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...der Steirer land ... Ausgabe 04/2021

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IN GUTER ERINNERUNG

So war es

der Brauch

Meine Großeltern, Franz und Johanna Sternath,

kauften 1881 von einem gewissen

Kaiser das Hofbauernhaus. Meine Mutter

Maria wurde 1879 geboren, leider verlor sie ihre

Mutter im Alter von neun Jahren. Mein Vater, Johann

Strohmeier, wurde 1874 geboren und diente

dem Kaiser als Berufssoldat. Meine Eltern hatten

24 Kinder, 18 Buben und 6 Dirndln. Einige von ihnen

sind als kleine Kinder verstorben und sechs von

ihnen hat 1918 die Spanische Grippe dahingerafft.

Als Letztgeborene kann ich mich nur an neun meiner

Geschwister erinnern. Obwohl wir eine Großfamilie

waren, hat es uns an nichts gefehlt. Die Mutter

kümmerte sich, dank ihres Wissens, um Kranke

und Schwangere und sorgte mit allerlei Kräutern

und Medizin für die Linderung so manchen Leidens.

Der Vater bewirtschaftete mit uns Kindern den Hof

und dank seiner Arbeit mussten wir niemals Hunger

leiden. Das war in den Vorkriegsjahren durchaus

nicht überall so. Viele Menschen mussten um ihr

Überleben kämpfen und besonders schlimm war es

für die ausgedienten Knechte und Mägde.

Ich erinnere mich noch gut an Agnes. Ein alter

„Haartrog“, den man für die Schweineschlachtung

benutzte, um im heißen Wasser die Borsten abzureiben,

war ihr Zuhause. Darin lag ein alter Strohsack,

mit Woazfedern gefüllt, das war ihr Quartier.

Unter dem Strohsack waren ihre wenige Kleidung,

mit einer Schnur zu einem Bündel verschnürt, das

ihr als Polster diente, sowie ihre Papiere und eine

Blechbüchse. Das war ihr gesamtes Hab und Gut.

Damals gab es von der Gemeinde die Anweisung,

dass jeder Bauer dieser armen Frau für drei Wochen

Quartier und Essen geben muss, so wurde aus ei-

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