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syndicom magazin Nr. 26

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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30<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Elena Rusca: «Ich hörte zu, und dann<br />

schrieb ich. Dann fing ich von vorne an.»<br />

Elena Rusca, geboren 1988 in der italienischen<br />

Hafenstadt Genua, kam mit 21<br />

per Zufall in die Schweiz. Zuerst lebte<br />

sie im Wallis, dann zog sie dem Lauf<br />

der Rhone folgend weiter in den Kanton<br />

Waadt und schliesslich nach Genf.<br />

Elena studierte im Wallis Bildende<br />

Kunst und in Lausanne Geisteswissenschaften.<br />

Danach war sie Uno-Korrespondentin<br />

für die progressive Nachrichtenagentur<br />

Colombia Informa und<br />

arbeitet bis heute für die Zeitung<br />

El Clarin de Chile. Elena stammt aus<br />

einer Aktivistenfamilie und kam schon<br />

sehr jung mit politischen Kämpfen in<br />

Berührung. Ihre Arbeit als Journalistin<br />

ist den Menschenrechten und der<br />

Opfer begleitung in Lateinamerika und<br />

im Nahen Osten gewidmet. Elena ist<br />

seit 2020 Mitglied von <strong>syndicom</strong>.<br />

Text: Elena Rusca<br />

Bild: Olivier Vogelsang<br />

Journalismus für eine<br />

gerechtere Welt<br />

Von meinem Vater habe ich meine<br />

Neugierde und mein Interesse für<br />

die Menschen um mich herum geerbt.<br />

Er war auch voller Begeisterung<br />

und Liebe, für eine gerechtere Welt,<br />

in der die Wirtschaft nicht mehr als<br />

Vorwand dient, um im Namen des<br />

Profits jegliche Gerechtigkeit zu vernichten.<br />

In meiner Tätigkeit als Journalistin<br />

habe ich eine Welt gesehen, in<br />

der die Justiz nicht gerecht war. In<br />

der Folter oder willkürliche Inhaftierungen<br />

üblich sind. Eine Welt, in der<br />

zwar die Technologie sich weiterentwickelt<br />

haben mag, die Gesellschaft<br />

jedoch noch lange nicht.<br />

Es war mir immer wichtig, den<br />

Idealen treu zu bleiben, die mir mein<br />

Vater mitgegeben hat. Schnell habe<br />

ich begriffen, dass ich alleine an dieser<br />

Realität nicht viel ändern konnte.<br />

Aber mit meinen Texten konnte ich<br />

an die Öffentlichkeit bringen, was<br />

ich sah. Deshalb begann ich zu<br />

schreiben und hörte nicht mehr auf.<br />

Ich folgte den Mapuche im Süden<br />

Chiles und Argentiniens, die Opfer<br />

des Neoliberalismus und der Gier<br />

der Multis sind. Ich lebte mit den<br />

Sahrauis in ihren Flüchtlingslagern<br />

mitten in der Wüste. Ich unterstützte<br />

die kolumbianischen Gewerkschafter*innen<br />

von Sinaltrainal. Ich hörte<br />

ihnen zu, und dann schrieb ich. Und<br />

dann fing ich wieder von vorne an.<br />

Seit diesem Jahr arbeite ich mit<br />

Eben-Hézer Lausanne zusammen,<br />

einer Stiftung für Menschen mit Behinderung.<br />

Als ich anfing, war die<br />

Stiftung daran, aus ihrem Magazin<br />

Le Puck die neue Zeitung Ricochets<br />

(«Querschläger») zu gestalten. Diese<br />

sollte nicht mehr einfach eine Zeitung<br />

der Institution sein. Stattdessen<br />

konnten von der Stiftung begleitete<br />

Personen endlich mit Beiträgen zu<br />

externen Themen an der Zeitung<br />

mitwirken. Vor meiner Tätigkeit für<br />

Eben-Hézer kannte ich die Welt der<br />

Menschen mit Behinderung kaum.<br />

Ich entdeckte eine Realität, die von<br />

unserer Gesellschaft schamvoll unterdrückt<br />

und versteckt wird.<br />

Bei der Gestaltung von Ricochets<br />

mitzuarbeiten und die begleiteten<br />

Personen beim Verfassen ihrer Artikel<br />

zu unterstützen, war eine ebenso<br />

reiche und tiefe Erfahrung wie der<br />

Aufenthalt in einem Kriegsgebiet.<br />

Denn es war ebenfalls ein Krieg:<br />

Menschen mit Behinderung kämpfen<br />

täglich dafür, dass ihre Rechte<br />

respektiert werden.<br />

Erst kürzlich, am 5. Oktober<br />

2021, verabschiedete der Grosse Rat<br />

des Kantons Waadt eine Motion zur<br />

Einführung des Stimm- und Wahlrechts<br />

für Menschen mit Behinderung.<br />

Ein Schritt unter so vielen<br />

anderen, die nicht getan werden.<br />

In den Institutionen wird nicht selten<br />

die Urteilsfähigkeit der Menschen<br />

mit Behinderung vergessen<br />

und verhindert, dass sie sich selbst<br />

positionieren. Ricochets bietet ihnen<br />

eine Möglichkeit, sich gegen die Unterdrückung<br />

durch die Gesellschaft<br />

zu wehren und sich Gehör zu verschaffen.<br />

Die Artikel von Ricochets sind unter<br />

ricochets.eben-hezer.ch verfügbar.

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