HCU - HafenCity Universität Hamburg
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Fallstudie Göttingen-Leineberg<br />
Forschungsprojekt „Nachfrageorientiertes Nutzungszyklusmanagement“<br />
<strong>HCU</strong><br />
<strong>HafenCity</strong> <strong>Universität</strong><br />
<strong>Hamburg</strong><br />
Seit einigen Jahren wurde eine Kinderkrippe eingerichtet, die gut ausgelastet ist.<br />
Szenario „Die Wüste Leineberg“ (Gruppe Gelb)<br />
Im Jahr 2020 besuchen wir das Stadtquartier<br />
Leineberg. Uns wird sofort klar, dass sich der<br />
Leineberg in den vergangenen Jahren deutlich<br />
zum Negativen entwickelt hat.<br />
Zunächst bedrückt vor allem der erste Eindruck.<br />
Das Gemeindezentrum mit früherer sozialer<br />
Ankerfunktion existiert nicht mehr. Neben<br />
der seit Jahren bestehenden Notwendigkeit<br />
zur Sanierung hatte der Wegfall der Finanzierung<br />
letztendlich zu einer Schließung des<br />
Zentrums geführt. Dadurch bedingt fehlt im<br />
Quartier nun ein wichtiger Ort zur zwischenmenschlichen<br />
Zusammenkunft. Im Zuge Abb. 26 Ergebnisse der Szenario Gruppe Gelb<br />
dieser Entwicklung wurde die einstmals bestehende<br />
Thomaskirche verkauft und in eine<br />
Moschee umgewandelt. Eine deutliche wahrnehmbare Veränderung zeigt sich auch bei den<br />
Wohnbauten. Mehrere Wohnblöcke wurden in den vergangenen Jahren wegen Baufälligkeit<br />
abgerissen. In den verbleibenden Beständen wurden zudem keinerlei Modernisierungen vorgenommen,<br />
was sich das aktuell sehr niedrige Mietpreisniveau erklärt. Auch wurden die Bestände<br />
der öffentlichen Wohnungsgesellschaften verkauft. Die neuen Eigentümer zielen nur<br />
noch auf den Ertrag aus der Immobilie, Gedanken an eine nachhaltige Sanierung im Bestand<br />
sind hierbei gänzlich ad acta gelegt worden.<br />
Die Abwärtsspirale ist auch bei anderen Punkten zu spüren. Die Kinder- und Jungendeinrichtungen<br />
im Quartier stehen aufgrund gesunkener Kinderzahlen und dadurch bedingter<br />
Unterauslastungen in Konkurrenz zueinander oder wurden bereits geschlossen. In Zukunft ist<br />
ein weiterer Rückbau dieser Einrichtungen zu erwarten. Durch das Wegfallen von sozialen Einrichtungen<br />
haben sich die Bildungschancen der wenigen Kinder im Stadtquartier bereits jetzt<br />
deutlich verschlechtert. Viele Jugendliche verbringen ihre Freizeit nun auf der Straße. Eng damit<br />
verknüpft ist eine gestiegene Jugendkriminalität.<br />
Der Einzelhandel, der bereits früher durch eine Reihe von Mängeln aufgefallen war, existiert<br />
nun überhaupt nicht mehr. Vor allem ältere Menschen haben unter der fehlenden Nahversorgung<br />
zu leiden. So genannte „rollende Supermärkte“ oder Dienste zur Essenauslieferung sind<br />
unzuverlässig und können diesen Mangel in keiner Weise beseitigen. Die fehlende Nahversorgung<br />
zwingt die jüngeren Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers stattdessen zum<br />
Einkauf in anderen Teilen der Stadt. Vor allem auch deshalb hat das Verkehrsaufkommen auf<br />
den Straßen des Leinebergs deutlich zugenommen. Mit dem Wegbrechen des Einzelhandels<br />
ist auch eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme unter den Bewohnern verloren gegangen, was<br />
wiederum insbesondere von älteren Menschen als sehr negativ empfunden wird.<br />
Generell hängt die beschriebene Situation mit einer Ausdifferenzierung in der Bewohnerstruktur<br />
des Quartiers zusammen. Die unattraktive Wohnsituation hat zu einer erhöhten Fluktuation<br />
unter den Bewohnerinnen und Bewohnern des Leinebergs geführt. Die sich hierdurch<br />
ergebende Instabilität erscheint negativ, da eine Identifikation mit dem Wohnquartier somit<br />
von vornherein behindert wird. Vielmehr betrachten beispielsweise die wenigen jungen Familien<br />
am Leineberg ihr Wohnen oftmals nur als notwendige Übergangslösung. Des Weiteren<br />
hat sich in einigen Bereichen des Quartiers das soziale Konfliktpotential in den letzten<br />
Jahren verschärft. Der Anteil an Empfängerinnen und Empfängern von Transfereinkommen<br />
ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der sozial schwache Hintergrund in ei-<br />
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