...der Steirer land ... Ausgabe 04/2021
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ARBEIT & HANDWERK
LÄNGST VERGESSEN SIND SO
MANCHE BERUFE, DIE VOR WENIGEN
JAHRZEHNTEN NOCH GANG UND
GÄBE WAREN UND DAFÜR SORGTEN,
DASS DER EINE ODER ANDERE EINE
GRUNDLAGE HATTE, UM SEIN
AUSKOMMEN FRISTEN ZU KÖNNEN.
Bandlkramer
Buckelkrämer
Als Buckelkrämer oder Rückenkrämer bezeichnete
man im Mittelalter reisende Händler. Buckelkrämer
trugen ihre Waren auf dem Rücken und wanderten
zu Fuß von Ort zu Ort, um dort ihre Produkte feilzubieten.
Der Name stammt davon, dass sie auf ihrem
Rücken (Buckel) eine übermannshohe Kraxe trugen.
Die Last belief sich bei Männern auf bis zu 50 Kilogramm,
bei Frauen waren es bis 30 Kilogramm. Eine
besondere Form des Buckelkrämers waren die Buckelapotheker,
die ausschließlich Naturheilmittel anboten.
Dass dabei nicht nur Heilkräuter und Tränke,
sondern auch so manche Scharlatanerie angeboten
wurde, versteht sich von selbst. Ab dem späten 16.
Jahrhundert wurde das Hausieren in vielen Territorien
verboten. Buckelkrämer wurden verstärkt als Bettler,
Verbrecher und „herrenloses Gesindel“ betrachtet. In
vielen mittelalterlichen Städten existierten daher später
Verbote, Buckelkrämer zu beherbergen.
Als Bandlkramer bezeichnete man hierzulande einen
Hausierer, der vor allem Kurzwaren verkaufte,
darunter textile „Bänder“. Auch Produkte wie Hinterglasbilder,
Töpferwaren, Siebe und Körbe boten
die Bandlkramer auf ihren „Buglkraxen“ von Haus
zu Haus ziehend an. Die Bandlkramer hatten auch
die Aufgabe der Verbreitung von Neuigkeiten, Nachrichten
und Informationen. So waren sie gerade in
der Einschicht gern gesehene Gäste. Sie waren ein
Berufszweig unter vielen innerhalb der niedrigen Bevölkerung
am Rande der Mehrheitsgesellschaft und
waren auf Noterwerbsweisen angewiesen, um ihre
Existenz zu sichern. Im romantisierenden Blick von
Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung gehörten
sie zum „fahrenden Volk“ der Korbmacher, Kesselflicker,
Taschenspieler oder Musikanten. Die ökonomische
Funktion der „Bandlkramer“ und ähnlicher
Kleingewerbeinhaber ist inzwischen weitgehend
entfallen. Ein Restbestand lässt sich auf heutigen
Flohmärkten beobachten. Jenische Wander- und
Markt-Händler führen solche traditionellen Gewerbe
bis heute weiter.
Der allgemeine Sprachgebrauch übertrug den Gruppennamen
von den Händlern auf die Hersteller der
Bänder. Da eine große Zahl der Betriebe im Waldviertel
lag, wurde diese Gegend als Bandlkramerlandl
bezeichnet. Auch in Wien wurde ein Teil des 7.
Bezirks Neubau als Bandlkramerviertel bezeichnet,
weil dort Kurzwaren erzeugt wurden. Straßennamen
zeugen ebenfalls noch davon, beispielsweise die
Bandgasse oder die Seidengasse. Nicht zu verwechseln
mit dem Bandlkramer ist der Boandlkramer, wie
der Tod im Volksmund heißt.
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