SB_20023BLP
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2020<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Strategien zur Wärmeentkopplung<br />
beim gepulsten<br />
Laserstrahlauftragschweißen<br />
von Nickelbasisbauteilen zur<br />
Steigerung der Produktivität
Strategien zur<br />
Wärmeentkopplung beim<br />
gepulsten Laserstrahlauftragschweißen<br />
von<br />
Nickelbasisbauteilen zur<br />
Steigerung der Produktivität<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 20.023 BR<br />
DVS-Nr.: 06.119<br />
Technische Universität Ilmenau,<br />
Fakultät Maschinenbau Fachgebiet<br />
Fertigungstechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.023 / DVS-Nr.: 06.119 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF<br />
im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2020 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 488<br />
Bestell-Nr.: 170598<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-488-3<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite III des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen .......................................................................... I<br />
Danksagung .......................................................................................................................... II<br />
1 Einleitung ....................................................................................................................... 6<br />
2 Stand der Technik .......................................................................................................... 7<br />
2.1 Nickelbasissuperlegierungen ............................................................................... 7<br />
2.1.1 Legierungselemente ............................................................................................ 8<br />
2.1.2 Aufbau und Untergliederung von Ni-Superlegierungen ........................................ 9<br />
2.1.3 Vorgang des Ausscheidungshärtens ..................................................................13<br />
2.1.4 Schweißeignung .................................................................................................15<br />
2.2 Heißrisse ............................................................................................................15<br />
2.2.1 Entstehung von Heißrissen ................................................................................16<br />
2.2.2 Methoden der Heißrissvermeidung .....................................................................18<br />
2.3 Anforderungen an das Reparaturschweißen von Nickelbasis-Superlegierungen 19<br />
2.4 Laserpulverauftragschweißen ............................................................................20<br />
2.5 Lasterstrahlauftragschweißen mit drahtförmigem Schweißzusatzwerkstoff ........21<br />
2.6 Optimierung des Verfahrens ...............................................................................22<br />
2.6.1 Pulsrampenformung ...........................................................................................23<br />
2.7 Entkopplung der Wärmeanteile ..........................................................................24<br />
2.7.1 Heißdrahttechnik .....................................................................................24<br />
2.7.2 Grundwerkstoffvorwärmung ....................................................................25<br />
2.7.3 Résumé zur Entkopplung der Leistungsanteile .......................................25<br />
2.8 Voruntersuchungen zur Heißdrahttechnik ..........................................................25<br />
2.8.1 Résumé der Voruntersuchungen ............................................................27<br />
3 Ziel des Forschungsvorhabens ......................................................................................28<br />
4 Experimentelles Vorgehen ............................................................................................29<br />
4.1 Werkstoffe ..........................................................................................................29<br />
4.2 Probengeometrie ................................................................................................29<br />
4.3 Anlagentechnik ...................................................................................................30<br />
4.4 Bestimmung des Emissionsgrades .....................................................................33<br />
4.5 Vorbetrachtung zur Bestimmung der Leistungsanteile ........................................34<br />
4.5.1 Wärmeentkopplung durch Heißdraht ......................................................34<br />
4.5.2 Wärmeentkopplung durch Grundwerkstoffvorwärmung ...........................35<br />
4.6 Metallographische Charakterisierung .................................................................35<br />
4.7 Härtemessung ....................................................................................................37<br />
4.8 Wärmebehandlung .............................................................................................37<br />
4.9 Statistische Versuchsauswertung .......................................................................38
Seite IV des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
4.9.1 Grundbegriffe und allgemeine Grundlagen .........................................................38<br />
4.9.2 Regressionsanalyse ...........................................................................................48<br />
Bestimmung der Regressionsgleichung ......................................................................48<br />
Beurteilung des Regressionsmodells...........................................................................48<br />
Regressionsalgorithmen ..............................................................................................50<br />
4.9.3 Statistikprogramm Minitab ..................................................................................51<br />
4.10 Numerische Simulation ......................................................................................52<br />
5 Ergebnisse und Diskussion ...........................................................................................55<br />
5.1 Metallografische Untersuchung ..........................................................................55<br />
5.1.2 Ermittlung der Produktivitätssteigerung ..............................................................65<br />
5.2 Nahtimperfektionen ............................................................................................66<br />
5.2.1 Porenbildung ......................................................................................................66<br />
5.2.2 Heißrissneigung .................................................................................................67<br />
5.2.3 Härtemessung ....................................................................................................68<br />
Vergleichshärtemessung vor und nach der Auslagerung .............................................71<br />
5.3 Statistische Versuchsauswertung .......................................................................72<br />
5.3.1 Regressionsanalyse ...........................................................................................72<br />
5.3.2 Beurteilung der Modelle .....................................................................................72<br />
5.3.3 Effektdiagramme und Regressionsgleichungen ..................................................75<br />
Aufmischungsgrad D ...................................................................................................75<br />
Benetzungswinkel θ ....................................................................................................76<br />
Aspektverhältnis A .......................................................................................................78<br />
Härteinhomogenität δHVa ............................................................................................79<br />
Übersicht Haupteffektdiagramme ................................................................................80<br />
5.3.4 Zielgrößenoptimierung .......................................................................................81<br />
Prädiktionsmodell 1 – Optimierung nach und D ..............................................81<br />
Prädiktionsmodell 2 – Optimierung nach , D und δHVa .....................................84<br />
5.3.5 Validierung des statistischen Modells .................................................................86<br />
Parameterauswahl .............................................................................................86<br />
Übertrag des Modells auf einen Drahtdurchmesser von 0,5 mm ........................87<br />
Überlappungschweißversuche ....................................................................................88<br />
Mehrlagenschweißversuche ........................................................................................89<br />
Drahtdurchmesser 0,4 mm .................................................................................89<br />
Drahtdurchmesser 0,5 mm .................................................................................91<br />
5.4 Simulationsbasierte Untersuchungen .................................................................92<br />
5.4.1 Validierung des Simulationsmodelles .................................................................92<br />
5.4.2 Untersuchung zum Schweißbaddurchbruch .......................................................92<br />
5.4.3 Weitere simulationsbasierte Untersuchungen.....................................................95<br />
5.5 Ergebnisübertrag auf weitere Werkstoffpaarungen .............................................97<br />
5.5.1 IN 718 / HS 282 ..................................................................................................97<br />
5.5.2 IN 738 LC / IN 738 LC ........................................................................................98<br />
5.5.3 IN 738 LC / Rene 80...........................................................................................99
Seite V des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
5.6 Reparatur anwendungsorientierter Schadensfälle ............................................ 100<br />
5.6.1 Demonstratorbauteil Kraftwerkturbinenschaufel IN 738 LC .............................. 100<br />
5.6.2 Demonstratorbauteil Flugzeugturbinenschaufel IN 718 .................................... 101<br />
6 Formalitäten ................................................................................................................ 103<br />
6.1 Schlussfolgerungen und Gegenüberstellung der Ergebnisse mit den Zielstellungen<br />
des Forschungsantrages und Verwendung der Zuwendung ............................. 103<br />
6.2 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit .............................. 107<br />
6.3 Wissenschaftlich-technischer Nutzen ............................................................... 108<br />
6.4 Wirtschaftlicher Nutzen insbesondere für kmU, innovativer Beitrag und industrielle<br />
Anwendungsmöglichkeiten ............................................................................... 108<br />
6.5 Einschätzung zur Realisierbarkeit des vorgeschlagenen Transferkonzepts ...... 109<br />
6.6 Aussagen von kmU zum Vorhaben .................................................................. 110<br />
6.7 Veröffentlichungen ........................................................................................... 111<br />
6.8 Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft ..................................................... 111<br />
6.9 Angaben zu gewerblichen Schutzrechten ......................................................... 112<br />
7 Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 113<br />
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 119<br />
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................ 126
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
1 Einleitung<br />
Nickelbasis-Superlegierungen sind aufgrund ihrer herausragenden Hochtemperaturfestigkeit,<br />
Kriechfestigkeit, Ermüdungsfestigkeit, Zähigkeit, Schlagbeständigkeit und Widerstand gegen<br />
Heißgaskorrosion der bevorzugte Werkstoff für Leit- und Laufschaufeln in stationären Gasturbinen<br />
und Flugzeugtriebwerken, da sie ihre Festigkeit auch bei 80 % bis 90 % ihrer Schmelztemperatur<br />
bewahren (/Bür11/, /Bur10/). Im Heißgasstrom rotieren die einzelnen Schaufeln mit<br />
nahezu 3600 Umdrehungen pro Minute, wobei 1400 °C heißes Gas mit Geschwindigkeiten<br />
von 100 m/s auf jede einzelne Schaufel trifft (/Inf13/). Aus der wiederkehrenden Variation von<br />
Temperatur und Geschwindigkeit entlang des Strömungspfades ergeben sich unterschiedliche<br />
Verschleißmechanismen, wie Oxidation, Korrosion, Heißgaskorrosion und Erosion (/Van07/).<br />
Aus diesem Grund werden die einzelnen Schaufeln in definierten Betriebsintervallen von ca.<br />
24.000 h einer regelmäßigen Inspektion und Wartung unterzogen und gegebenenfalls ausgetauscht,<br />
wenn betriebsbedingte Beanspruchungen die Funktionalität nicht mehr gewährleisten<br />
(/Mar06/, /Bur10/). Die Ursachen für defekte Schaufeln nach einem Betriebsintervall sind vielfältig.<br />
So resultieren Schäden bei stationären Gasturbinen durch Verschleiß aufgrund von Reibung<br />
oder Erosion durch Sand- und Staubpartikel. Weitere Ursachen, bspw. in Flugzeugtriebwerken,<br />
sind harte Landemanöver, wenn einzelne Triebwerkskomponenten einander berühren<br />
oder größere Objekte in das Triebwerk einschlagen (/Ing13/). In diesem Fall ist der Austausch<br />
oder die Reparatur der defekten Schaufel notwendig (/Mar06/). Die Werkstoff- und Herstellungskosten<br />
für eine einzige Turbinenschaufel können bis zu 15.000 € betragen, wobei moderne<br />
Turbinen bis zu 300 Schaufeln besitzen. Dies verdeutlicht die Relevanz der Instandhaltung,<br />
Reparatur und Wartung aus betriebswirtschaftlicher Sicht, insbesondere vor dem Hintergrund,<br />
dass sich die Kosten eines Turbinenschaufelsatzes im Verhältnis zur Gesamtturbine<br />
auf etwa 40 % belaufen. Somit ist ein Austausch dieser Hightech-Komponenten für die Kraftwerksbetreiber<br />
sowie für die Betreiber von turbinengetriebenen Flugtriebwerken mit hohen finanziellen<br />
Aufwendungen verbunden. Im Vergleich zur Neuanschaffung einer Turbinenschaufel<br />
beläuft sich der finanzielle Aufwand einer Reparatur auf ca. 50 % /Ing13/ und erweitert zugleich<br />
die Lebensdauer – einmalige Reparatur vorausgesetzt – um bis zu 100 % (/Arj11/). Die<br />
Reparatur erfolgt dabei durch Schweißverfahren. Wird jedoch bei Raumtemperatur geschweißt,<br />
kann für viele technische Nickelbasis-Superlegierungen (z.B. IN 738 LC, Rene 80,<br />
IN 939) die Heißrissbildung in der Wärmeeinflusszone (WEZ) und im Schweißgut (SG) nicht<br />
vermieden werden (/Arj11/). In diesem Fall wird die bedingte Schweißeignung ‘-gehärteter<br />
Nickelbasis-Superlegierungen durch den Einsatz artungleicher, mischkristallhärtender<br />
Schweißzusatzwerkstoffen umgangen. Allerdings besitzen diese Legierungen im Vergleich zu<br />
‘-gehärteten Legierungen eine geringere Hochtemperaturfestigkeit, weshalb der Markt zunehmend<br />
artgleiche Reparaturen fordert.<br />
In Deutschland ist die Instandsetzung von Turbinenschaufeln aus Gasturbinen und Flugzeugtriebwerken<br />
von klein- und mittelständischen Unternehmen (kmU) geprägt. Dabei darf die Reparatur<br />
nur von speziell für derartige Schweißaufgaben qualifiziertem Schweißpersonal und<br />
zertifizierten Unternehmen durchgeführt werden. Die Fähigkeit, mit verbesserten Schweißprozessen<br />
Nacharbeit und Ausschuss zu vermeiden, ist für die Betreiber von Kraftwerksturbinen<br />
und Triebwerken häufig ein Entscheidungskriterium zur Vergabe von Serviceverträgen und ist<br />
dementsprechend ein Türöffner für ein umfassenderes Geschäft, dass über die Reparatur der<br />
Bauteile hinausgeht. Dies kommt vor allem den kmU in verschiedenen Bereichen zugute, da<br />
mit neuverkauften Turbinen und Triebwerken auch stets langfristige Wartungsverträge abgeschlossen<br />
werden. Bereits in den letzten 25 Jahren konnte allein die deutsche Turbomaschi-
Seite 7 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
nenbranche ihren Anteil am Weltmarkt von 15 % auf 30 % verdoppeln (/Wid13/). Nach Abschätzung<br />
des derzeitigen Marktes ist auch in den nächsten Jahren ein stetiger Absatz von<br />
Gasturbinen am Weltmarkt zu verzeichnen. Die jüngste Marktprognose für den weltweiten<br />
Flugzeugmarkt kommt zu dem Ergebnis, dass der weltweite Flugverkehr im Zeitraum 2013 bis<br />
2032 im Schnitt um jährlich 4,7 Prozent wächst, weshalb für die nächsten 20 Jahre mit einem<br />
weltweiten Bedarf an 29.200 neuen Flugzeugen gerechnet werden muss (/Wüp13/). Daher<br />
wird dem Servicegeschäft, d.h. Instandhaltungs-, Wartungs- und Reparaturarbeiten, auch in<br />
den kommenden Dekaden eine immer wichtigere Rolle zukommen. Um im internationalen<br />
Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben, sind die genannten Lohndienstleister, die schweißintensive<br />
Aufträge in diesem umkämpften Markt bedienen, gezwungen, ihre Fertigungsprozesse<br />
zu optimieren bzw. leistungsfähiger im Sinne einer Erhöhung der Produktivität zu gestalten.<br />
Somit liefert das Vorhaben fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine anwendungsgerechte<br />
Vorgehensweise zur Steigerung der Produktivität basierend auf der Entkopplung von<br />
Wärmeanteilen ermöglicht. Dadurch werden kmU in die Lage versetzt, Schweißaufgaben mit<br />
einer hohen Produktivität bzw. Abschmelzleistung bei gleichzeitig hoher Bauteilqualität für die<br />
vom Markt geforderten Nickelbasis-Superlegierungen zu lösen.<br />
2 Stand der Technik<br />
2.1 Nickelbasissuperlegierungen<br />
Nickelbasis Superlegierungen sind spezielle Legierungen auf Nickelbasis, deren wesentliche<br />
Eigenschaften hohe Kriechfestigkeit sowie hohe Korrosionsbeständigkeit bei Temperaturen<br />
oberhalb von 650°C sind. Diese Superlegierungen sind für extrem hohe Anforderungen ausgelegt<br />
und werden vor allem für Dampf- und Gasturbinen, Flugtriebwerkbau oder Hochtemperaturanwendungen<br />
in der Energie- und Antriebstechnik, der chemischen Industrie oder aber<br />
der Hüttentechnik und Maschinenbau eingesetzt (/Arj11/). Insbesondere in den Anwendungsbereichen,<br />
in denen die Werkstoffe hohen thermischen, korrosiven und mechanischen Belastungen<br />
ausgesetzt sind, werden vornehmlich Nickelbasis-Superlegierungen eingesetzt, da<br />
ihre charakteristischen Eigenschaften besonders dort von großer Bedeutung sind. Nickelbasis-Superlegierungen<br />
zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:<br />
• hohe Kriechfestigkeit (/Bur10/)<br />
• hohe Härte (/Bur10/)<br />
• hohe Korrosionsbeständigkeit (/Mai15/)<br />
• hohe Zähigkeitseigenschaften (/Bur10/)<br />
• hohe Warmfestigkeit und Festigkeit bei Raumtemperatur (/Mai15/, /Bur10/)<br />
• bis zum Schmelzpunkt durchgehende kubisch flächenzentrierte Gitterstruktur<br />
(/Mai15/Bur10/)<br />
• sehr hohe Festigkeitssteigerung durch Legierungsmaßnahmen (/Mai15/)<br />
• geringe Wärmeleitfähigkeit (/Mai15/)<br />
• bedingte bis schlechte Schweißbareignung (/Bur10/)<br />
• hoher Wärmeausdehnungskoeffizient (/Mai15/)
Seite 8 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20023 BR<br />
2.1.1 Legierungselemente<br />
Nickel (Ni) und damit verbunden Ni-Legierungen weisen von allen Hochtemperaturwerkstoffen<br />
die geeignetste Kombination aus Korrosionsbeständigkeit, Verarbeitbarkeit und hervorragende<br />
mechanischen Eigenschaften auf (/Mai15/). Sie besitzen eine stabile kubisch flächenzentrierte<br />
(kfz) Gitterstruktur, die den Vorteil hat, keine gitterstabilisierenden Elemente zu benötigen.<br />
Dadurch ergibt sich die gute Verformbarkeit (/Mai15/).<br />
Ni als reiner Werkstoff zeichnet sich vorwiegend durch gute elektrische Eigenschaften und<br />
Korrosionsbeständigkeit aus. Durch das Zulegieren anderer Metalle steigt die Korrosionsbeständigkeit<br />
und damit die Einsatzmöglichkeiten. So verbessert Aluminium (Al) die Beständigkeit<br />
gegen Heißkorrosion (/Goe73/) durch die Bildung einer Al 2O 3-Deckschicht. Diese gilt als<br />
einziger Langzeitoxidationsschutz, der bei Temperaturen über 950 °C wirksam ist. Chrom (Cr)<br />
bietet einen zusätzlichen Korrosionsschutz indem es bei der Bildung der Al 2O 3-Deckschicht<br />
unterstützt und einen weiteren Schutz durch die Bildung einer Cr 2O 3-Schicht bietet /Mai15/.<br />
Neben den Korrosionseigenschaften wird durch Al, aber auch durch Titan (Ti), Tantal (Ta) oder<br />
Niob (Nb) die Härte eingestellt. Dies wird im weiteren Verlauf erörtert.<br />
Zur Erzeugung zusätzlicher charakteristischer Eigenschaften werden andere Legierungselemente<br />
eingesetzt. So erhöht bspw. Molybdän (Mo) das E-Modul, was wiederum für die Kriechfestigkeit<br />
günstig ist. Kobalt (Co) senkt bspw. die Lösungstemperatur und reduziert die Löslichkeit<br />
von Al und Ti. Das wiederum verbessert die Lösungsglühbarkeit und erhöht den Anteil<br />
der ausscheidungshärtenden ‘-Phase, deren Hauptbestandteil Ni 3(Al,Ti)-Kristallite sind<br />
(/Mai15/). Die große Auswahl an Elementen, welche in Ni löslich sind, bietet den Vorteil der<br />
Beständigkeit gegen eine Vielzahl korrosiver Medien in Kombination mit ausgezeichneten mechanischen<br />
Eigenschaften, wie z.B. Kaltverformbarkeit oder Zähigkeit (/Sch04a/).<br />
Die eingesetzten Legierungselemente stehen in Wechselwirkung zueinander. Das kann dazu<br />
führen, dass Elemente, die eine spezielle Eigenschaft erzeugen, in inverser Beziehung zu einer<br />
anderen Eigenschaft stehen und diese somit negativ beeinflussen. So können sich bei zu<br />
hohen Gehalten von Co oder Mo die Heißkorrosionseigenschaften verschlechtern oder bei<br />
steigendem Gehalt von z.B. Ti oder Nb die Werkstoffe spröder werden. Dies hat wiederum<br />
negative Auswirkungen auf die Schweißeignung dieser Legierungen /Mai15/. Auch andere<br />
Werkstoffe beeinflussen das Schweißverhalten von Ni-Legierungen. So führen vor allem Verunreinigungen<br />
wie z.B. Schwefel (S) oder Phosphor (P) zu einer geringeren Schweißeignung<br />
durch extreme Neigung zu Heißrissen im Schweißgut und der Wärmeeinflusszone (WEZ).<br />
Dies ist bedingt durch die sehr niedrige Löslichkeit der Elemente im Gitter, was dazu führt,<br />
dass sich niedrigschmelzende Phasen an den Korngrenzen bilden (/Sch04a/, /Mai15/). Für<br />
Schweißprozesse beeinträchtigen auch die sich bildenden Karbide die Schweißeignung der<br />
Werkstoffe. Die sich durch den Schweißprozess, Wärmebehandlungen oder einer entsprechenden<br />
Betriebstemperatur ausbildenden Karbide können sich an Korngrenzen oder anderen<br />
Gitterdefekten ausscheiden. Damit kann es zur interkristallinen Korrosion kommen, wodurch<br />
Zähigkeitseigenschaften beeinträchtigt werden. Hierbei wird zwischen primären und sekundären<br />
Karbiden unterschieden. Primäre Karbide entstehen interdendritisch während des Erstarrens<br />
beim Herstellungsprozess des Werkstoffes. Sekundäre Karbide hingegen bilden sich<br />
während der Beanspruchung oder der Be- und Verarbeitung des Werkstoffes aus. Diese sekundären<br />
Karbide lassen sich jedoch durch entsprechende Temperatur-Zeit-Führung, bzw.<br />
Wärmebehandlungen oder aber durch Absenkung des Kohlenstoffgehaltes beeinflussen<br />
(/Sch04a/). Mit sinkendem Kohlenstoffanteil sinkt auch die Ausscheidung von Karbiden. Damit<br />
verbunden sinkt die Anfälligkeit für Risse durch Seigerungen an Korngrenzen und niedrigschmelzenden<br />
Phasen an den Korngrenzen in der WEZ (/Tho91/). Seigerungen sind Entmi-