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2_2017 Leseprobe

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Politik<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

2016: Abermals Rekordwert<br />

beim Stromexport<br />

Im vierten Quartal stützte Deutschland sogar das französische<br />

Stromnetz nach Ausfall von zahlreichen Atomreaktoren.<br />

Von Bernward Janzing<br />

dass auch nur ein einziger Meiler aus politischen<br />

Gründen abgeschaltet worden wäre.<br />

Der Strommangel Frankreichs zeigt sich<br />

auch an den Börsenpreisen: Während am<br />

deutschen Spotmarkt im November Strom<br />

im Mittel für 38 Euro je Megawattstunde<br />

zu bekommen war, kostete dieser in Frankreich<br />

im gleichen Zeitraum durchschnittlich<br />

65 Euro. Im Dezember war der Preisvorteil<br />

auf deutscher Seite ähnlich mit 37<br />

Euro gegenüber 59 Euro.<br />

Deutschland hat im Jahr 2016<br />

abermals einen neuen Rekordüberschuss<br />

beim Stromexport<br />

erzielt. Nach vorläufigen Zahlen<br />

der Arbeitsgemeinschaft<br />

Energiebilanzen flossen im vergangenen<br />

Jahr rund 82 Milliarden Kilowattstunden<br />

ins Ausland, während im gleichen Zeitraum<br />

nur 26,6 Milliarden importiert wurden. Damit<br />

bleibt ein Saldo von gut 55 Milliarden<br />

Kilowattstunden. Im Jahr zuvor hatte der<br />

Wert noch bei 51,8 Milliarden gelegen, und<br />

schon das war ein historischer Spitzenwert<br />

gewesen. Der Exportüberschuss entspricht<br />

etwa der Erzeugung von fünf Atomkraftwerken<br />

oder gut 9 Prozent des deutschen<br />

Inlandsverbrauchs. Der Exportüberschuss<br />

steigt seit Jahren; bis um die Jahrtausendwende<br />

waren Importe und Exporte weitgehend<br />

ausgeglichen.<br />

Die größten Mengen gingen im vergangenen<br />

Jahr – in dieser Reihenfolge – in die<br />

Niederlande, die Schweiz, nach Österreich<br />

und Polen. Selbst Tschechien bezog 2016<br />

per Saldo Strom aus Deutschland, wie sich<br />

aus Analysen des Fraunhofer ISE in Freiburg<br />

ergibt. Der Exportüberschuss in die<br />

Schweiz erreichte mit rund 14,6 Milliarden<br />

Kilowattstunden 2016 gar einen Rekordwert,<br />

nachdem die Eidgenossen vor allem<br />

am Standort Beznau große Sicherheitsprobleme<br />

mit ihren alten Atomreaktorblöcken<br />

haben. Die Atomstromerzeugung in der<br />

Schweiz ist daher 2016 nach ersten Abschätzungen<br />

auf das niedrigste Niveau seit<br />

25 Jahren gefallen.<br />

Ende 2016 benötigte Frankreich<br />

viel Strom aus Deutschland<br />

Zuletzt stützte Deutschland sogar das französische<br />

Stromnetz: Im vierten Quartal<br />

floss jeden Monat mehr Strom zum westlichen<br />

Nachbarn als in umgekehrte Richtung.<br />

Ursache waren Stillstände der dortigen<br />

Atomreaktoren. Zeitweise waren 20 der<br />

58 Atomkraftwerke außer Betrieb, einige<br />

wegen Routinekontrollen, andere wegen<br />

Sicherheitsproblemen, nachdem der französische<br />

Kraftwerkspark langsam alt und<br />

anfälliger wird.<br />

Die Ausfälle waren entsprechend drastisch:<br />

Im November erzeugten die französischen<br />

AKW 13 Prozent weniger Strom als im gleichen<br />

Monat des Vorjahres, im Dezember<br />

noch 9 Prozent. Im Gesamtjahr lag die Mindererzeugung<br />

bei rund 33 Milliarden Kilowattstunden,<br />

ein Minus von fast 8 Prozent.<br />

Damit erzeugte Frankreich im Jahr 2016<br />

die geringste Menge an Atomstrom seit<br />

Ende der Neunzigerjahre – und dies ohne<br />

Foto: blende11.photo_fotolia<br />

200 Euro pro MWh in Frankreich<br />

Im Januar erreichten die Spotmarktpreise<br />

in Frankreich stundenweise gar Werte über<br />

200 Euro je Megawattstunde, das sind 20<br />

Cent je Kilowattstunde. In den Zeitungen<br />

war gleichzeitig zu lesen: „In Frankreich<br />

wird der Strom knapp“. Der Netzbetreiber<br />

RTE entwickelte zudem einen Notfallplan:<br />

Mit zwei Dutzend energieintensiven Industriebetrieben<br />

schlossen die Behörden<br />

ein Abkommen, wonach diese bei einem<br />

drohenden Blackout binnen Sekunden den<br />

Verbrauch herunterfahren. Auf Plakaten<br />

warb das Atomland zugleich für das Stromsparen<br />

– während Deutschland selbst in<br />

den kalten Januartagen keine Versorgungsengpässe<br />

zu verzeichnen hatte.<br />

So war Deutschland auch im Januar wieder<br />

in großem Stil Stromexporteur. Die mitunter<br />

geäußerte Kritik, Deutschland würde<br />

seinen Strom zu Billigpreisen ans Ausland<br />

verscherbeln, lässt sich übrigens nicht<br />

erhärten, wie Analysen des ISE auf Basis<br />

von Daten des Statistischen Bundesamtes<br />

zeigen: Seit Jahren liegen die Preise des<br />

importierten und des exportierten Stroms<br />

etwa auf gleichem Niveau. Erstmals 2016<br />

war der Preis des ausgeführten Stroms mit<br />

35 Euro je Megawattstunde etwas niedriger<br />

als der Preis des eingeführten Stroms mit<br />

37 Euro. In der Summe hat Deutschland<br />

mit seinem Stromexport im vergangenen<br />

Jahr aufgrund der hohen Überschussmengen<br />

rund 1,4 Milliarden Euro mehr an Einnahmen<br />

erzielt, als für die Importe bezahlt<br />

werden musste.<br />

Autor<br />

Bernward Janzing<br />

Freier Journalist<br />

Wilhelmstr. 24a<br />

79098 Freiburg<br />

Tel. 07 61/202 23 53<br />

E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />

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