03.12.2021 Aufrufe

SOLiNZ 5/2021

Editorial SOLiNZ – Solidarisches Linz - das Online-Medium der Kommunalgruppe Linz der Solidarwerkstatt. Wir verstehen uns als Nachbarschaftszeitung in mehrfacher Hinsicht: Unser Schwerpunkt liegt auf Linz und seinen Nachbargemeinden; auch Nachbarschaftsthemen – was tut sich im Grätzel? – wollen wir ein großes Augenmerk schenken; und wir wollen gute Nachbarschaft fördern – im Sinne von Zusammenstehen und gemeinsam Handeln statt sich auseinander dividieren zu lassen. Wir wollen dazu ermutigen, solidarisch für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung, für Demokratie und Selbstbestimmung aktiv zu werden. Dabei ist es unser Anspruch, mehr als eine Zeitung zum Lesen sein, indem wir Text, Video und Audio miteinander verknüpfen. Wir sind von Parteien und Konzernen unabhängig. Aber wir sind abhängig davon, dass Menschen mithelfen, SOLiNZ zu gestalten und zu verbreiten. Wenn auch du dazu Lust hast, schau bei unseren 14-tägigen Kommunalgruppen-Treffen vorbei oder schick uns deine Ideen! Kontakt: office@solidarwerkstatt.at

Editorial

SOLiNZ – Solidarisches Linz - das Online-Medium der Kommunalgruppe Linz der Solidarwerkstatt. Wir verstehen uns als Nachbarschaftszeitung in mehrfacher Hinsicht: Unser Schwerpunkt liegt auf Linz und seinen Nachbargemeinden; auch Nachbarschaftsthemen – was tut sich im Grätzel? – wollen wir ein großes Augenmerk schenken; und wir wollen gute Nachbarschaft fördern – im Sinne von Zusammenstehen und gemeinsam Handeln statt sich auseinander dividieren zu lassen. Wir wollen dazu ermutigen, solidarisch für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung, für Demokratie und Selbstbestimmung aktiv zu werden. Dabei ist es unser Anspruch, mehr als eine Zeitung zum Lesen sein, indem wir Text, Video und Audio miteinander verknüpfen.
Wir sind von Parteien und Konzernen unabhängig. Aber wir sind abhängig davon, dass Menschen mithelfen, SOLiNZ zu gestalten und zu verbreiten. Wenn auch du dazu Lust hast, schau bei unseren 14-tägigen Kommunalgruppen-Treffen vorbei oder schick uns deine Ideen! Kontakt: office@solidarwerkstatt.at

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<strong>SOLiNZ</strong><br />

Die Nachbarschaftszeitung<br />

lesen - hören - schauen<br />

und aktiv werden!<br />

5/<strong>2021</strong><br />

Mehr für Care!<br />

Ausbau statt Deckelung der Gesundheitsausgaben!<br />

Seit Einführung der „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben<br />

2012 wurden über 1.000 Spitalsbetten<br />

in Oberösterreich abgebaut – ein Minus von über 13%,<br />

während die OÖ Bevölkerung um 5,5% in diesem Zeitraum<br />

wuchs. „Seit Jahren wird unser Gesundheitssystem<br />

kaputtgespart“, berichtet eine Intensivpflegerin<br />

aus einem oberösterreichischen Spital (sh. Seite 2). Die<br />

Corona-Pandemie hat diese Krise zugespitzt. Es gibt<br />

Triage in oberösterreichischen Spitälern. Aufgrund des<br />

„Gesundheitsdeckels“ droht ab dem nächsten Jahr<br />

eine weitere Absenkung des Deckels für die Gesundheitsausgaben.<br />

Vor dem Budget-Landtag findet daher am Montag,<br />

13.12.<strong>2021</strong> eine Aktion vor dem Landhaus statt, um<br />

aufzustehen für „Mehr für Care! Ausbau statt Deckelung<br />

der Gesundheitsausgaben!“. Sei(d) dabei!<br />

Aus dem Inhalt:<br />

> Nein zur Deckelung der Gesundheitsausgaben! 3<br />

> Minus 150 000 Autofahrten täglich 4/5<br />

> Volksbefragung A-26 Bahnhofsautobahn 6<br />

> Erfolg im Kampf gegen Ostautobahn 7<br />

> Sag mir, wo die Schienen sind? 8<br />

> Erste Anpflanzungen - Teilerfolg am Freinberg 10<br />

> Quadrill: „Es fühlt sich an wie Notwehr“ 11<br />

> Geht doch?! 13<br />

> Giftige Reifen 14<br />

> Lebensqualität durch Superblocks und Öffis 15<br />

> Haid: UVP/ B139 Neu mit Autobahnanschluss 16<br />

> Alles was Recht ist: Behinderteneinstellung 19<br />

> ... Kampf gegen Gewalt an Frauen 21


Gesundheit<br />

2<br />

AUFSTEHEN für<br />

Mehr für Care!<br />

Ausbau statt Deckelung der Gesundheitsausgaben!<br />

Montag, 13. Dezember <strong>2021</strong><br />

Mahnwache auf dem Taubenmarkt, 14.00 - 17.30<br />

18.00 - 19.00, Protestkundgebung vor dem Landhaus<br />

(Promenade)<br />

Die Sofortmaßnahmen gegen die Covid-Pandemie und gegen<br />

die Überlastung der Spitäler – Impfen, Testen, Einhalten von<br />

Distanz- und Hygieneregeln – sind jetzt entscheidend, um die vierte<br />

Welle zu brechen und weitere zu verhindern. Gleichzeitig müssen wir<br />

auch JETZT eine Umkehr bei der Gesundheits- und der Pflegepolitik<br />

einleiten: Wir brauchen sehr viel mehr Geld für Gesundheit und<br />

Pflege, um das Ausbrennen der im Gesundheits- und Pflegebereich<br />

Arbeitenden zu verhindern, um den schon lange existierenden Pflegenotstand<br />

zu überwinden, um bestmögliche Behandlung und Pflege<br />

für alle zu gewährleisten – unabhängig von ihrer sozialen Lage.<br />

2012 wurde die „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben eingeführt,<br />

d.h. die Gesundheitsausgaben richten sich nicht mehr am realen<br />

Bedarf, sondern an technokratischen Kostenobergrenzen aus, die<br />

an das Wachstum (oder Sinken) des Bruttoinlandsprodukts gebunden<br />

sind. Faktisch hat diese „Deckelung“ zu einem realen Abbau von öffentlichen<br />

Gesundheitsleistungen geführt. Im letzten Jahrzehnt wurden<br />

österreichweit über 5.000 Spitalsbetten in öffentlichen Krankenhäusern<br />

abgebaut, allein in Oberösterreich über 1.000. Immer mehr<br />

Menschen, die im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten, sind burnout-gefährdet.<br />

Die Zwei-Klassen-Medizin breitet sich aus. Corona hat<br />

diese Situation enorm verschärft. In manchen Spitälern gibt es bereits<br />

Triage. Der Personalmangel in den Pflegeheimen hat insbesondere im<br />

Herbst des Vorjahres vielen Menschen das Leben gekostet.<br />

HINTERGRUND<br />

Ausschlaggebend für die Deckelung der Gesundheitsausgaben<br />

waren die strikten EU-Vorgaben im Budgetbereich,<br />

die zwischen 2010 und 2012 eingeführt wurden (Six-Pack,<br />

Two-Pack, EU-Fiskalpakt). Diese gaben der EU-Kommission<br />

Sanktionen in die Hand, um gegen die nationalen Parlamente<br />

eine strikte Austeritätspolitik durchzusetzen. So wurde Österreich<br />

von der EU-Kommission erst aus dem sog. „Defizitverfahren“<br />

entlassen, nachdem der Gesundheitsdeckel und<br />

eine Reihe weitere Sparprogramme beschlossen wurden.<br />

Ab kommendem Jahr soll wieder für die nächsten 5 Jahre ein neuer Gesundheitsdeckel beschlossen werden. Da dieser in Form einer Art.<br />

15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern festgehalten wurde, muss auch der OÖ-Landtag seine Zustimmung geben. Wegen der Koppelung<br />

dieser Kostenobergrenze an die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, droht sogar ein weiteres Anziehen der Daumenschraube<br />

für den Gesundheitsbereich, weil das BIP im Zuge der Corona-Krise vorübergehend schwer eingebrochen ist. Das ist absurd! Gerade die<br />

Covid-Pandemie zeigt auf, wie wichtig ein gutes Gesundheits- und Pflegewesen ist, um uns alle zu schützen. Machen wir daher Schluss mit<br />

der Spar- und Kürzungspolitik im Gesundheits- und Pflegebereich. Stehen wir am Montag 13.12., dem Tag vor dem Budgetlandtag, auf:<br />

Mehr für Care! Ausbau statt Deckelung der Gesundheitsausgaben!<br />

Bitte diese beiden Petitionen an den OÖ Landtag unterstützen:<br />

> Mehr für Care<br />

> Weg mit der Deckelung der Gesundheitsausgaben<br />

>> Endgültiger Aufruf und Veranstaltergemeinschaft<br />

siehe www.solidarwerkstatt.at<br />

"Seit Jahren wird das Gesundheitssystem kaputtgespart"<br />

Intensivpflegerin, 45, aus einem Spital in Oberösterreich<br />

Die Patienten, die zu uns<br />

auf die Covid-Intensiv<br />

kommen, atmen nicht mehr,<br />

sie hecheln nur noch. Bei uns<br />

wurden bereits alle Beatmungsgeräte,<br />

die möglich sind, aufgestellt,<br />

und wir erwarten das<br />

Schlimmste. Die Option der<br />

Therapiebegrenzung, also dass<br />

nicht alle medizinischen Maßnahmen<br />

gesetzt werden, die<br />

möglich sind, wird jetzt öfter<br />

verwendet als vorigen Winter…<br />

Vor einigen Tagen mussten<br />

wir einen Mann mitten in der<br />

Nacht intubieren. Er hat noch<br />

eine Abschieds-SMS an seine<br />

Frau geschrieben. Denn fürs<br />

Telefonieren war er zu schwach.<br />

Stellen Sie sich vor, wie furchtbar<br />

es sein muss, wenn Sie als<br />

Ehefrau um Mitternacht so eine<br />

SMS kriegen?<br />

Natürlich haben wir fast nur<br />

Ungeimpfte auf unserer Station.<br />

Ein älterer Mann hat uns<br />

geschimpft und Herbert Kickl<br />

hochleben lassen, weil er hat<br />

ja nur einen Schnupfen. Bis er<br />

völlig fertig am Beatmungsgerät<br />

hing. Der hat überraschend<br />

überlebt, und wir konnten ihn<br />

extubieren. Vor kurzem hat er<br />

beim Umlagern plötzlich meine<br />

Hand genommen und Danke<br />

gesagt.<br />

So wie die Infektionszahlen<br />

sich entwickeln, haben wir bald<br />

doppelt so viele Intensivpatienten.<br />

Dabei sind wir nur ein<br />

kleines Provinzspital. Aber ich<br />

bin auf die Ungeimpften nicht<br />

böse. Wütend bin ich auf die<br />

Politik. Wir alle auf der Station<br />

fühlen uns von der Politik<br />

verarscht. Seit Jahren wird das<br />

Gesundheitssystem kaputtgespart.<br />

Jetzt müssen wir wie verrückt<br />

Überstunden machen. Jeden<br />

Tag muss einer von uns zuhause<br />

in Bereitschaft sein und darf<br />

das Handy nicht abdrehen.<br />

Dafür kriegt man keinen Cent.<br />

Aber wir haben auch Familie,<br />

wir wollen auch unsere Freunde<br />

treffen, wir wollen auch ein<br />

Leben haben.<br />

(gekürzt, zitiert aus: Falter,<br />

17.11.<strong>2021</strong>)


3 Gesundheit<br />

„Durch Deckelung geht der<br />

solidarische Gedanke verloren“<br />

Durch die Deckelung der<br />

Gesundheitsausgaben<br />

verliert die Krankenversorgung<br />

ihren solidarischen Gedanken,<br />

da immer mehr, die es sich leisten<br />

können, in die Privatversicherung<br />

flüchten. Zurück bleiben<br />

diejenigen, die sich eine private<br />

Versicherung nicht leisten können<br />

(Alleinerziehenden, chronisch<br />

Kranke, Arbeitslose,…)<br />

Ein ganz persönliches Beispiel:<br />

Die Ambulanzen in den<br />

Spitälern sind extrem überlastet,<br />

es entstehen sehr lange<br />

Wartezeiten, wenn man einen<br />

Untersuchungstermin haben<br />

will. In meinem Fall habe ich<br />

nicht mal mehr einen Termin<br />

bekommen, das Sekretariat hat<br />

mich gleich abgewimmelt und<br />

gesagt, ich soll erst nächstes<br />

Jahr wieder nachfragen. Konsequenz<br />

daraus ist, dass ich zu<br />

einem Privatarzt gehen muss,<br />

um meine chronische Erkrankung<br />

im Griff zu haben.<br />

Ein weiteres Beispiel war die<br />

Schließung der Brandverletztenabteilung<br />

im UKH Linz. Das<br />

Land war nicht bereit, einen<br />

Beitrag von jährlich ca. 4 Mio.<br />

Euro beizusteuern, um eine<br />

fachlich hochwertige Versorgung<br />

von Schwerbrandverletzten<br />

in OÖ zu gewährleisten.<br />

Jetzt ist es dafür zu spät, weil<br />

die fachlichen Expertisen nicht<br />

mehr vorhanden sind.<br />

Damit kommen wir zu einem<br />

weiteren Punkt: einer<br />

adäquaten Bezahlung von Gesundheitsberufen<br />

einerseits<br />

und einer Verbesserung der<br />

Arbeitsbedingungen durch<br />

Einstellung von mehr Personal<br />

andererseits. Wenn wir es nicht<br />

schaffen, die fachliche Expertise<br />

im Gesundheitssystem zu<br />

halten, werden wir uns bald<br />

vom guten Gesundheitssystem<br />

verabschieden können. Es ist<br />

schon wichtig zu diskutieren,<br />

wieviel Spitalsbetten wir in Ös-<br />

terreich haben, noch wichtiger<br />

ist es aber, ob wir überhaupt<br />

das Personal dazu haben, die<br />

Patienten und Patientinnen,<br />

die in den Betten liegen, auch<br />

medizinisch und pflegerisch<br />

gut zu versorgen. Wir sehen es<br />

jetzt schon, dass die Fluktuation<br />

immer größer wird, gerade<br />

im Pflegebereich wollen viele<br />

aus dem Beruf aussteigen und<br />

tun es auch bereits. Das Thema<br />

Pflegereform muss wirklich<br />

ernst genommen werden und<br />

kann nicht mit einer Deckelung<br />

der Gesundheitsausgaben einhergehen.<br />

Letztendlich bleibt durch die<br />

Deckelung kein Geld mehr übrig,<br />

um unserem Gesundheitssystem<br />

auch wörtlich gerecht<br />

zu werden. Wir haben nämlich<br />

kein Gesundheitssystem, sondern<br />

ein Krankensystem. Wir<br />

kümmern uns vorwiegend darum,<br />

Schäden zu beheben und<br />

nicht darum sie zu vermeiden.<br />

Martina Kronsteiner<br />

Betriebsratsvorsitzende<br />

Unfallkrankenhaus Linz<br />

Es wird viel zu wenig für die<br />

Prävention und Vermeidung<br />

von Erkrankungen getan, stattdessen<br />

rennen wir als Reparaturmedizin<br />

ständig im Kreis<br />

und geben Unmengen an Geld<br />

für teure Medizin aus. Ich finde<br />

es extrem wichtig, in die medizinische<br />

Forschung zu investieren,<br />

würde mir aber wünschen,<br />

dass man in die Prävention<br />

auch zumindest einen Bruchteil<br />

der Forschungsausgaben<br />

stecken würde. Vielleicht bietet<br />

ja die Debatte um die Klimakrise<br />

auch eine Chance, die Gesundheitsprävention<br />

voranzutreiben,<br />

ich sehe da durchaus<br />

Synergien.<br />

„Schon vor Pandemie 20%<br />

zu wenig Spitalspersonal“<br />

Ich begrüße die Petition zur<br />

Aufhebung der Deckelung<br />

der Gesundheitsausgaben! Es<br />

ist tatsächlich so, dass wir am<br />

Med Campus mit relativ geringen<br />

Mitteln nicht nur ein Universitätsklinikum<br />

sein sollen,<br />

sondern nebenher noch auf<br />

dem Rücken der Beschäftigten<br />

und PatientInnen die Pandemie<br />

stemmen müssen. Wir<br />

hatten laut Arbeiterkammerstudie<br />

schon vor der Pandemie<br />

in Oberösterreich um 20% zu<br />

wenig Spitalspersonal. Scheinbar<br />

ist dieser Wert auf ganz Österreich<br />

umzulegen. Was das<br />

für einen Gesundheitsbetrieb<br />

mit 5000 Beschäftigten heißt,<br />

Helmut Freudenthaler<br />

Betriebsratsvorsitzender<br />

Kepler Universitätsklinikum<br />

Linz<br />

kann sich kaum jemand vorstellen.<br />

Vom Platzmangel ganz zu<br />

schweigen.<br />

Allein das Schleusensystem<br />

benötigt schon 100 Beschäftigte.<br />

Nebenher wird noch eine öffentliche<br />

Teststraße mit unserem Personal<br />

betrieben. Die Einhaltung<br />

der Maskentragepausen bzw.<br />

die Abgeltung der nicht-konsumierten<br />

Maskentragepausen<br />

sind für die Beschäftigten extrem<br />

wichtig. Trotz oftmaligem Einfordern<br />

von Verhandlungen wurde<br />

bis dato nicht einmal inhaltlich<br />

mit uns BetriebsrätInnen darüber<br />

gesprochen!!<br />

Auch wenn wir im internationalen<br />

Vergleich im Krankenhausbereich<br />

personell besser<br />

ausgestattet sind, so ist unser<br />

extramuraler Bereich dafür extrem<br />

vernachlässigt. Auch mussten<br />

wir während der Pandemie<br />

viele weniger kranke PatientInnen<br />

auf die Zukunft vertrösten,<br />

um die Kapazitäten für die Versorgung<br />

der Covid-PatientInnen<br />

aufbringen zu können. Das heißt<br />

für uns: Während der Pandemie<br />

sind Höchstleistungen zu erbringen<br />

gewesen. Jetzt müssen wir<br />

die „Wartelisten" abarbeiten.<br />

So wie es aussieht, geht es ohne<br />

Verschnaufpause einfach weiter!<br />

Dabei ist die Luft bei meinen<br />

KollegInnen im wahrsten Sinne<br />

des Wortes heraußen! Ich befürchte<br />

auch, dass die Kosten<br />

der Corona-Pandemie in das reguläre<br />

Gesundheitsbudget eingerechnet<br />

werden.<br />

Ein Beispiel dafür sind unsere<br />

SchmerzpatientInnen. Früher<br />

konnten diese von extern zu uns<br />

kommen. Seit Übernahme vom<br />

Land werden nur mehr interne<br />

PatientInnen versorgt. Meine<br />

KollegInnen erzählen mir aber,<br />

dass sich viele unserer ehemaligen<br />

SchmerzpatientInnen keine<br />

private Schmerztherapie leisten<br />

können. Pro Behandlung €<br />

100,-- zu zahlen, können sich viele<br />

chronisch kranke Menschen<br />

nicht leisten!<br />

Ideal wäre ein gut ausgebautes<br />

und gestärktes öffentliches<br />

Gesundheitssystem mit niederschwelliger<br />

wohnortnaher 24/7<br />

Gesundheitsversorgung (Primärversorgungszentren).<br />

Um auch<br />

zukünftige Pandemien stemmen<br />

zu können, braucht es jedenfalls<br />

viel mehr Beschäftigte in diesem<br />

für die Bevölkerung so wichtigen<br />

Bereich.


Verkehrswende<br />

4<br />

Klimaziel Linz bis 2030:<br />

150.000 Autofahrten<br />

täglich weniger!<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ein Experte der „Initiative Verkehrswende jetzt!“ hat die Studie „Was braucht der<br />

Linzer Verkehr, um klimafit zu werden“ erstellt. Ziel war es, sich einmal genau anzuschauen,<br />

was der Linzer Verkehr braucht, um bis 2030 die Klimaziele zu erreichen. Das<br />

Ergebnis ist erstaunlich: Wir müssen im Großraum Linz den Autoverkehr um 150.000<br />

Autos reduzieren – täglich! Hier einige Details aus der Verkehrswende-Studie.<br />

<br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Treibhausgasemissionen<br />

sollen bis 2030 um 55 %<br />

gesenkt werden, um die Erderwärmung<br />

auf 1,5° zu begrenzen.<br />

Einige Annahmen aus der Studie:<br />

Betrachtet wird der gesamte<br />

Binnenverkehr in Linz sowie der<br />

Ziel-Quell-Verkehr, also der nach<br />

Linz ein- und von Linz ausströmende<br />

Verkehr. Das gesamte<br />

Verkehrsaufkommen steigt um<br />

10% gegenüber 2012 (dem Zeitpunkt<br />

der letzten OÖ Verkehrserhebung),<br />

der Treibstoffverbrauch<br />

der Kfz geht aufgrund technischer<br />

Innovationen deutlich zurück.<br />

Das Ergebnis ist eindeutig: Technische<br />

Innovationen reichen nicht<br />

annähernd aus, um das Ziel von<br />

minus 55% Treibhausgasemissionen<br />

zu erreichen. Es braucht eine<br />

grundlegende Veränderung des<br />

Modal split, also des jeweiligen<br />

Anteils der Verkehrsträger am<br />

Gesamtverkehrsaufkommen, zugunsten<br />

des Umweltverbundes<br />

(ÖV, Rad, Fuß).<br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Unter dem Strich heißt das:<br />

Die mit dem Auto (Motorisierter<br />

Individualverkehr, MIV) zurückgelegten<br />

Wege müssen um<br />

mehr als 150.000 täglich sinken<br />

(minus 32%), die Wege mit dem<br />

Öffentlichen Verkehr müssen<br />

um über 150.000 steigen (plus<br />

88,5%). Besonders stark wächst<br />

der Radverkehr, plus 88.000<br />

Fahrten (plus 188% gegenüber<br />

einem allerdings besonders<br />

dürftigen Ausgangsniveau), der<br />

Fußverkehr steigt leicht an. Damit<br />

würde sich auch der Modalsplit<br />

kräftig verschieben. Die Dominanz<br />

des MIV wäre beendet,<br />

dessen Anteil von 59% auf 37%<br />

sinkt. Der Anteil des Umweltverbund<br />

(ÖV, Rad, Fuß) steigt von<br />

41% auf 63%. Diese Zahlen sind<br />

keineswegs visionär, sondern mit<br />

einer engagierten Politik machbar.<br />

Der Radfahranteil ginge dann<br />

in Richtung eines Niveaus, das es<br />

in Graz und Salzburg heute schon<br />

gibt; der ÖV-Anteil bewegt sich<br />

<br />

<br />

<br />

dorthin, was Wien jetzt<br />

schon erreicht hat.<br />

Die Schlussfolgerung<br />

der Initiative Verkehrswende<br />

jetzt!: „Der so ermittelte<br />

deutlich vermin-<br />

<br />

derte Modalsplit des MIV<br />

liegt selbst dann noch in<br />

einem Bereich, in dem<br />

heute schon viele zu Linz<br />

vergleichbaren EU-Städte<br />

liegen. Es kann also nicht<br />

von einem unerreichbaren<br />

Ziel gesprochen<br />

werden. Vielmehr hat man in<br />

diesen Städten schon frühzeitig<br />

konsequent in eine Richtung<br />

gearbeitet, und nicht mit der Parallelförderung<br />

von Auto und ÖV<br />

jegliche Chance genommen,<br />

die immer wieder angekündigten<br />

deutlichen Veränderungen<br />

des Modalsplits zugunsten des<br />

Umweltverbundes, die für die<br />

hohen Klimaziele Grundvoraussetzung<br />

sind, auch nur ansatzweise<br />

zu erreichen. Mit dem Bau<br />

von weiteren Autobahnen in Linz<br />

können die EU-Klimaziele nicht<br />

erreicht werden.“<br />

Die entscheidende Frage:<br />

150.000 Autofahrten weniger<br />

oder 80.000 mehr?<br />

Der letzte Satz bringt freilich<br />

das derzeitige Dilemma zwischen<br />

dem, was notwendig wäre,<br />

und dem, was eine kurzsichtige<br />

Politik immer noch will, auf den<br />

Punkt: Denn in Linz sollen mit der<br />

A26-Bahnhofsautobahn und der<br />

Ost-Autobahn im Südosten von<br />

Linz zwei neue Stadtautobahnen<br />

bis 2030 gebaut werden. Dazu<br />

soll mit der B139-neu in Haid/<br />

Ansfelden im Umland von Linz<br />

eine bis zu 6-spurige Autobahnauffahrt<br />

auf die A1 kommen. Die<br />

Politik prognostiziert unter diesen<br />

Bedingungen eine Zunahme<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

des Autoverkehrs um 80.000<br />

zusätzlichen Fahrten täglich bis<br />

2030 von bzw. nach Linz. 80.000<br />

Autofahrten mehr oder 150.000<br />

weniger? Welche Richtung sich<br />

durchsetzen wird, wird sich daran<br />

entscheiden, ob es gelingt,<br />

diese Großstraßenprojekte zu<br />

verhindern und die Milliarden<br />

stattdessen in die Förderung<br />

des Umweltverbunds zu investieren.<br />

Mit der Unterstützung der<br />

beiden Volksbefragungskampagnen<br />

gegen den Bau neuer<br />

Autobahnen können wir selbst<br />

auf diese Entscheidung Einfluss<br />

nehmen!<br />

Zum VIDEO<br />

Was braucht der Linzer Verkehr,<br />

um klimafit zu werden?<br />

Vortrag von Lukas Beurle<br />

Veranstaltung der Initiative<br />

Verkehrswende jetzt!


5 Verkehrswende<br />

Unmittelbar vor der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Linzer Gemeinderats am 4. November <strong>2021</strong> übergab die "Initiative<br />

Verkehrswende jetzt!" bei einer kleinen Aktion vor dem Alten Rathaus diesen Offenen Brief an die neuen GemeinderätInnen. Diese<br />

stehen in den nächsten sechs Jahren vor der vielleicht wichtigsten Funktionsperiode.<br />

OFFENER BRIEF<br />

an die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der Stadt Linz<br />

Klimaziel 2030: minus 150.000 Autofahrten täglich! Keine neuen Autobahnen!<br />

Klimafreundliche Verkehrswende jetzt!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

vor dem neu gewählten Linzer Gemeinderat liegt die vielleicht wichtigste 6-jährige Funktionsperiode der jüngeren Geschichte.<br />

Denn in diesem Jahrzehnt wird sich entscheiden, ob es uns allen gemeinsam gelingt, einen Klimakollaps mit all seinen katastrophalen<br />

Folgen zu verhindern.<br />

Welchen Beitrag kann/muss die Stadt Linz zur Verhinderung des Klimakollaps leisten?<br />

Wir brauchen wir eine Umorientierung in der Verkehrspolitik. Verkehrsexperten haben errechnet, dass bis 2030 die Anzahl der<br />

Wege mit dem Motorisierten Individualverkehr in Linz bzw. von und nach Linz um 150.000 täglich reduziert werden muss, wenn wir<br />

das angepeilte Klimaziele von minus 55% bei den Treibhausgasemissionen bis 2030 im Verkehr erreichen wollen.<br />

Doch trotz vieler Versprechungen sind die Weichen der Politik immer noch in die andere Richtung gestellt. Während in anderen<br />

Städten Stadtautobahnen bereits wieder zurück- bzw. abgebaut werden, sollen in Linz im kommenden Jahrzehnt zwei neue<br />

Stadtautobahnen errichtet werden, die A26-Bahnhofsautobahn (der zweite ab 2024 geplante Abschnitt des Westrings) und die<br />

Ost-Autobahn im Südosten von Linz. Entsprechend fatal fallen die Verkehrsprognosen der Landespolitik aus: sie rechnet mit einem<br />

Zuwachs von 80.000 Autofahrten täglich von und nach Linz bis 2030. Das ist das absolute Gegenteil von dem, was notwendig wäre!<br />

Das ist verantwortungslos und zukunftsfeindlich. Mitten in der Klimakrise neue Autobahnen zu bauen, ist ungefähr genauso schlau,<br />

wie während der Corona-Pandemie Krankenhäuser zuzusperren!<br />

Wir rufen Sie als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte daher auf, alles zu unternehmen, um diese beiden Autobahnen in Linz<br />

zu verhindern, Mitfinanzierungen sofort einzustellen, keine Grundstücke dafür zur Verfügung zu stellen und mit allen zur Verfügung<br />

stehenden politischen und rechtlichen Mitteln zu bekämpfen. Wir brauchen eine Verkehrswende: weg von der autozentrierten Mobilität<br />

hin zu einer eine klima- und menschenfreundliche Mobilität – so schnell wie möglich! Das heißt Vorrang für Bahn, Bus, Bim,<br />

Rad und Fuß sowie eine Stadtplanung, die unnötigen Verkehr vermeidet und unsere Lebensqualität fördert.<br />

Wir ersuchen Sie um Rückmeldung, was Sie in diesem Sinn zu tun gedenken. Vielen Dank!<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Initiative Verkehrswende jetzt!<br />

Video:<br />

Lokalaugenschein A26-Bahnhofsautobahn<br />

Eine Wanderung mit Hans Stiasny<br />

(Initiative Verkehrswende jetzt!)<br />

Zum VIDEO


A26-Bahnhofsautobahn/Volksbefragung<br />

6<br />

Klimafreundliche Verkehrswende<br />

statt A26-Bahnhofsautobahn!<br />

Die Initiative Verkehrswende jetzt! sammelt seit Juni intensiv Unterschriften für<br />

die Einleitung einer Volksbefragung gegen die A26-Bahnhofsautobahn (sh. Foto).<br />

Mehr als die Hälfte der notwendigen Unterschriften sind bereits da, aber in der<br />

kalten Jahreszeit und im Lockdown wird es schwieriger, auf der Straße Unterschriften<br />

zu sammeln. Umso wichtiger ist, dass möglichst viele Menschen in ihrem<br />

Umkreis selbst Unterschriften sammeln. Helft/helfen Sie mit! Unterschriftslisten<br />

können bestellt werden bei: info@verkehrswende-jetzt.at<br />

Diese Autobahn steht einer<br />

klimafreundlichen Verkehrswende<br />

voll und ganz im Weg.<br />

30.000 zusätzliche Autofahrten<br />

täglich!<br />

Wir wissen: Wer Tauben füttert,<br />

kann sich bald der Tauben<br />

nicht mehr erwehren. Auch in<br />

der Verkehrswissenschaft gilt die<br />

„Taubentheorie“ mittlerweile als<br />

unbestritten: Wer den Autoverkehr<br />

mit immer mehr Straßen<br />

„füttert“, erntet immer mehr Autoverkehr<br />

und Staus. Es entsteht<br />

ein Teufelskreis von mehr Straßen,<br />

mehr Autos, mehr Straßen,<br />

mehr Autos usw. Das wird auch<br />

für die A26-Bahnhofsautobahn<br />

prognostiziert: Kurzfristigen Entlastungen<br />

auf einzelnen Straßen<br />

stehen sofortige Mehrbelastungen<br />

gegenüber, insbesondere im<br />

Linzer Bahnhofsgebiet (Kärtnerstraße<br />

plus 86%, Blumauerstraße<br />

+131%, Westbrücke +85%, Gruberstraße<br />

+17%, Dinghoferstraße<br />

+16%, Goethestraße (+28%).<br />

Entsprechend wächst die Belastung<br />

mit Abgasen und Feinstaub.<br />

GRAFIK 1: Zusätzliche Autofahrten<br />

In Summe steigt der Autoverkehr<br />

in Linz durch diese Autobahn<br />

gewaltig an: Selbst die<br />

ASFINAG rechnet in ihrer Umweltverträglichkeitserklärung<br />

mit<br />

zusätzlich fast 30.000 Autofahrten<br />

täglich, nach Fertigstellung<br />

der A26-Bahnhofsautobahn<br />

– ein Gesamtzuwachs von über<br />

64%! (sh. Grafik 1)<br />

Durch die Bahnhofsautobahn<br />

wird der Stau also nicht vermieden,<br />

sondern mitten ins Stadtzentrum<br />

verlagert. Schon 1954 (!)<br />

wusste der Verkehrsexperte Luis<br />

Mumford: „Mehr und breitere<br />

Straßen zu bauen, um den Stau<br />

zu verringern, ist genauso wie<br />

seinen Hosengürtel zu öffnen,<br />

um Übergewicht loszuwerden.“<br />

Selbst der ASFINAG, die für die<br />

Finanzierung von Autobahnen<br />

zuständig ist, kommen mittlerweile<br />

Zweifel: „Die Erfahrung<br />

zeigt: Je breiter die Straßen,<br />

desto größer wird das Verkehrsaufkommen.<br />

Das bedeutet,<br />

dass neue Staus nur eine Frage<br />

der Zeit sind.“ (ASFINAG-Blog,<br />

26.5.2020).<br />

Klimakiller Autobahn<br />

Der Autoverkehr ist in Österreich<br />

einer der Hauptverursacher<br />

klimaschädlicher<br />

Treibhausgase. Es ist völlig unverantwortlich,<br />

in Zeiten eines<br />

drohenden Klimakollaps noch<br />

neue Autobahnen zu bauen.<br />

30.000 zusätzliche Autofahrten<br />

täglich, die durch die A26<br />

verursacht werden, machen<br />

diese Autobahn zu einem<br />

Klimakiller ersten Ranges in<br />

Oberösterreich. Der öffentliche<br />

Verkehr ist um ein Vielfaches<br />

klimafreundlicher! (sh. Grafik).<br />

Auch der Bau und der Betrieb<br />

der Tunnelautobahn durch<br />

den Freinberg verschleudern<br />

enorm viel Energie. Allein die<br />

Beleuchtung und Belüftung<br />

des Tunnels verschlingen den<br />

Stromverbrauch einer Kleinstadt.<br />

Die Errichtung dieser Autobahn<br />

frisst soviel Energie wie<br />

der gesamte Linzer Verkehr in<br />

einem Jahr! So werden wir nie<br />

„Klimahauptstadt“!<br />

GRAFIK 2: CO2-Verbrauch Sündteuer<br />

Sündteuer<br />

Die A26-Bahnhofsautobahn<br />

ist der mit Abstand teuerste Abschnitt<br />

der Westring-Autobahn.<br />

Die Kosten für das gesamte<br />

A26-Westring-Projekt haben<br />

sich seit den ersten Planungen<br />

bereits verdreifacht! Von 225<br />

Millionen (damals für Nordund<br />

Südteil) auf heute bereits<br />

743 Millionen Euro (nur für den<br />

Südteil). In der Endabrechnung<br />

ist wohl über eine Milliarde realistisch,<br />

wenn man die Finanzierungskosten<br />

und die gerade<br />

in dieser Branche üblichen<br />

Kostensteigerungen in Rechnung<br />

stellt. Zum Vergleich: Um<br />

dieses Geld könnte man jedem<br />

Pendler/jeder Pendlerin aus<br />

dem Oberen Mühlviertel ein<br />

Einser-Ticket des 365-Euro-Klimatickets<br />

für Oberösterreich<br />

schenken – und zwar 183 Jahre<br />

lang! Oder anders gerechnet.<br />

Um dieses Geld, mit dem eine<br />

4,7 Kilometer lange Stadtautobahn<br />

(davon 4,5 Kilometer als<br />

Tunnel) finanziert wird, könnten<br />

100 Kilometer (!) Schieneninfrastruktur<br />

errichtet werden<br />

Weitere Argumente siehe<br />

„10 Argumente gegen die<br />

A26-Bahnhofsautobahn!“


7<br />

Ost-Autobahn/Volksbefragung<br />

Erster Erfolg im Kampf gegen die Ost-Autobahn<br />

Wieder einmal zeigt sich:<br />

Engagement wirkt!<br />

Nach den bereits tausenden<br />

Unterschriften für die Einleitung<br />

einer Volksbefragung gegen<br />

die Ost-Autobahn bröckelt<br />

bei den Betonierern der Beton.<br />

Am 25. November sprach<br />

sich der Linzer Gemeinderat<br />

mit großer Mehrheit gegen<br />

die durch die Traunauen und<br />

Ebelsberg verlaufende Trasse<br />

aus. Sieben von acht Parteien,<br />

einschließlich SPÖ und ÖVP<br />

stimmten dafür. Nur die Linzer<br />

FPÖ bleibt weiter ein Fan der<br />

Autobahn. Auch der Gemeinderat<br />

von Steyregg hat sich<br />

geschlossen gegen die Autobahn<br />

ausgesprochen. Das<br />

ist ein erster wichtiger Erfolg,<br />

aber noch kein Durchbruch.<br />

Denn: Die Stadt Linz kann rein<br />

rechtlich diese Autobahn nicht<br />

verhindern, und Verkehrslandesrat<br />

Steinkellner (FPÖ) will<br />

unbedingt an der Autobahn<br />

festhalten. Wir sind also gut<br />

beraten, noch intensiv weiter<br />

Unterschriften für die Einleitung<br />

einer Volksbefragung zu<br />

sammeln, um den Druck zu erhöhen.<br />

Von der Schweiz lernen!<br />

Außerdem: SPÖ und ÖVP<br />

der Stadt Linz sind keineswegs<br />

gegen eine neue Autobahn, sie<br />

wollen bloß, dass die Trasse<br />

weiter östliche verläuft – nach<br />

dem Motto: Heiliger St. Florian,<br />

verschon unser Haus und zünd<br />

das andere an! Genau mit diesem<br />

Floriani-Prinzip müssen wir<br />

aber brechen. Denn dadurch<br />

werden die Gemeinden gegeneinander<br />

ausgespielt. Vor allem<br />

gilt: Eine Autobahn weiter östlich<br />

ist genauso klimaschädlich,<br />

führt zur Versiegelung von<br />

wertvollen Grünflächen und<br />

zieht neuen Transitverkehr an.<br />

Wie eine zukunftsfähige Antwort<br />

ausschaut, kann man von<br />

der Schweiz lernen. Dort sinken<br />

seit 15 Jahren die Fahrten von<br />

Transit-LKWs, während sie in<br />

Österreich in diesem Zeitraum<br />

kräftig in die Höhe gingen (sh.<br />

Grafik). Wie machen das die<br />

SchweizerInnen?: Hohe Mautgebühren<br />

für LKWs und konsequente<br />

Verlagerung des Güterverkehrs<br />

von der Straße auf<br />

die Schiene. Es ist hoch an der<br />

Zeit, dass wir in Österreich diesen<br />

Schweizer Weg einschlagen.<br />

Dass die EU im Rahmen<br />

der sog. „Transeuropäischen<br />

Netze“ auf die Ostautobahn<br />

drängt, um dem Transitverkehr<br />

eine weitere Schneise zwischen<br />

Ostsee und Adria zu schlagen,<br />

sollte uns nicht beeindrucken.<br />

Denn: Gesundheit, Lebensqualität<br />

und Klimaschutz sind wichtiger<br />

als Konzerninteressen.<br />

Gerald Oberansmayr<br />

Trassenwanderung Ost-Autobahn<br />

Keine LKW-Transitautobahn durch<br />

den Linzer Süden!<br />

Am 4.9.<strong>2021</strong> fanden sich<br />

rund 30 Interessierte bei<br />

der Trassenwanderung entlang<br />

der geplanten Ostautobahn ein.<br />

Unterstützt von den Initiativen<br />

„Kein Transit Linz“ & „Verkehrswende<br />

jetzt“ wurde den Teilnehmer:innen<br />

die wahre Faktenlage<br />

zur geplanten Transitautobahn<br />

im Linzer Süden mitgeteilt.<br />

Vieles was an kolportierten<br />

Verkehrszahlen suggeriert wird,<br />

wird den tatsächlichen Realitäten<br />

nicht entsprechen. Des weiteren<br />

wurde vor Ort anhand der örtlichen<br />

Gegebenheiten die wahren<br />

Ausmaße der ökologischen<br />

Einschnitte in ein vorhandenes<br />

Natura 2000- Gebiet Traun-Donau-<br />

Auen sowie dem Naherholungsgebiet<br />

Schiltenberg gezeigt.<br />

Die sogenannte „Ostumfahrung“<br />

ist in Wahrheit eine internationale<br />

LKW-Transitautobahn,<br />

quer durch den Linzer Süden.<br />

Wobei hier 7 km Tunnel und<br />

2,9 km Brücken, also 73% der<br />

Ostautobahn sind aufwendige,<br />

technische und dementsprechend<br />

teure Bauwerke.<br />

Die Initiative „Kein Transit<br />

Linz“ hat im Zuge der geplanten<br />

Trassenfestlegung ins österreichische<br />

Straßengesetz<br />

Anfang Juni ein 41-seitige Stellungnahme<br />

über Trassen- und<br />

Planungsmängel an das BMK<br />

und BM Gewessler gesandt.<br />

Es wurde auch von Teilnehmer:innen<br />

der Trassenwanderung<br />

festgestellt, dass bei der<br />

Trassenfestlegung keine Gemeinde<br />

von ÖVP-Bürgermeistern<br />

betroffen ist. Die „Ost-Autobahn“<br />

bringt dem wachsenden<br />

Pichling & Ebelsberg (mehrere<br />

tausend neue Wohnungen in<br />

kürzester Zeit) NICHTS.<br />

Es handelt sich um eine neue<br />

LKW-Transit-Route. Eine Aufoder<br />

Abfahrt ist nur im Industriegebiet<br />

(Lunzerstraße) geplant.<br />

Dazwischen liegt der bereits<br />

jetzt an der Belastungsgrenze<br />

stehende Mona-Lisa-Tunnel.<br />

Außerdem befinden sich 90%<br />

der Trasse auf durch Feinstaub<br />

vorbelastetem Gebiet und Luftsanierungsgebiet<br />

(Gemeindegebiete<br />

von Linz & Steyregg).<br />

So wie Deutschland könnte<br />

auch Österreich eine mögliche<br />

Verurteilung wegen ständiger<br />

Überschreitung der Stickoxidwerte<br />

seitens des EuGH ereilen.<br />

Anstatt die Gelder für nachhaltige<br />

Mobilitätsformen in allen Bereichen<br />

zu verwenden, scheint es<br />

so, als würde man lieber mögliche<br />

Strafzahlungen der EU riskieren.<br />

Es zeigte sich dabei, dass die<br />

jahrzehntelangen Versäumnisse<br />

des Ausbaus der Bahnstrecke<br />

nach Budweis uns jetzt sprichwörtlich<br />

auf den Kopf fallen.<br />

Auch haben die OÖ Politiker<br />

noch immer nichts von den Verkehrsproblemen<br />

der Transit-Inntalautobahn<br />

gehört, geschweige<br />

sich dort informiert.<br />

Das was es jetzt braucht ist<br />

eine rasch und umfangreiche<br />

Verkehrswende.<br />

Armin Kraml


Hafenbahn<br />

8<br />

Neue Eisenbahnbrücke<br />

Sag mir, wo die Schienen sind … ?!<br />

Am 28. August wollte sich<br />

bei der Eröffnungsveranstaltung<br />

für die neue Linzer<br />

Eisenbahnbrücke die versammelte<br />

Politprominenz gegenseitig<br />

auf die Schulter klopfen.<br />

Sie staunten nicht schlecht,<br />

als bereits zu Beginn der Veranstaltung<br />

AktivistInnen der<br />

Initiative Verkehrswende jetzt!<br />

und von XR mit Transparenten<br />

kurzerhand die Bühne betraten,<br />

um dort öffentlich eine<br />

Frage zu stellen: „SAG MIR,<br />

WO DIE SCHIENEN SIND …?“<br />

Mit dieser Transparentaktion machten die Initiative Verkehrswende jetzt! und XR<br />

vor versammelter Politprominenz auf einen Schildbürgerstreich ersten Ranges aufmerksam:<br />

die Eisenbahnbrücke ohne Schienen!<br />

das Linzer Industriegebiet mit<br />

seinen vielen Arbeitsplätzen<br />

und den dort geplanten neuen<br />

Wohnanlagen gut mit dem öffentlichen<br />

Verkehr erschließen<br />

und die Güterverkehrsanbindung<br />

der Mühlkreisbahn verbessern<br />

(sh. Grafik). Diese Verbindung<br />

über die Hafenbahn<br />

wäre eine klima- und umweltfreundliche<br />

und noch dazu viel<br />

kostengünstigere Alternative<br />

zum Bau der A26-Bahnhofsautobahn.<br />

Heinrich Hirsch von<br />

der Initiative „Verkehrswende<br />

jetzt!“: „Dass auf der Eisenbahnbrücke<br />

keine Schienen<br />

verlegt werden, zeigt wieder<br />

einmal, dass die Verkehrspolitik<br />

in Linz trotz vieler Lippenbekenntnisse<br />

nach wie vor in die<br />

falsche Richtung fährt.“<br />

Zum VIDEO<br />

Von Rudi Schober: "Wo sind die<br />

Schienen auf unserer neuen<br />

Eisenbahnbrücke geblieben?"<br />

Klimastreik am 24.9.<strong>2021</strong> in Linz<br />

Die SchildbürgerInnen der Linzer<br />

und OÖ Politprominenz<br />

hatten doch glatt ein für eine<br />

Eisenbahnbrücke nicht ganz<br />

unwichtiges Detail vergessen:<br />

die Eisenbahnschienen.<br />

Schienen soll es – wenn es<br />

nach dem Willen der politisch<br />

Verantwortlichen geht – noch<br />

lange nicht geben. Irgendwann<br />

„in den 30er Jahren“ werde die<br />

Verbindung ins Mühlviertel folgen,<br />

erfahren wir aus dem Landesblatt<br />

„Unser Oberösterreich“<br />

(Sonderausgabe Mobilität <strong>2021</strong>).<br />

Das heißt: Im kommenden Jahrzehnt<br />

wird die Eisenbahnbrücke<br />

vorwiegend dem Autoverkehr<br />

dienen. Gleichzeitig soll aber<br />

die A26-Bahnhofsautobahn bis<br />

2030 fertiggestellt werden. Die<br />

Prioritäten der Stadtpolitik sind<br />

völlig klar: eine Stadt Linz, die<br />

vorrangig auf den Autoverkehr<br />

ausgelegt ist und in der mit<br />

Autobahnen noch mehr Autoverkehr<br />

aus dem Oberen Mühlviertel<br />

ins Linzer Stadtzentrum<br />

geleitet wird.<br />

Verbindung über Hafenbahn<br />

ist sofort möglich!<br />

Dass auf der Eisenbahnbrücke<br />

keine Schienen verlegt<br />

werden, rechtfertigt die Stadtpolitik<br />

damit, dass „es noch länger<br />

dauert, bis die Stadtbahn<br />

kommt“ (OÖN, 14.8.<strong>2021</strong>).<br />

Aber genau das ist der Fehler!<br />

Denn als Ergänzung zu diesen<br />

Stadtbahnplänen könnte SO-<br />

FORT nach der Eröffnung der<br />

Eisenbahnbrücke eine Bahnverbindung<br />

umgesetzt werden<br />

– nämlich oberirdisch über die<br />

bereits existierende Hafenbahn,<br />

wofür nur wenige Hundert<br />

Meter Gleis fehlen! Eine<br />

solche Hafenbahn würde auch<br />

Diese Verbindung der Mühlkreisbahn zum Hauptbahnhof über die Hafenbahn<br />

wäre eine klima- und umweltfreundliche und noch dazu viel<br />

kostengünstigere Alternative zum Bau der A26-Bahnhofsautobahn.


9 A26-Bahnhofsautobahn<br />

Wo bleibt die Evaluierung<br />

der A26-Bahnhofsautobahn?<br />

Bereits im Juli wurde Klimaministerin Gewessler angefragt, warum ausgerechnet<br />

die höchst klimaschädliche A26-Bahnhofsautobahn nicht evaluiert<br />

werden soll. Bis heute kam keine Antwort aus dem Klimaministerium.<br />

Jetzt fragen elf oberösterreichische Klima-, Umwelt- und Verkehrsinitiativen<br />

noch einmal nach.<br />

Offener Brief an Klimaministerin Leonore Gewessler<br />

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Gewessler,<br />

im September diesen Jahres haben mehrere Organisationen bzw. Initiativen der<br />

Klimaschutzbewegung, darunter die „Initiative Verkehrswende jetzt!“, Fridays for<br />

Future Linz und Extinction Rebellion, einen Offenen Brief an die Grünen Oberösterreich<br />

verfasst. In diesem haben wir um eine Stellungnahme zu den beiden neuen<br />

Autobahnprojekte in Linz, der Ostumfahrung wie der A26-„Bahnhofsautobahn“, angefragt. Beide fossilen Großprojekte sind nicht<br />

vereinbar mit den Pariser Klimazielen – ebenso wenig wie mit dem Regierungsprogramm, welches Klimaneutralität im Jahr 2040<br />

vorsieht.<br />

Es ist in Zeiten der fortschreitenden Klimakrise unverantwortlich, weitere Autobahnen zu bauen, da die Emissionen im Verkehrssektor<br />

sogar noch zunehmen. Die Investitionen sollten stattdessen direkt in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs fließen, um<br />

diesem Trend unmittelbar entgegenzuwirken.<br />

Daher haben wir uns gefreut, dass die Grünen Oberösterreich in ihrer Antwort vom 22. September <strong>2021</strong> betonten, dass sie „die<br />

genannten Autobahn-Projekte Ostumfahrung und Westring aus voller Überzeugung ablehnen“ und diese Ablehnung auch „deutlich<br />

zur Sprache“ bringen. Weiters hieß es: „Unabhängig davon, welche Rolle wir im Landtag zukünftig einnehmen werden, halten<br />

wir die völlig aus der Zeit gefallenen Projekte „Westring“ und „Ostumfahrung“ für absolute Fehlentscheidungen und werden<br />

dementsprechend die uns zur Verfügung stehenden Mittel dafür nutzen, statt Autobahnen endlich Schienen zu bauen, die Öffis zu<br />

attraktivieren und den Radverkehr zu forcieren.“<br />

Wir sind überzeugt, dass auch die Grünen in der Bundesregierung sowie insbesondere Sie als für den Klimaschutz zuständige<br />

Ministerin diese Position teilen. Die Evaluierung der ASFINAG-Bauvorhaben, worunter die Linzer Ostumfahrung bereits fällt, ist<br />

ein erster wichtiger Schritt. Jedoch ist für die A26-Bahnhofsautobahn, welche vergleichbar negative Effekte verursachen wird, eine<br />

solche Evaluierung immer noch nicht vorgesehen. Wir wenden uns daher – nach dem Offenen Brief der „Verkehrswende jetzt!“<br />

vom Juli diesen Jahres – erneut an Sie mit dem dringenden Ersuchen, dies zu ändern und Ihre Parteikolleg:innen im Einsatz gegen<br />

dieses unzeitgemäße Projekt zu unterstützen. Auch wenn die vierte Donaubrücke bereits gebaut wird, so kann doch die daran<br />

anschließende Bahnhofsautobahn A26 noch gestoppt werden. Und sie muss gestoppt werden, um die Klimaziele einhalten zu<br />

können. In diesem Sinne hoffen wir auf eine baldige Evaluierung auch dieses unzeitgemäßen und in Zeiten der Krise bedrohlichen<br />

Vorhabens. Wir ersuchen um eine diesbezügliche Rückmeldung.<br />

Freundliche Grüße<br />

Extinction Rebellion OÖ, Fahrgast OÖ, Fridays for Future Linz, Initiative Linzer Grüngürtel schützen, jetzt!, Initiative<br />

Verkehrswende jetzt!, Linzer Baumrettungsinitiative, Klimaallianz OÖ, Klimaschutzinitiative, OÖ Plattform Klima, Energie<br />

und Verkehr, Solidarwerkstatt Österreich<br />

LETZTE MELDUNG: Nach Lobau-Autobahn auch die geplanten Autobahnprojekte in Linz beerdigen!<br />

Es ist hocherfreulich, dass die Klimaschutzministerin am 1. Dezember die Pläne zum Bau der Lobau-Autobahn beerdigt hat. Sie hat das<br />

mit Worten getan, die man nur unterstreichen kann:<br />

• Mehr Straßen bedeuten mehr Autos bedeuten mehr Verkehr.<br />

• Mehr Straßen bedeuten, dass nicht Stau reduziert wird, sondern letztlich noch mehr Autos im Stau stehen werden.<br />

• Mehr Straßen bedeuten mehr klimaschädliche Treibhausgase, mehr Luftverschmutzung, mehr Lärm, mehr Verbrauch von wertvollem Boden.<br />

• Wir müssen darauf schauen, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen klima- und umweltfreundlich zu befriedigen. Es gibt Alternativen<br />

zum Autobahnbau, vor allem durch den zügigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs<br />

• Projekte, die der Politik vor 20, 30 Jahren vernünftig erschienen sind, sind heute oftmals keine vernünftigen Lösungen mehr.<br />

Dieselben Gründe sprechen dafür, sofort die Pläne zum Bau der A26-Bahnhofsautobahn (2. Abschnitt des Westrings) und der Ost-Autobahn<br />

im Südosten von Linz einzustellen!


Freinberg<br />

10<br />

Baumschutz/Freinberg<br />

Erster Teilerfolg am Freinberg<br />

Der erste Baum hat Geschwister bekommen.<br />

Durch hartnäckiges Engagement konnten Bürgerinitiativen nun eine erste Nachpflanzung am Linzer Freinberg erreichen.<br />

Doch am Gelände des Minigolfplatzes drohen bereits weitere Abholzungen. Hier eine Medieninformation<br />

von Anrainer:innen Gugl Mugl und Roseggerstraße, Arch Pro Linz, BI Linzer Grüngürtel schützen, jetzt!, BI Tabakfabrik<br />

- wir reden MIT, Linzer Baumrettungsinitiative, Vertreter:innen Linz+ und Solidarwerkstatt Linz.<br />

Anfang dieses Jahres<br />

holzte die Diözese in einer<br />

Nacht und Nebelaktion am<br />

Freinberg über 100 Bäume ab,<br />

um Platz für einen vom Land<br />

OÖ finanzierten Leichtathletikstützpunkt<br />

zu schaffen. Bürgerinitiativen<br />

und engagierte<br />

BürgerInnen haben seither mit<br />

einer Vielzahl von Aktionen –<br />

Demonstration, Menschenkette,<br />

Mahnwachen, Petition – für<br />

Ersatzpflanzungen gekämpft.<br />

Bei diesen Aktionen wurde die<br />

Neuanpflanzung von 500 Bäumen<br />

am Freinberg gefordert,<br />

um den Schaden in diesem<br />

Jahrzehnt zumindest einigermaßen<br />

auszugleichen. Denn:<br />

Die gefällten Bäume waren 30<br />

bis 40 Jahre alt, es gingen also<br />

3.000 bis 4.000 Baumjahre auf<br />

einen Schlag verloren.<br />

Monatelang blieb es seitens<br />

der Diözese bei Vertröstungen<br />

auf die Zeit nach der Errichtung<br />

des Leichtathletikstützpunktes.<br />

Wir haben deshalb nicht lockergelassen:<br />

einen ersten Baum<br />

am Freinberg haben wir selbst<br />

angepflanzt, wir haben weiter<br />

Unterschriften gesammelt<br />

und die Menschen informiert,<br />

Mahnwachen vor dem Bischofshof<br />

abgehalten und für Dezember<br />

wieder eine Menschenkette<br />

angekündigt. Warum sollte mit<br />

den Baumpflanzungen auf die<br />

Zeit nach der Errichtung der<br />

Leichtathletikstützpunktes gewartet<br />

werden, die Klimakrise<br />

wartet schließlich auch nicht.<br />

Nun hat die Diözese endlich<br />

gehandelt. Der erste von uns<br />

angepflanzte Baum hat endlich<br />

Geschwister bekommen: Laut<br />

Information der Diözese sind<br />

in den letzten Tagen 100 Hainbuchen,<br />

25 Eichen und 275<br />

Heckenpflanzen am Freinberg<br />

angepflanzt worden. Dass diese<br />

Wiederaufforstung nicht mehr<br />

weiter auf die lange Bank geschoben<br />

wurde, sehen wir als<br />

wichtigen Erfolg des beharrlichen<br />

Einsatzes von vielen Bürgerinnen<br />

und Bürgern.<br />

„Grüne Lunge“ von Linz<br />

braucht funktionierenden<br />

Mischwald<br />

Freilich ist es bislang nur ein<br />

Teilerfolg, denn aus fachlicher<br />

Sicht ist eine reine Forstware,<br />

beschränkt auf zwei Baumarten,<br />

kein Ersatz für die vielfältigen<br />

wertvollen Bäume die bis<br />

zu einen Umfang von 180 cm<br />

gefällt wurden. Jeder funktionierende<br />

Mischwald - wie auch<br />

die gefällten Bäume vor Ort<br />

- umfasst zusätzlich folgende<br />

Baumarten: Buche, Bergahorn,<br />

Rotbuche, Trauerweide, Weißweide,<br />

Tanne, Wildkirsche,<br />

Schwarzerle, Sommerlinde,<br />

Traubenkirsche. Diese sind als<br />

„geschulte Ware“ als mehrjährige<br />

Hochstammbäume nachzusetzen.<br />

Die 275 Heckenpflanzen<br />

sind kein Baumersatz.<br />

Wir fordern daher weiterhin<br />

eine Neubepflanzung, die den<br />

Herausforderungen des Klimaschutzes<br />

und der ausreichenden<br />

Durchlüftung der Stadt<br />

angemessen ist. Außerdem<br />

erwarten wir uns bei den Verhandlungen<br />

um die Errichtung<br />

des Leichtathletikstützpunktes<br />

am Freinberg ein transparentes<br />

Verfahren, bei dem die BewohnerInnen<br />

auf Augenhöhe<br />

eingebunden werden.<br />

Keine weiteren Abholzungen<br />

am Freinberg!<br />

Besonders wichtig ist, dass<br />

der neugewählte Landtag endlich<br />

ein wirksames Baumschutzgesetz<br />

beschließt. Wie dringend<br />

das ist, zeigen die Pläne<br />

für die Bebauung des Minigolfplatzes<br />

am Freinberg, die nun<br />

vorliegen. Mit der Errichtung<br />

von vier Villenhäusern mit 30<br />

Wohnungen droht ein weiterer<br />

Kahlschlag am Freinberg<br />

– gefährdet ist die Baumreihe<br />

an der östlichen Grenze des<br />

Minigolfplatzes. Am Freitag<br />

haben sich deshalb engagierte<br />

BürgerInnen auf diesem Gelände<br />

versammelt, um mit Transparenten<br />

darauf hinzuweisen,<br />

dass sie weitere Baumfällungen<br />

am Freinberg nicht hinnehmen<br />

werden (sh. beiliegendes<br />

Foto). Die zentralen Botschaften:<br />

„Freinbergs grüne Lunge<br />

erhalten!“ und „Linzer Grüngürtel<br />

schützen, jetzt!“.<br />

VertreterInnen von Bürgerinitiativen warnen mit einem Transparentaktion<br />

beim Minigolfplatz vor weiteren Abholzungen (21.11.<strong>2021</strong>).


11<br />

Quadrill<br />

„Es fühlt sich an<br />

wie Notwehr“<br />

Bauverhandlung Neubau Tabakfabrik:<br />

Anrainer fordern UVP-Verfahren<br />

und sehen den auf die<br />

Investorenwünsche hin maßgeschneiderten<br />

Bebauungsplan als<br />

gesetzes- und verfassungswidrig.<br />

Hier soll ein 111 Meter hohes<br />

Hochhaus mit 710 Tiefgaragenstellplätzen<br />

entstehen,<br />

namens Quadrill.<br />

„<br />

Es fühlt sich an wie Notwehr.<br />

Erst im Oktober konnten<br />

wir Einblick in die genauen<br />

Pläne und Unterlagen nehmen.<br />

In diese wurde uns bisher keine<br />

Einsicht gewährt. Das Projekt<br />

ignoriert wichtige Aspekte, es<br />

fehlen die Grundlagen und Begründungen.<br />

Das können wir<br />

nicht einfach so hinnehmen.“,<br />

ist Brita Piovesan, Sprecherin<br />

der Initiative „Tabakfabrik – wir<br />

reden mit“ betroffen. „Wir Anrainer:innen<br />

fordern eine (bei so<br />

einem großen Projekt) eigentlich<br />

selbstverständliche Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

sowie einen<br />

Umbau der Ludlgasse zur sicheren<br />

Sackgasse. Konkret braucht<br />

es bauliche Maßnahmen, um<br />

den Durchzugs- und Anlieferverkehr<br />

von LKW’s, Bussen und<br />

PKW’s, den der Quadrill-Komplex<br />

verursachen wird, zu verhindern.<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

unserem Rechtsanwalt sind wir<br />

auch zu dem Schluss gekommen,<br />

dass der Bebauungsplan<br />

auf die Bedürfnisse des Investors<br />

zugeschnitten wurde, dem<br />

Gleichheitsprinzip widerspricht<br />

und daher verfassungs- und gesetzwidrig<br />

ist.<br />

UVP Prüfung ist notwendig<br />

Das gigantische Quadrillprojekt<br />

und die Tiefgarage passen<br />

nicht zusammen: „Der Quadrill-Komplex<br />

mit über 50.000 m 2<br />

Bruttogeschossfläche bedürfte<br />

laut Gesetz mehr als 1000 Stellplätze.<br />

Um den UVP-Schwellenwert<br />

von 750 Stellplätzen<br />

zu umgehen, wurde die Anzahl<br />

der Stellplätze jedoch auf 710<br />

reduziert. Was ist die gesetzliche<br />

Grundlage dafür? Warum<br />

wird das Projektvolumen nicht<br />

einfach auf diese Anzahl von<br />

tatsächlichen Stellplätzen reduziert?<br />

Garagengröße und Projektdimension<br />

passen nicht zusammen.“<br />

stellt Brita Piovesan<br />

fest.<br />

Zur Erinnerung: Grundsätzlich<br />

wurde das riesige Projekt unter<br />

der Annahme eines leistungsfähigen<br />

ÖV geplant. Anstatt nach<br />

Wegfall der Neuen Schienenachse<br />

Linz (2019) zu redimensionieren,<br />

wurde das Volumen<br />

sogar noch um ¼ erhöht. Für ein<br />

derart großes Projekt fehlt somit<br />

die Grundlage noch dazu, weil<br />

wir uns in einem durch Verkehr<br />

und Abgase geplagtem Gebiet<br />

(Schutzgut Luft) befinden.<br />

Eine weitere UVP-Schwelle ist<br />

die Anzahl von öffentlichen Stellplätzen.<br />

Mehr als 187 (1/4 von<br />

750) Stellplätze erfordern eine<br />

UVP-Prüfung. Nun wirken die<br />

von Seiten des Projektwerbers<br />

beim Quadrillprojekt genannten<br />

184 als willkürlich gesetzt.<br />

Wie stehen diese 184 öffentlichen<br />

Stellplätze in Zusammenhang<br />

mit den restlichen privaten<br />

Stellplätzen und den vielfältigen<br />

Nutzungen im Komplex? Wie ist<br />

das in der Garage geregelt und<br />

getrennt? Wer kontrolliert das<br />

langfristig, wie die Parkraumbewirtschaftung<br />

in der Tiefgarage<br />

stattfinden wird?<br />

In Anbetracht der hochbelasteten<br />

Verkehrs- und Luftsituation<br />

im Viertel und an der<br />

Donaulände dürfte dort überhaupt<br />

kein Projekt mit so einer<br />

riesigen Tiefgarage entstehen.<br />

„Die Verkehrssituation (Stichwort<br />

Nadelöhr Donaulände)<br />

und der Wegfall einer leistungsfähigen<br />

ÖV-Verbindung bedarf<br />

einer drastischen Reduktion<br />

des Projekts. Wenn dies nicht<br />

erfolgt, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

eigentlich<br />

selbstverständlich.“ so Piovesan.<br />

„Bisher wurde nicht einmal<br />

ein UVP-Feststellungsbescheid<br />

erlassen.“<br />

Beim Verkehr ist<br />

vieles ungelöst<br />

Pläne und Unterlagen zum<br />

Quadrillprojekt ignorieren weitgehend<br />

die Verkehrssituation.<br />

„Es ist leicht vorhersehbar, dass<br />

ein Großteil der LKW’s, Busse<br />

und PKW’s die Ludlgasse als<br />

Schleichweg missbrauchen werden,<br />

um den chronischen Stau<br />

in der Donaulände zu umgehen.<br />

Da helfen auch keine Behauptungen<br />

des Verkehrsgutachters,<br />

dass dies nicht der Fall sein<br />

wird. Unsere Erfahrungen zeigen<br />

schon jetzt, dass dies der<br />

@Piovesan<br />

Brita Piovesan, Sprecherin der Initiative<br />

„Tabakfabrik – wir reden mit“, bei der<br />

Einsichtnahme in die Baupläne.<br />

Fall ist.“ so Piovesan. „Das wollen<br />

wir nicht zulassen. Und da<br />

wird es mehr als irgendwelche<br />

Schilder oder verkehrspolizeiliche<br />

Verordnungen brauchen.<br />

Wir gehen davon aus, dass die<br />

Ludlgasse baulich so verändert<br />

werden muss, dass diese eine<br />

sichere und ruhige Straße wird.“<br />

Bebauungsplan ist gesetzund<br />

verfassungswidrig<br />

„Wir sind es in Linz ja schon<br />

gewohnt, dass den Wünschen<br />

privater Bauträger und Eigentümer<br />

von Liegenschaften die<br />

Wünsche von den Lippen gelesen<br />

werden. Doch dieses Projekt<br />

scheint alles Bisherige in den<br />

Schatten zu stellen.“, ist Piovesan<br />

enttäuscht. „In Zusammenarbeit<br />

mit unserem Rechtsanwalt<br />

sind wir überzeugt, dass dieser<br />

neue Bebauungsplan direkt auf<br />

die Wünsche des Investors zugeschnitten<br />

wurde und somit eine<br />

reine Anlasswidmung darstellt.<br />

Dass lässt sich gut an verschiedenen<br />

Aspekten festmachen<br />

und widerspricht grundsätzlich<br />

dem Gleichheitsprinzip. Uns<br />

bleibt eigentlich nichts anderes<br />

übrig als das gesamte Projekt in<br />

Frage zu stellen und auch juristische<br />

Schritte einzuleiten.“


Stadtentwicklung<br />

12<br />

Bulgariplatz – mehr Grün, weniger Asphalt<br />

Beim Linzer Innovationspreis für Stadtentwicklung stand heuer der Bulgariplatz im Zentrum, ein Platz, der durch<br />

ein monströses Straßen-Labyrinth zerstückelt wurde. Hans Hörslberger erhielt für seine Idee, wie die Fahrbahn<br />

reduziert und den Menschen wieder mehr Grün zurückgegeben werden kann, einen Sonderpreis. Hier seine Überlegungen.<br />

heute<br />

Eigentlich sollte die Wiener<br />

Straße wieder in beide<br />

Richtung befahrbar gemacht<br />

werden, die Wankmüllerhofstraße<br />

vom Verkehr entlastet<br />

und die Autobahnauffahrt<br />

„Wiener Straße“ stark vereinfacht<br />

werden. Aber der Aufwand<br />

dafür wäre doch wohl zu<br />

hoch.<br />

Auch würde dadurch die große<br />

städtebauliche Chance, die<br />

einst die freien Felder südlich<br />

des Bulgariplatzes bis hin zum<br />

WIFI boten, nicht mehr wieder<br />

gewonnen werden können.<br />

Dieser Bereich ist durch die<br />

luxuriösen Autobahn Auf- und<br />

Abfahrten großflächig zerschnitten.<br />

Jedenfalls ist der Bulgariplatz<br />

gegenwärtig eine große zerstückelte<br />

Stadtfläche mit einem<br />

monströsen Straßen-Labyrinth<br />

mit überdimensionierten Fahrbahnen<br />

für die „Leichtigkeit<br />

und Flüssigkeit“ des Autoverkehrs.<br />

Durch Vereinfachung der<br />

morgen?<br />

Straßenführung und Reduktion<br />

der Fahrbahn- und Fahrstreifenbreiten<br />

und den Verzicht<br />

auf einige Fahrspuren (z. Bsp.<br />

auf die über 130 m lange „Beschleunigungsspur“<br />

ab der<br />

Einmündung der Breitwiesergutstraße<br />

bis weit in die Wankmüllerhofstraße<br />

hinein), ließen<br />

sich große asphaltierte Flächen<br />

einsparen und größere von<br />

der Bevölkerung nutzbarere,<br />

zusammenhängende Grünflächen<br />

gewinnen (sh. Skizze).<br />

Überflüssige Busbucht beim Lentos<br />

Ein weiteres Fallbeispiel für veraltete Verkehrspolitik<br />

Bei der Postbus-Haltestelle<br />

an der Donaulände<br />

auf Höhe des Lentos wurde<br />

im Sommer diesen Jahres ein<br />

besonders absurdes Projekt errichtet.<br />

Weil angeblich die haltenden<br />

Busse den Autoverkehr<br />

blockiert hätten, wurde die Busbucht<br />

weiter in die Grünfläche<br />

hineinversetzt. Dafür mussten<br />

vier Bäume weichen, zudem<br />

wurde der dahinter verlaufende<br />

Radweg mit dem Fußgängerweg<br />

zusammengelegt und<br />

verläuft nicht mehr geradlinig.<br />

Das bremst die durchfahrenden<br />

RadfahrerInnen und birgt<br />

das Potential für gefährliche Zusammenstöße.<br />

Vorteile dieses<br />

Umbaus sind nicht ersichtlich.<br />

Denn bereits bisher standen<br />

die Busse kaum auf die Straße<br />

hinaus und konnten leicht umfahren<br />

werden. Dass es an der<br />

Stelle zu keinen Staus durch die<br />

Busse kam, wurde auch von<br />

einem Lokalaugenschein der<br />

Bezirksrundschau beobachtet.<br />

[1] Darüber hinaus gilt: selbst<br />

wenn durch dieses Bauprojekt<br />

ein minimaler Zeitgewinn<br />

für den Verkehr erzielt werden<br />

könnte, würde er durch die<br />

Wartezeit an der nächsten Ampel<br />

wieder zunichtegemacht.<br />

Doch auch aus Sicht derjenigen,<br />

die an der Notwendigkeit<br />

eines Umbaus festhielten, hätte<br />

es naturschonendere Alternativen<br />

gegeben. Die Linzer Baumrettungsinitiative<br />

hat nachgemessen<br />

– und festgestellt, dass eine<br />

für die Busse ausreichende Breite<br />

der Bucht auch ohne Baumfällung<br />

realisierbar gewesen wäre.<br />

Man hätte die Busbucht dazu<br />

schlicht um 30 statt 50 Zentimeter<br />

ausweiten und einen Wartebereich<br />

aus Metall unmittelbar vor<br />

den Bäumen anbringen können.<br />

Der Umbau hat also<br />

offensichtlich nicht nur<br />

keinen positiven Effekte,<br />

er ist noch dazu unverhältnismäßig.<br />

Um dem entgegenzutreten,<br />

besetzten<br />

Anfang August einige AktivistInnen<br />

die betroffenen<br />

Bäume, um sie zumindest<br />

symbolisch vor der Fällung<br />

zu schützen. Tatsächlich<br />

wurden zwei der Bäume<br />

angesichts der angeketteten<br />

bzw. auf dem Baum<br />

sitzenden Personen nicht<br />

unmittelbar gefällt. Die Verkehrswende<br />

jetzt! wie auch die Linzer<br />

Baumrettungsinitiative klärten<br />

vor Ort über den Hintergrund<br />

des Protests auf und erreichten<br />

über mehre Medienartikel eine<br />

große Reichweite. Die gefällten<br />

Bäumen wie der zusammengestutzte<br />

Radweg sind leider<br />

dennoch Tatsachen, aber aus<br />

Vier Bäume mussten dem Sinnlosprojekt<br />

weichen.<br />

diesem für die Stadtpolitik typischen<br />

Beispiel lassen sich Lehren<br />

ziehen. Auch beim der nächsten<br />

derartigen Baumfällung wird es<br />

Widerstand geben. Mit jedem<br />

weiteren nutzlosen Projekt wird<br />

das Bewusstsein für die notwendige<br />

Verkehrswende steigen.<br />

Andreas Schütz


13 Zu Fuß Gehende<br />

Geht doch?!<br />

Die beiden Wiener Studenten Benjamin Schemel<br />

und Simon Pories haben die Initiative<br />

„Geht doch“ gegründet. Im Sommer waren sie<br />

mit ihrer Aktion auch in Linz – für eine gemeinsame<br />

Aktion mit der „Initiative Verkehrswende<br />

jetzt!“ auf der Nibelungenbrücke. Hier ein<br />

Gespräch mit den beiden Aktivisten.<br />

Frage: Ihr beide habt die<br />

Initiative „Geht doch“ gestartet.<br />

Was ist der Grundgedanke<br />

dieser Initiative?<br />

Benjamin: „Geht doch“ gibt<br />

es seit 2017. Wir wollen thematisieren,<br />

dass es im öffentlichen<br />

Raum zu wenig Platz für<br />

Zu Fuß Gehende gibt. Es gibt<br />

viel zu viele schmale Gehsteige<br />

und Situationen, die für Menschen,<br />

die zu Fuß unterwegs<br />

sind, unsicher, unbequem und<br />

gefährlich sind. Und natürlich<br />

wollen wir dazu anregen, nach<br />

fußgängerInnenfreundlichen<br />

Lösungen zu suchen.<br />

„Niemand hat für mehr Autoverkehr<br />

gestimmt“.<br />

Simon: Es gibt keine Interessensvertretung<br />

für Zu Fuß<br />

Gehende. Dabei ist das oft die<br />

sinnvollste Art und Weise, um<br />

gerade in der Stadt von A nach B<br />

zu kommen, mit Sicherheit ist es<br />

die klimafreundlichste. Wir haben<br />

mit unserer Arbeit zunächst<br />

in Wien begonnen, heuer haben<br />

wir uns auch in die Landeshauptstädte<br />

aufgemacht.<br />

Frage: Welche konkreten<br />

Schritte setzt ihr, um mit<br />

eurem Anliegen vorwärts<br />

zu kommen? Was sind eure<br />

Forderungen?<br />

Simon: Wir wollen<br />

Präsenz an<br />

neuralgischen Stellen<br />

zeigen. Viele<br />

erkennen oft erst,<br />

wenn man sie darauf<br />

aufmerksam<br />

macht, woran es<br />

mangelt. Wir haben eine Social-Media-Kampagne<br />

gestartet:<br />

Wir laden die Leute ein, uns<br />

Fotos von sog. „Low lights“<br />

zu schicken, also von Stellen in<br />

ihrer Stadt, wo besonders fußgängerunfreundliche<br />

Bedingungen<br />

herrschen. Die Leute<br />

können diese Fotos direkt auf<br />

unsere Webpage laden. Wir<br />

selbst haben bei unserer Rundreise<br />

durch Österreich bereits<br />

100 bis 120 Fotos in Linz, Graz<br />

und Innsbruck gesammelt. Wir<br />

glauben, dass diese Visualisierung<br />

wichtig ist, um aufzuzeigen,<br />

was im öffentlichen Raum<br />

schiefläuft.<br />

Benjamin: Wir wollen breite<br />

Gehsteige, also mindestens 2<br />

Meter, vor Geschäften 3 Meter.<br />

Wir fordern flächendeckend<br />

Tempo 30 in den Städten.<br />

Häufig fehlen Sitzgelegenheit<br />

entlang der Gehwege. Das ist<br />

gerade für ältere Menschen oft<br />

ein Problem. Wir fragen, warum<br />

ein Parkplatz immer noch<br />

wichtiger ist als ein Baum. Gerade<br />

in der Klimakrise brauchen<br />

wir viel mehr Grün und<br />

viel weniger Autoverkehr, um<br />

das Leben in den hitzegeplagten<br />

Städten noch erträglich zu<br />

gestalten. Viel Verkehr könnte<br />

durch eine kluge Raumplanung<br />

vermieden werden, indem<br />

z.B. fußläufig erreichbare<br />

Einkaufsmöglichkeiten vor<br />

Ort geschaffen werden, statt<br />

die Menschen durch große<br />

Einkaufszentren am Stadtrand<br />

auf die Straße und ins Auto zu<br />

zwingen.<br />

Geht doch-Aktion im August <strong>2021</strong> auf der Nibelungenbrücke<br />

Simon: Wir kritisieren, dass<br />

immer mehr öffentlicher Raum<br />

kommerzialisiert wird. Wir wollen<br />

freie Flächen für alle, wo<br />

man sich ohne Konsumzwang<br />

aufhalten kann. Das hat auch<br />

eine enorme soziale Bedeutung.<br />

Denn viele Leute haben<br />

keine großen Wohnungen mit<br />

Balkon und Garten. Sie sind<br />

umso mehr auf den öffentlichen<br />

Raum angewiesen, um<br />

sich erholen und mit anderen<br />

treffen zu können. Wir fordern<br />

die Umverteilung des öffentlichen<br />

Raums zugunsten der<br />

breiten Masse der Bevölkerung.<br />

In Wien etwa braucht der<br />

fahrende und ruhende Autoverkehr<br />

zwei Drittel der Fläche,<br />

obwohl der Autoanteil an der<br />

gesamten Mobilität nur mehr<br />

25% beträgt.<br />

Wir wollen auch vermeiden,<br />

dass umweltfreundliche Mobilitätsformen<br />

wie Radfahren und<br />

Fußgehen gegeneinander ausgespielt<br />

werden. Beide brauchen<br />

mehr Platz. Das hat sich für<br />

uns in Linz gerade auf der Nibelungenbrücke<br />

gezeigt, wo sich<br />

RadfahrerInnen und FußgängerInnen<br />

gegenseitig gefährden,<br />

weil sie vom dominanten Autoverkehr<br />

völlig an den Rand gedrängt<br />

werden. Deshalb haben<br />

wir in Linz auch die Nibelungenbrücke<br />

als typisches „Low light“<br />

für unsere „Geht doch“-Aktion<br />

ausgewählt.<br />

Wie gestaltet ihr solche<br />

Aktionen vor Ort? Welche<br />

Rückmeldung habt ihr bei<br />

der Aktion auf der Nibelungenbrücke<br />

bekommen?<br />

Uns ist ein partizipativer Prozess<br />

und der Dialog mit den<br />

Menschen wichtig. Wir machen<br />

Interviews mit Menschen und<br />

laden sie ein, auf einem Flip<br />

Chart aufzuschreiben oder zu<br />

bewerten, was sie sich für den<br />

öffentlichen Raum wünschen.<br />

Wir laden sie ein, auf Liegestühlen<br />

im öffentlichen Raum<br />

Platz zu nehmen, zu verweilen.<br />

Von den LinzerInnen erhielten<br />

wir eindeutige Antworten: Sie<br />

wünschen sich mehr Begrünung<br />

im öffentlichen Raum,<br />

sprechen sich für einen Ausbau<br />

des Rad- und Öffinetzes aus<br />

und wollen auch Verbesserungen<br />

für Zu Fuß Gehende. Keine<br />

einzige Person hat für mehr Autoverkehr<br />

abgestimmt.<br />

> Zum Lokalaugenschein Linz<br />

>Kontakt:<br />

https://geht-doch.wien<br />

Simon Pories und Benjamin<br />

Schemel, die Initiatoren von<br />

„Geht doch!“


Feinstaub<br />

14<br />

Giftige Reifen<br />

Der Reifenabrieb ist der Hauptverursacher<br />

von Feinstaub durch Mikroplastik.<br />

Feinstaub können wir mit<br />

unserem freien Auge nicht<br />

sehen, dafür ist er zu klein. Aber<br />

mit speziellen Mikroskopen<br />

kann dieser Feinstaub in der<br />

Umwelt, im Wasser, in unseren<br />

Lebensmitteln und menschlichen<br />

oder tierischen Körpern<br />

mittlerweile sehr wohl nachgewiesen<br />

werden. Aufgenommen<br />

wird dieser unsichtbare<br />

Feinstaub über die Nahrungskette<br />

oder über die Lunge.<br />

Eines wird in dieser Thematik<br />

jedoch aufgrund von<br />

Geschäftsinteressen zumeist<br />

verschwiegen: Der automobile<br />

Individualverkehr ist der<br />

größte Emittent dieses giftigen<br />

Feinstaubs. Der größte Anteil<br />

des Feinstaubs kommt dabei<br />

nicht aus dem Auspuff der mit<br />

fossiler Energie, Benzin oder<br />

Diesel betriebenen Fahrzeuge<br />

wie PKW oder LKW. Der größ-<br />

te Anteil kommt vielmehr vom<br />

Abrieb der PKW- und Lastkraftwagenräder.<br />

Dieser Abrieb<br />

ist extrem fein und landet<br />

als winziger Feinstaub auf der<br />

Fahrbahn und somit bei Regen<br />

im Wasser und Boden und verwirbelt<br />

als kleinste Gummipartikel<br />

in der Luft. Durch Reifenund<br />

Bremsabrieb entstehen<br />

Schwermetalle, aus denen für<br />

den Menschen krebserregende<br />

Stoffe hervorgehen.<br />

In einer wenig beachteten<br />

Studie der Weltnaturschutzunion<br />

IUCN wird Feinstaub aus<br />

Gummiabrieb, der Reifen des<br />

Straßenverkehrs, als größte<br />

Quelle für Mikroplastik in der<br />

Umwelt und für ein Viertel<br />

des Eintrages in die Weltmeere<br />

verantwortlich gemacht.<br />

Um die Dimensionen etwas<br />

greifbarer zu machen, hat das<br />

deutsche Fraunhofer Institut<br />

Linzer Giftcocktail:<br />

Einige hundert Tonnen<br />

Feinstaub durch Reifenabrieb!<br />

297.500 Kfz-Wege werden<br />

laut einer Verkehrserhebung<br />

des Landes OÖ (2016)<br />

an einem Werkstag von PendlerInnen<br />

nach oder von Linz<br />

zurückgelegt. Nimmt man –<br />

sehr vorsichtig geschätzt – eine<br />

durchschnittliche Länge der<br />

Wege von 15 Kilometer an, so<br />

multipliziert sich das zu täglich<br />

4.465.500 Kilometern (ohne<br />

Linzer Binnenwege!). Laut einer<br />

Studie der Boku Wien verliert<br />

ein 8 kg schwerer Reifen im<br />

Durchschnitt auf 60.000 Kilometer<br />

ein Fünftel seiner Masse<br />

durch Reifenabrieb. Das ergibt<br />

bei der täglichen Fahrleistung<br />

von 4,465 Millionen Kilometern<br />

täglich 119 Kilogramm je<br />

Reifen. Bei vier Reifen je Auto:<br />

476 kg. Multipliziert man das<br />

mit 250 Werktagen (also lässt<br />

nochmals großzügig den Wochenend-<br />

und Feiertagsverkehr<br />

unberücksichtigt), dann erhält<br />

man die Summe von über 119<br />

Tonnen Mikroplastik. Doch<br />

auch das ist erst die halbe<br />

Wahrheit, denn der LKW-Verkehr<br />

verursacht ein Vielfaches<br />

an Reifenabrieb im Vergleich zu<br />

PKWs. Die Boku-Studie kommt<br />

zum Ergebnis, dass 57% des<br />

Reifenabriebs von LKWs stammen,<br />

41% von PKWs. Würde<br />

man also den Schwerverkehr,<br />

den Wochenend- und Feiertagsverkehr<br />

und den Linzer<br />

Binnenverkehr miteinbeziehen,<br />

so kommt man wohl auf einige<br />

hundert Tonnen giftigem<br />

Mikroplastik, das der Autoverkehr<br />

in Linz und den Umlandgemeinden<br />

auf die Menschen<br />

jährlich niederrieseln bzw. in<br />

Böden und Wasser einsickern<br />

lässt. Also unserer Gesundheit<br />

zuliebe: Verkehrswende statt<br />

neuer Autobahnen!<br />

Durch Reifenabrieb werden allein in Deutschland jährlich<br />

150.000 Tonnen Feinstaub produziert. Das entspricht dem Ladegut<br />

von 3571 Sattelschlepper mit aneinandergereiht einer<br />

Länge von fast 54 Kilometern.<br />

in ihrem Umwelt-, Sicherheitsund<br />

Energietechnikinstitut<br />

(UMSICHT) eine Berechnung<br />

angestellt. Das Ergebnis: Durch<br />

Reifenabrieb werden allein in<br />

Deutschland jährlich 150.000<br />

Tonnen Feinstaub produziert.<br />

Das entspricht dem Ladegut<br />

von 3571 Sattelschleppern mit<br />

aneinandergereiht einer Länge<br />

von fast 54 Kilometern.<br />

Elektro-Autos verursachen<br />

besonders viel Mikroplastik.<br />

Die von Politik und Industrie<br />

propagierten E-Autos weisen<br />

dabei eine besonders triste<br />

Umweltbilanz auf: Britische Experten<br />

der Emission Analytics<br />

haben die nicht Abgas-Schadstoffe<br />

in einem praxisorientierten<br />

Langstreckentest auf der<br />

Straße analysiert. An einem<br />

Mercedes der C-Klasse wurden<br />

Continental Reifen „Contisport<br />

6“ über 30.000 Kilometer gefahren.<br />

(1) Die damit produzierte<br />

Feinstaubmenge betrug 76<br />

Milligramm pro gefahrenen Kilometer.<br />

Damit lag die Emission<br />

der Reifen um das 15 fache<br />

über den Abgasen des Dieselmotors,<br />

mit 5 Milligramm pro<br />

Kilometer. Da Elektroautos aufgrund<br />

der schweren Batterien<br />

mehrere hunderte Kilo zusätzlich<br />

wiegen, verursachen sie<br />

entsprechend mehr Mikroplastik.<br />

Wenn dasselbe Fahrzeug,<br />

der oben beschriebene Mercedes<br />

C, mit einer Zuladung von<br />

570 Kilogramm (und das ist bei<br />

E-Autos keineswegs das maximale<br />

Gewicht der Batterie)<br />

unterwegs ist, dann steigt dazu<br />

die gemessene Feinstaubmenge<br />

auf 195 Milligramm pro gefahrenen<br />

Kilometer. Also fast<br />

das Dreifache eines fossil betriebenen<br />

durchschnittlichen<br />

Fahrzeuges.<br />

Das zeigt einmal mehr: Nicht<br />

das Ersetzen von fossil betriebenen<br />

Autos durch Elektroautos<br />

ist die Lösung, sondern<br />

vielmehr die massive Reduzierung<br />

des automobilen Verkehrs<br />

– durch – wo es geht Vermeiden<br />

und Verkürzung der Transportwege<br />

bzw. Verlagerung auf<br />

umweltfreundliche Formen der<br />

Mobilität.<br />

Rudolf Schober<br />

Hier die Petition unterstützen:<br />

>>Stopp Straßenbau!


15 Best Practice Verkehr: Barcelona<br />

Barcelonas Antwort auf die autozentrierte Stadt<br />

Lebensqualität durch Superblocks & Öffis<br />

Politik weg von auto- hin zu menschengerechter Mobilität macht es möglich: Nachbarn sitzen gemütlich plaudernd<br />

auf einer Parkbank und Kinder spielen dort, wo früher Durchzugsverkehr lärmte und die Luft verpestete. Bis spät<br />

in die Nacht gelangen Fahrgäste mit Öffis an ihr Ziel. Doch wie hat Barcelona das geschafft?<br />

Viele Jahre kennzeichneten<br />

Barcelona seine Sehenswürdigkeiten,<br />

aber auch<br />

Staus, Lärm, Abgase, wenig<br />

Grünflächen, viel Beton und<br />

Hitzeinseln (bis +8 Grad Celsius<br />

als im Umland). Aus der Not<br />

heraus brach bereits ab 1993<br />

die Stadtverwaltung mit dem<br />

Paradigma der autogerechten<br />

Stadt und entwickelte ein<br />

Konzept für nachhaltige Mobilität.<br />

Verkehrsberuhigung statt<br />

weitere Autobahnen zu bauen,<br />

wird als effektive Möglichkeit<br />

gesehen, die Verkehrsbelastung<br />

zu reduzieren, der Luftverschmutzung<br />

entgegenzuwirken<br />

und damit die Lebensqualität<br />

für die Bevölkerung zu erhöhen.<br />

Ein sehr gutes Öffisystem,<br />

mit dem man mittlerweile die<br />

entlegensten Ecken der Stadt<br />

bis spät in die Nacht erreicht,<br />

unterstützt dieses Ziel, ebenso<br />

wie die Neuverteilung der<br />

öffentlichen Flächen in Begegnungsorte<br />

für die EinwohnerInnen<br />

in „Superblocks“.<br />

Ausgangsmodell<br />

Was sind Superblocks?<br />

Für Superblocks (auf Katalanisch<br />

„Superilles“) werden bis zu<br />

neun Häuserblocks zusammengefasst.<br />

Sie teilen den vorhanden<br />

Raum zwischen Autos, Radfahrenden<br />

und Fußgehenden neu auf.<br />

Es entsteht damit ein Areal von<br />

ca. 400x400m, das für den Durchzugsverkehr<br />

gesperrt ist. Autoverkehr<br />

ist in Einbahnstraßen – für<br />

Verkehrsberuhigte Zone des Superblocks (grün): Einfahrt nur für<br />

Bewohner und Lieferdienste. Durchzugsverkehr fährt außen herum.<br />

„Eine Studie prognostiziert für Barcelona: Aufgrund der Abkehr von der Auotzentrierung wird die Lebenserwartung<br />

der BewohnerInnen um fast 200 Tage steigen, rund 300 frühzeitige Todesfälle pro Jahr können verhindern werden.“<br />

Superblockmodell<br />

Anwohner, Müllabfuhr und Lieferdienste<br />

- nur mit 10 bis 20 km/h<br />

erlaubt. Zu Fußgehende und<br />

Radfahrende haben in den Superblocks<br />

Priorität, der Autoverkehr<br />

ist nur Gast. Durchzugsverkehr<br />

fließt um diese Blöcke herum.<br />

Innerhalb dieser Superblocks<br />

haben Fußgehende und Radfahrende<br />

Vorrang. Bei zweispurigen<br />

Straßen wird den Autos eine<br />

Spur weggenommen und sie<br />

werden zu erweiterten Wohnzimmern,<br />

wo Kinderlachen beim<br />

Spielen statt Autolärm ans Ohr<br />

dringt. Das triste Grau der Straße<br />

wird durch bepflanzte Hochbeete,<br />

Blumenkübel und Bäumen<br />

ersetzt. Man atmet frische<br />

Luft statt Abgase ein, begegnet<br />

entspannten Menschen, die auf<br />

frisch errichteten Parkbänken<br />

Kaffee trinken und miteinander<br />

ins Gespräch kommen.<br />

Der erste Superblock entstand<br />

2017 im Stadtviertel Poble Nou -<br />

anfangs noch gegen Widerstände<br />

von Geschäftsleuten und Autofahrenden,<br />

doch mit großem<br />

Zuspruch der AnwohnerInnen.<br />

In den bis bisher gestalteten<br />

Superblocks, die im gesamten<br />

Stadtgebiet entstanden sind, ist<br />

das befürchtete Geschäftssterben<br />

ausgeblieben. Im Gegenteil:<br />

Die Anzahl der lokalen Läden<br />

stieg sogar um 30 Prozent.<br />

Bei der Umsetzung der Superblocks<br />

ist es wichtig, dass<br />

diese auch von wohnungspolitischen<br />

Maßnahmen begleitet<br />

wird, damit nicht innerhalb des<br />

verkehrsberuhigten, nun aufgewerteten,<br />

Bereichs die Mieten<br />

steigen und die BewohnerInnen<br />

in die umliegenden Bezirke verdrängt<br />

werden. Barcelona plant<br />

u.a deshalb die Ausweitung des<br />

Konzepts, damit jede/r unabhängig<br />

vom Geldbeutel gesünder<br />

leben kann.<br />

Insgesamt sollen 503 (!) Superblocks<br />

in Barcelona entstehen,<br />

60 Prozent der bisher von Autos<br />

genutzten Straßen würden dadurch<br />

für andere Nutzungen frei<br />

werden. Eine aktuelle Studie des<br />

Gesundheitsinstituts BCNecologia<br />

Barcelona zeigt, schreibt der<br />

britische „Guardian“, welche positiven<br />

Auswirkungen die Umsetzung<br />

hätte: Die Lebenserwartung<br />

der hier lebenden Menschen<br />

würde um fast 200 Tage steigen.<br />

Die Verminderung der Abgase<br />

würde zu weniger Lärm und Hitzeinseln<br />

führen - und könnte rund<br />

300 frühzeitige Todesfälle pro<br />

Jahr verhindern. Laut der Studie<br />

könnte die private Autonutzung<br />

von 1,19 Millionen Fahrten pro<br />

Woche auf 230.000 fallen.<br />

Das Konzept der Superblocks<br />

haben sich Städte, wie New York,<br />

London, Paris, Berlin abgeschaut<br />

und auch in Wien wird überlegt.<br />

Super „Öffis“<br />

Aber nicht nur Superblocks<br />

helfen, die Lebensqualität in der<br />

Großstadt zu heben und die Belastung<br />

durch PKW-Verkehr zu<br />

senken. Barcelona hat ein sehr<br />

gutes, modernes flächendeckendes<br />

Personennahverkehrssystem<br />

(ÖPNV). EinwohnerInnen und<br />

BesucherInnen kommen schnell<br />

und ohne Stau zu jedem beliebigen<br />

Ort innerhalb der Stadt.<br />

Busse, Straßenbahnen und die<br />

sehr gut funktionierenden Metrolinien<br />

fahren alle in einem sehr<br />

engen Takt und bis spät in die<br />

Nacht in die entlegensten Ecken<br />

Barcelonas.<br />

Um weitere Anreize zu schaffen<br />

auf den ÖPNV umzusteigen,<br />

probiert Barcelona sich nun an<br />

einem neuen Ansatz. Konkret<br />

legt der Verkehrsbetreiber Transports<br />

Metropolitans de Barcelona<br />

folgendes Programm auf:<br />

Wer ein altes Fahrzeug mit Verbrennungsmotor<br />

abgibt, erhält<br />

im Gegenzug eine Karte, mit der<br />

man die örtlichen ÖPNV-Angebote<br />

kostenlos nutzen darf – und<br />

zwar für drei Jahre.<br />

Superblocks, super „ÖPNV“:<br />

Barcelona ist ein weiteres Vorbild<br />

für Linz wie Stadtentwicklung<br />

anders geht – weg vom autozentrierten<br />

Denken - für mehr<br />

Lebensqualität.<br />

Eveline Steinbacher<br />

https://local-social-innovation.eu/mobility-in-superblocks/


Haid/B139<br />

16<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

B139 Neu mit Autobahnanschluss<br />

Wer durch Österreich fährt,<br />

bemerkt, dass die Versiegelung<br />

rasch voranschreitet und<br />

überbreite Straßen, Siedlungen,<br />

Shopping-Center und Industriehallen<br />

wie unheilvolle Krebsgeschwüre<br />

das Land überziehen.<br />

Auch die Gemeinden Ansfelden<br />

und Pucking sind ein Entwicklungsgebiet<br />

für eine Umfahrungsstraße,<br />

die Betriebsansiedelungen<br />

in großem Stil ermöglichen soll.<br />

Der Bau einer neuen vier- bis<br />

sechsspurigen autobahnähnlichen<br />

B139 mit einer Kapazität von<br />

68.000 Kfz pro Tag und die Verlegung<br />

des Autobahnanschlusses<br />

aus dem Ortszentrum von<br />

Haid scheinen bald Wirklichkeit<br />

zu werden. Die Notwendigkeit<br />

einer mehrstreifigen Ausführung<br />

wird mit dem starken Verkehrszuwachs<br />

in den nächsten Jahren<br />

im Bezirk Linz-Land begründet.<br />

ASFINAG und Land OÖ verkünden<br />

den Baubeginn im Jahr 2023<br />

und die Fertigstellung 2025. Allerdings<br />

wurde in der Vergangenheit<br />

schon oft ein sicherer Baustart<br />

prophezeit, aus dem dann<br />

doch wieder nichts geworden ist.<br />

Mangelhafte UVP-Unterlagen<br />

Auch jetzt gibt es einige<br />

Schwachstellen des Straßenprojekts,<br />

das zu Verzögerungen oder<br />

sogar zu Planänderungen führen<br />

könnte. Kurz nach der Landtagswahl<br />

und den Gemeinderatswahlen,<br />

die den Verkehrslandesrat<br />

Steinkellner in seinem Amt<br />

ließen und in Pucking und Ansfelden<br />

einen FPÖ-Bürgermeister<br />

brachten, wurden die UVP-Unterlagen<br />

öffentlich aufgelegt.<br />

Bis einschließlich 10. Dezember<br />

<strong>2021</strong> kann jeder/jede Einsicht<br />

nehmen sowie Stellungnahmen<br />

direkt beim Amt der Oö. Landesregierung<br />

einbringen. Dieser<br />

politische Druck auf die UVP-Behörde<br />

könnte aber nach hinten<br />

losgehen, denn die UVP-Unterlagen<br />

sind mangelhaft und unvollständig.<br />

Enormer Bodenverbrauch<br />

Das überdimensionale Straßenprojekt<br />

fungiert nicht nur als<br />

Umfahrungsstraße von Haid und<br />

neben der A7 als zweiter Autobahnanschluss<br />

von Linz, sondern<br />

auch als Aufschließungsstraße<br />

Neue vier- bis sechsspurige B139 mit Autobahnanschluss<br />

VLSA-Ampeln bei sechs Knotenpunkten und ein Kleeblatt<br />

für neues Betriebsbaugebiet im<br />

Ausmaß von 28,9 ha, das die<br />

Umgebung mit zusätzlich 5.200<br />

Kfz-Fahrten pro Tag belasten<br />

soll. Das Straßenprojekt beansprucht<br />

in der Bauphase 60,6 ha<br />

vor allem landwirtschaftlich genutzte<br />

Flächen. Im Betrieb sind<br />

es immer noch 35,1 ha, davon<br />

werden 14,4 ha versiegelt. Die<br />

Schlägerung und Umwidmung<br />

von mehr als 4 ha Wasserwald<br />

wird in den UVP-Unterlagen<br />

nicht erwähnt. Viele Menschen<br />

lassen sich von den schönfärberischen<br />

Versprechen einer Entlastungsstraße<br />

und einer wirtschaftlich<br />

tollen Zukunft nicht<br />

beeindrucken und wollen diese<br />

Beeinträchtigungen ihrer Umwelt<br />

durch immer mehr Bodenfraß<br />

nicht einfach hinnehmen.<br />

Einwendungen durch<br />

Bürgerinitiative<br />

Mehr als 200 Personen haben >><br />

Analysejahr 2017: Netzbelastungsplan für den durchschnittlichen<br />

Wochentagverkehr. Motorisierungsrad 627 Kfz/1000 Einwohner<br />

Verkehrsprognose für 2035: Netzbelastungsplan für den durchschnittlichen<br />

Wochentagverkehr. Annahme: Motorisierungsrad 730 Kfz/1000 Einwohner


17 Renaturierung Krems<br />

Die Krems in Ansfelden – ein<br />

Naturjuwel mit Potential<br />

In Ansfelden gibt es viele polarisierende Themen,<br />

angefangen vom Verkehr und dem überschießenden<br />

Bauboom bis zur Migrations- und Flüchtlingsproblematik.<br />

Ein von allen gewürdigtes Thema ist die Aufwertung<br />

der Krems als Natur- und Erholungsraum.<br />

1950 wurden weiträumige<br />

Gebiete der Krems reguliert,<br />

um für Landwirtschaft und Besiedelung<br />

Flächen zu gewinnen. Ein<br />

gigantisches Hochwasser überflutete<br />

im August 2002 große<br />

Teile des Gemeindegebietes von<br />

Ansfelden. Sogar die Autobahn<br />

musste gesperrt werden. In der<br />

Folge wurden in Oberaudorf und<br />

im Bereich der Nettingsdorfer<br />

Papierfabrik Umgestaltungen der<br />

Flusslandschaft durchgeführt, die<br />

den ökologischen Zustand und<br />

den Hochwasserschutz verbesserten.<br />

Etliche Teilabschnitte der<br />

Krems sind aber noch in einem<br />

naturfernen Regulierungszustand<br />

ohne Ufergehölze. Es gibt viel Potential<br />

zur ökologischen Aufwertung<br />

und Nutzung für die Naherholung.<br />

Intakte Flussökosysteme<br />

spielen auch eine beutende Rolle<br />

bei steigenden Temperaturen.<br />

Eine Gruppe von Ansfeldner*innen<br />

hat sich zum Ziel gesetzt, die<br />

Krems durch verschiedene Maßnahmen<br />

als Natur- und Naherholungsraum<br />

aufzuwerten. Den<br />

Ansfeldner Grünen ist die Krems<br />

schon seit sie 1997 in den Gemeinderat<br />

eingezogen sind ein<br />

besonderes Herzensanliegen. Der<br />

grüne Gemeinderat Fredl Pointner<br />

kontaktierte den Landschaftsökologen<br />

Franz Schanda sowie<br />

örtliche Vertreter der Jagd, der<br />

Landwirtschaft, der Fischerei und<br />

der Naturfreunde, um diese in<br />

das Projekt der Kremsaufwertung<br />

einzubeziehen. Bei allen herrscht<br />

eine positive Grundstimmung.<br />

Es gab den Vorschlag der Anlage<br />

eines Fischlehrpfades entlang<br />

der Krems, da 35 verschiedene<br />

Fischarten im Fluss zu finden sind,<br />

was in Österreich schon sehr selten<br />

ist. Die gesamte lokale Politik<br />

bejaht eine Renaturierung der<br />

Krems, da diese vom Bund gefördert<br />

wird und die Gemeinde nur<br />

10 % der Kosten tragen muss.<br />

Ab Februar dieses Jahres<br />

machten wir einige Spaziergänge<br />

entlang der Krems, um zu<br />

erkunden, wo Bänke aufgestellt<br />

Viele helfende Hände bei der Pflanzaktion am 13. November<br />

werden können, wo Platz für<br />

eine Aussichtsplattform zur Vogelbeobachtung<br />

ist, wo gebadet<br />

werden kann und wo es nötig<br />

ist, Bäume und Sträucher zu<br />

pflanzen. Im Sommer wurden<br />

Flusswanderungen mit Paddelbooten<br />

durchgeführt, die ein<br />

außergewöhnliches Erlebnis für<br />

alle Teilnehmer*innen waren.<br />

Viele helfende Hände<br />

Bemerkenswert war auch die<br />

Pflanzaktion am Samstag, den<br />

13. November. Bei schönem<br />

grauen Herbstwetter trafen sich<br />

rund 30 Personen zum Ansetzen<br />

von 130 Bäumen und Sträuchern<br />

am Ufer der Krems in<br />

Audorf. Flatterulmen, Schwarzpappeln,<br />

Traubenkirschen, Silberweiden,<br />

ein Walnussbaum,<br />

Haselnuss-, Holunder-, Weißdorn-<br />

und Schlehdornsträucher<br />

sollen einen Gehölzsaum bilden,<br />

der das Gewässer in heißen Sommermonaten<br />

beschattet. Fredl<br />

Pointer hatte sie bei einem Forstlandwirt<br />

aus Alkoven gekauft, der<br />

als einziger Betrieb in Österreich<br />

die in der Natur schon sehr selten<br />

vorkommende Schwarzpappel<br />

vermehrt. Für die Pflanzaktion<br />

wurde das Einverständnis der<br />

Naturschutzbehörde, des Gewässerbezirks<br />

Linz-Land und<br />

des angrenzenden Landwirtschaftsbetriebes<br />

eingeholt. Das<br />

war auch wichtig, denn wir bekamen<br />

Besuch von zwei Polizisten,<br />

die jemand hergeschickt hatte,<br />

der das offene Feuer gesehen<br />

hatte. Es war beeindruckend, wie<br />

gut die Arbeit vonstattenging,<br />

obwohl es keinen Chef gab, der<br />

sagte, was zu tun sei. Kinder und<br />

Erwachsene arbeiteten gemeinsam.<br />

Jeder machte das, was gerade<br />

nötig war. Viele helfende<br />

Hände ermöglichten es, dass in<br />

relativ kurzer Zeit alle Pflanzen<br />

angesetzt waren. Als Belohnung<br />

gab es selbstgemachte Kuchen,<br />

alkoholfreien Punsch und Bier.<br />

Anni Jank<br />

>><br />

sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen,<br />

die Einwendungen<br />

beim UVP-Verfahren<br />

einbringen wird. Daneben<br />

wird es noch etliche persönliche<br />

Einsprüche von Personen geben,<br />

die in unmittelbarer Nähe<br />

der geplanten Straße wohnen.<br />

• Ein wichtiger Punkt ist das<br />

Fehlen eines örtlichen Verkehrskonzeptes<br />

von Ansfelden<br />

in den UVP-Unterlagen:<br />

Eine Diagonalsperre bei der<br />

Kreuzung der bestehenden<br />

B139 mit der Traunufer Landesstraße<br />

soll die Kraftfahrzeuge<br />

auf die Umfahrung<br />

leiten. Das bewirkt eine<br />

teilweise starke Verkehrszunahme<br />

im innerörtlichen<br />

Straßennetz, durch die Lärmgrenzwerte<br />

überschritten<br />

werden. Ein Verkehrskonzept<br />

für die Gemeinde Ansfelden<br />

wurde aber erst im Juli <strong>2021</strong><br />

in Auftrag gegeben und Ergebnisse<br />

werden frühestens<br />

Mitte 2022 vorliegen.<br />

• Haid ist wegen des starken<br />

Verkehrsaufkommens auf der<br />

A1 ein Luftsanierungsgebiet<br />

mit grenzwertigen Belastungen<br />

durch Stickoxide und Feinstaub,<br />

in dem besonders strenge<br />

Richtlinien für UVP gelten.<br />

• Die projektierten Lärmschutzbauten<br />

entlang der neuen<br />

B139, die mit einer Brücke<br />

über die A1 führt, bieten<br />

in vielen Bereichen keinen<br />

ausreichenden Schutz vor<br />

gesundheitsgefährdendem<br />

Lärm. Der beliebte Naherholungsbereich<br />

Traunau wird<br />

durch eine hohe Lärmbelastung<br />

stark beeinträchtigt.<br />

• Der Flächenwidmungsplan<br />

und das örtliche Entwicklungskonzept<br />

sind veraltet<br />

und enthalten nicht die mit<br />

dem Straßenbau in Zusammenhang<br />

stehenden Umwidmungen.<br />

• Der Verkehr auf der Kremstalstrecke<br />

steigt bis 2035 durch<br />

die neue B139 um ca. 62<br />

% von derzeit 27.000 Kfz<br />

auf 43.700 Kfz täglich. Das<br />

ist ein Widerspruch zu den<br />

Mobilitäts- und Klimaplänen<br />

von Bund und Land OÖ, die<br />

eine wesentliche Reduktion<br />

des KFZ-Verkehrs in diesem<br />

Zeitraum vorsehen.<br />

Diese autobahnähnliche vierbis<br />

sechsspurige B139 ist NICHT<br />

umwelt- und klimaverträglich. Für<br />

die Verlegung der Autobahnabfahrt<br />

aus dem Ortszentrum von<br />

Haid ist eine zweispurige Umfahrung,<br />

die keine zusätzlichen Verkehrsanreize<br />

schafft, ausreichend.<br />

Mit einer Straßenbahn und einer<br />

verbesserten Pyhrnbahnstrecke<br />

wäre eine zukunftsorientierte und<br />

klimaverträgliche Verkehrslösung<br />

in dem Bereich gegeben.<br />

Mehr dazu:<br />

Anni Jank<br />

VIDEO Land OÖ<br />

Werkstatt-Radio: Wer profitiert<br />

von der praktizierten Raum(un)ordnung?<br />

Am Beispiel Haid-Ansfelden.<br />

Zur Sendung<br />

Kontakt:<br />

BuergerinitiativeB139@gmx.at<br />

Bürgerinitiative Erhalt und Schutz<br />

des Wasserwaldes in Haid


Umwelt<br />

18<br />

Die unendliche Geschichte<br />

Mensch - Umwelt - Macht - Geld<br />

Wälder, in denen Äste<br />

und tote Stämme herumliegen<br />

oder Bäume nicht gefällt<br />

werden, sind unersetzbarer<br />

Lebensraum für eine Vielzahl<br />

von Pflanzen, Pilzen und Tieren.<br />

Soweit zur Theorie. Alle gelernten<br />

Experten sind sich darüber<br />

einig. Die Praxis allerdings sieht<br />

anders aus: Da ist ein altes, kleines<br />

Wäldchen in Haid leider<br />

nichts mehr wert, weil es ca. 70<br />

Jahre lang an einem Platz gewachsen<br />

ist, der ein Brunnenschutzgebiet<br />

war. Jetzt steht er<br />

aber plötzlich NEBEN<br />

der neuen Trasse der<br />

B 139 NEU und ist ein<br />

lukratives Geschäft für<br />

geschickte Immobilienentwickler,<br />

da Wohnund<br />

Betriebsbau den<br />

Wert vergolden würden!<br />

Und genau da ist der<br />

springende Punkt: Verschleppte<br />

Bauprojekte,<br />

die nicht mehr dem<br />

Zeitgeist entsprechen,<br />

gehören gestoppt und<br />

der Wert des alten GRÜN gehört<br />

sichtbar gemacht!<br />

Reiherkolonien brüten drin,<br />

Rehe, Specht und Hirschkäfer<br />

können sich einfach entfalten<br />

und haben da drinnen ihre<br />

RUHE. Jahrzehntelang wurde<br />

dieses Kleinod in Ruhe gelassen,<br />

es war eingezäunt und<br />

konnte sich so schön entwickeln,<br />

wie es jetzt ist.<br />

Geld regiert aber immer<br />

noch die Welt und „gebildete“<br />

Leute sagen, wie sich das Örtliche<br />

Entwicklungskonzept zu<br />

entwickeln hat. Natürlich schieben<br />

im Hintergrund die großen<br />

„Spieler“ ihre kleinen Marionetten<br />

übers Spielfeld!<br />

Also das übliche BLABLA und<br />

"Wir machen und wir tun-Qua,<br />

Qua, Qua"! Es gab einmal eine<br />

erfolgreiche, politische Aktion,<br />

da ketteten sich Menschen an<br />

Bäume...<br />

Hoffentlich kommt bald eine<br />

Zeit, in der viele Menschen erwachen<br />

und diese kleinen Grünzonen<br />

– es gibt es ja sehr viele<br />

davon in Österreich – wieder zu<br />

schützen beginnen. Leider sind<br />

die Leute so mit Corona, Arbeit<br />

und dem täglichen Hamsterrad<br />

beschäftigt, dass die Projektentwickler,<br />

Umwidmer und Zubetonierer<br />

leichtes Spiel haben.<br />

Aber ich glaube auch, dass<br />

die Immobilienentwickler, Zubetonierer<br />

und Umwidmer<br />

auch Kinder oder Enkel haben<br />

und dran denken, dass Geld<br />

doch nicht alles ist!<br />

Macht und Größe zeigt man<br />

auch, wenn man etwas so belässt<br />

wie es ist und auf etwas<br />

verzichtet, damit etwas so bleiben<br />

kann, wie es ist!<br />

Martina Putschögl-Podina<br />

PS: Auf der Facebook-Seite<br />

zum Erhalt und Schutz des Wasserwaldes<br />

Haid ist ein Drohnenvideo,<br />

das diesen kleinen<br />

Wald in seiner vollen Schönheit<br />

von oben zeigt!<br />

Gute Nachricht aus Steyr<br />

Der Steyrer Stadtsenat hat sich zum Ausstieg aus der fossilen<br />

Verbrennungswärme im Rathaus entschlossen. Stattdessen<br />

sollen das Rathaus und umliegende Gebäude in Zukunft mit<br />

Hackschnitzel-Fernwärme versorgt werden. Anteil an dieser Entscheidung<br />

haben engagierte Steyrer BürgerInnen, insbesondere<br />

der Landwirt Jürgen Hutsteiner (Klimafokus Steyr), der mit seiner<br />

bekannten Beharrlichkeit dafür den Anstoß gab.<br />

Weitere Informationen: https://dahuatbrennt.at/<br />

Gute Nachricht aus der Rosenau<br />

Wir haben bereits in vergangenen Ausgaben von <strong>SOLiNZ</strong><br />

über den Widerstand von engagierten BürgerInnen in der<br />

Innerrosenau (Bezirk Kirchdorf, Traunviertel) gegen den Bau einer<br />

geplanten Deponier- und Recyclinganlage für Baureststoffe mitten<br />

in Naturgebiet berichtet. Das geplante Projekt würde in dieser<br />

wunderbaren Naturlandschaft zu einer massiven Belastung durch<br />

LKW-Verkehr, Lärm und Staub für Anrainer und Besucher führen.<br />

Dieser Widerstand beginnt Früchte zu zeigen. Der Verlust der absoluten<br />

Mehrheit und ein Erfolg der neu gegründeten Bürgerliste,<br />

die sich gegen diese Anlage positioniert hat, dürfte zum Umdenken<br />

bei Bürgermeisterin Maria Benedetter (SPÖ) geführt haben,<br />

die sich nun auch ablehnend zu diesem Projekt äußert. Die BetreiberInnen<br />

der Petition „Die Naturlandschaft Innerrosenau muss<br />

erhalten bleiben!“ freuen sich über diesen ersten Erfolg: „Wir hoffen,<br />

dass es sich dabei nicht nur um Sirenengesänge handelt, um<br />

die Bürgerliste gewogen zu stimmen, kann sie ja im Gemeinderat<br />

das Zünglein an der Waage sein. Wir freuen uns jedenfalls über<br />

diesen Schwenk und die Stärkung unserer Position.“<br />

Wer diese Position weiter stärken will, ist aufgerufen, die<br />

Petition zu unterstützen und weiterzuverbreiten.


19 Arbeit<br />

ÖGJ/AK-Lehrlingsmonitor<br />

Nur zwei von drei Lehrlingen mit Ausbildung<br />

zufrieden<br />

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend<br />

(ÖGJ)<br />

präsentiert den mittlerweile 4.<br />

Österreichischen Lehrlingsmonitor<br />

von ÖGJ und AK, für den<br />

über 6.000 Jugendliche in ganz<br />

Österreich befragt wurden. Nur<br />

zwei von drei Lehrlingen sind mit<br />

ihrer Ausbildung zufrieden. „Anstreichen<br />

von Küchenmöbeln<br />

des Chefs, Gassi gehen oder<br />

private Autos putzen sind keine<br />

Dinge, die zur Ausbildung egal<br />

welchen Berufes gehören sollten.<br />

Und sie sind auch nicht die<br />

beste Werbung für eine Lehrausbildung",<br />

ist ÖGJ-Vorsitzender<br />

Richard Tiefenbacher entsetzt<br />

über diese Ergebnisse.“ Fast jeder<br />

fünfte Befragten gibt an, solche<br />

und ähnliche ausbildungsfremde<br />

Tätigkeiten verrichten<br />

zu müssen. „Da meinen einige<br />

Ausbildungsbetriebe wohl, ihre<br />

Lehrlinge als billige Hilfsarbeiter<br />

ausnutzen zu können“, so der<br />

Gewerkschafter. Dazu kommt,<br />

Thema: Behinderteneinstellung<br />

Alle<br />

Arbeitgeber:innen, Ausgleichstaxe für jeden zu<br />

die im Bundesgebiet insgesamt<br />

beschäftigendem begünstigtem<br />

25 oder mehr Arbeit-<br />

nehmer beschäftigen, sind verpflichtet,<br />

auf je 25 Arbeitnehmer<br />

mindestens einen begünstigten<br />

Behinderten einzustellen.<br />

behindertem Arbeitnehnehmer<br />

mer monatlich € 381,- (<strong>2021</strong>).<br />

• Für Arbeitgeber:innen, die<br />

400 oder mehr Arbeitnehmer:innen<br />

beschäftigen und<br />

Die Arbeitgeber:innen können die Beschäftigungspflicht<br />

diese Einstellpflicht auch erfüllen,<br />

indem sie begünstigte behinderte<br />

Arbeitnehmer in Teilzeit<br />

nicht erfüllen, beträgt die<br />

Ausgleichstaxe für jeden zu<br />

beschäftigenden begünstigt<br />

beschäftigen.<br />

behinderten Arbeitnehmer<br />

Dies gilt auch dann, wenn eine<br />

Beschäftigung unter der sozialversicherungsrechtlichen<br />

Geringfügigkeitsgrenze<br />

von € 475,86<br />

monatlich (<strong>2021</strong>) vereinbart ist.<br />

Erfüllt der Arbeitgeber die<br />

monatlich € 404,- (<strong>2021</strong>).<br />

Begünstigt Behinderte sind<br />

Personen, welche österreichische<br />

Staatsbürger:innen, von<br />

mind. einem Grad der Behinderung<br />

von mindestens 50 %.<br />

gesetzlich vorgesehene Beschäftigungspflicht<br />

nicht, hat er für<br />

jeden begünstigten Behinderten,<br />

der zu beschäftigen wäre, eine<br />

Ausgleichstaxe in Höhe von € 271,-<br />

Dem gleichgestellt sind :<br />

• Unionsbürger:innen von Vertragsparteien<br />

des Abkommens<br />

über den Europäischen Wirtschaftsraum,<br />

monatlich (<strong>2021</strong>) zu entrichten.<br />

Schweizer Bür-<br />

• Für Arbeitgeber:innen, die<br />

100 oder mehr Arbeitnehmer:innen<br />

beschäftigen und<br />

ger:innen und deren Familienangehörige,<br />

• Flüchtlinge, denen Asyl gewährt<br />

die Beschäftigungspflicht<br />

worden ist, solange sie<br />

nicht erfüllen, beträgt die zum dauernden Aufenthalt im<br />

Bundesgebiet berechtigt sind,<br />

• Drittstaatsangehörige, die<br />

berechtigt sind, sich in Österreich<br />

aufzuhalten und einer<br />

Beschäftigung nachzugehen,<br />

soweit diese Drittstaatsangehörigen<br />

hinsichtlich der Bedingungen<br />

einer Entlassung<br />

nach dem Recht der Europäischen<br />

Union österreichischen<br />

Staatsbürger:innen gleichzustellen<br />

sind.<br />

Wie wird man „begünstigt<br />

Behindert“ ?<br />

Den Antrag stellt man beim<br />

Sozialministeriumservice.<br />

Die Feststellung des Grades<br />

der Behinderung erfolgt durch<br />

ärztliche Sachverständige der<br />

Behörde.<br />

Das Sozialministeriumservice<br />

entscheidet mit Bescheid über<br />

die Zugehörigkeit zum Kreis der<br />

begünstigten Behinderten.<br />

Mehr dazu hier Online<br />

Was „bringt“ die Zugehörigkeit ?<br />

• Erhöhten Kündigungsschutz<br />

dass ein Drittel Überstunden machen<br />

muss – zum Teil unfreiwillig,<br />

und nur 73 Prozent bekommen<br />

diese abgegolten.<br />

Im Interesse der Jugendlichen<br />

und damit auch der Wirtschaft<br />

haben Gewerkschaftsbund, Gewerkschaftsjugend<br />

und Arbeiterkammer<br />

ein Programm für<br />

Ausbildungsqualität erstellt. Am<br />

wichtigsten sind dabei Kompetenzchecks<br />

zur Mitte der Ausbildung<br />

mit Feedback an Lehrlinge<br />

und Lehrbetriebe, die Einrichtung<br />

von Kompetenzzentren<br />

in Ergänzung der Ausbildungsverbünde<br />

und eine Reform der<br />

AusbilderInnenausbildung mit<br />

speziellem Fokus auf die pädagogische<br />

und fachliche Qualität.<br />

Außerdem muss die schon lange<br />

geforderte Fachkräftemilliarde<br />

endlich umgesetzt werden. Damit<br />

sollen Betriebe unterstützt<br />

werden, die Lehrlinge ausbilden<br />

- gleichzeitig müssen Betriebe,<br />

die nicht ausbilden, obwohl sie<br />

könnten, Strafzahlungen leisten.<br />

Weitere Informationen: www.<br />

lehrlingsmonitor.at<br />

§<br />

„Alles was Recht ist!“<br />

von Armin Kraml<br />

• Förderungen im beruflichen<br />

Bereich<br />

• Zusatzurlaub, sofern im Kollektivvertrag,<br />

Dienstrecht oder in<br />

Betriebsvereinbarungen vorgesehen<br />

• Lohnsteuerfreibetrag (kann<br />

ab einem Grad der Behinderung<br />

von 25 % beim Finanzamt<br />

beantragt werden)<br />

• Fahrpreisermäßigung – zum<br />

Beispiel: ab einem Grad der<br />

Behinderung von 70 % auf<br />

Bahnlinien der ÖBB<br />

Mehr Infos dazu gibt*s in einem<br />

Interview des ÖGB Kirchdorf.<br />

Quellen:<br />

• https://sozialministeriumservice.at/Menschen_mit_Behinderung/Ausbildung__Beruf_und_Beschaeftigung/Beguenstigte_Behinderte/Beguenstigte_Behinderte.<br />

de.html<br />

• https://www.arbeiterkammer.at/beratung/<br />

arbeitundrecht/arbeitundbehinderung/<br />

Beguenstigte_behinderte_Menschen.html<br />

• https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/Beguenstigte_Behinderte_Arbeitnehmer.html


Arbeitslosengeld rauf<br />

20<br />

Emmerich Tálos über das Volksbegehren „Arbeitslosengeld rauf“<br />

„Davon kann niemand leben“<br />

Der Politikwissenschafter<br />

Univ. Prof. i.R. Dr. Emmerich<br />

Tálos ist Mit-Initiator<br />

des Volksbegehrens<br />

„Arbeitslosengeld<br />

rauf“. Zuletzt sprach er<br />

am 5. Oktober beim Sozial-Stammtisch<br />

des Treffpunkts<br />

mensch&arbeit<br />

über einen menschenwürdigen<br />

Arbeitsmarkt. Hier<br />

ein Auszug aus einem Interview,<br />

das die Linzer<br />

Kirchenzeitung aus diesem<br />

Anlass mit Emmerich Talos<br />

führte.<br />

Herr Tálos, Teile der Politik<br />

und der Bevölkerung finden<br />

offenbar, Österreich zahle<br />

genug Arbeitslosengeld. – Warum<br />

soll es erhöht werden?<br />

Emmerich Tálos: Wir haben<br />

ein sehr gut ausgebautes sozialstaatliches<br />

Sicherungssystem,<br />

das Schutz und Teilhabechancen<br />

für größte Teile der<br />

Bevölkerung gewährleistet.<br />

Weniger gut aufgestellt ist die<br />

Arbeitslosenversicherung. Das<br />

Leistungsniveau bemisst sich<br />

nach der Nettoersatzrate des<br />

Einkommens. Diese liegt jetzt<br />

bei 55 Prozent. Damit sind viele<br />

Menschen in keiner Weise<br />

vor Verarmung geschützt. Eine<br />

Anhebung sichert die Existenzgrundlage<br />

und verbessert die<br />

Teilhabechancen der Betroffenen.<br />

Die Veränderungen, die<br />

seitens Unternehmervertretungen<br />

und Teilen der Regierung<br />

gerade angestrebt werden, gehen<br />

in die falsche Richtung.<br />

Universitätsprofessor<br />

Emmerich Talos, Mitinitiator<br />

des Volksbegehrens<br />

„Arbeitslosengeld rauf!“<br />

beim Sozial-Stammtisch<br />

im Linzer Cardijn-Haus<br />

am 5.10.<strong>2021</strong><br />

Sie sprechen vom degressiven<br />

Arbeitslosengeld?<br />

Tálos: Genau. Seitens der<br />

ÖVP, des Wirtschaftsbundes,<br />

der Wirtschaftskammer, des Arbeitsministers<br />

und mittlerweile<br />

auch des AMS-Vorstands wird<br />

die Umsetzung des sogenannten<br />

degressiven Modells angestrebt.<br />

Das würde bedeuten,<br />

dass die Nettoersatzrate für<br />

kurze Zeit angehoben wird auf<br />

70 Prozent, um in der Folgezeit<br />

immer mehr zu sinken, bis letztlich<br />

auf 40 Prozent. Ein solches<br />

degressives Modell benachteiligt<br />

daher vor allem Langzeitarbeitslose<br />

enorm und treibt<br />

sie in die Armut. Das wäre eine<br />

Entwicklung, die dem Grundgedanken<br />

des österreichischen<br />

Sozialstaates, nämlich der Verbesserung<br />

der Lebens- und Arbeitsbedingungen,<br />

im höchsten<br />

Maße widerspricht.<br />

Ein hohes Arbeitslosengeld<br />

führt dazu, dass Menschen<br />

nicht mehr arbeiten gehen<br />

wollen – dieses Vorurteil<br />

hält sich hartnäckig, obwohl<br />

ein OECD-Vergleich<br />

verschiedener Länder zeigt,<br />

dass hier offenbar kein Zusammenhang<br />

besteht.<br />

Tálos: Dass diese Annahme in<br />

der Bevölkerung verbreitet ist,<br />

ist nicht neu. In den 1980er-Jahren,<br />

als die Arbeitslosigkeit in<br />

Österreich stark gestiegen ist,<br />

gab es massive Angriffe auf<br />

Arbeitslose und die Höhe des<br />

Arbeitslosengeldes. Den Betroffenen<br />

wurde unterstellt, dass<br />

sie freiwillig arbeitslos sind. Als<br />

ob Menschen, die über sonst<br />

nichts verfügen außer ihrer Arbeitskraft,<br />

sich aussuchen könnten,<br />

ob sie jetzt arbeiten wollen<br />

oder nicht. Das ist genauso eine<br />

Fehlinterpretation wie die Annahme,<br />

die Leute hätten durch<br />

ein degressives Arbeitslosengeld<br />

einen höheren Arbeitsanreiz.<br />

Das wäre kein Anreiz, das<br />

ist massiver Druck.<br />

Was ist Ihr Appell<br />

an die Politik?<br />

Tálos: Mehr als 70 Prozent<br />

der Arbeitslosen sind massiv<br />

von Verarmung bedroht.<br />

Deswegen ist die Politik heute<br />

gefordert, den betroffenen<br />

Menschen entsprechende Unterstützung<br />

zu gewährleisten.<br />

Eines der Instrumente ist das<br />

Arbeitslosengeld, das erhöht<br />

werden muss. Was wir auch<br />

im Volksbegehren ansprechen,<br />

sind die Zumutbarkeitsbestimmungen,<br />

die in den letzten 20<br />

Jahren immer restriktiver geworden<br />

sind. Diese müssen wir<br />

zurückfahren.<br />

Trotz aller Kritik, sehen Sie<br />

den Sozialstaat in Österreich<br />

als gut aufgestellt?<br />

Tálos: Der österreichische<br />

Sozialstaat ist ein ganz zentraler<br />

und unverzichtbarer Faktor<br />

für unsere Gesellschaft,<br />

unabhängig davon, ob es bei<br />

einzelnen Bereichen Veränderungen<br />

braucht. Er gewährleistet,<br />

was weder privat oder<br />

karitativ noch allein durch den<br />

Markt geleistet werden könnte.<br />

Trotzdem ist manches kritisch<br />

zu hinterfragen. Ein Volksbegehren<br />

ist eine Möglichkeit, in<br />

unserer Gesellschaft Menschen<br />

zu sensibilisieren für bestimmte<br />

Probleme, für die der gut ausgebaute<br />

Sozialstaat nur zum<br />

Teil Lösungen hat. Nicht zuletzt<br />

auch Druck auf verantwortliche<br />

Politiker/innen zu machen, einen<br />

Beitrag für menschenwürdige<br />

Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

zu leisten. Und das<br />

ist es, was ich mir von unserem<br />

Volksbegehren erwarte.<br />

Das Gespräch führte Lisa-Maria<br />

Langhofer, Kirchenzeitung Ausgabe<br />

40/<strong>2021</strong>, 5.10.<strong>2021</strong><br />

Das gesamte Interview findet<br />

sich auf:<br />

https://www.kirchenzeitung.<br />

at/site/themen/gesellschaftsoziales/davon-kann-niemand-leben<br />

Informationen zum Volksbegehren<br />

ARBEITSLOSENGELD RAUF!<br />

Kundgebung für das<br />

Volksbegehren Arbeitslosengeld rauf!<br />

Donnerstag, 9. Dezember <strong>2021</strong>, 16:30, Linz<br />

Martin-Luther-Platz, Linz<br />

Die Veranstaltung wird unter Einhaltung der akutellen Covid-19<br />

Bestimmungen abgehalten. Bitte Maske mitbringen!<br />

Veranstalter: Solidarwerkstatt Österreich


21 Arbeitslosengeld<br />

Höheres Arbeitslosengeld – wichtiger Schritt<br />

auch im Kampf gegen Gewalt an Frauen<br />

Am 25. November <strong>2021</strong> veranstaltete das Do it yourself-Frauentagsbündnis eine Demonstration<br />

anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen (sh. Fotos). Für die Solidarwerkstatt<br />

sprach dort Andrea Mayer-Edoleyi. Sie hob die Bedeutung der dauerhaften Erhöhung des Arbeitslosengeldes<br />

hervor, um die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zu stärken. Hier ihre Rede.<br />

Liebe Freundinnen und Freunde,<br />

danke an Euch alle, die Ihr hier und heute auf die Straße geht, um Eure Stimme gegen<br />

Gewalt gegen Frauen zu erheben.<br />

• Es macht mich wütend, dass heuer bereits 28 Frauen von Männern ermordet wurden – fünf<br />

davon allein in diesem Monat. Das sind Morde, Femizide, keine Beziehungsdelikte, wie es noch<br />

immer verharmlosend heißt.<br />

• Es macht mich wütend, dass jede fünfte Frau in Österreich seit ihrem 15. Lebensjahr Gewalt<br />

erfahren hat. Das ist die offizielle Zahl. Wie hoch mag die Dunkelziffer sein?<br />

• Es macht mich wütend, dass es primär Frauen sind, die die Folgen der Corona Krise tragen.<br />

Dagegen gehen wir heute auf der Straße - und sind wütend – und laut. Je länger die Pandemie dauert, desto schlimmer wird es für<br />

Frauen. Gerade jetzt im Lockdown: Der gefährlichste Ort für Frauen ist noch immer die eigene Wohnung.<br />

Schon längst ist bekannt, was wirklich hilft. Es sind nicht die schönen Worte. Sondern ganz konkrete Maßnahmen.<br />

Es ist zuallererst ökonomische, wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen. Eigenes Geld für ein eigenständiges Leben! Frauen sind<br />

häufiger arbeitslos und bekommen weniger Arbeitslosengeld.<br />

Das liegt vor allem an den Branchen in denen Frauen arbeiten. Und dass viele die Verantwortung für Kinder und Haushalt übernehmen<br />

und so Teilzeit arbeiten.<br />

Wer heute arbeitslos wird, bekommt 55% des letzten Einkommens. Das ist oft zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben. Und<br />

volkswirtschaftlich ist auch klar, dass ein so niedriges Arbeitslosengeld zum Lohndumping für alle missbraucht wird.<br />

Ein Personenkomitee aus Gewerkschafter*innen, Sozialwissenschaftlicher*innen und Aktivist*innen setzt sich derzeit für die Einleitung<br />

eines Volksbegehrens zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf mindestens 70% ein. Und zwar dauerhaft! Das wäre ein ganz konkreter<br />

Schritt für die ökonomische Unabhängigkeit für Frauen. Eine Unterstützung geht ganz einfach in wenigen Minuten online mit Handysignatur<br />

oder am Magistrat bzw. Gemeindeamt. Macht mit bei Arbeitslosengeld rauf!<br />

Heute sind wir wütend und laut. Damit morgen weniger Gewalt ist. Damit nicht noch mehr Frauen zu Tode geprügelt und erstochen werden.<br />

Ich wünsche uns eine gute Demo! Danke, dass Ihr da seid.<br />

Langzeitarbeitslosigkeit hat sich seit 2011 verzwölffacht!<br />

Die Erfolgsmeldungen, die<br />

Arbeitsminister Kocher<br />

vom Arbeitsmarkt vermeldet,<br />

blenden vieles aus: Insgesamt<br />

waren im Oktober <strong>2021</strong> über<br />

341.000 Menschen arbeitslos<br />

bzw. in Schulung, drei Arbeitslose<br />

stellen sich um eine Offene Stelle<br />

an, Tendenz steigend. Zwar hat<br />

sich damit die Zahl der gesamten<br />

Arbeitslosen gegenüber dem<br />

Oktober 2019 etwas verringert,<br />

die Zahl der Langzeitarbeitslosen<br />

(länger als ein Jahr arbeitslos) ist<br />

jedoch mit fast 40% deutlich im<br />

Vergleich zur Zeit vor der Corona-Krise<br />

gestiegen. Dramatisch<br />

fällt der Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit<br />

im längerfristigen<br />

Vergleich aus. Innerhalb des<br />

letzten Jahrzehnts hat sich die<br />

Zahl der Langzeitarbeitslosen<br />

verzwölffacht (sh. Grafik) – von<br />

4.900 auf 61.946! Gerade Langzeitarbeitslose<br />

leiden am meisten<br />

unter Armut. Laut Auswertung<br />

des AK-Arbeitsklimaindex 2020<br />

geben 94% der Langzeitarbeitslosen<br />

an, dass sie mit der Arbeitslosenstützung<br />

gar nicht oder fast<br />

nicht auskommen.<br />

Norbert Bauer, Sprecher des<br />

Volksbegehrens Arbeitslosengeld<br />

rauf!: „Teile der Regierung<br />

sowie Wirtschaftsverbände fordern<br />

ein degressives Arbeitslosengeld,<br />

das umso niedriger ist,<br />

je länger die Menschen arbeitslos<br />

sind. Das trifft aber die besonders<br />

armutsgefährdete Gruppe<br />

der Langzeitarbeitslosen am härtesten.<br />

Das unterstreicht einmal<br />

mehr, wie wichtig die Forderung<br />

des Volksbegehrens ARBEITS-<br />

LOSENGELD RAUF! ist, das Arbeitslosengeld<br />

auf mindestens<br />

70% -und entsprechend die<br />

Notstandshilfe – sofort und dauerhaft<br />

anzuheben. Mit einer Unterschrift<br />

für das Volksbegehren,<br />

das sich derzeit in der Einleitung<br />

befindet, kann jede/r einzelne<br />

einen wichtigen Beitrag leisten,<br />

den unsozialen Plänen von Regierungs-<br />

und Wirtschaftskreisen<br />

entgegenzutreten.“


Verschiedenes<br />

22<br />

Friedenskalender 2022<br />

Auch 2022 gibt es wieder einen Friedenskalender der Solidarwerkstatt<br />

Österreich. In diesem Kalender ist Raum zum<br />

Eintragen persönlicher Termine und Notizen. Es gibt aber auch<br />

wieder viel neues Wissenswertes rund um das Thema Frieden,<br />

Aktionen und Persönlichkeiten der Friedensbewegung, sowie<br />

Friedensprojekte die zum Mitmachen einladen. Es finden sich neben<br />

Schwerpunktthemen je Kalenderwoche, hunderte Hinweise<br />

zu den jeweiligen Jahrestagen im gesamten Kalender - und last<br />

but not least - viele inspirierende Friedenskunstwerke.<br />

Ein heißer Tipp für alle, die<br />

auf der Suche nach nachhaltigen<br />

Weihnachtsgeschenken<br />

sind.<br />

Friedenskalender 2022<br />

Hg.: Solidarwerkstatt Österreich<br />

240 Seiten, Planer A5<br />

17,50€<br />

ab 3 Expl. 16,50<br />

ab 10 Expl. 14,50<br />

(exkl. Versand)<br />

zu bestellen bei:<br />

T 0664 15 40 742<br />

office@solidarwerkstatt.at<br />

EINLADUNG ZUR ONLINE-VERANSTALTUNG<br />

„ARBEITSLOSENVER(UN)SICHERUNG?<br />

- Vor einer Richtungsentscheidung über<br />

Arbeitslosengeld und Arbeitsmarktpolitik?“<br />

Online-Vortrag und Diskussion mit<br />

Assoz. Univ. Prof. Dr. Roland Atzmüller, Universität Linz<br />

Die Regierung hat für kommendes Jahr tiefgreifende arbeitsmarktpolitische<br />

„Reformen“ angekündigt. Im Raum steht u.a. ein sog. „degressives“<br />

Arbeitslosengeld, das umso niedriger wird, je länger die Arbeitslosigkeit<br />

dauert. Wirtschaftsverbände sehen dadurch die Chance, die Verhandlungsmacht<br />

von ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften zu schwächen. Dem<br />

entgegen steht die Forderung des Volksbegehrens „Arbeitslosengeld<br />

rauf!“, das Arbeitslosengeld sofort und dauerhaft auf zumindest 70% des<br />

Letztbezugs zu erhöhen. Denn gerade Langzeitarbeitslose, deren Zahl sich<br />

im letzten Jahrzehnt verzwölffacht hat, sind besonders von Existenznot bedroht.<br />

Ein höheres Arbeitslosengeld würde auch die ArbeitnehmerInnen,<br />

deren Reallöhne insbesondere im unteren Bereich schon seit langem stagnieren<br />

bzw. sinken, dabei unterstützen, höhere Löhne durchzusetzen.<br />

Assoz. Unv. Prof. Dr. Roland Atzmüller vom Institut für Soziologie an der<br />

Johannes Kepler-Universität in Linz beleuchtet den aktuellen Konflikt um<br />

die Höhe des Arbeitslosengeldes und die Zukunft der Arbeitsmarktpolitik<br />

aus sozialwissenschaftlicher Sicht.<br />

Bisherige Veranstalter: Verein Arbeitslosengeld rauf, Solidarwerkstatt<br />

Österreich, ATTAC Wels, Treffpunkt Mensch und Arbeit Wels<br />

Zugangslink anfragen bei: office@solidarwerkstatt.at<br />

Mittwoch, 15. Dezember <strong>2021</strong>, 18.00<br />

Nähere Informationen zum Volksbegehren<br />

„Arbeitslosengeld rauf!“: www.arbeitslosengeld-rauf.at<br />

MITMACHEN? Beim nächsten Treffen dabei sein?<br />

Wir freuen uns!<br />

(aktuelle Termine auf www.solidarwerkstatt.at)<br />

KONTAKT IN LINZ<br />

Büro: Waltherstraße 15, 4020 Linz<br />

T (0732) 77 10 94 oder 0664 154 07 42<br />

F (0732) 77 10 94-20, office@solidarwerkstatt.at<br />

TREFFEN DER KOMMUNALGRUPPE LINZ<br />

14-tägig, immer an einem Montag, ab 18 Uhr<br />

Bei Interesse bitte um Rückmeldung an<br />

office@solidarwerkstatt.at bzw. T 0664 154 07 42<br />

Wir freuen uns auch über finanzielle Unterstützung für das<br />

Zeitungsprojekt <strong>SOLiNZ</strong>: Bankverbindung: Raiffeisenbank Perg<br />

IBAN: AT42 3477 7000 0627 4146, BIC: RZOO AT2L 777<br />

www.solidarwerkstatt.at; www.facebook.com/solidarwerkstatt<br />

<strong>SOLiNZ</strong> - Wir über uns<br />

<strong>SOLiNZ</strong> - Solidarisches Linz ist das Onlinemedium der Kommunalgruppe<br />

Linz der Solidarwerkstatt. Wir verstehen uns als<br />

Nachbarschaftszeitung in mehrfacher Hinsicht: Unser Schwerpunkt<br />

liegt auf Linz und seinen Nachbargemeinden; auch Nachbarschaftsthemen<br />

– was tut sich im Grätzel? – wollen wir ein großes Augenmerk<br />

schenken; und wir wollen gute Nachbarschaft fördern – im Sinne<br />

von Zusammenstehen und gemeinsam Handeln statt sich auseinander<br />

dividieren zu lassen. Wir wollen dazu ermutigen, solidarisch<br />

für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung, für Demokratie<br />

und Selbstbestimmung aktiv zu werden. Dabei ist es unser Anspruch,<br />

mehr als eine Zeitung zum Lesen zu sein, indem wir Text, Video und<br />

Audio miteinander verknüpfen.<br />

Wir sind von Parteien und Konzernen unabhängig. Aber wir sind<br />

abhängig davon, dass Menschen mithelfen, <strong>SOLiNZ</strong> zu gestalten und<br />

zu verbreiten. Wenn auch du dazu Lust hast mitzumachen, schau bei<br />

unseren 14-tägigen Kommunalgruppen-Treffen vorbei oder schick<br />

uns deine Ideen! Kontakt: office@solidarwerkstatt.at<br />

Impressum: <strong>SOLiNZ</strong> (6), Medieninhaberin (Verlegerin) & Herausgeberin & Redaktion: Solidarwerkstatt Österreich, Waltherstr. 15, A-4020 Linz, T (0732) 77 10 94, office@solidarwerkstatt.at, www.solidarwerkstatt.at.

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