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Bajour Magazin #1

Unsere journalistischen Perlen des ersten Jahres zusammengefasst in einem Magazin.

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#Kraftakt<br />

Baschi Dürr<br />

Wir haben mit dem härtesten Mann in der Regierung über<br />

Männlichkeit und Feminismus gesprochen. Und das haben wir jetzt<br />

davon: Ein Gespräch wie ein Pingpong-Spiel mit sehr viel Wind.<br />

Daniel Faulhaber<br />

Männer und der Feminismus, wo stehen wir ein<br />

Jahr nach dem Frauen*streik? Ich, Vertreter der<br />

Generation Gschpürschmi, schreibe Baschi Dürr<br />

eine Mail. Ich wolle mit ihm über seine Machtposition<br />

und Männlichkeit reden. Eine Minute später<br />

ruft er an. Klar, können wir machen.<br />

Ein Gespräch über Männlichkeit findet in der Öffentlichkeit<br />

nicht statt. Beweise? Meine Kollegin<br />

Naomi Gregoris hatte drüben bei Facebook eine<br />

simple Frage gestellt: Männer, wann werdet ihr<br />

aufgrund eures Geschlechts benachteiligt? Die<br />

Typen in den Kommentarspalten sind zu einem<br />

nicht unerheblichen Teil ausgeflippt: Was der<br />

Scheiss soll und ob wir nichts Besseres zu tun<br />

hätten? Das Thema Männlichkeit an sich überhaupt<br />

auf die Agenda zu setzen wird von ganz<br />

vielen Männern offenbar immer noch als Frontalangriff<br />

aufgefasst.<br />

Männliche Rollenbilder sind wohl auch darum so<br />

vollkommen eingepanzert und unbeweglich, weil<br />

wir kleinen Soldaten nicht daran mitarbeiten, die<br />

Festung zu schleifen. Wir Männer müssen lernen,<br />

über uns zu reden. Ohne Scham, ohne Angst davor,<br />

das Gesicht zu verlieren. Wenn wir erst mal eine<br />

Sprache gefunden haben, können wir vielleicht<br />

herausfinden, wovor wir eigentlich so verdammt<br />

fest Angst haben die ganze Zeit.<br />

Wir müssen also über Männlichkeit sprechen, und<br />

zwar öffentlich und mit allen. Dass sich hier zwei<br />

Männer unterhalten, ist Absicht. Dieses Gespräch<br />

darf nicht nur zwischen woken, sich progressiv<br />

gebenden Dudes am Lagerfeuer stattfinden, sondern<br />

da, wo man es nicht vermutet. Bei Baschi<br />

Dürr im Büro zum Beispiel.<br />

Ich bin natürlich ganz aufgeregt. Als ich ausgerechnet<br />

dem harten Mann in der Regierung diese<br />

Anfrage schickte, ging es mir nicht nur um Symbolpolitik.<br />

Ich bin da, um die Festung zu schleifen<br />

(Autor küsst ironisch seinen Bizeps). Aber ganz<br />

sachlich gesehen sind Männer in Dürrs Position<br />

auch wichtige Vorbilder, Rollenbilder. Sie haben<br />

symbolisch und realpolitisch gesehen einfach<br />

verdammt viel Gestaltungsmacht. Da ist es doch<br />

vollkommen logisch, mit genau diesem Mann über<br />

DAS gesellschaftspolitische Thema der Stunde<br />

zu reden. Ab gehts.<br />

▶ DF: Baschi Dürr, als ich Sie um dieses Interview<br />

bat, haben Sie sich ironisch beklagt, ich<br />

hätte in der Anschrift das Gendersternchen<br />

vergessen.<br />

▷ BD: Ich bin schon konditioniert.<br />

▶ Dann haben Sie gesagt, das sei aber schon<br />

richtig so, Sie seien nun mal ein heterosexueller,<br />

weisser cis-Mann.<br />

▷ Ich wusste, dass Sie das aufschreiben.<br />

▶ Ich weiss, dass Sie das wussten und dass Sie<br />

das natürlich gerade deswegen mit Absicht<br />

gemacht haben.<br />

▷ Alles ist weniger geplant, als Sie denken. Aber<br />

ich provoziere natürlich bewusst etwas.<br />

▶ Wie würden Sie sich beschreiben, als Mann?<br />

▷ Als Mann. Also erst mal bin ich einfach ein Mann.<br />

Ich bin auch durchaus glücklich damit. Ich habe<br />

<strong>Bajour</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>#1</strong> | 2020<br />

«Ich habe nicht<br />

das Gefühl, dass<br />

ich mich über<br />

mein Geschlecht<br />

definiere.»<br />

-46- -47-<br />

<strong>Bajour</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>#1</strong> | 2020

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