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Bajour Magazin #1

Unsere journalistischen Perlen des ersten Jahres zusammengefasst in einem Magazin.

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#gärngschee<br />

<strong>Bajour</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>#1</strong> | 2020<br />

Als «Gärngschee – Basel hilft»<br />

abging wie eine Rakete<br />

Daniel Faulhaber<br />

Wir dachten: Das wars dann.<br />

Wir dachten, mit dem Beitritt von 1500 Mitgliedern<br />

in dieser Facebook-Gruppe in einer Nacht<br />

sei der Gipfel erreicht. Mehr geht nicht. Das war<br />

Mitte März. Wie falsch kann man liegen. Eine<br />

Woche später ist unsere Redaktion von sechs<br />

auf temporär ungefähr sechzehn Mitarbeiter*innen<br />

angewachsen. In der Zwischenzeit sind über<br />

13000 Mitglieder in die Gruppe «Gärngschee –<br />

Basel hilft» eingetreten. In der Zwischenzeit haben<br />

wir Anrufe von Facebook, Entwicklern von Online-Bezahlsystemen<br />

und ziemlich vielen grossen<br />

Festivals und Konzertveranstaltern in der ganzen<br />

Schweiz und in Deutschland erhalten, die mit <strong>Bajour</strong><br />

zusammenarbeiten wollen.<br />

In der Zwischenzeit ist die Überforderung zum<br />

Modus operandi geworden. Wir werfen hier in<br />

unregelmässigen Abständen einen Blick auf uns<br />

selbst. Also auf euch. Ein Innen und Aussen ist<br />

bei <strong>Bajour</strong> längst nicht mehr auseinanderzuhalten.<br />

Umso wichtiger scheint uns darum, wenigstens<br />

den aktuellen Stand der Entgleisung zu protokollieren.<br />

Ab gehts.<br />

Angefangen hat das Aufweichen aller Grenzen<br />

zwischen der Kernredaktion und freiwilligen<br />

Professionellen mit dieser Facebook-Gruppe. Es<br />

muss an Tag 3 nach der Gründung gewesen sein,<br />

als uns, der Redaktion plus Geschäftsleitung, der<br />

banalste Grundsatz aller Grundsätze in Sachen<br />

Gruppendynamik sehr schnell sehr klar wurde:<br />

Diese Gruppe mit mehreren tausend Mitgliedern<br />

wird nur so nett sein und bleiben, wie ihre hässigsten<br />

Kommentator*innen. Das heisst: Moderation<br />

musste her. Und zwar schnell.<br />

Auf unseren Aufruf meldeten sich Seraina Kobler,<br />

Christo Schneider und weitere, die seither<br />

mit unermüdlichem Engagement die Timeline<br />

entlangsurfen und auf die Nettiquette pochen.<br />

Sandie Collins telefoniert für uns mit Hilfesuchenden,<br />

die unsere Flyer in den Quartieren gesehen<br />

haben. Sie alle sind Gold wert. Gold wert<br />

ist auch die Professionalität der Aktivistin und<br />

Netzcourage-Gründerin Jolanda Spiess-Hegglin,<br />

deren Erfahrung respektiert wird da draussen,<br />

das spüren wir. Hinter den Kulissen hilft neu die<br />

Journalistin Marguerite Meyer dabei, den Output<br />

aller Schreibenden zu ordnen.<br />

Keine «Gärngschee-Gruppe» der Schweiz, nicht<br />

in Zürich, nicht in Genf oder Bern, hat so viele<br />

Mitglieder wie die in Basel. Das ist Stoff für Verantwortung,<br />

keine Kraftmeierei in Sachen Solidarität.<br />

Wie gehen wir damit um?<br />

Wir verteilen. Kanalisieren. Vermitteln. Das lokale<br />

Gewerbe schmiert ab, wie können wir helfen? Ein<br />

Zürcher Unternehmer hat sich kundig gemacht und<br />

informiert klug – wir dürfen die Tipps übernehmen.<br />

Wir bauen eine Karte, auf der sich Dienstleister<br />

eintragen können, damit die Zuhausesitzenden<br />

einen Notfall-Klempner oder den Risotto-Lieferdienst<br />

im Quartier finden. Überall entstehen<br />

Scharniere und neue Teilchen. Aus dem ganzen<br />

<strong>Bajour</strong>-Betrieb ist innert Wochenfrist eine Maschine<br />

geworden, deren Zahnräder allesamt für<br />

genau einen Zweck ineinandergreifen:<br />

So prompt wie möglich, so nützlich wie möglich<br />

zu sein.<br />

Der Rest war Medienrummel und paralysiertes<br />

Dabei-Zusehen, wie sich unsere Idee immer engmaschiger<br />

über die ganze Schweiz legte. tsüri.ch<br />

machte mit «Gärngscheh – Züri hilft» den Anfang,<br />

dann kam Biel, Bern, Suhr, Baden. Und weitere<br />

Städte. Unter hilf-jetzt.ch finden sich mittlerweile<br />

nicht weniger als 20 Netzwerke.<br />

Ob mit dem Export der Idee in die ganze Schweiz<br />

unser Ziel erreicht sei, fragte mich der Reporter<br />

Matthias Fuchser von Radio Bern1 während eines<br />

Interviews am Telefon. Welches Ziel, dachte ich,<br />

während ich irgendwas von geglückter Aktion<br />

redete. Wir wollten was Schönes für Basel schaffen.<br />

Dass wir damit die Schweiz anstecken, daran<br />

hätten wir nicht im Traum gedacht. ●<br />

▲ Susan Cans und Frau Loosli / ZVG<br />

-42- -43-<br />

▲ Fabienne Studair ist eine unserer #Gärngschee-Held*innen Denn sie ist<br />

der Grund, weshalb die Dame im Hintergrund so glücklich in die Kamera<br />

winkt. Frau Sofia lebt in Liestal und ist auf ihre Medikamente angewiesen.<br />

Dank Fabienne und #Gärngschee ist sie jetzt wieder mit allem versorgt.<br />

GÄRNGSCHEE IN ZAHLEN:<br />

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Über 15'000 Mitglieder in der Facebook-Gruppe.<br />

340 durch Gärngschee erfolgreich vermittelte<br />

Hilfsaktionen.<br />

Unzählige weitere erfolgten direkt<br />

auf der Facebook-Plattform.<br />

Rund 800 aktive Helfer*innen.<br />

<strong>Bajour</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>#1</strong> | 2020

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