blaettle 41 - November/Dezember 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
36 | blättle Ausgabe <strong>41</strong> | <strong>November</strong>/<strong>Dezember</strong> <strong>2021</strong><br />
Heimatgeschichte | 37<br />
Zum Tod von Gerd Müller<br />
Mach’s gut, Hadde: Abschied von einem Nördlinger Idol<br />
> Am 15. August <strong>2021</strong> verlor die Stadt Nördlingen ihren bekanntesten Sohn: Im Alter von 75 Jahren starb Gerd Müller, einer der besten<br />
Stürmer aller Zeiten und das Idol von Generationen von Fußballfans auf der ganzen Welt. Nördlingen, wo man ihn in Anlehnung an seinen<br />
Vornamen Gerhard stets „Hadde“ nannte, wird immer seine Heimat bleiben.<br />
In der Nördlinger Altstadt nahm die Weltkarriere des am 3. <strong>November</strong><br />
gerne auch mit einer schnellen Drehung, im Sitzen, im Liegen, wie es eben<br />
1945 in einfachen Verhältnissen geborenen Gerhard Müller ihren Anfang.<br />
gerade ging. Der bekannte Beiname „Bomber der Nation“ wirkte vor die-<br />
Hier, wo er als Schuljunge mit Gleichaltrigen barfuß auf dem Kies Fußball<br />
sem Hintergrund damals wie heute unpassend, Müller war ein Mann der<br />
spielte, zeigte sich bereits seine einmalige Ballkontrolle. Sein Instinkt<br />
kleinen Tore, nicht der großen Hämmer. Mit der legendären Bayernmann-<br />
und seine Finesse als Torjäger waren schon damals berüchtigt:<br />
schaft der 70er Jahre und Mitspielern wie Franz Beckenbauer, Sepp Maier,<br />
Alle wollten mit ihm zusammen kicken, keiner gegen ihn. Selbst wenn<br />
„Katsche“ Schwarzenbeck, Uli Hoeneß und Paul Breitner ebnete Gerd<br />
nicht Fußball gespielt wurde, trat Hadde meist trotzdem etwas durch<br />
Müller den Weg für den Aufstieg des FCB zum internationalen Top-Club.<br />
die Nördlinger Gassen, eine Dose oder einen Stein etwa. Ohne Fußball<br />
Ohne ihn, so sagte es der „Kaiser“ Franz Beckenbauer einst treffend, wür-<br />
konnte er eben einfach nicht.<br />
den die Bayern heute noch in der „alten Holzhütt’n“ in der Säbener Straße<br />
sitzen.<br />
Schon in der Jugend ein Phänomen<br />
Mit zwölf Jahren kam Müller zum TSV 1861 Nördlingen in die C-Jugend.<br />
Für Nördlingen war er mehr als ein Fußballer<br />
Die Jugendmannschaften des TSV durchlief Hadde bis 1963 mit sagen-<br />
Nach der Rückkehr von seinem sanften Karriereausklang in den USA im<br />
haften Erfolgen, in seiner letzten Jugendsaison schoss er 240 von<br />
Jahr 1984 fiel Gerd Müller in ein Loch namens Alkoholabhängigkeit. Nur<br />
314 Toren. In der Saison 1963/64 lief er für die Herrenmannschaft auf<br />
mit Hilfe seiner Freunde Hoeneß und Beckenbauer sowie seiner Frau Uschi<br />
und erzielte 49 von insgesamt 109 Treffern der ganzen Mannschaft,<br />
kam Hadde wieder in die Spur und verbrachte circa 20 glückliche Jahre als<br />
wodurch der TSV in die Landesliga aufstieg. Dann standen auch schon<br />
Trainerassistent der Amateur- und A-Jugendmannschaft des FC Bayern, an<br />
die Profivereine vor dem Elternhaus in der Bergerstraße 4. Dass sich die<br />
der Seite seines guten Freunds Hermann Gerland. In den frühen 2010er<br />
Vertreter des TSV 1860 München und des FC Bayern am gleichen Tag<br />
Jahren allerdings schlug Alzheimer bei der Nördlinger Legende zu. Die<br />
in Müllers Wohnzimmer vorstellten und einander nur knapp verpassten<br />
letzten Jahre verbrachte er in einem Pflegeheim in Wolfratshausen, wo er<br />
ist längst eine legendäre Geschichte. Weil sich Müller beim FC Bayern<br />
am 15. August <strong>2021</strong> verstarb.<br />
mehr Einsatzzeiten versprach, kamen die Roten zum Zug: Für 4400 Mark<br />
Ablöse, und zusätzlich 5000 Mark für Müllers Mutter Christina Karoline,<br />
In seiner Heimatstadt nahm man die Nachricht von seinem Tod zutiefst<br />
wechselte der Hadde nach München.<br />
erschüttert auf, die Trauerfeier im Stadtsaal Klösterle fand am 21. August<br />
Wie es mit dem Nördlinger<br />
Ausnahmefußballer weiterging, ist bekannt:<br />
Unsterbliche Rekorde prägten seine Karriere.<br />
statt. Der stets bescheidene, zurückhaltend und menschlich auftretende<br />
„Bomber“ hatte bei allen, die ihm begegnet waren, einen bleibenden<br />
Eindruck hinterlassen. Seinen Freunden aus Jugendtagen und der Stadt<br />
Nördlingen blieb er immer verbunden, er hatte keine Star-Allüren. Er war<br />
eben ein besonderer Mensch. „Wir werden Gerd Müller stets ein ehrendes<br />
oben: 1974 erhält Müller von Oberbürgermeister Hermann Keßler die Goldene Bürgermedaille der Stadt Nördlingen.<br />
unten: 2008 wurde das Fußballstadion im Rieser Sportpark nach Gerd Müller benannt. Zusammen mit dem<br />
damaligen Oberbürgermeister Hermann faul drehte er eine Ehrenrunde.<br />
rechts: Gerd Müller mit dem WM-Pokal 1974. In Nördlingen soll eine Bronzestatue entstehen, die ihn beim Erzielen<br />
des Siegtors zeigt.<br />
Bilder: Fotohaus Hirsch; Bert Verhoeft<br />
Lewandowski hin oder her: Gerd Müllers Leistungen und Rekorde sind<br />
für die Ewigkeit. 365 Tore in 427 Bundesligaspielen, sieben Mal Tor-<br />
schützenkönig, 40 Treffer in der Saison 1971/72, dreifacher Europa-<br />
pokalsieger der Landesmeister, Weltpokalsieger, Europa- und Welt-<br />
meister und noch viele Titel mehr hat der Nördlinger in seiner Karriere<br />
als Vereins- und Nationalspieler gesammelt. Seine Tore erzielte er meist<br />
aus kurzer Distanz und mit jedem Köperteil, das gerade verfügbar war,<br />
Gedenken bewahren. Er bleibt auch in Zukunft einer von uns, ein Nördlinger“,<br />
so Oberbürgermeister David Wittner: „In unseren Herzen lebst<br />
du weiter.“ |<br />
Text: Maximilian Bosch, Redakteur.<br />
ANZEIGE<br />
ANZEIGE