syndicom magazin Nr. 26
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
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syndicom
Nr. 26 November-Dezember 2021
magazin
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Inhalt
4 Teamporträt
5 Kurz und bündig
6 Die andere Seite
7 Gastautorin
8 Dossier:
Neuer Service public
15 Infografik
16 Arbeitswelt
22 Politik
25 Recht so!
26 Freizeit
27 1000 Worte
28 Bisch im Bild
30 Aus dem Leben von ...
31 Kreuzworträtsel
32 Inter-aktiv
Liebe Leserinnen und Leser
Vor zehn Jahren haben wir gemeinsam die Gewerkschaft
syndicom gegründet. Zehn bewegte
Jahre, die uns einiges an Energie, Eigensinn
und Kreativität abgefordert haben. Viele Klippen
haben wir umschifft und schwierige, aber auch
wegweisende Entscheide gefällt. Zehn Jahre:
Mit starkem Arm, festem Willen, Geduld und
Hartnäckigkeit sind wir dabei, unsere Gesellschaft
entscheidend mitzugestalten. Ein kurzer
Blick zurück lohnt sich – er hilft, den Weg, der
vor uns liegt, klarer zu erkennen. In unserem
Gründungsgepäck hatten wir wenige Gesamtarbeitsverträge
(GAV) und eine grosse Menge
an Herausforderungen. Der Einsatz für GAVs,
für moderne Arbeitsbedingungen oder Arbeitskämpfe
haben syndicom geprägt. Wir haben es
geschafft, einige Gewerkschaftswüsten zu begrünen
– wie den Netzbau, die Callcenter oder
die Zustelllogistik. Wir setzen Trends bei Arbeitszeit,
sozialer Digitalisierung, Lohn, Kündigungsschutz
oder digitaler Heimarbeit. Unsere
Bedeutung wächst, aber die individuelle Beteiligung,
der Organisationsgrad sinkt. Wieder mehr
Aktive zu gewinnen, ist deshalb eine grosse
Heraus forderung. Die Grundlagen dafür haben
wir geschaffen. Der Kongress wird weitere wegweisende
Entscheide für unsere Zukunft treffen.
syndicom will und wird in ihrer Ausrichtung
die gesamte Gewerkschaftsbewegung stärken.
Das kennen wir, das wollen wir, das können wir.
Deshalb liegen die besten Jahre vor uns. Die
Zukunft gehört syndicom. Volle Kraft voraus!
17
28
30
Daniel Münger, Präsident syndicom
4
Das Orga-Team
Kongress 2021
«Unsere Belohnung ist, wenn am Kongress
alles glatt läuft»
Die Persönlichkeiten hinter der
Organisation und Dokumentation des
syndicom-Kongresses 2021:
Jacqueline Hadji, Assistentin der
Geschäftsleitung und Mitarbeiterin
im Administrationspool (li. Mitte), und
Yvonne Scheurer-Arnet, Mitarbeiterin
im Administrationspool und
Verantwort liche für die Kongressorganisation
(re. Mitte), beide in Bern:
«Wir haben in der Administration ein
tolles Team, da verlieren wir nicht so
schnell die Nerven.»
Roger Leuenberger, Grafiker in Bern,
Produktion Kongress-Ringbuch (re.):
«Das Ringbuchkonzept hat sich bewährt.
Die 124 Seiten in drei Sprachen
sind nur machbar dank der sorgfältigen
Vorarbeit des Administrationspools.»
Pieter Poldervaart, freier Journalist in
Basel, Produktion Legislaturbericht
2017–2021 (links):
«Das Übersetzungsteam von syndicom
ist top. Wenns pressiert, kommt die
Rückmeldung schon über Nacht.»
Text: Pieter Poldervaart
Bild: Alexander Egger
«Fertig sind wir
tatsächlich erst kurz
vor Weihnachten»
Losgegangen ist für uns die Planung
des Kongresses bereits Anfang Jahr.
Damals berechneten wir aufgrund
der aktuellen Mitgliederzahlen, wie
viele Delegierte jeder Sektion, jeder
Branche und den Interessengruppen
zustehen.
Dann trudelten die Anträge ein –
60 Stück –, die formatiert, übersetzt
und von der Geschäftsleitung geprüft
und sortiert werden mussten.
Schliess lich gab der Zentralvorstand
noch zu jedem Antrag eine Empfehlung
ab. Wir übernahmen es, die
Inputs zu bündeln und zu koordinieren
– die dann schon bald im Zentrum
der Diskussionen zur Zukunft
der Gewerkschaft stehen werden.
Alle Unterlagen haben wir in
einem Ringbuch zusammengestellt,
das den Delegierten – zusammen mit
dem Legislaturbericht 2017–2021 –
fristgerecht zugeschickt wurde.
So konnten sie die Anträge und die
Empfehlungen des Zentralvorstandes
vorab studieren.
Eigentlich war der Kongress 2021
ja im Juni geplant. Aber aufgrund der
unsicheren Pandemielage wurde er
in den Herbst verschoben, wobei es
auch jetzt zu Einschränkungen
kommt: So sitzt man weiter auseinander,
gleichzeitig sind keine Gäste
eingeladen, und statt dem traditionellen
Bankett am Freitagabend
gibts einen Apéro riche. Wir haben
es damit geschafft, uns an die Umstände
anzupassen. So kann der Kongress
trotz der Einschränkungen
physisch stattfinden.
Wir freuen uns, dass wir und der
gesamte Administrations-Pool zum
Gelingen dieses Events und damit
für die Weiterentwicklung von syndicom
beitragen können. Fertig ist unser
Job aber jetzt noch nicht. Bis am
Tag vor dem Kongress müssen wir
uns um viele Spätmeldungen kümmern
oder denjenigen helfen, die
sich nicht informiert haben, dass sie
ihr Hotelzimmer gemäss der Liste
der verfügbaren Hotels in Langenthal
und der Region selbst buchen
müssen. Oder wenn es dann kurzfristige
Absagen am Tag des Kongresses
gibt ... Aber meist geht dann doch
alles glatt. Ganz abgeschlossen ist
das Kapitel erst kurz vor Weihnachten:
Bis dann müssen die Kongressbeschlüsse
dreisprachig online sein.
Kurz und
bündig
Wahlerfolg in der PK Post \ Smood-Kurier*innen \ Rauf und runter
in der grafischen Industrie \ Personalgutscheine Post \ Journalist*innen-Jahrestreffen
in Zagreb \ Reka-Geld 2021 und 2022
5
Wahlen PK Post: Grosse
Mehrheit für syndicom
Die syndicom-Liste hat bei den Wahlen
der Arbeitnehmendenvertretung für den
Stiftungsrat der Pensionskasse Post
3 von 5 Sitzen gewonnen. Damit kann
syndicom ihre drei Sitze erfolgreich
halten und bleibt die relevante Stimme
der Angestellten in diesem Gremium.
Gewählt wurden als syndicom-Mitglieder
die zwei Bisherigen Daniela Wenger
und Matteo Antonini. Neu wird Reto Clavadetscher
als Vertreter von syndicom
im Stiftungsrat einsitzen.
Food-Kurier*innen von Smood
syndicom hat nach intensivem Austausch
mit Smood-Mitarbeitenden
konkrete Forderungen an den Lieferdienst
erarbeitet. Als Gewerkschaft der
Kurier*innen fordert syndicom eine
Anpassung der Arbeitsbedingungen an
die Standards, welche syndicom und
ihre Sozialpartner im GAV der Velo- und
Food kurier*innen definiert haben. Unsere
Forderungen sind vor allem ein höherer
Lohn, eine klarere Spesenabgeltung
und eine ordentliche Schichtplanung.
Situation in der
grafischen Industrie
Ende September fand ein drittes Treffen
mit der Geschäftsleitung der CH Media
Print statt, die per Ende Jahr aus dem
GAV austreten will. Als ersten Schritt
haben wir ihr vorgeschlagen, den Austritt
auf Ende 2022 zu verschieben, da
der GAV bis zu diesem Zeitpunkt verlängert
worden ist. Wir warten auf eine
Antwort, es ist also noch alles offen.
In der Zwischenzeit wurde der
Unternehmens-GAV von Stämpfli (das
dieses Jahr sein 222-jähriges Bestehen
feiert) bis Juni 2022 verlängert, mit der
Möglichkeit einer weiteren Verlängerung.
In den ersten Monaten des
nächsten Jahres wird zusammen mit
der PeKo eine Standortbestimmung
vorgenommen.
3700 unterschrieben gegen
Stopp der Personalgutscheine
Mehrere hundert Menschen protestierten
am 17. November vor dem Hauptsitz
der Post in Bern gegen die Streichung
der Personalgutscheine der
Pensionierten. In Anwesenheit unter
anderem von SGB-Präsident Pierre-
Yves Maillard und syndicom-Präsident
Daniel Münger wurde der Konzernleitung
eine Petition mit 3700 Unterschriften
übergeben. Ein starkes
Zeichen gegen die ständigen Sparmassnahmen
auf dem Rücken der
Seniorinnen und Senioren und ein Akt
der Solidarität des Post-Personals mit
den Pensionierten! Wir bleiben dran
EJF-Treffen in Zagreb
syndicom nahm am 8./9. Oktober an
der Jahresversammlung der Europäischen
Journalist*innen-Föderation in
Zagreb teil. In den Diskussionen ging es
um die Sicherheit der Journalistinnen
und Journalisten, insbesondere in Balkanländern
und in Belarus, aber auch
um SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits
Against Public Participation) – missbräuchliche
Prozesse zur Einschüchterung
von Medienschaffenden. Besonders
eindrucksvoll war der Bericht von
Andrei Bastunets, Präsident des belarussischen
Journalistenverbands.
Ab 2022: Reka-Einzahlungsschein
kommt automatisch
Unsere Mitglieder erhalten neu im
Januar 2022 automatisch einen Reka-
Einzahlungsschein für das maximale
Kontingent (CHF 700.– mit 7 % Rabatt).
Er ist gültig bis Ende 2022. Die Mitglieder
können frei entscheiden, ob Reka-Geld
bezogen wird. Bestellung bei
syndicom ist somit nicht mehr nötig.
Teilbezüge (CHF 300.–, 400.–) sind
nach wie vor möglich.
Für das ablaufende Jahr garantieren
wir den Bezug für Bestellungen, die
bis am 15. Dezember, 11.00 Uhr, bei uns
eintreffen. Die Einzahlung muss jedoch
vor dem 31. Dezember erfolgen.
Ausführliche Infos: syndicom.ch.
Agenda
November/Dezember
bis 12. 12. 21 / 6. 3. 22
Die Welt im Griff von Covid
Pressefotos sind Fenster zur Welt und
helfen uns, ihre vielen Gesichter zu
verstehen. Im Schloss Prangins finden
wieder die Ausstellungen Swiss Press
Photo 21 und World Press Photo 21
statt. Dieses Jahr liegt der Fokus klar
auf den Folgen der Pandemie für die
Menschen in unterschiedlichen Weltregionen.
Chateaudeprangins.ch
bis April 2022
Was ist GESCHLECHT?
Was macht uns zur Frau, was zum
Mann – und was führt darüber hinaus?
Kalt lässt das Thema Geschlecht niemanden.
Die poppig bunte, interaktive
Ausstellung «GESCHLECHT» im Stapferhaus
Lenzburg hat kindergerecht aufbereitete
«Spuren» mit Vermittlungspersonen
und ist besonders
eingerichtet auf Gruppenbesuche.
Sehr zu empfehlen. Stapferhaus.ch
bis Juli 2022
SUPER: Die zweite Schöpfung
Biotechnologie, Künstliche Intelligenz
und Digitalisierung schaffen nie dagewesene
Möglichkeiten der Selbstoptimierung
und Neuerfindung. Dynamische
Technologien treffen auf eine
Gesellschaft, die oft nur bruchstückhaft
über die modernen Werkzeuge
informiert ist. Das Museum für Kommunikation
in Bern lanciert eine emotionale
Auseinandersetzung mit dem
Thema. MFK.ch
März 2022
4.–13. 3. 22
Rights Now! Filmfestival FIFDH
Das grosse Human-Rights-Filmfestival
überzieht wieder Genf mit Filmen, Vorträgen
und Awards. Auch 2022 werden
mehrere Filme während des Festivals
(bzw. 5.–14.3.22) auch online anzusehen
sein, dafür sind ein Account und
ein Ticket nötig. FIFDH.org
syndicom.ch/agenda
6 Die andere
André Krause ist seit November 2020 CEO von Sunrise UPC.
Seite
Nachdem im Januar fusions bedingt ein massiver Stellen abbau
bekannt gegeben worden ist, präsentierte das restrukturierte
Unternehmen im Juli einen neuen GAV mit syndicom.
1
Wie ist der Restrukturierungsprozess
nach der Fusion vorangekommen?
Sind Sie zufrieden?
Wir sind mit der Integration sehr
schnell unterwegs. Das gilt auch für
die Restrukturierung. Wir haben
unser Ziel, nach der Ankündigung
im April dem weitaus grössten Teil
der Mitarbeitenden innert wenigen
Wochen Klarheit über ihre künftige
Rolle im Unternehmen zu geben,
erreicht und wir konnten deutlich
vor der Sommerpause die neue Unternehmensstruktur
bekannt geben.
2
Im Sozialplan, der den Stellenabbau
abfedern soll, wurden mehrere Massnahmen
definiert, welche die schnelle
Integration der gekündigten Mitarbeitenden
in den Arbeitsmarkt zum Ziel
hatten. Wie sind Sie hier auf Kurs?
Wir sind auf Kurs. Das Programm mit
unserem Outplacement-Partner läuft
wie geplant. Wir sind dankbar, dass
wir von den Mitarbeitenden positives
Feedback bekommen, und stellen
fest, dass unsere Mitarbeitenden auf
dem Arbeitsmarkt gesucht sind.
Deshalb konnten schon sehr viele Mitarbeitende
eine neue Stelle finden.
3
Der neue GAV wird als sehr innovativ
bezeichnet. Welches sind die wichtigsten
Aspekte und wie funktioniert die
Umsetzung im Betrieb?
Mit dem neuen GAV haben wir die Entlöhnungssysteme
vereinheitlicht. Alle
Mitarbeitenden sind bonusberechtigt,
Mutter- und Vaterschaftsurlaub, Feiertage
usw. wurden grosszügig und deutlich
über dem gesetzlichen Minimum
geregelt, und wir geben den Mitarbeitenden
eine hohe Flexibilität mit einem
Jahresarbeitszeitmodell. Die Neuerungen
wurden sehr positiv aufgenommen
und machen uns als Arbeitgeber sehr
attraktiv.
4
Der neue GAV fokussiert insbesondere
auf dem von den Sozialpartnern entwickelten
«New Way of Working». Was
ist konkret darunter zu verstehen?
Der Sunrise-UPC-«Way of Working» ist
das selbständige Zeitmanagement
und selbstbestimmte Arbeiten. Wir
bieten den Mitarbeitenden flexibles
Arbeiten z. B. von daheim, unterwegs
oder im Büro, so, wie es zu ihren persönlichen
und beruflichen Bedürfnissen
passt. Mit dem Jahresarbeitszeitmodell
unterstützen wir die flexible
Arbeitsorganisation. Vertrauen, Output,
Flexibilität, Selbstbestimmung
und Eigenverantwortung sind die
Grundlagen unserer Zusammenarbeit.
5
Im GAV ist festgehalten, dass die
Mitarbeitenden mehr Mitbestimmung
im Betrieb erhalten sollen. Welche
Ideen schweben Ihnen da vor?
Es beginnt mit der Personalvertretung,
sie ist eine wichtige Stimme der
Mitarbeitenden. Die Geschäftsleitung
ist in regelmässigem Austausch mit
dem Staff Committee und im konstruktiven
Dialog mit syndicom. Zusätzlich
arbeiten wir mit rund 60 Changebzw.
Culture-Ambassadoren, die
unsere Kultur und Werte mitbestimmen.
Generell pflegen wir eine Kultur
der offenen Tür, mit flacher Hierarchie,
viel Gestaltungs- und Entscheidungsfreiraum
für die Mitarbeitenden.
6
Ist in der Telekommunikationsbranche
eine Reduktion der Arbeitszeit für
Arbeitnehmende, die das wünschen,
möglich?
Wir unterstützen wo immer möglich
innovative Arbeitszeitmodelle wie beispielsweise
Job-Sharing oder Teilzeitarbeit.
Wir sind überzeugt, dass uns
Diversität erfolgreicher macht, und
innovative Arbeitszeitmodelle helfen
uns dabei.
Text: Nick Manouk
Bild: Sunrise UPC
Gastautorin
Die Schwierigkeiten, die wir seit
bald zwei Jahren durchmachen, haben es deutlich
vor Augen geführt: Anstatt zu «rationalisieren»
und zu liberalisieren, müssen wir massiv in
das investieren, was für unsere Gesellschaft
wertvoll ist – was die Menschen zusammenbringt,
für sie sorgt und sie schützt. In einer
Zeit, in der unsere Gesellschaft vor der grössten
denkbaren Herausforderung steht – die Erde
lebenswert zu erhalten–, wird der Service public
umso mehr seine Rolle wahrnehmen müssen.
Zunächst muss er weiter gedacht werden und
auch die Pflege und die schulergänzende Betreuung
umfassen, die einen unschätzbaren
und nicht auslagerbaren wirtschaftlichen und
sozialen Reichtum schaffen. Er muss auch
nachhaltiger gedacht werden, da die Arbeitswelt
in den nächsten Jahren tiefgreifende Änderungen
erfahren wird. Der Klimawandel führt bereits
heute zu beruflichen Neuorientierungen
und wird gewisse Tätigkeiten zum Verschwinden
bringen. Neue Arbeitsplätze müssen dort, wo
der Bedarf bereits spürbar ist, dringend geschaffen
werden: Das sind der Care-Bereich, die
Energiewende und der digitale Wandel sowie die
Mittel und Methoden, um Menschen zu verbinden.
Im Grunde überall im Service public.
Dieser muss schliesslich auch grosszügiger
gedacht werden: Investitionen braucht es nicht
nur für die bestehenden Infrastrukturen und
die bereits vorhandenen Arbeitnehmenden.
Der Service public muss auch in Richtung einer
CO2-neutralen, umwelt- und menschenfreundlichen
Gesellschaft weiterentwickelt werden.
Die Gewerkschaften sind bei der Begleitung
dieser Veränderungen zentral, denn alle müssen
von einer lebenswerten Umwelt profitieren können.
Krisen treffen immer die Schwächsten am
härtesten. Schon deshalb ist die Bekämpfung
des Klimawandels auch ein Kampf für soziale
Gerechtigkeit und damit eine Aufgabe der Gewerkschaften.
Wertschätzen,
was wirklich Wert hat
Léonore Porchet ist Waadtländer Nationalrätin
für die Grünen und Vizepräsidentin
des Dachverbands der Arbeitnehmenden
Travail Suisse, der in
diesem Jahr einen Aktionsplan für eine
auf dem gerechten Übergang basierende
Klimapolitik vorgelegt hat. Sie ist
Kunsthistorikerin und Comic-Spezialistin
und daneben freiberuflich in der
Kommunikation, vor allem im Kulturbereich,
tätig. Die Umweltschützerin
und Feministin ist auch Mitbegründerin
des Vereins EyesUp, der eine App gegen
sexuelle Belästigung anbietet. Sie ist
zudem in verschiedenen Patient*innenund
Gesundheitsorganisationen aktiv.
Léonore Porchet lebt und arbeitet in der
Stadt Lausanne, die sie sehr liebt.
7
Dossier
10 Modern, gerecht und krisenfest: Der neue Service public
12–14 Das sind die Projekte der drei Sektoren von syndicom
15 Hocheffizient, aber ausbaubar: Unser Service public in Zahlen
Unterwegs zu
Service
9
einem neuen
public
10 Dossier
Der neue Service public:
Was jetzt zu tun ist
Die wichtigste Lehre aus der Krise: Der
Service public macht die Zukunft der Schweiz.
Unsere Aufgabe heute ist es, ihn zu stärken
und in Teilen neu zu erfinden.
Text: Oliver Fahrni
Bild: Giroscope
Gärtnerinnen und Bauern wissen: Säst du aus, tut sich vorerst
nichts. Gibst du genügend Wasser, schwillt das Samenkorn
an, aber es bleibt ein Samenkorn. Wochenlang.
Doch irgendwann, unvermittelt, schiesst daraus eine
Pflanze hervor. Eine neue Qualität ist entstanden.
So geht das auch mit Gesellschaften. Grosse Veränderungen
bleiben manchmal lange unsichtbar. Sie geschehen
untergründig. Kaum beachtet. Vielleicht werden
sie sogar als unmöglich abgetan oder als gefährlich verunglimpft.
Doch plötzlich brechen sie mächtig durch.
Unwiderstehlich.
Wir stehen mitten in einem solchen Umbruch. 40 Jahre
haben die Neoliberalen über die Politik, die Medien, die
Wissenschaft kommandiert – und über unsere Köpfe. Auf
ihrem Programm standen von Beginn an nicht nur die
Entfesselung der Finanz- und Kapitalmärkte, die Senkung
der Steuern für die Konzerne, die Schaffung neuer Tieflohn-Weltfabriken
und die Unterwerfung der organisierten
Arbeitenden (also der Gewerkschaften). Sondern auch
der Abriss des sozial ausgleichenden Staates, des Service
public und der Sozialversicherungen.
Das ist logisch: Öffentliche Dienste sind in gewisser
Weise das Gegenprogramm zur neoliberalen Form des
Kapitalismus. Denn der Service public orientiert sich an
den Bedürfnissen der Menschen, am öffentlichen Interesse.
Doch für die Aktionäre, Banken und Konzerne sollen
nicht die Bedürfnisse die Gesellschaft lenken, sondern
allein die Profitinteressen: Das Kapital will alle Früchte
der Arbeit für sich allein.
Vierzig Jahre neoliberale Politik haben den Service public
klein- und schlechtgeredet, dereguliert, in Teilen abgebaut
und privatisiert. New Public Management hat die
Öffentlichen Dienste betriebswirtschaftlichen Regeln unterworfen.
Angriffsziel ist der Service public nicht nur,
weil dort Profite locken. Denn mit dem unentgeltlichen
Zugang zu essenziellen Diensten schützt er die Bevölkerung
vor den Zumutungen des Kapitals. Hebel für diese
Dauerattacke sind die Sparbefehle und die Schuldenbremse
in den öffentlichen Haushalten.
Die Bedürfnisse sind das Mass
Bis vor kurzem war das Religion. Doch plötzlich kann niemand
mehr ignorieren, dass dieses neoliberale Modell
die Welt gerade an die Wand fährt – ökonomisch, sozial,
ökologisch und sogar politisch. Krisen haben den kollateralen
Nutzen, die Realität grell auszuleuchten.
Was untergründig längst vielen klar war, die Kritik, die
da immer stärker anschwoll, bekommt nun eine neue
Qualität: Weitermachen wie bisher ist keine Option. Sogar
das einflussreiche Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF)
konstatierte im Januar beim globalen Stehtrinken der
Mächtigen und Reichen: «Da ist etwas gründlich schiefgelaufen.»
Mit Pomp verkündeten die Weltenlenker ein
«Great Reset – «Alles auf null!»: «Wir brauchen einen besseren,
einschliessenden Kapitalismus.» In einem «Allesauf-null-Dialog»
diskutierten «Leader», wie «der Gesellschaftsvertrag»
nach Covid-19 neu zu formulieren sei.
Also jener – ungeschriebene – Gesellschaftsvertrag zwischen
Kapital und Arbeit, der vorsah, dass auch die Arbeitenden
etwas vom Mehrwert ihres Chrampfens abbekommen
sollten. Und den das Kapital seit den 1970er-Jahren
immer wieder gebrochen hat.
Die Beschwörung eines besseren Kapitalismus muss
man nicht für bare Münze nehmen. Aber es ist mehr als
Propaganda, wie auch neueste Veröffentlichungen der kapitalistischen
Leitorganisationen wie der OECD, des IWF,
der Weltbank zeigen. Sie befürchten, die wachsenden Ungleichheiten
könnten zu sozialen Aufständen führen. Vor
allem wissen sie: Das Kapital wird keines der grossen,
dringenden Probleme lösen. Denn was es treibt, ist ihre
Ursache. Beispiel: Spätestens seit 1975 wissen die Konzerne,
dass fossile Brennstoffe das Klima aufheizen. Nun, angesichts
der Katastrophe, machen sie weiter, investieren
riesige Summen in Öl und sogar Kohle. Und ihre Lobbyisten
erzwingen von der Politik, die fossilen Energien weiter
mit ungezählten Steuermilliarden zu subventionieren.
Hauptsache Profit. Nach uns die Sintflut. Längst ist das
Kapital in Sezession zu seinen Gesellschaften gegangen.
Öffentliche Hand, übernehmen Sie!
Nun soll es also die verfemte Öffentliche Hand richten,
der Staat, den die Neoliberalen seit Jahrzehnten mit Lügen
und übler Nachrede überziehen. Davon zeugen die gigantischen
Krisenprogramme, welche die USA, die EU, Japan
und China aufgelegt haben. Nur bis nach Bern ist die Kunde
von der neuen Welt noch nicht durchgedrungen. Im
Bundeshaus arbeiten die Rechten gerade am nächsten
Sparplan und an noch mehr Steuersenkungen für das Kapital.
Motto: Wir stehen am Abgrund, machen wir einen
grossen Schritt vorwärts!
Bizarr, denn nie hat sich die Bedeutung der Öffentlichen
Hand und ihrer Dienste so deutlich gezeigt wie in der
jüngsten Wirtschafts- und Coronakrise. Während der
Pandemie hat der Service public die Einzelnen geschützt
und die Wirtschaft am Laufen gehalten. Ohne die bindende
Kraft des Service public wäre die Gesellschaft auseinandergebrochen.
Darum muss er gesichert und gestärkt
werden.
Öffentliche
Dienste für das
21. Jahrhundert:
Wann, wenn
nicht jetzt!
Offensichtlich wurde auch, dass Öffentliche Dienste
weit mehr sind als «Grundversorgung» (wie der Bundesrat
sagt). Zwar sind Infrastrukturen, Rechtssicherheit, Transport,
Bildung, Forschung etc. Grundlagen wirtschaftlicher
Tätigkeit. Der Service public selbst ist ein zentraler
Wirtschaftssektor (siehe Grafiken Seite 15). Und seine
wirtschaftliche Bedeutung als Investor wächst, wie wir in
Nummer 25 des Magazins vom Oktober gezeigt haben.
Handkehrum bietet der Service public jene Dienste,
welche die profitorientierte Wirtschaft nicht oder nur gegen
teures Geld anbietet. Dazu gehört etwa die existenzielle
Absicherung gegen Unfall, Krankheit und Arbeitslosigkeit.
Die Sicherung einer würdigen Existenz nach der
Lohnarbeit. In einer Gesellschaft, in der ein sehr kleiner
Teil der Bevölkerung das Kapital, die Produktionsmittel
und die Macht über die Arbeit der Mehrheit hält, ist der
öffentliche Dienst mehr als ein Korrektiv: Er ist Allgemeinbesitz
und dient dem Allgemein interesse.
Der Service public soll also nicht nur den diskriminierungsfreien
Zugang aller zu wichtigen Gütern auf hohem
Qualitätsniveau bieten und die erweiterte demokratische
Teilhabe organisieren. Die Arbeitsbedingungen im öffentlichen
Dienst müssen massgebend für sozialen Fortschritt
sein. Er ist die Voraussetzung für zivilen Frieden
und Demokratie.
Die Erweiterung der Kampfzone
Gerade als gesellschaftliches Fundament ist der Service
public heute mehr gefordert denn je. Denn die beschleunigte
Digitalisierung von Arbeit und Gesellschaft, die Ungleichverteilung
von Gütern und Chancen, die kritische
ökologische Situation, die Wahrscheinlichkeit neuer Pandemien
und der Zerfall der demokratischen Öffentlichkeit
durch soziale Medien schaffen neue Bedürfnisse der
Bevölkerung. Der Kapitalismus ist blind dafür.
Diese Bedürfnisse abzudecken, ist Muss & Mass für
einen modernen Service public. Wir wollen ihn für die veränderten
Bedürfnisse der Gesellschaft neu begründen. Er
soll effizient, zukunftsgerichtet und sozial ausgleichend
wirken. Der Service public macht die Zukunft der Schweiz.
Warum fällt diese Neu-Ausrichtung den Gewerkschaften
zu? Bürgerliche Politiker und Arbeitgeberinnen finden,
unsere Rolle sollte sich auf die Verteidigung von Löhnen
und Ferien beschränken, die Politik, sagen sie, sollen
wir «den Erwachsenen» überlassen. Mumpitz.
Die erste Antwort ist simpel: Wir müssen unsere
Kampfzone erweitern, weil sich sonst niemand um einen
modernen und gerechten Service public kümmert. Die
zweite Antwort heisst: Weil es um handfeste Dinge geht
wie die Zukunft der Jobs in der Digitalisierung, die Datenhoheit
und -sicherheit der Einzelnen, die soziale Sicherheit,
die Regulierung der Plattformarbeit (Arbeitsrecht),
Care und Gleichstellung etc. Diese Dinge lassen sich nicht
allesamt in GAV regeln. Sie verlangen starke Interventionen
der Öffentlichen Hand. Bei den heutigen politischen
Mehrheiten ist das undenkbar. Die Gewerkschaften aber
wissen, wie man günstigere Kräfteverhältnisse für einen
neuen Gesellschaftsvertrag aufbaut.
Dritte Antwort: Weil wir kompetent sind. Die Arbeitenden,
die bei syndicom und anderen Gewerkschaften organisiert
sind, bauen in ihrem Arbeitsalltag die Schweiz von
morgen. Sie wissen, was zu tun ist. Und sie tun es in der
Ethik des Dienstes am Gemeininteresse. Flächendeckende
Logistik, starke Netze, Datenhoheit, demokratische Öffentlichkeit
sind Kernthemen der drei syndicom-Sektoren.
Auf den folgenden Seiten stellen sie ihre Vorstellungen
für einen Service public des 21. Jahrhunderts dar.
Der richtige Moment
Wir wissen: Es wird eine harte Auseinandersetzung. Die
politische Rechte, die Besitzenden, die Banken und die
Arbeitgeber-Organisationen wollen unseren Plan, starke
öffentliche Dienste für das 21. Jahrhundert zu bauen, mit
aller Macht vereiteln. Doch wir wissen auch: Niemals war
der Zeitpunkt für die neue Qualität günstiger.
12
Dossier
Das Kapital der Glaubwürdigkeit
und des Vertrauens
Die Post ist ein Symbol der Schweiz. Das soll
sie bleiben und sich an den Bedürfnissen der
Bevölkerung orientieren. Und die Digitalisierung
zu ihrer Sache machen.
Text: Giovanni Valerio
Bild: Giroscope
Der Service public bildet das Rückgrat der Demokratie.
Gesundheitswesen, Verkehr, Information und Bildung,
Logistik sichern das Überleben der Gesellschaft. Wir
konnten während der Pandemie dank Breitbandverbindungen
von zu Hause aus arbeiten, online einkaufen, auf
zuverlässige Informationen zugreifen und effiziente
Transport-, Gesundheits- und Postdienste nutzen. Künftige
Krisen der Wirtschaft, Gesundheit oder Umwelt müssen
wir mit einem starken und modernen Service public
angehen. Das betrifft auch die Post. Das Postgesetz ist
dahingehend klar. In Artikel 1 heisst es: «Die Post hat zum
Zweck, der Bevölkerung und der Wirtschaft vielfältige,
preiswerte und qualitativ hochstehende Postdienste sowie
die Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs
anzubieten. Sie soll insbesondere für alle
Bevölkerungsgruppen in allen Landesteilen eine ausreichende
und preiswerte Grundversorgung gewährleisten
mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs
und die Rahmenbedingungen für einen wirksamen
Wettbewerb beim Erbringen der Postdienste schaffen.»
Dazu erklärt Matteo Antonini, Leiter Sektor Logistik von
syndicom: «Der Trend zum Abbau des Service public muss
umgekehrt, den Voll- oder Teilprivatisierungen und Auslagerungen
muss ein Ende gesetzt werden. Die preiswerte
und qualitativ hochwertige Grundversorgung im ganzen
Land ist die Daseinsberechtigung für die Post. Und sie
muss es bleiben. Der gelbe Riese ist ein universell bekanntes
Symbol der Schweiz. Er soll es auch in Zukunft sein
und sich an die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Möglichkeiten
anpassen, welche die Technologie bietet.»
Technologie in die Grundversorgung aufnehmen
Technologische Entwicklungen sind deshalb wichtig für
die Postdienste von morgen, erklärt Matteo Antonini.
«Dank der Digitalisierung können die heutigen Dienste
effizienter erbracht, Synergien mit anderen Diensten genutzt
und neue Leistungen entwickelt werden. Das Grundangebot
der Post könnte um völlig neue Dienstleistungen
– beispielsweise eine elektronische Identität, die elektronische
Stimmabgabe oder ein digitales Patientendossier
– erweitert werden. Die Post verfügt über die notwendigen
technologischen und personellen Ressourcen. Sie besitzt
einen weiteren grossen Vorzug: Sie geniesst das Vertrauen
der Bürgerinnen und Bürger. Um Leader in der elektronischen
Datenverwaltung zu werden, ist das wesentlich. Vor
kurzem erteilte der Bund im Rahmen einer Ausschreibung
für Cloud-Dienste Zuschläge an ausländische Anbieter.
Würdet ihr eure sensiblen Daten (z. B. Gesundheitsdaten)
Google oder dem chinesischen Alibaba anvertrauen?
Die Post – seit jeher das Unternehmen der Schweizer Bevölkerung
– hat die nötige Glaubwürdigkeit, um Garantin
des digitalen Postgeheimnisses zu werden.»
«Seht ihr eure Daten
lieber bei Google oder
der Post?» Matteo Antonini
PostFinance in der Vision der neuen Post
Abgesehen von den Herausforderungen, die sich mit der
Digitalisierung stellen, muss die physische Präsenz der
Poststellen gewahrt werden. Das Postnetz mit seinen Zugangspunkten
gehört zur Grundversorgung und muss erhalten
werden – auch dann, wenn es nicht rentiert. «Unter
diesem Gesichtspunkt ist die Finanzierung der Grundversorgung
nur möglich, wenn sie mit dem Zahlungsverkehr
verknüpft wird», sagt Matteo Antonini. «Wir lehnen deshalb
die Privatisierung der PostFinance entschieden ab.
Diese würde die Grundversorgung gefährden und zu Qualitätsverlusten
und einer Reduktion der Investitionen führen.
Und um die finanzielle Autonomie der Post zu erhalten,
ist es unerlässlich, dass der Bund der PostFinance
eine Kapitalgarantie ausspricht. Der Eintritt von Post
Finance in den Kredit- und Hypothekarmarkt könnte
mögliche Ertragseinbussen kompensieren.»
Dossier
Der soziale Rahmen für
einen digitalen Service public
13
Der öffentliche Sektor soll die Digitalisierung
ebenso als Chance ansehen wie der private:
Staat und Sozialpartner stehen in der Pflicht,
die Vernetzung sozialverträglich zu gestalten.
Text: Robin Moret
Bild: Giroscope
Der Sektor Informations- und Kommunikationstechnik
hat heute eine doppelte Rolle: Er muss die technologischen
Entwicklungen mittragen, die die Zukunft des Service
public und der übrigen Sektoren bestimmen werden.
Und er muss für die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung
der Arbeit in seinen eigenen Branchen sorgen.
«Es braucht Investitionen in die Digitalisierung, aber
auch in die Lohn- und Arbeitsbedingungen rund um den
ICT-Sektor. Und dank der Investitionen in den Service public
können entlang der gesamten Wertschöpfungskette
neue Arbeitsplätze geschaffen werden», erklärt Giorgio
Pardini, Leiter Sektor ICT von syndicom.
Digitale Grundversorgung: hochstehend und gerecht
Als Ergänzung zur Wertschöpfung der öffentlichen Unternehmen
können auch die Privaten zu einem leistungsfähigen
Service public beitragen. Da in diesen eine demokratische
Kontrolle und Legitimation vielfach fehlen,
kommt den Gewerkschaften als Sozialpartnern eine umso
grössere Rolle zu. Über Kontakte zu Unternehmen, Organisationen,
Behörden und politischen Persönlichkeiten
will und muss der Sektor ICT sozialverträgliche Investitionen
bei der Gestaltung der Zukunft des Service public
voran bringen. «Die Transformation von Gesellschaft und
Wirtschaft durch die Digitalisierung bietet die Chance,
die Versorgung mit Infrastrukturgütern und -dienstleistungen
zum Nutzen der Bevölkerung auszubauen», fügt
Giorgio Pardini an.
Bisher haben Bund und Kantone die Digitalisierung
weitgehend den privaten Unternehmen überlassen. Nun
soll die Verantwortung für die Entwicklung einer elektronischen
Identität oder von digitalen Portalen für die
Dienste der öffentlichen Verwaltung dem Staat oder geeigneten
staatlichen Unternehmen übertragen werden.
Gleichzeitig muss die Öffentliche Hand ein 5G-Kommunikationsnetz
und sehr schnelle Internetverbindungen im
ganzen Land ausbauen. «Der Staat muss einen Rahmen
definieren, um der Bevölkerung und dem Wirtschaftsstandort
Schweiz eine verbesserte Performance zu garantieren»,
sagt Giorgio Pardini.
Die Digitalisierung verändert auch die Arbeitsformen
und -bedingungen grundlegend, etwa mit der Plattformarbeit
und dem Einsatz von Systemen künstlicher Intelligenz.
«Es ist Sache der Sozialpartnerschaft, die neuen Arbeitsformen
und die technologischen Entwicklungen, die
uns umgeben, mit Leitplanken zu versehen. Ihre Aufgabe
ist es auch, diese Regelungen umzusetzen», präzisiert Daniel
Hügli, Zentralsekretär ICT.
Datensicherheit, Datenschutz, Open Data
Aufgrund der wiederholten Cyberangriffe vergeht kein
Tag mehr, an dem Datenschutz und Datensicherheit nicht
im Fokus stehen (siehe Kommentar Seite 17). Ein starker
Service public bedeutet auch, dass innovative Formen und
geeignete Instrumente des Datenschutzes entwickelt werden
müssen. Angefangen beim digitalen Grundrecht: «Die
Kontrolle über die eigenen Daten gehört grundsätzlich
dem und der Einzelnen. Dafür müssen sich die Gewerkschaften
einsetzen», sagt Daniel Hügli. Gemäss dem
Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung und
Datensouveränität ist es auch wesentlich, dass der Staat
seine Politik und diejenige der digitalen Akteure auf Open
Data ausrichtet.
Auch die Themen vernetzte Mobilität, digitaler Wandel
und digitale Spaltung sowie Ökologie werden im Fokus
unserer Überlegungen stehen. Alle diese Fragen werden
als Leitlinien für die künftige gewerkschaftliche
Arbeit des Sektors ICT dienen. Damit die Zukunft des Service
public solidarisch gestaltet werden kann.
14
Dossier
Journalismus in der Demokratie
ist keine Ware
Die Krise der werbefinanzierten Medien eröffnet
ein Zeitfenster, um ihre Rolle demokratisch
neu zu denken. Das Medienförderpaket ist ein
richtiger Schritt, weitere müssen folgen.
Text: Robin Moret
Bild: Giroscope
Seit bald zwei Jahren erinnern die Erfahrungen aus der
Covid-Krise uns, dass hochwertige, zuverlässige, diverse
Informationen für die Gesellschaft wesentlich sind. Das
ist erfreulich. Doch nicht nur in Krisenzeiten: laufend und
jederzeit versorgen uns die Medien mit Nachrichten aus
der Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft und erbringen
damit einen essenziellen Dienst. Ihre Rolle für
die Meinungsbildung und die demokratische Debatte
kann nicht überschätzt werden. Journalistische Informationen
sind deshalb keine Waren, und die öffentlichen
wie privaten Medien sind Akteure des Service public.
Diese Rolle ist heute gefährdet. Denn die Geschäftsmodelle
der Verlagshäuser – die den Journalismus mit
den Erträgen aus der Werbung finanzierten – zerbröckeln.
Gleichzeitig wird der Medienmarkt globaler, Tech-Giganten
dominieren die Informationsverbreitung immer
mehr. Sie schöpfen den grossen Teil der digitalen Werbeeinnahmen
ab, ohne dass sie journalistische Dienstleistungen
erbringen, die diesen Namen verdienen. Derweil
haben sich einige Medienunternehmen insbesondere auf
regionaler Ebene monopolähnliche Stellungen geschaffen.
Medienvielfalt und Informationsqualität leiden.
Im Rahmen unserer Gewerkschaftsarbeit für einen
starken Service public stellt sich deshalb eine grundlegende
Frage: Welche Rolle soll der Staat in der Medienwelt
von morgen übernehmen?
Das Massnahmenpaket des Bundes zugunsten der Medien
– das am 13. Februar 2022 zur Abstimmung kommt
– macht Schritte in die richtige Richtung. Vor allem sind
dies die Förderung der journalistischen Ausbildung, des
Presserates und der SDA und die neue Unterstützung für
Online-Medien. «Die öffentliche Medienförderung muss
auf alle Kategorien von Medien ausgeweitet werden, damit
langfristig eine relevante Medienvielfalt für die Demokratie
sichergestellt ist», erklärt Stephanie Vonarburg,
Leiterin Sektor Medien von syndicom. «Aber die erweiterte
Förderung darf nicht zulasten der SRG oder der regionalen
Anbieterinnen des audiovisuellen Service public gehen.
Es ist wichtig, dass die Rolle der SRG künftig nicht
durch Gebührensenkung geschwächt wird», fügt sie an.
Medien sind öffentliche Dienste für die Bevölkerung
Eine landesweite, mehrsprachige Presseagentur, die die
relevanten Themen der lokalen, regionalen, nationalen
und internationalen Ebene abdeckt, ist ebenfalls – unbestritten
– eine Notwendigkeit für eine lebendige Demokratie.
«Der Basisdienst der Keystone-SDA soll in eine
nicht-gewinnorientierte öffentliche Struktur überführt
werden.» Er ist Service public, und die Klärung der Eigentums-
und der Profitfrage muss dem Rechnung tragen.
Die hohen Erträge der Tech-Riesen und der sozialen
Netzwerke sind eine weitere grosse Herausforderung für
den Mediensektor. «Sie müssen hier besteuert werden,
und ein Teil der Steuern soll in den Journalismus fliessen.
Allgemein sollen Werbeeinnahmen, die aus Information
erzielt werden, der Produktion von journalistischen Inhalten
in der Schweiz zugutekommen.»
Im Fokus unserer Überlegungen stehen weitere Forderungen:
so die Verknüpfung der Medienförderung mit
dem Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages oder die
Ausweitung der Sozialversicherungen auf die – in der
Branche zahlreichen – Freischaffenden.
Die Politik kann und muss bei der Gestaltung der Medienwelt
eine wichtigere Rolle wahrnehmen. «Es muss
dringend gehandelt werden, um die Zukunft des Service
public im Medienbereich zu garantieren», sagt Stephanie
Vonarburg. Die Gewerkschaft hat hier ebenfalls einen
guten Grund, sich stärker zu engagieren: qualitativ hochstehende,
diverse Medien sind essenziell für qualitativ
hochstehende, vielfältige Meinungsbildung in der Bevölkerung.
Illustrationen
«Giroscope» könnte eine Frau, ein Mann oder ein Kind sein –
das ist aber unwichtig. Wichtig ist die Auseinandersetzung
mit den Mechanismen der heutigen Welt. Die Werke von Giroscope
stellen die Entscheidungen des Einzelnen – als Teil
einer Masse, die durch eine ausser Kontrolle geratene Maschine
bewegt wird – in Frage. Die Idee eines fixen «Stils»
macht Giroscope Angst, Schaffende wie Betrachtende sollen
ihren Wahrnehmungen und Emotionen frei folgen können.
Für die Kongressausgabe des syndicom-Magazins hat sich
Giroscope eine solidarische Stadt ausgedacht (Titelseite),
in der das Allgemein wohl an oberster Stelle steht. Unsere
Stadt der Zukunft könnte das sein, in der solide öffentliche
Infra strukturen und ein starker Service public – der allen den
diskriminierungsfreien Zugang zu seinen Leistungen garantiert
– den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.
Mehr über die Arbeiten und Projekte von Giroscope unter:
Giroscope.ch
Knappe Mittel – starke Leistung
Der Service public wird in der Schweiz statistisch nur sehr lückenhaft dokumentiert.
Aber Fakt ist: Die Arbeitenden in diesem wichtigsten Wirtschaftssektor der Schweiz
bringen mit geringen Mitteln (tiefe Fiskalquote) eine starke Leistung – für Wohlstand,
soziale Sicherheit und die menschliche Entwicklung. Diese Bedeutung des Service
public zu verstehen ist zentral, wenn wir heute neue öffentliche Dienste fordern, die
den veränderten Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen.
Grosse Wirkung
8 824 554
Personen
nutzen in der einen oder anderen Form den Service public
in der Schweiz. Zu diesen Nutzer*innen kommen noch
Durchreisende und ausländische Firmen hinzu.
Quelle: BFS
600 000
Firmen
Dünne Personaldecke
Rund 750 000 Frauen und Männer verdienen ihr Brot bei der Öffentlichen
Hand. Es könnten auch mehr sein, denn diese Zahl ist eine tiefe
Schätzung aufgrund von fünf verschiedenen (offiziellen) Statistiken.
Angestellte im Service public
Gesamtzahl der Beschäftigten in der Schweiz: 4,1 Mio
Quelle: BFS, ILO
Ausgaben des Bundes
Soziale
Wohlfahrt
24 450 Mio.
43% davon gehen in die Altersvorsorge
(zu grössten Teilen durch Beiträge selbstfinanziert)
Nicht mal 7% davon werden ausgegeben für Arbeitslosengeld,
sozialen Wohnungsbau und Kampf gegen
soziale Ausgrenzung
Einer von 3 Franken ...
... des Schweizer BIP entsteht durch oder mit Hilfe der Öffentlichen
Hand. Dieser Anteil wird wachsen, weil der Staat jetzt die Investitionslücken
füllen muss, die das private Kapital offen lässt.
Verkehr
10 426 Mio.
Total
77 934 Mio.
Finanzen und Steuern
11 391 Mio.
Übrige Aufgaben
9 431 Mio.
In Wahrheit ist der grösste Ausgabenposten der Öffentlichen Hand die
Bildung, Ausbildung und Forschung. Er summiert sich auf 40 Milliarden
Franken pro Jahr. In dieser Grafik sind nur die Ausgaben des Bundes
aufgeführt, die meisten Bildungsausgaben fallen aber in den Kantonen
und Gemeinden an.
Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, BFS
Bildung und Forschung
8 477 Mio.
Sicherheit
6 427 Mio.
Beziehungen zum Ausland
3 671 Mio.
Landwirtschaft und Ernährung
3 661 Mio.
Quelle: Eigene Recherche
Tiefe Fiskalquote
Die Fiskalquote ist jener Teil der Wirtschaftsleistung, den die Öffentliche
Hand braucht, um das Land und seine Wirtschaft am Laufen zu
halten und den Menschen soziale Sicherheit, Bildung, einen stabilen
gesellschaftlichen Rahmen, Infrastrukturen und eine stabile Grundversorgung
zu bieten. Die vergleichsweise tiefe Quote der Schweiz ist ein
Mass dafür, wie effizient der Service public hier arbeitet.
46,7%
43,5%
40 Milliarden für Bildung, Beruf, Forschung,
Hochschulen
In Millionen Franken.
22 681
27 360
32 652
38 920
35,1% 39,4%
41,5%
45,2%
47,2%
27,1%
43,0%
42,4%
35,2%
2000 2005 2010 2018
Quelle: BFS
Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung
16
Eine bessere
Arbeitswelt
Gegen
sexualisierte Gewalt
am Arbeitsplatz
Dieses Jahr ist ein Jubiläen-Jahr der
Frauenkämpfe: 50 Jahre Frauenstimmrecht,
30 Jahre Frauen*streik,
25 Jahre Einführung des Gleichstellungsgesetzes
– und noch eines gesellt
sich dazu: vor 30 Jahren wurden die
«16 Tage gegen Gewalt an Frauen*»
vom Center of Women’s Global Leadership
ins Leben gerufen. Die seitdem
jährlich stattfindende, weltumspannende
Kampagne – über 187
Länder unterstützten sie bislang – beginnt
jeweils am 25. November, dem
internationalen «Tag gegen Gewalt
an Frauen*» und endet am 10. Dezember,
dem «Tag der Menschenrechte».
Dies verdeutlicht, dass Gewalt gegen
Frauen*rechte immer auch eine Menschenrechtsverletzung
ist.
16 Tage gegen Gewalt an Frauen 2021
Seitdem die feministische Friedensorganisation
cfd die 16-Tage-Kampagne
2008 das erste Mal in der Schweiz lancierte,
sind die Gewerkschaften mit
im Boot. 2021 ist die Kampagne «sexualisierter
Gewalt» gewidmet, also allen
Handlungen mit sexuellem Bezug
ohne Einwilligung bzw. Einwilligungsfähigkeit
der oder des Betroffenen.
Die Hälfte der Erwerbstätigen erlebte
bereits sexuelle Belästigungen
Die IG Frauen syndicom nimmt sich
sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz
seit dem Frauen*streik 2019 verstärkt
an. Etwa ein Drittel der Schweizer
Erwerbs tätigen erlebten potenziell
sexuell belästigendes Verhalten am
Arbeitsplatz. Neuere Umfragen in der
ICT-Branche und von Medienfrauenstreik.ch
sprechen gar von 50 bis 60 %.
syndicom führte mehrere Anlässe mit
Expertinnen durch, physisch und als
Webinare. So am 14. Juni 2020 mit einer
Fachfrau der Sozialberatung Post,
der Fachstelle Mobbing und sexuelle
Belästigung sowie am 8. März 2021 gemeinsam
mit Lucie Waser vom SEV.
Dieses Jahr findet am 8. Dezember
als Teil der «16 Tage» ein Webinar
statt, gemeinsam mit SEV, VPOD und
Unia (Anmeldung: gleichstellung@
syndicom.ch). Movendo nimmt 2022
neu einen Kurs ins Programm auf, der
von syndicom und SEV geleitet wird.
News vom SGB-Frauenkongress
Hohe Priorität des Themas war auch
am SGB-Frauenkongress geboten, der
am 12./13. November stattfand. Mit
der Verabschiedung einer «Charta für
feministische Gewerkschaftsarbeit»
wurden auch Massnahmen gegen
sexuali sierte Gewalt am Arbeitsplatz
gefordert, etwa dass die im Gleichstellungsgesetz
vorgesehene Beweislast-
Erleich terung auch auf sexualisierte
Gewalt anwendbar sein soll sowie
zwingende juristische Weiterbildungen
für Jurist*innen und Richter*innen
zum Gleichstellungsgesetz, da es
massiven Nachholbedarf gibt. Der
SGB-Frauenkongress rief die Schweiz
auf, das neue ILO-Übereinkommen
190 zu sexualisierter Gewalt in der Arbeitswelt
sofort zu ratifizieren.
Patrizia Mordini
Mitmachen bei der Kampagne und
Veranstaltungen besuchen: 16Tage.ch
Der SGB-Frauenkongress 2021 nimmt den Kampf auf gegen sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz. (© Yoshiko Kusano)
«Wirtschaft und Politik müssen dafür sorgen, dass in der
IT-Sicherheit mehr Fachkräfte ausgebildet werden.» Miriam Berger
17
Wie der Klimawandel unsere
Arbeitswelt verändert
Er ist in aller Munde, aber doch noch zu wenig präsent:
Der Klimawandel wird die Arbeit von uns allen verändern.
Damit müssen wir uns heute auseinandersetzen.
Kinder freuen heisse Sommer, für Arbeitende wirds ungemütlicher. (© Keystone-SDA)
Wer draussen arbeitet, hat es zu spüren
bekommen. Die Sommer werden
heisser. Es regnet seltener. Winterstürme
gibt es häufiger. Für unsere
Kolleg*innen in der Postzustellung,
für die Netzelektriker*innen bei Cablex
wird das in den kommenden Jahrzehnten
zunehmend zu einem Gesundheits-
und Unfall risiko werden.
Für die Kolleg*innen, die drinnen arbeiten
– in Büros, Lagerhallen, Buchläden
– wird sich bei Hitzewellen die
Frage nach Lüftung und Kühlung stellen.
Dazu kommen weitere neue Gesundheitsrisiken,
etwa die Einschleppung
tropischer Krankheiten, die
durch Mücken übertragen werden.
Es braucht öffentliche Investitionen
Diesen Entwicklungen müssen wir
uns anpassen – mit anderen Arbeitszeiten
in Hitzesommern, mit Schutzkonzepten
vor Winterstürmen. Das ist
aber nicht alles. Es geht auch darum,
die globale Erwärmung soweit noch
möglich zu verhindern.
Dass wir den Klimawandel bekämpfen
müssen – das ist nun bei vielen
Unternehmen und in der Politik
angekommen. Die Frage, die noch unbeantwortet
ist: Wer soll dafür zahlen?
Wirtschaft und bürgerliche Politik
wollen die Konsument*innen zur
Kasse bitten. Wir sind dagegen überzeugt:
Es braucht öffentliche Investitionen,
gerade in den Service public.
Schlüsselrolle des Service public
Für syndicom kann der Service public
eine Schlüsselrolle im Kampf gegen
den Klimawandel einnehmen. Einerseits
kann die Post mit klimaneutraler,
zukunftsgerichteter Logistik Vorbild
für eine ganze Branche werden
und für die breite Bevölkerung klimagerechte
Dienste erbringen. Die Swisscom
kann mit ihrer ICT-Infrastruktur
die klimagerechte digitale Transformation
befördern. Dies braucht Investitionen
der Öffentlichen Hand und
die Einsicht, dass Marktöffnungen
und Liberalisierung in die völlig falsche
Richtung gehen.
Den Klimawandel bekämpfen wir
nur gemeinsam. syndicom erstellte
dazu das Positionspapier «Für einen
sozial gerechten Klimaschutz». Auf
dieser Basis schärfen wir die Strategie
von syndicom in der Klimadiskussion
und erarbeiten konkrete Massnahmen.
Den syndicom-Bran chen kommt
dabei eine wichtige Rolle zu; es gilt,
den Service public als Ressource gegen
den Klimawandel neu zu deuten.
Dominik Fitze
syndicom.ch/unserethemen/kampagnen/
klimawandel/
Digitale Kompetenzen
stärken
Miriam Berger, Zentralsekretärin Sektor ICT
Meldungen von einer Zunahme von
Cyberkriminalität mehren sich. Betroffen
sind auch kleinere Unternehmen
und kommunale Verwaltungen.
Ein grosses Risiko stellt die einseitige
Verwendung proprietärer Software
dar. Dies verstärkt Monopole durch
Abhängigkeitsverhältnisse und bringt
für alle Nutzerinnen und Nutzer
gleichgeformte Sicherheitslücken. Sie
sind dadurch alle an den gleichen
Stellen verwundbar.
Gefordert sind nun Wirtschaft und
Politik, um genügend Fachkräfte und
digitale Kompetenzen aufzubauen. Sogar
aus der bürgerlichen Ecke kommt
der Ruf nach staatlicher Unterstützung.
Der in einem «Rundschau»-Bericht
von einem SVP-Mann geforderte
«Cyber-Wetterbericht» scheint nicht
hinreichend – nicht nur angesichts
schon bestehender Tools des Nationalen
Zentrums für Cyber security.
IT- und Daten-Sicherheit braucht Aufmerksamkeit
auf Geschäftsleitungsstufe
und kostet Geld.
Im Hinblick auf die digitale Transformation
müssen wir uns fragen:
Was sind öffentliche Güter? Wie müssen
wir sie schützen? Der Fachkräftemangel
in der IT-Branche ist akut.
Wirtschaft und Politik stehen in der
Verantwortung, gemeinsam mit den
Bildungsinstitutionen dafür zu sorgen,
dass mittelfristig mehr Fachkräfte
ausgebildet werden – gerade auch
Frauen und migrantische Menschen.
Und auch die Anwender*innen brauchen
eine Bildungsinitiative für digitale
Kompetenzen.
18 Arbeitswelt
«Ist Swisscom bereit für ihre Mitarbeitenden?
Reden wir jetzt über die Arbeitszeit.» Lena Allenspach
Bereit für die 35-Stunden-Woche!
Vor einem Jahr haben wir die Swisscom-Mitarbeitenden gefragt,
ob sie bereit sind. Bereit für mehr vom Leben, bereit für neue
Arbeitszeitmodelle. Die zentrale Forderung steht!
Produktivitätsausgleich, Zeitautonomie: Viele Gründe sprechen für die 35-Stunden-Woche. (© Keystone)
Die 35-Stunden-Woche: Weshalb?
Die Lösung für eine bessere Verteilung
der Arbeit ist nichts Neues und
wird bereits in mehreren Ländern
und IT-Unternehmen umgesetzt. Am
Landesstreik von 1918 war bereits die
40-Stunden-Woche eine Forderung
der Gewerkschaften. Seit dem erreichten
Fortschritt ist die Normal-Arbeitszeit
kaum mehr gesunken, die Produktivität
jedoch gestiegen. Erst die
Homeoffice-Situation während dem
Lockdown hat wieder gezeigt, dass
Angestellte sich mehr Zeitautonomie
zurückwünschen. Diese erhalten sie
nur mit einer Arbeitszeitverkürzung
und neuen Arbeitszeitmodellen.
Ein weiterer wichtiger Effekt der
Arbeitszeitverkürzung: bye-bye Gender-Time-Gap
und hallo gerechtere
Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit
und Besserstellung der Frauen
im Arbeitsmarkt.
Die EU-Arbeitskräfteerhebung, die
die Schweiz einbezieht, zeigt, dass
zwischen der Wochenarbeitszeit von
Frauen und Männern massive Unterschiede
bestehen. Frauen arbeiten
mehr Teilzeit als Männer, Tendenz
steigend. Die Auswirkungen auf Karriere
und Altersvorsorge sind frappant.
Wichtiger Schritt für die
Zukunft von Swisscom
Bei Swisscom hat die GAV-Strategiegruppe,
bestehend aus engagierten
Swisscom-Mitarbeitenden, in einem
langen partizipativen Prozess mit
zahlreichen Umfragen, Analysen und
Diskussionen gemeinsam mit uns den
Forderungskatalog für den neuen Gesamtarbeitsvertrag
Swisscom erarbeitet.
Neben Verbesserungen bei Mutter-
und Vaterschaftsurlaub und einer
neuen Homeoffice-Regelung steht
heute die Forderung nach der Reduktion
der Wochenarbeitszeit um 5 Stunden
(im 100%-Pensum) im Zentrum.
Die Personalpolitik bei Swisscom
ist seit Jahren von einem linearen Personalabbau
geprägt. Um dem Personal
wieder eine längerfristige Perspektive
zu bieten, braucht es jetzt
Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen.
Als Arbeitgeberin muss die
Swisscom für ihre Mitarbeitenden bereit
sein. Das ist sie nur, wenn wir jetzt
über Arbeitszeitmodelle sprechen
und die Arbeit besser verteilen. Deshalb
haben Mitarbeitende bei Swisscom
sich entschlossen, gemeinsam
mit uns für dieses Anliegen einzustehen.
Bereit für mehr vom Leben heisst
bereit für gute Arbeitsbedingungen
und einen sicheren Arbeitsplatz.
Lena Allenspach
Alle GAV-Forderungen bei Swisscom:
syndicom.ch/arbeitszeit
Die ersten Erfolge
aus dem GAV bei Presto
Urs Zbinden, Fachsekretär Sektor Logistik
Presto-Zusteller*innen sind bei Wind
und Wetter auf den Strassen, ihre
Wege werden durch Baustellen noch
länger, und beschädigte Zeitungen
müssen sie selber ersetzen. Die Frühzustellung
ist eine Branche mit tiefen
Löhnen; zusätzliche Ausgaben belasten
das Budget. Doch bis anhin gab es
kein einheitliches Spesenformular
und keine Informationen darüber,
was und in welcher Form als Mehraufwand
oder Spesen abgerechnet
werden kann.
Wissen bedeutet bekanntlich
Macht und in diesem Fall auch Geld,
daher war das Spesenformular zwischen
syndicom und Presto seit Jahren
ein strittiger Punkt. Nach aufreibenden
Verhandlungen gelang es
diesen Herbst, sich auf ein einheitliches
Formular und ein Merkblatt zu
einigen.
Die Lohnverhandlungen fallen bei
Presto aus der Reihe. Wegen des neuen
GAV wurden sie letztes Jahr zum
ersten Mal durchgeführt und finden
im Unterschied zum restlichen Post-
Konzern bereits im Spätsommer statt.
Die Lohnerhöhung von 0,25 % war
aber eher ein symbolisches Resultat.
In den diesjährigen Verhandlungen
erreichte die Delegation eine Einmalzahlung
von 0,8 % der Lohnsumme.
Auch dies entspricht noch nicht
den Zielsetzungen der aktiven syndicom-Mitglieder
bei Presto. Da dem
Unternehmen aber ein Abschluss in
der Höhe des Vorjahres vorschwebte,
ist die erkämpfte Steigerung als Erfolg
zu werten. Wir sind auf dem Weg!
«Der Vorwurf, durch regulierte Förderung würden gelenkte
‹Staatsmedien› entstehen, ist nicht haltbar.» Camille Roseau, Medien mit Zukunft
19
Recht auf Information
als Service public
Das Medienförderpaket ist nötig, um auf die
Medienkrise zu antworten – aber damit hört es
nicht auf, erklärt Camille Roseau von «Medien
mit Zukunft» im Gespräch mit Robin Moret.
Am 13. Februar 2022 stimmt das Volk über das Medienförderpaket
ab. Warum schützt dieses Paket die Arbeitsplätze
von Journalist*innen und die Medienvielfalt?
Camille Roseau: Das Paket zur Medienförderung trägt ein
gutes Stück dazu bei, Medienbetriebe in der Schweiz finanziell
besser abzustützen. Der Ausbau der Posttaxenverbilligung,
die Unterstützung der Frühzustellung und umsatzabhängige
Zuschüsse für die Onlinemedien verbessern bei
vielen Medien die Erlös- und Kostenstruktur. Finanziell
sieht es auch für die Verbandsmedien besser aus, sie erhalten
mehr öffentliche Mittel für den Vertrieb. Stabile Finanzen
machen langfristige Arbeits- oder Auftragsverhältnisse
für Journalist*innen überhaupt möglich. Die Stärkung der
Branche durch die Förderung des MAZ, des Presserates
und der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ist zentral für
ein funktionierendes Ökosystem Medien.
Was sagen Sie zum Referendum, das behauptet, staatlich
finanzierte Medien wären staatlich kontrolliert und könnten
ihre Funktion als vierte Gewalt nicht erfüllen?
Der Vorwurf, mit der neuen Förderung würden «Staatsmedien»
entstehen – gelenkte oder beeinflusste Medien,
die ihrer Watchdog-Funktion nicht gerecht werden können
– ist nicht haltbar, wenn man sich die Sache näher anschaut.
Die Medienförderung wird demokratisch legitimiert
und nach einem genau festgelegten Reglement
verteilt, das für alle gleich gilt, unabhängig von der politischen
Couleur. Es ist schlicht unmöglich, dass einem Medium
die Gelder gestrichen würden, weil es z. B. den
Bundesrat kritisiert. Es gibt keine Einflussnahme auf die
redaktionellen Inhalte.
Eher könnte man die Finanzierung von Journalismus
durch Inserate oder Gross-Mäzen*innen in Zweifel ziehen,
die direkter Einfluss nehmen könnten auf das redaktionelle
Geschehen. Ist die Trennung von Redaktion und Verlag
aber vollständig, ist auch das in der Regel kein Problem.
Das Beihilfepaket hat eine begrenzte Laufzeit. Wäre dieses
Modell auch langfristig eine nachhaltige Lösung?
Wir begrüssen die Befristung des Pakets. Die Unterscheidung
der verschiedenen Mediengattungen, etwa Print und
Online, ist überholt. Auf längere Sicht wünschen wir uns
ein Modell, dass nicht nur Strukturerhalt betreibt, sondern
den Journalismus als Grundlage für eine stabile und ausgewogene
politische Meinungsbildung fördert und finanziert.
Wir sind gerne bereit, da mitzuarbeiten. Für den Moment
aber ist das Medienpaket ein guter Kompromiss, der
weitere Kahlschläge in der Medienlandschaft verhindert.
Was sind die Schwachpunkte des Hilfspakets?
Wir bedauern sehr, dass es nur sehr wenige Vorgaben zur
Verhandlungspflicht im Rahmen einer Sozialpartnerschaft
zwischen Verlagen und Gewerkschaften gibt. Allein
zur Frühzustellung hat eine Regelung den Weg ins Gesetz
finden können. Ausserdem: Die Summen, die Konzernmedien
subventionieren, ohne dass ihnen ein Dividendenverbot
auferlegt wäre, dünken uns schmerzhaft hoch.
Sie sind Mitglied einer Organisation, die sich für die Verteidigung
des Hilfspakets einsetzt. Was werden die wichtigsten
Etappen Ihrer Kampagne sein?
Mit dem Verein für Demokratie und Medienvielfalt haben
wir ein überparteiliches Komitee gegründet, das sich für
das Medienpaket einsetzt. Jetzt im Herbst befinden wir uns
in der Planungsphase und sind mit dem Fundraising befasst.
Das Zeitfenster ist einfach knapp, wir haben von
Ende November bis anfangs Februar Zeit, für das Paket Partei
zu ergreifen und zu mobilisieren. Unsere Kampagne
wird sich auf die beiden Monate vor der Abstimmung konzentrieren,
unser Crowdfunding startet demnächst.
Soll der Verein nach der Abstimmung weiterleben?
Ja. Wir wollen – gemeinsam mit den Unterstützer*innen,
die wir hoffentlich noch gewinnen – nach der Abstimmung
in die nächste Projektphase gehen. Ziel könnte sein, eine
grundsätzliche Neuaufstellung der Medienförderung vorzubereiten.
Zum Beispiel über ein Grundrecht auf Informiertheit
als Service public. Oder einen neuen Verfassungsartikel
93, der schlicht und ergreifend lautet:
«Der Bund fördert die journalistische Arbeit für die demokratische
Meinungsbildung.» Zudem könnte gesetzlich
festgelegt werden, dass nur die Betriebe Unterstützung erhalten,
die ihren Gewinn in den Journalismus stecken.
Aber erst müssen wir das Referendum bodigen.
Camille Roseau ist Journalistin, Co-Präsidentin des Verbandes
«Medien mit Zukunft» und Präsidentin des Vereins für Demokratie
und Medienvielfalt.
(© Florian Bachmann)
Verein für Demokratie und Medienvielfalt unterstützen!
Demokratie-jetzt-verteidigen.ch
20 Arbeitswelt
«Ein neuer GAV ist kein Selbstzweck, sondern muss
die Realität der Angestellten effektiv verbessern.» David Roth
Ein Mega-GAV für die Logistik
60 Firmen bilden die wohl grösste Verhandlungsgemeinschaft,
mit der syndicom je über einen Gesamtarbeitsvertrag verhandelte.
Ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang.
Einen Gegenstand von A nach B bringen:
das klingt trivial. Es ist aber eine
Dienstleistung, die über hundert Unternehmen
in ganz unterschiedlicher
Art und Weise erbringen. Sie setzen
entweder auf Menge, auf Geschwindigkeit,
auf persönlichen Kundenkontakt
oder auf einen besonders vertrauensvollen
Umgang mit heiklen Gütern.
Die Kund*innen möchten am liebsten
alles und dazu noch den besten Preis.
Branche im Umbruch
Kein Wunder also, dass in der Logistik
der Wettbewerb enorm ist. Wenige
Märkte entwickeln sich derzeit so
dyna misch wie jener der Logistik. Es
vergeht kein Monat ohne den Markteintritt
eines neuen Anbieters, technologische
Neuerungen verändern
die Arbeitstätigkeit ständig. Rückläufige
Briefmengen und Zeitungsauflagen
bei gleichzeitigem Paketboom
leisten einen weiteren Beitrag dazu,
dass die Branche eine sehr unbeständige
Entwicklung erlebt.
Gerade in dieser Unsicherheit ist
es umso wichtiger, dass der Konkurrenzkampf
nicht auf dem Rücken der
Arbeitnehmenden ausgetragen wird.
syndicom ist deshalb erfreut, dass
sich die Arbeitgeber in der Dachorganisation
«Zustellung Schweiz» zusammengetan
und für GAV-Verhandlungen
aufgestellt haben.
Wenige Sektoren verändern sich so rasant wie die
Logistik. (© Keystone-SDA)
Jahrelange Vorarbeit bei syndicom
syndicom ihrerseits wird bei den
Verhandlungen auf eine jahrelange
Vorarbeit aufbauen können. Seit der
Marktöffnung für alles, was einen
50-Gramm-Brief übersteigt, hat syndicom
den Kontakt mit privaten Logistik
unter nehmen gesucht. Daraus resultiert
ist der GAV Velokurier und
urbane Kurierdienstleistungen. Ebenso
der GAV KEP & Mail, der allerdings
letztes Jahr mangels Entwicklungsperspektive
aufgelöst wurde. Dabei
hat syndicom auch zahlreiche Kontakte
zu Einzelfirmen gepflegt und konnte
so beispielsweise den GAV Notime
abschliessen. Ob es gelingt, die Einzelteile
zu einem grossen Ganzen zusammenzuführen,
wird sich in den
kommenden Monaten weisen.
Keine Verschlechterungen
syndicom hat für die Verhandlungen
zwei Vorbedingungen: Der Post-GAV
bleibt unangetastet gültig, und in
den bestehenden Sozialpartnerschaften
kommt es zu keinen Verschlechterungen.
Der Abschluss eines neuen
GAV ist kein Selbstzweck, sondern
muss die Realität der Angestellten der
Logistik effektiv verbessern. Die logische
Konsequenz ist deshalb auch,
dass die Verhandlungspartner bei erfolgreichem
Abschluss beim Bund die
Allgemeinverbindlichkeit des GAV beantragen
würden.
David Roth
Mehr Informationen zum Thema:
syndicom.ch/aktuell
Die digitale Kluft
überbrücken
Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung und
Mitglied der Geschäftsleitung
Diese Ausgabe des syndicom-Magazins
wie auch der diesjährige syndicom-Kongress
befassen sich mit dem
hochaktuellen Thema des zukünftigen
Service public. Unsere Überlegungen
und Analysen zu diesem Thema
beziehen von Anfang an ausdrücklich
die Herausforderungen, aber auch
Chancen mit ein, die der Service public
für spezifische demografische
Gruppen und gesellschaftlich benachteiligte
Gruppen bietet.
Zentral ist dabei unser Anliegen,
dass der Service public einen diskriminierungsfreien
Zugang zu wichtigen
Services, also Dienstleistungen
und Gütern bietet, der allen offen
steht – egal ob männlich, weiblich
oder nonbinär, egal ob jung oder alt,
egal ob hier oder im Ausland geboren,
egal ob angestellt oder (teil-)freischaffend.
Ebenso muss der Ausbau des
Service public allen dienen.
Dass dies nicht eine Selbstverständlichkeit
ist, zeigt die breiter werdende
«digitale Kluft». Damit ist gemeint,
dass das Medium Internet und
die Möglichkeiten der Informatiktechnologie
die gesellschaftliche Teilhabe
der bereits schon Bessergestellten
erhöhen, während Menschen mit
geringeren bildungsmässigen, ökonomischen
oder sozialen Ressourcen
von der Information und potenziellen
Partizipation, den digitalen Möglichkeiten
und Chancen abgeschnitten
werden. Die negativen Auswirkungen
sind auf längere Frist erst richtig sichtbar.
Digitalisierung für alle
Es gilt für uns, dass die digitale Kluft
rasch zu schliessen ist. Die Transformation
der digitalisierten Arbeitswelt
darf unsere migrantischen Kolleg*innen
nicht benachteiligen. Die spezifischen
Anforderungen von Frauen*,
Freischaffenden, Jungen oder Älteren
an die Digitalisierung müssen bei den
künftigen Entwicklungen integriert
werden. Darum müssen ihre Anliegen
thematisiert und ernst genommen
werden. Wir sind entschlossen, dies
zu tun.
«Unternehmen wie Swisscom müssen einen Fokus auf
die Qualität der Arbeit legen.» Daniel Hügli
21
Die Politik der
leeren Betriebskassen
Preiskampf in der Telekombranche: Die Unternehmen senken die
Kosten entlang der Wertschöpfungskette, Personal wird abgebaut.
Politik und Unternehmen müssen nun Perspektiven bieten.
Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Callcenter-Beschäftigten sind notwendig. (© Keystone)
Outsourcing ins Ausland ...
Wir sehen sie immer wieder: Die Ratgeber,
die vorrechnen, wie viel günstiger
der Abschluss eines Internet-Abos
bei einem anderen Anbieter als Sunrise
UPC oder Swisscom kommen soll.
Auch solche Vergleiche befeuern den
Preiskampf zwischen den Anbietern.
Um die sich leerenden Betriebskassen
wieder zu füllen, greifen die
Unternehmen zu Kostensenkungen
und Stellenabbau. Die Übertragung
von Tätigkeiten an Drittunternehmen
wird zwar zum Teil mit dem Fachkräftemangel
in der Schweiz begründet –
wie bei den Swisscom-Zentren für
Software-Entwicklung in Rotterdam
und Riga. Tiefere Personalkosten sind
aber immer auch ein nicht zu vernachlässigender
Nebeneffekt, etwa bei den
Contact- und Callcentern.
... komplexere Services im Inland
In der Contact- und Callcenter-Branche
nimmt das Kontaktvolumen ab,
da die Produkte robuster werden und
gewisse Aufgaben automatisiert werden
können. Die Branche entwickelt
sich deshalb in der Schweiz in die
Richtung von komplexeren Dienstleistungen.
Gerade von Swisscom erwarten
wir, dass eine solche Transformation
über mehrere Jahre geplant wird.
Bekenntnis von Swisscom zum
Werkplatz Schweiz ist gefordert
Nachdem Swisscom kürzlich ein Pilotprojekt
im Kosovo ankündigte, das inländische
Dienstleistungen durch ein
eigenes Offshore-Callcenter ersetzt,
fordert syndicom ein klares Bekenntnis
zum Erhalt von Arbeitsplätzen in
der Schweiz – auch in den Partnerfirmen,
die dem allgemeinverbindlichen
Branchen-GAV unterstellt sind.
Fokus auf Qualität der Arbeit
Die Mitwirkung von Gewerkschaft und
Personalvertretung ist jederzeit sicherzustellen
sowie ein Fokus auf Qualität,
Datenschutz und -sicherheit zu legen.
Wir fordern auch, dass Swisscom für
Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette
die Verantwortung übernimmt
bezüglich kollektiver Arbeitsrechte,
Menschenrechte und fairer
Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Schliesslich sind die Unternehmen
gefordert, in die kontinuierliche Ausund
Weiterbildung zu investieren.
Eine Rolle kommt aber auch der
Politik zu: Der Bundesrat muss bei seinen
strategischen Zielen von den
überhöhten finanziellen Erwartungen
an Swisscom abrücken.
Daniel Hügli
Die Branche Contact- und Callcenter bei
syndicom: syndicom.ch/branchen/ccc
Folgen des Verbots von
Quersubventionierung
Stephanie Vonarburg, Leiterin Sektor Medien und
Vizepräsidentin syndicom
Viele Konzerne verteufeln die interne
Quersubventionierung. Jeder Unternehmensteil
muss die Gewinnerwartungen
separat erfüllen. Eine unlösbare
Aufgabe für Medien-Redaktionen
und Druckereien – auch bei der TX
Group, dem reichsten Schweizer Medienunternehmen,
das aus dem Tages-Anzeiger
entstanden ist.
Seit dem Börsengang im Jahr 2000
schreibt das Unternehmen allen Sparten
hohe Gewinnmargen vor. Die digitalen
Marktplattformen sind äus serst
lukrativ und erfüllen die hohen Vorgaben
spielend. Sie wurden dank den
jahrzehntelangen Gewinnen aus dem
Zeitungsgeschäft aufgebaut oder zugekauft.
Die Zeitungen und Onlinemedien
hingegen generieren ständig
weniger Einnahmen aus dem Werbegeschäft;
die vormals hohen Erlöse
fliessen nun grösstenteils zu den
Tech-Giganten wie Facebook und
Google ab. Diese Gelder fehlen der
Produktion von journalistischen Medien
in der Schweiz.
Die TX Group hätte jedoch die
Mittel. Das selbst auferlegte Verbot
der Quersubventionierung unterbindet
nur, diese Gelder in die herausgeforderten
Medien zu investieren.
Sie müssen als separate Profitzentren
funktionieren. Solche unternehmerischen
Entscheide führen regelmässig
zu Personalabbau in den Redaktionen
und Druckereien. Das macht sich für
die Leserschaft als Abbau des publizistischen
Angebots bemerkbar. Eine
verheerende Entwicklung für ein vormals
stolzes Medienunternehmen.
22 Politik
Kein Auftrag, kein Geld:
Das soll sich ändern
Kein Auftrag, kein Geld? syndicom hat ein Forschungsteam
der Fachhochschule Nordwestschweiz beauftragt, das Modell
einer Versicherung gegen Auftragslosigkeit für Selbständigerwerbende
zu erarbeiten – ganz analog zur ALV.
Text: Muriel Raemy
Bild: People Images, Grafik: tnt
Selbständige haben keine Arbeitslosenversicherung.
Bei Flaute müssen
sie auf ihre Ersparnisse zurückgreifen
oder versuchen, einen Job zu
finden. Was aber tun, wenn es einfach
keine Aufträge mehr gibt, etwa
in der Pandemie oder weil der Arbeitsmarkt
gesättigt ist?
syndicom setzt sich ein für die
Interessen der Selbständigerwerbenden
in Grafik, Journalismus,
Illus tration und Fotografie, in denen
sich die Arbeitsbedingungen
noch verschlechtert haben. Ihr
Status war früher schon prekär. Die
Pandemie hat aber gezeigt, dass ein
angemessener Sozialschutz für Freischaffende
dringender ist denn je.
Wie könnte dieser aussehen?
Wäre ein ähnliches Modell wie bei
der Arbeitslosenversicherung denkbar,
wo Arbeitgeber und Arbeitnehmende
je hälftige Beiträge zahlen?
syndicom stellte diese Frage
dem Forschungsteam von Mathias
Binswanger, Ökonomieprofessor an
der Fachhochschule Nordwestschweiz
(siehe seinen Gastbeitrag in
Magazin Nr. 23). Eine Arbeitsgruppe
bestehend aus Gewerkschaftsmitgliedern
der Bereiche Grafik, Journalismus,
Fotografie und Illustration
hat den Prozess eng begleitet.
Wie die ALV – und wie die MWST
Das Forschungsteam untersuchte
Versicherungsformen, die in mehreren
europäischen Ländern bereits
existieren. Fazit? Ein Vergleich dieser
Modelle ist schwierig. Sie funktionieren
in ihrem Kontext eher
schlecht. Ein Hauptproblem: «Bei
einer freiwilligen Versicherung ist
das die ‹adverse Selektion›. Das
heisst, dass vor allem Personen, deren
Tätigkeit nicht rentabel ist, sich
freiwillig versichern. Für erfolgreiche
Selbständige bedeutet eine Versicherung
nur Zusatzkosten, ohne
dass sie je davon profitieren. Hier
gibt es einen moralischen Bias», das
sagt Tobias Schoch, Professor für
Empirische Wirtschaftsforschung,
der für den statistischen Teil der
Forschung zuständig ist. Das Team
erarbeitete deshalb ein Modell für
eine obligatorische Versicherung.
Das sieht eine neue Art der Finanzierung
vor, analog zur traditionellen
Form der je hälftig von Arbeitgeber
und Arbeitnehmenden zu
tragenden Sozialversicherung: Die
selbständigen Auftragnehmer*innen
und ihre Kunden zahlen auf
den Rechnungsbetrag je 4 % zusätzlich
– vergleichbar mit der MWST.
Tobias Schoch und sein Team haben
zahlreiche Szenarien modelliert,
bevor sie zu diesem Kompromiss
von 4 Prozent gelangt sind.
Das Geld geht in einen Fonds:
«Die Solidarität ist hier entscheidend.
Die Kosten werden kollektiv
verteilt: Die Auftraggeber übernehmen
einen Teil der durch die selbständige
Erwerbstätigkeit bedingten,
nicht reduzierbaren Kosten.»
Dank dieser Beiträge können die
Freischaffenden eine Reserve aufbauen,
die am Ende des vierten
Jahres bis zu vier einkommenslose
Monate abdecken kann. Ab dem
zehnten Jahr sind es schon 12 Monate.
«Die meisten Selbständigen
haben heute kaum Reserven, wie
eine Umfrage von syndicom zu Beginn
der Pandemie zeigte. Unser
Modell könnte sie für mehrere Jahre
absichern», erklärt Michael Moser,
Zentralsekretär Medien und Visuelle
Kommunikation bei syndicom.
«Der Prozess beginnt erst: Auf der
Basis dieser ersten Version wird die
Diskussion mit unseren Mitgliedern
eröffnet. Wir wollen auch die Meinung
weiterer Fachpersonen einholen
und die Machbarkeit einer
solchen Finanzierung bei der Politik
abklären», kündigt er an.
Wie findest du die Idee? Mach mit an
unserer Befragung: syndicom.ch/alvs
Erwerbsausfall-Versicherung für Freie:
3 Fragen an Michael Moser, Zentralsekretär
Medien/Visuelle Kommunikation
23
1
2
3
Weshalb braucht es eine Versicherung
für Selbständigerwerbende?
In der Visuellen Kommunikation
und im Journalismus wird es immer
schwieriger, Festanstellungen zu
finden. Berufsangehörige dieser
Branchen (und nicht nur dieser)
haben häufig keine andere Wahl als
die selbständige Erwerbstätigkeit.
Meistens leidet darunter der
Sozialschutz: Freischaffende zahlen
weniger in die berufliche Vorsorge
ein als Angestellte und sind nicht
gegen Er werbs unfähigkeit versichert.
Die Pandemie hat diese
Sektoren hart getroffen. Wir wollen
über punktuelle Nothilfen hinausgehen
und strukturelle Veränderungen
anstos sen, die den Freischaffenden
langfristig einen sozialen
Schutz sichern.
Können die Selbständigen überhaupt
4 % höhere Honorare fordern
und sich die eigenen 4 % leisten?
Das funktioniert nur, wenn die
Versicherung obligatorisch wird. Es
wird eine kollektive Anstrengung
sein: Die Auftraggeber müssen zur
Erhöhung der Honorare beitragen.
Diese sind heute viel zu tief, um
neben den Fixkosten noch Vorsorge
und Erwerbsausfallversicherung
abzudecken. Uns ist klar, dass 4 %
aus der eigenen Tasche für viele
Freischaffende problematisch ist.
Die Beiträge sind aber ihre Reserven
und bleiben ihnen auf jeden Fall
erhalten. Wir werden die konkreten
Wirkungen einer solchen Versicherung
auf den Markt evaluieren, um
ggf. in einer ersten Phase Begleitmassnahmen
vorzusehen.
Wann wird es möglich sein, diese
Versicherung abzuschliessen?
Unser Ziel ist es, die Diskussion zu
eröffnen. Ich bin sicher, dass
andere Gewerkschaften und
politische Parteien sich der Thematik
annehmen und Anpassungen
oder auch ein eigenes Modell
vorschlagen werden. Unser Projekt
für eine neue Auftragslosenversicherung
ermöglicht uns, die Diskussion
proaktiv zu lancieren und uns auf
der Seite der Freischaffenden – der
grossen Unsichtbaren in unserem
politischen System – zu positionieren.
Individuelle Versicherungen
können nicht die einzige mögliche
Antwort bleiben! Der Prozess steht
erst am Anfang. Das ist vielleicht ein
Projekt einer ganzen Generation!
Eine Auftragslosenversicherung für Selbständige
Rechnung
Projekt X:
1000.–
+4% ALV-S
= 1040.–
Mit der Einführung der Auftragslosenversicherung
für Selbständige (ALV-S)
werden den Kund*innen (analog zur
MwSt.) obligatorisch auf jeder Rechnung
4% ALV-S-Prämien verrechnet.
Der/Die Selbständige
überweist jeweils
4% vom Kunden und
4% eigenen Beitrag
an die ALV-S.
Bei der ALV-S wird pro versicherte
Person zwischen zwei Konti unterschieden:
dem Sparguthaben (Beiträge Selbständige*r)
und der Versicherung (Kundenbeiträge).
40.–
eigener Beitrag
40.–
vom Kunden
80%
Versichert sind 80% vom durchschnittlichen
Monatsumsatz. Bei einem Jahresumsatz
von 60 000.– also 4000.– pro Monat.
4
10
Jahre Jahre
Nach 4 Jahren reichen die Reserven
für 4 Monate, nach 10 Jahren reichen
die Reserven für 12 Monate.
Im Falle eines Umsatzrückganges
von beispielsweise 25% im
Vergleich zum Vorjahr werden
3 Monate (25% von 12 Monaten)
ausbezahlt. Das restliche Guthaben
bleibt für später.
N
D
J
F
O 3 Monate M
ohne Aufträge
S
A
A
M
J J
Durch neue Beiträge wird
die Versicherung ständig
weiter aufgebaut.
Wird die Selbständigkeit freiwillig beendet (Anstellung/Pensionierung)
werden alle Sparbeiträge an den oder die Selbständige*n ausbezahlt.
Die Versicherungsbeiträge verbleiben in der Versicherung.
24 Politik
ICT – Motor des
globalen Wandels
Daniel Hügli, Zentralsekretär ICT bei syndicom, wurde letzten
Monat zum Präsidenten von UNI Europa ICTS gewählt. Wir
trafen ihn, um mit ihm über sein Mandat und den ständigen
Wandel dieses Sektors auf internationaler Ebene zu sprechen.
Text: Robin Moret
Bild : Karin Scheidegger
Was ist genau deine Rolle als
Präsident des ICTS- oder Telekom-
Sektors im Gewerkschaftsverband
UNI Europa?
Im Präsidium mit den Vize-Präsident*innen
und gemeinsam mit
dem Sekretariat von UNI Europa
ICTS haben wir den Auftrag, in den
nächsten vier Jahren die an der UNI-
ICTS-Konferenz verabschiedeten
strategischen Ziele zu verfolgen.
Als Präsident nehme ich zudem auf
europäischer Ebene am Dialog mit
den Sozialpartnern teil und vertrete
den Sektor in den Gremien von UNI
Europa und UNI Global ICTS.
Was sind die aktuellen Herausforderungen
im Sektor ICTS?
Wir Gewerkschaften befinden uns
an einem historischen Scheideweg,
speziell in den ICTS-Branchen:
Unsere Mitglieder stehen mitten in
der digitalen Transformation von
Gesellschaft und Wirtschaft. Nicht
nur ihre Arbeitswelt verändert sich
rasant – gleichzeitig sind sie in ihrer
Arbeit die Antreiber*innen dieses
Wandels. Als vereinte Gewerkschaften
haben wir die Chance,
die Zukunft der Branchen und die
Rahmenbedingungen für die neue
Arbeitswelt zu gestalten.
Welches sind die strategischen
Prioritäten, an denen du mit deinen
europäischen Kolleg*innen arbeiten
wirst?
Damit wir den Wandel mitgestalten
können, müssen wir mit mehreren
Hebeln ansetzen: Wir müssen unsere
Position in den multi nationalen
Unternehmen stärken, die Gesamtarbeitsvertragspolitik
unterstützen,
Gesetzgebung und Politik beeinflussen
sowie unsere Mitgliederbasis
ausbauen.
Wie läuft die gewerkschaftliche Zusammenarbeit
auf internationaler
Ebene, und welche Hebel hast du in
Bezug auf strategische Prioritäten in
der Hand?
Im Zentrum stehen Austausch,
Koordination und Unterstützung
zwischen den Gewerkschaften. So
können wir mehr Arbeitnehmende
organisieren – auch in den neueren
Branchen wie Tech und Games –,
starke Gewerkschaftsallianzen aufbauen,
Europäische Betriebsräte
begleiten und beraten sowie unsere
Positionen beispielsweise zu künstlicher
Intelligenz, digitalen Plattformen,
5G-Ausbau und Homeoffice
in Gesamtarbeitsverträge, auf politischer
Ebene und bei unseren Sozialpartner*innen
einbringen.
Der Datenschutz ist eine der
grössten Herausforderungen des
ICT-Sektors. Zahlreiche Cyber-
Angriffe haben in letzter Zeit auch
die Schweiz getroffen. Wie willst du
mit Uni Europa in dieser Frage vorgehen?
Ganz vorne steht für uns der Schutz
der Arbeitnehmenden vor der zunehmenden
Überwachung bei der
Arbeit und vor der Entgrenzung der
Arbeit, die immer weiter ins Privatleben
eindringt. Es geht grundsätzlich
um den Schutz der Gesundheit
und der Privatsphäre – vom Datenschutz
inklusive Datensicherheit bis
zum Recht auf Nicht-Erreichbarkeit
ausserhalb der Arbeitszeiten.
Die Arbeitenden im ICT-Sektor
stehen im Mittelpunkt der technologischen
Entwicklungen, die alle
Wirtschaftszweige betreffen.
Arbeitest du in dieser Hinsicht mit
anderen Sektoren bei UNI-Europa
zusammen?
Die Zusammenarbeit zwischen den
Sektoren ist überaus wichtig, gerade
bei Themen wie Homeoffice oder
Einsatz von Systemen künstlicher
Intelligenz. Zudem beobachten
wir eine zunehmende Konvergenz
zwischen den Branchen, in denen
digitale Systeme und Plattformen
zum Einsatz kommen, wie beim
E-Commerce oder den Unternehmensdienstleistungen.
Und ich werde
mich aktiv im Vorstand von UNI
Global ICTS eingeben, um auch die
globale Perspektive zu stärken.
News aus dem Sektor ICT: uniglobalunion.
org/de/sectors/icts/nachrichten
Recht so!
25
Lieber Rechtsdienst,
ich habe meinen Arbeitsvertrag gekündigt
und jetzt tauchen bei mir Fragen auf im
Zusammenhang mit meinen Daten und
ihrer Löschung oder Weiterverwendung
nach meinem Austritt. Was zum Beispiel
geschieht mit meinem E-Mail-Account?
Während des gesamten Arbeitsverhältnisses
habe ich meine berufliche E-Mail-
Adresse gelegentlich auch zu privaten
Zwecken genutzt. Ich habe mich manchmal
gefragt, ob mein Arbeitgeber Zugriff darauf
haben könnte, mich dann aber nicht weiter
damit befasst. Wie ist die Situation genau?
Welche Rechte habe ich bei meinem
Austritt bezüglich dieser E-Mails?
Ich habe eine letzte Frage zum Internet:
Kann mein Arbeitgeber nach meinem Austritt
auf meinen Browserverlauf zugreifen?
Antwort des syndicom-Rechtsdienstes
Laut dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten
(EDÖB) müssen die Mitarbeitenden vor
dem Austritt die noch hängigen Geschäfte und E-Mails
intern weiterleiten. Spätestens am letzten Arbeitstag wird
der Mail-Account der Betroffenen (wie übrigens auch alle
anderen digitalen Accounts) gesperrt und das Postfach
(wie alle persönlichen Datenträger) gelöscht.
Private E-Mails sind von den internen und externen Absenderinnen
und Absendern mit der Markierung «privat»
zu kennzeichnen. Vorsicht: Wenn kein Unterscheidungsvermerk
zwischen privaten und geschäftlichen E-Mails
besteht und die private Natur eines E-Mails aufgrund der
Adressierungselemente nicht erkennbar und nicht anzunehmen
ist, darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass
das E-Mail geschäftlich ist. Deshalb empfehlen wir dringend,
im Mail-Account einen Unterordner «Privat» einzurichten
und alle privaten E-Mails umgehend in diesen
Ordner zu verschieben. Der Arbeitgeber darf keine Einsicht
in E-Mails nehmen, die als «privat» gekennzeichnet
sind, und diese auch nicht weiterbearbeiten
Dein künftiger Ex-Arbeitgeber muss dir die Möglichkeit
geben, deine privaten E-Mails und andere Dokumente auf
private Datenträger zu speichern und von den Servern der
Firma zu löschen.
Zunächst einmal raten wir dir, den Browserverlauf vor deinem
Austritt zu löschen. Beim Surfen und Mailen bleiben
aber an verschiedenen Orten Spuren erhalten. Im Allgemeinen
führen gemeinsam benutzte Informatikmittel
(z. B. Server) eine Protokollierung der durchgeführten
Aktivitäten durch. Sie erstellen sogenannte Logfiles.
In der Regel können die bei Internet-Dienstanbietern
(Providern) anfallenden Protokolldaten aber nur im Fall
einer Straftat und auf richterliche Anweisung untersucht
werden.
syndicom.ch/rechtso
26 Freizeit
Tipps
© Limmat
Frische Kurse 2022
Fast alle Movendo-Kurse des alten
Jahres sind ausgebucht. Dies sind
die allerersten 3 Kurse im Jahr 2022,
es sind freie Plätze vorhanden:
«Umgang mit Stress in Beruf und
Alltag» in Kirchberg (13. und 14. Jan.
22): Viele Menschen leiden unter
Überbelastung und ständig steigenden
Anforderungen, denn Stress
kann krank machen. Hier gilt es,
frühzeitig die Notbremse zu ziehen.
Der Kurs ermöglicht eine Auseinandersetzung
mit der eigenen Situation
und zeigt Veränderungsstrategien
auf. Mit Erwachsenenbildnerin
Sybille Wölfing. Ohne Kosten für
Mitglieder, Nichtmitglieder zahlen
für Kurs, Essen und Übernachtung
1140 Franken.
«Rentenplanung: Welches Einkommen
habe ich im Alter» in Zürich
(19. Jan. 22): Jetzt wird geplant
und gerechnet! Wie ist meine finanzielle
Situation nach der Pensionierung?
Wie wird meine AHV-Rente
berechnet? Wie hoch wird meine
Rente aus der Pensionskasse? Wie
lese ich meinen Vorsorgeausweis?
Wie funktionieren die Ergänzungsleistungen?
Mit Gabriela Medici
(SGB) und Katharina Prelicz-Huber
(VPOD). Kostenfrei für syndicom-
Mitglieder, sonst 460 Franken.
«Älter werden im Beruf» in Chur
(9. und 10. Feb. 22): Der Kurs richtet
sich an berufstätige Frauen und
Männer, die um die 50 Jahre alt
sind, und an alle, die sich Zeit nehmen
wollen, in Ruhe darüber nachzudenken,
wie es in der Arbeit im
fortgeschrittenen Alter weitergehen
soll. Mit Erwachsenenbildnerin
Astrid Mehr. Kurs, Essen und Übernachtung
im Hotel Stern für Mitglieder
kostenfrei, Nichtmitglieder
zahlen 1150 Franken.
(Red.)
Die Geschichte der
Mitsprache
© SNB
Vor fünfzig Jahren verdoppelte sich
die Stimmbevölkerung der Schweiz
auf einen Schlag. Für die eidgenössische
Demokratie bedeutete die
Einführung des Stimm- und Wahlrechts
für Frauen 1971 den grössten
Zuwachs ihrer Geschichte. Ein halbes
Jahrhundert nach diesem elementaren
Ereignis fragt die Schweizerische
Nationalbibliothek in Bern
nach der politischen und kulturellen
Teilhabe in der Schweiz.
Die Ausstellung «Jetzt wählen!
Über das Recht auf eine Stimme»
wirft Schlaglichter auf ganz verschiedene
Aspekte des Stimmrechts:
Thematisiert wird das Wahlalter
16, das in Glarus schon 2007
eingeführt wurde, das Stimmrecht
für Ausländer*innen auf Gemeindeebene
– und wie es um deren Wahlbeteiligung
steht, auch um die
Wahl abstinenz allgemein geht es.
Der psychiatrische Entzug des Wahlrechts
ist ein finsteres Kapitel, und
natürlich spielt das Stimmrecht der
Frauen mit seiner nervenaufreibenden
Geschichte eine Rolle in der
Ausstellung. Ein eigens produziertes
Kunst-Video mit dem Titel
«Mouthless» ist als Intervention eingeschaltet.
Das Besondere an der
Schau sind auch die biografischen
Beispiele, die «Archiv-Stimmen»
genannt werden: Mit Alice Ceresa,
Mariella Mehr und Doris Stauffer
stellt die Ausstellung drei Schweizer
Autorinnen, Künstlerinnen und Aktivistinnen
ins Zentrum. Auf jeweils
ganz eigene Weise haben sie sich
das Recht auf eine Stimme erkämpft
und damit vom politischen Prozess
ausgeschlossenen Gruppen Gehör
verschafft.
Die Webseite der Nationalbibliothek
gibt schon einen guten Vorgeschmack.
(Red.)
Als farbiger Amerikaner
im Bern der 50er-Jahre
1944/45 hatte Vincent O. Carter als
umjubelter GI Europa befreit; als er
Jahre später wiederkommt, um sich
in Paris als Schriftsteller niederzulassen,
will man ihm nicht mal ein
Zimmer vermieten. 1953 lässt er
sich in Bern nieder, wo er als
Schrift steller und Englischlehrer
arbeitet. Verlässt er das Haus, ist
er jederzeit auf die ihm verhasste
Frage gefasst: Warum bist du nach
Bern gekommen?
Und so macht sich Carter in seinem
Buch auf, diese Frage, die an
seinen «Grundfesten rüttelt», zu bewältigen.
In immer neuen Anläufen
erzählt er, warum er nicht in Paris,
Amsterdam oder München geblieben
ist, erzählt Kindheitserinnerungen
aus Kansas City und vor allem
von Begegnungen in Bern, wo ihn
alle anstarren – Männer, Frauen,
Kinder, Hunde, Katzen … –, von
Geldsorgen, Liebesgeschichten,
Reisen, Wohnungssuche. Mit so
unzerstör barem Humor wie hartnäckigem
Engagement und voller
Ambivalenz geht er dem Rassismus
auf den Grund, der Verschiedenheit
der Menschen, dem Fremdsein des
Individuums in der Gesellschaft.
Und dabei zeichnet er ein scharf beobachtetes
Porträt seiner Zeit, seiner
Gesellschaft und seiner Stadt.
(Limmat)
Überblick und Anmeldung im Netz:
Movendo.ch
Online-Infos der Nationalbibliothek:
www.nb.admin.ch
Vincent O. Carter: «Meine weisse Stadt und
ich. Das Bernbuch», Limmat, 440 S., 34 Fr.
1000 Worte
Ruedi Widmer
27
28 Bisch im Bild Frauensession im Parlament / syndicom-Frauenkonferenz / Mobilisierung bei
der Post / Jährliche EJF-Sitzung / Vorstandssitzung der IG Pensionierte / Grafikdesign-Festival
/ Typografie-Treffen / Runder Tisch zum Medienförderpaket /
Illustrator*innen-Fest / SGB-Frauenkongress
2
1
4
3
5
1. Unsere Mitglieder Fatima Lee (IG Migration) und Mariem Fiadjigbe
(Personalvertreterin Sunrise UPC) auf der Frauensession 2021 des
Parlamentes. (© Fany Flores)
2. syndicom-Frauenkonferenz 2021, mit Isabel Rohner, Mitherausgeberin
von «50 Jahre Frauenstimmrecht» (vorne rechts). (© Regula Stämpfli)
3. Werner Bracher – 42 Berufsjahre bei der Post! – wird aktiv gegen die
Abschaffung der Personalgutscheine für Pensionierte. (© Ueli Johner)
4. Jahrestreffen der Europäischen Journalist*innen-Föderation in Zagreb,
Schwerpunktthema war die Sicherheit von Journalist*innen. (© N. Solic)
5. Der Vorstand der IG Pensionierte kam zur Jahres-Retraite zusammen,
Präsident Thomas Burger ist der 5. v. rechts. (© Rodolphe Aeschlimann)
6. Diskussion der Umfrageresultate von «Was ist meine Arbeit wert?»
am Weltformat-Grafikdesign-Festival in Luzern. (© syndicom)
7. Jule Puppato (freischaffende Grafikerin, r.) und Stefanie Fürst vertraten
syndicom an den St. Galler Typotagen, 5.–7. November. (© syndicom)
8. Stephanie Vonarburg am Runden Tisch zum Medienförderpaket im
Berner Café Haupstadt, 27. Oktober. (© Manuel Lopez)
9. Illustratorin in Aktion am Illustrator*innen-Fest 2021. (© syndicom)
10. Ein kleiner Teil der Delegierten des SGB-Frauenkongresses. (© Tabea Rai)
6
7
8
9
10
30
Aus dem
Leben von ...
Elena Rusca: «Ich hörte zu, und dann
schrieb ich. Dann fing ich von vorne an.»
Elena Rusca, geboren 1988 in der italienischen
Hafenstadt Genua, kam mit 21
per Zufall in die Schweiz. Zuerst lebte
sie im Wallis, dann zog sie dem Lauf
der Rhone folgend weiter in den Kanton
Waadt und schliesslich nach Genf.
Elena studierte im Wallis Bildende
Kunst und in Lausanne Geisteswissenschaften.
Danach war sie Uno-Korrespondentin
für die progressive Nachrichtenagentur
Colombia Informa und
arbeitet bis heute für die Zeitung
El Clarin de Chile. Elena stammt aus
einer Aktivistenfamilie und kam schon
sehr jung mit politischen Kämpfen in
Berührung. Ihre Arbeit als Journalistin
ist den Menschenrechten und der
Opfer begleitung in Lateinamerika und
im Nahen Osten gewidmet. Elena ist
seit 2020 Mitglied von syndicom.
Text: Elena Rusca
Bild: Olivier Vogelsang
Journalismus für eine
gerechtere Welt
Von meinem Vater habe ich meine
Neugierde und mein Interesse für
die Menschen um mich herum geerbt.
Er war auch voller Begeisterung
und Liebe, für eine gerechtere Welt,
in der die Wirtschaft nicht mehr als
Vorwand dient, um im Namen des
Profits jegliche Gerechtigkeit zu vernichten.
In meiner Tätigkeit als Journalistin
habe ich eine Welt gesehen, in
der die Justiz nicht gerecht war. In
der Folter oder willkürliche Inhaftierungen
üblich sind. Eine Welt, in der
zwar die Technologie sich weiterentwickelt
haben mag, die Gesellschaft
jedoch noch lange nicht.
Es war mir immer wichtig, den
Idealen treu zu bleiben, die mir mein
Vater mitgegeben hat. Schnell habe
ich begriffen, dass ich alleine an dieser
Realität nicht viel ändern konnte.
Aber mit meinen Texten konnte ich
an die Öffentlichkeit bringen, was
ich sah. Deshalb begann ich zu
schreiben und hörte nicht mehr auf.
Ich folgte den Mapuche im Süden
Chiles und Argentiniens, die Opfer
des Neoliberalismus und der Gier
der Multis sind. Ich lebte mit den
Sahrauis in ihren Flüchtlingslagern
mitten in der Wüste. Ich unterstützte
die kolumbianischen Gewerkschafter*innen
von Sinaltrainal. Ich hörte
ihnen zu, und dann schrieb ich. Und
dann fing ich wieder von vorne an.
Seit diesem Jahr arbeite ich mit
Eben-Hézer Lausanne zusammen,
einer Stiftung für Menschen mit Behinderung.
Als ich anfing, war die
Stiftung daran, aus ihrem Magazin
Le Puck die neue Zeitung Ricochets
(«Querschläger») zu gestalten. Diese
sollte nicht mehr einfach eine Zeitung
der Institution sein. Stattdessen
konnten von der Stiftung begleitete
Personen endlich mit Beiträgen zu
externen Themen an der Zeitung
mitwirken. Vor meiner Tätigkeit für
Eben-Hézer kannte ich die Welt der
Menschen mit Behinderung kaum.
Ich entdeckte eine Realität, die von
unserer Gesellschaft schamvoll unterdrückt
und versteckt wird.
Bei der Gestaltung von Ricochets
mitzuarbeiten und die begleiteten
Personen beim Verfassen ihrer Artikel
zu unterstützen, war eine ebenso
reiche und tiefe Erfahrung wie der
Aufenthalt in einem Kriegsgebiet.
Denn es war ebenfalls ein Krieg:
Menschen mit Behinderung kämpfen
täglich dafür, dass ihre Rechte
respektiert werden.
Erst kürzlich, am 5. Oktober
2021, verabschiedete der Grosse Rat
des Kantons Waadt eine Motion zur
Einführung des Stimm- und Wahlrechts
für Menschen mit Behinderung.
Ein Schritt unter so vielen
anderen, die nicht getan werden.
In den Institutionen wird nicht selten
die Urteilsfähigkeit der Menschen
mit Behinderung vergessen
und verhindert, dass sie sich selbst
positionieren. Ricochets bietet ihnen
eine Möglichkeit, sich gegen die Unterdrückung
durch die Gesellschaft
zu wehren und sich Gehör zu verschaffen.
Die Artikel von Ricochets sind unter
ricochets.eben-hezer.ch verfügbar.
Impressum
Redaktion: Robin Moret (Leitung), Giovanni Valerio
Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch
Freie Mitarbeit: Rieke Krüger
Porträtzeichnungen: Katja Leudolph
Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg
Layout und Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1,
3001 Bern
Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung,
Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern
Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17
Inserate: priska.zuercher@syndicom.ch
Abobestellung: info@syndicom.ch
Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für
Nichtmitglieder: Fr. 35.– (Inland), Fr. 50.– (Ausland)
Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft
Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,
Postfach, 3001 Bern
Das syndicom-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.
Ausgabe Nr. 26 erscheint am 31. Januar 2022.
Redaktionsschluss: 22. Dezember 2021.
31
Das syndicom-Kreuzworträtsel
Er hilft keinesfalls gegen Viren: Zu
gewinnen gibt es einen Silberbarren
im Wert von 100 Franken, gespendet
von unserer Dienstleistungspartnerin
Bank Cler. Das Lösungswort wird in der
nächsten Ausgabe zusammen mit dem
Namen der Gewinnerin oder des Gewinners
veröffentlicht.
Lösungswort und Absender auf einer
A6-Postkarte senden an: syndicom-
Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,
3001 Bern. Einsendeschluss: 10.1.22
Die Gewinnerin
Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus
dem syndicom-Magazin Nr. 25 lautet:
STAATSSCHULDEN.
Gewonnen hat Edith Bollhalder-Brunner
aus Wil SG. Die Hotelcard ist unterwegs.
Wir gratulieren herzlich!
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TV-Moderator Röbi Koller
Comundo Botschafter
Ich engagiere
mich.
Und du?
Comundo ist das grösste Schweizer Hilfswerk für Personelle Entwicklungszusammenarbeit. Aktuell leisten rund 100
Schweizer Berufsleute einen mehrjährigen Entwicklungseinsatz in Afrika oder Lateinamerika – um so benachteiligten
Menschen eine Chance auf eine eigenständige Zukunft zu geben. Engagiere auch du dich:
www.comundo.org/und-du
32 Inter-aktiv
syndicom social
Keine Transparenz29.10.2021
in der Schweiz
Gemäss @OpenOwnership haben
sich inzwischen 110 Länder – nicht
aber die Schweiz – zu #OpenOwnership (Transparenz
über die wirtschaftlich Berechtigten von
Unternehmen) verpflichtet: Diese ist eines der
wirksamsten Mittel gegen Wirtschaftskriminalität.
#PandoraPapers #swisscorruption
twitter.com/ PublicEye_ch
Globale10.11.2021
Steuerungerechtigkeit
Der Agrarkonzern Socfin verschiebt
Gewinne aus der Rohstoffproduktion
in den Kanton Freiburg und profitiert
dort von den tiefen Steuern. Diese
Praxis geht auf Kosten der Bevölkerung
in Afrika und Asien. Die schweizerische
Unternehmenssteuerpolitik
ist eine der Stützen dieses ungerechten
Systems, so Alliancesud.ch.
Besserer Schutz für Asylsuchende18.10.2021
Schluss mit der Auslagerung von Sicherheitsaufgaben an
Dritte in den Bundesasylzentren. Dies fordert Amnesty International,
um Übergriffe künftig zu verhindern. Amnesty.ch
Helvetia ruft (die Frauen)!3.11.2021
Frauen sind in den kantonalen Parlamenten weiter untervertreten.
Der Dachverband alliance F geht mit dem
Projekt «Helvetia ruft!» auf Tournee, um Frauen für ein
politisches Mandat zu begeistern und darauf vorzubereiten
(mit individuellem Coaching). alliancef.ch
Basta! Wir verdienen Respekt!17.11.2021
Am 17. November nahmen hunderte Pöstler*innen
an einer Protestkundgebung in Bern gegen den
Stopp der Personalgutscheine teil. Ihre Argumente
auf Facebook: syndicom.ch/1E0eZ
Gesundheit und 7.10.2021
Sicherheit für alle!
Das Engagement der Gewerkschaften
für Gesundheit und Sicherheit hat
während #COVID19 unzählige Leben
gerettet. Es ist an der Zeit, Gesundheit
und Sicherheit zu einem Grundrecht zu
machen! twitter.com/syndicom_de
Gegenkultur (und anderes) im Molino5.10.2021
Die 25-jährige Geschichte des selbstverwalteten Kulturzentrums
Molino in Lugano in einem spannenden Podcast,
erzählt von jenen, die sie erlebt haben. Geschichten aus
der Vergangenheit für die Zukunft. Olmocerri.ch/macerie
Sinkende Renten zu 29.10.2021
steigenden Kosten
Spanien testet die verkürzte Arbeitswoche11.10.2021
Ab nächstem Jahr werden 200 spanische Unternehmen
drei Jahre lang die 4-Tage-Woche bei gleichem Lohn
testen. Finanziert wird der Versuch durch die spanische
Regierung.
Rentensenkungen um bis zu 12 %:
Das hat die Kommission für soziale
Sicherheit und Gesundheit des
Nationalrats (SGK-N) im Rahmen der
BVG-Reform beschlossen. Der SGB
wird dieses Renten-Abbauprojekt –
das einmal mehr auf dem Buckel der
Arbeitnehmenden erfolgen soll –
herzhaft bekämpfen. SGB.ch
Stoppt die Glencore-Kohle3.11.2021
Der Konzern Glencore hat den Kohleabbau jüngst
massiv ausgeweitet – folgenschwer für die Umwelt
und die Menschenrechte, etwa in der Mine El Cerrejón
in Kolumbien. Gegen die Situation wurde ein
Appell an den neuen CEO Gary Nagle gerichtet:
Konzern-Initiative.ch/kohleausbau-stoppen
Die chinesische 10.11.2021
Medienstrategie
Chinas Propagandakrieg wird auch über
die Medien geführt. Um sein Image in der
internationalen Berichterstattung zu verbessern, investiert
Peking massiv etwa in Italien, Tschechien oder den
Phi lip pinen. Mehr in einem Bericht der Internationalen
Journalist*innen-Föderation: ifj.org