDERSETZEN SOLLTEN UND WESHALB SICH DER AUFBAU EINES<br />

SKILL MANAGEMENT AUSZAHLT, ERZÄHLEN EINE SEGELLE<strong>HR</strong>ERIN, EIN EISHOCKEYTRAINER SOWIE<br />

EIN UNTERNEHMENSBERATER UND MÄRCHENERZÄHLER IM NEBENAMT.<br />

Text: Christine Bachmann<br />

Im Berufsalltag ist Annett Herrmann Strategische<br />

Personalentwicklerin bei der Sparkassen-<br />

Versicherung Sachsen, privat betreut sie Jungseglerinnen<br />

und -segler an Land und auf dem<br />

Wasser. Ihre in der Freizeit erworbenen (Soft)<br />

Skills nützen ihr auch im Berufsalltag: «Beim<br />

Segeln zählen Ausdauer, Konzentration und<br />

Fokus.» Bei einer Regatta definiere der Segelnde<br />

den genauen Fahrplan und die Manöver individuell<br />

durch Taktik und Strategie. Dabei müsse<br />

er Umstände wie Winddreher, Böen und Wellen<br />

im Blick behalten und diese als Chance für einen<br />

optimalen Kurs auf dem Wasser nutzen. Bei der<br />

Regatta-Auswertung würden dessen Strategien<br />

unter die Lupe genommen. «Damit richten<br />

Segelnde den Blick auf Erfolge und Herausforderungen<br />

und lernen aus ihren Fehlern. Das sind<br />

erforderliche Skills im Berufsalltag», betont<br />

Herrmann.<br />

FOTO: ZVG<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Annett Herrmann,<br />

Strategische Personalentwicklerin,<br />

Sparkassen-Versicherung Sachsen<br />

FOTOS: ZVG<br />

30


Learning<br />

SCHWERPUNKT<br />

Auch Simon Born, Leiter Administration & <strong>HR</strong> bei<br />

der Elektro Burkhalter AG, ein leidenschaftlicher<br />

Eishockeytrainer, hat sich durch seine private<br />

Tätigkeit Fähigkeiten angeeignet, die er im Berufsalltag<br />

nutzt. Doch welche? «Beispielsweise meine<br />

Handlungskompetenz», sagt er. «Das heisst, in<br />

einer Situation die richtigen Entscheidungen zu<br />

treffen und diese adressatengerecht zu kommunizieren.»<br />

Auch seine Sozialkompetenz sei beim<br />

Trainieren der Eishockeyspieler wichtig. «Ich muss<br />

meine Teammitglieder verstehen, sie unterstützen<br />

und mit ihnen am gleichen Strang ziehen.»<br />

Während sich Herrmann und Born zusätzliche<br />

Fähigkeiten im Trainingsbereich aneigneten,<br />

erarbeitete sich Armin Ziesemer weitere beim<br />

Aufbau der Synop-Sys Organisationsentwicklung<br />

GmbH im betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />

und im Coaching. Zudem betreibt der <strong>HR</strong>-<br />

Mitarbeitende einer Behörde mit einem Kölner<br />

Kollegen den wöchentlichen Podcast «Mit Brille<br />

und Bart». «Zu zweit oder mit Gästen erfahren<br />

wir mehr über Organisationsentwicklung, Coaching<br />

und Transaktionsanalyse», beschreibt Ziesemer<br />

seine nebenamtlichen Lernerfahrungen.<br />

Zudem ist er Initiant der Kultur- und Bildungsinitiative<br />

«Märchen im Leben». Diese bringt Erwachsenen<br />

den weltweiten Märchenschatz näher. In<br />

einem zweijährlichen Symposium beispielsweise<br />

mit Brennpunktthemen wie «Von Geld und Gold»<br />

oder «Von Heimat und Fremde». Dabei werden<br />

Volksmärchen frei erzählt und als Instrument für<br />

die persönliche und gesellschaftlich Entwicklung<br />

genutzt. Im beruflichen Alltag helfen ihm vor<br />

allem seine Coaching-Skills: «Konstruktivere<br />

Arbeitsbeziehungen zu gestalten, Themen zu<br />

adressieren, meine Resilienz und sowie meine<br />

Fähigkeit, mich als unselbständiger Erwerbstätiger<br />

abzugrenzen, schaffen im Unternehmen den<br />

Boden für eine gelingende Zusammenarbeit.»<br />

Bekannte Nebentätigkeit,<br />

aber kein Skill Management<br />

Die Nebentätigkeiten von Annett Herrmann wie<br />

Simon Born sind ihren Arbeitgebenden bekannt.<br />

«Ich nutze meine Skills ja ständig in meinem täglichen<br />

Umfeld», betont Herrmann. Nebenberufliche<br />

Tätigkeiten gerieten im beruflichen Alltag<br />

aber häufig in den Hintergrund: «Die Skills-Vielfalt<br />

jedes Mitarbeitenden stärker in den Vordergrund<br />

zu stellen, ist mir deshalb ein wichtiges<br />

Anliegen. Das sorgt für unternehmerischen Erfolg<br />

und motiviert Mitarbeitende.» Ähnlich sieht das<br />

Simon Born, der private Fähigkeiten und Erfahrungen<br />

im Umgang mit Jugendlichen bei der<br />

Rekrutierung von Lernenden nutzt. «Ich führe<br />

jungen Menschen ein grosses Ziel vor Augen. Nur<br />

so finden wir für unsere Lehrstellen passende<br />

Personen.» Bei Armin Ziesemer weiss die Arbeitgeberin<br />

zwar durch eine Nebentätigkeitsvereinbarung<br />

von seinen ausserberuflichen Engagements,<br />

nutzt seine Skills aber nicht explizit. «Das<br />

ist schade, weil keine weitergehende Verbindung<br />

oder gar Bereicherung durch eine Kompetenzentwicklung<br />

besteht.» Ein explizites Skills<br />

Management existiert in keinem der Betriebe.<br />

«Oder noch nicht», sagt Annett Herrmann: «Wir<br />

haben dafür aber schon einen ersten Baustein<br />

gesetzt. Beispielsweise mit der Einführung von<br />

Jobfamilien.»<br />

Armin Ziesemer,<br />

Gründer,<br />

Synop-Sys Organisationsentwicklung GmbH<br />

propagiert eine ko-kreative Haltung von Arbeitgebenden:<br />

«In Job Coachings begegne ich immer<br />

wieder Menschen, die die Anforderungen ihres<br />

Arbeitgebenden erfüllen, in ihren begrenzten<br />

beruflichen Lernfeldern aber mehr erreichen<br />

möchten. Dadurch entstehen psychische Spannungen,<br />

die nach einer Energieabfuhr suchen.»<br />

Schaden lässt sich vermeiden, wenn Mitarbeitende<br />

in der Organisationsgestaltung kooperativ und<br />

kreativ mitwirken oder alternative Betätigungen<br />

finden.» Diese Art der Zusammenarbeit bedinge<br />

eine partizipative Führungshaltung. «Dadurch wird<br />

Arbeit sinnstiftender. Das trägt zu einer gesundheitsförderlichen<br />

Organisation bei und lässt<br />

Arbeitsbeziehungen lustvoll werden.» a<br />

Mehrwert fürs Unternehmen<br />

Doch wieso sollten sich Unternehmen vermehrt<br />

für die privaten oder nebenamtlichen Fähigkeiten<br />

ihrer Mitarbeitenden interessieren? «Mitarbeitende<br />

und Führungskräfte könnten individueller<br />

eingesetzt werden», meint Annett Herrmann.<br />

Etwa, indem Unternehmen ihre Stärkenfelder<br />

nutzen.» Seien sich Teammitglieder ihrer eigenen<br />

Stärken bewusster, gelänge es ihnen besser, sich<br />

zu ergänzen und miteinander und voneinander<br />

zu lernen. Das Bewusstsein der eigenen Stärken<br />

schaffe auch oder gerade in stürmischen Zeiten<br />

Orientierung. Ausserdem brauche es für die neue<br />

Arbeitswelt ein Mehr an Vernetzung und Miteinander.<br />

«Besonders Flexibilität, Agilität und<br />

Empathie sind dafür wichtig.»<br />

Simon Born,<br />

Leiter Administration & <strong>HR</strong>,<br />

Elektro Burkhalter AG<br />

Dem kann Simon Born nur zustimmen: «Erfahrungen,<br />

Erlebnisse und Herausforderungen aus dem<br />

Privaten oder Nebenamtlichen schaffen für Unternehmen<br />

einen grossen Mehrwert.» Auch Ziesemer<br />

FOTO: ZVG<br />

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Das i-Tüpfelchen in Ihrem Mediaplan:<br />

• reichweitenstark und trotzdem zielgruppenfokussiert<br />

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VON FACHLEUTEN FÜR FACHLEUTE: Informatik & Telekommunikation, Medien, Kommunikation, Marketing<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

31


SCHWERPUNKT<br />

Learning<br />

VIRTUELLE ARBEITSWELTEN<br />

METAVERSE GIBT SEIT MONATEN VIEL ZU REDEN. FÜR UNTERNEHMEN STELLT SICH<br />

DESHALB AKTUELL DIE FRAGE, OB SIE DIESE NEUE TECHNIK<br />

IN DEN ARBEITSALLTAG INTEGRIEREN SOLLTEN.<br />

Gastbeitrag: Gustavo Salami<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Gustavo Salami ist<br />

Gründer und Partner<br />

von Kuble, einer Social<br />

Media- und Digital-<br />

Agentur.<br />

kuble.com<br />

Lauthals werden Best Cases gefordert. Solange es diese nicht<br />

gibt, muss man auch nicht auf den Metaverse-Zug aufspringen.<br />

Das kann ein Ansatz sein. Firmen könnten stattdessen<br />

aber auch vorangehen und die virtuellen Räumlichkeiten<br />

beziehen. Wie immer gilt: Unternehmen, die den technologischen<br />

Wandel verpassen, geraten früher oder später häufig<br />

in Schwierigkeiten. Pioniere und Early Adapters verschaffen<br />

sich dagegen Vorteile, weil Fehler noch keine weitreichenden<br />

Folgen haben und daher zur Entwicklung genutzt werden<br />

können.<br />

Technologische Herausforderungen<br />

Zugegeben, die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen.<br />

Doch die Entwicklung braucht nicht mehr Jahre, sondern<br />

verläuft exponentiell. Laptops werden immer schneller, können<br />

grafische Herausforderungen problemlos laden und stürzen<br />

bedeutend seltener ab. Jedes neu auf den Markt gebrachte<br />

Virtual-Reality-Headset übertrumpft seine Vorgänger um ein<br />

Vielfaches: Sie werden leichter und einfacher in der Bedienung,<br />

hochaufgelöster und immersiver. Heute kostet ein Virtual-<br />

Reality-Headset noch 400 Franken, obschon das Seherlebnis<br />

nicht optimal ist und das Tragen einer virtuellen Brille nach<br />

einer Stunde unbequem wird. Bald ist jedoch damit zu rechnen,<br />

dass wir uns stundenlang relativ natürlich in der neuen<br />

virtuellen Umgebung bewegen.<br />

Bei sich selbst beginnen<br />

Seit Anfang Jahr nutzt Kuble virtuelle Workshopräume von<br />

Meta und Spatial für interne Meetings. 30 Prozent der Sitzungen<br />

finden bereits so statt. Einige unserer Mitarbeitenden<br />

sitzen zwar am anderen Ende der Welt, diese Distanz scheint<br />

über die virtuelle Welt im Metaverse aber wie weggewischt.<br />

Das Raumempfinden ist mit einer virtuellen Brille sehr real.<br />

Nicht nur deswegen haben wir unsere Meetings ins Digitale<br />

verschoben. Unser ganzes Team lernt so nebenbei Begriffe<br />

kennen sowie den Umgang mit Blockchain, NFTs, den Avataren,<br />

der Navigation in der Virtualität und vieles mehr. Unser<br />

Vorteil ist, experimentell, neugierig und mit Freude an diese<br />

Themen heranzugehen. Metaverse ist für uns eine Möglichkeit,<br />

diese Offenheit vorzuleben und alle Mitarbeitenden niederschwellig<br />

ins Boot zu holen.<br />

Das <strong>HR</strong> im Metaverse<br />

Technologischer Wandel zeigt sich auf <strong>HR</strong>-Ebene immer<br />

besonders schnell. Das wissen wir seit den Lockdowns nur all<br />

zu gut. Wo Homeoffice früher undenkbar war, ist es heute<br />

fester Bestandteil der Arbeitskultur geworden. Einige Mitarbeitende<br />

kehren überhaupt nicht mehr ins Büro zurück und<br />

Onlinemeetings sind das neue Normal. Nun geht es mit der<br />

Entwicklung zu 3D-Räumen noch weiter.<br />

Nur: Wollen das die Mitarbeitenden überhaupt? Nicht alle. Es<br />

gibt immer solche, denen es schwerfällt, mit Veränderungen<br />

umzugehen, und die neue Technologien als Spielerei abtun.<br />

Gen Z und die nachfolgenden Generationen erwarten jedoch,<br />

dass sie in ihrer Lebenswelt abgeholt werden – und diese darf<br />

spielerisch sein. Im Metaverse können sich Arbeitgebende<br />

zeigen, wie sie sein wollen. So kann eine Sitzung spontan im<br />

Bungalow am Strand stattfinden, anderntags urban im Hochhaus.<br />

Die Möglichkeiten sind grenzenlos.<br />

GEN Z UND NACHFOLGENDE<br />

GENERATIONEN ERWARTEN,<br />

DASS SIE IN I<strong>HR</strong>EN<br />

LEBENSWELTEN<br />

ABGEHOLT WERDEN.<br />

GUSTAVO SALAMI<br />

GRÜNDER UND PARTNER VON KUBLE<br />

Bestimmt werden Unternehmen auch bald erste Jobinterviews<br />

auf Metaverse führen. Einerseits senden Arbeitgebende so<br />

das Signal, dass sie innovativ sind und neue Themen besetzen.<br />

Andererseits merken sie gleich, wie potenzielle Teammitglieder<br />

eingestellt sind – ob sie das toll oder vielleicht eher ungewohnt<br />

und mühsam finden.<br />

32


Learning<br />

SCHWERPUNKT<br />

FOTO: iSTOCK<br />

Regelmässige Kundenmeetings haben wir zwar<br />

noch nicht in den virtuellen Raum verschoben,<br />

wir zeigen Kundinnen und Kunden auf Anfrage<br />

aber verschiedene Metaverses, erläutern, wie<br />

man Avatare erstellt und im Metaverse navigiert,<br />

Inhalte im virtuellen Raum präsentiert und welche<br />

Werbemöglichkeiten dort existieren.<br />

Zudem veranstalten wir im Metaverse Decentraland<br />

in unserem virtuellen Haus auch Kundenevents.<br />

Diese reichen von «Lehrpfaden» für die<br />

Belegschaft bis hin zu Schnitzeljagden und Partys.<br />

Von uns produzierte Livestreams, also<br />

Gespräche mit mehreren Personen, können Interessierte<br />

nicht nur auf Linkedin, Youtube oder<br />

Facebook, sondern auch auf dem Metaverse<br />

Decentraland verfolgen.<br />

Second Life für Second Life?<br />

Im Zusammenhang mit Metaverse sind Verweise<br />

auf Second Life häufig zu hören. Insbesondere,<br />

wenn es darum geht, ein Exempel anzubringen,<br />

nicht schon wieder auf einen Hype hereinzufallen.<br />

Das Spiel dürfte vor allem den Generationen X<br />

und Y ein Begriff sein. 2003 tummelten sich Millionen<br />

Nutzende in der virtuellen Parallelwelt,<br />

suchten Anerkennung, ein Einkommen und gar<br />

ihr Liebesglück. Auch viele globale Firmen waren<br />

darin präsent. Stark gehypt, floppte es dann eher<br />

schnell. Beispielsweise wegen der eingefrorenen<br />

Ansichten aufgrund der nicht zu bewältigenden<br />

Grafikanforderungen oder Tausender inaktiver<br />

Avatare, die für eine postapokalyptische Stimmung<br />

sorgten. Damals fehlte auch die Blockchain,<br />

welche das Eigentum schützt. Es war<br />

zudem eher die Ausnahme als die Regel, dass<br />

Menschen stundenlang online waren. Doch: Auch<br />

Second Life ist ein Metaverse und somit eines der<br />

ersten, das eine grosse Bekanntheit erlangte.<br />

Und: Es kommt (vielleicht) zurück. Miterfinder<br />

Philip Rosedale hat seine Vision nicht aufgegeben.<br />

Schliesslich hat es noch Zehntausende aktive<br />

Nutzende und blickt seit seiner Gründung auf<br />

eines seiner erfolgreichsten Geschäftsjahre<br />

zurück. Es soll nun wieder wachsen und vom aktuellen<br />

Trend profitieren.<br />

Metaverse ist gekommen, um zu bleiben. Wer<br />

den Anschluss nicht verlieren will, muss sich<br />

damit beschäftigen. Das darf Spass machen,<br />

sowohl spielerisch als auch fehlerbehaftet sein<br />

und sich entwickeln. Dann kommt der Erfolg fast<br />

von allein. Metaverse ist eine Chance, keine<br />

Bedrohung.<br />

a<br />

Die Metaverse Academy<br />

Gerade weil das Interesse und die Skepsis gross<br />

sind und das Verständnis unterschiedlich ist,<br />

starteten wir die Metaverse Academy. Sie<br />

richtet sich an alle, die Metaverse besser verstehen<br />

und sich damit auf einer strategischen<br />

Ebene auseinandersetzen möchten. Ausserdem<br />

werden wir Lehrgänge anbieten, die<br />

andere Themen als Metaverse abdecken, aber<br />

auf der Plattform gelehrt werden.<br />

metaverse-academy.ch<br />

live.kuble.com<br />

decentraland.com<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

33


Presented by Proteusly<br />

LERNEN IM METAVERSUM<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Dominique Meldau ist Cyberpsycholog und<br />

promoviert zu den psychologischen Auswirkungen<br />

virtueller Identitäten und der Kompetenzentwicklung<br />

in Avatar-basierten 3D-Szenarien.<br />

Kontakt:<br />

mail@proteusly.com<br />

www.proteusly.com<br />

Spätestens seitdem der Facebook-Gründer Mark<br />

Zuckerberg im vergangenen Jahr seinen Konzern<br />

von Facebook zu Meta umbenannt hat, ist der<br />

Begriff «Metaverse» (dt. Metaversum) allgegenwärtig.<br />

Eingeführt wurde er bereits 1993 von Neal<br />

Stephenson in seinem Buch Snow Crash. Das<br />

Metaversum ist demzufolge ein Internet-Universum<br />

der virtuellen Realität (engl. virtual reality,<br />

kurz VR), in dem bestimmte Verhaltensweisen<br />

der realen Welt simuliert werden und die<br />

Benutzer*innen innerhalb festgelegter Parameter<br />

mithilfe ihrer Avatare individuell, gemeinschaftlich<br />

oder gegensätzlich interagieren können.<br />

Der Begriff Avatar leitet sich von dem<br />

sanskritischen Wort avatàra ab und bezeichnet<br />

die körperliche Manifestation einer an sich körperlosen<br />

Gottheit, wenn sie zur Erde herabsteigt.<br />

Philipp Rosedale, der Schöpfer von Second Life,<br />

eine der ersten, virtuellen 3D-Welten, die 2003<br />

von Linden Lab gegründet wurde, liess sich ebenfalls<br />

von dem Cyberpunk-Roman inspirieren.<br />

In virtuellen Interaktionen beeinflussen die Avatareigenschaften<br />

das Verhalten und die Einstellungen<br />

der menschlichen Nutzer*innen, was unter<br />

anderem die Motivation der Lernenden steigern<br />

kann und als Proteus-Effekt bekannt ist. Der<br />

Name spielt auf die Wandlungsfähigkeiten des<br />

griechischen Gottes Proteus an, einem früheren<br />

Meeresgott der griechischen Mythologie. Die<br />

Ergebnisse des Proteus-Effekts fallen umso stärker<br />

aus, je näher sich die Nutzer*innen ihrem jeweiligen<br />

Avatar fühlen, was sich in Identifikation,<br />

Verkörperung und Selbstpräsenz widerspiegelt.<br />

THE INCREDIBLE<br />

THING ABOUT THE<br />

TECHNOLOGY IS THAT<br />

YOU FEEL LIKE YOU’RE<br />

ACTUALLY PRESENT<br />

IN ANOTHER PLACE<br />

WITH OTHER PEOPLE.<br />

PEOPLE WHO TRY IT SAY<br />

IT’S DIFFERENT FROM<br />

ANYTHING THEY’VE<br />

EVER EXPERIENCED<br />

IN THEIR LIVES<br />

MARK ZUCKERBERG, 2014<br />

Die virtuelle Realität vermittelt ein Gefühl der<br />

Präsenz und des Eintauchens, wodurch emotional<br />

ansprechende Lernsituationen konzipiert werden<br />

können, die das Lernen unterstützen und sich<br />

positiv darauf auswirken. Der Einsatz virtueller<br />

Umgebungen und interaktiver Avatare führt<br />

ebenfalls zu einer besseren Kooperation und<br />

Zusammenarbeit zwischen den Lernenden. Auch<br />

der Einsatz von simulierten Handlungen als Ersatz<br />

für reale Handlungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie,<br />

insbesondere für die Ausbildung von<br />

Pilot*innen, ist ein aussergewöhnlich starker<br />

Beweis für die Bedeutung des Lernens in virtuellen<br />

Welten und Umgebungen. Konkrete Beispiele reichen<br />

über das Training von Polizeieinsatzkräften<br />

zu Avatar-basierten Therapien, in welchen essgestörten<br />

Nutzer*innen ein adäquateres Verhalten<br />

im Umgang mit Nahrung gezeigt wird. In der<br />

beruflichen Bildung wird die VR-Technologie ein<br />

zunehmend attraktives Lehrmedium. Einerseits<br />

können damit Handlungssituationen und damit<br />

verbundene Kompetenzen modelliert und gefördert<br />

werden, die mit herkömmlichen Lernmedien<br />

nicht realisiert werden könnten (z. B. Verkaufsgespräche<br />

im virtuellen Raum). Und andererseits<br />

profitiert Lehre und Unterricht auch von dem Einsatz<br />

von VR-Technologie besonders in den Kontexten,<br />

in welchen ein physischer Zugang zu Ressourcen,<br />

wie bspw. technischem Equipment oder<br />

dem Arbeitsumfeld nur beschränkt möglich ist.<br />

Sie erlaubt weiterhin, komplexe, räumliche Zusammenhänge<br />

sowie abstrakte Konzepte zu visualisieren.<br />

In Versuchen liessen sich Handlungssituationen<br />

in immersiven Settings kaum von der Kommunikation<br />

in «Face to Face»-Situationen unterscheiden,<br />

da die Lernenden sich aufgrund des Agierens<br />

mithilfe ihrer Avatare sehr gut auf soziale Interaktionen<br />

einliessen. Auch hat sich in virtuellen<br />

Umgebungen die wahrgenommene Empathie für<br />

Mitglieder stigmatisierter Gruppen als ein mächtiges<br />

Werkzeug erwiesen, positive Einstellungen<br />

gegenüber dieser Gruppe zu verbessern. Die<br />

«Erlebbarkeit» dieser Informationen ist nur im<br />

Metaversum möglich, denn klassische, beabsichtigte<br />

Wissensvermittlung in Form von Seminaren<br />

ersetzt nicht die Fähigkeit, Herausforderungen in<br />

der Praxis selbstorganisiert bewältigen und effektiv<br />

handeln zu können.<br />

a<br />

FOTO: iSTOCK<br />

34


THEMA<br />

Arbeit & Recht (Seite 36) • Sozialversicherungen (Seite 39)<br />

Reverse Coaching (Seite 40) • Retention (Seite 42)<br />

WERDEN KINDERLOSE<br />

DISKRIMINIERT?<br />

Ja, meinen die Autoren der amerikanischen Studie: «What’s it like being<br />

childfree at the workplace», zu der 938 Berufstätige befragt wurden.<br />

Drei von vier Auskunftgebenden meinten, Arbeitnehmende mit Familien<br />

würden am Arbeitsplatz besser behandelt als Kinderlose. Das sind<br />

alarmierende Zeichen, denn die Zahl der Arbeitnehmenden ohne Nachwuchs<br />

steigt. Schon heute wollen rund 44 Prozent der 18- bis 49-Jährigen<br />

in den USA keine Kinder. Das sind 7 Prozent mehr als noch 2018.<br />

Kritikpunkte der Ungleichheitsbehandlung? 53 Prozent der Befragten<br />

bejahten, dass Arbeitnehmende mit Familienverpflichtungen eher eine<br />

Lohnerhöhung erhielten. 49 Prozent zudem, dass Angestellte mit Kindern<br />

eher befördert würden. Darüber hinaus beklagten 63 Prozent,<br />

dass Kinderlose weniger freie Tage erhielten. Gemäss 69 Prozent müssten<br />

sie zudem mehr Überstunden leisten und hätten laut 70 Prozent<br />

eine grössere Arbeitsmenge zu bewältigen. Zudem erhalten sie weniger<br />

Benefits. Das meinen zumindest 87 Prozent der Studienteilnehmenden.<br />

Diese Ungleichbehandlung widerspricht der Überzeugung aller<br />

Teilnehmenden – ob mit oder ohne Kinder. So befürworten 92 Prozent<br />

aller Befragten, alle Angestellten ungeachtet ihres familiären Status<br />

gleich zu behandeln. 84 Prozent teilen zudem die Ansicht, Mitarbeitenden<br />

mit denselben Rollen die gleiche Arbeitsmenge zuzuweisen.<br />

Frauen<br />

machen<br />

vorwärts<br />

Es geht vorwärts. Immer mehr Frauen nehmen Einsitz im Verwaltungsrat<br />

oder in der Geschäftsleitung, konstatiert der Schillingreport<br />

<strong>2022</strong>. Dieser Fortschritt mache sich besonders bei SMI-kotierten<br />

Unternehmen bemerkbar, die im vergangenen Jahr 36 Prozent der<br />

vakanten Geschäftsleitungspositionen mit Frauen besetzten. 69<br />

Prozent dieser Unternehmen beschäftigen darüber hinaus mindestens<br />

eine Frau in der Geschäftsleitung. Vor vier Jahren waren es<br />

gerade 41 Prozent. Gemäss Report würden Unternehmen, die<br />

Frauenquoten bei diesem Tempo von 30 Prozent in Verwaltungsräten<br />

und 20 Prozent in Geschäftsleitungen deutlich früher erreichen als<br />

2025, beziehungsweise 2030 überschreiten.<br />

Reisen ja – aber nur,<br />

wenn notwendig<br />

GRAFIKEN: ISTOCK<br />

Im Auftrag von SAP befragte das Marktforschungsinstitut iResearch<br />

im März <strong>2022</strong> rund 700 Entscheidungsträgerinnen und -träger aus<br />

Europa zu ihrem Reiseverhalten. Demnach will ein Viertel gänzlich<br />

auf Reisen verzichten, rund 71 Prozent würden für Kundenmeetings<br />

weiterhin reisen, während 64 Prozent für Events, Ausstellungen und<br />

Konferenzen sowie 52 Prozent für Trainingsprogramme ihre Koffer<br />

packen würden.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

35


THEMA<br />

Arbeit und Recht<br />

DIE KÜNDIGUNGSFRIST<br />

UND I<strong>HR</strong>E BERECHNUNG<br />

HÄUFIGE «KNACKNÜSSE» BEI DER FRIST FÜR DIE ORDENTLICHE KÜNDIGUNG<br />

BETREFFEN DIE ZUSTELLUNG DER KÜNDIGUNG. AB WANN DIESE GILT UND WIE SICH<br />

EINE ERKRANKUNG EINES MITARBEITENDEN AUF DIE KÜNDIGUNGSFRIST AUSWIRKT.<br />

Gastbeitrag: Philipp Meier Schleich<br />

Philipp Meier Schleich<br />

ist Rechtsanwalt und<br />

Partner bei LANTER<br />

Anwälte & Steuerberater.<br />

Er berät und<br />

vertritt Unternehmen<br />

und Privatpersonen in<br />

allen arbeitsrechtlichen<br />

Belangen. lanter.biz<br />

Damit eine ordentliche Kündigung auf den beabsichtigten<br />

Termin wirksam ist, muss sie dem Empfänger vor Beginn der<br />

Kündigungsfrist «zugehen». 1 Dieser Zugang wirft in der Praxis<br />

immer wieder Fragen auf. Problemlos ist eine mündliche<br />

Erklärung oder eine persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens<br />

an den Empfänger. In diesen Fällen findet der<br />

Zugang sofort und ohne Verzögerung statt.<br />

Verzögerter Zugang<br />

In anderen Fällen erfolgt der Zugang später, nämlich wenn<br />

die Erklärung in den «Machtbereich» des Empfängers (wie<br />

etwa dessen Briefkasten) gelangte und nach Treu und Glauben<br />

angenommen werden darf, der Empfänger habe die<br />

Möglichkeit zur Kenntnisnahme gehabt. So gilt ein am Sonntag<br />

in den Briefkasten des Empfängers eingeworfenes Kündigungsschreiben<br />

normalerweise frühestens am Montag als<br />

zugestellt. Sonderregeln gelten, wenn das Kündigungsschreiben<br />

per eingeschriebenem Brief verschickt wurde, der Postbote<br />

den Empfänger aber nicht zu Hause antraf und daher<br />

eine Abholungseinladung hinterliess. Hier wird meist angenommen,<br />

dass der Zugang an jenem Tag erfolgte, ab dem<br />

der Brief bei der Post zur Abholung bereit lag. Das ist in der<br />

Regel der erste Werktag nach dem Zustellversuch.<br />

Etwas anderes gilt, wenn der Empfänger – etwa wegen eines<br />

Spitalaufenthalts oder einer Ferienreise – nicht in der Lage<br />

ist, Kenntnis vom Kündigungsschreiben zu erlangen, und der<br />

Kündigende davon wusste. Dann muss anhand der Umstände<br />

bestimmt werden, ab welchem Zeitpunkt man nach Treu und<br />

Glauben annehmen darf, der Empfänger habe vom Schreiben<br />

Kenntnis erlangen können.<br />

Diese Fristen können durch eine schriftliche Abrede, einen<br />

Normalarbeits- oder einen Gesamtarbeitsvertrag abgeändert<br />

werden, wobei eine Herabsetzung der Frist auf unter einen<br />

Monat einzig durch einen Gesamtarbeitsvertrag und nur für<br />

das erste Dienstjahr erfolgen darf (Artikel 335 Absatz 2 OR).<br />

Gilt die gesetzliche Regelung, fragt sich bei den Übergängen<br />

vom ersten zum zweiten und vom neunten zum zehnten Dienstjahr,<br />

welche Kündigungsfrist zur Anwendung kommt. Gemäss<br />

Rechtsprechung ist der Zeitpunkt des Kündigungszugangs beim<br />

Empfänger entscheidend. Das heisst: Erfolgt der Zugang noch<br />

vor Ende des ersten Dienstjahrs, gilt die Frist des ersten Dienstjahrs,<br />

die nur einen Monat beträgt – auch wenn die Frist in das<br />

zweite Dienstjahr «hineinragt» und das Ende des Arbeitsverhältnisses<br />

somit in diesem zu liegen kommt.<br />

Achtung bei Arbeitsunfähigkeit<br />

Eine weitere Konstellation, die in der Praxis oft zu Fragen führt:<br />

Der Arbeitnehmende wird für eine gewisse Zeit arbeitsunfähig,<br />

nachdem der Arbeitgebende gekündigt hat. Für den Fall, dass<br />

«der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit<br />

oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung<br />

verhindert ist», statuiert das Gesetz bei nach der Probezeit ausgesprochenen<br />

Arbeitgeber-Kündigungen eine Sperrfrist, deren<br />

Dauer vom Dienstjahr abhängt. (Artikel 336c Absatz 1 lit. b OR):<br />

Dienstjahr<br />

Sperrfrist<br />

1 30 Tage<br />

2 bis 5 90 Tage<br />

≥ 6<br />

180 Tage<br />

1<br />

Zu weiteren Voraussetzun­<br />

Grenzfälle bei der Fristdauer<br />

Hinsichtlich der Dauer der Frist für die ordentliche Kündigung<br />

nach der Probezeit enthält das Gesetz eine Regelung, die auf<br />

die Anzahl Dienstjahre abstellt (Artikel 335c Absatz 1 Obligationenrecht,<br />

OR):<br />

Dienstjahr<br />

Kündigungsfrist<br />

1 1 Monat*<br />

Tritt eine Sperrfrist ein, nachdem eine Kündigung ausgesprochen<br />

wurde, bewirkt diese eine Unterbrechung der Kündigungsfrist,<br />

wenn sie bis dahin noch nicht abgelaufen ist<br />

(Artikel 336c Absatz 2 OR). Gilt für die Beendigung des<br />

Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Monatsende, und<br />

fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist<br />

zusammen, verlängert sich diese Frist bis zum nächstfolgenden<br />

Endtermin (Artikel 336c Absatz 3 OR).<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

gen wie allfälligen Formvorschriften<br />

siehe beispielsweise<br />

«Stolpersteine bei der<br />

ordentlichen Kündigung»,<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> 04/2014.<br />

2 bis 9 2 Monate*<br />

≥ 10<br />

* je auf Ende eines Monats<br />

3 Monate*<br />

Rückrechnung vom Endtermin<br />

Hier fragt sich zunächst, ob und wie die Kündigungsfrist<br />

unterbrochen wird. Gemäss neuerer Rechtsprechung<br />

bestimmt sich die Kündigungsfrist durch Rückrechnung vom<br />

36


Arbeit und Recht<br />

THEMA<br />

ursprünglichen Endtermin. Zur Illustration wird<br />

von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, das<br />

unter Einhaltung einer einmonatigen Frist auf<br />

Monatsende gekündigt werden kann. Wird am<br />

15. Mai auf den 30. Juni gekündigt, kommt die<br />

Kündigungsfrist auf den Zeitraum 1. bis 30. Juni<br />

zu liegen. Eine Arbeitsunfähigkeit kann daher erst<br />

ab dem 1. Juni die Sperrfrist auslösen und einen<br />

Unterbruch der Kündigungsfrist bewirken. Ist der<br />

Arbeitnehmende aber während der Kündigungsfrist<br />

arbeitsunfähig, so steht die Kündigungsfrist<br />

während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit still,<br />

solange nicht die Dauer der Sperrfrist überschritten<br />

ist. Ist der Arbeitnehmende also beispielsweise<br />

HABEN SIE FRAGEN ZUM THEMA? ANTWORTEN GIBT ES<br />

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vom 11. Juni bis und mit 20. Juni arbeitsunfähig,<br />

steht die Kündigungsfrist während dieser zehn Tage<br />

still und läuft erst am 21. Juni weiter. Das hat zur<br />

Folge, dass die Kündigungsfrist erst 10 Tage später<br />

abläuft, also am 10. Juli statt am 30. Juni. Hinzu<br />

kommt, dass im Beispielfall das Monatsende als<br />

Endtermin festgelegt ist. Deshalb geht das Arbeitsverhältnis<br />

gestützt auf Artikel 336c Absatz 3 OR<br />

nicht am 10. Juli, sondern erst am Monatsende und<br />

somit am 31. Juli zu Ende. Wichtig zu wissen: Eine<br />

weitere Arbeitsunfähigkeit während dieser «zusätzlichen»<br />

Verlängerungsphase aufgrund eines Endtermins<br />

beziehungsweise aufgrund von Artikel 336c<br />

Absatz 3 OR (wie hier vom 11. Juli bis zum 31. Juli)<br />

kann keine Sperrfrist mehr auslösen, zumal die<br />

Kündigungsfrist ja schon abgelaufen ist.<br />

Zusätzliches Kopfzerbrechen kann die folgende<br />

Konstellation bereiten: Eine Arbeitsunfähigkeit,<br />

welche die Kündigungsfrist unterbricht, zieht sich<br />

in das nächste Dienstjahr, für das eine andere<br />

Sperrfrist gilt. Das kann beim Übergang vom<br />

ersten zum zweiten Dienstjahr, oder aber jenem<br />

vom fünften zum sechsten Dienstjahr geschehen<br />

(siehe Tabelle). Hier wird mehrheitlich angenommen,<br />

dass die kürzere Sperrfrist massgebend ist,<br />

wenn die Kündigungsfrist nach dem durch die<br />

Sperrfrist eingetretenen Unterbruch noch im<br />

alten Dienstjahr abläuft. Eine allfällige zusätzliche<br />

Verlängerung aufgrund von Artikel 336c<br />

Absatz 3 OR zum Endtermin bleibt insofern unbeachtlich.<br />

Ist die Kündigungsfrist im alten Dienstjahr<br />

aber noch nicht abgelaufen, kommt die<br />

längere Sperrfrist zum Tragen, wobei die Dauer<br />

der im alten Dienstjahr «verbrauchten» Sperrfrist<br />

angerechnet wird.<br />

a<br />

SÄMTLICHE HAUPT- UND NEBENTÄTIGKEITEN BEIM GLEICHEN<br />

ARBEITGEBENDEN UNTERSTEHEN DEM BVG-OBLIGATORIUM<br />

Rechtsanwältin Sonja<br />

Stark-Traber, LL.M.,<br />

Sozialversicherungsfachfrau<br />

mit eidgenössischem<br />

Fachausweis,<br />

ist Partnerin in der<br />

Wirtschaftsanwaltskanzlei<br />

Suter Howald<br />

Rechtsanwälte in Zürich<br />

und sowohl beratend als<br />

auch prozessierend im<br />

Arbeits- und Sozialversicherungsrecht<br />

tätig.<br />

suterhowald.ch<br />

BGE 9C_31/2021, Urteil vom 14. April <strong>2022</strong> (zur Publikation<br />

vorgesehen)<br />

Das Urteil<br />

Arbeitnehmer A. war von 2011 bis 2017 als Sozialarbeiter in<br />

einem 100-Prozent-Pensum tätig und bei der BVK Personalvorsorge<br />

des Kantons Zürich in der beruflichen Vorsorge<br />

versichert. In den Jahren 2013 bis 2015 arbeitete er zugleich<br />

in einem geringen Pensum als sozialpädagogischer Familienbegleiter.<br />

Für diese Nebentätigkeit wurden ihm vom Lohn<br />

keine BVG-Beiträge abgezogen. Für beide Tätigkeiten war A.<br />

beim Kanton Zürich angestellt.<br />

A. klagte beim Sozialversichersicherungsgericht des Kantons<br />

Zürich auf Entrichtung der ordentlichen BVG-Beiträge auf<br />

seinem Nebenverdienst. Das Sozialversicherungsgericht wies<br />

die Klage gestützt auf Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2 ab. Nach dieser<br />

Bestimmung sind Arbeitnehmende, die nebenberuflich<br />

tätig und für eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit obligatorisch<br />

versichert sind, oder im Hauptberuf eine selbständige<br />

Erwerbstätigkeit ausüben, der obligatorischen Versicherung<br />

gemäss BVG nicht unterstellt. Das Sozialversicherungsgericht<br />

befand, diese Regelung gelte auch im Fall von Mehrfachbeschäftigungen<br />

beim gleichen Arbeitgebenden, die in keinem<br />

Zusammenhang zueinander stünden.<br />

Das Bundesgericht wiederum hiess die von A. gegen den<br />

Entscheid erhobene Beschwerde gut. Grund für den Erlass<br />

von Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2 sei es gewesen, so weit wie möglich<br />

zu verhindern, dass Arbeitnehmende, die im Dienste<br />

mehrerer Arbeitgebenden stehen, für jede Tätigkeit der obligatorischen<br />

beruflichen Vorsorge unterstellt würden. Das<br />

würde bei den beteiligten Vorsorgeeinrichtungen einen nicht<br />

unerheblichen administrativen Aufwand verursachen, der bei<br />

geringfügigen Nebenerwerbstätigkeiten in keinem Verhältnis<br />

zum verbesserten Vorsorgeschutz des Arbeitnehmenden<br />

stünde. Dieser Zweckgedanke komme jedoch nicht zum<br />

Tragen, wenn ein Arbeitnehmender beim gleichen Arbeitgebenden<br />

mehrere Tätigkeiten ausübe. In diesen Fällen sei<br />

jeweils dieselbe Vorsorgeeinrichtung zuständig, womit der<br />

Mehraufwand für die Versicherung kaum ins Gewicht falle.<br />

Weiter sei auch auf die nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr<br />

hinzuweisen, die bestünde, wenn die aus verschiedenen Tätigkeiten<br />

erzielten Löhne beim gleichen Arbeitgebenden nicht<br />

kumuliert würden. Ein Arbeitgebender könnte damit durch<br />

Abschluss mehrerer Arbeitsverträge mit demselben Arbeitnehmenden<br />

Arbeitsverhältnisse schaffen, die den Mindestlohn<br />

für die obligatorische Versicherung gemäss BVG nicht erreichen,<br />

und auf diese Weise das BVG-Obligatorium ganz oder<br />

teilweise umgehen.<br />

Daraus folgt gemäss Bundesgericht, dass in Fällen, in denen<br />

ein Arbeitnehmender beim gleichen Arbeitgebenden sowohl<br />

im Haupt- als auch im Nebenerwerb tätig ist, Art. 1j Abs. 1<br />

lit. c BVV2 keine Anwendung findet. Vielmehr sind in diesen<br />

Fällen die erzielten Löhne in Anwendung von Art. 2 Abs. 1 BVG<br />

zusammenzurechnen.<br />

Konsequenz für die Praxis<br />

Soweit ein Arbeitnehmender für seine hauptberufliche Tätigkeit<br />

obligatorisch in der beruflichen Vorsorge versichert ist, unterstehen<br />

allfällige Nebentätigkeiten nicht dem BVG-Obligatorium<br />

(Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV2). Falls für die Nebentätigkeit keine freiwillige<br />

Versicherung gemäss Art. 46 BVG abgeschlossen wird,<br />

ist der erzielte Nebenverdienst deshalb nicht BVG-beitragspflichtig.<br />

Das Bundesgericht stellte mit dem vorliegenden Entscheid<br />

jedoch klar, dass das nicht gilt, wenn die Mehrfachbeschäftigung<br />

durch den gleichen Arbeitgebenden erfolgt. In diesem Fall sind<br />

BVG-Beiträge auf dem gesamten Verdienst zu entrichten. Arbeitgebende,<br />

die mehr als ein Arbeitsverhältnis mit dem gleichen<br />

Arbeitnehmenden eingehen, sollten deshalb sicherstellen, dass<br />

die BVG-Beiträge auf dem gesamten Lohn entrichtet werden,<br />

um spätere Nachforderungen zu vermeiden.<br />

a<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

37


Das Studienprojekt zum Schweizer Arbeitsmarkt im Überblick:<br />

Fachkräftemangel in der Schweiz – April<br />

Arbeitgeber bringen sich in Position – Mai<br />

RESEARCH<br />

Nachhaltige Strategien – Juni<br />

Report zu Branchen und Berufsgruppen – Juli<br />

Auswertung und Ergebnisse der Umfrage – Oktober<br />

DER BRANCHEN-REPORT<br />

ZUM FACHKRÄFTEMANGEL –<br />

EIN KLEINER VORGESCHMACK<br />

FAST ÜBERALL WIRD ÜBER FACHKRÄFTE- ODER PERSONALMANGEL GEKLAGT. IN BRANCHEN MIT STRUKTURELLEM MANGEL<br />

LOHNT ES SICH, GENAUER HINZUSCHAUEN. UM DIESE STRUKTURELLEN PROBLEME ZU BEHEBEN, MÜSSEN DIE URSACHEN<br />

BEKANNT SEIN. DIESE SIND JE NACH BRANCHE ANDERS. VON RUNDSTEDT HAT VERSCHIEDENE SCHLÜSSELBRANCHEN<br />

IDENTIFIZIERT UND FÜ<strong>HR</strong>T AKTUELL ME<strong>HR</strong>ERE GESPRÄCHE MIT BRANCHENKENNERN. DARAUS ENTSTEHT EIN<br />

BRANCHEN-REPORT ZUM FACHKRÄFTEMANGEL, DER IM HERBST <strong>2022</strong> PUBLIZIERT WIRD. ERSTE ERKENNTNISSE.<br />

MINT-BERUFE<br />

• Wachsender Bedarf durch<br />

technischen und digitalen<br />

Fortschritt<br />

• Schwierigkeitsgrad<br />

der Ausbildung<br />

• Fehlende Fachkarrieren<br />

QUALIFIZIERTE<br />

HANDWERKER<br />

• Akademisierung<br />

von Berufsbildern<br />

• Tiefere Einkommens erwartung<br />

• Arbeitsbedingungen<br />

• Fehlende Karriereperspektiven<br />

PFLEGE<br />

• Wachsender Bedarf<br />

durch Überalterung<br />

• Arbeitszeiten und -bedingungen<br />

• Operativer Fokus<br />

in der Personalarbeit<br />

• Kostendruck<br />

Pascal Scheiwiller<br />

CEO von Rundstedt<br />

LOGISTIK<br />

GASTRONOMIE<br />

• Wachsender Bedarf<br />

durch Online-Handel und<br />

Individualisierung Delivery<br />

• Arbeitszeiten und -bedingungen<br />

• Temporär geprägte Branche<br />

• Arbeitsbedingungen<br />

• Karriereperspektiven<br />

• Kaum Personalarbeit<br />

• Einfacher Branchenwechsel<br />

Als gemeinsamen Nenner lassen sich zwei Aussagen<br />

ableiten: Bei der Arbeitsnachfrage führt die digitale<br />

Transformation in einigen Bereichen zum rasant<br />

wachsenden Bedarf nach spezifischen Berufsbildern<br />

und Fachkräften. Beim Arbeitsangebot sind es häufig<br />

schlechte Arbeitsbedingungen, Reputation oder<br />

fehlende Entwicklungsperspektiven, die dazu führen,<br />

dass sich Arbeits- und Fachkräfte abwenden<br />

und in andere Branchen abwandern. Treffen beide<br />

Aspekte gleichzeitig aufeinander, ist ein erheblicher<br />

Fachkräftemangel vorprogrammiert.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Wir brauchen Ihre Meinung!<br />

Wie erleben Sie den Fachkräftemangel<br />

und andere <strong>HR</strong>-Entwicklungen?<br />

Wir bitten Sie und die ganze Schweizer <strong>HR</strong> Community, an der von-Rundstedt-Umfrage<br />

zum «Fachkräftemangel in der Schweiz» teilzunehmen.<br />

Wie erleben Sie den Fachkräftemangel und andere <strong>HR</strong>-Entwicklungen bei<br />

Ihnen im Unternehmen? Die Umfrageergebnisse werden im Spätsommer<br />

ausgewertet und im Oktober im <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> publiziert.<br />

In der von-Rundstedt-Publikation zum Fachkräftemangel<br />

wird im Oktober <strong>2022</strong> in einem Whitepaper<br />

detaillierter auf die Ergebnisse eingegangen und<br />

mögliche Lösungsstrategien werden aufgezeigt.<br />

Die detaillierten Resultate und Zahlen der gesamten<br />

Studie können Sie dem Whitepaper oder dem<br />

separaten Online-Artikel entnehmen. Diese finden<br />

Sie unter: rundstedt.ch oder research.<br />

hrtoday.ch.<br />

38


Sozialversicherungen<br />

THEMA<br />

HERAUSFORDERUNG KLIMAWANDEL:<br />

WIE PENSIONSKASSEN<br />

EINEN BEITRAG LEISTEN<br />

INSTITUTIONELLE INVESTOREN SPIELEN PUNKTO NACHHALTIGKEIT EINE WICHTIGE ROLLE, DA SIE<br />

FINANZSTRÖME IN DIE GEWÜNSCHTEN SEKTOREN LENKEN KÖNNEN – SO AUCH PENSIONSKASSEN.<br />

Gastbeitrag: Beatrice Stadler<br />

Beatrice Stadler ist<br />

ESG-Managerin bei<br />

der Sammelstiftung<br />

Vita. Mit rund 23 500<br />

angeschlossenen Unternehmen<br />

und über<br />

142 000 Versicherten<br />

ist die Sammelstiftung<br />

Vita eine der<br />

grössten teilautonomen<br />

Sammelstiftungen<br />

in der Schweiz.<br />

vita.ch<br />

Der Klimaschutz ist eine der grössten Herausforderung unserer<br />

Zeit. Sollen die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht<br />

werden, ist es entscheidend, die Finanzflüsse klimaverträglich<br />

auszurichten, denn auch Investitionen verursachen CO 2<br />

-Emissionen.<br />

Mit der Integration von ESG-Kriterien im Anlageprozess<br />

leisten Pensionskassen einen Beitrag zur Dekarbonisierung<br />

der Wirtschaft.<br />

Anlage von Pensionskassengelder<br />

Mit einer Bilanzsumme von insgesamt 1063 Milliarden Schweizer<br />

Franken per Ende 2020 verfügen die Vorsorgeeinrichtungen<br />

in der Schweiz beim grünen Anlegen über eine grosse Hebelwirkung.<br />

Die Integration der ESG-Aspekte in ein Anlageportfolio<br />

ist jedoch nicht ganz so trivial, wie es auf den ersten<br />

Blick scheint: Die Vorsorgeeinrichtungen befinden sich in<br />

einem Spannungsfeld von Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit.<br />

Wie Vorsorgegelder angelegt werden dürfen, wird in den An -<br />

lagevorschriften der Verordnung über die berufliche Vorsorge<br />

geregelt. In dieser wird allerdings nicht explizit auf nachhaltiges<br />

Investieren eingegangen. Im erweiterten Sinne kann die<br />

Integration von ESG-Kriterien im Anlageprozess als Teil der<br />

treuhänderischen Sorgfaltspflicht verstanden werden.<br />

«Grüne» Anlagen sind demnach gesetzlich erlaubt, solange<br />

das langfristige Vorsorgeziel nicht beeinträchtigt wird und die<br />

Anlagerisiken angemessen diversifiziert sind.<br />

Entscheid über Anlagen liegt beim Stiftungsrat<br />

Mit gestiegenem Bewusstsein für den Klimawandel legen die<br />

Versicherten zunehmend Wert auf eine umsichtige und nachhaltige<br />

Anlage ihres Vorsorgevermögens. Doch wie «grün»<br />

darf es sein? Die Meinung der Versicherten abzuholen, wäre<br />

wünschenswert, ist aber bei grösseren Sammelstiftungen<br />

kaum umsetzbar. Der Entscheid, wie Vorsorgegelder angelegt<br />

werden, obliegt jedoch dem Stiftungsrat. Als oberstes Organ<br />

einer Vorsorgeeinrichtung nimmt er die Interessen der Versicherten<br />

wahr und legt deren strategische Ziele sowie Grundsätze<br />

fest. Auch wenn er sich für verantwortungsbewusstes<br />

Investieren entscheidet, ist es damit allein noch nicht getan.<br />

Ein klarer Umsetzungsfahrplan, eine laufende Messung und<br />

eine transparente Berichterstattung sind ebenso vonnöten.<br />

Gemeinsames Verständnis<br />

Eine erste Hürde ist oft der Konsens. Wie soll die Nachhaltigkeitsstrategie<br />

aussehen? Und wie wird der Begriff Nachhaltigkeit<br />

interpretiert? Zudem gibt es keine einheitliche, allgemein<br />

verbindliche Definition für ESG. Dafür eigene Präferenzen in<br />

Form von Grundsätzen festzulegen, ist elementar, weil diese<br />

die Basis für die Ausgestaltung der Anlagestrategie bilden, in<br />

der ESG-Aspekte auf unterschiedliche Art integriert werden.<br />

Ein zentrales Element ist beispielsweise die direkte Einflussnahme<br />

auf investierte Unternehmen. Das geschieht durch<br />

die Ausübung der Stimmrechte und über einen aktiven Dialog.<br />

Seit der 2013 angenommenen Minder-Initiative ist die Stimmrechtsausübung<br />

bei börsenkotierten Aktien bei den Schweizer<br />

Vorsorgeeinrichtungen fest verankert. Noch liegt der Fokus<br />

meist auf der Vergütung und der Wahl von Verwaltungsratsmitgliedern,<br />

also dem «G» von ESG. Ein stärkeres Abstimmungsverhalten<br />

zu Klima- und sozialen Themen sollte daher<br />

stärker ins Auge gefasst werden.<br />

Ein weiterer einflussreicher Hebel ist das Portfoliomanagement,<br />

wo die klassische Finanzanalyse mit ESG-Kriterien<br />

ergänzt wird. Dabei kommen Negativ- und Positivkriterien<br />

zur Anwendung. Besonders häufig sind Ausschlüsse, die sich<br />

auf Branchen, Aktivitäten oder Geschäftspraktiken beziehen,<br />

wie Firmen, die Massenvernichtungswaffen herstellen, oder<br />

der Kohleabbau. Viele Pensionskassen halten sich hierzu an<br />

die Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste<br />

Kapitalanlagen (SVVK-ASIR). Der Verein führt eine<br />

schwarze Liste mit Unternehmen, die nachweislich gegen<br />

Schweizer Gesetze sowie von der Schweiz ratifizierte internationale<br />

Konventionen verstossen. Das Investieren in solche<br />

Firmen ist heutzutage aus ethischen und ökologischen Gründen<br />

nicht vertretbar. Bei den Ausschlüssen steht die Risikoverminderung<br />

im Vordergrund.<br />

Die wirkungsorientierten und Themenanlagen zielen hingegen<br />

darauf ab, einen positiven und messbaren Beitrag zu drängenden<br />

Herausforderungen der Welt zu leisten. Bei der Implementierung<br />

der unterschiedlichen Ansätze muss auf Stufe<br />

Gesamtvermögen jedoch sichergestellt werden, das Vorsorgeziel<br />

nicht zu beeinträchtigen. So ist das Rendite-Risiko-<br />

Profil nachhaltiger Anlagen nicht automatisch besser als jenes<br />

eines klassischen Portfolios und eine eindimensionale Ausrichtung<br />

daher wenig sinnvoll. Einer nachhaltigen Anlage muss<br />

es gelingen, Nachhaltigkeits- und Kapitalmarktziele gleichzeitig<br />

zu erreichen. Pensionskassen sind dabei gefordert, denn<br />

die Formulierung und die konsistente Implementierung einer<br />

Nachhaltigkeitsstrategie werden anhand verschiedener Massnahmen<br />

immer wichtiger. <br />

a<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

39


THEMA<br />

Reverse Coaching<br />

VERKE<strong>HR</strong>T HERUM<br />

REVERSE COACHING BEDEUTETE IN DER VERGANGENHEIT, DASS JUNGE MITARBEITENDE<br />

ÄLTERE IN IT-FRAGEN COACHEN, WÄ<strong>HR</strong>END ERFA<strong>HR</strong>ENE MITARBEITENDE JÜNGERE<br />

BEI WEICHEN FAKTOREN BERATEN. DAS KONZEPT ÄNDERT SICH GERADE.<br />

Gastbeitrag: Rebecca Eberle, Sandra Vögel, Stephan Laske, Peter Ziswiler, Gerhard Graf<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Rebecca Eberle,<br />

Consultant Change<br />

Management & <strong>HR</strong>,<br />

Horváth Schweiz<br />

Sandra Vögel,<br />

Senior Advisor Change<br />

Management & <strong>HR</strong>,<br />

Horváth Schweiz<br />

Peter Ziswiler,<br />

C<strong>HR</strong>O Georg<br />

Fischer AG<br />

Die Arbeitswelt hat sich verändert und damit die Ansprüche<br />

der Arbeitnehmenden. Auch das Reverse Coaching muss in<br />

diesem Kontext neu betrachtet werden. Dass es nicht «einfach<br />

so» weitergeht, verdeutlichen die Erfahrungen eines <strong>HR</strong>-Leitenden<br />

eines KMU: «In den letzten beiden Wochen kündigten<br />

drei Nachwuchstalente. Einer nimmt einen Lehrerjob an, die<br />

zweite geht zu einem Start-up-Unternehmen und der dritte<br />

weiss noch gar nicht, was er machen möchte. Ich bin seit<br />

vielen Jahre als <strong>HR</strong>-Leiter tätig und habe so etwas noch nicht<br />

erlebt. Wir haben einen guten Ruf, gelten als Vorzeigearbeitgeber,<br />

sind weltweit aktiv, zahlen überdurchschnittliche<br />

Gehälter und kümmern uns um unsere Leute. Trotzdem verlassen<br />

Spitzentalente unser Unternehmen.» Als Austrittsgrund<br />

fielen immer häufiger die Worte «fehlender Austausch» und<br />

«Lernträgheit». «Ich glaube, erfahrene Angestellte müssen<br />

junge Mitarbeitende besser verstehen. Wie sie denken, arbeiten,<br />

sich vernetzen und leisten. Älteren müssen aufhören,<br />

‹den Jungen› zu erklären, wie die Welt funktioniert, was richtig<br />

und was falsch ist. Andersrum denke ich, dass jüngere<br />

Generationen einen Mehrwert für ihre Karrieren daraus ziehen,<br />

wenn sie besser verstehen, welche Glaubenssätze, Denkhaltungen<br />

und Wertemuster auch künftig für Erfolg stehen. Wenn<br />

wir es schaffen, Erfahrungen und Hintergründe auf Augenhöhe<br />

zusammenzubringen, könnte etwas Neues und Wertstiftendes<br />

für unser Unternehmen entstehen, das uns für die<br />

Zukunft fit macht.»<br />

Reverse Coaching unter der Lupe<br />

Doch was bedeutet Reverse Coaching 2.0 – in Bezug auf<br />

Funktionsarchitektur, Inhalte, Rollen sowie die Aspekte Lernen<br />

und Funktionsbedingungen? Es illustriert einen Modus, wie<br />

unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen und Werthaltungen<br />

miteinander verknüpft werden. Dabei ist die generationenübergreifende<br />

Entwicklung nebst dem kultur-, hierarchie-<br />

oder teamübergreifenden Lernen ein weiteres<br />

Ordnungskriterium. Wofür sich ein Betrieb entscheidet, hängt<br />

von der aktuellen Unternehmenssituation ab. Die generationenübergreifende<br />

Zusammenarbeit soll Lernvielfalt und Professionalität<br />

im Businessalltag stärken und alle Mitarbeitenden<br />

in ihrer Unterschiedlichkeit aktivieren und entwickeln.<br />

Hierfür praktizieren die Beteiligten ein wechselseitiges Geben<br />

und Nehmen, um das Unternehmen im Sinne einer Hochleistungsorganisation<br />

«zukunftsfitter» zu machen. «Reverse»<br />

steht dabei für eine Dynamik, die an die Kreislaufwirtschaft<br />

erinnert: Das klassische Rollenkonzept von Coach und Coachee<br />

löst sich auf. Beide entscheiden themenspezifisch selbstorganisiert,<br />

wie sie innerhalb eines Austauschs oder über<br />

mehrere Sitzungen hinweg das Wechselspiel ihrer Rollen<br />

gestalten und welche Inhalte sie besprechen. Beispielsweise<br />

Arbeitsmodelle, Wertsysteme, Qualitätsbewusstsein, Digitalisierung<br />

oder Arbeitsmethodik. Die Praxis zeigt, dass die<br />

Lernpräferenz beider Beteiligten darüber entscheidet, wie sie<br />

die Sitzungen gestalten und worüber sie sprechen.<br />

DAS KLASSISCHE<br />

REVERSE COACHING 2.0<br />

ERMÖGLICHT INHALTLICHE<br />

VIELFALT DER PERSPEKTIVEN<br />

UND DENKWEISEN<br />

IM UNTERNEHMEN.<br />

Reverse Coaching 2.0 ermöglicht inhaltliche Vielfalt der Perspektiven<br />

und Denkweisen im Unternehmen. Je unterschiedlicher<br />

die Beteiligten nach Alter, Geschlecht, fachlicher Ausrichtung<br />

oder kulturellem Hintergrund den Dialog suchen,<br />

desto grösser die Chance, passende Antworten auf die<br />

Komplexität und Dynamik des Unternehmens zu finden und<br />

in die Denk- und Handlungsmuster des eigenen Handelns<br />

zu bringen. Auf diese Weise wird abstrakt geforderte Diversität<br />

praktisch eingelöst. Das «Andere» macht neugierig, ist<br />

40


Reverse Coaching<br />

THEMA<br />

GRAFIK: iSTOCK<br />

Stephan Laske,<br />

Vorstandsmitglied<br />

Transformation<br />

Management AG,<br />

St. Gallen<br />

Gerhard Graf,<br />

Vorsitzender des<br />

Vorstands, Transformation<br />

Management<br />

AG, St. Gallen<br />

Herausforderung und Entwicklungsimpuls nach dem Motto<br />

«Ich inte ressiere mich für das, was ich selbst nicht denke!»<br />

(F. A. Meyer). Reverse Coaching 2.0 ist somit nicht nur ein<br />

Tool, sondern auch ein vielschichtiges, zirkulär-selbstgesteuertes<br />

Lern- und Entwicklungsinstrument. Dessen Lernpotenzial<br />

liegt in der Vielfalt der applizierbaren Inhalte und im<br />

Wechselspiel der Rollen. Doch welche Voraussetzungen müssen<br />

gegeben sein, um diese Offenheit im Unternehmen leben<br />

zu können?<br />

Zwei Faustregeln für eine erfolgreiche Anwendung:<br />

Über den Schatten der «Ich weiss es eh schon»-Haltung<br />

springen<br />

Hier gilt: gedankliche Scheuklappen abzunehmen und die<br />

mental-hierarchischer Distanz zu reduzieren. Eigene Denkund<br />

Verhaltensmuster sollten verworfen werden, die verbal<br />

immer wieder verstärkt werden. Ausserdem sind Themen- und<br />

Wissenstabus offenzulegen, persönliche Sichtweisen und<br />

gegenwärtig (noch) fehlende Toleranz ohne Wertung unverblümt<br />

darzustellen. Auf dieser Basis ist klar, wo der Dialog<br />

anzusetzen und aufzubauen ist. Nicht zu unterschätzen ist<br />

auch der Bedarf an aufgebrachter Eigenenergie: Das Erlernen<br />

von Neuem braucht in erster Instanz oft den aufwendigen<br />

Schritt des Verlernens (un)bewusster Routinen und Handlungsmuster.<br />

Es hilft, mit bisherigen Glaubenssätzen zu brechen.<br />

Etwa: «Je weiter oben in der Hierarchie, desto weniger<br />

darf fehlendes Wissen offengelegt werden.»<br />

Nur bei klaren Strukturen sind Diskussions-Freiräume möglich<br />

Aufgrund der inhaltlichen und rollenbezogenen Flexibilität<br />

sollten Rahmenbedingungen der Reverse-Coaching-Struktur<br />

REVERSE COACHING 2.0<br />

IST NICHT NUR EIN TOOL,<br />

SONDERN EIN VIELSCHICH-<br />

TIGES, ZIRKULÄR-SELBST-<br />

GESTEUERTES LERN- UND<br />

ENTWICKLUNGSINSTRUMENT.<br />

und des Ablaufs vorab definiert werden und beide sollten sich<br />

dazu verpflichten. Dabei zählen unter anderem Fragen wie:<br />

Welche Themen interessieren uns beide (Richtwert: mindestens<br />

ein Thema pro Coaching-Partner)? Wie wollen wir den<br />

Rollenwechsel leben: innerhalb einer einzelnen Sitzung oder<br />

aufgeteilt in mehrere Sitzungen? Wie wichtig ist uns die Arbeit<br />

mit Fallbeispielen? Wie viel wollen wir aus unserer persönlichen<br />

Erfahrung einbringen? Wie gehen wir mit dem Thema Vertrauen<br />

um: Darf über Inhalte der Coaching-Session gesprochen<br />

werden oder nicht? Um Reverse Coaching zielgerichtet<br />

einsteuern zu können, bedarf es in erster Linie Kenntnis der<br />

Erfolgsbedingungen. <strong>HR</strong> spielt eine zentrale Rolle als Ansatzentwickler,<br />

Wissensvermittler und Promotor.<br />

a<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

41


THEMA<br />

Retention<br />

SCHLÜSSEL-<br />

PERSONEN<br />

VERSICHERN?<br />

1<br />

Was beinhalten Versicherungen<br />

für Schlüsselpersonen?<br />

FALLEN SCHLÜSSELPERSONEN IN<br />

EINEM UNTERNEHMEN AUS, KANN<br />

DAS FATALE FOLGEN HABEN. WIE<br />

UNTERNEHMEN DAS VERMEIDEN.<br />

Text und Interviews: Christine Bachmann<br />

«Können Unternehmen von einem Moment auf<br />

den anderen nicht mehr auf Schlüsselpersonen<br />

mit individueller langjähriger Erfahrung zurückgreifen,<br />

stellt das für sie einen der grössten Schäden<br />

dar», weiss Pia Tischhauser, Managing Director<br />

& Senior Partner des Zürcher Büros der Boston<br />

Consulting Group. Eine Schlüsselpersonen-Versicherung<br />

nütze vor allem Unternehmen, die auf<br />

die Marke einer einzelnen Person gebaut hätten.<br />

«Aber auch Firmen, deren Fachpersonen ausfallen<br />

und der Betrieb dadurch nicht aufrechterhalten<br />

werden kann.» Beispielsweise bei speziell<br />

geschultem Personal wie Lokführern, wo aufgrund<br />

eines Personalmangels sogar Zugverbindungen<br />

gestrichen werden müssten. Zielpersonen für eine<br />

Schlüsselpersonen-Versicherung seien aber auch<br />

Starköche in einem Restaurant, Spitzenspieler in<br />

einem Fussballverein oder Leadsänger einer Band.<br />

Wichtig bei Ausfällen ist gemäss Pia Tischhauser,<br />

dass diese klar beziffert werden: «Das ist oft nicht<br />

einfach.» Auch müsse das Unternehmen nachweisen,<br />

ob es Governance-Vorkehrungen wie<br />

Stellvertretungen für solche Eventualitäten<br />

getroffen habe.<br />

Eine gute Governance ist für Tischhauser wichtiger<br />

als eine Geldauszahlung bei einem personellen<br />

Ausfall: «Stellen Sie sich vor, eine Schlüsselperson<br />

verlässt das Unternehmen. Bricht dann alles<br />

zusammen, hat das Management bei der Nachfolgeplanung<br />

und Stellvertreterreglung seinen Job<br />

nicht gemacht.»<br />

a<br />

Claudio Grass<br />

Leiter Marktentwicklung<br />

Funk Insurance Brokers AG<br />

Alexandra Waldmeier<br />

Mediensprecherin<br />

Generali Schweiz<br />

Konrad Hugo<br />

Mandatsleiter<br />

Walser Consulting AG<br />

Vorab: Versicherungen für Schlüsselpersonen<br />

braucht es seltener als angenommen. Wichtiger<br />

als die Versicherung ist eine Bedarfsabklärung,<br />

verbunden mit alternativen Lösungen oder einer<br />

Risikoverminderung, bei der sich eine Versicherungslösung<br />

erübrigt oder reduziert. Inhalt<br />

einer Versicherung für Schlüsselpersonen ist stets<br />

die Frage, ob der Ausfall einer bestimm ten Person<br />

oder eines bestimmten Personenkreises nicht oder<br />

schlecht tragbare finanzielle Folgen für Schlüsselpersonen,<br />

Familienangehörige, Unterneh men,<br />

Investoren, Kreditgeber oder Vertragspartner hat.<br />

Unter «Ausfall» verstehen wir Ereignisse wie Tod,<br />

Krankheit oder Unfall, die zu einem versicherungswürdigen<br />

Ausmass ausserhalb der üblichen Personenversicherungen<br />

führen.<br />

Es handelt sich um eine Entschädigung, die bei der<br />

Arbeitsunfähigkeit einer Person mit einer wichtigen<br />

Position im Unternehmen ausbezahlt wird.<br />

Vergleichbar ist dies mit einer Betriebsausfallversicherung<br />

bei einem Unfall oder einer Krankheit.<br />

Es ist ein Versicherungsschutz der die finanziellen<br />

Folgen eines Schlüsselpersonenausfalls infolge<br />

Tods oder einer Krankheit deckt. Schlüsselpersonen<br />

werden unter den Personenrisiken subsumiert.<br />

Darunter fallen Risiken wie Nachfolgeregelung<br />

im Management oder Ausfallzeiten infolge<br />

Krankheit, Unfalls oder eines Fachkräftemangel.<br />

Solche Spezialversicherungen können auf dem<br />

Versicherungsmarkt mit einer Risikolebensversicherung<br />

oder einer Kombination aus Unfall-,<br />

Kranken- und Risikolebensversicherung abgeschlossen<br />

werden. Ausserdem gibt es auf dem<br />

Assekuranzmarkt ein Produkt, das den spürbaren<br />

Umsatzrückgang durch eine wegfallende Schlüsselperson<br />

bis zur vereinbarten Versicherungssumme<br />

deckt. Der Umsatzausfall muss allerdings<br />

über 10 Prozent betragen.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

42


Retention<br />

THEMA<br />

2 3 4<br />

Warum braucht es sie?<br />

Für welche Unternehmen<br />

eignet sich diese<br />

Versicherungslösung?<br />

Wie viel kostet eine<br />

Schlüsselpersonen-<br />

Versicherung?<br />

Um Investitionen oder Kredite abzusichern und einen<br />

personellen Ersatz sicherzustellen. Letzteres<br />

ist bedeutsam, weil die Anstellungskosten einer<br />

schwierig zu findenden Nachfolge situativ beträchtlich<br />

sein können. Bei kleinen KMU kann der Ausfall<br />

der Chefin oder des Chefs sogar die Existenz des<br />

Unternehmens gefährden. In Unternehmen mit<br />

Partnerschaftsmodellen können bei einem Arbeitsausfall<br />

eines Partners abgesehen von dessen<br />

Lohnausfall zudem weitere heftige Kosten anfallen,<br />

beispielsweise für Miete oder andere Fixkosten.<br />

Wenn ein (Kunden-)Portfolio zudem einen hohen<br />

Wert aufweist, das bei Austritt des Partners teuer<br />

verkauft worden wäre, fehlt bei seinem Ausfall ein<br />

wichtiger Teil der Altersvorsorge. Das betrifft auch<br />

seine Hinterblie benen.<br />

Je kleiner ein Unternehmen ist, desto häufiger<br />

benötigt es eine Schlüsselpersonen-Versicherung.<br />

Das gilt besonders für junge Unternehmen und<br />

Start-ups. Grössere und grosse Unternehmen benötigen<br />

diese hingegen kaum. Sie sollten besser eine<br />

Schadenminderung wie die «Verteilung der Arbeit<br />

auf mehrere Schultern», Wissensmanagement oder<br />

Kompetenzerhöhung betreiben. Damit vermeiden<br />

sie nicht nur unnötige Versicherungs kosten, sondern<br />

reduzieren gleichzeitig Fluktuationen und Absenzen.<br />

Eine massgeschneiderte Versicherungs lösung ist<br />

für kleine und junge Betriebe dagegen meist problemlos<br />

finanzierbar. Leider wird das von auf KMU<br />

und Start-ups spezialisierten Beratenden zu wenig<br />

angesprochen. Das ist nicht deren Versäumnis, sondern<br />

abhängig von ihrem Auftrag, Produkte ihres<br />

Arbeitgeben den zu vertreiben. Die Mehrheit der Versicherer<br />

fördert solche Produkte nicht. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass für eine solche Lösung Produkte<br />

von Lebensversicherungen und Versicherern allgemeiner<br />

Branchen kombiniert werden müssen.<br />

Eine Todesfallversicherung von beispielsweise ei ner<br />

Million Franken, verbunden mit einem Taggeld in<br />

Höhe des doppelten Lohnes des Inhabers oder der<br />

Inhaberin ist für wenige Tausend Franken pro Person<br />

pro Jahr erhältlich. Je mehr Personen, desto günstiger.<br />

Beispielsweise, weil die Versicherungssumme im<br />

Todesfall nur einmal be zahlt werden muss. Nebst der<br />

Modellierung (Zusammensetzungen der Deckungen,<br />

deren Summen und de ren Dauern) gehört das Alter<br />

der versicherten Person und deren Gesundheitszustand<br />

zu den wichtigsten Prämienkriterien. Hinzu<br />

kommen anbieterspezifische Faktoren wie Raucher<br />

oder Nichtraucher. Problematischer als der Preis<br />

ist die Zeit, bis dies dokumentiert ist. Besonders bei<br />

höheren Summen ist es daher sinnvoll, sich frühzeitig<br />

mit diesem Thema zu befassen.<br />

Damit sollen die Fixkosten eines Unternehmens<br />

während der Arbeitsunfähigkeit einer Schlüsselperson<br />

ganz oder teilweise gedeckt werden. Dank dieser<br />

Versicherungslösung die als Ergänzung zur Erwerbsausfallversicherung<br />

dient, kann das Unternehmen<br />

seine Fixkosten bezahlen, obschon der Umsatz sinkt.<br />

Sie eignet sich eher für kleine und mittlere Unternehmen<br />

(KMU), ausgehend von der Annahme, dass der<br />

Umsatz eines grossen Unternehmens nur selten von<br />

einer oder zwei Personen erwirtschaftet wird. Man<br />

muss die Frage jedoch anders stellen: Was passiert,<br />

wenn eine Schlüsselperson arbeitsunfähig ist? Wer<br />

bezahlt die Gehälter der Angestellten? Wer zahlt die<br />

Miete, den Strom und so weiter? Ist der Anwalt einer<br />

Kanzlei ein oder zwei Jahre lang arbeitsunfähig, hat<br />

diese keine Kundinnen und Kunden und somit auch<br />

keine Einnahmen. Die Miete muss aber trotzdem<br />

bezahlt werden.<br />

Die Prämie hängt von der Höhe der Entschädigung,<br />

der Wartezeit, den versicherten Risiken (Krankheit<br />

und Unfall oder nur Krankheit) und der Dauer der<br />

Entschädigungszahlung ab.<br />

Beim Ausfall einer oder allenfalls mehrerer Schlüsselpersonen<br />

ist das Ziel der Versicherung, den Betrieb<br />

aufrecht zuerhalten. Mit der Entschädigung kann das<br />

versicherte Unternehmen Rekrutierungskosten bezahlen<br />

und Fachkraft oder Führungsperson ad interim<br />

einstellen. Der Abschluss einer solchen Versicherung<br />

verhindert somit im Worst Case einen Totalausfall<br />

oder die Betriebsschliessung.<br />

Es sind eher KMU, die eine solche Versicherung benötigen.<br />

In Grossunternehmen ist das Risikomanagement<br />

dagegen verankert und mit diesem Personenrisiken<br />

definiert und risikomindernde Massnahmen<br />

sind implementiert. Bei vielen kleineren KMU ist ein<br />

solches Risiko jedoch vorhanden. So kann der unerwartete<br />

Tod einer Schlüsselperson in einem solchen<br />

Betrieb dazu führen, dass ein grosser Teil des Umsatzes<br />

wegbricht. Die Folgen: Umsatzeinbussen,<br />

Kundenverluste und sogar eine Schliessung. Ein<br />

Beispiel: Ein Gault&Millau-Koch eines Restaurants<br />

stirbt unerwartet durch einen Autounfall. Der Inhaber<br />

des Gastrobetriebs erleidet dadurch einen erheblichen<br />

Umsatzeinbruch und muss Personal entlassen,<br />

weil Gäste ausbleiben. Hätte er eine Schlüsselpersonen-Versicherung<br />

abgeschlossen, könnte der Inhaber<br />

in die Rekrutierung des Nachfolgenden investieren.<br />

Die Versicherungskosten sind erschwinglich, aber<br />

kein unerheblicher Kostenfaktor.<br />

Die Prämie ist abhängig vom Assekuranzmarkt<br />

und vor allem vom Gesundheitszustand der zu versichernden<br />

Schlüsselperson. Als Illustration ein fiktives<br />

Beispiel des Versicherers TSM. Versicherungsnehmer:<br />

Firma «TechnoY AG». Diese hat 15<br />

Mitarbeitende, und erzielt jährlich eine Bruttomarge<br />

von 1,2 Millionen Franken. Die Schlüssel person heisst<br />

«André», ist 55 Jahre alt und hat eine Nachfolgeund<br />

Ersatzregelung und keine medizinischen Vorbehalte.<br />

Die Karenzfrist beträgt 30 Tage. Mit der Versicherungssumme<br />

sind 60 Prozent der Bruttomarge<br />

abgedeckt. Das heisst 720 000 Franken. Besondere<br />

Auslagen dürfen maximal 144 000 Franken betragen.<br />

Die offerierte Prämie der TSM Versicherungs-Gesellschaft<br />

beläuft sich inklusive Stempelsteuer auf<br />

rund 7938 Franken. Die Prämie gilt jeweils für ein<br />

Jahr und wird jedes Jahr neu verhandelt.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

43


swissstaffing<br />

MARKTKONZENTRATION IN DER<br />

PERSONALDIENSTLEISTUNG:<br />

WANN KOMMT SIE?<br />

EIN GESPENST GEISTERT SEIT JA<strong>HR</strong>EN DURCH DIE BÜROS DER PERSONALDIENSTLEISTENDEN –<br />

JENES DER HERAUFZIEHENDEN MARKTKONZENTRATION. FUSIONS- ODER PLEITEWELLEN, DIE ZU WENIGER<br />

MARKTANBIETENDEN FÜ<strong>HR</strong>EN, SIND BISHER AUSGEBLIEBEN. DER GRUND: EIN HERVORRAGENDES<br />

KONTAKTNETZ UND EIN KLARER FOKUS SIND IN DER TEMPORÄRBRANCHE ME<strong>HR</strong> WERT ALS DIE VORTEILE,<br />

DIE SICH AUS REINER GRÖSSE ERGEBEN.<br />

Text: Dr. Marius Osterfeld<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Ob sich auf einem Markt Unternehmen zu immer<br />

weniger Anbietenden zusammenschliessen oder<br />

kleinere Anbietende verdrängen, ist mit zwei zentralen<br />

Fragen verbunden: Erstens: Welche Steine<br />

werden Neugründenden in den Weg gelegt, um<br />

in den Markt einzutreten? Zweitens: Erfordert der<br />

Betrieb eines Unternehmens hohe Fixkosten, die<br />

bei wachsender Unternehmensgrösse auf mehr<br />

Kundinnen und Kunden umgelegt werden können,<br />

wodurch ein Preisvorteil entsteht? Eine Analyse<br />

beider Fragen zeigt: Auf absehbare Zeit<br />

zeichnet sich kein Trend zur Marktkonzentration<br />

ab.<br />

Gesetzliche Regulierungen sind eine klassische<br />

Triebfeder für Marktkonzentration. So stückeln<br />

und verkaufen viele Länder Mobilfunklizenzen an<br />

Telekommunikationsfirmen. Die staatlich festgelegte<br />

Zahl der Lizenzen bestimmt die Höchstzahl<br />

der Wettbewerber. Für den Marktzugang im<br />

Personalverleih relevant ist das Arbeits- und Vermittlungsgesetz,<br />

das für jeden Verleihbetrieb den<br />

Erwerb einer Lizenz vorsieht. Diese ist mit klaren<br />

Kriterien verknüpft, die jedes Temporärunternehmen<br />

erfüllen muss. Dazu gehören beispielsweise<br />

eine adäquate Ausbildung der Firmeninhaberin<br />

bzw. des Firmeninhabers, eine mit der Unternehmensgrösse<br />

wachsende Kaution, ein guter Leumund<br />

sowie angemessene Büroräumlichkeiten.<br />

Mit diesen Anforderungen schafft das Gesetz die<br />

Grundlagen für eine professionelle Personalvermittlung.<br />

Die finanziellen Eintrittshürden bleiben<br />

im Vergleich zu anderen Branchen gering. Dass<br />

das keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt ein Blick<br />

Dr. Marius Osterfeld<br />

Ökonom bei swissstaffing<br />

ins Ausland. Höhere Kautionen und stärkere<br />

Zutrittsbeschränkungen führen zu stark konzentrierten<br />

Märkten. Während sich in der Schweiz<br />

gut 900 Anbietende den Temporärmarkt aufteilen,<br />

beherrschen in Belgien 20 und in Italien 80<br />

den Markt.<br />

Als Triebfeder der Marktkonzentration werden<br />

steigende Anforderungen im Bereich der Digitalisierung<br />

genannt, die in Anbetracht des starken<br />

Wettbewerbs auf längere Sicht von den Marktteilnehmenden<br />

nicht geschultert werden können.<br />

Diese Analyse ist richtig, blendet aber die tatsächliche<br />

Marktstruktur aus. Zum Markenkern<br />

eines Temporärunternehmens gehört nicht zwingend<br />

der Aufbau digitaler <strong>HR</strong>-Tools, sondern<br />

deren geschickte Auswahl aus einer breiten<br />

Angebotspalette von <strong>HR</strong>-Technologieanbietenden.<br />

Damit gehen diese einerseits in Sachen<br />

Softwareentwicklung in Vorleistung und verteilen<br />

die Entwicklungskosten symmetrisch auf ihre<br />

Kundinnen und Kunden. Andererseits erlauben<br />

sie den Temporärunternehmen, sich auf ihre<br />

Kernkompetenz zu konzentrieren: die Begleitung<br />

und Unterstützung von Kandidatinnen und Kandidaten<br />

und Einsatzbetrieben. Die Symbiose aus<br />

Technologieanbietenden und Personaldienstleistenden<br />

schafft ein dynamisches Ökosystem, das<br />

laufende Innovation ohne Marktkonzentration<br />

bei den Personaldienstleistenden möglich macht.<br />

Vorteile der Marktstruktur für Einsatzbetriebe,<br />

Talente und Marktanalyse<br />

Für Einsatzbetriebe bietet der starke Wettbewerb<br />

auf dem Temporärmarkt mehrere Vorteile. Erstens<br />

können sie sich statt Einheitsdienstleistungen<br />

ein Netz mit vielen verschiedenen Partnern<br />

aufbauen, die jeweils ihr eigenes Rezept zur Rekrutierung<br />

von neuen Talenten verfolgen. Damit<br />

verbreitert sich die Talentpipeline und die Diversität<br />

der eigenen Belegschaft steigt. In Zeiten<br />

des Fachkräftemangels und des steten Innovationsdrucks<br />

sind das zwei Schlüsselfaktoren für<br />

den langfristigen Unternehmenserfolg. Zweitens<br />

garantiert der Wettbewerb unter den Personaldienstleistenden<br />

die bezogenen Leistungen zu<br />

einem schlanken Preis – gerade wenn man als<br />

Einsatzbetrieb eine Vollkostenrechnung macht<br />

44


swissstaffing<br />

und die eigenen internen Aufwände für das<br />

interne <strong>HR</strong> sowie die Zeit der Linienverantwortlichen<br />

berücksichtigt. In Anbetracht beider Vorteile<br />

urteilte <strong>HR</strong>-Guru Peter Drucker um die Jahrtausendwende:<br />

«Für die erfolgreiche Nutzung<br />

von Personaldienstleistungen darf nicht der Preis,<br />

sondern muss eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />

Personaldienstleister und Unternehmen<br />

im Vordergrund stehen, die die Arbeitnehmenden<br />

als Menschen in den Mittelpunkt stellt.»<br />

Für Talente ist die Vielzahl der Temporärunternehmen<br />

Chance und Sicherheit zugleich. Menschen,<br />

die sich bewusst für flexible Arbeit unter<br />

dem Schutzschirm der Temporärarbeit entscheiden,<br />

können ein Beziehungsnetz mit mehreren<br />

Personaldienstleistenden aufbauen. Mit jedem<br />

Kontakt steigt die Wahrscheinlichkeit einer nahtlosen<br />

Arbeitsmarktintegration bei gleichzeitig<br />

wechselnden Einsätzen. Gerade in Pflegeberufen,<br />

auf dem Bau, der Gastronomie und der<br />

Industrie lassen Fachkräftemangel und ein hoher<br />

Grad von mitnehmbarem Wissen zwischen verschiedenen<br />

Firmen ein Leben als Flexworker Wirklichkeit<br />

werden. Für Stellensuchende, die langfristig<br />

eine Feststelle suchen, ist Temporärarbeit<br />

eine Brücke. Jeder zusätzliche Kontakt zu einem<br />

der vielen Personaldienstleistenden öffnet die<br />

Tür zu einem breiten Netzwerk potenzieller künftiger<br />

Arbeitgebender. Nicht zuletzt eröffnet der<br />

Wettbewerb Temporärarbeitenden die Chance<br />

eines steten Vergleichs verschiedener Anbietenden.<br />

Gerade Menschen, die längerfristig im Personalverleih<br />

tätig sind, können so zur Firma mit<br />

den besten Konditionen wechseln.<br />

Die stärkere Konzentration bei den Softwareanbietenden<br />

eröffnet swissstaffing als Branchenverband<br />

eine weitere Chance: eine enge Be ­<br />

obachtung der Entwicklung der äusserst kon ­<br />

junktursensitiven Temporärbranche. Dank der<br />

Zusammenarbeit mit sechs führenden Software­<br />

providern – Arca 24, B&F Solutions, pcjob.net,<br />

Quadrigis, Realisator und zvoove – können monatlich<br />

Marktdaten für das Temporär- und Feststellengeschäft<br />

zuverlässig erhoben werden und über<br />

den Swiss Staffingindex der Öffentlichkeit bereitgestellt<br />

werden. Knapp 50 Prozent des Gesamtmarkts<br />

werden über diesen Zusammenschluss<br />

erfasst. Damit wird dieses Indikatorensystem<br />

einerseits zu einer wichtigen Orientierungsgrösse<br />

für alle, die in oder mit der Branche arbeiten.<br />

Andererseits sind die gemeldeten Zahlen Beweis<br />

für die Integrationsleistung, die die Branche Monat<br />

für Monat auf dem Arbeitsmarkt erbringt.<br />

Marktkonzentration: ein Blick in die Zukunft<br />

Während sich heute noch keine Tendenz zu einer<br />

stärkeren Konzentration auf dem Markt der Personaldienstleistenden<br />

abzeichnet, muss das aber<br />

nicht so bleiben. Erstens wird die Arbeitsmarktregulierung<br />

laufend komplizierter und stellt<br />

Markteinsteigende vor immer grössere Herausforderungen.<br />

Diese stellen sich auch Einsatzbetrieben,<br />

die allenfalls die Lösung bei Personaldienstleistenden<br />

suchen und damit für<br />

Marktwachstum sorgen. Zweitens könnten Fortschritte<br />

im Bereich der künstlichen Intelligenz<br />

die Personalberatenden vollständig digitalisieren<br />

– mit der Folge, dass Softwareanbietende und<br />

Personaldienstleistende zu einer Unternehmenseinheit<br />

verschmelzen und kleine Temporärunternehmen<br />

verschwinden. Die grundsätzliche Frage<br />

lautet aber, was sich Arbeitnehmende wünschen,<br />

wenn es um existenzielle Entscheide in<br />

ihrem Erwerbsleben geht. Suchen sie eine vollautomatische<br />

Vermittlung oder vielmehr den<br />

persönlichen Austausch mit einem Personalberatenden?<br />

Die vermutliche Antwort: Vor einer<br />

Marktkonsolidierung wird sich das Berufsbild des<br />

Personalberatenden immer weiter zum Coach<br />

von Talent und Einsatzbetrieb wandeln, um diesen<br />

zu helfen, die Herausforderungen der<br />

Arbeitsmärkte von morgen zu meistern. a<br />

Hier bloggt der Vorstand …<br />

Alter und Arbeitsmarkt:<br />

Die Schweiz muss sich auf<br />

einen Paradigmenwechsel<br />

einstellen<br />

Robin Gordon, CEO Interiman Group<br />

Es ist unbestritten, dass es ab 55 Jahren<br />

schwieriger ist, eine neue Arbeit zu finden.<br />

Wird diese Problematik andauern?<br />

Robin Gordon: Davon gehe ich aus mehreren<br />

Gründen nicht aus. Zunächst einmal<br />

ändert sich die Altersstruktur in der Schweiz<br />

rasch. Die letzten Babyboomer werden etwa<br />

2030 das offizielle Rentenalter erreichen.<br />

Gleichzeitig hat die Schweiz eine der tiefsten<br />

Geburtenraten der Welt. Das bedeutet, dass<br />

die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte in der<br />

Schweiz sinkt und sich die Lage am Arbeitsmarkt<br />

drastisch anspannt. Diese Entwicklung<br />

zeichnet sich bereits jetzt ab. Gemäss<br />

jüngstem Beschäftigungsbarometer des BFS<br />

für das erste Quartal <strong>2022</strong> überschritt die<br />

Zahl der offenen Stellen die 100 000, was<br />

einem neuen historischen Rekord entspricht.<br />

Die Beschäftigungsmöglichkeiten werden<br />

zunehmen – davon können Arbeitnehmende<br />

über 50 Jahren profitieren.<br />

Das Wirtschaftswachstum der Schweiz<br />

war immer vom Einsatz ausländischer<br />

Arbeitskräfte abhängig. Ist das nicht<br />

auch die Lösung, um dem aktuellen Rückgang<br />

an verfügbaren Arbeitskräften entgegenzuwirken?<br />

Die Zuwanderung von Arbeitskräften wird<br />

anhalten, aber einigen zusätzlichen<br />

Beschränkungen unterliegen. Zum einen,<br />

weil die historischen Einwanderungsländer<br />

stetig sinkende Geburtenraten und eine<br />

Überalterung ihrer Bevölkerung verzeichnen,<br />

zum anderen, weil sich die Wirtschaftslage<br />

der Auswanderungsländer von Jahr zu Jahr<br />

verbessert, wodurch es für ihre Arbeitskräfte<br />

weniger Anreize gibt, einen Umzug in die<br />

Schweiz in Erwägung zu ziehen.<br />

Den ganzen Blogbeitrag lesen Sie auf<br />

blog.swissstaffing.ch<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

45


«Das Zeugnistool von Avenir ermöglicht einen<br />

unkomplizierten und digitalen Prozess von<br />

A bis Z. Die einfache Bedienung sowie der<br />

Zeitgewinn für <strong>HR</strong> bei der Zeugniserstellung<br />

sind hierbei besonders erwähnenswert.»<br />

Daniel Hausammann, <strong>HR</strong> Business Partner, Meier Tobler AG<br />

zeugnis.ch<br />

powered by Avenir & <strong>HR</strong> <strong>Today</strong><br />

1<br />

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der Versicherungsbranche<br />

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Karin Bosshard<br />

Chefredaktorin<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

HZ Insurance DAILY:<br />

Ihr Briefing zur Versicherungswirtschaft.<br />

Insights, Analysen, Updates:<br />

Ein Muss für Branchen-Entscheider:innen.<br />

46<br />

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MEINUNG<br />

Debatte (Seite 49) • Fokus Forschung (Seite 57) • <strong>HR</strong>-Team des Monats (Seite 58)<br />

Zitat des Monats<br />

Klickhit<br />

<strong>HR</strong> FESTIVAL europe<br />

FRAUEN SOLLTEN<br />

FRÜH DAMIT ANFANGEN<br />

ZU TRAINIEREN, VORNE<br />

HINZUSTEHEN.<br />

Begeisterte und lachende Gesichter. Ein Gemütsbild, das sich nicht<br />

nur am <strong>HR</strong> FESTIVAL europe am 31. Mai und 1. Juni bot, sondern sich<br />

auch auf Social Media spiegelte – beispielsweise auf Linkedin. So<br />

wurde der Beitrag zum ersten Festival-Tag über 23 000 Mal angezeigt.<br />

Auch die Vorankündigung vom 31. Mai <strong>2022</strong> weckte mit 10 000 Impressionen<br />

Neugier. Auf ebenso viel Anklang stiess der Video- Beitrag vom<br />

3. Juni zur Swiss- <strong>HR</strong>-Award-Verleihung, die am <strong>HR</strong> FESTIVAL europe<br />

am 1. Juni über die Bühne ging, gefolgt von einem Post mit weiteren<br />

Eindrücken vom <strong>HR</strong> FESTIVAL europe mit 7039 Impressionen. (Stand<br />

13. Juni <strong>2022</strong>)<br />

23 000<br />

Einblendungen<br />

Hintergrund<br />

Die aktuelle Ausgabe des Magazins<br />

«Women in Business» widmet der<br />

ehemaligen SRF-Korrespondentin<br />

und heutigen Executive Searcherin<br />

Henriette Engbersen ein Porträt.<br />

Vorankündigung mit<br />

10 000+ Einblendungen<br />

Fünf Jahre lang berichtete sie als SRF-Korrespondentin über das<br />

politische und gesellschaftliche Leben in England. Jetzt beschreitet<br />

sie als Executive Searcherin neue Wege.<br />

Swiss-<strong>HR</strong>-Award-<br />

Verleihung mit 10 000+<br />

Einblendungen<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

47


MEINUNG<br />

Buchtipps<br />

BUCHTIPPS<br />

IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM ERSCHEINEN JÄ<strong>HR</strong>LICH TAUSENDE VON FACH BÜCHERN. WIR HABEN EINE<br />

AUSWAHL FÜR SIE GETROFFEN UND PRÄSENTIEREN IHNEN NEUERSCHEINUNGEN ZUR ARBEITSWELT UND ZU <strong>HR</strong>.<br />

PFLEGEFACHMÄNNER<br />

AUF WEIBLICHEM TERRAIN<br />

IN DER PFLEGE ZU ARBEITEN, IST SINNSTIFTEND UND NIEMALS<br />

LANGWEILIG, BESTÄTIGEN DIE PORTRÄTIERTEN PFLEGEFACHMÄNNER<br />

IM BUCH VON SABINE MEISEL UND EDITA TRUNINGER. DENNOCH<br />

SIND MÄNNER IN PFLEGEBERUFEN MANGELWARE. WORAN DAS LIEGT<br />

UND WARUM SICH DAS ÄNDERN MUSS.<br />

Edita Truninger,<br />

Sabine Meisel<br />

(von links):<br />

Auf weiblichem<br />

Terrain, Hogrefe AG,<br />

<strong>2022</strong>, 136 Seiten.<br />

Weshalb ein Buch über Pflegefachmänner und nicht beispielsweise<br />

über Kindergärtner?<br />

Edita Truninger: Berufsbiografien haben mich schon immer interessiert.<br />

Zuerst dachte ich tatsächlich an Männer in Kindertagesstätten oder Kindergärten.<br />

Doch durch die Pandemie rückte die Pflege in den Fokus. Als ich<br />

Sabine Meisel im Frühling 2020 zufällig traf, sagte sie: «Wenn ich im Moment<br />

ein Buch über Männer schreiben würde, dann über Pflegefachmänner!» Das<br />

überzeugte mich und so wurde daraus unser gemeinsames Buchprojekt.<br />

Sie führten etliche Gespräche. Eine überraschende Erkenntnis?<br />

Durch unsere zahlreichen Interviews bestätigte sich, was auch viele Studien<br />

belegen: Männer, die den Pflegeberuf ergreifen, haben alle einen persönlichen<br />

Bezug zur Pflege – entweder durch pflegende Familienmitglieder,<br />

durch ein Zivildienstpraktikum im Spital oder durch eine eigene Erkrankung<br />

oder einen Unfall mit Spitalaufenthalt. Für mich persönlich war es ausserdem<br />

bereichernd zu erfahren, wie vielseitig der Beruf und die Settings sind.<br />

Wie sind Sie zu den Pflegefachmännern gekommen?<br />

Vorwiegend durch unser persönliches Netzwerk. Meine Mitherausgeberin<br />

Sabine Meisel war selbst über zwanzig Jahre im Beruf tätig und engagiert<br />

sich immer noch in der Ausbildung von Pflegefachpersonen. Zudem unterstützte<br />

die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW<br />

Gesundheit) unser Projekt. Dafür sind wir sehr dankbar.<br />

In der Pflege herrscht ein Fachkräftemangel. Es ist ausserordentlich<br />

schwierig, Männer für diesen Beruf zu begeistern. Weshalb?<br />

Fürsorge gilt immer noch als weibliches Attribut, und Soft-Skills werden bei<br />

Männern immer noch oft in die Nähe der Homosexualität gerückt. So einem<br />

Verdacht möchten sich viele nicht aussetzen. An den Gymnasien thematisiert<br />

man zudem nur die klassischen Studienfächer Medizin, Wirtschaft oder<br />

Jura. Vorbilder in der Pflege fehlen. Das wollen wir mit unserem Buch ändern.<br />

Welche Rolle spielen das Image, die (niedrige) Entlöhnung und fehlende<br />

Aufstiegsmöglichkeiten?<br />

Es ist schlichtweg falsch, dass es wenig Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Wir<br />

interviewten für unser Buch Spitalmanager, Dozenten, Erwachsenenpädagogen<br />

oder Schulleitungsmitglieder. Sie alle haben einmal am Krankenbett<br />

angefangen und sich entsprechend weitergebildet. Die im Branchenvergleich<br />

eher tiefe Entlöhnung war für unsere Interviewpartner durchs Band kein<br />

wesentlicher Faktor. Ein Grund dafür dürfte darin liegen, dass die Pflege<br />

Menschen anzieht, die eher intrinsisch motiviert sind.<br />

Braucht es mehr Männer in der Pflege?<br />

Generell braucht es mehr Menschen in der Pflege. Die Zahl der unbesetzten<br />

Stellen ist prekär. Zudem: Die Hälfte der Bevölkerung ist männlich, da sollte<br />

auch die Hälfte der Pflegefachleute männlich sein. Das ist für die Patienten<br />

gut, da männliche Patienten gewisse pflegerische Interventionen lieber von<br />

männlichen Pflegefachkräften ausführen lassen, aber auch für die Dynamik<br />

in den Teams. Zudem haben Pflegefachleute nach dem Studium eine hundertprozentige<br />

Jobgarantie. Wo gibt es das sonst?<br />

Muss der Pflegeberuf aufgewertet werden?<br />

Ja, durch mehr Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit, damit sich das<br />

Image wandelt. Die Pflege ist sinnstiftend, niemals langweilig und nicht<br />

durch künstliche Intelligenz ersetzbar. Darüber hinaus: Neu können Medizinund<br />

Pflegestudierende durch interdisziplinäre Module in der Ausbildung<br />

gemeinsam an simulierten Fallbeispielen lernen. Solche Massnahmen steigern<br />

den gegenseitigen Respekt. (cb)<br />

Neinsager ERFINDERGEIST Gutmensch<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Ob in der Wirtschaft, in der Politik oder im Alltag:<br />

Wir übernehmen täglich Verantwortung. Allzu oft<br />

drücken wir uns aber auch davor. In Gesprächen<br />

mit Entscheidern und Prominenten aus Politik,<br />

Wirtschaft, Unterhaltung und Sport definiert<br />

Kiesewetter ein neues Verantwortungsgefühl.<br />

Bernd Kiesewetter, Die<br />

Neinsager-Republik: Warum<br />

wir Verantwortung wieder<br />

lernen müssen, BusinessVillage,<br />

<strong>2022</strong>, 235 Seiten.<br />

Die digitale Transformation, Nachhaltigkeit und<br />

der demografische Wandel sind Treiber, die sich<br />

gegenseitig verstärken. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts<br />

entsteht dadurch eine vollkommen neue<br />

Wirtschaft. Doch wie können Unternehmen diesen<br />

radikalen Wandel bewältigen? Antworten<br />

liefert dieses Buch.<br />

Jens-Uwe Meyer, reset –<br />

Wie sich Unternehmen und<br />

Organisationen neu erfinden,<br />

Business Village, <strong>2022</strong>, 262 Seiten.<br />

An vielen Beispielen und auf Basis langjähriger<br />

Studien zeigt uns Leibniz-Preisträger Armin Falk,<br />

unter welchen Umständen sich Menschen moralisch<br />

verhalten und wann nicht. Wieviel Einfluss<br />

haben die Persönlichkeit, das Geschlecht, die<br />

Erziehung, die Kultur? Wenn wir das verstehen,<br />

wird es uns leichter fallen, nicht nur uns selbst zu<br />

verändern, sondern auch die Rahmenbedingungen<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Armin Falk, Warum es so schwer<br />

ist, ein guter Mensch zu sein,<br />

Siedler Verlag, <strong>2022</strong>, 336 Seiten.<br />

48


Debatte<br />

MEINUNG<br />

MENSTRUATIONSURLAUB?<br />

IN JAPAN GIBT ES IHN BEREITS: DEN MENSTRUATIONSURLAUB. AUCH IN UNSEREN BREITENGRADEN WIRD<br />

ÜBER EINE MÖGLICHE EINFÜ<strong>HR</strong>UNG DISKUTIERT. DOCH BRAUCHT ES IHN ÜBERHAUPT? EINE DEBATTE.<br />

MARTIN GEISENHAINER<br />

Inhaber, Participation Rocks<br />

Die Tatsache, dass wir uns mit dem Umgang der Menstruation<br />

und den damit verbundenen Mühseligkeiten für<br />

Frauen beschäftigen, ist richtig und überfällig. Immerhin<br />

menstruiert die eine Hälfte der Menschheit monatlich.<br />

Das Thema wäre omnipräsent und formal bestens geregelt,<br />

hätte die andere Hälfte besagter Menschheit mit<br />

Monatsblutungen zu kämpfen. Ein öffentlicher Diskurs<br />

ist ein erster, notwendiger Schritt, um das Thema aus<br />

der schamhaften Schmuddelecke zu holen. Den Vorschlag,<br />

das mit einem Menstruationsurlaub zu lösen,<br />

halte ich aus mehreren Gründen für wenig sinnvoll. Zum<br />

einen klingt Urlaub nach Chillen, Erholung und wirkt in<br />

diesem Zusammenhang auf mich eher zynisch. Ausserdem<br />

geraten wir damit ganz schnell in eine Neiddebatte. Insbesondere<br />

durch benachteiligte Männer, die schnell damit beginnen, ihre<br />

verlorene Lebenszeit durch Rasieren in den Ring zu werfen. Problematischer<br />

halte ich allerdings die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Brauchen Frauen<br />

mehr Urlaub als Männer, impliziert das eine geringere Belastbarkeit beziehungsweise<br />

die Notwendigkeit einer längeren Rekreationsphase, was sich<br />

mit Sicherheit auf die Karrieremöglichkeiten von Frauen auswirken würde.<br />

Ebenso wahrscheinlich würde Frauen dieses Thema aber schon bei der<br />

Bewerbung zum Fallstrick werden. Können Organisationen zwischen mehr<br />

oder weniger bezahlten Urlaubstagen wählen – raten Sie mal. Aus meiner<br />

Sicht gehört das Thema in einem weiteren Kontext beleuchtet. Nämlich im<br />

Umgang mit der Selbstorganisation. Der mittelalterliche Command-and-<br />

Control-Ansatz, der impliziert, Anwesenheit sei mit Arbeit gleichzusetzen,<br />

nimmt arbeitnehmenden Menschen, egal welcher sexuellen Identität, die<br />

Chance, zu entscheiden, wann sie in ihrer Kraft und damit in der Lage sind,<br />

konzentriert und produktiv zu arbeiten. Eine fehlende geistige Ausgeglichenheit<br />

oder ein körperliches Ungemach machen es schwer, einen wertvollen<br />

Beitrag zu leisten. Hören wir also damit auf, die Organisation von Arbeit<br />

mit veralteten Rezepten und Konzepten zu gestalten.<br />

EIN ÖFFENTLICHER DISKURS<br />

IST EIN ERSTER,<br />

NOTWENDIGER SC<strong>HR</strong>ITT.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

49


MEINUNG<br />

Debatte<br />

DER CHELSEA FC WOMEN<br />

TRAINIERT SEINE<br />

SPIELERINNEN<br />

ZYKLUSORIENTIERT.<br />

NENA MORF<br />

Texterin und Geschäftsführerin Textbüro Konrad GmbH<br />

Menstruationsurlaub? Die Menstruation hat genauso wenig mit Urlaub<br />

zu tun wie die Mutterschaft. Dass beiden Begriffen zuweilen ein<br />

«Urlaub» angehängt wird, zeugt vom profunden Unverständnis für<br />

die immensen Leistungen des weiblichen Körpers – und nicht zuletzt<br />

für das weibliche Potenzial. Die Tatsache, dass die westliche Medizin<br />

geschlechterspezifisch geprägt ist und Frauen klar benachteiligt,<br />

mischt hier kräftig mit. Doch zukunftsorientierte Unternehmen stellen<br />

nicht Roboter, sondern Menschen ein. Das mit dem Vorteil, dass Arbeitnehmende<br />

ihre spezifischen Fähigkeiten einbringen und entfalten können.<br />

Das gilt für jeden Beruf, denn sobald Menschen arbeiten, sind die<br />

Ergebnisse verschieden. Umso wichtiger ist es, die Menstruation in einem<br />

übergreifenden Kontext zu verstehen. Dazu kurz zum Spitzensport: Der<br />

Chelsea FC Women ist der erste Fussballclub, der seine Spielerinnen zyklusorientiert<br />

trainiert. Der Trainingsplan wird individuell auf die jeweiligen Zyklusphasen<br />

der Sportlerinnen abgestimmt. Die Menstruation ist die erste von insgesamt<br />

vier Zyklusphasen, die von Hormonen gesteuert werden. In der zweiten Zyklusphase<br />

sorgt etwa unter anderen das Hormon Östrogen für einen mächtigen Energieschub:<br />

Frau kann Bäume ausreissen – und ihre Überzeugungskraft ist überaus<br />

bestechend. Könnte für Unternehmen spannend sein, diese sprühende Energie<br />

zielführend einzusetzen. Mit dem Eisprung in der dritten und dem Anstieg<br />

des Hormons Progesteron in der vierten Zyklusphase treten empathische<br />

Fähigkeiten ins Zentrum: Der Körper richtet sich auf eine mögliche Schwangerschaft<br />

ein, der Mensch handelt teamorientiert und kooperativ. Keine<br />

schlechten Voraussetzungen für eine speditive Zusammenarbeit und Kundenbetreuung.<br />

Kam es nicht zu einer Schwangerschaft, beginnt dann in<br />

der ersten Zyklusphase die Menstruation. Für viele die Zeit der Schmerzen:<br />

Laut John Guillebaud, Professor am University College in London, sind diese<br />

«annähernd so schlimm wie ein Herzinfarkt». Grund genug, um eine Pause<br />

einzulegen – wobei kluge Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, wie wichtig<br />

Regeneration für die Leistungsfähigkeit ist. Während der Menstruation herrscht im Körper<br />

ein hormoneller Tiefstand, der Geist ist klar und messerscharf: Es ist auch die Zeit des strategischen<br />

Weitblicks. Diesen beweisen Unternehmen, die verstehen, warum es sich lohnt, sich mit zyklusorientiertem<br />

Arbeiten, statt mit dem unsinnigen Begriff Menstruationsurlaub auseinanderzusetzen. Sie fördern<br />

das volle Potenzial ihrer Mitarbeitenden – auch, indem sie die wertvolle Zeit für Regeneration nutzen.<br />

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6&7 | <strong>2022</strong><br />

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50


Debatte<br />

MEINUNG<br />

NICOLAS FACINCANI<br />

Rechtsanwalt, Voillat Facincani Sutter + Partner<br />

Spanien will den Menstruationsurlaub einführen, in Japan gibt es ihn<br />

schon. In der Schweiz wird (noch) darüber diskutiert. Ein Menstruationsurlaub<br />

soll Frauen ermöglichen, bei starken Regelschmerzen zu<br />

Hause zu bleiben. Andere Lösungsansätze zielen darauf hin, Frauen<br />

jeden Monat zwischen drei und fünf zusätzliche freie Tage zu geben.<br />

Im Ausland sind sodann arbeitsvertragliche Regelungen von Arbeitgebenden<br />

bekannt, die für Arbeitnehmerinnen einen Menstruationsurlaub<br />

vorsehen, was ihnen bei Bewerbenden einen Wettbewerbsvorteil<br />

verschaffen soll. Das Schweizer Recht sieht keinen<br />

Menstruationsurlaub vor. Arbeitnehmerinnen, die aufgrund von<br />

Menstruationsbeschwerden arbeitsunfähig sind, sind wie bei einer<br />

Krankheit nicht zur Arbeit verpflichtet und erhalten ihren Lohn für eine<br />

beschränkte Zeit. Das aktuelle System hat für betroffene Arbeitnehmerinnen<br />

aber gewisse Schwächen. Grundsätzlich ist eine Arbeitnehmerin,<br />

die sich auf eine Arbeitsunfähigkeit berufen will, ab dem ersten Moment<br />

der Arbeitsunfähigkeit beweispflichtig. Der Arbeitgebende könnte die<br />

Arbeitsunfähigkeit jeweils in Frage stellen und sofort ein Arztzeugnis verlangen.<br />

Das wiederum könnte für die betroffene Arbeitnehmerin zu einer (zu) grossen<br />

Belastung führen. Zudem ist die Dauer der Lohnzahlungspflicht pro Dienstjahr<br />

beschränkt. Für alle Arbeitsunfähigkeiten zusammen beträgt diese im ersten<br />

Dienstjahr drei Wochen, in den weiteren Dienstjahren eine angemessene längere<br />

Dauer (Stichwort Zürcher, Berner und Basler Skala). Eine Abwesenheit aufgrund<br />

einer Arbeitsunfähigkeit wird jedoch nur entschädigt, wenn das Arbeitsverhältnis<br />

mehr als drei Monate dauerte oder für über drei Monate eingegangen wurde.<br />

In Abwesenheit einer Versicherungs- oder grosszügigeren vertraglichen Lösung<br />

ist also nicht garantiert, ob die menstruationsbedingte Abwesenheit tatsächlich<br />

entschädigt wird. In letzter Zeit wurde das Obligationenrecht bereits um verschiedene<br />

Urlaube ergänzt. So wurden der Vaterschaftsurlaub und der Betreuungsurlaub<br />

eingeführt. Sodann wurden die Bestimmungen zum Mutterschaftsurlaub<br />

erweitert. Neu wird zudem ein Adoptionsurlaub eingeführt. Somit würde es dem Zeitgeist<br />

entsprechen, auch einen speziellen Menstruationsurlaub einzuführen. Obgleich das für die<br />

Betroffenen durchaus entlastend sein kann, wäre dessen Ausgestaltung sorgfältig zu redigieren, sodass<br />

sich der Menstruationsurlaub am Schluss nicht zum Nachteil weiblicher Stellenbewerberinnen auswirkt<br />

oder zu einer Stigmatisierung von Arbeitnehmerinnen führt.<br />

ES WÜRDE DEM<br />

ZEITGEIST ENTSPRECHEN,<br />

EINEN SPEZIELLEN<br />

MENSTRUATIONS­<br />

URLAUB EIN ­<br />

ZUFÜ<strong>HR</strong>EN.<br />

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6&7 | <strong>2022</strong><br />

51


Presented by <strong>HR</strong>SE<br />

BERUFSBILDUNGSWEGE<br />

FÜR <strong>HR</strong>-PROFIS<br />

IN DER SCHWEIZ ARBEITEN SCHÄTZUNGSWEISE RUND 30 000 MITARBEITENDE IN UNTERSCHIEDLICHSTEN<br />

<strong>HR</strong>-BERUFEN. FÜR DIESE GIBT ES KEINE GRUNDBILDUNGSANGEBOTE WIE EINE LE<strong>HR</strong>E ODER EIN GRUND-<br />

STUDIUM. QUALIFIKATIONSMÖGLICHKEITEN SIND IN DER HÖHEREN BERUFSBILDUNG FÜR <strong>HR</strong>-PROFIS<br />

DESHALB VON GROSSER BEDEUTUNG.<br />

Text: Chris Dunkel<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

Chris Dunkel,<br />

Präsident <strong>HR</strong>SE<br />

hrse.ch<br />

Im Unterschied zu anderen Tätigkeitsgebieten existiert im<br />

<strong>HR</strong> keine Möglichkeit eine Lehre (EFZ) zu machen. <strong>HR</strong>-<br />

Mitarbeitende absolvieren deshalb typischerweise eine<br />

andere Grundbildung wie eine kaufmännische Lehre und<br />

suchen sich danach Wege, um im <strong>HR</strong> Fuss zu fassen. Viele<br />

finden den Einstieg im Berufsbildungswegs über einen<br />

Zertifikatsabschluss als «<strong>HR</strong>-Assistent, <strong>HR</strong>-Assistentin». Es<br />

folgen ein paar Jahre Praxis, nach denen sie sich die erworbenen<br />

Handlungskompetenzen mit einem eidgenössisch<br />

geschützten Fachausweis und einem eidgenössischen Diplom<br />

bestätigen lassen. Ohne diesen für das schweizerische<br />

duale Bildungssystem typischen Berufsweg, könnte der<br />

Bedarf nach <strong>HR</strong>-Fachkräften nicht gedeckt werden.<br />

Gute Mitarbeitende im <strong>HR</strong>-Bereich zeichnen sich dadurch<br />

aus, dass sie die vielschichtigen Prozesse im Personalwesen<br />

erklären und begleiten, so dass diese auf die individuellen<br />

Bedürfnisse von Mitarbeitenden ausgerichtet sind und die<br />

gewünschte Kultur im Unternehmen spiegeln. Diese Fähigkeiten<br />

können nicht «in der Schulbank» erworben werden.<br />

Nur wer eine entsprechende, in der Berufsbildung unverzichtbare<br />

längere <strong>HR</strong>-Praxiserfahrung mitbringt, wird Vorgesetzte<br />

und Mitarbeitende verstehen, so dass <strong>HR</strong>- Prozesse<br />

im Unternehmen von der Linie als erwünschte Unterstützung<br />

und nicht als umständliche oder gar überflüssige Pflichtaufgabe<br />

wahrgenommen werden.<br />

Eine weitere Facette des <strong>HR</strong>- Berufsbildungswegs ist, dass<br />

sich Fachkräfte mit eidgenössischen Abschlüssen der Höheren<br />

<strong>HR</strong>-Berufsbildung auch die Fähigkeiten für spezifische<br />

Fachbereiche erwerben. Etwa für eine Tätigkeit in der<br />

privaten Personalvermittlung oder der staatlichen Arbeitsvermittlung<br />

(RAV).<br />

Die Abschlüsse in der Berufsbildung sind nicht Ausgangspunkt<br />

einer Laufbahn, sondern vielmehr Bestätigung für<br />

erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten. Es ist wichtig, diese<br />

wesentliche Unterscheidung zu anderen Bildungssystemen<br />

zu erkennen. So belegt ein solcher Abschluss nicht nur, dass<br />

theoretische Voraussetzungen vorhanden sind, sondern dass<br />

die dazu gehörende Praxiserfahrungen bereits gemacht<br />

wurde. Dies ist ein ganz wesentlicher Entscheidungsfaktor<br />

für Arbeitgebende bei der Suche und Anstellung von <strong>HR</strong>-<br />

Fachkräften.<br />

Wer über ausgesprochen gute Praxiserfahrungen verfügt,<br />

kann sich im System der Höheren Berufsbildung entscheiden,<br />

eine Prüfung ohne vorangehenden Besuch von Vorbereitungsschulungen<br />

zu machen. Gerade beim Abschluss zum<br />

eidgenössischen Diplom für «Leiterinnen und Leiter <strong>HR</strong>» zeigt<br />

sich immer wieder, dass gute Praktikerinnen und Praktiker<br />

regelmässig besser abschneiden als Kandidatinnen und Kandidaten,<br />

sie sich in Vorbereitungsschulungen für <strong>HR</strong>-Themen<br />

vorgängig fit gemacht haben. Berufserfahrene zeichnen<br />

sich dadurch aus, dass sie die praktische Fähigkeit haben,<br />

Probleme im unternehmerischen Kontext und in der anvisierten<br />

Unternehmenskultur gestalten zu können und sich<br />

nicht ausschliesslich auf theoretische <strong>HR</strong>-Standardprozesse<br />

abstützen. Wer sich auf eine der eidgenössisch anerkannten<br />

<strong>HR</strong>-Prüfungen an einem der schweizweit rund 150 spezialisierten<br />

Bildungsinstituten vorbereiten will, trifft dort aufgrund<br />

der verlangten Praxisanforderungen auf Mitstudentinnen<br />

und Mitstudenten, die «aus der Praxis für die Praxis»<br />

lernen und weiterkommen wollen. Der Austausch «unter<br />

Profis» fördert die Attraktivität während der Weiterbildungszeit<br />

entscheidend.<br />

Übrigens: Auch der Gesetzgeber hat die Bedeutung des<br />

Berufsbildungswegs kürzlich weiter unterstrichen und einen<br />

Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels geleistet. Analog<br />

der Subventionierung der akademischen Bildungswege werden<br />

Bildungskurse der Höheren Berufsbildung seit Kurzem<br />

vom Bund zu 50 Prozent finanziert. Dies erlaubt auch <strong>HR</strong>-<br />

Fachpersonen mit bescheidenen Mitteln, ein qualitativ hochstehendes,<br />

staatlich anerkanntes Diplom abzuschliessen. a<br />

Vom EINSTIEG zum PROFI bis zur Stufe LEADER in Human<br />

Resources. Mit den eidgenössisch anerkannten Berufsabschlüssen<br />

führt die <strong>HR</strong>-Karriere bis ganz nach oben!<br />

hrse.ch<br />

52


Marktplatz<br />

MEINUNG<br />

Wettbewerbsgewinnerin<br />

CATHERINE GISLER<br />

HEAD OF HUMAN RESOURCES<br />

METROHM INTERNATIONAL<br />

Der Besuch am <strong>HR</strong> FESTIVAL<br />

europe und am Stand von<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> lohnte sich nicht nur<br />

wegen des Curly-Eises. Zu<br />

gewinnen gab es zudem ein<br />

Wochenende für zwei Personen<br />

im Fünf-Sterne-Hotel Villa<br />

Honegg in Ennetbürgen.<br />

Hoch über dem Vierwald -<br />

s tättersee gelegen, bietet<br />

das Boutique-Hotel eine<br />

reizvolle Sicht auf Berge<br />

und See. Diese Aussicht<br />

kann Catherine Gisler nun<br />

geniessen.<br />

Wir gratulieren zum Gewinn!<br />

Bilder: allink AG<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

53


<strong>HR</strong>TODAY.CH<br />

FOTO: iSTOCK<br />

Die Checkliste<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> TV<br />

Video-Porträt:<br />

Loes Bresseleers<br />

Eine internationale Karriere strebte die<br />

36-Jährige seit 2013 – dem Beginn ihrer Karriere<br />

beim Pharmazie- und Konsumgüterhersteller<br />

Johnson & Johnson AG an. Nach einem Aufenthalt in<br />

Südafrika ist die gebürtige Belgierin vor fast einem Jahr mit ihrer<br />

Familie in die Schweiz gekommen.<br />

Der Artikel<br />

Beziehungspflege<br />

«Ausmisten» sollten wir ab und zu nicht nur unseren<br />

Kleiderschrank, sondern auch unseren<br />

Freundes- und Bekanntenkreis. Denn<br />

nicht alle Menschen tun uns gut.<br />

Im Gegenteil! Manche beeinträchtigen<br />

durch ihr Verhalten<br />

unser Wohl befinden. Die<br />

Checkliste «Vier(einhalb)<br />

Tipps für ein entspannteres<br />

Beziehungsnetzwerk»<br />

von Gastautorin Sabine<br />

Prohaska hilft dabei,<br />

sowohl im Privat- wie auch<br />

im Berufsleben «auszumisten».<br />

Der Blog<br />

Post & Pray? –<br />

Adieu!<br />

Newsletter<br />

Mit unserem kostenlosen<br />

wöchentlichen Newsletter bleiben<br />

Sie auf dem<br />

Laufenden über weitere<br />

Online-Artikel und Videos.<br />

hrtoday.ch/de/<br />

newsletter-subscribe<br />

Jobinserat aufschalten und hoffen – ein<br />

Vorgehen, das zwar viele <strong>HR</strong>-Spezialistinnen<br />

und Spezialisten leid sind, trotzdem<br />

ist es noch immer die gängigste Methode,<br />

um nach passenden Kandidatinnen und Kandidaten<br />

zu suchen. Dabei gibt es eine Option, die um einiges einfacher<br />

und effektiver ist: Social Recruiting. Blogger Urs Casty zeigt in seinem<br />

Beitrag, wie es gehen könnte: blog.hrtoday.ch<br />

FOTO: iSTOCK<br />

Effizientes und<br />

nachhaltiges Lernen<br />

Es gibt keinen einheitlichen Ansatz, um neue Fähigkeiten zu erlernen oder<br />

vorhandenes Fachwissen zu vertiefen. Kennen Unternehmen die verschiedenen<br />

Lerntypen jedoch, lassen sich effizientere und nachhaltigere Schulungen<br />

für die Mitarbeitenden zusammenstellen. Der Artikel «Welcher<br />

Lerntyp sind Sie?» von Gastautor Aristoteles Kabarganos zeigt die verschiedenen<br />

Lerntypen auf und erklärt, welcher Zugang Arbeitgebende<br />

wählen könnten.<br />

Etwas verpasst?<br />

Klicken Sie sich durch unsere Online-Perlen:<br />

hrtoday.ch<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

54


Bloghub<br />

MEINUNG<br />

DIE TÜCKEN MIT DEM ARZTZEUGNIS<br />

ARZTZEUGNISSE SIND WICHTIG. I<strong>HR</strong>E BEDEUTUNG IST ABER HÄUFIG UNKLAR.<br />

BLOG<br />

TV<br />

NETWORK<br />

Ist ein Arbeitnehmer aus<br />

gesundheitlichen Gründen<br />

an der Arbeit verhindert,<br />

besteht während einer<br />

beschränkten Dauer nach<br />

Art. 324a f. OR eine Lohnfortzahlungspflicht<br />

und nach Art.<br />

Thomas Geiser<br />

336c OR ein Kündigungsschutz.<br />

Krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit<br />

hat somit weitreichende Folgen für die<br />

Arbeitgeberin.<br />

Arbeitnehmende melden sich in der Regel nur<br />

krank, wenn sie dies auch tatsächlich sind, und<br />

Arbeitgeberinnen haben meistens keinerlei<br />

Grund, an der Krankheit zu zweifeln. Selbstverständlich<br />

gibt es aber auch Missbrauch und<br />

misstrauische Arbeitgeberinnen. Dann wird die<br />

Frage der gesundheitsbedingen Arbeitsunfähigkeit<br />

zum Streitfall.<br />

Verlangt der Arbeitnehmer Lohn, obgleich er<br />

nicht gearbeitet hat, muss er beweisen, dass er<br />

krank war. Das gilt auch, wenn sich deshalb die<br />

Kündigungsfrist verlängern sollte. Der Arbeitnehmer<br />

wird dann ein Arztzeugnis beibringen.<br />

Das ist aber im Prozess kein Beweis für die Krankheit.<br />

Es beweist nur, dass der Arzt der Meinung<br />

war, der Arbeitnehmer sei arbeitsunfähig. Es ist<br />

eine blosse Parteibehauptung, die das Gericht<br />

würdigen muss. Soweit das im Arbeitsvertrag<br />

vorgesehen ist, kann die Arbeitgeberin den<br />

Arbeitnehmer zu ihrem Vertrauensarzt schicken.<br />

Dieser kommt dann eventuell zum Ergebnis, dass<br />

keine Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Auch das<br />

ist kein Beweis, sondern nur eine Parteibehauptung.<br />

Welche mehr Gewicht hat, kommt auf den<br />

Einzelfall an. Es gibt Argumente, die zwar nichts<br />

taugen, man aber immer wieder hört:<br />

• Der Hausarzt habe den Patienten erst im Nachhinein<br />

gesehen und die Arbeitsunfähigkeit<br />

rückwirkend festgestellt. Doch der Vertrauensarzt<br />

untersucht den Patienten noch später. Das<br />

zeitliche Argument spricht folglich nicht gegen<br />

das Zeugnis des Hausarztes und für jenes des<br />

Vertrauensarztes.<br />

• Der Hausarzt attestiere die Arbeitsunfähigkeit,<br />

weil er sonst einen Patienten verliere, dann<br />

bestreite sie der Vertrauensarzt, weil er sonst<br />

die Arbeitgeberin als Auftraggeberin verliere.<br />

Hausärzte gibt es zu wenige, Vertrauensärzte<br />

sind einfacher zu finden. Sie haben folglich ein<br />

grösseres Interesse, den Auftraggeber nicht zu<br />

verärgern.<br />

• Zutreffend ist allerdings das Argument, der<br />

Hausarzt habe eine Verantwortung für die<br />

Gesundheit seines Patienten. Schickt er ihn zu<br />

früh zur Arbeit und verschlechtert sich dadurch<br />

die Gesundheit, kann der Arzt unter Umständen<br />

haften.<br />

Mangels klarer Kriterien ist folglich die Glaubhaftigkeit<br />

des Arztzeugnisses im Einzelfall zu<br />

prüfen. Es kommt auf die Qualität des Zeugnisses<br />

an!<br />

Der Arzt kann nur glaubhaft die Arbeitsfähigkeit<br />

beurteilen, wenn er die Anforderungen an<br />

den Arbeitsplatz kennt. Er wird sinnvollerweise<br />

detailliert aufführen, welche Arbeiten der<br />

Arbeitnehmer noch machen kann und welche<br />

nicht. Die Ärztegesellschaft des Kantons<br />

Zürich beispielsweise stellt Informationen zu<br />

detaillierten Arztzeugnissen zur Verfügung. Ein<br />

solches ist in jedem Fall notwendig, wenn es<br />

bloss um eine teilweise Arbeitsunfähigkeit geht.<br />

Das Attestieren einer 50-Prozent-Arbeitsunfähigkeit<br />

besagt nicht viel und lässt Fragen<br />

offen: Geht es um 100-prozentige Präsenz mit<br />

50 Prozent Arbeitsleistung? Soll die Arbeit nur<br />

in einer halben Woche erledigt werden oder soll<br />

der Patient nur jeweils einen Halbtag arbeiten?<br />

Es macht auch wenig Sinn, von allen Arbeitnehmenden<br />

bereits nach drei Tagen Krankheit<br />

ein Arztzeugnis zu verlangen. Grippen und<br />

Ähnliches brauchen eben ihre Zeit. Ein Besuch<br />

beim Arzt ist meist nicht notwendig und ausserdem<br />

epidemiologisch unerwünscht. Eine<br />

solche Verpflichtung im Arbeitsvertrag kann je<br />

nach Formulierung zudem dahin ausgelegt<br />

werden, dass vor dem dritten Tag kein Arztzeugnis<br />

verlangt werden darf. Dann hat die<br />

Arbeitgeberin ein Problem, wenn sich ein<br />

Arbeitnehmer immer wieder Montags krankmeldet<br />

– oder allgemein nur einen einzigen Tag.<br />

Weitere Blog-Beiträge lesen Sie auf<br />

blog.hrtoday.ch.<br />

Impressum<br />

Erscheint 10 x jährlich auf Deutsch und<br />

6 x jährlich auf Französisch<br />

23. Jahrgang<br />

Druckauflage 5000 Exemplare<br />

WEMF-beglaubigte Auflage: 4511 Exemplare<br />

Gründer und Herausgeber: Matthias Zimmermann<br />

Offizielles Kommunikationsorgan von<br />

Verband der Personaldienstleister der Schweiz<br />

Union suisse des services de l’emploi<br />

Stettbachstrasse 10, 8600 Dübendorf<br />

T: 044 388 95 40, F: 044 388 95 49<br />

Verlag: ALMA Medien AG<br />

Hofackerstrasse 32, 8032 Zürich<br />

T: 044 269 50 10, info@hrtoday.ch<br />

Aboverwaltung: T: 044 269 50 20, abo@hrtoday.ch<br />

Geschäfts- & Verkaufsleitung: Tobias Mengis<br />

T: 044 269 50 18<br />

Key Account Manager:<br />

Marc Christen, T: 044 269 50 33, marc.christen@hrtoday.ch<br />

Mari Greco, T: 044 269 50 28, mari.greco@hrtoday.ch<br />

Aurelia Keusch, T: 044 269 50 34, aurelia.keusch@hrtoday.ch<br />

Marketing- und Eventleitung: Lea Maurer<br />

T: 044 269 50 36, lea.maurer@hrtoday.ch<br />

Marketing Manager: Franziska Luginbühl<br />

T: 044 269 50 24, franziska.luginbuehl@hrtoday.ch<br />

Marketing- und Administrationsassistenz: Sina Thüring<br />

T: 044 269 50 32, sina.thuering@hrtoday.ch<br />

Redaktionsteam: Corinne Päper (Chefredaktion),<br />

Christine Bachmann, Eliane Stöckli<br />

Redaktionelle Beiträge:<br />

Marc Bodmer, Gabriela Bonin, Chris Dunkel, Rebecca Eberle,<br />

Nicolas Facincani, Martin Geisenhainer, Robin Gordon, Gerhard<br />

Graf, Stephan Laske, Philipp Meier Schleich, Nena Morf, Marius<br />

Osterfeld, Marina Pletscher, Gustavo Salami, Beatrice Stadler,<br />

Sonja Stark, Sandra Vögel, Peter Ziswiler, Steffen Zitzmann.<br />

Grafik: Jasmin Knecht Korrektorat: comtexto<br />

Druck: Werner Druck & Medien AG,<br />

Leimgrubenweg 9, 4001 Basel, T: 061 270 15 15<br />

Demnächst: Nr. 8 / <strong>2022</strong><br />

Erscheinungstermin: 24. August <strong>2022</strong><br />

Insertionsschluss: 5. August <strong>2022</strong><br />

Abonnementspreise<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> PRO: CHF 324.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch,<br />

4 <strong>HR</strong>M Dossiers, 5 App-Zugänge, unlimitierter Zugriff auf alle <strong>HR</strong>M<br />

Dossiers über die App)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> STANDARD: CHF 227.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong>, 12 Monate Zugang zu hrtoday.ch, App-Zugang)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> App CHF 170.–<br />

(10 x <strong>HR</strong> <strong>Today</strong> auf dem Smartphone und Tablet)<br />

<strong>HR</strong> <strong>Today</strong> DIGITAL: CHF 129.–<br />

(12 Monate Zugang zu hrtoday.ch)<br />

Gezeichnete Artikel wider spiegeln nicht un be dingt die Meinung der<br />

Redaktion oder des Verlags. Für unverlangt eingesandte Texte<br />

übernimmt die Redaktion beziehungs weise der Verlag keine Haftung.<br />

Die Wieder gabe von Beiträgen ist nur mit Quellen angabe gestattet.<br />

Wir bedanken uns für ein Beleg exemplar.<br />

Fotos: iStockphoto<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

55


MEINUNG<br />

Leserreaktionen<br />

Kommentare unserer Leserinnen und Leser<br />

Blog-Beitrag von Thomas Geiser<br />

«Die Tücken mit dem Arbeitszeugnis»<br />

vom 2. Juni <strong>2022</strong>:<br />

«Sehr erhellend, vielen Dank.»<br />

Kristina Hofstetter<br />

Blog-Beitrag von Christoph Jordi «Sind wir<br />

zukunftstauglich?» vom 20. Februar 2020:<br />

«Herzlichen Dank für diesen spannenden<br />

Beitrag! Insbesondere das Bild des<br />

Leitsterns und die Reisemetapher gefallen<br />

mir sehr gut. Mitarbeitende sollten mit einer<br />

gemeinsamen Vision, einem gemeinsamen Nordstern, für<br />

den Purpose ihres Unternehmens brennen, anstatt «nur»<br />

einem Job nachzugehen.» Rahel Kindermann<br />

Blog-Beitrag von Urs Casty «Post & Pray –<br />

Adieu!» vom 19. Mai <strong>2022</strong>:<br />

«Mittlerweile muss man wirklich kreativ<br />

sein und die Kandidatinnen und Kandidaten<br />

da abholen, wo sie stehen. Nicht nur<br />

bei den jungen Fachkräften. Neben der Stellenanzeige<br />

ist die Direktansprache in Social<br />

Media, aber vor allem am Telefon in unseren Projekten oft<br />

ausschlaggebend.»<br />

<br />

Vanessa Streich<br />

«Bis zu drei von vier potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten<br />

sind passiv suchend – darum finde ich nebst Social<br />

Recruiting wichtig, dass man auch darauf setzt, dass Mitarbeitende<br />

Talente anwerben bzw. Jobs oder Unternehmen<br />

empfehlen.»<br />

<br />

Jan Schleuniger<br />

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wichtigsten Änderungen<br />

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nationaler und<br />

internationaler Datenschutzfragen.<br />

Dr. iur. Markus Hugentobler<br />

Lehrbeauftragter für <strong>HR</strong>-<br />

Compliance<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

56


Fokus Forschung<br />

MEINUNG<br />

<strong>HR</strong> MANAGEMENT VON MORGEN:<br />

TRENDS, DIE BLEIBEN WERDEN<br />

MÜSSEN SICH SCHWEIZER ARBEITGEBENDE AUF DIE «GREAT RESIGNATION»<br />

VORBEREITEN UND WIRD HOMEOFFICE ZUR NEUEN NORMALITÄT? WIE<br />

VERÄNDERTE SICH DAS <strong>HR</strong> MANAGEMENT SEIT DEM AUSBRUCH DER PANDEMIE?<br />

DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE AUS DER AKTUELLEN CRANET-<strong>HR</strong>M-STUDIE.<br />

Gastbeitrag: Marina Pletscher<br />

Marina Pletscher ist Doktorandin und<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität<br />

Luzern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind<br />

Führungskommunikation und Talentmanagement.<br />

Zugleich ist sie auch als selbständige<br />

Kommunikationsmanagerin tätig.<br />

Darüber hinaus nutzen Organisationen immer<br />

häufiger digitale Lösungen bei der Suche nach<br />

Talenten. Statt in Zeitungen Stelleninserate zu<br />

schalten (es wurde ein Rückgang um nahezu die<br />

Hälfte festgestellt), nutzen heute 70 Prozent der<br />

Unternehmen soziale Medien bei der Rekrutierung.<br />

Kommunikation über direkte Vorgesetzte zugenommen.<br />

Ausserdem reduzierten 47 Prozent der<br />

befragten Unternehmen regelmässige persönliche<br />

Besprechungen mit ihren Mitarbeitenden,<br />

während 76 Prozent verstärkt elektronische Kommunikationskanäle<br />

verwenden.<br />

Im Gegensatz zu den USA haben Schweizer<br />

Arbeitgebende offenbar keinen Grund, infolge<br />

abflachender Pandemiekurve eine «Great Resignation»<br />

zu befürchten. Die freiwillige Fluktuation<br />

ging in der Schweiz im Vergleich zur letzten<br />

CRANET-Erhebung im Jahr 2014 sogar zurück<br />

und liegt bei durchschnittlich 7 Prozent.<br />

Allerdings zeigen die Daten, dass sich die Arbeitsmodelle<br />

dramatisch verändern und sich neue<br />

Ansätze etablieren. Beispielsweise der Trend zur<br />

Homeoffice-Arbeit. Der Umfrage zufolge bieten<br />

heute 96 Prozent der Unternehmen die Möglichkeit,<br />

remote zu arbeiten. Bei einem Fünftel<br />

(21 Prozent) arbeitet über die Hälfte der Mitarbeitenden<br />

im Homeoffice.<br />

Das instabile wirtschaftliche Umfeld brachte die<br />

Unternehmen dazu, sich flexibleren Arbeitsbedingungen<br />

zuzuwenden. Um den Personalbedarf<br />

zu decken, greifen Organisationen deshalb<br />

zunehmend auf Zeitarbeitsfirmen (76 Prozent)<br />

oder Selbstständige und Freiberufler (62 Prozent)<br />

zurück. Kurzfristige Vertretungen aufgrund von<br />

Krankheit, Projektarbeit und saisonalen Auftragsschwankungen<br />

gehören zu den häufigsten Gründen<br />

für deren Einsatz.<br />

Für bestehende Arbeitskräfte werden digitale<br />

<strong>HR</strong>-Lösungen ebenfalls zum gängigen Instrument.<br />

So hat sich die Einführung von Employee<br />

Self Service fast verdoppelt (66 Prozent im Jahr<br />

2021). Unternehmen nutzen sie, um Mitarbeitenden<br />

die Möglichkeit zu geben, mehrere <strong>HR</strong>-bezogene<br />

Aufgaben selbst zu erledigen, beispielsweise<br />

Urlaubsanträge, Spesenabrechnungen, Schulungsplanung.<br />

Zudem entscheidet sich die Mehrheit<br />

der Unternehmen für die digitale Weiterbildung<br />

ihrer Talente: 75 Prozent der Befragten<br />

nutzen E-Learning-Programme für die Schulung<br />

und Fortbildung der Mitarbeitenden.<br />

Kommunikation im Mittelpunkt<br />

Noch nie war Führung so herausfordernd wie<br />

heute: Ein verändertes Arbeitsumfeld, Ungewissheit<br />

und die zunehmende Digitalisierung verlangen<br />

von Managerinnen und Managern aussergewöhnliche<br />

Kommunikationskompetenzen. Als<br />

unmittelbare und vertrauenswürdigste Informationsquelle<br />

haben sich die direkten Vorgesetzten<br />

zu zentralen Kommunikatoren entwickelt – die<br />

überwiegende Mehrheit bezeichnete sie als wichtigste<br />

Mediatoren des Informationsflusses. Folglich<br />

hat in etwa 31 Prozent der Unternehmen die<br />

Die Vermittlung von Informationen reicht für den<br />

Erfolg nicht aus: Unternehmen sollten auch auf Mitarbeitende<br />

hören. Die Datenanalyse ergab, dass<br />

Organisationen, die eine Bottom-up-Kommunikation<br />

(beispielsweise über das Vorschlagswesen)<br />

fördern, profitabler und wachstumsstärker sind.a<br />

CRANET<br />

CRANET ist die umfassendste wissenschaftliche<br />

Studie des (inter)nationalen Personalmanagements.<br />

Mit Vertretern aus über 50 Ländern ist<br />

CRANET das weltweit grösste <strong>HR</strong>M-Forschungsnetzwerk<br />

und das einzige, das seit über drei Jahrzehnten<br />

vergleichende Daten zum internationalen<br />

<strong>HR</strong>M sammelt. In der Schweiz wird das Projekt<br />

vom Center für Human Resources Management<br />

(CE<strong>HR</strong>M) an der Universität Luzern durchgeführt.<br />

Die Ergebnisse der neusten CRANET-Umfrage<br />

(2021) sind im Bericht «<strong>HR</strong>M in Switzerland: People<br />

& Practices» verfügbar. Die Daten enthalten<br />

ausführliche Informationen zu <strong>HR</strong>M-Praktiken<br />

und basieren auf den Angaben von 174 Unternehmen<br />

mit mindestens 100 Mitarbeitenden.<br />

bit.ly/CRANET_<strong>2022</strong><br />

Dennoch sind die Unternehmen nicht bereit, bei<br />

der Qualität Kompromisse einzugehen: 64 Prozent<br />

der befragten Organisationen gaben an, die<br />

fachlichen Anforderungen an Zeitarbeitskräfte<br />

seien genauso hoch wie die an Festangestellte.<br />

Digitaler Wandel<br />

In den letzten Jahren waren viele Unternehmen<br />

gezwungen, ihre internen Prozesse zu optimieren<br />

und Führung auf Distanz zu ermöglichen. Infolgedessen<br />

stieg die Nachfrage nach digitalen Lösungen<br />

für das Personalmanagement: Der Bedarf<br />

an Outsourcing-Aktivitäten hat sich bei <strong>HR</strong>-<br />

Informationssystemen und -Technologien fast<br />

verdoppelt und liegt nun bei rund 50 Prozent.<br />

Elektronische Kommunikation<br />

Kommunikation direkt an /<br />

von Senior Management<br />

Kommunikation durch direkte Vorgesetzte<br />

Teambriefings<br />

Mitarbeitendenbefragungen<br />

18,4%<br />

31,2%<br />

30,6%<br />

29,1%<br />

Interne Kommunikationswege, die seit dem Ausbruch der Pandemie verstärkt genutzt werden<br />

76,5%<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

57


<strong>HR</strong>-TEAM DES MONATS<br />

FOTOS: ANIELA LEA SCHAFROTH<br />

(Von links): Guido Landert, Leiter <strong>HR</strong> und<br />

Administration; Oliver Lacher, Inhaber und<br />

Geschäftsführer; Sandra Freitag, Buchhaltung.<br />

4-TAGE-WOCHE ALS OPTION<br />

KMU SIND EIN GUTER BODEN FÜR INNOVATIONEN UND NEUE ARBEITSMODELLE.<br />

DAS ZEIGT DIE BICHLER + PARTNER AG IM TOGGENBURGISCHEN WATTWIL.<br />

Interview: Christine Bachmann<br />

Ab Juli können die Mitarbeitenden in Ihrem<br />

Unternehmen die 40-Stunden-Arbeitswoche auf<br />

Wunsch in vier Tagen leisten. Warum haben Sie<br />

sich für dieses Arbeitsmodell entschieden?<br />

Guido Landert: In der Elektrobranche ist es seit<br />

längerem schwierig, Fachpersonal zu finden. Wir<br />

wollen alles Mögliche ausschöpfen, um unsere<br />

Mitarbeitenden zu halten und neue Fachkräfte zu<br />

gewinnen.<br />

Wie kommt das bei den Mitarbeitenden an?<br />

Die Rückmeldungen sind ausschliesslich positiv,<br />

denn das neue Arbeitszeitmodell bietet unseren<br />

Mitarbeitenden zusätzliche Möglichkeiten, um<br />

Privates und Berufliches zu vereinbaren. Wer keine<br />

Änderung wünscht, kann am bisherigen Modell<br />

festhalten.<br />

Guido Landert,<br />

Leiter <strong>HR</strong> und Administration,<br />

Bichler + Partner AG, Wattwil<br />

aussen sichtbarer wird. Viele Unternehmen der<br />

Region arbeiten bei diesem Thema eng zusammen.<br />

Welche Themen beschäftigen Sie nebst dem<br />

Fachkräftemangel?<br />

Der Fachkräftemangel und der Personalerhalt sind<br />

die treibenden Themen im <strong>HR</strong>-Alltag. Zudem werden<br />

wir in den nächsten Wochen unsere IT-Lösung komplett<br />

verändern. Davon ist die gesamte Belegschaft<br />

betroffen. Die damit einhergehenden Veränderungen<br />

und Auswirkungen beobachten wir und begleiten<br />

unsere Mitarbeitenden proaktiv.<br />

Sie sind ein kleines <strong>HR</strong>-Team. Was zeichnet es aus?<br />

Wir haben kurze Kommunikationswege. Jeder weiss<br />

zudem über fast alle <strong>HR</strong>-Themen Bescheid. Mitarbeitende<br />

schätzen unseren unkomplizierten Umgang<br />

und finden rasch geeignete Ansprechpartner.<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

… und bei Ihrer Kundschaft?<br />

Die Neuerungen sind in der Region gut angekommen<br />

und wir haben viele Rückmeldungen erhalten.<br />

Da viele unserer Mitarbeitenden weiterhin fünf Tage<br />

arbeiten, sind wir für unsere Kunden zu den gewohnten<br />

Arbeitszeiten erreichbar. Durch die punktuell<br />

verlängerte Arbeitszeit sind einige Mitarbeitende<br />

sogar länger im Einsatz. Somit profitieren auch<br />

Kunden von dieser Änderung.<br />

Inwiefern helfen flexible Arbeitsmodelle, dem<br />

Fachkräftemangel bei KMU entgegenzuwirken?<br />

Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden haben sich<br />

verändert, auch in der Handwerkbranche. Somit ist<br />

es unsere Pflicht, interne Möglichkeiten auszuschöpfen.<br />

Das neue Arbeitsmodell zeigt, dass wir<br />

als KMU in der Lage sind, nicht nur fachlich innovativ<br />

zu sein, sondern auch bezüglich unserer Mitarbeitenden.<br />

Wir hoffen, dass diese Anpassung<br />

einen nachhaltigen Effekt auf künftige Bewerbende<br />

haben wird.<br />

Die 4-Tage-Woche soll Mitarbeitenden mehr Zeit<br />

für Familie, aber auch für Weiterbildung geben.<br />

Inwiefern unterstützen Sie Letzteres?<br />

Wir klären in Gesprächen, was Mitarbeitende tun<br />

möchten, und beteiligen uns an ihren Weiterbildungskosten.<br />

Viele arbeiten bei uns Teilzeit, um<br />

eine Weiterbildung berufsbegleitend zu absolvieren.<br />

Wie schwierig ist es für Sie, Fachkräfte für Ihr<br />

Unternehmen zu finden und wo rekrutieren Sie?<br />

In der Vergangenheit haben wir Fachpersonal fast<br />

nur über unser Netzwerk gefunden. Seit Jahren sind<br />

wir zudem bestrebt, Ausbildungsplätze anzubieten,<br />

um eigenes Fachpersonal auszubilden. Künftig soll<br />

die Region gezielt gestärkt werden, damit die bereits<br />

vorhandene Innovation des Toggenburgs gegen<br />

Wo sehen Sie sich und Ihr Team in Zukunft?<br />

Wir werden weiterhin in der Region stark verankert<br />

sein und sind bereit, zusätzliches Personal zu engagieren,<br />

damit wir unsere Kundenaufträge optimal<br />

umsetzen können. Persönlich würde ich mich daher<br />

vermehrt internen Themen widmen und mich<br />

weniger auf fehlendes Personal konzentrieren. a<br />

Unternehmensbiografie<br />

Die Bichler + Partner AG mit Hauptsitz im<br />

toggenburgischen Wattwil bietet Dienstleistungen<br />

in den Bereichen Installation, Telematik,<br />

Hausgeräte und Automation an. Das 1895<br />

gegründete Elektrotechnikunternehmen beschäftigt<br />

über 75 Mitarbeitende und verfügt über<br />

Filialen in Nesslau und Ebnat-Kappel sowie einen<br />

Hausgeräte-Stützpunkt in Wil.<br />

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Presented by GoodHabitz<br />

WOHLBEFINDEN AM ARBEITSPLATZ<br />

DURCHGEHEND IM BLICK HABEN –<br />

BESONDERS IN KRISENZEITEN!<br />

Das aktuelle Weltgeschehen sorgt für viel Verunsicherung<br />

und Ängste – auch am Arbeitsplatz.<br />

Viele Mitarbeitende fragen sich, wie sie unter<br />

diesen Umständen einfach weiterarbeiten sollen.<br />

Die psychische Gesundheit und die Sensibilisierung<br />

für Soft Skills ist unerlässlich, um resilienter<br />

den aktuellen und zukünftigen Krisen zu begegnen.<br />

Vor allem junge Arbeitnehmer*innen fordern,<br />

dass ihre Gesundheit auch Priorität für ihre<br />

Arbeitgeber*innen haben sollte. Die «Benchmarking<br />

Studie 2021. Wohlbefinden am Arbeitsplatz»,<br />

die gemeinsam von GoodHabitz und dem eLearning<br />

Journal im gesamten deutschsprachigen<br />

Raum durchgeführt wurde, kommt zu dem<br />

Ergebnis, dass die psychische Gesundheit nach<br />

Stress zu den Hauptproblemen und -anliegen der<br />

Belegschaft gehört.<br />

Sieben Dimensionen des Wohlbefindens<br />

Doch was für Massnahmen lassen sich konkret<br />

ergreifen, wenn es um das Thema Wohlbefinden<br />

geht? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen,<br />

wurden in der globalen Benchmarking Studie<br />

sieben Dimensionen, die zum Gelingen beitragen,<br />

definiert: (1) Körperliches Wohlbefinden (psychische<br />

Leistungsfähigkeit), (2) Umweltbewusstes<br />

Wohlbefinden (Arbeitsumgebung, Nachhaltigkeit<br />

im Unternehmen), (3) Emotionales Wohlbefinden<br />

(Emotionen erkennen und effektiv<br />

steuern), (4) Geistiges Wohlbefinden (Überzeugung<br />

und Werte, die der Arbeit einen Sinn geben),<br />

(5) Intellektuelles Wohlbefinden (Fähigkeiten<br />

verbessern, neue Konzepte erlernen), (6) Berufliches<br />

Wohlbefinden (Arbeitsaufgaben, die die<br />

Talente und Fähigkeiten der Mitarbeitenden fördern),<br />

(7) Soziales Wohlbefinden (positive Beziehungen,<br />

Gefühl der Zugehörigkeit).<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass in der DACH-Region<br />

vor allem das körperliche Wohlbefinden mit 66 %<br />

mit Abstand einer der wichtigsten Faktoren ist.<br />

Es folgen das berufliche und das soziale Wohlbefinden<br />

mit jeweils 51 %, dicht gefolgt vom<br />

Ev Kicken ist Country Manager Switzerland<br />

bei GoodHabitz, einem führenden europäischen<br />

Anbieter von E-Learning Inhalten für Unternehmen.<br />

Als Expertin in der Bildungsdienstleistung<br />

setzt sie sich für die digitale Weiterbildung<br />

und moderne Lernkulturen ein.<br />

umweltbewussten Wohlbefinden (51 %). Das<br />

emotionale Wohlbefinden spielt mit 37 % eine<br />

untergeordnete Rolle. Trotzdem bieten nach<br />

eigenen Angaben 76 % der befragten Unternehmen<br />

Massnahmen bzw. Aktivitäten zum Thema<br />

«Wellbeing» für ihre Mitarbeiter*innen an oder<br />

verfügen über ein Gesundheitsmanagement. Die<br />

Thematik wird dabei vor allem als adäquates<br />

Werkzeug im K<strong>amp</strong>f um Fachkräfte und Talente<br />

gesehen. Mit 73 % ist das Anbieten von Schulungsmassnahmen<br />

zum Wohlbefinden am<br />

Arbeitsplatz eine Massnahme zur Stärkung der<br />

Mitarbeiterbindung und dient der Attraktivitätssteigerung<br />

des Unternehmens als Arbeitgeber.<br />

Aber auch weitere Aspekte, wie die Stärkung der<br />

Produktivität der Mitarbeitenden (61 %), die Verringerung<br />

der Krankheitstage (60 %) oder die<br />

Förderung von Zusammenarbeit in Teams (56 %)<br />

werden jeweils von mehr als der Hälfte der<br />

Befragten als Argumente für ansprechende<br />

Schulungsmassnahmen angegeben.<br />

e-Learning und Wohlbefinden: ein Dream-Team<br />

Wohlbefinden im Unternehmen ist kein Ziel, das<br />

man anstrebt, erreicht und dann von der Todo-Liste<br />

streicht. Es handelt sich um einen<br />

andauernden Prozess, bei dem immer wieder<br />

Veränderungen und Anpassungen nötig sind.<br />

Und das auf allen Ebenen: <strong>HR</strong>-Manager*innen<br />

und Führungspersonen haben die Aufgabe,<br />

durch gezielte Massnahmen eine Unternehmenskultur<br />

zu schaffen, die das mentale und<br />

körperliche Wohlbefinden in den Vordergrund<br />

stellt. Führungskräfte sollten sicherstellen, dass<br />

ihr Führungsstil den Anforderungen einer zunehmend<br />

dynamischen, digitalen und komplexen<br />

Arbeitswelt entspricht. Und Mitarbeitende sollten<br />

ihrer Gesundheit mehr Beachtung schenken,<br />

ihre Stärken erkennen und wertschätzen, sowie<br />

neue Fähigkeiten entwickeln. Auf diese Weise<br />

tragen alle Ebenen zu einer stärkeren und zufriedeneren<br />

Unternehmenskultur bei. Doch wie<br />

können Schulungen im Bereich des Wohlbefindens<br />

gelingen?<br />

Auf den ersten Blick mag «Wellbeing» nicht<br />

unbedingt ein klassisches E-Learning-Thema sein.<br />

In der Vergangenheit lagen beim digitalen Lernen<br />

regelmässig Compliance, IT-Trainings und Produktschulungen<br />

an oberster Stelle, wobei über<br />

die letzten Jahre zunehmend auch Soft Skills an<br />

Bedeutung gewannen. Mit Online-Kursen kann<br />

ein erster Schritt in Unternehmen zur Aufklärung<br />

und Sensibilisierung der Thematik „Wellbeing am<br />

Arbeitsplatz» geleistet werden. Denn Mitarbeitende<br />

haben die Möglichkeit sich individuell und<br />

zeitlich flexibel damit auseinanderzusetzen und<br />

es bleibt somit kein Tabu Thema.<br />

Wer als Unternehmen es schafft, Mitarbeitende<br />

dort abzuholen abzuholen wo sie stehen und ihre<br />

Resilienz zu erhöhen, hat es im Ringen um qualifizierte<br />

Fachkräfte einfacher, reduziert Fehlzeiten<br />

und positioniert sich als modernen Arbeitgeber.<br />

<br />

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