30.09.2021 Aufrufe

2021/39 | Donautal Magazin

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

24<br />

GESCHICHTE<br />

100<br />

„100 Hektar Acker und Wiesen,<br />

vielleicht ein bisschen<br />

mehr, bewirtschaftete der<br />

Obere Riedhof“, meint Zeitzeuge<br />

Georg Braun. Der Hof<br />

konnte sich damit selbst<br />

mit allem Nötigen zum<br />

Leben versorgen.<br />

So sah das <strong>Donautal</strong> zu Zeiten des Riedhofs aus.<br />

Foto: Sammlung Georg Braun<br />

Fortsetzung von Seite 22<br />

schen hier: „Wir Grimmelfinger<br />

nannten sie die Riedhöfler.<br />

Sie konnten sich frei bewegen<br />

und kamen in den Ort,<br />

man kannte sich. Da half etwa<br />

einer dem Schmied, ein anderer<br />

sammelte Rossbollen auf –<br />

damals gab es ja noch Pferdefuhrwerke.<br />

Für uns war das etwas<br />

ganz Normales, wir sind mit<br />

ihnen aufgewachsen.“ Von daher<br />

möchte Georg Braun den Oberen<br />

Riedhof in Erinnerung halten<br />

und hat vieles zusammengetragen,<br />

Bilder und Dokumente.<br />

Daraus entstand die Idee, die<br />

Geschichte des Oberen Riedhofs<br />

in einem Buch darzustellen.<br />

Im Vordergrund steht dabei<br />

das Menschliche: „Die Riedhöfler<br />

hatten ein würdiges Dasein<br />

– schließlich gab es damals<br />

ja nichts für Arme und Behinderte.<br />

Die Diakone handelten im<br />

Sinne der lateinischen Humanitas,<br />

der Menschlichkeit, darum<br />

geht es mir. Die ganze Geschichte<br />

soll daher aufgearbeitet werden“,<br />

betont Braun und verweist<br />

auf ein Werk, das nur das dunkle<br />

Kapitel des Oberen Riedhofs in<br />

NS-Zeiten darstellt. Der Historiker<br />

Walter Wuttke hat in dem<br />

Buch „O, diese Menschen“ die<br />

Geschichte des Oberen Riedhofs<br />

während des Nationalsozialismus<br />

aufgearbeitet – damals<br />

wurden 30 der geistig behinderten<br />

Bewohner zwangssterilisiert<br />

und mindestens 58 im KZ Grafeneck<br />

ermordet.<br />

Spenden für das<br />

Buchprojekt<br />

Das Projekt ist auf Spenden<br />

angewiesen, ein Spendenkonto<br />

ist eingerichtet.<br />

Volksbank Ulm-Biberach eG<br />

IBAN: DE92 6309 0100 0220<br />

0080 19<br />

BIC: ULMVDE66<br />

Verwendungszweck:<br />

Riedhof-Schrift<br />

Ein Buch über die Geschichte<br />

Die Buch-Idee kam beim Bürgerverein<br />

Grimmelfingen gut an:<br />

„Die Riedhöfler waren, so hat<br />

man mir erzählt, liebenswerte<br />

Menschen, die sollen ihr Gedenken<br />

bekommen“, äußert Ines<br />

Hilsberg, Kassiererin beim Bürgerverein.<br />

Der Verein hat es sich<br />

daher zur Aufgabe gemacht, das<br />

Buch herauszubringen. „Jedoch<br />

dazu brauchen wir Geld, mindestens<br />

40.000 Euro. Der Bürgerverein<br />

hat Spenden eingenommen,<br />

toll ist das Engagement<br />

von Herrn Utz. Durch seine Initiative<br />

sind gute 30.000 Euro zugesagt“,<br />

verweist Hilsberg auf<br />

die Unterstützung von Werner<br />

Utz, früherer Firmenchef von<br />

Uzin Utz im <strong>Donautal</strong>. Durch einen<br />

Brief an andere Unternehmer<br />

im <strong>Donautal</strong> konnte er einige<br />

bewegen, für das Buch zu<br />

spenden. Utz war durch einen<br />

Artikel in der Südwest Presse auf<br />

das Projekt aufmerksam geworden.<br />

Dieser weckte in ihm persönliche<br />

Erinnerungen an den<br />

Oberen Riedhof – schließlich<br />

war er einer der Unternehmer<br />

der ersten Stunde im damals<br />

neuen Industriegebiet <strong>Donautal</strong>.<br />

Daraufhin schrieb er einen Brief<br />

an rund 20 Firmen, in dem steht:<br />

„Ich bitte Sie zu überlegen, inwieweit<br />

auch Sie beziehungsweise<br />

Ihr Unternehmen dieses<br />

Projekt unterstützen können.“<br />

Es gab viele positive Rückmeldungen.<br />

Neben Utz sagten folgende<br />

Firmen ihre Spenden zu:<br />

Oscorna, Husqvarna, Ludwig<br />

Merckle, Wieland Werke, Seeberger,<br />

Noerpel, Schwäbische<br />

Härtetechnik SHU, Nagel Baumaschinen,<br />

Einenkel Toranlagen<br />

und Dodel Metallbau. Neben den<br />

finanziellen Zusagen freute sich<br />

Utz zudem über Antworten von<br />

Unternehmern, die sich wie er<br />

Gedenkstein auf dem Teva-<br />

Gelände. Foto: Volkmar Koenneke<br />

an persönliche Eindrücke erinnern.<br />

Ein Unternehmer schildert<br />

etwa, wie eine Riedhof-Bewohnerin,<br />

die nach dem Krieg in seiner<br />

Firma arbeitete, im Winter<br />

früher kam, um morgens die<br />

Öfen anzuheizen, „damit es die<br />

Büroangestellten warm hatten“.<br />

Ein Historiker soll ran<br />

Kommen noch mehr Spenden<br />

zusammen, kann es bald an die<br />

Umsetzung des Buchs gehen.<br />

Braun stellt dafür seine Dokumente<br />

und Bilder zur Verfügung.<br />

Er und andere als Zeitzeugen<br />

stehen für die menschlichen Aspekte<br />

im Buch. Die Umsetzung<br />

sowie die Archivalienforschung<br />

wird einem Historiker übergeben,<br />

der die gesamte Geschichte<br />

des 1974 geschlossenen Oberen<br />

Riedhofs aufarbeiten soll.<br />

Bisher erinnert nur eine Gedenkstele<br />

bei Teva Ratiopharm<br />

an den Oberen Riedhof, der 1998<br />

abgerissen wurde. Bald wird ein<br />

Buch alle Kapitel über den Riedhof,<br />

die Schicksale und das Leben<br />

dort aufschlagen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!