PG 01/22
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Je länger die Pandemiebedingten<br />
Veränderungen<br />
im Sourcing anhalten, desto<br />
weniger lohnt es sich, Billigware<br />
zu importieren.<br />
Jan Philippi, Philippi<br />
Es gab in den vergangenen Jahrzehnten<br />
gute geschäftliche Gründe, dass<br />
internationale Sourcing von Konsumgütern<br />
aus Asien immer weiter zu<br />
vertiefen und zu verfeinern. Fast mitleidig<br />
schaute die Branche auf die wenigen Hersteller,<br />
die noch in Deutschland produzierten<br />
und denen wegen der hohen Lohnkosten und<br />
Abgaben drohte, den Anschluss zu verlieren.<br />
Die Kostenvorteile lagen im (weit entfernten)<br />
Ausland. Corona hat dieses Big Picture innerhalb<br />
von nur <strong>22</strong> Monaten neu gemalt.<br />
Die ersten internationalen Lockdowns<br />
zogen 2020 erst den Stillstand und dann den<br />
Stau von Lieferungen aus Asien nach sich.<br />
2021 herrschte Murphy‘s Law in der Logistik<br />
– mit der Havarie im Suez-Kanal, Personalmangel<br />
an den internationalen Piers bis hin zu<br />
Streiks im Hamburger Hafen. Darüber hinaus<br />
hatte das Oligopol der Großreedereien nach<br />
Jahren mit relativ konstanten Container-Preisen<br />
zwischen 2.000 und 3.000 US-Dollar<br />
kein Interesse daran, auf Gewinne zu verzichten.<br />
So explodierten die Spot-Preise unkontrolliert<br />
auf bis zu 20.000 US-Dollar. Noch<br />
immer liegen sie bei bis zu 15.000 US-Dollar.<br />
Mit einer Beruhigung bis zum chinesischen<br />
Neujahr am 1. Februar rechnet niemand mehr,<br />
danach gehen die meisten erst ab der Jahresmitte<br />
von einem stabilen hohen Niveau zwischen<br />
8.000 und 10.000 US-Dollar aus.<br />
sonst das Geschäftsmodell nicht<br />
mehr trägt. Auch Philip Wurm,<br />
Geschäftsführer von G. Wurm,<br />
berichtet: „Unsere Kunden sehen<br />
natürlich die Preissteigerungen.<br />
Es werden bestimmte<br />
Artikel, die Schwellenpreise<br />
überschreiten, nicht mehr nachgekauft.<br />
Vermehrt werden neue<br />
Produkte ausgewählt.“<br />
Zweitens schlägt die Umweltpolitik<br />
der kommunistischen Regierung<br />
Kapriolen, wie Florian Berger,<br />
Inhaber von Donkey Products beobachtet:<br />
„Die Fabriken kämpfen mit diktierten<br />
Schließungen, die den Produktionsprozess<br />
verlangsamen und somit zu Verzögerungen<br />
führen. Aus Umwelt- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />
ist dies ein Schritt in die<br />
richtige Richtung, allerdings kommen diese<br />
Vorgaben meist extrem kurzfristig.“<br />
Und drittens macht China dicht. Im Zuge<br />
der „Null-Covid-Strategie“, von denen sich<br />
bis auf Nordkorea und die Volksrepublik alle<br />
anderen asiatischen Länder verabschiedet<br />
haben, ist der internationale Austausch zum<br />
Erliegen gekommen. Die meisten Expat riates<br />
haben China inzwischen verlassen und der<br />
„Spiegel“ mutmaßte in einem Artikel über<br />
„Chinas Covid-Diktatur“, dass in Berlin aktuell<br />
mehr Ausländer leben würden als in<br />
der gesamten Volksrepublik mit über 1,4<br />
Mrd. Einwohner:innen. Gerade erst sei am<br />
Ich habe mich<br />
bewusst vom globalen<br />
Sourcing entkoppelt<br />
und setze<br />
auf eigene Designs<br />
und traditionelle,<br />
handwerkliche<br />
Herstellung.<br />
Detlef Klatt, Klatt Objects<br />
Aktuell sind die<br />
steigenden<br />
Einstandspreise<br />
besonders herausfordernd.<br />
Philip Wurm, G. Wurm GmbH & Co. KG<br />
Asien ist nicht gleich China<br />
Am schwierigsten sind die Geschäfte mit<br />
China geworden. Aus gleich drei Gründen.<br />
Erstens: Der Mainstream-Markt leidet am<br />
stärksten, denn hier fallen die Preiserhöhungen<br />
besonders ins Gewicht. Kein Wunder, dass<br />
die ersten 1-Euro-Shops den Standard-Preis<br />
schon auf 1,10 Euro erhöhen mussten, weil<br />
Foto: Bild von Rosetime<br />
P&G 1 | Januar 20<strong>22</strong> 27