blaettle 41 - November/Dezember 2021
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32 | blättle Ausgabe <strong>41</strong> | <strong>November</strong>/<strong>Dezember</strong> <strong>2021</strong><br />
Fernweh | 33<br />
Tauchlehrerin Jutta Bäcker<br />
Arbeiten, wo andere Urlaub machen<br />
> Fast ihr halbes Leben kümmert sich Jutta Bäcker darum, dass sich Urlaubsgäste in luxuriösen Hotelanlagen und vor allem beim<br />
Tauchsport an Traumstränden wohlfühlen. Warum es die Donauwörtherin nie lange an einem Ort gehalten hat und weshalb sie im Urlaub<br />
selbst fast nie an den Strand geht<br />
Jeden Tag im Jahr fast 30 Grad, den Strand<br />
direkt vor der Haustür und ein Beruf, der<br />
vollständig erfüllt – so oder so ähnlich<br />
stellen sich wohl die meisten das perfekte Leben<br />
vor. Doch nur die wenigsten wagen den Schritt<br />
und setzen um, wovon so viele träumen. Eine davon<br />
ist Jutta Bäcker aus Donauwörth. Vor ziemlich<br />
genau 25 Jahren machte sie einen mutigen<br />
Schritt und änderte ihr Leben vom einen auf den<br />
anderen Tag. Ihren Job beim Optiker hing sie an<br />
den Nagel, um ihren Alltag ab sofort dort zu bestreiten,<br />
wo andere ihren Urlaub verbringen. Wo<br />
genau es hin gehen sollte, wusste sie noch nicht,<br />
als sie damals mit dem Kündigungsschreiben bei<br />
ihrem Chef im Büro stand. „Ich wollte ein Leben<br />
in einem warmen, sonnigen Land am Meer, das<br />
war das Einzige, das feststand“, erinnert sich<br />
Bäcker. Als ausgebildete Fitness- und Aerobic-Trainerin<br />
hatte Jutta Bäcker beste Chancen<br />
beim Casting eines großen Reiseveranstalters<br />
und Hotelbetreibers. Die damals Anfang 30-Jährige<br />
bewarb sich, nahm am Einstellungstest teil<br />
und wurde dann für fünf Jahre in Clubanlagen in<br />
der Türkei, in Thailand, Spanien und sogar im<br />
Senegal als Animateurin und Fitnesstrainerin<br />
beschäftigt. Anschließend zog es sie für mehrere<br />
Jahre nach Mallorca. Auf der spanischen<br />
Balearen-Insel arbeitete die Auswanderin wieder<br />
in ihrem gelernten Beruf als Arzthelferin und<br />
ließ sich nebenbei zur Tauchlehrerin ausbilden.<br />
Tauchen auf der Trauminsel<br />
Von Spanien ging es für die Tauchlehrerin dann<br />
im Jahr 2004 in den tropischen Inselstaat im<br />
Indischen Ozean, die Malediven – genauer gesagt<br />
auf die Urlaubsinsel Kuredu. Die gut 1,5 Kilometer<br />
lange und 300 Meter breite Insel bietet mit<br />
ihren Strandvillen und Bungalows sowie einer<br />
ganzen Reihe von Restaurants und Bars Platz<br />
für gut 800 Gäste, die ihren Urlaub am Strand,<br />
am Pool, mit Tauchen, Schnorcheln, Golf oder<br />
im Spa-Bereich verbringen möchten. In der<br />
Tauchschule auf Kuredu arbeitete Jutta Bäcker<br />
zunächst viele Jahre als Tauchlehrerin und Basisleiterin.<br />
Nach einem kurzen Zwischenstopp<br />
als Managerin eines Tauchresorts in Indonesien<br />
leitete sie die Tauchbasis auf Liliy Beach, einer<br />
kleinen Insel im Süden der Malediven. Danach<br />
ging es wieder zurück nach Kuredu. Mittlerweile<br />
ist Jutta Bäcker für das Personalmanagement<br />
der Tauchbasis zuständig. Gemeinsam mit ihrem<br />
Mann, der die IT der Tauchschule betreut, lebt<br />
sie in einem kleinen Apartment im Mitarbeiterbereich<br />
der Insel. So schön sich dieses Leben<br />
auch beschreiben lässt, wenn Jutta Bäcker von<br />
ihrem Alltag berichtet, erfährt man, dass kulturelles<br />
oder gesellschaftliches Leben außerhalb<br />
der Insel eigentlich kaum möglich ist und man<br />
in dem Urlaubsresort eben immer unter Mitarbeiter*innen<br />
und Gästen ist. Besonders während<br />
der Corona-Pandemie hatten einige ihrer<br />
jüngeren Kolleg*innen damit zu kämpfen. Fast<br />
sechs Monate war das Resort komplett geschlossen.<br />
Ein Teil des Personals konnte die Insel noch<br />
rechtzeitig verlassen. Gut 200 der bis zu 600<br />
Mitarbeiter*innen blieben fast ein halbes Jahr<br />
komplett allein auf der Insel, darunter Gärtner,<br />
die sich um die Grünanlagen kümmern mussten,<br />
Küchenpersonal, ein Arzt und ebenfalls Jutta<br />
Bäcker und ihr Mann.<br />
Nächster Halt: Ungewiss<br />
Den vergangenen Sommer verbrachte das Ehepaar<br />
in Jutta Bäckers alter Heimat. „Ich komme<br />
gerne heim zu meinen Eltern und lerne Donauwörth<br />
wieder mehr lieben“, berichtet sie. Die<br />
Zeit in Europa haben Jutta Bäcker und ihr Mann<br />
auch für einen Trip nach Kreta genutzt. Ein<br />
Urlaub, wie ihn die Gäste an ihrem Arbeitsort auf<br />
den Malediven verbringen, kommt für die Auswanderin<br />
nicht in Frage. Sie reist ausschließlich<br />
mit One-Way-Ticket, Handgepäck, minimalistischem<br />
und fast plastikfreiem Gepäck und liebt<br />
es, unter Einheimischen oder zurückgezogen,<br />
weit entfernt von den Tourismus-Hochburgen zu<br />
sein. „Am Strand und im Meer waren wir in den<br />
ganzen vier Wochen auf Kreta nur ein einziges<br />
Mal“, erzählt Bäcker. Sie hat schließlich täglich<br />
den schneeweißen Sand unter den Füßen,<br />
schwimmt und taucht im türkisgrünen Meer<br />
und verbringt den Feierabend an der Strandbar<br />
unter Palmen. Nach dem Urlaub auf Kreta geht<br />
es für das Paar im <strong>November</strong> wieder zurück auf<br />
die Malediven. Ist Jutta Bäcker auf der Trauminsel<br />
Kuredu nun dort angekommen, wo sie den<br />
Rest ihres Lebens verbringen möchte? „Nein“,<br />
antwortet sie schelmisch grinsend und offenbart:<br />
„Ich habe gekündigt, ich bleibe nur noch<br />
bis Januar auf den Malediven.“ Und wie geht es<br />
dann für die Auswanderin weiter?<br />
„Ich weiß noch nicht, wo ich im nächsten<br />
Frühjahr bin, und wo ich heute in einem Jahr<br />
sein werde, weiß ich gleich noch weniger“,<br />
lacht Jutta Bäcker.<br />
Vielleicht bleibt sie erstmal einige Monate in<br />
Donauwörth, sucht einen neuen Job und einen<br />
neuen Ort, um sich dort niederzulassen. Ein<br />
Häuschen auf Kreta, Malta oder einem anderen<br />
Ort im südlichsten Teil Europas können sich Jutta<br />
Bäcker und ihr Mann gut vorstellen. |<br />
Text: Mara Kutzner,<br />
Redakteurin.<br />
Bilder: privat<br />
rechts: Jutta Bäcker mit ihrem Mann Steve und Kater Goofy.<br />
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