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Kongressjournal-2021

Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin, 51. Kongress für Allgemeinmedizin, Lockdown-Ausgabe November 2021

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KONGRESS<br />

JOURNAL<br />

Suizidprävention<br />

Erste Hilfe für die Seele<br />

In der Suizidprävention spielt<br />

das gesamte Ordinationsteam<br />

eine große Rolle. Im Optimalfall<br />

wird in der Ordination eine<br />

psycho soziale Krise eines<br />

Menschen schnell erfasst und<br />

eine niederschwellige Krisenintervention<br />

eingeleitet. Dr. Anna<br />

Sigmund erklärt, worauf man<br />

achten sollte und was in diesen<br />

Fällen zu tun ist.<br />

Laut WHO sterben weltweit mehr<br />

Menschen an Suizid als durch Krieg,<br />

Mord oder Naturkatastrophen. Laut<br />

Statistik Austria starben im Jahr<br />

2020 in Österreich 1.072 Menschen<br />

an Suizid. Während bei den Suiziden<br />

der Anteil der Männer mit zwei<br />

Drittel überwiegt, ist bei Suizidversuchen<br />

der weibliche Anteil höher.<br />

Experten erwarten als Folge der<br />

Corona-Pande mie eine Zunahme<br />

individueller psychosozialer Krisen<br />

und damit auch einen Anstieg der<br />

Suizidrate bei Risikogruppen.<br />

Suizidabsicht erkennen<br />

Psychische Störungen – und dabei<br />

vor allem die Depression – stellen<br />

die häufigste Ursache für suizidale<br />

Entwicklungen dar. „Die meisten<br />

Betroffenen kündigen ihren Suizid<br />

und ihre Suizid absichten an. Dann<br />

ist es wichtig, dass eine Bezugsperson<br />

den Mut hat, den Betroffenen<br />

darauf anzusprechen und zuzuhören,<br />

was so belastend ist“, erklärt<br />

Anna Sigmund. Doch oft werden<br />

diese Aussagen nicht wahrgenommen,<br />

da sie für übliche Redewendungen<br />

gehalten werden. Oft ist<br />

der Hausarzt die Vertrauensperson<br />

des Betroffenen. Durch die Nähe<br />

zum Patienten und die Kenntnis<br />

seiner Lebenssituation kommt dem<br />

gesamten Ordinations team daher<br />

eine wichtige Rolle in der Suizidprävention<br />

zu. „Eine Statistik belegt,<br />

dass niedergelassene Ärzte eine<br />

Schlüsselfunktion in der Suizidprävention<br />

haben. Bis zu 80 % konnten<br />

wieder ins Leben zurückbegleitet<br />

werden“, so Anna Sigmund.<br />

„Im Optimalfall bemerkt die Ordinationsmitarbeiterin,<br />

dass sich ein<br />

Patient, zum Beispiel im Zuge einer<br />

schwierigen Lebensphase, verändert.<br />

Oft fallen dann Bemerkungen<br />

wie ,wenn alles vorbei wäre, wären<br />

alle Probleme gelöst‘ oder ,das halte<br />

ich nicht mehr aus‘. Dann ist wichtig,<br />

den Hausarzt umgehend zu informieren“,<br />

weiß Anna Sigmund.<br />

Zuhören und Verstehen<br />

Für die Einschätzung der Suizidgefährdung<br />

sind die Fähigkeit zum<br />

Zuhören und das wohlwollende<br />

Verstehen der Situation des Betroffenen<br />

besonders wichtig. Eine<br />

Gesprächssituation, in der der Arzt<br />

Zeit und Raum für eine offene Aussprache<br />

zur Verfügung stellt, spielt<br />

daher eine große Rolle. Die Vermittlung<br />

von Hilfsmöglichkeiten eröffnet<br />

dazu neue Lebensperspektiven.<br />

„Diese ‚Erste Hilfe für die Seele‘ ist<br />

in vielen Fällen auch eine geeignete<br />

Medikation zur Linderung des seelischen<br />

Schmerzes“, so die Expertin.<br />

Danach können weitere professionelle<br />

Hilfen eher angenommen werden.<br />

Professionelle Krisenintervention<br />

Bei akuten Krisen sind die Psychosozialen<br />

Krisen zentren, die österreichweit<br />

zur Verfügung stehen, Ansprechpartner<br />

erster Wahl. Höchste<br />

Suizidgefahr besteht bei Menschen,<br />

die im Gespräch (z.B. bei Alkoholisierung)<br />

nicht mehr erreichbar sind. Sie<br />

benötigen in den meisten Fällen einen<br />

vorübergehenden Selbstschutz<br />

im geschützten Bereich einer psychiatrischen<br />

Klinik.<br />

Suizidprävention – Eine notwendige<br />

Maßnahme in der Gesundheitspolitik<br />

Dr. Anna Sigmund, FÄ für Psychiatrie und<br />

Psychotherapeutische Medizin, Regionalvertreterin<br />

von GO-ON Suizidprävention<br />

Steiermark (Bezirk Leibnitz), Gamlitz<br />

22 KONGRESSJOURNAL Lockdown-Ausgabe <strong>2021</strong><br />

Fachkurzinformationen Seite 28<br />

22-konjo<strong>2021</strong>J_suizid-sigmund_KORR.indd 22 01.12.21 12:05

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