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FACES_0222_DE

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„Unsere<br />

teil der Menschen dazu zu bringen, wirklich weniger zu fliegen.<br />

Wir schaffen es in Deutschland ja nicht mal, die Bahnpreise so<br />

zu gestalten, dass sie ein Anreiz zum Zugfahren sind“, sagte ich<br />

kritisch. Ich erklärte, dass es in meinen Augen auch keine Lösung<br />

sei, Flugreisen einfach teurer und damit exklusiver zu machen.<br />

Sie müssen wirklich nachhaltiger werden. Das Gute ist, dass in<br />

der Luftfahrtindustrie bereits daran getüftelt wird. Angeblich sollen<br />

in 15 Jahren bereits die ersten mit Wasserstoff angetriebenen<br />

Flugzeuge durch die Lüfte düsen. Weil die Pandemie der Branche<br />

jedoch gehörig zugesetzt hat, bleibt nur zu hoffen, dass die einzelnen<br />

Airlines sich bis dahin so weit finanziell erholt haben, dass sie<br />

die neuen, nachhaltigen Alternativen auch kaufen können.<br />

„Okay, Schluss jetzt!“, rief Pia und sprang auf. „Nun sind<br />

wir hier und sollten es auch genießen. Ich bekomm langsam<br />

Hunger“, sagte sie und schlüpfte in ihre Schuhe.<br />

„Okidoki“, rief ich und tat es ihr gleich. Wir spazierten durch<br />

die bunte Augustinergasse, verliefen uns und kauften spontan ein<br />

Baguette, Antipasti und eine Flasche Wein. Dann setzten wir uns<br />

in die Bahn und fuhren den Uetliberg hoch, wo wir uns auf unsere<br />

Jacken setzten, den Wein aufmachten und uns der kühle Wind<br />

Gänsehaut zauberte, während wir das Baguette aßen.<br />

Ein halbes Jahr später trafen wir uns bei Sarah in Dortmund,<br />

um ihren Geburtstag zu feiern. Am Tag davor liefen wir durch<br />

den Lebensmittelladen, um alles fürs Frühstück am nächsten<br />

Morgen einzukaufen.<br />

„Avocado?“, fragte Pia und hielt die Frucht hoch. Wir beide<br />

wussten, wie sehr Sarah Avocadobrot liebte.<br />

„Nee, ich versuche, darauf zu verzichten“, sagte Sarah und<br />

schob den Einkaufswagen weiter.<br />

„Aber du liebst Avocadobrot?“, beharrte Pia.<br />

„Tue ich, ja, aber für nur zwei Avocados werden über tausend<br />

Liter Wasser verbraucht. Das will ich nicht unterstützen“,<br />

argumentierte Sarah.<br />

„Aber du liebst Avocadobrot, und morgen ist dein verdammter<br />

Geburtstag?!“, wiederholte Pia und schrie dabei fast. Verwundert<br />

schaute sie mich an, ich war auch ein wenig irritiert.<br />

„Leute, ihr checkt es nicht, oder? Ich versuche, wirklich<br />

mein Bestes zu geben und mein Konsumverhalten zu reflektieren.<br />

Das sollten wir alle tun, okay?“, sagte Sarah scharf und<br />

schob den Einkaufswagen um die nächste Ecke.<br />

Pia wollte gerade erneut ansetzen, als ich einwarf: „Hey,<br />

lass gut sein. Es ist ihr Geburtstag…“ Zaghaft hielt ich sie am<br />

Ärmel fest.<br />

„Ja, genau, deswegen kann sie sich ja wohl eine verdammte<br />

Avocado gönnen, oder?“, wetterte Pia.<br />

„Aber sie will eben nicht. Das ist doch okay“, versuchte ich,<br />

sie zu beschwichtigen.<br />

„Ihr Ökoverhalten in allen Ehren, aber sie kasteit sich total.<br />

Das ist doch nicht gut“, zischte Pia mich an und hielt dabei immer<br />

noch die Avocado in der Hand. Wir wussten beide, dass es<br />

eigentlich nicht wirklich um die Avocado ging.<br />

„Ja, aber was willst du denn machen?“, fragte ich schulterzuckend.<br />

„Ihr klarmachen, dass sie übertreibt! Ihr sagen, dass sie<br />

allein damit nicht die Welt retten kann!“, antwortete Pia geradeheraus,<br />

und ich war mir nicht sicher, ob ich ihr zustimmen sollte<br />

oder nicht.<br />

Zumindest mit einem Teil ihrer Aussage hatte Pia jedoch<br />

recht: Sarahs Wirken war begrenzt.<br />

74 Januar / Februar 2022

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