2_2017 Leseprobe
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www.biogas.org Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 20. Jahrgang<br />
2_<strong>2017</strong><br />
Bi<br />
seit 20 jahren<br />
GaS Journal<br />
Das Fachmagazin der Biogas-Branche<br />
Stromexport: Rekordüberschuss<br />
in 2016 S. 22<br />
EEG <strong>2017</strong> – wie der<br />
Übergang gelingt S. 38<br />
Mexiko: Biogas aus<br />
Feigenkaktus S. 68<br />
Biogas<br />
aus<br />
Maisstroh
Inhalt<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Editorial<br />
Biogas, sicher, günstig<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
gerade haben wir als Verband unseren 25.<br />
Geburtstag gefeiert. Mit 25 fühlt man sich<br />
erwachsen, voller Kraft und Tatendrang,<br />
man meint alles zu wissen und in der Regel<br />
auch besser als alle anderen …<br />
Irgendwann merkt man dann aber, dass<br />
manches, was andere schon gedacht oder<br />
gemacht haben, doch gar nicht so falsch<br />
war. Man ergänzt die eigenen Erfahrungen<br />
mit den Erkenntnissen der anderen und<br />
entwickelt neue Meinungen. Das nennt<br />
man dann Reifungsprozess. Der menschliche<br />
Reifungsprozess ist zum Glück anders<br />
als der eines Verbandes, aber ein paar Parallelen<br />
gibt es sicherlich. So haben wir im<br />
Sturm und Drang, der beim Fachverband<br />
Biogas schon gleich nach der Gründung<br />
eingesetzt hat, schnell vieles gemeinsam<br />
vorangebracht und auch einige Erfolge<br />
erzielt. Zu Beginn der 2010er Jahre gab<br />
es erste Erkenntnisse, dass ein uneingeschränktes<br />
Wachstum nicht dauerhaft<br />
funktionieren kann, aber solange es ging,<br />
gab es keine Not zum Umsteuern.<br />
Dann kam die angekündigte Vollbremsung,<br />
und durch harte Arbeit ist es gelungen,<br />
dass der Karren nicht gleich auf dem<br />
Schrottplatz landete. Aber jetzt müssen wir<br />
uns entscheiden, wie wir weiter reisen. Das<br />
Ziel ist klar: ein nachhaltiger Betrieb der<br />
Biogasanlagen. Nachhaltig im Sinne der<br />
Betriebswirtschaft, aber auch im Sinne unserer<br />
Umwelt und Gesellschaft. Wie können<br />
wir dieses Ziel erreichen? Wir müssen für<br />
die Gesellschaft eine Dienstleistung erbringen,<br />
für die wir auch bezahlt werden. Letzteres<br />
hat bisher das Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetz gewährleistet.<br />
Nun müssen wir aber auch andere Finanzierungsmöglichkeiten<br />
erschließen<br />
und vor allem die Dienstleistungen erbringen:<br />
Das sind zum Beispiel eine positive<br />
Klimawirkung durch Vermeidung<br />
von Treibhausgasemissionen, intensivere<br />
Kreislaufwirtschaft, eine verlässliche Energiebereitstellung<br />
und zukünftig vielleicht<br />
auch Biodiversität in der Kulturlandschaft.<br />
Eine entscheidende Bedeutung in unserer<br />
Gesellschaft wird zukünftig die CO 2<br />
-Vermeidung<br />
haben, dies wird die Währung der<br />
Zukunft. Hier können wir punkten, wenn<br />
wir unsere Hausaufgaben machen.<br />
Apropos Hausaufgaben: Das Jahr <strong>2017</strong><br />
wird eine Reihe von zusätzlichen, zum Teil<br />
kostspieligen Auflagen bringen, beispielhalft<br />
seien nur die Umsetzung der Düngeverordnung<br />
oder die wasserrechtlichen<br />
Auflagen durch die Verordnung über Anlagen<br />
im Umgang mit wassergefährdenden<br />
Stoffen (AwSV) genannt. Weitere kommen<br />
hinzu. Es muss uns gelingen, die Anforderungen<br />
zu erfüllen und gleichzeitig einen<br />
wirtschaftlichen Anlagenbetrieb sicherzustellen.<br />
Hierzu wird der Fachverband Biogas<br />
seinen Beitrag durch Begleitung der<br />
Vorschriften bei der Entstehung sowie dann<br />
der Umsetzung leisten, und er wird für eine<br />
immer schnelle Bereitstellung der für die<br />
Anlagenbetreiber relevanten Informationen<br />
sorgen. Nur wenn es uns gelingt, die Anforderungen<br />
der Gesellschaft an uns zu erfüllen,<br />
wird auch zukünftig eine Finanzierung<br />
unserer Anlagen möglich sein.<br />
Auch in diesem Heft finden Sie wieder<br />
die Informationen zu den aktuellen Entwicklungen<br />
Sicherheit, Betriebswirtschaft<br />
und Flexibilisierung. Im Titelthema dieser<br />
Ausgabe geht es um die Vergärung von<br />
Maisstroh als kostengünstige Substratalternative.<br />
Dabei versuchen Anlagenbetreiber<br />
und Unternehmen, Reststoffpotenziale<br />
stärker zu nutzen. Als Branche müssen wir<br />
aber auch weiter denken und uns konkret<br />
überlegen, wie Biogas zukünftig überleben<br />
kann. Hierzu hat das Präsidium das Projekt<br />
„Zukunft Biogas“ ins Leben gerufen. Dabei<br />
erarbeiten 15 Biogasexperten aus dem<br />
Haupt- und Ehrenamt im Fachverband Biogas<br />
eine Zukunftsstrategie für unsere Branche.<br />
Die ersten Ergebnisse werden Mitte<br />
März in der Kuratoriumssitzung unseres<br />
Verbandes zur Diskussion gestellt.<br />
Ziel ist es, bis zum Frühsommer konkrete<br />
Maßnahmen zu entwickeln, mit denen wir<br />
sicherstellen können, dass die Biogastechnologie<br />
auch langfristig gesellschaftlich akzeptiert<br />
ist und damit ein wirtschaftlicher<br />
Betrieb möglich ist. Wichtige Ansatzpunkte<br />
werden dabei sicher die schon genannten<br />
Aspekte wie Klimaschutz und Systemdienstleistungen<br />
sein. Wenn es uns gelingt,<br />
eine tragfähige Strategie für die Branche zu<br />
entwickeln, werden wir auch am 14. Februar<br />
2042, dem 50. Geburtstag unseres<br />
Verbandes, auf eine erwachsene Branche<br />
mit dem Toast „Biogas, sicher, günstig“ anstoßen<br />
können.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
des Fachverbandes Biogas e.V.<br />
3
Inhalt<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Editorial<br />
3 Biogas, sicher, günstig<br />
Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />
Hauptgeschäftsführer des<br />
Fachverbandes Biogas e.V.<br />
AKTUELLES<br />
6 Meldungen<br />
8 Termine<br />
9 Biogas-Kids<br />
10 Trendwende für Biomethan<br />
im Verkehr?<br />
Von Thomas Gaul<br />
14 CO 2<br />
-Bepreisung fossiler Energien<br />
in allen Sektoren notwendig<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />
Martin Bensmann<br />
18 Save the date:<br />
BIOGAS Convention & Trade Fair<br />
POLITIK<br />
20 Die Kohle bestimmt weiterhin das Denken<br />
Von Bernward Janzing<br />
22 2016: Abermals Rekordwert beim<br />
Stromexport<br />
Von Bernward Janzing<br />
24 Pläne für die künftige EU-Energiepolitik<br />
ab 2020<br />
Von Julia Münch<br />
Titelthema<br />
26<br />
26 Körnermaisstroh – ein Substrat,<br />
das Hoffnungen weckt<br />
Von M.Sc. Monika Fleschhut und<br />
Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />
34 Maisstroh macht Bakterien froh<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />
Martin Bensmann<br />
PRAXIS<br />
38 Der Übergang von fester Einspeisevergütung<br />
zur Ausschreibung<br />
Von Alfons Himmelstoß<br />
44 In der „Dunkelflaute“ die Preisspitzen<br />
mitnehmen<br />
Von Thomas Gaul<br />
48 „Biogasanlagen sind die flexibelsten und<br />
am einfachsten einsetzbaren EE-Anlagen“<br />
Von Jochen Schwill<br />
52 Logistik für Gärprodukte<br />
Von Thomas Gaul<br />
56 Interview<br />
Umlaufwasser entkalken und entsalzen<br />
Interviewerin: PD Dr. Marianne<br />
Karpenstein-Machan<br />
4
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Inhalt<br />
titelFoto: Darkves_fotolia i Fotos: Darkves_fotolia, Martina Bräsel, Martin Egbert<br />
64 68<br />
60 Interview<br />
„Biogasbranche ist spürbar<br />
kompetenter geworden“<br />
Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />
Martin Bensmann<br />
62 Bilanzkrater sind vermeidbar<br />
Von Rainer Casaretto<br />
64 Biogas aus Molke mit Koksstaub gewinnen<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
INTERNATIONAL<br />
Mexiko<br />
68 Feigenkaktus liefert Biogas<br />
Von Klaus Sieg<br />
Indien<br />
79 KVP-Projekt: Tagebuch Indien<br />
Von Antje Kramer<br />
VERBAND<br />
Aus der Geschäftsstelle<br />
80 Start ins Superwahljahr <strong>2017</strong><br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
84 Aus den Regionalgruppen<br />
86 Aus den Regionalbüros<br />
91 AK Direktvermarktung<br />
Flexibilität voranbringen!<br />
Von Dr. Stefan Rauh<br />
92 Mit Biogas Energie speichern<br />
Von Harald Uphoff, BEE<br />
94 Später Start mit dem EEG<br />
Von Bernward Janzing<br />
RECHT<br />
96 Clearingstelle EEG<br />
Votum zur Inbetriebnahme einer Holzvergasungsanlage<br />
und Schiedsspruch zur<br />
nachträglichen Vergütungskorrektur<br />
Von Elena Richter<br />
98 Impressum<br />
Beilagenhinweis:<br />
Das Biogas Journal<br />
enthält Beilagen der Firmen<br />
greentec und WDV / Molliné.<br />
5
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Fossile Brennstoffe belasten die Handelsbilanz<br />
Berlin – Trotz anhaltend niedriger Preise<br />
für fossile Energien an den internationalen<br />
Märkten beanspruchen die Einfuhren von<br />
Mineralöl, Erdgas und Kohle weiterhin erhebliche<br />
Anteile an den Importausgaben<br />
vieler Staaten. Das gilt für große Schwellen-<br />
und Entwicklungsländer ebenso wie<br />
für viele Industriestaaten. Wie aus aktuellen<br />
Daten der Welthandelsorganisation<br />
(WTO) hervorgeht, erreichten im Jahr 2015<br />
die weltweiten Importkosten für Brennstoffe<br />
rund 1,7 Billionen Euro. „Der Energiehunger<br />
reißt ein Loch in die Haushalte vieler<br />
Staaten. Hingegen würde ein forcierter<br />
Umstieg auf Erneuerbare Energien benötigte<br />
Mittel für dringend notwendige Investitionen<br />
freisetzen“, erklärt der Geschäftsführer<br />
der Agentur für Erneuerbare Energien<br />
(AEE) Philipp Vohrer.<br />
Laut den WTO-Daten gehören große<br />
Schwellen- und Entwicklungsländer zu den<br />
am stärksten von Belastungen durch fossile<br />
Energieimporte betroffenen Staaten. So<br />
müssen Indien und Pakistan jeweils rund<br />
ein Fünftel ihrer gesamten Netto-Importausgaben<br />
für fossile Energien aufwenden.<br />
In Indien mussten für diese Einfuhren<br />
nach Abzug von Exporten 2015 insgesamt<br />
72 Milliarden Dollar bezahlt werden. Das<br />
war weit mehr als doppelt so viel, wie etwa<br />
im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur<br />
Verfügung stand: Laut Weltbank-Angaben<br />
erreichten die Gesundheitsausgaben Indiens<br />
2014 rund 29 Milliarden Dollar. Noch<br />
stärker ist die Belastung durch die Importe<br />
fossiler Energien im benachbarten Pakistan,<br />
wo diese wertmäßig 22 Prozent an den<br />
Gesamteinfuhren beanspruchen.<br />
EnviTec eröffnet eigenes Labor für biologischen Service<br />
Lohne – Modernste Ausstattung für präzise Analysen<br />
– das bietet das soeben eröffnete zweite Labor<br />
der EnviTec Biogas AG. Nach dem bereits 2015 erfolgreich<br />
in Betrieb genommenen Labor im italienischen<br />
Verona bietet nun auch das am Firmensitz<br />
Lohne ansässige Laboratorium Komplettservice aus<br />
einer Hand.<br />
Die Investition in modernste eigene Labortechnik offeriert<br />
EnviTec-Kunden eine effiziente und vor allem<br />
zeitsparende Analyse: Innerhalb weniger Stunden<br />
liegen den Experten bereits erste Ergebnisse einer<br />
Probe vor. Um den aktuellen Anforderungen zu entsprechen,<br />
nutzen die EnviTec-Spezialisten akkreditierfähige<br />
Methoden, nach denen auch in anderen<br />
Großlaboren Untersuchungen durchgeführt werden.<br />
Das 77 Quadratmeter große Laboratorium komplettiert<br />
damit das Service-Angebot des Biogas-<br />
Allrounders, denn jede Stunde Betriebsausfall einer<br />
Anlage bedeutet für den Betreiber einen erheblichen<br />
Einnahmeverlust.<br />
Die regelmäßige Untersuchung der Substratqualität<br />
und der Umgebungsbedingungen der Anaerob-Biologie<br />
im Fermenter ist für eine biologische Langzeitbetreuung<br />
des laufenden Betriebs unerlässlich. Nur<br />
so können negative Trends erkannt und frühzeitig<br />
geändert werden.<br />
Dies ermöglicht eine proaktive Handlungsweise<br />
und kann langfristige Beeinträchtigungen der<br />
Gasproduktion verhindern. „Die Vergärung ist ein<br />
natürlicher Prozess, bei dem es immer wieder zu<br />
Schwankungen kommt – keine Biogasanlage ist<br />
wie die andere“, sagt Clemens Willenborg, Prokurist<br />
und zuständiger Abteilungsleiter des biologischen<br />
Service.<br />
China als Exportweltmeister musste 2015<br />
trotz stark gefallener Ölpreise immer noch<br />
mehr als ein Zehntel seiner Importausgaben<br />
für fossile Energieträger aufwenden –<br />
ungeachtet der Ausbeutung eigener Vorkommen.<br />
Der Netto-Wert aller nach China<br />
importierten fossilen Brennstoffe betrug<br />
2015 rund 154 Milliarden Euro. Der Energiehunger<br />
des Landes belastet damit nicht<br />
nur Umwelt und Klima, sondern auch die<br />
Handelsbilanz.<br />
Deutschland kostete der Import fossiler<br />
Brennstoffe 2015 knapp 60 Milliarden<br />
Euro, das waren wertmäßig rund 6 Prozent<br />
der Gesamteinfuhren. Trotz des Ausbaus<br />
der Erneuerbaren Energien am Strommarkt<br />
liegt die Abhängigkeit Deutschlands<br />
von Energieimporten konstant bei 70 Prozent.<br />
„Nur wenn wir den Anteil Erneuerbarer<br />
Energien auch im Wärme- und Verkehrsbereich<br />
konsequent ausweiten, werden wir<br />
uns von den wirtschaftlichen und ökologischen<br />
Belastungen der fossilen Energien<br />
lösen können“, betont Vohrer. Denn in diesen<br />
Bereichen wird das Gros der fossilen<br />
Importe verwendet. Angesichts der aktuell<br />
wieder steigenden Ölpreise rechnet Vohrer<br />
künftig mit noch deutlich höheren Importkosten<br />
für Öl und Gas.<br />
6
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Aktuelles<br />
Bio-CNG und die Umwelt sagen „Danke!“<br />
Berlin – Das Bundeskabinett<br />
hat Mitte Februar beschlossen,<br />
die für Ergas- und Biomethankraftstoff<br />
geltende Steuerbegünstigung<br />
zu verlängern. Die<br />
neue gesetzliche Regelung gilt<br />
nun über das Jahr 2018 hinaus<br />
bis 2026, ab 2024 soll die<br />
Förderung dann stufenweise<br />
zurückgefahren werden. Damit<br />
ist die Zeit des Wartens und<br />
der Unsicherheit vorbei. Spät<br />
genug ist es, da zwischenzeitlich<br />
bereits spürbare Abwanderungstendenzen<br />
und Markterosion<br />
eingesetzt haben.<br />
Den Kraftstoff CNG als wirklich<br />
förderungswürdig anzuerkennen,<br />
ist die richtige Entscheidung.<br />
Denn seine bereits existente<br />
regenerative Wirklichkeit sowie das riesige<br />
Biomethan- und Erdgaskraftstoff sollen bis 2026 steuerbegünstigt bleiben.<br />
Potenzial stellen CNG in eine Reihe mit den<br />
Zukunftsantrieben Brennstoffzelle, H 2<br />
-Gas<br />
(Wasserstoff) und Strom. Wenn<br />
man es genau nimmt, sogar in<br />
die deutlich führende Position!<br />
Denn Nachhaltigkeit, Produktionsanlagen,<br />
Infrastruktur,<br />
Fahrzeugangebot, Reichweite,<br />
Verfügbarkeit, Netztransport –<br />
all das ist bei CNG bereits seit<br />
Jahren vorhanden. Zwar sind<br />
noch deutliche Verbesserungen<br />
für eine bessere Marktdurchdringung<br />
zwingend erforderlich,<br />
doch der Aufwand<br />
hierfür ist sowohl zeitlich,<br />
technisch als auch finanziell<br />
überschaubar. Den ersten<br />
Anschub für die notwendigen<br />
Maßnahmen und Investitionen<br />
sollte die nun endlich<br />
beschlossene Verlängerung der Steuervergünstigung<br />
geben.<br />
Foto: bluedesign_ fotolia<br />
Methanemissionen bei<br />
Biogasmotoren vermeiden<br />
Gülzow – Gasmotoren an Biogasanlagen,<br />
aber auch in Gaskraftwerken wandeln Biogas<br />
oder Biomethan in erneuerbaren Strom<br />
und Wärme um. Dabei emittieren sie CO 2<br />
als Produkt des Verbrennungsprozesses, jedoch<br />
auch unverbranntes Methan, dessen<br />
Treibhausgas-Potenzial erheblich höher<br />
bewertet wird. Wie hoch dieser sogenannte<br />
Methanschlupf genau ausfällt und wie man<br />
ihn reduzieren kann, dazu gibt es bislang<br />
relativ wenige wissenschaftlich fundierte<br />
Kenntnisse.<br />
Forscher der Technischen Universität<br />
München (TUM) und der Leibniz Universität<br />
Hannover untersuchten deshalb die<br />
Methan-Emissionen in Biogasmotoren im<br />
Detail. Ziel des Projektes war es, Wissen<br />
und Methoden zu entwickeln, um die Verbrennung<br />
bei Gasmotoren zu optimieren,<br />
den Wirkungsgrad zu steigern und gleichzeitig<br />
die Kohlenwasserstoff-Emissionen<br />
im Motor zu reduzieren. Dazu erfassten die<br />
Forscher in experimentellen Motorenversuchen<br />
detaillierte Daten zu den Methanemissionen<br />
und untersuchten verschiedene<br />
Maßnahmen zu deren Reduzierung.<br />
Die Modellierung und Berechnung der innermotorischen<br />
Vorgänge erfolgte mittels<br />
dreidimensionaler Strömungsberechnungen<br />
(CFD) und reaktionskinetischer Modellierungen.<br />
Im Ergebnis zeigte sich, dass das Verbrennungs-Luftverhältnis<br />
den größten Einfluss<br />
auf die Emissionen von Kohlenwasserstoffen<br />
(THC – total hydrocarbons), zu denen<br />
Methan gehört, hat. Wandtemperatur, Volumen<br />
der Brennraumspalte, Zündsystem<br />
und Gemischbildung sind weitere wichtige<br />
Einflussfaktoren. Die Herausforderung für<br />
die Forscher bestand nun darin, Maßnahmen<br />
zur THC-Reduzierung zu finden, die<br />
weder den Wirkungsgrad verringern, noch<br />
die Stickoxid-Emissionen erhöhen.<br />
Im Ergebnis erfüllen eine Abgasnachbehandlung,<br />
hohe Kühlmitteltemperaturen<br />
und niedrige Ladelufttemperaturen diese<br />
Prüfstand für Gasmotoren an der TUM.<br />
Bedingungen am besten. Auf Basis der<br />
umfangreichen Untersuchungsergebnisse<br />
entwickelten die Wissenschaftler dann<br />
eine Bewertungsmatrix, die es der Motorenindustrie<br />
ermöglicht, THC-Reduktionsmaßnahmen<br />
abzuleiten und diese Erkenntnisse<br />
in die Entwicklung neuer Motoren einfließen<br />
zu lassen. Auch die entwickelte CFD-<br />
Berechnungsmethodik kann für zukünftige<br />
Auslegungen eingesetzt werden.<br />
Foto: TUM – LVK<br />
7
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Termine<br />
Alle Termine finden Sie auch auf der Seite www.biogas.org/Termine<br />
Intensivschulungen zu<br />
Ausschreibungen <strong>2017</strong><br />
8. März<br />
Nürnberg<br />
www.landgasthof-gentner.de<br />
13. März<br />
Walsrode<br />
www.forellenhof.de<br />
16. März<br />
Leipheim<br />
www.wald-vogel.de<br />
20. März<br />
Münster<br />
www.factoryhotel.de<br />
23. März<br />
Landsberg bei Halle<br />
www.mercure.com<br />
Service GmbH<br />
Hinweis: Die Intensivschulungen sind<br />
nur für Mitglieder des Fachverbandes<br />
Biogas e. V. und auf 20 Teilnehmer<br />
pro Schulung begrenzt. Melden Sie<br />
sich online an unter:<br />
www.biogas.org/Service/Termine<br />
Betreiberschulung im Sinne der TRGS 529<br />
Termine des Schulungsverbundes<br />
Biogas finden Sie unter:<br />
http://www.schulungsverbund-biogas.<br />
de/terminkalender/<br />
14. März<br />
Erfahrungsaustausch – Weiterbildung<br />
der Sachkundigen für den Betrieb einer<br />
Biogasanlage<br />
Für die Anmeldung nutzen Sie das<br />
Formular oder direkt online unter:<br />
www.dvgw-veranstaltungen.de/434509<br />
Würzburg<br />
www.dvgw-veranstaltungen.de<br />
14. März<br />
8. Biogastagung der Landwirtschaftskammer<br />
Niedersachsen<br />
Verden (Aller)<br />
www.lwk-niedersachsen.de<br />
GüteGemeinschaft<br />
Gärprodukte e.V.<br />
14. bis 15. März<br />
GGG-Fachseminar „Gärprodukte im<br />
Wandel der Zeit“<br />
Leipzig<br />
www.gaerprodukte.de<br />
15. März<br />
Conference Power-to-Gas<br />
Düsseldorf<br />
www.otti.eu.<br />
16. bis 19. März<br />
New Energy Husum<br />
Husum<br />
www.new-energy.de<br />
28. März<br />
Technical Workshop on biomethane<br />
production in small to medium scale units<br />
Leipzig<br />
www.biomethane-map.eu<br />
29. März<br />
1. Fachgespräch „Sichere Instandhaltung<br />
von Biogasanlagen“<br />
im NOVUM Businesscenter GmbH<br />
Schweinfurter Str. 11<br />
97080 Würzburg<br />
Meinungs- und Erfahrungsaustausch<br />
von Serviceunternehmen, befähigten<br />
Personen und zugelassenen<br />
Überwachungsstellen sowie Behördenvertretern<br />
und Versicherern zu<br />
Instandhaltungsmaßnahmen bei<br />
Biogasanlagen. Anmeldung über Fax<br />
(08161 984670) oder Terminkalender<br />
auf der Homepage des Fachverbandes<br />
Biogas: www.biogas.org<br />
29. bis 30. März<br />
3 rd International Conference on Monitoring<br />
& Process Control of Anaerobic Digestion<br />
Plants (CMP)<br />
Leipzig<br />
www.energetische-biomassenutzung.de<br />
3. bis 7. April<br />
Geförderte AHK-Geschäftsreise nach<br />
Dänemark<br />
Kolding<br />
www.energiewaechter.de<br />
27. bis 28. April<br />
Betreiberschulung im Sinne der TRGS 529<br />
Zusmarshausen<br />
www.biogasfachberatung.de<br />
9. bis 10. Mai<br />
Biogas-Innovationskongress<br />
Osnabrück<br />
www.biogas-innovationskongress.de<br />
9. bis 11. Mai<br />
Qualifizierung für Angestellte<br />
Nienburg<br />
www.klimaschutz-leb.de<br />
15. bis 18. Mai<br />
AHK-Geschäftsreise nach Estland und<br />
Litauen<br />
Tallinn<br />
www.energiewaechter.de<br />
8
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
BIOGAS-KIDS<br />
Aktuelles<br />
Biogas aus Ma sstroh<br />
Mais ist der wichtigste und<br />
weil das zurückbleibende<br />
der am häufigsten verwendete<br />
Rohstoff, um daraus<br />
tungsmöglichkeiten bot. Ein<br />
Maisstroh nur wenig Verwer-<br />
Biogas zu produzieren. Das<br />
weiterer Vorteil: Maisstroh<br />
liegt daran, dass der Mais so<br />
ist ein sehr kostengünstiges<br />
energiereich ist und die Biogasbakterien<br />
ihn ausgesproge!<br />
Auch für die Ernte des<br />
Substrat für die Biogasanlachen<br />
lecker finden. Außerdem<br />
gibt es bei uns sehr viel<br />
Maschinen. Dazu wird das<br />
Maisstrohs gibt es inzwischen<br />
Anbaufläche für Mais. Für<br />
Maisstroh – wie beim Getreide<br />
auch – zu einem Schwad<br />
Nachschub ist also gesorgt.<br />
Nun liegt es ja im Wesen des<br />
gelegt. Anschließend wird<br />
Menschen, dass er erfinderisch<br />
ist und dass er Technodewagen<br />
aufgesammelt und<br />
dieser vom Häcksler oder Lalogien<br />
und Verfahren nach seinen Bedürfnissen immer am Hof siliert. Fertig ist das frische Futter für die Biogasbakterien!<br />
Damit die Gasausbeute für Maisstroh mög-<br />
weiter entwickelt. Noch vor Jahren konnten die Betreiber<br />
von Biogasanlagen kein Stroh in ihren Anlagen verwerten,<br />
weil die Verfahrenstechnik dafür nicht ausgereift werden, damit das Erntegut nicht austrocknet.<br />
lichst hoch ausfällt, muss aber möglichst schnell geerntet<br />
war. Deshalb kommt fast ausschließlich Silomais, also die<br />
gehäckselte ganze Maispflanze zum Einsatz. Inzwischen Ganz schön viel<br />
haben Praxisversuche nachgewiesen, dass die Vergärung 2015 wurde in Deutschland auf rund 455.000 Hektar Körnermais<br />
von Maisstroh zu einer Gasausbeute von rund 85 Prozent angebaut. Das Maisstroh, das dabei übrig bleibt, könnte zu einem<br />
führt. Also nicht viel weniger als bei Silomais! Das freut großen Teil für die Biogasproduktion geerntet werden. Damit<br />
jetzt besonders die Landwirte, die Körnermais anbauen, könnten etwa 50.000 Hektar Silomaisfläche eingespart werden.<br />
Warum klappern wir mit den<br />
Zähnen, wenn wir frieren?<br />
Hast du dich das auch schon mal gefragt? Wenn wir frieren,<br />
fangen wir an zu zittern. Die Muskeln ziehen sich<br />
dabei schnell zusammen und lassen kurz darauf wieder<br />
locker. Durch diese Bewegung wird der Muskel besser<br />
durchblutet und der Körper erzeugt Wärme. Auch die<br />
Kaumuskeln zittern bei Kälte. Unser Unterkiefer ist durch<br />
Gelenke locker verbunden mit dem Kopf und bewegt sich<br />
auch mit den Muskeln mit. Deshalb schlagen unsere Zähne<br />
aufeinander und wir hören ein leises Klappergeräusch.<br />
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Biogas vom Schiff?<br />
Auf hoher See kann<br />
man schön Urlaub<br />
machen. Bis zu<br />
5.000 Passagiere<br />
werden auf einem<br />
Kreuzfahrtschiff<br />
über die Meere<br />
geschippert. Hast du<br />
dir schon einmal klar gemacht, dass bei einer solchen lustigen Seereise<br />
auch Unmengen an Abfällen entstehen? Und wohin damit? Bisher ist<br />
es vorgeschrieben, dass Abwasser in Kläranlagen gereinigt wird, bevor<br />
es ins Meer geleitet wird. Der dabei entstehende Abwasserschlamm<br />
wird gemeinsam mit Speiseresten gesammelt, entwässert, getrocknet<br />
und zum Teil an Land in speziellen Anlagen verbrannt. Vielfach<br />
ist es aber auch noch erlaubt, Speisereste und Abwässer im Meer zu<br />
entsorgen. Welch ein Umweltfrevel! Wie gut wäre es, stattdessen<br />
direkt Biogas daraus zu gewinnen. Auch diese Möglichkeiten werden<br />
inzwischen untersucht. Doch bis es soweit ist, wird es wohl noch einige<br />
Jahre dauern.<br />
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9
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Trendwende für Biomethan<br />
im Verkehr?<br />
Für die Biokraftstoff-Branche ist es ein fester Termin: Im Januar findet in Berlin der Kongress<br />
„Kraftstoffe der Zukunft“ statt. Nachdem die Staatengemeinschaft im vergangenen Jahr in<br />
Paris ein internationales Klimaschutzabkommen geschlossen hat, müssten die Signale für<br />
klimafreundliche Biokraftstoffe eigentlich auf „Grün“ stehen. Von der EU-Kommission in<br />
Brüssel kommen jedoch ganz andere Signale. Für Biomethan im Kraftstoffsektor zeichnet<br />
sich mit der Verlängerung der Steuerbegünstigung indes eine hellere Perspektive ab.<br />
Von Thomas Gaul<br />
Zoltan Elek<br />
kritisierte, dass<br />
obwohl Biomethan<br />
als Kraftstoff gut zu<br />
den ambitionierten<br />
Klimaschutzzielen<br />
passe, die politischen<br />
Rahmenbedingungen<br />
dazu führten,<br />
dass Biomethan<br />
als Kraftstoff ohne<br />
Zukunft erscheine.<br />
Wir brauchen alle Möglichkeiten der<br />
CO 2<br />
-Einsparung.“ Das sagte Horst<br />
Seide, Präsident des Fachverbandes<br />
Biogas e.V., auf dem Kongress „Kraftstoffe<br />
der Zukunft“ Ende Januar in<br />
Berlin. Eine Möglichkeit, die bereits seit längerem auf<br />
dem Markt ist, ist der Antrieb von Gasfahrzeugen mit<br />
Biomethan. Und es sind ja auch mehr Autos mit Biomethan-/Erdgasantrieb<br />
unterwegs als Elektroautos, die<br />
im Übrigen ja nur dann als CO 2<br />
-frei bezeichnet werden<br />
können, wenn die Emissionen bei der Stromerzeugung<br />
ausgeblendet werden. Der von den Bioenergie- und Biokraftstoffverbänden<br />
ausgerichtete Kongress konnte mit<br />
540 Teilnehmern in diesem Jahr mehr Zuspruch als im<br />
Vorjahr verzeichnen.<br />
Fotos: Thomas Gaul<br />
Wichtiges Signal aus Brüssel<br />
Als wichtiges Signal wurde auf dem Kongress gewertet,<br />
dass die Steuerermäßigung für Biomethan als<br />
Kraftstoff verlängert wird. Sie wäre ansonsten 2018<br />
ausgelaufen. Der Parlamentarische Staatssekretär im<br />
Bundesverkehrsministerium Norbert Barthle (CDU)<br />
kündigte auf dem Kongress die Verlängerung der Steuervergünstigungen<br />
für Flüssigerdgas (LNG) und komprimiertes<br />
Erdgas (CNG) in Absprache mit dem Bundesfinanzministerium<br />
an. Dass die im Koalitionsvertrag<br />
im November 2013 beschlossene Verlängerung bisher<br />
nicht umgesetzt wurde, hat bereits in den vergangenen<br />
zwei Jahren zu einem starken Rückgang des Absatzes<br />
von Erdgasfahrzeugen um jeweils über 30 Prozent geführt.<br />
So sank die Zahl der neu zugelassenen Wagen,<br />
die Biomethan bzw. Erdgas tanken können, 2016 gegenüber<br />
dem Vorjahr um fast 40 Prozent auf nur noch<br />
3.240 Fahrzeuge. Erstmals reduzierte sich im vergangenen<br />
Jahr auch die Zahl der Tankstellen.<br />
In den nächsten Jahren steht zudem die reguläre technische<br />
Überprüfung von gut 300 Erdgastankstellen an.<br />
Ohne klare und langfristige Rahmenbedingungen ist<br />
zu befürchten, dass das Netz ausgedünnt wird, was im<br />
Widerspruch zur EU-Richtlinie 2014/94/EU über den<br />
Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe<br />
(AFID) stehen würde. Auch der in der AFID geforderte<br />
Aufbau eines Tankstellennetzes für Flüssigerdgas<br />
(LNG) sowie die durch das Verkehrsministerium entwickelten<br />
Förderinitiativen für den Kauf von LNG-Lkw<br />
sind durch die noch immer ausstehende Umsetzung<br />
der Verlängerung der Steuerermäßigung gefährdet.<br />
Erdgas mit einer Beimischungsquote an Biomethan<br />
aus Abfällen und Reststoffen von 20 Prozent reduziert<br />
die CO 2<br />
-Emissionen im Vergleich zu Benzin um über<br />
30 Prozent und gegenüber Diesel um rund 20 Prozent.<br />
Bereits 2011 hatte die Initiative Erdgasmobilität eine<br />
Erklärung an die Bundesregierung übergeben, um bis<br />
2024 einen Anteil von 4 Prozent zu erreichen. Dies<br />
würde eine CO 2<br />
-Einsparung um bis zu 1,6 Millionen<br />
Tonnen bedeuten. Die Bundesregierung hat die Unterstützung<br />
zugesagt. Erdgasfahrzeuge emittieren darüber<br />
hinaus deutlich weniger Stickoxid- und Feinstaub als<br />
vergleichbare Dieselfahrzeuge und verursachen insbesondere<br />
bei Lkw und Bussen bis zu 50 Prozent weniger<br />
Lärm. Die EU-Kommission hat 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren<br />
gegen Deutschland wegen Nichteinhaltung<br />
der Luftschadstoffe in über 60 Kommunen<br />
eingeleitet.<br />
10
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Aktuelles<br />
Möglich wäre, dass für den in Europa 2020 angestrebten<br />
Anteil von 10 Prozent Erneuerbare Energien im<br />
Verkehrssektor von den Mitgliedsstaaten der EU eine<br />
spezielle Teilquote von 0,5 Prozent für besonders fortschrittliche<br />
Biokraftstoffe eingerichtet wird. Fachverbands-Präsident<br />
Horst Seide findet unverständlich,<br />
warum das Bundesumweltministerium diese Quote<br />
auf 0,05 Prozent senken will. Für Biomethan fordert<br />
Seide eine Quote von mindestens 0,15 Prozent, was<br />
in etwa dem heutigen Marktgeschehen entspricht. Im<br />
Vergleich zu fossilen Kraftstoffen vermeidet Biomethan<br />
bis zu 84 Prozent THG-Emissionen.<br />
Artur Auernhammer:<br />
„Die von der EU-<br />
Kommission vorgeschlagene<br />
Förderung<br />
von Biokraftstoffen<br />
aus Reststoffen und<br />
Abfällen ist richtig.<br />
Sie können aber<br />
Biokraftstoffe aus<br />
Anbaubiomasse nicht<br />
ersetzen.“<br />
„Runder Tisch“ für grüne Mobilität<br />
In seiner Einleitung zu dem Forum „Biomethan in<br />
Deutschland“ zeigte sich René Walter vom Fachverband<br />
Biogas e.V. optimistisch: „Das Jahr <strong>2017</strong> könnte<br />
eine Trendwende bringen.“ Den Grund sieht er vor allem<br />
darin, dass sich die Akteure der Branche zu einem<br />
„Runden Tisch“ in Sachen Erdgasmobilität im Bundesverkehrsministerium<br />
treffen. Biomethanproduzenten,<br />
Fahrzeughersteller und Tankstellenbetreiber können<br />
hier lösungsorientiert an der Fragestellung arbeiten,<br />
woran es bei der „Grünen Mobilität“ mit Biomethan<br />
noch hakt.<br />
Einige dieser Punkte wurden von Horst Seide in seiner<br />
Rede auch benannt. „Der Preis an der Zapfsäule ist das<br />
Hauptargument für den Verbraucher“, machte er deutlich.<br />
Und hier erscheint Biomethan nicht so günstig,<br />
wie es sein könnte. Das liegt einerseits an der seit längerem<br />
beklagten Preisauszeichnung an der Tankstelle,<br />
die den höheren Energiegehalt des Biomethans nicht<br />
berücksichtigt. Zudem werden auch noch Netzentgelte<br />
aufgeschlagen, kritisierte Seide: „Die Berechnung der<br />
Netzentgelte passt nicht zur Tankstelle. Bei mir an der<br />
Tankstelle sind es 10 ct/kg, die für den Betrieb des<br />
Kompressors fällig werden.“<br />
Weitere Hürden erwartet der Präsident des Fachverbandes<br />
durch die Umsetzung der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung<br />
(BImSchV). Durch die zusätzliche<br />
Belastung mit dem Quotenwert könnte sich Biomethan<br />
verteuern und Erdgas für Tankstellenbetreiber günstiger<br />
sein. Horst Seide plädierte daher für eine Unterquote<br />
für besonders fortschrittliche Biokraftstoffe, zu denen<br />
Biomethan zu rechnen sei: „Damit ließe sich der Status<br />
quo halten.“ Bei der Wahl des Förder instrumentes<br />
müsse letztlich die Frage lauten, wie das angestrebte<br />
Ziel der Dekarbonisierung am besten zu erreichen sei.<br />
Um 80 Prozent CO 2<br />
-Minderung in 2050 zu erreichen,<br />
müssten jedes Jahr 2,3 Prozentpunkte Treibhausgasminderung<br />
hinzukommen.<br />
Über notwendige Weichenstellungen aus Sicht des<br />
Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft<br />
(BDEW) sprach in Berlin Eric Ahlers. Zu den Handlungsfeldern,<br />
die der BDEW in seiner „Roadmap Eco-<br />
Mobilität“ beschreibt, gehört auch die Nutzung von<br />
CNG und LNG im Verkehrsbereich. Der BDEW positioniert<br />
die Erdgasmobilität als „Baustein“ der Energiewende<br />
im Verkehrssektor, betonte Ahlers. Durch<br />
Erhebungen bei den Mitgliedsunternehmen liefere der<br />
BDEW zudem Datenmaterial zu Fuhrpark und Gasabsatz.<br />
Die Berücksichtigung der Klimavorteile, wie geringere<br />
Emissionen und weniger Feinstaub, sollten in<br />
den Beschaffungsrichtlinien von Bund, Ländern und<br />
Kommunen zum Ausdruck kommen. Als weitere Handlungsfelder<br />
identifiziert der BDEW ein Förderprogramm<br />
für innovative Fahrzeuge im Schwerlastverkehr, um die<br />
LNG-Mobilität voranzubringen.<br />
Dr. Dietrich Klein:<br />
„Was nicht im Verkehr<br />
an Treibhausgas-Einsparung<br />
erreicht wird, müssen<br />
dann andere Sektoren<br />
wie die Landwirtschaft<br />
leisten.“<br />
„Veganes“ Biomethan<br />
Die „extrem guten“ Werte von Biomethan bei der Einsparung<br />
von Treibhausgasen hob Zoltan Elek hervor,<br />
Geschäftsführer der Landwärme GmbH. Zudem sei der<br />
Einsatz von Biomethan die preisgünstigste Form der<br />
CO 2<br />
-Minderung. Mit Biomethan aus Gülle und Reststoffen<br />
ließe sich die THG-Quote häufig am günstigsten<br />
erfüllen. Die europaweite Verfügbarkeit ist durch die Infrastruktur<br />
des Erdgasnetzes in Europa gewährleistet.<br />
Und obwohl Biomethan als Kraftstoff gut zu den ambitionierten<br />
Klimaschutzzielen passte, führten die politischen<br />
Rahmenbedingungen dazu, dass Biomethan<br />
als Kraftstoff ohne Zukunft erscheine, kritisierte Elek.<br />
Zwar wird an über 200 Biogasanlagen Biomethan in<br />
das Erdgasnetz eingespeist. Doch von ursprünglich 15<br />
Anlagen sind nur noch 4 für die Quote zertifizierte Biomethananlagen<br />
in Betrieb. Nur noch etwa 1.000 TJ<br />
Biomethan werden als Kraftstoff abgesetzt, was etwa<br />
1 Prozent der Quote entspricht. Und sowohl die Ab-<br />
11
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Dr. Max Peiffer<br />
geht davon aus,<br />
dass die Rolle<br />
konventioneller<br />
Biokraftstoffe aus<br />
Stärke, Pflanzenöl<br />
und Zucker wohl<br />
abnehmen wird.<br />
satzzahlen für Erdgasfahrzeuge als auch die Anzahl<br />
der Tankstellen weisen nach unten. Zu den Ursachen<br />
gehört für Elek das Vermischungsverbot bei tierischen<br />
Fetten. Seit 2012 sind Biokraftstoffe aus tierischen<br />
Ölen und Fetten von der Quote ausgeschlossen. Eine<br />
weitreichende Auslegung führte ab 2013 dazu, dass<br />
Kraftstoff nur noch in „ausschließlich veganen“ Biomethananlagen<br />
erzeugt wird. Bis heute ist eine Verordnung<br />
zur Klärung der Situation nicht umgesetzt,<br />
beklagte Zoltan Elek. Die Folge ist jedoch, dass tierische<br />
Fette und Öle weiterhin gesammelt, zu Biodiesel<br />
verarbeitet und in die Nachbarländer exportiert werden.<br />
Elek fordert hier eine einheitliche, länderübergreifende<br />
Regelung und insbesondere Gleichberechtigung für<br />
alle Biokraftstoffe. Ein großes Problem ist zudem die<br />
Nachweisführung, machte Elek deutlich: Eine klassische<br />
Biomethan-Abfallanlage verarbeitet bis zu 40<br />
unterschiedliche Stoffe. In der Nabisy-Datenbank werden<br />
alleine für Biomethan 105 aktive Stoffschlüssel<br />
geführt. Für jeden Stoffschlüssel muss jeden Monat<br />
eine eigene THG-Berechnung erstellt werden. Dabei<br />
gibt es für Biomethan nur drei Standardwerte. Hinzu<br />
kommt, dass durch die Anhebung der Referenzwerte<br />
weniger Biomethan zur Quotenerfüllung benötigt wird.<br />
Das könnte einen Rückgang der Nachfrage um rund<br />
10 Prozent zur Folge haben, befürchtet Zoltan Elek.<br />
Bei gleichen Kosten für die Beimischung lässt sich mit<br />
Biodiesel mehr Quote generieren. Die Quotenpreise für<br />
Biomethan könnten in der Folge um 30 bis 40 Prozent<br />
zurückgehen.<br />
Kritik übte Elek auch an der Rohstoffbasis für fortschrittliche<br />
Biokraftstoffe, wie sie im Entwurf der 38.<br />
BImSchV festgelegt ist: Hier finden sich zum einen Nebenprodukte<br />
von Kraftstoffen, die ab 2020 abgeschafft<br />
werden sollen, wie Abwässer aus der Palmölproduktion,<br />
leere Palmfruchtbündel und Rohglycerin, sowie Exoten<br />
wie Traubentrester, Nussschalen und entkernte Maiskolben,<br />
aus denen noch kein kommerzieller Kraftstoff<br />
produziert wurde. Ohnehin droht die EU-Kommission<br />
damit, den Anteil der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse<br />
von 7 Prozent im Jahr 2020 auf 3,8 Prozent im Jahr<br />
2030 abzusenken. Damit würde aber das vom Europäischen<br />
Rat für das Jahr 2030 beschlossene Ziel von 27<br />
Prozent Erneuerbare Energien verfehlt, kritisieren die<br />
Bioenergie- und Biokraftstoffverbände, die den Kongress<br />
am 23. und 24. Januar in Berlin ausrichteten.<br />
Um den Treibhausgasausstoß um 30 Prozent zu reduzieren,<br />
sei eine Energiewende im Verkehr nötig. „Was<br />
nicht im Verkehr an Treibhausgas-Einsparung erreicht<br />
wird, müssen dann andere Sektoren wie die Landwirtschaft<br />
leisten“, machte Dr. Dietrich Klein deutlich,<br />
Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen<br />
Bioethanolwirtschaft. Die aus landwirtschaftlichen<br />
Rohstoffen hergestellten Kraftstoffe wie Biodiesel und<br />
Bioethanol senken die THG-Emissionen bereits heute<br />
um durchschnittlich 70 Prozent. Artur Auernhammer,<br />
Vorsitzender des Vorstandes des Bundesverbandes Bioenergie<br />
(BBE) kommentierte: „Die von der EU-Kommission<br />
vorgeschlagene Förderung von Biokraftstoffen<br />
aus Reststoffen und Abfällen ist richtig. Sie können<br />
aber Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse nicht ersetzen,<br />
sondern müssen einen zusätzlichen Beitrag zur Reduzierung<br />
fossiler Kraftstoffe leisten.“ Der Anteil dieser<br />
neuen Kraftstoffe soll ab 2021 stufenweise von 1,5<br />
Prozent auf 6,8 Prozent in 2030 erhöht werden. Doch<br />
ob und wie diese Anteile erreicht werden sollen und<br />
können, ist völlig unklar. Entsprechende Anlagen sind<br />
über einen Labormaßstab nicht hinausgekommen.<br />
Weniger Bedeutung für konventionelle<br />
Biokraftstoffe<br />
Der Münchener Rechtsanwalt Dr. Max Peiffer, der sich<br />
mit dem Biokraftstoffrecht befasst, geht davon aus,<br />
dass die Rolle konventioneller Biokraftstoffe aus Stärke,<br />
Pflanzenöl und Zucker wohl abnehmen wird. Der<br />
internationale Biomethanhandel werde an Bedeutung<br />
gewinnen, so Peiffer: „Die Grenzen werden fallen.“<br />
Das ist aber auch nicht immer ganz einfach, wie das<br />
vor dem Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren<br />
zum Biomethanhandel zwischen Deutschland und<br />
Schweden zeigt. Einen Überblick über den europäischen<br />
Markt lieferte Frank Hofmann vom Fachverband<br />
Biogas e.V. Seinen Ausführungen zufolge gibt es in Europa<br />
495 Biogas-Aufbereitungsanlagen. Während der<br />
Zubau in Deutschland mit nur noch zehn in 2016 in<br />
Betrieb gegangenen Anlagen stagniert, entwickeln sich<br />
die Märkte in Großbritannien und Frankreich besser.<br />
„Der Biomethanmarkt in Europa hat noch Potenzial“,<br />
sagte Hofmann.<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
BEE-Neujahrsempfang<br />
CO 2<br />
-Bepreisung fossiler Energien in<br />
allen Sektoren notwendig<br />
Diskutanten auf dem<br />
Podium, von links:<br />
Moderatorin Martina<br />
Richwien, Caren Lay,<br />
Thomas Bareiß, Robert<br />
Habeck, Prof. Dr. Hubert<br />
Weiger und Stefan<br />
Körzell.<br />
Mitte Februar fand im Berliner Maritim Hotel der traditionelle Neujahrsempfang<br />
des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE) statt. Kernthemen waren die<br />
CO 2<br />
-Bepreisung, Stromsteuer, Energiewendefonds und Mieterstrom.<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
<strong>2017</strong> E.h. Fritz Brickwedde seine Rede<br />
werde ein entscheidendes Jahr,<br />
begann BEE-Präsident Dr.-Ing.<br />
vor über 1.000 Zuhörern. Damit zielte er nicht nur auf<br />
die anstehende Bundestagswahl ab, sondern auch auf<br />
den immer weiter um sich greifenden Populismus in<br />
Deutschland. Fakten würden heute in bemerkenswerter<br />
Weise interpretiert. Die neuen Rechten auf der ganzen<br />
Welt leugneten den Klimawandel.<br />
Brickwedde erinnerte an eine bedeutende Rede des<br />
früheren Bundespräsidenten und Ökonomen Horst<br />
Köhler, der im Dezember vergangenen Jahres beklagt<br />
habe, dass die weltweite Verbrennung fossiler Energieträger<br />
die Anreicherung von Treibhausgasen in der<br />
Atmosphäre auf ein beispielloses Niveau getrieben<br />
hat. Köhler habe zudem davor gewarnt, dass es in den<br />
nächsten Jahrzehnten weltweit zu rund 200 Millionen<br />
Klimaflüchtlingen kommen kann, sollten die ehrgeizigen<br />
Pariser Klimaziele nicht erreicht werden.<br />
Köhler habe außerdem beklagt, dass das überlange<br />
Festhalten an der Kohle der Gesellschaft politisch und<br />
finanziell gigantische Kosten verursacht habe. Laut<br />
Köhler sei die globale Erwärmung das größte Marktversagen<br />
in der Geschichte der Menschheit. Darum<br />
forderte Brickwedde: „Wir brauchen jetzt endlich einen<br />
wirksamen Preis auf CO 2<br />
.“ Einen Tag vor dem<br />
Neujahrsempfang hat jedoch laut Brickwedde das EU-<br />
Parlament durch seine Beschlüsse den Europäischen<br />
Emissionshandel auf absehbare Zeit als wirkungsloses<br />
Klimaschutzinstrument zementiert.<br />
„Um die Erderwärmung wenigstens bei 2 Grad Celsius<br />
zu begrenzen, müssten jährlich mindestens 4,7 Prozent<br />
der Emissionszertifikate aus dem Markt genommen<br />
werden. Das EU-Parlament hat aber nur eine jährliche<br />
Reduktion von 2,2 Prozent beschlossen. Damit<br />
werden die Klimaziele deutlich verfehlt. Soll die Erwärmung<br />
auf 1,5 Grad begrenzt werden, müssten zügig sogar<br />
22 Prozent der Emissionszertifikate aus dem Markt<br />
genommen werden“, machte Brickwedde deutlich.<br />
2016 lagen die Zertifikatepreise bei rund 5 Euro pro<br />
Tonne statt bei 80 Euro, wie das Umweltbundesamt<br />
die realen CO 2<br />
-Kosten berechnet hat. Das EEG habe im<br />
Gegensatz zum Emissionshandel bewiesen, dass es Investitions-<br />
und Innovationsanreize in klimafreundliche<br />
Technologien setzen kann. Für den Stromsektor schlägt<br />
der Verbandspräsident vor, die Stromsteuer abzuschaffen<br />
und stattdessen eine CO 2<br />
-Bepreisung auf die fossile<br />
Stromerzeugung einzuführen.<br />
Industrieprivilegien über Bundeshaushalt<br />
finanzieren<br />
Die Höhe des Preises sollte zwischen positiven und negativen<br />
Strompreisen variiert werden. Die CO 2<br />
-Steuer<br />
würde bei positiven Strompreisen den CO 2<br />
-Preis um<br />
etwa 20 Euro pro Tonne erhöhen. Bei negativen Strompreisen<br />
solle die CO 2<br />
-Steuer deutlich höher liegen und<br />
die Klimakosten abbilden. Die CO 2<br />
-Bepreisung würde<br />
im Stromsektor die EEG-Umlage senken, sobald die<br />
Differenzkosten zu den Erneuerbaren Energien verringert<br />
würden. Brickwedde: „Die Industrieprivilegien<br />
14
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Aktuelles<br />
sollten nicht durch die EEG-Umlage, sondern über den<br />
Bundeshaushalt finanziert werden. Würde die Politik<br />
das machen, könnte die Umlage um 1,5 Cent pro Kilowattstunde<br />
sinken.“<br />
Eine CO 2<br />
-Bepreisung auf fossile Brennstoffe im Wärmesektor<br />
solle die Verbraucher zu einem klima- und<br />
umweltfreundlichen Umgang mit Raumwärme und<br />
Warmwasser motivieren. Brickwedde forderte die<br />
Bundesregierung auf, die Förderung von Öl- und Gasheizungen<br />
sofort einzustellen. Diese Förderung passe<br />
nicht mehr in die Zeit. Auch sei es ein Unding, dass das<br />
Thema Kohleausstieg in die nächste Legislaturperiode<br />
geschoben werde. Brickwedde hofft, dass die Politik<br />
alsbald das Thema Mieterstrom regelt und eine entsprechende<br />
Verordnung auf den Weg bringt, die praktikabel<br />
sei. Mit Mieterstrom werde die Energiewende<br />
weiter in die Städte getragen.<br />
„Die Zukunft heißt“, so der BEE-Präsident, „Deutschland<br />
setzt auf Erneuerbare Energien und Dezentralität.<br />
Wir fahren elektrisch oder mit effizienten Biokraftstoffen.<br />
Unsere Häuser werden mit erneuerbarem Strom<br />
versorgt und mit regenerativen Energieträgern erwärmt.<br />
Die Wirtschaft, die in der Zukunft global mitmischen<br />
will, setzt auf Energieeffizienz, Energiespeicher, auf<br />
Erneuerbare Energien und digitale, übergreifende Verknüpfung.“<br />
Zypries zählte Erreichtes auf<br />
Politische Gastrednerin in diesem Jahr war Brigitte Zypries,<br />
die neue Bundesministerin für Wirtschaft und<br />
Energie. Sie hat damit im Grunde die Zusage von ihrem<br />
Vorgänge Sigmar Gabriel eingelöst, der einige Tage zuvor<br />
zum neuen Bundesaußenminister ernannt worden war.<br />
Aufgrund ihrer jungen Amtszeit stellte sie das „quasi“<br />
Erreichte ihres Vorgängers sowie der Bundesregierung<br />
in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, die schon ein<br />
Stück weit auch nach Wahlkampf klangen.<br />
So lobte sie den beschlossenen Klimaplan 2050, „der<br />
nun erstmals Klimaziele für die einzelnen Sektoren<br />
festlegt“. Diese Ziele gelte es nun mit Leben auszufüllen.<br />
Die Bundesregierung habe einen neuen Kompass<br />
geschaffen für die Energiepolitik. Dieser zeige<br />
an: 1. Efficiency first in allen Sektoren. 2. Die direkte<br />
Nutzung von Erneuerbaren stärken – nicht nur im<br />
Stromsektor. 3. Erneuerbaren Strom im Wärme-, Verkehrs-<br />
und Industriesektor einsetzen – soll heißen: die<br />
Sektorenkopplung zu vertiefen.<br />
Bei all dem müsse die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />
Wirtschaft erhalten bleiben. Nur dann könne die<br />
Energiewende ein echtes Modernisierungs- und Investitionsprogramm<br />
sein, weil sie dann auch gesellschaftlich<br />
akzeptiert sei. „Die Bundesregierung hat mit zwei<br />
Reformen des EEG die Erneuerbaren Energien näher<br />
an den Markt herangeführt. Mit dem Gesetz zur Reform<br />
des Strommarktes ist dieser fit gemacht worden<br />
für die Aufnahme wachsender Anteile Erneuerbarer“,<br />
erklärte die Ministerin. EEG und Strommarkt seien<br />
aufeinander abgestimmt<br />
und zukunftsfest. Ein<br />
Kernproblem seien noch<br />
die Netzengpässe für den<br />
Stromtransport von Nord<br />
nach Süd.<br />
Netzausbau fehlt<br />
Tempo<br />
Mit der fluktuierenden<br />
Stromerzeugung aus Erneuerbaren<br />
Energien auf<br />
der einen Seite und dem<br />
Lastmanagement auf der<br />
Nachfrageseite sei die<br />
Steuerung des Gesamtsystems<br />
nach wie vor eine<br />
Herausforderung. „Die<br />
richtige Antwort darauf<br />
ist: Smart Grid, Smart<br />
Home, Smart Meter – also<br />
die Digitalisierung der Energiewende“, sagte Zypries.<br />
Mit Sorge sieht die Politikerin, dass der Netzausbau<br />
nicht mit der nötigen Geschwindigkeit zum Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien im Stromsektor vorankommt.<br />
Beides müsse besser synchronisiert<br />
werden.<br />
Es mache keinen Sinn,<br />
Strom zu produzieren, der<br />
nicht zum Verbraucher<br />
transportiert werden könne.<br />
Das führe zur Unterminierung<br />
der Glaubwürdigkeit<br />
der Energiewende.<br />
Der Netzausbau müsse<br />
beschleunigt werden. Im<br />
Fotos: Silke Reents<br />
BEE-Präsident Dr.-Ing. Fritz Brickwedde:<br />
„Wir erwarten von der<br />
Politik, ihre ratifizierten<br />
Ziele auch umzusetzen“<br />
Brigitte Zypries:<br />
„Wir wollen, dass die<br />
Mieter am Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien<br />
beteiligt werden“<br />
ersten Schritt müsse mit<br />
den neuen verfügbaren<br />
Technologien mehr Strom<br />
in bestehenden Netzen<br />
transportiert werden.<br />
Zweitens brauche es einen<br />
Schub bei der Genehmigung<br />
von Netzvorhaben.<br />
„Bis 2025 müssen<br />
die großen Gleichstromleitungen<br />
von Nord nach Süd gebaut sein. Bis dahin<br />
entscheidet der Ausbau des sogenannten Start-Netzes,<br />
wie viel Strom wir transportieren können. Für den Ausbau<br />
sind jedoch die Länder zuständig“, hob Zypries<br />
hervor. Zum Mieterstrom sagte die Bundesministerin,<br />
dass sich gerade an dem Tag des Neujahrsempfangs<br />
die Regierungskoalition auf Eckpunkte zu einem Gesetz<br />
verständigt habe. Das entsprechende Gesetz solle<br />
noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet<br />
werden. Zudem stellte sie in Aussicht, dass die<br />
Förderung von Öl- und Gasheizungen eingestellt wird.<br />
15
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Horst Seide, Präsident<br />
des Fachverbandes<br />
Biogas e.V., links im<br />
Bild, bedankt sich<br />
bei Fritz Brickwedde<br />
für den überreichten<br />
Rosenstrauß, mit dem<br />
Brickwedde ihm zum<br />
25-jährigen Bestehen<br />
des Fachverbandes<br />
gratuliert hatte.<br />
„EEG-Umlage ist vertretbarer Preis“<br />
Weiterer Gastredner des Abends war Prof. Dr. Michael<br />
Heise, Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe. Sein Unternehmen<br />
sei der Meinung, dass Deutschland Vorreiter<br />
beim Klimaschutz sein sollte. Er hält die Höhe der<br />
EEG-Umlage für „einen absolut vertretbaren Preis für<br />
die Fortentwicklung der Erneuerbaren Energien und für<br />
den Umweltschutz“. Dennoch seien Wege, die die Umlage<br />
sinken lassen würden, von Bedeutung. Ein wichtiges<br />
Handlungsfeld sieht Heise genauso wie schon seine<br />
Vorredner in der CO 2<br />
-Bepreisung. Mit dem Handelssystem<br />
sei man eigentlich einen guten Schritt gegangen,<br />
„aber es erfüllt zurzeit nicht seine Funktion. Es ist mehr<br />
oder weniger wirkungslos.“<br />
Leider hätte sich seit 2009 ein großer Zertifikateüberschuss<br />
im ETS-Handelssystem aufgebaut. Die Politik<br />
solle versuchen, das Handelssystem wiederzubeleben<br />
und zu neuer Wirkung zu bringen. Heise ist davon<br />
überzeugt, dass der technologische Fortschritt helfen<br />
werde, die gesteckten ehrgeizigen Ziele zu erreichen.<br />
Der Klimaschutz sei für das Unternehmen Allianz von<br />
essenzieller Bedeutung. „Wir können die Schäden des<br />
Klimawandels in den eigenen Bilanzen ablesen“, betonte<br />
der Volkswirt. Allein in den letzten beiden Jahren<br />
seien jeweils global über 100 Milliarden US-Dollar an<br />
klimawandelbedingten Schäden entstanden.<br />
Die Energiewende dürfe nicht zur Produktionsabwanderung<br />
aus Deutschland führen. Heise warb: „Wir müssen<br />
zeigen, wie Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg<br />
miteinander verbunden werden können. Dann verbessern<br />
sich unsere Chancen, dass wir uns in der globalen<br />
Arena durchsetzen können.“<br />
CO 2<br />
-Bepreisung richtige Logik<br />
Die abschließende Podiumsdiskussion war sehr lebhaft,<br />
nicht zuletzt aufgrund der Diskussionsbeiträge<br />
von Schleswig-Holsteins grünem Energieminister Robert<br />
Habeck. Neben ihm saßen MdB Caren Lay, Die<br />
Linke, MdB Thomas Bareiß, CDU, Prof. Dr. Hubert Weiger,<br />
BUND, und Stefan Körzell, DGB, in der Runde.<br />
Habeck: „Eine systematische CO 2<br />
-Bepreisung mit Mindestpreisen<br />
und im Gegenzug der Ausbau der Erneuerbaren,<br />
die den Strom günstiger machen – das ist die<br />
richtige Logik, damit die Sektorenkopplung gelingen<br />
kann.“ Auch Habeck ist für die Abschaffung der Stromsteuer.<br />
Wenn der europäische Emissionshandel nicht<br />
anziehe, dann brauche es eine nationale Umsetzung<br />
und einen Mindestpreis. „Das muss gemacht werden,<br />
aber nur um den Sektorenübergang gerechter zu regeln.<br />
Die Umstiegsszenarien können nur über klar definierte<br />
Ausstiegsziele gehen. Der CO 2<br />
-Preis müsste ja bei 45<br />
Euro pro Tonne liegen, damit eine Lenkungswirkung<br />
zum Ausstieg greift. Wir müssen für alle fossilen Energien<br />
und den gesamten Industriepark sagen, ab welchem<br />
Zeitpunkt X mit den CO 2<br />
-Emissionen Schluss ist.<br />
Die Leute, die sich heute eine Ölheizung anschaffen –<br />
womöglich staatlich gefördert –, die werden verarscht.<br />
Den Menschen müsste eigentlich gesagt werden, dass<br />
die fossilen Energien in 20 Jahren unbezahlbar sind“,<br />
betonte der Energieminister.<br />
Thomas Bareiß hält die CO 2<br />
-Bepreisung auch für richtig,<br />
widersprach aber der Meinung, dass der Emissionshandel<br />
nicht funktioniere. Das System solle nicht<br />
kaputt geredet werden. Caren Lay würde auch unterstützen,<br />
dass das, was der europäische Emissionshandel<br />
nicht schafft, national ausgeglichen wird. Sie ist<br />
auch für die Abschaffung der Stromsteuer, fordert aber<br />
stattdessen Investitionen in einen Energiewendefonds,<br />
damit die Wende sozial abgefedert werden kann. Außerdem<br />
fordert sie, „diese sinnlosen und überbordenden<br />
Industrierabatte zu reduzieren“.<br />
Hubert Weiger ist davon überzeugt, dass sich mit guter<br />
fachlicher Raumordnungsplanung lokale Energiewendeprojekte<br />
planen und steuern lassen. Der Bevölkerung<br />
müsse viel deutlicher vermittelt werden als bisher, dass<br />
die Energiewende mit dem Ausbau der Erneuerbaren<br />
die Landschaft und das Landschaftsbild verändern<br />
werden. „Nach allen unseren Erfahrungen wissen wir,<br />
dass die Menschen viel mehr bereit sind, aktiver mitzumachen,<br />
wenn die Energiewende in einen größeren<br />
Gesamtzusammenhang gestellt wird. Nämlich als tatsächlich<br />
unverzichtbar, um eine wesentlich größere Gefahr<br />
– den laufenden Klimawandel – in seiner Wirkung<br />
zu verringern“, erklärte Weiger.<br />
Stefan Körzell ist genauso wie Caren Lay für einen<br />
Energiewendefonds. Er sagt: „Die Kosten müssen sozialverträglich<br />
verlagert werden.“ Er führte zudem aus:<br />
„Nur gute Arbeit kann die Energiewende voranbringen.<br />
Green Jobs sind nicht gleich Good Jobs.“ Die Menschen<br />
seien darauf angewiesen, gutes Geld zu verdienen, genauso<br />
wie die Unternehmen darauf angewiesen seien,<br />
eine gute Vergütung zu bekommen.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
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16
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Aktuelles<br />
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17
Aktuelles<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Save the date<br />
12. – 14. Dezember <strong>2017</strong>, Nürnberg<br />
Gewohnter Ort, neuer Termin: Vom 12. bis 14. Dezember <strong>2017</strong> findet in der<br />
Nürnberg Messe die 27. Jahrestagung und Fachmesse des Fachverbandes Biogas,<br />
die BIOGAS Convention & Trade Fair statt.<br />
Das neue Konzept vom F,achverband Biogas e.V. und<br />
der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG)<br />
geht in die nächste Runde: Im gewohnten Umfeld des<br />
Nürnberger Messegeländes (NCC-Mitte) wird wieder die<br />
weltweit größte Veranstaltung ausschließlich für Biogas<br />
stattfinden. Thematische Schwerpunkte beim „Familientreffen“<br />
der Biogasakteure vom 12. bis 14. Dezember<br />
werden die Auswirkungen der Bundestagswahl<br />
auf die Zukunft der Branche, aktuelle Fragestellungen<br />
zur Flexibilisierung von Anlagen sowie die Ergebnisse<br />
und Folgen aus den ersten Ausschreibungsrunden<br />
sein. Weitere Herausforderungen, denen sich Betreiber<br />
werden stellen müssen, werden den Teilnehmern vorgestellt<br />
und intensiv diskutiert. Kerninhalte sind: EEG<br />
<strong>2017</strong>, DüV, AwSV, TA Luft, Sicherheit, Abfallvergärung,<br />
Gärproduktaufbereitung oder Genehmigung.<br />
Neben Leitvorträgen werden Workshops für Mitglieder<br />
und internationale Gäste angeboten. Im Rahmen der<br />
BIOGAS Convention findet ferner die Mitgliederversammlung<br />
<strong>2017</strong> statt, und am 13. Dezember können<br />
sich Aussteller, Teilnehmer und Referenten in entspannter<br />
Atmosphäre auf der Abendveranstaltung im<br />
persönlichen Gespräch austauschen. Am 15. Dezember<br />
besteht zum Abschluss die Gelegenheit, Biogasanlagen<br />
in der Region rund um Nürnberg zu besuchen.<br />
Die Anmeldephase für die Fachmesse „BIOGAS Trade<br />
Fair“ läuft bereits, unter www.biogas-convention.com/<br />
Ausstellerservice können Firmen direkt online ihre<br />
Standfläche buchen. Das Tagungsprogramm und der<br />
Ticketshop für Teilnehmer und Besucher der BIOGAS<br />
Convention & Trade Fair werden ab Mai/Juni <strong>2017</strong> veröffentlicht.<br />
18
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Aktuelles<br />
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19
Politik<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Die Kohle<br />
bestimmt<br />
weiterhin das<br />
Denken<br />
Foto: Petair_fotolia<br />
Saarpolygon: Ein<br />
Denkmal für die Kohle<br />
und den Bergbau. Es<br />
steht in 150 Metern Höhe<br />
auf der Halde Duhamel<br />
in Ensdorf. Es könnte<br />
auch als Symbol für die<br />
SPD-Politik im Saarland<br />
stehen, die immer<br />
kohlefreundlich war.<br />
„Deutlich länger als anderswo“ ist der Weg zur Energiewende im Saarland.<br />
Von Bernward Janzing<br />
Bei dieser Ausgangslage ist die Energiewende<br />
natürlich eine Herausforderung: Zu fast<br />
zwei Drittel basiert die Stromerzeugung des<br />
Saarlandes heute noch auf der Steinkohle.<br />
Auch wenn das Saarland selbst keine Kohle<br />
mehr fördert, so zeugt doch die Energieinfrastruktur<br />
weiterhin deutlich von einer Historie in diesem Sektor.<br />
Noch laufen in dem kleinen Land an gleich fünf Standorten<br />
Kohlekraftwerke.<br />
Entsprechend schwer tut sich die Politik, der fossilen<br />
Energie den Rücken zu kehren. Erneuerbare Energien<br />
spielen daher im Land nur eine untergeordnete Rolle,<br />
sie decken den landesweiten Strombedarf zu bescheidenen<br />
15 Prozent. Und auch die Ziele sind wenig<br />
ambitioniert: Bis zum Jahr 2020 sollen die Erneuerbaren<br />
Energien 20 Prozent des Stromverbrauchs decken<br />
– während man deutschlandweit dann schon beim<br />
doppelten Wert angelangt sein wird. Entsprechend<br />
schreibt auch die Agentur für Erneuerbare Energien<br />
in ihrem jüngsten Statusreport über den kleinsten der<br />
deutschen Flächenstaaten: „Auch wenn es hier in den<br />
letzten Jahren zu einem Wachstum kam, ist der Weg zur<br />
vollständigen Energiewende im Saarland noch deutlich<br />
länger als anderswo.“<br />
SPD ist Kohlepartei<br />
Auch nach der Landtagswahl am 26. März sind energiepolitisch<br />
kaum Überraschungen zu erwarten. Auch<br />
wenn sich eine Mehrheit ohne die CDU ergäbe – rein<br />
rechnerisch könnte das mit SPD, Grünen und Linkspartei<br />
unter Umständen gelingen –, wäre ein deutlicher<br />
Schwenk gegenüber der Energiepolitik der amtierenden<br />
Großen Koalition wenig wahrscheinlich. SPD-Landeschef<br />
Heiko Maas betont gerne, dass aus Sicht der<br />
SPD „fossil befeuerte Kraftwerke für das Industrieland<br />
Saarland eine besondere Bedeutung besitzen“. Und<br />
deswegen werde die SPD diese „auch in Zukunft aktiv<br />
unterstützen“.<br />
Umweltverbände kritisieren diese Kohlepolitik der<br />
Landesregierung immer wieder. „Der vorläufige Weiterbetrieb<br />
der Kohlekraftwerke Quierschied (Weiher)<br />
und Bexbach wird als Erfolg gefeiert“, monierte jüngst<br />
Christoph Hassel, Landesvorsitzender des BUND Saarland.<br />
Speziell das Kraftwerk Bexbach belaste mit einem<br />
jährlichen Ausstoß von über 70 Kilogramm Quecksilber<br />
die Umwelt erheblich.<br />
Die Betreiberfirma Steag hatte im vergangenen Jahr die<br />
Stilllegung der beiden Kraftwerke mit zusammen rund<br />
1.500 Megawatt Leistung beantragt, doch dann entschied<br />
der Netzbetreiber Amprion, dass sie systemrelevant<br />
seien. Bei einer Stilllegung sei eine „nicht unerhebliche<br />
Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder<br />
Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu<br />
erwarten“. Nun müssen die beiden Blöcke zunächst bis<br />
Ende November 2019 in Betriebsbereitschaft gehalten<br />
werden.<br />
Wirtschafts- und Energieministerin Anke Rehlinger<br />
(SPD) begrüßte die Entscheidung des Übertragungs-<br />
20
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Politik<br />
netzbetreibers und nannte die Kraftwerke<br />
eine „notwendige Brücke in das Zeitalter<br />
der Erneuerbaren Energien“. Außerdem<br />
sei dieser Beschluss „für den regionalen<br />
Energie- und Industriestandort, die Steag<br />
und deren saarländische Beschäftigte eine<br />
gute Botschaft“.<br />
Regierung torpediert EU-<br />
Emissionshandel zugunsten der<br />
Stahlindustrie<br />
Aber nicht nur für die Kohlekraftwerke<br />
setze sich die Landesregierung ein, klagt<br />
der BUND, auch die Stahlindustrie werde<br />
von der Politik zu sehr geschont: „Die<br />
Landesregierung torpediert die geplante<br />
Reform des EU-Emissionshandels aus<br />
Rücksicht auf die Stahlindustrie im Land<br />
in einer Art und Weise, die nur sehr schwer<br />
zu ertragen ist.“<br />
Mit den Erneuerbaren Energien geht es<br />
im Saarland unterdessen nur langsam<br />
voran; bei der Bioenergie stagniert der<br />
Markt ohnehin, sie trägt keine 2 Prozent<br />
zum Strommix bei. Zu den bedeutendsten<br />
Projekten des Landes in diesem Sektor gehört<br />
immerhin die Nahwärmeversorgung<br />
Fürth/Dörrenbach. Sie ist – auch wenn<br />
sie im Vergleich zu ähnlichen Projekten in<br />
anderen Ländern spät kommt – das erste<br />
Bioenergiedorf im Saarland. Umgesetzt<br />
wurde das Projekt durch eine Bürgerenergiegenossenschaft<br />
(BEG). Nach deren Angaben<br />
sind inzwischen 203 Wärmekunden<br />
am Netz.<br />
Auch für die Solarenergie im Land wurden<br />
die Ausbauerwartungen in jüngster Zeit<br />
nach unten korrigiert. Im Jahr 2015 lag die<br />
Gesamtleistung der installierten Photovoltaik<br />
bei 402 Megawatt, der Zubau erreichte<br />
in jenem Jahr lediglich 9,7 Megawatt.<br />
Gerade 0,6 Prozent der bundesweiten Ausbaumenge<br />
entfielen im ganzen Jahr auf das<br />
Saarland. Damit sei das Land „sowohl im<br />
Verhältnis zur Bevölkerungszahl (1,2 Prozent)<br />
als auch zur Fläche (0,7 Prozent) nur<br />
unterdurchschnittlich vertreten“, musste<br />
der Saarländische Energiebeirat, ein Gremium<br />
aus Vertretern der Landesregierung<br />
und der Energiewirtschaft, von Verbänden,<br />
Kammern, Gewerkschaften und Wissenschaft,<br />
in seinem jüngsten Bericht bilanzieren.<br />
Der bisher prognostizierte Ausbaukorridor<br />
für Photovoltaik wurde von einst<br />
10 bis 25 Megawatt jährlich inzwischen<br />
auf 10 bis 15 Megawatt zurückgenommen.<br />
Die Windenergie nähert sich immerhin<br />
einem Wert von 5 Prozent des Stromverbrauchs<br />
im Saarland. Die installierte Windenergieleistung<br />
stieg bis zum Sommer<br />
2016 auf 283 Megawatt, bei einer Anzahl<br />
von 141 Windkraftanlagen. Bis Ende des<br />
Jahres 2020 sei eine Gesamtleistung zwischen<br />
420 und 530 MW möglich, schätzt<br />
der Energiebeirat.<br />
Es braucht Windräder im Wald<br />
Mit den nunmehr prognostizierten Ausbaupfaden<br />
der Einzeltechnologien wird bis<br />
2020 eine jährliche Erzeugung zwischen<br />
1,34 und 1,61 Milliarden Kilowattstunden<br />
Regenerativstrom erwartet. Damit wäre<br />
das Ziel, ein Fünftel des Strombedarfs aus<br />
Erneuerbaren Energien zu decken, gerade<br />
noch erreichbar. Voraussetzung dafür<br />
aber ist der Zubau von Windrädern auch<br />
im Wald.<br />
Der BUND fordert nun von der künftigen<br />
Landesregierung eine Vorrangpolitik für die<br />
Erneuerbaren Energien und Antworten auf<br />
die Frage, wie es weitergeht nach Erreichen<br />
des 20-Prozent-Ziels. Denn längerfristige<br />
Perspektiven hat die Politik noch nicht<br />
eröffnet. Der Umweltverband verlangt außerdem<br />
eine „Stärkung der Kommunen als<br />
Motor der Energiewende von unten“, einen<br />
sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung<br />
und den Erlass eines Klimaschutzgesetzes<br />
sowie die Einrichtung einer<br />
saarländischen Energieagentur „als Motor<br />
der Energiewende“ im Land.<br />
Auch eine verstärkte energetische Nutzung<br />
der Biomasse im Saarland steht auf<br />
der Wunschliste des BUND. Er regt eine<br />
Initiative zur energetischen Nutzung des<br />
kommunalen Grünguts an, ebenso eine<br />
Unterstützung eines Projektes des Instituts<br />
für Zukunftsenergiesysteme (IZES)<br />
zur Holzkaskadennutzung. Und weil zum<br />
Thema Energiewende nicht nur die Erneuerbaren<br />
zählen, sondern auch eine Verbesserung<br />
der Effizienz, sollte das Land nach<br />
den Wünschen des BUND die kleinen und<br />
mittelgroßen Unternehmen in diesem Bereich<br />
künftig stärker fördern.<br />
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Bernward Janzing<br />
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Politik<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
2016: Abermals Rekordwert<br />
beim Stromexport<br />
Im vierten Quartal stützte Deutschland sogar das französische<br />
Stromnetz nach Ausfall von zahlreichen Atomreaktoren.<br />
Von Bernward Janzing<br />
dass auch nur ein einziger Meiler aus politischen<br />
Gründen abgeschaltet worden wäre.<br />
Der Strommangel Frankreichs zeigt sich<br />
auch an den Börsenpreisen: Während am<br />
deutschen Spotmarkt im November Strom<br />
im Mittel für 38 Euro je Megawattstunde<br />
zu bekommen war, kostete dieser in Frankreich<br />
im gleichen Zeitraum durchschnittlich<br />
65 Euro. Im Dezember war der Preisvorteil<br />
auf deutscher Seite ähnlich mit 37<br />
Euro gegenüber 59 Euro.<br />
Deutschland hat im Jahr 2016<br />
abermals einen neuen Rekordüberschuss<br />
beim Stromexport<br />
erzielt. Nach vorläufigen Zahlen<br />
der Arbeitsgemeinschaft<br />
Energiebilanzen flossen im vergangenen<br />
Jahr rund 82 Milliarden Kilowattstunden<br />
ins Ausland, während im gleichen Zeitraum<br />
nur 26,6 Milliarden importiert wurden. Damit<br />
bleibt ein Saldo von gut 55 Milliarden<br />
Kilowattstunden. Im Jahr zuvor hatte der<br />
Wert noch bei 51,8 Milliarden gelegen, und<br />
schon das war ein historischer Spitzenwert<br />
gewesen. Der Exportüberschuss entspricht<br />
etwa der Erzeugung von fünf Atomkraftwerken<br />
oder gut 9 Prozent des deutschen<br />
Inlandsverbrauchs. Der Exportüberschuss<br />
steigt seit Jahren; bis um die Jahrtausendwende<br />
waren Importe und Exporte weitgehend<br />
ausgeglichen.<br />
Die größten Mengen gingen im vergangenen<br />
Jahr – in dieser Reihenfolge – in die<br />
Niederlande, die Schweiz, nach Österreich<br />
und Polen. Selbst Tschechien bezog 2016<br />
per Saldo Strom aus Deutschland, wie sich<br />
aus Analysen des Fraunhofer ISE in Freiburg<br />
ergibt. Der Exportüberschuss in die<br />
Schweiz erreichte mit rund 14,6 Milliarden<br />
Kilowattstunden 2016 gar einen Rekordwert,<br />
nachdem die Eidgenossen vor allem<br />
am Standort Beznau große Sicherheitsprobleme<br />
mit ihren alten Atomreaktorblöcken<br />
haben. Die Atomstromerzeugung in der<br />
Schweiz ist daher 2016 nach ersten Abschätzungen<br />
auf das niedrigste Niveau seit<br />
25 Jahren gefallen.<br />
Ende 2016 benötigte Frankreich<br />
viel Strom aus Deutschland<br />
Zuletzt stützte Deutschland sogar das französische<br />
Stromnetz: Im vierten Quartal<br />
floss jeden Monat mehr Strom zum westlichen<br />
Nachbarn als in umgekehrte Richtung.<br />
Ursache waren Stillstände der dortigen<br />
Atomreaktoren. Zeitweise waren 20 der<br />
58 Atomkraftwerke außer Betrieb, einige<br />
wegen Routinekontrollen, andere wegen<br />
Sicherheitsproblemen, nachdem der französische<br />
Kraftwerkspark langsam alt und<br />
anfälliger wird.<br />
Die Ausfälle waren entsprechend drastisch:<br />
Im November erzeugten die französischen<br />
AKW 13 Prozent weniger Strom als im gleichen<br />
Monat des Vorjahres, im Dezember<br />
noch 9 Prozent. Im Gesamtjahr lag die Mindererzeugung<br />
bei rund 33 Milliarden Kilowattstunden,<br />
ein Minus von fast 8 Prozent.<br />
Damit erzeugte Frankreich im Jahr 2016<br />
die geringste Menge an Atomstrom seit<br />
Ende der Neunzigerjahre – und dies ohne<br />
Foto: blende11.photo_fotolia<br />
200 Euro pro MWh in Frankreich<br />
Im Januar erreichten die Spotmarktpreise<br />
in Frankreich stundenweise gar Werte über<br />
200 Euro je Megawattstunde, das sind 20<br />
Cent je Kilowattstunde. In den Zeitungen<br />
war gleichzeitig zu lesen: „In Frankreich<br />
wird der Strom knapp“. Der Netzbetreiber<br />
RTE entwickelte zudem einen Notfallplan:<br />
Mit zwei Dutzend energieintensiven Industriebetrieben<br />
schlossen die Behörden<br />
ein Abkommen, wonach diese bei einem<br />
drohenden Blackout binnen Sekunden den<br />
Verbrauch herunterfahren. Auf Plakaten<br />
warb das Atomland zugleich für das Stromsparen<br />
– während Deutschland selbst in<br />
den kalten Januartagen keine Versorgungsengpässe<br />
zu verzeichnen hatte.<br />
So war Deutschland auch im Januar wieder<br />
in großem Stil Stromexporteur. Die mitunter<br />
geäußerte Kritik, Deutschland würde<br />
seinen Strom zu Billigpreisen ans Ausland<br />
verscherbeln, lässt sich übrigens nicht<br />
erhärten, wie Analysen des ISE auf Basis<br />
von Daten des Statistischen Bundesamtes<br />
zeigen: Seit Jahren liegen die Preise des<br />
importierten und des exportierten Stroms<br />
etwa auf gleichem Niveau. Erstmals 2016<br />
war der Preis des ausgeführten Stroms mit<br />
35 Euro je Megawattstunde etwas niedriger<br />
als der Preis des eingeführten Stroms mit<br />
37 Euro. In der Summe hat Deutschland<br />
mit seinem Stromexport im vergangenen<br />
Jahr aufgrund der hohen Überschussmengen<br />
rund 1,4 Milliarden Euro mehr an Einnahmen<br />
erzielt, als für die Importe bezahlt<br />
werden musste.<br />
Autor<br />
Bernward Janzing<br />
Freier Journalist<br />
Wilhelmstr. 24a<br />
79098 Freiburg<br />
Tel. 07 61/202 23 53<br />
E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />
22
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Politik<br />
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23
Politik<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Pläne für die künftige<br />
EU-Energiepolitik ab 2020<br />
Die Europäische Kommission hat ihre Pläne für die<br />
künftige Energiepolitik offenbart: Für die Erneuerbaren<br />
Energien ist die Vorlage nicht ambitioniert ausgefallen,<br />
die Chance wurde verpasst, den Ausbau begründet durch<br />
das Pariser Abkommen zu beschleunigen, um das<br />
1,5-Grad-Ziel zu halten. So, wie die politische Lage in<br />
Europa derzeit aussieht, ist es aber bemerkenswert, dass<br />
überhaupt eine zweite Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
vorliegt.<br />
Von Julia Münch<br />
Am 30. November 2016 hat die Generaldirektion<br />
Energie der EU-Kommission ihr sogenanntes<br />
„Winter-Paket“ vorgestellt, das<br />
Entwürfe für Richtlinien und Verordnungen<br />
im Bereich Energie enthält. Im Einzelnen<br />
sind dies über 1.000 Seiten, die unter anderem eine<br />
Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, eine<br />
neue Energieeffizienzrichtlinie, eine Richtlinie zur integrierten<br />
EU-Governance und sowohl eine Richtlinie zu<br />
gemeinsamen Regeln im europäischen Strommarkt als<br />
auch eine Verordnung zum europäischen Strommarkt<br />
enthalten, um nur einige der wichtigsten Regelungen<br />
zu nennen. In diesem Artikel wird eine erste allgemeine<br />
Einschätzung zum Winterpaket und den Auswirkungen<br />
auf die Energiewende gegeben.<br />
Positiv ist, dass es überhaupt ein Ziel für den Anteil<br />
Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch<br />
geben wird. Das politische Klima für Erneuerbare Energien<br />
hat sich innerhalb vieler europäischer Länder so<br />
weit verschlechtert, dass allein die Veröffentlichung<br />
eines Entwurfs einer Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
(RED II) von 2020 bis 2030 schon als Erfolg gelten<br />
muss. Allerdings sind die Ziele mitnichten ehrgeizig:<br />
27 Prozent soll der Anteil der Erneuerbaren Energien<br />
am Gesamtenergieverbrauch in 2030 betragen, das<br />
Energieeffizienzziel wird voraussichtlich auf 30 Prozent<br />
gesetzt.<br />
Für beide Ziele standen Forderungen von 40 Prozent<br />
im Raum, die aber politisch nicht durchsetzbar waren.<br />
Zudem gibt es keine verbindlichen nationalen Ziele<br />
mehr, was den Druck auf einzelne Mitgliedstaaten stark<br />
verringert. Die genannten Ziele werden voraussichtlich<br />
nach Hochrechnungen ohne besondere Anstrengung<br />
ohnehin erreicht werden. So werden sie den Erfordernissen<br />
des Pariser Abkommens nicht gerecht, da sie die<br />
erforderliche Dekarbonisierung nicht in dem nötigen<br />
Maße beschleunigen werden.<br />
Kein fossiles und nukleares<br />
Ausstiegsszenario formuliert<br />
Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius<br />
ist so kaum zu schaffen. Für den Verkehrsbereich<br />
wird es kein gesondertes Unterziel mehr geben. Nicht<br />
zu finden ist in dem Gesetzespaket und sonstigen Erwägungen<br />
der EU-Kommission eine Abkehr von fossilen<br />
und nuklearen Energieträgern oder auch nur ein<br />
Plan zum Ausstieg aus diesen oder zur Abschaffung<br />
von Subventionen in diesem Bereich.<br />
Darüber hinaus scheint es, dass die Erneuerbare-<br />
Energien-Richtlinie schrittweise ausgehöhlt wird: Es<br />
werden Kernthemen in andere Gesetze oder andere Generaldirektionen<br />
verlagert. So werden der vorrangige<br />
Netzzugang/die vorrangige Einspeisung sowie die Regeln<br />
zu Kapazitätsmärkten künftig in der Strommarkt-<br />
Verordnung geregelt. Fördersysteme für Erneuerbare<br />
Energien sollen nur erlaubt sein, wenn sie mit den<br />
„Beihilfeleitlinien für Energie und Umwelt“ vereinbar<br />
sind, die 2014 von der Generaldirektion Wettbewerb<br />
verabschiedet worden sind.<br />
Diese Forderung ist umso erstaunlicher, als damit die<br />
Hoheit über die Ausgestaltung der Fördersysteme an<br />
die Generaldirektion Wettbewerb abgegeben wird, die<br />
in bloßen Leitlinien bestimmen kann, wie die Förderung<br />
für Erneuerbare Energien auszusehen hat, anstatt<br />
dass dies in einem ordentlichen Gesetz von der Generaldirektion<br />
Energie festgelegt wird.<br />
Biogas soll unter „Biomassebrennstoff“<br />
gefasst werden<br />
Neu im Entwurf der „Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
II“ (RED II) ist, dass Biogas nicht mehr zu den Biokraftstoffen<br />
gehören wird, sondern zu sogenannten „Biomassebrennstoffen“<br />
(„biomass fuels“), die gasförmige<br />
und feste Brenn- und Kraftstoffe aus Biomasse umfassen.<br />
Auf das 27-Prozent-Ziel können Strom, Wärme,<br />
Kälte und Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien angerechnet<br />
werden. Die Kommission will allerdings die<br />
Verwendung von Nahrungsmittel- und Futterpflanzen<br />
stark begrenzen, am liebsten ganz abschaffen, um keine<br />
sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen<br />
zu induzieren.<br />
Kraftstoffe aus Futter- und Nahrungsmittelpflanzen<br />
sollen daher ab 2021 nur noch mit bis zu 7 Prozent<br />
auf das Gesamtziel angerechnet werden können, dieser<br />
Wert soll bis 2030 kontinuierlich auf 3,8 Prozent<br />
sinken. Um überhaupt auf das 27-Prozent-Ziel angerechnet<br />
werden zu können, sind allerdings Nachhaltigkeitskriterien<br />
einzuhalten, die ab 2021 für alle Biomassebrennstoffe,<br />
also auch in der Verwendung von<br />
Biogas für die Strom- und Wärmeproduktion, gelten<br />
sollen.<br />
24
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Politik<br />
Die Nachhaltigkeitskriterien müssen nur Neuanlagen erfüllen,<br />
der Bestand bleibt geschützt. Allerdings gilt: Wird<br />
die Kapazität einer Anlage erhöht, so gilt diese Leistung als<br />
neue Anlage und fällt unter die neuen Bestimmungen. Das<br />
System der Herkunftsnachweise (Guarantees of Origin)<br />
wird auf die gesamten Erneuerbaren Energien ausgeweitet.<br />
Keine verbindlichen Unterziele mehr für den<br />
Verkehrsbereich<br />
Es soll kein Unterziel mehr für den Verkehrssektor geben,<br />
aber ein Minimumziel für sogenannte treibhausgasarme<br />
Biokraftstoffe ab 2021: Der Anteil soll ab 2012 1,5 Prozent<br />
betragen und bis 2030 auf 6,8 Prozent ansteigen. In<br />
diese Quote fallen aber nicht nur Biokraftstoffe, sondern<br />
auch Elektromobilität und abfallbasierte fossile Kraftstoffe.<br />
Letztere sind Kraftstoffe, die aus nicht biologischen<br />
Abfallströmen produziert werden. Ein Anteil von mindestens<br />
0,5 Prozent (in 2021) bis 3,6 Prozent (in 2030) soll<br />
davon aus fortschrittlichen Biokraftstoffen oder aus Biogas<br />
stammen. Der Beitrag von Kraftstoffen aus Energiepflanzen<br />
darf aber maximal nur 1,7 Prozent betragen.<br />
Änderungen soll es auch beim Einspeisevorrang geben:<br />
Nach dem Entwurf der neuen Verordnung für einen europäischen<br />
Strommarkt soll die Einspeisung von Elektrizität<br />
nicht-diskriminierend und marktbasiert erfolgen. Der Einspeisevorrang<br />
gilt in Mitgliedstaaten der EU – in denen<br />
mehr als 15 Prozent der Erneuerbare-Energien-Anlagen<br />
bereits einen Einspeisevorrang genießen – nur noch für<br />
kleine Anlagen unter 250 kW installierter elektrischer<br />
Leistung oder bei Demonstrationsanlagen; ab 2026 halbiert<br />
sich diese Größe (Vorrang nur für Anlagen bis 125<br />
kW). Alte Anlagen, die vor Inkrafttreten der Richtlinie in<br />
Betrieb gehen, fallen nicht unter diese Regelung, der Bestandsschutz<br />
gilt. Allerdings: Wenn die Erzeugungskapazitäten<br />
erhöht werden oder ein neuer Netzanschlussvertrag<br />
ausgehandelt werden muss, gelten auch hier die neuen<br />
Regeln.<br />
Dies ist nur eine erste Einschätzung und kurze Zusammenfassung.<br />
Die Entwürfe werden jetzt in Ausschüssen<br />
verhandelt und dann im Europäischen Parlament und im<br />
Ministerrat abgestimmt. Die Gesetze werden wohl nicht<br />
vor 2018 verabschiedet werden. Jetzt gilt es, den Handlungsdruck<br />
zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass die Ziele<br />
ehrgeiziger und die Rahmenbedingungen für Erneuerbare<br />
Energien insgesamt günstiger werden.<br />
Autorin<br />
Julia Münch<br />
Fachreferentin<br />
Referat International<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenst. 12 · 85356 Freising<br />
Tel. 0 81 61/98 46 60<br />
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praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
26<br />
Foto: www.agrarfoto.at
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis / Titel<br />
Körnermaisstroh – ein Substrat,<br />
das Hoffnungen weckt<br />
Beim Anbau von Körnermais fällt Körnermaisstroh ohne Mehraufwand an. Da es sich um<br />
einen Reststoff handelt, gibt es zahlreiche gute Gründe für die Nutzung als Biogassubstrat.<br />
Aber wie wird Maisstroh geerntet und welche Erträge können dabei erzielt werden? Ist<br />
das Substrat eigentlich silierfähig? Werden bei der Vergärung sinnvolle Methanausbeuten<br />
erreicht und rechnet sich der Einsatz auch aus ökonomischer Sicht? Diese Fragen werden<br />
an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in einem mehrjährigen Forschungsprojekt<br />
beantwortet. Die bisher erzielten Ergebnisse wecken durchaus Hoffnung.<br />
Von M.Sc. Monika Fleschhut und Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />
Durch den Anbau von Körnermais fallen jedes<br />
Jahr in Deutschland rund 3,8 Millionen<br />
(Mio.) Tonnen (t) Trockenmasse (TM)<br />
Maisstroh an, die bislang nicht geerntet<br />
werden, sondern zur Humusreproduktion<br />
und Nährstoffrückführung auf dem Feld verbleiben.<br />
Zum Vergleich: Silomais wird in einer Größenordnung<br />
von 12 bis 14 Mio. t TM in deutschen Biogasanlagen<br />
eingesetzt. Maisstroh steht also grundsätzlich in relevanten<br />
Mengen zur Verfügung und bietet quantitativ<br />
ein echtes Substitutionspotenzial. Als Reststoff fällt<br />
das Substrat ohne jeglichen Flächenverbrauch an und<br />
verursacht folglich keine Nutzungskonkurrenzen. Weil<br />
bis zur Ernte kein Produktionsaufwand erforderlich ist<br />
und das Substrat auch nicht mit anderen Nutzungsrichtungen<br />
konkurriert, ist Körnermaisstroh per se sehr<br />
günstig.<br />
Während die Strohbergung oftmals mit ackerbaulichen<br />
Nachteilen verbunden wird, gibt es auch zahlreiche<br />
Vorteile: Gerade in Fruchtfolgen mit einem hohen Körnermaisanteil<br />
können durch die Abfuhr von Maisstroh<br />
das Strohmanagement und die Bodenbearbeitung für<br />
die Folgefrucht erleichtert und kann somit das Infektionsrisiko,<br />
zum Beispiel mit Fusarien oder Maiszünsler,<br />
vermindert werden. Werden nach der Vergärung in der<br />
Biogasanlage die Biogasgärreste wieder ausgebracht,<br />
kann von einem weitgehend geschlossenen Kreislauf<br />
ausgegangen werden.<br />
Da Maisstroh außerdem nicht unter den „Mais- und<br />
Getreidekorndeckel“ (§ 39h EEG <strong>2017</strong>) fällt, der die<br />
Nutzung von Mais (als Ganzpflanze, Maiskorn-Spindel-<br />
Gemisch, Körnermais und Lieschkolbenschrot) und<br />
Getreidekörnern künftig auf 50 Masseprozent – in den<br />
Folgejahren sogar auf 44 Masseprozent – begrenzt,<br />
sind vorerst keine gesetzlichen Restriktionen für den<br />
Einsatz von Maisstroh in der Biogasanlage zu erwarten.<br />
In Summe gibt es also eine Vielzahl guter Gründe,<br />
Maisstroh für die Biogasproduktion zu nutzen. Das<br />
macht aber nur dann Sinn, wenn eine entsprechende<br />
Sub strateignung gegeben ist. Wesentliche Kriterien<br />
hierfür sind möglichst hohe Erträge und Methanausbeuten,<br />
eine prinzipielle Siliereignung und unproblematische<br />
Vergärung und schlussendlich auch eine<br />
stimmige Ökonomie.<br />
Untersuchungen der LfL<br />
Um die Menge und Qualität des bei der Körnerernte<br />
anfallenden Maisstrohs bestimmen zu können, wurden<br />
von 2014 bis 2016 am Standort Freising „pflanzenbauliche<br />
Exaktversuche“ mit Körnermais durchgeführt und<br />
wurde die Ertragsstruktur von Korn und Restpflanze ( =<br />
Maisstroh) ermittelt. Dabei wurde auch der Einfluss von<br />
Sortenwahl (vier/fünf Sorten) und Erntezeitpunkt (drei<br />
Erntetermine im Zeitraum Anfang Oktober bis Anfang<br />
November) geprüft. Alle Varianten wurden in dreifacher<br />
Wiederholung in einer Blockanlange getestet. Die so<br />
ermittelten Maisstroherträge sind als „Maisstrohpotenzial“<br />
zu verstehen und der nach dem Drusch anfallenden<br />
und damit theoretisch erntbaren Maisstrohmenge<br />
gleichzusetzen.<br />
Welche Strohmengen davon tatsächlich geborgen werden<br />
können, wurde systematisch in praxisnah durchgeführten<br />
dreijährigen „Erntetechnikversuchen“ an der<br />
LfL-Versuchsstation Grub untersucht. Dazu wurden<br />
acht Ernteverfahren (vier Schwadtechniken in Kombination<br />
mit zwei Bergungsvarianten) in Großparzellen<br />
von mindestens 630 Quadratmetern Größe mit vierfacher<br />
Wiederholung getestet und analysiert.<br />
Als Schwadtechniken kamen der BioChipper (BioG<br />
GmbH), der Schwadhäcksler UP-6400 (Uidl Biogas<br />
GmbH/Agrinz Technologies GmbH), der Merge Maxx<br />
900/902 (Kuhn S.A.) und der Mais Star* Collect (Carl<br />
Geringhoff Vertriebsgesellschaft mbH & Co.KG) zum<br />
Einsatz. Bei den Schwadtechniken BioChipper und<br />
Schwadhäcksler UP-6400 handelt es sich um modifizierte<br />
Mulcher mit Schwadfunktion von 6 bzw. 6,4<br />
27
praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Fotos: Monika Fleschhut<br />
Der Merge Maxx von<br />
Kuhn nimmt das Maisstroh<br />
in einem separaten<br />
Arbeitsgang mit<br />
Pick-ups vom Boden<br />
auf. Querförderbänder<br />
legen es mittig hinter<br />
dem Schlepper ab.<br />
Das Stroh wird dabei<br />
nicht weiter zerkleinert.<br />
Gut zu sehen ist, dass<br />
zwischen den Reihen<br />
nur noch wenig Stroh<br />
liegen geblieben ist.<br />
Metern Arbeitsbreite. Damit werden nach dem Maisdrusch<br />
die Maisstoppeln gemulcht und wird zeitgleich<br />
das Maisstroh durch den Sog der Schlegelwelle aufgenommen,<br />
zerkleinert und seitlich im Schwad abgelegt.<br />
Beim 9 Meter breiten Merge Maxx wird das Maisstroh<br />
ebenfalls in einem separaten Arbeitsgang, jedoch ohne<br />
weitere Zerkleinerung über Pick-ups aufgenommen<br />
und auf ein Querförderband transportiert. Der Mais<br />
Star* Collect ist ein modifizierter Pflücker für Mähdrescher,<br />
bei dem unterhalb der Pflückeinheit eine Auffangwanne<br />
verbaut ist, wodurch die Schwadablage des<br />
Maisstrohs direkt beim Dreschen erfolgen kann.<br />
Für die nachfolgende Bergung des geschwadeten Maisstrohs<br />
wurden Feldhäcksler (mit Pick-up-Vorsatz) und<br />
Ladewagen im Vergleich getestet. Neben der Ermittlung<br />
des Maisstrohpotenzials wurden der „auf Schwad<br />
gelegte Strohertrag“ und der „abgefahrene Strohertrag“<br />
erfasst und TS- und Rohaschegehalte (als Maß<br />
für die Verschmutzung) bestimmt.<br />
Für verschiedene Proben sowohl aus dem pflanzenbaulichen<br />
Exaktversuch als auch aus dem praxisnahen Erntetechnikversuch<br />
wurden anhand von Silierversuchen<br />
im Labormaßstab und einem ersten Silierversuch im<br />
größeren Maßstab im Silotunnel die Siliereigenschaf-<br />
Der Pflückvorsatz Mais Star* Collect von der Firma Geringhoff ist ein Kolbenpflücker für Mähdrescher. Dieser Pflückvorsatz legt das Stroh<br />
mittig vor dem Mähdrescher ab. Das Schwad liegt dann zwischen den Rädern. Weiteres Material fällt nach dem Dreschvorgang hinten<br />
aus dem Mähdrescher raus auf das vorhandene Schwad. Die Maisstoppeln sind angerissen, was gut für die Maiszünslerbekämpfung ist.<br />
Zwischen den Reihen ist wenig Maisstroh zu finden.<br />
28
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis / Titel<br />
ten geprüft. Zur Beurteilung der Maisstrohqualität<br />
wurde die stoffliche Zusammensetzung nasschemisch<br />
mithilfe der Weender/Van Soest-Analyse untersucht<br />
und wurden die spezifischen Methanausbeuten im Labormaßstab<br />
mittels Batchversuchen nach VDI 4630<br />
(2006) ermittelt.<br />
Maisstrohpotenzial und Methanausbeuten<br />
In den bisherigen Versuchen hat sich gezeigt, dass das<br />
Maisstrohpotenzial im Mittel bei 11,0 t TM pro ha -1 lag,<br />
die Kornerträge betrugen durchschnittlich 12,1 t TM<br />
pro ha -1 . Daraus ergibt sich ein mittleres Korn-Stroh-<br />
Verhältnis von rund 1:0,9, das eine grobe Abschätzung<br />
des Strohanfalls anhand des Kornertrages erlaubt.<br />
Im labortechnischen Maßstab erweist sich Körnermaisstroh<br />
als sehr gut vergärbar und liefert vergleichsweise<br />
hohe Methanausbeuten. Im mehrjährigen Gesamtdurchschnitt<br />
(n=127) wurde für Maisstroh eine spezifische<br />
Methanausbeute von rund 320 Normliter je Kilogramm<br />
organischer TM [Nl (kg oTM) -1 ] ermittelt, wobei<br />
sich die Werte zwischen einem Minimum von 281 Nl<br />
CH 4<br />
(kg oTM) -1 und einem Maximum von 379 Nl CH 4<br />
(kg oTM) -1 bewegten.<br />
Damit erreicht Maisstroh etwa 80 bis 95 Prozent der<br />
Methanausbeute von Silomais [Silomais erreicht im<br />
Labormaßstab unter den gleichen Bedingungen rund<br />
360 Nl CH 4<br />
(kg oTM) -1 ]. Im Vergleich mit zahlreichen<br />
alternativen Substraten (wie zum Beispiel Buchweizen,<br />
Biogas-Blühmischungen, Durchwachsene Silphie, Igniscum)<br />
ist das Methanertragspotenzial folglich als<br />
überdurchschnittlich hoch zu bewerten und teilweise<br />
ebenbürtig zu klassischen Substraten wie Gras oder<br />
Getreide-GPS.<br />
Demnach ist anzunehmen, dass die Restpflanze<br />
auch bei einer Ernte ab der Körnerreife noch einen<br />
hohen Anteil an gut verdaulichen Bestandteilen<br />
aufweist und die fehlende Stärke vermutlich weitestgehend<br />
durch vergärbare Faserbestandteile<br />
kompensiert wird. Könnte das gesamte vorhandene<br />
Maisstrohpotenzial ohne Ernteverluste geerntet<br />
werden, würden die Methanhektarerträge<br />
[Strohertrag in t TM pro ha -1 * spezifische Methanausbeute<br />
in Nm 3 CH 4<br />
(t oTM) -1 * oTM-Gehalt] bei<br />
rund 3.000 bis 3.500 Nm 3 CH 4<br />
ha -1 liegen, also<br />
etwas weniger als die Hälfte von Silomais. Je später<br />
geerntet wird, desto geringer sind jedoch die<br />
Methanhektarerträge, weil die spezifischen Methanausbeuten<br />
mit zunehmender Abreife (oftmals<br />
signifikant) sinken und auch das Maisstrohpotenzial<br />
tendenziell abnimmt. Vermutlich sind dafür<br />
Bröckelverluste an den Blättern verantwortlich.<br />
Auch die Sortenwahl kann eine Rolle spielen, wobei<br />
aufgrund der starken Jahreseffekte ein eindeutiger<br />
Sorteneffekt bislang nicht bestätigt werden konnte. Da<br />
aktuelle Körnermaissorten aber bislang nicht für eine<br />
Koppelnutzung gezüchtet waren, sind durch Zuchtfortschritt<br />
sicherlich noch Optimierungen zu erwarten.<br />
Der Biochipper von der Firma BioG aus Österreich ist ein Kombinationsgerät. Im Grunde handelt<br />
es sich um einen Schlegelmulcher mit Hammerschlegeln, die die Maisstoppeln und das Stroh<br />
zerkleinern. Gleichzeitig wird von den Schlegeln das Material durch den Luftsog angesaugt<br />
und auf Querförderbänder abgelegt, die das Stroh dann ins Schwad ablegen. Die Maisstoppeln<br />
sind sehr kurz, was sehr gut ist für die Maiszünslerbekämpfung. Allerdings bringt die Maschine<br />
nicht alles Stroh ins Schwad, was aus Praxissicht nicht weiter schlimm ist.<br />
Abfuhrraten und Methanhektarerträge<br />
Im Erntetechnikversuch wurden bei einem Maisstrohpotenzial<br />
zwischen 9,8 t pro ha -1 und 11,7 t pro ha -1 unter<br />
praxisnahen Bedingungen Stroherträge von durchschnittlich<br />
4,6 bis 6,3 t TM pro ha -1 abgefahren. Das<br />
deckt sich in etwa mit den Erfahrungen aus der Praxis:<br />
Die Erträge werden hierbei auf 3 bis 7 t TM pro ha -1<br />
beziffert. Es können also durchaus relevante Substratmengen<br />
geborgen werden, zugleich sind aber die Ernteverluste<br />
oftmals noch sehr hoch und liegen nicht selten<br />
in der gleichen Größenordnung wie die Erntemengen.<br />
Im Versuch erwiesen sich alle geprüften Ernteverfahren<br />
als praktikabel. In den Einzeljahren konnten zwischen<br />
den vier Schwadtechniken durchaus signifikante Unterschiede<br />
in den Abfuhrraten festgestellt werden, im<br />
dreijährigen Vergleich wurden jedoch nahezu identische<br />
Abfuhrraten erzielt. Feldhäcksler und Ladewagen<br />
erwiesen sich als völlig gleichwertig bei den Abfuhrraten,<br />
wobei die Zerkleinerung beim Feldhäcksler intensiver<br />
ist.<br />
Einen Effekt auf die Abfuhrraten hatten insbesondere<br />
auch die Erntebedingungen. So ergaben sich bei einer<br />
verzögerten Strohbergung, also bei einer längeren<br />
Feldliegezeit des Maisstrohs nach der Körnerernte,<br />
überwiegend negative Effekte auf die Abfuhrraten. Die<br />
TS-Gehalte des geborgenen Maisstrohs waren in den<br />
einzelnen Versuchsjahren sehr variabel und lagen bei<br />
durchschnittlich 40 bis 45 Prozent (2014/2016) und<br />
60 Prozent (2015). Unmittelbar vor dem Körnerdrusch<br />
waren die TS-Gehalte der Restpflanze (= Maisstroh)<br />
jedoch im Bereich von Silomais (30 bis 35 Prozent ).<br />
29
praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Tabelle 1: Datengrundlage für den Kostenvergleich von Maissilage und Maisstroh-Silage<br />
abgefahrener<br />
FM-Ertrag<br />
abgefahrener<br />
TM-Ertrag<br />
TM-<br />
Anteil<br />
Silierverluste oTM-Anteil oTM-Ertrag<br />
nach Silierung<br />
Methanausbeute<br />
Methanhektarertrag<br />
„Hektar-Stromertrag“<br />
6)<br />
t FM ha -1 t TM ha -1 % % TM % t oTM ha -1 Nm 3 (t oTM) -1 Nm 3 ha -1 kWh el<br />
(ha) -1<br />
Maissilage<br />
(Ganzpflanze)<br />
51 1) 17,0 33 6 95 15,2 337 4) 5.116 20.423<br />
Maisstroh-Silage 9,7 2) 4,9 51 8 3) 93 2) 4,2 295 5) 1.237 4.937<br />
1)<br />
Durchschnittsertrag von Silomais in den Jahren 2009 bis 2014 (Bayerisches Landesamt für Statistik).<br />
2)<br />
Zweijährige Ergebnisse des praxisnahen Erntetechnikversuches, die auch für die Praxis realistisch sind.<br />
3)<br />
Silierverluste gemäß Experteneinschätzung.<br />
4)<br />
Methanausbeute von Silomais in Anlehnung an den LfL-Biogasrechner (http://www.lfl.bayern.de/iba/energie/049711).<br />
5)<br />
Methanausbeute von Maisstroh bezogen auf oTM: 87,5 Prozent von Silomais (gemäß den Ergebnissen der Batchversuche).<br />
6)<br />
Annahme: Elektrischer Nutzungsgrad der Methanverwertung durch KWK: 40 Prozent.<br />
Entgegen der optischen Wahrnehmung sind die TS-<br />
Gehalte auch bei stark abgereiften Restpflanzen keineswegs<br />
hoch. Allerdings kann es in Abhängigkeit von<br />
den Witterungsverhältnissen während der Ernte noch<br />
zu einer deutlichen Nachtrocknung des Ernteguts kommen.<br />
Deshalb ist es ratsam, das Maisstroh unverzüglich<br />
nach der Körnerernte zu bergen. Mit Rohaschegehalten<br />
von durchschnittlich 7,9 Prozent (2014) beziehungsweise<br />
6,2 Prozent (2015) kann die Verschmutzung<br />
als unproblematisch eingestuft werden. Der „natürliche“<br />
Rohaschegehalt der Restpflanze liegt bei rund<br />
4 Prozent, der Anstieg der Rohaschegehalte um 2 bis<br />
4 Prozentpunkte ist folglich auf den Schmutzeintrag<br />
während der Ernte zurückzuführen.<br />
Werden für die Berechnung der Methanhektarerträge<br />
die tatsächlich abgefahrenen Stroherträge und die gemessenen<br />
Rohaschegehalte zugrunde gelegt, ergibt<br />
sich ein Methanhektarertrag von rund 1.500 Nm 3 CH 4<br />
pro ha -1 , also rund 20 bis 25 Prozent von Silomais.<br />
Siliereignung von Körnermaisstroh<br />
Voraussetzung für die ganzjährige Nutzung von Maisstroh<br />
ist eine entsprechende Siliereignung. Die Bezeichnung<br />
„Stroh“ verleitet zu der Annahme, dass sich<br />
das Substrat nur schlecht silieren lässt. Standardisierte<br />
Silierversuche haben jedoch gezeigt, dass Maisstroh<br />
grundsätzlich gut siliert und die TM-Verluste gering<br />
sind, wenn Sauerstoffabschluss gewährleistet ist. Auch<br />
die aerobe Stabilität war nach der Öffnung der Silos<br />
überwiegend hoch. Dies konnte in den Versuchen auch<br />
bei höheren TS-Gehalten und schlechteren Maisstrohqualitäten<br />
(zum Beispiel bei längeren Feldliegezeiten)<br />
bestätigt werden, wobei in diesen Fällen bereits Verluste<br />
durch Umsetzungsprozesse auf dem Feld vorausgegangen<br />
sein könnten.<br />
Eine Herausforderung stellt sicherlich die Verdichtbarkeit<br />
von Maisstroh im Silo dar. Bei einem ersten<br />
Silierversuch im Silotunnel lagen die ermittelten Dichten<br />
bei nur rund der Hälfte von Silomais. Das hat Kon-<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis / Titel<br />
Tabelle 2: Kosten der Maissilage und Maisstroh-Silage „frei Eintrag“ bei kostenfreiem Maisstroh „ab Feld“<br />
(Euro gerundet auf ganze Zahlen)<br />
Vollkosten „frei<br />
stehender Bestand“<br />
(ohne Flächenkosten)<br />
Ernte + Transport (5 km)<br />
+ Einsilieren<br />
Lagerung im<br />
Fahrsilo<br />
Entnahme +<br />
Beschickung<br />
Vollkosten „frei Eintrag“ (ohne Flächenkosten)<br />
EUR<br />
ha -1<br />
EUR<br />
ha -1<br />
EUR<br />
ha -1<br />
EUR<br />
ha -1<br />
EUR<br />
ha -1<br />
EUR EUR Cent<br />
(t FM) -1 (t TM) -1 (Nm³ CH 4<br />
) -1<br />
Cent<br />
(kWh el<br />
) -1<br />
Maissilage 1)<br />
(Ganzpflanze)<br />
1.245 386 147 46 1.824 38 114 36 8,9<br />
Maisstroh-<br />
Silage 2) 0 162 62 19 243 27 54 20 4,9<br />
1)<br />
Kosten gemäß LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner (siehe auch:<br />
https://www.stmelf.bayern.de/idb/silomais.html)<br />
2)<br />
Annahme: 1,5-facher Lagerraumbedarf bei Maisstroh-Silage im Vergleich zu Silomais<br />
sequenzen für den erforderlichen Siloraum und birgt<br />
die Gefahr des Verderbs bei Luftzutritt. Inwiefern die<br />
Ergebnisse des Silotunnels auch auf die Silierung in<br />
Fahrsilos übertragen werden können, muss mit weiteren<br />
Versuchen geklärt werden. In der Praxis scheint die<br />
Silierung von Maisstroh gut zu funktionieren. Oftmals<br />
arbeiten die Praktiker mit Mischsilagen oder es wird<br />
eine „Deckschicht“ aus feuchteren Substraten (zum<br />
Beispiel Gras oder Zwischenfrüchten) auf das Silo aufgebracht.<br />
Was kostet die Kilowattstunde aus<br />
Maistroh-Silage?<br />
Die Versuchsergebnisse der LfL zu Menge und Qualität<br />
der Maisstroh-Silage bestätigen die grundsätzliche Eignung<br />
als Substrat und zeigen das Potenzial auf. Sollte<br />
dieses Potenzial auch aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht erschlossen werden und wie wettbewerbsfähig ist<br />
das Maisstroh?<br />
Der Großversuch lieferte auch erste Daten zu den Kosten<br />
der eingesetzten Maschinen. Die Vollkosten der<br />
Maisstrohbereitstellung vom Schwad bis zum Fermenter<br />
lagen bei 243 Euro je Hektar. Auf diesem Hektar<br />
wurden 4,9 t TM Maisstroh geborgen, danach wurde<br />
das vom Feldhäcksler zerkleinerte Gut über 5 Kilometer<br />
ins Fahrsilo transportiert, dort mit üblicher Technik<br />
eingelagert, mit 8 Prozent Lagerverlusten wieder<br />
ausgelagert und schließlich damit die Biogasanlage<br />
beschickt (siehe auch Tabelle 1). Wird der Methanhektarertrag<br />
von 1.237 Nm³ mit einem Wirkungsgrad von<br />
40 Prozent verstromt, ergäben sich daraus Vollkosten je<br />
erzeugter elektrischer Kilowattstunde in Höhe von 4,9<br />
Cent (siehe auch Tabelle 2). Mit diesen 4,9 Cent je Kilowattstunde<br />
ist Maisstroh-Silage mehr als nur ein neuer,<br />
ernstzunehmender Wettbewerber im Substratmix, vorausgesetzt<br />
der im Folgenden aufgezählten Annahmen:<br />
Das Maisstroh steht tatsächlich kostenfrei „liegend auf<br />
dem Feld“ zur Verfügung. Nicht ökonomisch bewertet<br />
31
praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Tabelle 3: Kosten der Maisstroh-Silage im direkten Wettbewerb zwischen Körnermais- und<br />
Silomaisanbau (Euro auf ganze Zahlen gerundet)<br />
Flächenkosten<br />
Gewinnbeitrag aus<br />
Körnermaisverkauf 1 )<br />
Verfahrenskosten der<br />
Maisstroh-Silage „liegend<br />
ab Feld“ bis „frei Eintrag“<br />
EUR ha -1 EUR ha -1 EUR ha -1 ha -1<br />
EUR<br />
wurden bisher mögliche einzelbetriebliche Effekte wie<br />
beispielsweise auf den Humushaushalt, die Nährstoffbilanz,<br />
die Feldhygiene (zum Beispiel Einsparung des<br />
Mulchens) oder die Bodenverdichtung durch eine zusätzliche<br />
Überfahrt mit der Häckselkette und die eventuell<br />
bisher im Betrieb nicht vorhandene Ausbringung<br />
der Gärrestrücklieferung.<br />
Aus der einzelbetrieblichen Situation heraus können<br />
hier aber nicht nur Kosten anfallen (zum Beispiel<br />
Nährstoffentzug durch Maisstroh-Abfuhr ohne Rücklieferung<br />
des Gärrests), sondern sind auch Gutschriften<br />
denkbar (zum Beispiel Düngewert des zurückgelieferten<br />
Gärrests ist höher als der Düngewert des alternativ<br />
im Winter auf der Fläche verbleibenden und verrotteten<br />
Maisstrohs).<br />
Vollkosten „frei Eintrag“<br />
Cent<br />
(Nm 3 CH 4<br />
) -1<br />
Cent<br />
(kWh el.<br />
) -1<br />
0 88 243 155 12,5 3,1<br />
250 88 243 405 32,7 8,2<br />
500 88 243 655 52,9 13,3<br />
750 88 243 905 73,1 18,3<br />
1.000 88 243 1.155 93,4 23,4<br />
1)<br />
vgl. LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner (https://www.stmelf.bayern.de/idb/koernermais.html)<br />
Neben diesen pflanzenbaulichen<br />
Nebeneffekten wurden<br />
in der Bewertung vor allem<br />
auch verfahrenstechnische<br />
Nebeneffekte noch nicht berücksichtigt.<br />
Wird das gehäckselte<br />
Maisstroh in einem größeren<br />
Masseanteil eingesetzt,<br />
stellt sich beispielsweise die<br />
bisher noch nicht untersuchte<br />
Frage einer Substratvorzerkleinerung.<br />
Ist die Vergärung von<br />
Maisstrohsilage aktuell<br />
wirtschaftlich?<br />
Langjährige Auswertungen an<br />
der LFL ergeben, dass viele<br />
maisbetont gefütterte Biogasanlagen<br />
mit einem Substratkostenniveau<br />
(„frei Eintrag“)<br />
von mehr als 10 Cent je eingespeister<br />
Kilowattstunde arbeiten. Die Vollkosten klassischer<br />
Maissilage ohne Flächennutzungskosten belaufen<br />
sich auf 8,9 Cent, bei Flächennutzungskosten<br />
von 500 Euro je Hektar auf 11,4 Cent je erzeugbarer<br />
Kilowattstunde. Damit ist die Vergärung von Maisstroh<br />
mit 4,9 Cent je erzeugbarer elektrischer Kilowattstunde<br />
sicher wirtschaftlich, für all die bereits erwähnten<br />
einzelbetrieblichen Nebeneffekte ist mit gut 5 Cent<br />
je Kilowattstunde (umgerechnet ungefähr 250 Euro<br />
je Hektar) reichlich Luft vorhanden. Aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht sollte die Strohvergärung von Körnermaisbeständen<br />
nicht scheitern.<br />
Ist die Vergärung von Maisstroh-Silage auch<br />
im neuen EEG <strong>2017</strong> wirtschaftlich?<br />
Wechselt eine Biogasanlage ins neue EEG <strong>2017</strong>, muss<br />
sie bekanntlich den sogenannten „Mais- und Getreidekorndeckel“<br />
(§39h EEG <strong>2017</strong>) einhalten. Bei Wechsel<br />
im Jahr <strong>2017</strong> wird der Einsatz von Mais als Ganz-<br />
Foto: www.agrarfoto.at<br />
32
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis / Titel<br />
pflanze, Maiskorn-Spindel-Gemisch, Körnermais und<br />
Lieschkolbenschrot auf 50 Massseprozent gedeckelt –<br />
bis vorerst 2021 verschärft sich dieser Deckel in zwei<br />
Schritten auf maximal 44 Masseprozent.<br />
Vom Deckel betroffene Biogasanlagen müssen sich fragen,<br />
was nach Maissilage das oder die nächstbesten<br />
Substrate sind. In regionaler Abhängigkeit kann dies<br />
ein Vertreter der aktuell intensiv diskutierten Alternativen<br />
sein (Silphie, Zuckerrübe etc.), aber auch die Maisstroh-Silage.<br />
Steht dieses Maisstroh durch intensiven<br />
Körnermaisanbau rund um die Biogasanlage noch unverwertet<br />
zur Verfügung, sollte nicht auf den Wechsel<br />
ins EEG gewartet werden.<br />
Ist die Vergärung von Maisstroh-Silage auch<br />
wirtschaftlich, falls Körnermais anstatt<br />
Silomais angebaut wird?<br />
Steht das Maisstroh nicht „sowieso“ und „kostenfrei“<br />
zur Verfügung, sind in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
zum einen die Flächenkosten, zum anderen der<br />
Gewinnbeitrag aus der Körnermaisnutzung einzuberechnen.<br />
Ohne Flächenkosten betrug dieser Gewinnbeitrag<br />
in den vergangenen fünf Jahren (2011 bis<br />
2015) laut LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner<br />
durchschnittlich 87,90 Euro je Hektar. Werden zusätzlich<br />
die Flächenkosten berücksichtigt, erreichen die<br />
Vollkosten „frei Eintrag“ bereits bei einem Pachtniveau<br />
ab 350 Euro je Hektar die oben definierte Zielmarke<br />
von 10 Cent je erzeugter Kilowattstunde (siehe Tabelle<br />
3). Damit ist die diskutierte Variante nur sinnvoll, falls<br />
ausreichend Fläche günstig zur Verfügung steht.<br />
Fazit: Beim Anbau von Körnermais fallen als Reststoff<br />
nicht unerhebliche Mengen an Maisstroh an. Unter<br />
Praxisbedingungen können davon rund 5 t TM geborgen<br />
werden mit TS-Gehalten von zumeist 40 bis 50<br />
Prozent, wobei die Erträge als auch TS-Gehalte in Abhängigkeit<br />
von den Erntebedingungen stark variieren<br />
können. Weil Maisstroh ein erstaunlich hohes Methanbildungspotenzial<br />
aufweist, das bei rund 80 bis 95<br />
Prozent von Silomais liegt, ist es ein aussichtsreiches<br />
Biogassubstrat.<br />
Die Methanhektarerträge liegen bei rund 20 bis 25<br />
Prozent im Vergleich zu Silomais. Auch die Siliereignung<br />
scheint gegeben zu sein. Ein entscheidender Vorteil<br />
ist, dass für die Nutzung von Maisstroh keinerlei<br />
zusätzliche Flächen und bis zur Ernte auch kein Produktionsaufwand<br />
erforderlich sind, was sich in sehr geringen<br />
Vollkosten von umgerechnet 4,9 Cent (kWh el<br />
) -1<br />
niederschlägt. Ungeklärt ist derzeit noch, wie sich das<br />
Substrat bei kontinuierlicher Fütterung verhält und ob<br />
beziehungsweise ab welchen Einsatzmengen eine Aufbereitung<br />
oder anlagentechnische Veränderungen notwendig<br />
sind. Diese Fragestellungen sollen in weiteren<br />
Versuchen geklärt werden.<br />
Autoren<br />
M.Sc. Monika Fleschhut<br />
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft<br />
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung<br />
Am Gereuth 4 · 85354 Freising<br />
Tel. 0 81 61/71-43 18<br />
E-Mail: Monika.Fleschhut@LfL.bayern.de<br />
www.LfL.bayern.de<br />
Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)<br />
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur (IBA)<br />
Menzinger Str. 54 · 80638 München<br />
Tel. 089/17 800 474<br />
E-Mail: martin.strobl@LfL.bayern.de<br />
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33
praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Maisstroh macht Bakterien froh<br />
In Regionen mit Körnermaisanbau bleibt in der Regel die Restpflanze (Stroh) auf dem<br />
Feld liegen und wird in den Boden eingegrubbert oder untergepflügt. Dabei ist dieser<br />
Reststoff durchaus interessant als Gärsubstrat in Biogasanlagen. Aber auch Getreidestroh<br />
bietet Potenzial. Zwei Praxisbeispiele zeigen, wie das Material eingesetzt werden kann.<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Aufnahme des Maisstrohs<br />
auf dem Feld<br />
mit dem Kurzschnittladewagen.<br />
Im oberösterreichischen Utzenaich im Innkreis,<br />
rund 40 Kilometer südlich von Passau, betreibt die<br />
BioG GmbH eine Biogasanlage mit Ringfermenter<br />
überwiegend mit Maisstroh, und das seit sieben<br />
Jahren mit immer größerem Erfolg. Seit elf Jahren<br />
ist die 500-kW-Anlage in Betrieb. Bereits im zweiten<br />
Betriebsjahr schaute sich Geschäftsführer Josef Höckner<br />
mit seinen drei gleichberechtigten Partnern nach<br />
Alternativen zum Silomais um. Die Einspeisevergütung<br />
nach dem Ökostromgesetz bot damals nur 14,5 Cent<br />
pro Kilowattstunde. Den teuren Silomais wollte er daher<br />
ersetzen.<br />
Da in der Region viel Körnermais angebaut wird, begann<br />
er mit dem kostengünstig zur Verfügung stehenden Körnermaisstroh<br />
zu experimentieren, denn das blieb nach<br />
dem Drusch auf den Feldern liegen. „Damals haben wir<br />
mit Schwadtechnik für Grünland versucht, das Körnermaisstroh<br />
in Reihen abzulegen – und das bei etwa 15<br />
bis 20 Zentimeter langen Maisstoppeln. Das hat nicht<br />
besonders gut geklappt. Deshalb begannen wir, ein eigenes<br />
Erntesystem für Maisstroh zu entwickeln. Herausgekommen<br />
ist dabei der sogenannte Biochipper“,<br />
blickt Höckner zurück.<br />
Stoppeln schlegeln und Stroh schwaden in<br />
einem Arbeitsgang<br />
Die Maschine ermöglicht die Ernte von Feldresten, wie<br />
zum Beispiel Maisstoppeln, Maisstroh, Stoppelresten<br />
der Rapspflanze, Aufwüchsen von Brach- sowie Landschaftspflegeflächen.<br />
Die Arbeitsgänge Aufsaugen,<br />
Häckseln und Schwaden erfolgen in einem Arbeitsgang.<br />
Die angebaute Technik führt die Biomasse zu<br />
einem Schwad zusammen und ermöglicht die Ernte<br />
per Ladewagen. Der Biochipper wird angeboten<br />
mit Arbeitsbreiten von 3 bis 6 Metern, somit kann er<br />
beim Gegenfahren ein Schwad von bis zu 12 Metern<br />
zusammenführen. Vorteil auf Maisflächen: das Stroh<br />
wird nicht nur geschwadet, sondern auch die Stoppeln<br />
werden mit Hammerschlegeln in der Länge stark eingekürzt,<br />
was sich positiv auf die Maiszünsler-Bekämpfung<br />
auswirkt.<br />
„Wir nehmen das Strohschwad mit dem Kurzschnittladewagen<br />
auf, der sonst üblicherweise auf dem Grünland<br />
zur Grassilagebergung eingesetzt wird. Die Erntekette<br />
mit dem Ladewagen ist deutlich preisgünstiger,<br />
als wenn wir mit dem Feldhäcksler plus Häckselwagen<br />
fahren würden. Wir fahren nicht weiter als 4 Kilometer.<br />
Außerdem erreichen wird mit dem Ladewagen eine höhere<br />
Ladedichte“, berichtet Höckner.<br />
Während der Häckselwagen beim Maisstroh nur eine<br />
Ladedichte von 100 Kilogramm pro Kubikmeter realisiert,<br />
kann der Ladewagen die zweieinhalbfache Masse<br />
pro Kubikmeter transportieren. Der Biochipper kostet<br />
pro Stunde 120 Euro. Er schafft laut Höckner 3 bis 4<br />
Hektar pro Stunde. Der Ladewagen schlägt mit 240<br />
Euro pro Stunde zu Buche. Die Kette besteht dann aus<br />
zwei großen beziehungsweise drei kleinen Ladewagen.<br />
Die schaffen 3,5 Hektar pro Stunde. 60 Euro pro Stunde<br />
sind für die Siloarbeiten anzusetzen. Die Kosten pro<br />
Tonne Trockensubstanz (TS) liegen bei 29 Euro. Mit der<br />
verwendeten Erntetechnik lassen sich gut 50 Prozent<br />
des anfallenden Maisstrohs von den Flächen holen.<br />
34<br />
Foto: Monika Fleschhut
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis / Titel<br />
Fotos: BioG GmbH<br />
Maisstroh und Zwischenfrüchte werden<br />
zusammen siliert<br />
Je nach Witterung wird im Herbst von 200 bis 300 Hektar<br />
das Maisstroh geerntet. Das Stroh wird wie Silomais<br />
im Fahrsilo auf einen großen Haufen gekippt und mit<br />
Walzenschleppern verdichtet. In das Maisstroh werden<br />
Sommerzwischenfrüchte von 80 Hektar einsiliert. Das<br />
Material wird ebenfalls mit Ladewagen angefahren. Die<br />
Zwischenfrüchte sind Mischungen aus Sonnenblumen,<br />
Buchweizen, Ölrettich, Phacelia, Sudangras, Alexandrinerklee<br />
und Mungo. Während das Maisstroh einen<br />
TS-Gehalt von 40 bis 60 Prozent hat, hat die Zwischenfrucht<br />
einen TS-Gehalt von 20-25 Prozent.<br />
„In der Mischung im Silohaufen haben wir dann einen<br />
TS-Gehalt von 35 bis 40 Prozent. Ein guter Mischungspartner<br />
sind auch Rübenschnitzel aus der Zuckerproduktion.<br />
Das siliert auch sehr gut zusammen. Mit dem<br />
Biogasertrag sind wir zufrieden. Das Maisstroh liefert<br />
300 Normliter Methan pro Kilogramm organische Trockensubstanz“,<br />
freut sich Höckner.<br />
Der experimentierfreudige Biogasproduzent weist darauf<br />
hin, dass das Maisstroh nicht zu trocken werden<br />
darf. Darum müsse es schnell von den Flächen runter.<br />
Noch schneller arbeiten müssten sie bei der Rapsstrohernte.<br />
Von dieser Biomasse werden 30 Hektar geerntet.<br />
Neben dem Stroh wird noch Grünroggen von 40 Hektar<br />
sowie Gras von Überschwemmungsflächen vergoren.<br />
Zudem Stallmist und Silomais, letzterer macht aber<br />
nur 20 Prozent des Gesamtinputs aus. Wie Höckner<br />
erläutert, wird das Maisstroh-Zwischenfrucht-Gemisch<br />
direkt verfüttert. Das heißt, das Material siliert nicht<br />
erst wochenlang durch.<br />
Aus dem Fahrsilo entnommen, wird das Maisstroh in<br />
den Feststoffdosierer gefüllt. Dabei handelt es sich um<br />
einen Biofeeder, der von BioG auch selbst entwickelt<br />
worden ist. „Die Herausforderung besteht darin, dass<br />
der Feststoffdosierer mit sogenannter Brückenbildung<br />
des Materials zurechtkommen muss“, hebt Höckner<br />
hervor. Der Biofeeder fördert das Stroh dann zu einem<br />
Zerkleinerungs-Aggregat.<br />
Stroh muss aufgefasert werden<br />
„Wir haben uns neun verschiedene Zerkleinerungsgeräte<br />
angeschaut. Vier hatten wir eingebaut. Zwei sind heute<br />
noch auf der Anlage in Betrieb: e ine Prallmühle von<br />
BHS Sonthofen und ein Limator von Lindner. Die Fremdkörperunempfindlichkeit<br />
war bei diesen Geräten die<br />
größte Herausforderung. Wir haben die Verschleißteile<br />
weiterentwickelt. Die Schlaghämmer sind nunmit einer<br />
speziellen Aufschweißung versehen, sodass die Werkzeuge<br />
nicht stumpf werden“, erläutert der Praktiker.<br />
Die Zerkleinerer und der Feststoffdosierer kommunizieren<br />
miteinander. Das heißt, dass der Dosierer immer<br />
so viel Material an die Zerkleinerer abgibt, sodass<br />
diese immer mit etwa 80 Prozent Auslastung arbeiten.<br />
Besonders wichtig sei, dass das Stroh aufgeschlagen<br />
wird. Es solle nicht geschnitten, sondern aufgefasert<br />
werden. Die Faserlänge spiele dabei keine Rolle. Die<br />
Fasern müssten möglichst vereinzelt sein. Im März<br />
wird eine Wangenmixpumpe hinter die Zerkleinerer geschaltet.<br />
Dann wird von Trocken- auf Flüssigfütterung<br />
umgestellt.<br />
Eigentlich wollte er das Stroh gar nicht zerkleinern,<br />
„aber dann konnten wir das Substrat nicht mehr<br />
rühren“. Der Eigenstromverbrauch der Anlage lag zu<br />
Beginn bei 5 Prozent, kurz nach der Umstellung auf<br />
Zerkleinerung lag er bei 7 Prozent, nach Optimierungen<br />
liegt er heute wieder bei 5 Prozent. Die Verweilzeit<br />
beträgt 80 Tage, dann ist das Material ausgegoren.<br />
Die Gärtemperatur liegt zurzeit bei 49 Grad Celsius.<br />
„Das ist für unseren Substratmix die ideale Temperatur.<br />
Ursprünglich lagen wir bei 40 bis 42 Grad Celsius.<br />
Die 49 Grad verbessern die Viskosität des Gärsubstrats<br />
und erhöhen den Abbaugrad“, sagt Höckner. Die 8.680<br />
Jahresvolllaststunden der Anlage belegen die Professionalität<br />
des Anlagenbetreibers und seiner drei Partner.<br />
Fermenter und Nachgärer haben jeweils ein Nettovolumen<br />
von 2.200 Kubikmetern.<br />
Wenn der TS-Gehalt im Fermenter zu hoch ansteigt,<br />
wird aus dem Gärdüngerlager rezirkuliert. Eigentlich<br />
wird nur vom Nachgärer in den Hauptfermenter re-<br />
Auf der Biogasanlage<br />
in Utzenaich wird<br />
das Maisstroh per<br />
Ladewagen vom Feld<br />
geholt und am Fahrsilo<br />
abgeladen. Ein Walzschlepper<br />
verteilt das<br />
Material im Silo und<br />
fährt es fest.<br />
35
praxis / Titel<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Biogasanlage, auf der<br />
das BTM-System (siehe<br />
rechts im Bild grüne,<br />
blaue und orange<br />
Anlagenteile) installiert<br />
worden ist.<br />
zirkuliert. Diese Maßnahme findet maximal zwei- bis<br />
dreimal pro Jahr statt. In den Sommermonaten wird<br />
auch Gülle vergoren, im Winter nicht. „Wenn die<br />
Rührgeschwindigkeit unter 2 Zentimeter pro Sekunde<br />
sinkt, beginnen wir mit dem Rezirkulieren. Gleichzeitig<br />
schauen wir uns aber auch die Stromaufnahme der<br />
Rührwerke an“, erklärt Höckner, der vom Maisstroheinsatz<br />
überzeugt ist.<br />
Biologischer, mechanischer, thermischer<br />
Aufschluss<br />
Mit der Nutzbarmachung landwirtschaftlicher Reststoffe<br />
beschäftigt sich auch die MWK Bionik GmbH in Bad<br />
Endorf am Chiemsee (Bayern). Das Unternehmen hat<br />
das sogenannte BMT System ® entwickelt, das speziell<br />
darauf ausgelegt ist, Getreidestroh, Maisstroh oder<br />
strohhaltigen Mist zu verarbeiten. Biologische, mechanische<br />
und thermische Wirkfaktoren spielen dabei zusammen.<br />
„Nachgezüchtete Mikroben aus der Tiefsee liefern<br />
die biologische Kraft, um bei einer Temperatur von<br />
mehr als 70 Grad Celsius die robusten und wasserfesten<br />
Ligninschichten aufzusprengen. Wir wollen an die vom<br />
Lignin eingeschlossenen Kohlenhydrate ran. Das Lignin<br />
selbst können wir nicht vergären“, macht Gründer und<br />
Geschäftsführer Matthias Wackerbauer deutlich.<br />
Die Mikrobenkultur „LignoX ® “ ist eine Mischung aus<br />
Enzymen, natürlichen Mikroorganismen und pflanzlichen<br />
Wirkstoffen. Auf der Biogasanlage wird das BMT<br />
System im Substratfluss zwischen Substratlager und<br />
Fermenter integriert. Wie funktioniert das nun genau?<br />
Ausgegorener Gärdünger (Gärprodukt) wird aus dem<br />
Lagerbehälter dem BMT-System zugeführt und in drei<br />
Stufen auf 90 Grad Celsius erhitzt. Dabei wird vor der<br />
ersten Erhitzungsstufe das LignoX ® in die Rohrleitung<br />
dem fließenden Gärdünger zudosiert.<br />
Mischsubstrat bleibt eine Stunde bei<br />
70 Grad im Mischbehälter<br />
Bei der Erwärmung beginnen die LignoX-Mikroben,<br />
sich zu vermehren. Nach der dreistufigen Erwärmung<br />
wird das heiße Gärprodukt-LignoX-Gemisch in einen<br />
gesonderten Mischbehälter gepumpt, wo es mit dem<br />
Stroh vermischt wird. Das Substrat im Mischbehälter<br />
hat eine Temperatur von 70 bis 75 Grad Celsius. Das<br />
Material bleibt etwa eine Stunde im Mischbehälter. Anschließend<br />
wird es in den Fermenter gepumpt. Durch<br />
die Zugabe von kaltem Gärdünger in die Rohrleitung<br />
kühlt das Strohgemisch auf etwa 45 Grad Celsius ab.<br />
Im Fermenter findet dann durch den Substratabbau die<br />
eigentliche Biogasproduktion statt.<br />
Der Mischbehälter arbeitet drucklos. Lokaler Druck von<br />
1 bar entsteht nur beim Umpumpen des Substrats. Diese<br />
kurzen Druckphasen reichen aus, um auf das Material<br />
einzuwirken. Für die Erhitzung des Materials nehmen<br />
die Entwickler Wärme vom Abgaswärmetauscher sowie<br />
vom Motorkühlwasser des Blockheizkraftwerks. Zum<br />
Anmaischen des Strohs lasse sich neben Gärresten<br />
wunderbar auch Regen- beziehungsweise Sickerwasser<br />
oder Rindergülle verwenden.<br />
Pro Tonne Stroh werden laut Wackerbauer 1 bis 2 Kilogramm<br />
LignoX ® benötigt. Ein Kilogramm davon kostet<br />
5,80 Euro. „Mit diesem Verfahren sind wir in der Lage,<br />
900 Liter Biogas pro Kilogramm organische Trockensubstanz<br />
(oTS) mit 52 Prozent Methangehalt zu gewinnen.<br />
Das entspricht 468 Liter Methan pro Kilogramm<br />
oTS. Wir liefern die BMT-Anlage in Containerbauweise.<br />
Sie kann käuflich erworben oder aber auch geleast werden“,<br />
hebt Wackerbauer hervor.<br />
Seit eineinhalb Jahren betreibt die MWK Bionik eine<br />
Referenzanlage, die seither im Fermenter weder Sinknoch<br />
Schwimmschichten zeigt. An das eingesetzte<br />
Stroh werden gewisse Anforderungen gestellt: So ist<br />
eine Halmlänge von 65 Millimetern gewünscht. 10 Prozent<br />
der Halme dürften bis 120 Millimeter lang sein.<br />
Das Stroh sollte einen TS-Gehalt von 83 bis 85 Prozent<br />
haben. „Wir haben bis 60 Prozent TS jede Möglichkeit,<br />
jeden Feststoff zu vergären, der stark ligninhaltig ist.<br />
Bei Maisstroh müssen wir aufgrund des hohen Feuchtegehaltes<br />
die Wärmezufuhr über das Touchpanel anders<br />
einstellen. Heute sind wir in der Lage, mit einer Tonne<br />
Stroh etwa 3,8 Tonnen andere Einsatzstoffe zu ersetzen“,<br />
unterstreicht Wackerbauer die Leistungsfähigkeit<br />
seiner Anlage.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Tel. 0 54 09/90 69 426<br />
E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />
36<br />
Foto: MWK Bionik GmbH
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
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37
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Der Übergang von fester<br />
Einspeise vergütung zur Ausschreibung<br />
Wer heute das Ende des EEG in den uns bekannten Formen fordert, hat wesentliche<br />
Bestandteile des Gesetzes nicht verstanden oder reduziert das EEG auf die reine Vergütung<br />
von Strom aus Erneuerbaren Energien.<br />
Von Alfons Himmelstoß<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des EEG war<br />
und ist immer noch der Zugang zum Netz<br />
der Netzbetreiber und der Vorrang vor konventionellen<br />
Energieträgern. Den Zugang<br />
haben wir immer noch, den Vorrang durch<br />
die Deckelung aber nur noch eingeschränkt. Der Ausbaupfad<br />
für Bestands- und Neuanlagen liegt zwischen<br />
<strong>2017</strong> und 2019 bei 150 Megawatt (MW), zwischen<br />
2020 und 2022 dann bei 200 MW. Der Fachverband<br />
Biogas rechnet für 2016 mit einem Zubau von rund<br />
150 Biogasanlagen. Dieser Zubau konzentriert sich<br />
überwiegend auf Kleinanlagen mit 75 kW installierter<br />
elektrischer Leistung oder darunter.<br />
Der derzeit gültige Deckel von 100 MW wird nur mit<br />
rund 11 MW genutzt. Diese Entwicklung wird sich in<br />
den nächsten Jahren nicht grundsätzlich ändern, da<br />
der Neubau praktisch zum Erliegen gekommen ist. Der<br />
Abbildung 1: Derzeitige Zusammensetzung der Vergütung<br />
7,0 ct/kWh<br />
0,5 ct/kWh<br />
0,7 ct/kWh<br />
1,0 ct/kWh<br />
2,0 ct/kWh<br />
9,6 ct/kWh<br />
11,2 ct/kWh<br />
Stromverkauf (0 - 150 kW)<br />
Stromverkauf (150 - 500 kW)<br />
Wärmeverkauf<br />
KWK-Bonus<br />
NaWaRo-Bonus<br />
Formaldehyd-Bonus<br />
Gülle-Bonus<br />
Ausbaupfad ermöglicht aber auch den Bestandsanlagen<br />
interessante Perspektiven für die Ausschreibung,<br />
wenn sie sich rechtzeitig auf die EEG-Novelle von <strong>2017</strong><br />
einstellen.<br />
Gerade in den ersten Jahren wird der Ausbaupfad sicher<br />
nicht erreicht. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Obergrenze gemäß EEG <strong>2017</strong> in Höhe<br />
von 16,88 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) erreicht<br />
werden kann. Diese Vergütungshöhe wird sich mit zunehmender<br />
Akzeptanz sicher deutlich verringern. Das<br />
zeigen auch die Ergebnisse aus den Ausschreibungsverfahren<br />
für Wind- und Solaranlagen. Aber was ist jetzt<br />
zu tun? Der Biogasanlagenbetreiber Peter Pfiffig (erfundene<br />
Person) erläutert uns seine Gedanken gemeinsam<br />
mit seinem, eher etwas griesgrämigen, Berufskollegen<br />
Stefan Unlust (ebenfalls erfundene Person).<br />
Als erstes erfolgt eine Analyse der bestehenden Möglichkeiten<br />
und eine Auswertung des EEG <strong>2017</strong>, das am<br />
8. Juli 2016 beschlossen wurde. Als Rahmen setzten<br />
wir Folgendes an:<br />
Die Anlage von Peter Pfiffig kann mit folgenden Parametern<br />
gut beschrieben werden:<br />
f fInbetriebnahme der der Anlage Anlage 2007. 2007.<br />
f fInstallierte Leistung Leistung 500 500 kW kW el<br />
.<br />
el<br />
.<br />
f fJährliche Jährliche Stromproduktion 4 Millio-<br />
4 Millionen<br />
kWh/a, die Bemessungsleistung<br />
liegt liegt damit damit bei bei 457 457 kW kW el<br />
.<br />
el<br />
.<br />
f f<br />
Eingangsstoffe NawaRo NawaRo plus plus Gülle, Gülle,<br />
insgesamt etwa 30 Tonnen pro Tag.<br />
f f<br />
Der Der KWK-Bonus wird wird für für 1.000.000<br />
1.000.000 kWh kWh th<br />
genutzt.<br />
th<br />
genutzt.<br />
f f<br />
Die Die Wärme Wärme wird wird zu zu einem einem Preis Preis von<br />
von 2,0 2,0 ct/kWh verkauft.<br />
f f<br />
Der Der Anspruch auf auf den den Formaldehyd- Formaldehydbonus<br />
Bonus besteht.<br />
f f<br />
Die Die Boni Boni für für Landschaftspflegema-<br />
Landschaftspflegematerial<br />
und Technologie werden nicht<br />
genutzt. genutzt.<br />
f f<br />
Anlagenpreis: 2 Millionen 2 Euro Euro<br />
inklusive inklusive der der Eigenleistungen.<br />
Die gesamte Vergütung beträgt bei Peter Pfiffig damit<br />
rund 20,8 ct/kWh. Rechnen wir den Verkauf der Wärme<br />
hinzu, beträgt die Vergütung dann 21,3 ct/kWh (siehe<br />
Abbildung 1). Die Einsatzstoffe stammen überwiegend<br />
von eigenen Flächen. Die Gärrestlagerkapazität<br />
ist ausreichend für mindestens 180 Tage. Im Großen<br />
38
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
Abbildung 2: Zusammensetzung der Vergütung mit Flexibilisierung<br />
und Ganzen betreibt Peter Pfiffig eine runde und ertragsstarke<br />
Biogasanlage, wie sie sicher nicht überall<br />
zu finden ist.<br />
Es stellen sich aber folgende Fragen:<br />
1. Welche Verdienstmöglichkeiten bestehen im Rahmen<br />
der Flexibilisierung der Anlage?<br />
2. Kommen die 270 Tage zur Lagerung von Gärrest<br />
wirklich?<br />
3. Was mache ich nach meinen 20 Jahren (2027<br />
endet mein Vergütungsanspruch), Weiterbetrieb<br />
oder Stilllegung?<br />
4. Was bringt mir die Ausschreibung?<br />
5. Was kostet das?<br />
6. Welche Termine muss ich berücksichtigen?<br />
1,0 ct/kWh<br />
1,5 ct/kWh<br />
0,2 ct/kWh<br />
13,9 ct/kWh<br />
3,0 ct/kWh<br />
Marktprämie<br />
Direktvermarktung<br />
Wärmeverkauf<br />
Flexzuschlag<br />
Zusatzerlös durch<br />
Stromhändler<br />
Rollen wir jetzt seine Gedanken von hinten auf und beginnen<br />
mit der Ausschreibung:<br />
ffFür Bestandsanlagen gibt es eine 10-jährige<br />
Anschlussförderung. Das ist dann die sogenannte<br />
P2-Anlage oder das 2. Leben.<br />
ffDie maximale Vergütungshöhe beträgt 16,9 ct/kWh<br />
(13,9 ct/kWh Marktprämie und 3 ct/kWh Direktvermarktung).<br />
ffDer Betreiber hat Anspruch auf einen Flexibilisierungszuschlag<br />
in Höhe von 40 Euro je installiertem<br />
kW.<br />
ffVorgeschrieben ist eine doppelte Überbauung<br />
der Bemessungsleistung (ab 100 kW installierter<br />
elektrischer Leistung, also mindestens 456 kW x 2<br />
= 912 kW installiert).<br />
ffDas erste Gebot für die Ausschreibung kann Peter<br />
Pfiffig frühestes 2019 abgeben. Sein Anspruch<br />
auf die derzeitige EEG-Förderung darf nur noch<br />
maximal 8 Jahre betragen.<br />
Damit ergeben sich über die Ausschreibung folgende<br />
Einnahmemöglichkeiten:<br />
ffFür den Verkauf von Strom maximal 676.000 Euro<br />
pro Jahr als Marktprämie über das EEG.<br />
ffFür den Flexibilisierungszuschlag (2 x 500 kW el<br />
à<br />
40 Euro/kW el<br />
) 40.000 Euro pro Jahr.<br />
ffZusätzlich 8.000 Euro als Direktvermarktungserlös<br />
durch den Stromhändler.<br />
Insgesamt ergeben sich Einnahmen in Höhe von<br />
724.000 Euro pro Jahr oder 18,1 ct/kWh. Würde Peter<br />
Pfiffig seine Anlage aber schon jetzt um zwei weitere<br />
BHKW zu je 500 kW erweitern, dann würde sich der<br />
Flexibilitätszuschlag von 40.000 Euro pro Jahr auf<br />
60.000 Euro pro Jahr erhöhen. Die Einnahmen erhöhen<br />
sich jetzt auf 744.000 Euro pro Jahr oder 18,6<br />
ct/kWh. Dazu kommt noch der Ertrag aus der Abgabe<br />
von Wärme. Da es keinen KWK-Bonus mehr gibt, ist<br />
auch die Verhandlungsbasis mit den Abnehmern nicht<br />
mehr ganz so einseitig. 4 ct/kWh entsprechen etwa 40<br />
Abbildung 3: Mögliche jährliche Zusatzeinnahmen in<br />
den nächsten 10 Jahren für Peter Pfiffig<br />
100 T€<br />
80 T€<br />
60 T€<br />
40 T€<br />
20 T€<br />
0 T€<br />
97.500 T€<br />
Flexibilitätsprämie<br />
22.000 T€<br />
Zusatzerlöse durch<br />
Stromhändler<br />
Eurocent je Liter Heizöl. Einnahmen aus dem Verkauf<br />
von 1.000.000 kWh Wärme pro Jahr zu einem Preis von<br />
4,0 ct/kWh – das sind 40.000 Euro pro Jahr oder 1,0<br />
ct/kWh. Die Einnahmen steigen jetzt auf 784.000 Euro<br />
jährlich oder 19,6 ct/kWh.<br />
Dabei ist zu beachten, dass es diese Vergütungshöhe<br />
sicher nur in den ersten Jahren geben wird. Unter<br />
optimalen Voraussetzungen sinkt die Vergütungshöhe<br />
mit jedem Jahr, das der Betreiber später an einer<br />
Ausschreibung erfolgreich teilnimmt, von derzeit 21,3<br />
ct/kWh (inkl. Wärme) auf maximal 19,6 ct/kWh (zwei<br />
zusätzliche BHKW mit je 500 kW, ebenfalls inkl. Wärme).<br />
Unter optimalen Bedingungen fehlen also gut 9<br />
Prozent der Einnahmen. Wichtig: Diese Zahlen gelten<br />
nur für Bestandsanlagen.<br />
Unter weniger guten Bedingungen ergibt die Ausschreibung<br />
angenommen nur 14,0 ct/kWh (statt 16,9 ct/kWh<br />
Marktprämie und Direktvermarktung), dann sinkt nach<br />
der oben angeführten Berechnung die Vergütungshöhe<br />
auf 16,7 ct/kWh (statt 19,6 ct/kWh), also um rund 28<br />
Prozent.<br />
8.000 T€<br />
Managementprämie<br />
39
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Abbildung 4: Zusammensetzung der Vergütung mit Flexibilisierung<br />
2,0 ct/kWh<br />
1,0 ct/kWh<br />
7,0 ct/kWh<br />
0,6 ct/kWh 0,2 ct/kWh<br />
2,4 ct/kWh<br />
11,2 ct/kWh<br />
Stromverkauf (0 - 150 kW)<br />
Stromverkauf (150 - 500 kW)<br />
Wärmeverkauf<br />
KWK-Bonus<br />
NaWaRo-Bonus<br />
Formaldehyd-Bonus<br />
Gülle-Bonus<br />
Tabelle 1: Zusätzliche Einnahmen durch<br />
Flexibilisierung<br />
Flexibilitätsprämie 975.000 €<br />
Managementprämie 80.000 €<br />
Zusatzerlös 220.000 €<br />
Gesamt 1.275.000 €<br />
0,5 ct/kWh<br />
0,7 ct/kWh<br />
9,6 ct/kWh<br />
Tabelle 2: Aufstellung Investitionskosten<br />
Peter Pfiffig muss dazu aber auch die gesetzlichen<br />
Auflagen einhalten. Das sind im<br />
Wesentlichen:<br />
ffMindestens die doppelte Überbauung<br />
der Anlage (was nicht gegeben ist).<br />
ffWahrscheinlich ein Gärrestlager für<br />
270 Tage, das dann gasdicht abgedeckt<br />
ist (was auch nicht gegeben ist).<br />
ffEine Fernsteuerbarkeit der Anlage (was<br />
kein Problem ist).<br />
ffUmsetzung der 49,5-Hz-Problematik<br />
(SysstabV – was erledigt ist).<br />
Jetzt betrachten wir den technischen<br />
Zustand der Biogasanlage:<br />
ffDas BHKW ist jetzt rund 75.000 Stunden<br />
in Betrieb. Eine Generalüberholung<br />
oder ein Ersatz stehen demnächst an.<br />
ffDas Gärrestlager (GRL) mit rund 5.100<br />
Kubikmetern (m³) Fassungsvermögen<br />
Flexibilitätsprämie<br />
Zusatzerlös vom Stromhändler<br />
Managementprämie<br />
2 BHKW inkl. Gebäude, Heizung und Elektroinstallation 700.000 €<br />
Anbindung an das Netz und Erweiterung der Trafo-Station 80.000 €<br />
Gärrestlager mit Gasspeicher und Rührtechnik 250.000 €<br />
Leitungsbau für Substrat, Biogas und Heizungsbau 100.000 €<br />
Gaskühlung und Entschwefelung 60.000 €<br />
Erdarbeiten, Fundamente 30.000 €<br />
Planung, Genehmigung, Gutachten 50.000 €<br />
Gesamt 1.270.000 €<br />
ermöglicht die Lagerung für 180 Tage<br />
und hat zusätzlich eine kleine Reserve.<br />
Das GRL ist nicht abgedeckt.<br />
ffEs gibt keine doppelte Überbauung der<br />
Anlage.<br />
ffDie Problematik mit 49,5 Hz wurde<br />
bereits zu Anfang des Jahres behoben.<br />
ffDie Fernsteuerbarkeit der Anlage ist<br />
möglich, aber noch nicht gegeben.<br />
ffFür den Anlagenbetrieb liegen alle Bauund<br />
Änderungsgenehmigungen vor.<br />
Jetzt zum betrieblichen Rahmen:<br />
ffDie Biogasanlage ist in den betrieblichen<br />
Ablauf integriert und ist eines von<br />
mehreren Standbeinen des Betriebes.<br />
ffDie Tilgung der Darlehen erfolgt pünktlich;<br />
die Bonität und Ertragslage des<br />
Betriebes ist in Ordnung.<br />
ffDie Betreibernachfolge ist im Familienbetrieb<br />
geregelt.<br />
Peter Pfiffig kennt den Markt für Biomasse<br />
und die Biogasbranche. Er besucht regelmäßig<br />
weiterbildende Seminare (vielleicht<br />
sogar die des Fachverbandes Biogas) und<br />
weiß, was los ist. Die Möglichkeiten der Flexibilisierung<br />
aus dem EEG 2009 kennt er;<br />
damit ausführlich beschäftigt hat er sich<br />
aber noch nicht. Nachdem er sich aber eingehend<br />
damit beschäftigt, mit Planern und<br />
Beratern gesprochen und mit Berufskollegen<br />
diskutiert hat, kommt er zu folgenden<br />
Ergebnissen:<br />
Flexibilitätsprämie<br />
Die Flexibilitätsprämie beträgt 130 Euro<br />
pro kW (die Berechnung erfolgt nach Anlage<br />
3 zum EEG 2014, ist aber etwas verwirrend).<br />
Die Prämie gibt es maximal für<br />
10 Jahre und maximal bis Ende des jetzigen<br />
20-jährigen EEG-Vergütungszeitraums<br />
der Anlage. Für Peter Pfiffig ist es das Jahr<br />
2027. Geht er also <strong>2017</strong> in die Flexibilisierung,<br />
kann er sie bis 2027 nutzen. Geht er<br />
erst 2018 in die Flexibilisierung, endet sie<br />
trotzdem 2027.<br />
1. Mit seiner installierten Leistung von<br />
500 kW und einer Bemessungsleistung<br />
von 457 kW kann er die Anlage nicht<br />
flexibel betreiben.<br />
2. Bei der Installation eines zusätzlichen<br />
BHKW mit 500 kW kann er mit 497 kW<br />
in die Flexibilisierung gehen [497 kW =<br />
(2 x 500 kW) - (457 kW x 1,1)]. Seine<br />
Flexibilitätsprämie beträgt dann 64.700<br />
Euro pro Jahr oder 1,62 ct/kWh.<br />
3. Bei der Installation von zwei zusätzlichen<br />
BHKW mit je 500 kW kann er<br />
mit 997 kW in die Flexibilisierung<br />
gehen beziehungsweise maximal mit<br />
der Hälfte der installierten elektrischen<br />
Leistung [997 kW = (3 x 500 kW) -<br />
(457 kW x 1,1)]. Seine Flexibilitätsprämie<br />
beträgt dann 97.500 Euro pro Jahr<br />
oder 2,44 ct/kWh.<br />
40
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
Tabelle 3: Welche Kosten fallen tatsächlich an?<br />
Er muss aber auch in der Lage sein, die kontinuierlich<br />
produzierte Biogasmenge entsprechend zu lagern. Bei<br />
einem zusätzlichen BHKW mit 500 kW kann er mit<br />
einem Gasspeichervolumen von 2.700 m³ arbeiten.<br />
Bei zwei zusätzlichen BHKW mit je 500 kW sollten<br />
3.700 m³ Volumen vorhanden sein.<br />
Managementprämie<br />
Unabhängig von der installierten Leistung hat Peter<br />
Pfiffig auch Anspruch auf die Managementprämie. Sie<br />
beträgt in seinem Fall 8.000 Euro pro Jahr oder 0,2<br />
ct/kWh. Mehrere Stromhändler bieten zusätzlich noch<br />
einen sogenannten Zusatzerlös für die Vermarktung von<br />
Strom an. In unserem Fall kann zum Beispiel die nat-<br />
GAS AG einen Zusatzerlös anbieten. Der Zusatzerlös<br />
beträgt bei Peter Pfiffig 22.000 Euro pro Jahr oder 0,6<br />
ct/kWh.<br />
Für den Zeitraum der nächsten 10 Jahre stellen sich damit<br />
die Zusatzeinnahmen wie in Abbildung 3 dar (wenn<br />
zwei BHKW installiert werden). Die Vergütung auf seiner<br />
Abrechnung sieht dann so aus wie in Abbildung 4. Einfacher<br />
und übersichtlicher wird es sicher nicht. Aber die<br />
Einnahmen steigen jetzt von 21,3 ct/kWh (inkl. Verkauf<br />
von Wärme) auf 24,5 ct/kWh (auch inkl. Wärme). Für<br />
die nächsten 10 Jahre ergibt sich damit ein Plus in der<br />
Abrechnung wie in Tabelle 1 aufgeführt.<br />
Kosten für die Flexibilisierung 1.270.000 €<br />
Abzüglich der „Sowieso-Kosten BHKW“ -250.000 €<br />
Abzüglich der „Sowieso-Kosten Gärrestlager“ -380.000 €<br />
Tats. Mehraufwand für die Flexibilisierung 640.000 €<br />
Zusatzeinnahmen für die nächsten 10 Jahre 1.275.000 €<br />
Erlöse für 10 Jahre 635.000 €<br />
Erlöse pro Jahr 63.500 €<br />
Wie Erträge aus der Biogasanlage dem Betrieb erst zufließen,<br />
nachdem die Biogasanlage gebaut wurde, so ist<br />
es auch hier nicht anders. Den zusätzlichen Erträgen<br />
stehen erstmals beträchtliche Ausgaben gegenüber,<br />
siehe Tabelle 2.<br />
Die Erhöhung der Anlagenleistung um 2 x 500 kW el<br />
wurde bewusst gewählt. Das derzeitige BHKW hat eine<br />
Laufleistung von rund 75.000 Betriebsstunden. Würde<br />
jetzt ein weiteres BHKW mit derselben Leistung installiert<br />
werden, hätte auch dieses BHKW 2027 eine Laufleistung<br />
von rund 75.000 Betriebsstunden. Zu Beginn<br />
der Ausschreibung steht also wieder die Generalüber-<br />
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41
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Tabelle 4: Variantenvergleich<br />
derzeitige<br />
Einnahmen <strong>2017</strong><br />
zusätzlich<br />
mit Flex <strong>2017</strong><br />
nach 2027<br />
Stromverkauf (0 - 150 kW) 146.577 € 146.577 € 0 €<br />
Stromverkauf (150 - 500 kW) 257.937 € 257.937 € 0 €<br />
Wärmeverkauf 20.000 € 20.000 € 0 €<br />
KWK-Bonus 28.537 € 28.537 € 0 €<br />
NawaRo-Bonus 280.000 € 280.000 € 0 €<br />
Formaldehyd-Bonus 40.000 € 40.000 € 0 €<br />
Gülle-Bonus 79.420 € 79.420 € 0 €<br />
Flexibilitätsprämie 0 € 97.500 € 0 €<br />
Zusatzerlös vom Stromhändler 0 € 22.000 € 0 €<br />
Managementprämie 0 € 8.000 € 0 €<br />
Marktprämie (max.) 0 € 0 € 556.000 €<br />
Direktvermarktung 0 € 0 € 120.000 €<br />
Wärmeverkauf 0 € 0 € 40.000 €<br />
Flexzuschlag 0 € 0 € 60.000 €<br />
Marktprämie 0 € 0 € 8.000 €<br />
Zwischensumme 1 852.470 € 979.970 € 784.000 €<br />
Zusatzerlöse<br />
Steigerung der Gasausbeute<br />
(Abdeckung GRL)<br />
100% 115% 92%<br />
0 € 13.700 € 13.700 €<br />
Vorteil in der Düngewirkung 0 € 11.200 € 11.200 €<br />
Verringerung Ausfallzeiten 0 € 16.600 € 16.600 €<br />
Steigerung<br />
BHKW-Wirkungsgrad<br />
13.700 € 13.700 € 13.700 €<br />
Zwischensumme 2 13.700 € 55.200 € 55.200 €<br />
Gesamt 866.170 € 1.035.170 € 839.200 €<br />
100% 120% 97%<br />
holung oder eine Ersatzinvestition an. Wird die Anlage<br />
aber um zwei weitere, baugleiche BHKW erweitert,<br />
so stehen 2027 (zu Beginn der Ausschreibung) beide<br />
BHKW mit je 37.500 Betriebsstunden bereit. Eine<br />
zusätzliche Investition fällt nicht an. Der in Tabelle 2<br />
angeführten Investition in Höhe von rund 1.270.000<br />
Euro steht ein Mehrertrag in Höhe von 1.275.000 Euro<br />
gegenüber. Berauschend ist das leider bis jetzt noch<br />
nicht. Erstmal.<br />
„Sowiesokosten“<br />
Aber welche Investitionen fallen in den nächsten zehn<br />
Jahren sowieso an? Wir sind also bei den „Sowiesokosten“:<br />
ffBei einer Laufleistung von 75.000 Betriebsstunden<br />
steht eine Ersatzinvestition in Höhe von rund<br />
350.000 Euro an. Alternativ kann mit mindestens<br />
zwei Generalüberholungen inklusive des Austausches<br />
diverser BHKW-Teile die Lebensdauer des<br />
BHKW verlängert werden. Die Kosten dazu werden<br />
bei rund 250.000 Euro liegen.<br />
ffMit der Änderung der AWsV und der DüngeV wird<br />
mit hoher Sicherheit die Lagerzeit für Gärrest auf<br />
270 Tage angehoben werden. Entsprechend dem<br />
EEG 2009 sind neu errichtete Gärrestlager gasdicht<br />
abzudecken.<br />
Es stehen also hier folgende Arbeiten an: Behälterbau,<br />
Gasspeicher, Rührtechnik, Umbau und Erweiterung der<br />
Rührtechnik, Biogas- und Substratleitungen, Erdarbeiten<br />
sowie Planung und Kosten für die Genehmigung.<br />
Damit können Kosten in Höhe von 380.000 Euro anfallen.<br />
Dessen ist sich auch der Betreiber Stefan Unlust<br />
bewusst. Er hofft, mit einfachen Lösungen dieses Problem<br />
zu umgehen. Aber mit zusätzlichen Kosten rechnet<br />
er auch. Tabelle 3 fasst die Kosten noch einmal<br />
zusammen.<br />
Unberücksichtigt in Tabelle 3 bleiben dabei folgende positive<br />
Effekte, die die Wirtschaftlichkeit weiter steigern:<br />
1. Durch die gasdichte Abdeckung im GRL steigt<br />
die Biogasausbeute in Abhängigkeit von der<br />
Verweilzeit im Fermenter sicher an. Die gleiche<br />
Biogasproduktion kann mit mindestens 5 Prozent<br />
weniger Einsatzstoffen erreicht werden. Bei einem<br />
Silomaispreis von 30 Euro pro Tonne und einer<br />
Einsparung von 1,25 Tonnen pro Tag sind das rund<br />
13.700 Euro im Jahr.<br />
2. Durch die erheblich verlängerte Lagerzeit des<br />
Gärrestes kann der begehrte biologische Dünger<br />
deutlich gezielter ausgebracht werden. Bei einem<br />
Stickstoffgehalt von etwa 3,5 Kilogramm pro Tonne<br />
Gärrest können mindestens 25 Prozent Stickstoff<br />
mehr genutzt werden. Bei einem Stickstoff-Preis<br />
von 1 Euro pro Kilogramm kann damit ein Mehrerlös<br />
von 11.200 Euro jährlich kalkuliert werden.<br />
3. Durch die Installation weiterer BHKW reduzieren sich<br />
die Ausfall- und Stillstandszeiten der/des BHKW. Bei<br />
einer Störung wird ein stehendes BHKW zugeschaltet.<br />
Damit können sicher 2 Prozent mehr an Strom<br />
eingespeist werden. Bei 4.000.000 kWh pro Jahr<br />
sind das 80.000 kWh im Jahr mehr. Die Einspeisevergütung<br />
von Peter Pfiffig liegt bei 20,7 ct/kWh,<br />
damit steigt der Ertrag um 16.600 Euro pro Jahr.<br />
4. Der technische Fortschritt hat sich gerade beim<br />
elektrischen Wirkungsgrad der BHKW deutlich<br />
gezeigt. Waren noch vor zehn Jahren Wirkungsgrade<br />
42
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
von 36 Prozent gut, liegen diese Werte jetzt bei 40 Prozent.<br />
Für die gleiche elektrische Leistung wird also 11 Prozent weniger<br />
Biogas benötigt. Setzen wir nur 5 Prozent an, so können<br />
auch hier bei einem Silomaispreis von 30 Euro pro Tonne und<br />
einer Einsparung von 1,25 Tonnen pro Tag rund 13.700 Euro<br />
pro Jahr zusätzlich erlöst werden.<br />
Praxis<br />
Mit DCL<br />
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Alle Erlöse zusammen betragen dann 55.200 Euro pro Jahr oder<br />
beträchtliche 1,4 ct/kWh. Sie können aber nicht generell auf jede<br />
Anlage übertragen werden. Daher wurden sie auch nicht auf die<br />
zehnjährigen Erträge angerechnet.<br />
Ratschläge<br />
ffBiogas erfordert, wie Landwirtschaft, ein langfristiges Denken<br />
in Dekaden. Kurzfristige Entscheidungen haben sich in der<br />
Regel nicht bewährt.<br />
ffDie Biogasanlage ist Bestandteil des landwirtschaftlichen<br />
Betriebes und muss in diesen eingefügt sein.<br />
ffMit der Flexibilitätsprämie aus dem EEG 2009 und der Restlaufzeit<br />
von zehn Jahren kann die Biogasanlage auf den aktuellen<br />
Stand gebracht und gehalten werden, um ohne Kosten in<br />
die Ausschreibung zu gehen. Dann können wir auch mit einer<br />
geringeren Vergütung gut leben.<br />
ffInvestieren Sie nachhaltig. Ein kurzfristiges Denken ergibt<br />
keinen Sinn. Der Bau einer Gärresttrocknung zur Erlangung<br />
des KWK-Bonus ist nicht nachhaltig.<br />
ffBehalten Sie die politische Entwicklung im Auge. Fast alle<br />
Aussagen zur Entwicklung von Erneuerbarer Energie aus den<br />
Neunzigerjahren haben sich als grundfalsch erwiesen.<br />
ffBesprechen Sie Ihre langfristigen Ziele frühzeitig mit dem<br />
Steuerberater und der finanzierenden Bank. Beide brauchen<br />
länger als Sie, weil sie nicht so mit der doch recht komplizierten<br />
Materie vertraut sind.<br />
ffSammeln Sie rechtzeitig Erfahrungen mit der Flexibilisierung<br />
der Anlage. Das dazu nötige Wissen kommt nicht einfach so<br />
zugeflogen.<br />
ffSuchen Sie sich einen erfahrenen Berater, Planer und Anlagenbauer.<br />
Die gerade zwischen 2004 und 2012 zu findenden<br />
Goldgräber und Glücksritter mit windigen Konzepten sind zum<br />
Glück fast alle weg.<br />
ffWenn Sie den Betrieb Ihrer Biogasanlage auch nach der<br />
20-jährigen Vergütungsdauer beabsichtigen, fangen Sie jetzt<br />
mit den Vorbereitungen an.<br />
ffLassen Sie sich Zeit für Ihre Entscheidung.<br />
Autor<br />
Alfons Himmelstoß<br />
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43
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
In der „Dunkelflaute“ die<br />
Preisspitzen mitnehmen<br />
Zuckerrübenlager als<br />
eine Art Energiespeicher.<br />
Da die Rüben<br />
schnell Gas liefern,<br />
füttert Friedrich Hake<br />
sie so, dass abends der<br />
Gasspeicher schnell<br />
gefüllt ist.<br />
Anfang des Jahres war es vielerorts windstill und trüb. Bei solchen Wetterlagen zeigt sich,<br />
was Biogasanlagen leisten. Bei angepasster Fahrweise können vom Betreiber die auftretenden<br />
Preisspitzen an der Strombörse mitgenommen werden. Experten gehen davon aus,<br />
dass solche Situationen künftig häufiger auftreten könnten.<br />
Von Thomas Gaul<br />
Vom Einstieg in die Regelenergie hatte sich<br />
so mancher Biogasanlagenbetreiber mehr<br />
versprochen. Doch nach verheißungsvollem<br />
Start sanken die Preise für diese Systemdienstleistung.<br />
Aber wer den Markt beobachtet<br />
und die Preisspitzen an der Strombörse mitnimmt,<br />
kann seine Erlöse optimieren.<br />
Und das hat gerade in diesem Januar gut funktioniert,<br />
wo das herrschte, was die Strommarktexperten als<br />
„Dunkelflaute“ bezeichnen: An den trüben Wintertagen<br />
speisen die Photovoltaikanlagen kaum Strom ins<br />
Netz, und bei nur schwachen Winden standen auch die<br />
Windräder meist still. Hinzu kam, dass im Nachbarland<br />
Frankreich mehrere Atomkraftwerke wegen Wartungsarbeiten<br />
abgeschaltet waren, der Strombedarf aber hoch<br />
war, weil dort viele Heizungen mit Strom betrieben werden.<br />
Mit jedem Grad, um das die Temperatur fällt, steigt<br />
die Stromnachfrage um 2.400 Megawatt. Das entspricht<br />
der Leistung von zwei bis drei Reaktorblöcken.<br />
Friedrich Hake hat die Situation genau im Blick: „Auf<br />
der Internetseite der Strombörse EPEX kann ich die<br />
Preise für den nächsten Tag sehen.“ Zusammen mit vier<br />
anderen Gesellschaftern betreibt Hake eine Biogasanlage<br />
in der Nähe von Hameln mit einer installierten elektrischen<br />
Leistung von 1.630 kW. „Wenn ich sehe, dass<br />
der Strompreis in den Abendstunden hoch ist, nehme<br />
ich diese Preisspitzen mit“, erläutert Hake seine Strategie.<br />
Dazu muss der Gasspeicher gut gefüllt sein, um ihn<br />
am Abend leerzufahren. „Im Moment sind die Strompreise<br />
wieder sehr interessant“, sagt Hake. So wurden<br />
in den Abendstunden im Januar bis zu 15 Cent pro kWh<br />
aufgerufen, während es sonst nur 4 bis 5 Cent sind. „Da<br />
lohnt es sich schon, im Internet nachzuschauen, zumal<br />
man ja als Landwirt ohnehin auch nach dem Wetter<br />
schauen muss“, ergänzt der Biogasproduzent.<br />
Erfahrungen mit der Direktvermarktung<br />
Mit der Direktvermarktung des Stroms begann Hake<br />
im Jahr 2012. Vermarktet wird über das Leipziger<br />
Handelshaus energy-to-market (e2m); zusammen mit<br />
anderen Anlagen erfolgt eine Bündelung durch die<br />
GeLa. Nach erfolgreicher Präqualifikation wird seit<br />
2013 Minutenreserveleistung (MRL) und Sekundärregelleistung<br />
(SRL) angeboten. Zunächst wurden auch<br />
rund 20.000 Euro pro Quartal mehr erlöst: „67 Prozent<br />
gehen zu unseren Gunsten, der Rest bleibt beim Stromhändler“,<br />
erklärt Friedrich Hake. Doch 2016 gingen<br />
die Erlöse dann auf nur noch 2.000 Euro im Quartal<br />
zurück. Bei einer Vertragsverlängerung um weitere drei<br />
Jahre wurde ihm angeboten, dass ihm 70 Prozent der<br />
Erlöse gutgeschrieben werden.<br />
Ende 2005 ging die Anlage ans Netz und fiel damit<br />
unter das EEG 2004. An den Start ging die Anlage mit<br />
einem Jenbacher-Motor, der inzwischen 550 kWel leistet.<br />
Im November 2006 kam ein weiteres Jenbacher-<br />
Aggregat mit einer elektrischen Leistung von 1.080 kW<br />
44
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
hinzu. Die Erfahrungen mit der flexiblen Betriebsweise<br />
waren bislang gut, schildert Hake. „Wir versuchen<br />
aber auch, Teillastbetrieb zu vermeiden.“ Bis zu einer<br />
Leistung von 40 Prozent können die Motoren von e2m<br />
heruntergeregelt werden.<br />
Hake zufolge dauerte der längste Abruf 13 Minuten.<br />
In der Regel kommt beim Herunterfahren der Motoren<br />
auch schon wieder das Signal zum Hochfahren. Bei<br />
der Fahrweise der Motoren verfolgt Hake seine eigene<br />
Strategie. Damit er sicher startet, geschieht dies beim<br />
zweiten Motor stets manuell. „Das ginge auch über den<br />
,Teamviewer‘, aber unser Mitarbeiter ist ohnehin um<br />
7.00 Uhr morgens auf der Anlage und kann den Motor<br />
dann starten.“ Seit Januar kann die Anlage auch PRL,<br />
ist aber dafür noch nicht präqualifiziert.<br />
Auf jeden Fall achtet Hake darauf, dass mit Blick auf<br />
die Stunden mit höherem Strombedarf und entsprechenden<br />
Preisen an der Strombörse der Gasspeicher<br />
zum Abend hin gut gefüllt ist. „Wir haben einen anderen<br />
Ansatz bei der Flexibilisierung gewählt, erläutert<br />
er: „Wir haben die Flexprämie nicht zum Überbauen<br />
genutzt, sondern setzen darauf, dass die bestehenden<br />
BHKW länger laufen.“ Hake setzt beim Substratinput<br />
zu einem Drittel Zuckerrüben ein, die im Herbst und<br />
Winter frisch verfüttert werden. Da diese bekanntlich<br />
schnell Gas liefern, lässt sich auch so der Gasspeicher<br />
schnell füllen.<br />
Fotos: Thomas Gaul<br />
Die Schwankungen nehmen zu<br />
Das ist auch notwendig, denn die Preisschwankungen<br />
am Strommarkt werden nach Ansicht von Experten zunehmen:<br />
„Wir sehen inzwischen wieder den Trend zu<br />
steigenden Preisen, aber vor allem die Schwankungen<br />
nehmen zu“, sagt Christian Dorfner, Vorstand der SK<br />
Verbundenergie AG in Regensburg. Das Unternehmen<br />
bündelt Biogasanlagen zu einem virtuellen Speicherkraftwerk,<br />
steuert diese mittels individueller Fahrpläne<br />
dynamisch und in Echtzeit und bedient mit ihnen die<br />
Anlagenbetreiber<br />
Friedrich Hake hat am<br />
PC die Preise an der<br />
Strombörse immer<br />
genau im Blick.<br />
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45
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Biogasanlage der<br />
Alternative Energien<br />
Wesertal GmbH & Co.<br />
KG in der Nähe von<br />
Hameln.<br />
„Das BHKW wird dann<br />
eingeschaltet, wenn der<br />
Strombedarf hoch ist und<br />
somit die Preise an der<br />
Börse steigen“<br />
Christian Dorfner<br />
verschiedenen Märkte für<br />
Strom und Regelenergie.<br />
„Die Situation, wie wir sie<br />
im Januar und bisher im Februar<br />
am Strommarkt hatten,<br />
ist im Grunde ein Blick<br />
in die Zukunft“, so Dorfner.<br />
Die konventionelle Kraftwerkskapazität<br />
in Deutschland<br />
schmilzt dahin wie<br />
Butter in der Sonne. „Aktuell<br />
führen die schlechten<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu, dass<br />
etliche konventionelle Kraftwerke zur Stilllegung angemeldet<br />
werden oder vom Netz gehen“, fasst Stefan<br />
Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes<br />
der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), die Lage<br />
zusammen: „Investitionen in den Kraftwerksneubau<br />
sind bereits zum Erliegen gekommen.“<br />
Dem BDEW-Chef bereitet Sorge, dass die ganz offensichtlich<br />
unverzichtbaren konventionellen Kraftwerke<br />
derzeit mit hoher Geschwindigkeit vom Markt verschwinden.<br />
In den vergangenen fünf Jahren wurden<br />
insgesamt 82 konventionelle Stromerzeuger mit einer<br />
Leistung von mehr als 12 Gigawatt zur Stilllegung angemeldet,<br />
weil sich ihr Betrieb im Marktumfeld der<br />
Energiewende nicht mehr rechnet. Und das Kraftwerkesterben<br />
geht weiter. Gerade erst hat die Bundesregierung<br />
die Emissionsgrenzwerte für konventionelle Kraftwerke<br />
verschärft. In der Ungewissheit, ob sie mit ihren<br />
Anlagen je wieder Geld verdienen können, rüsten viele<br />
Betreiber ihre Anlagen dafür aber nicht mehr nach – sie<br />
legen sie lieber gleich still.<br />
„Die Stromnachfrage muss bei jeder Wetterlage gedeckt<br />
und das Stromnetz stabil gehalten werden“,<br />
sagt Kapferer. Und das ist die Chance für Biogas. Als<br />
speicher- und planbarer regenerativer Energieträger<br />
kann Biogas die Lücken schließen, die an kalten und<br />
dunklen Wintertagen durch den Produktionsausfall bei<br />
Wind und Photovoltaik gerissen werden. „Das BHKW<br />
wird dann eingeschaltet, wenn der Strombedarf hoch<br />
ist und somit die Preise an der Börse steigen“, verdeutlicht<br />
Dorfner. So zum Beispiel am Dienstag, dem 24.<br />
Januar, als elektrisch betriebene Züge, U-Bahnen und<br />
Fahrstühle die Menschen an den Arbeitsplatz brachten<br />
und die Fabriken ihre Arbeit aufnahmen, stieg<br />
Deutschlands Stromverbrauch rasch auf 83 Gigawatt.<br />
Die Windkraft an Land lieferte jedoch fast über den<br />
ganzen Tag hinweg weniger als 1 Gigawatt.<br />
In der Mittagszeit halfen ein paar Solaranlagen, die<br />
gesamte Produktion aus Wind und PV kurz mal auf 3<br />
Gigawatt zu hieven. Wäre nicht die konstante Leistung<br />
von über 5 Gigawatt der Biogasanlagen vorhanden,<br />
würde die Last der Stromerzeugung ganz auf den fossilen<br />
Energieträgern ruhen. „Wobei der Kohlepreis Ende<br />
2016 sprunghaft um über 30 Prozent gestiegen ist,<br />
was dazu führt, dass die Kohlekraftwerke entsprechend<br />
später zugeschaltet werden“, ergänzt Christian Dorfner.<br />
Die Biogasanlagen könnten diese Strommarktsituationen<br />
grundlegend entschärfen, stellt er in Aussicht:<br />
„Flexible Biogasanlagen können ihre Produktion genau<br />
in diese hohen Nachfrage-Stunden legen. Dadurch würden<br />
die Preisspitzen von bis zu 16 ct/kWh entlastet.“<br />
Für die Biogasanlagen-Betreiber sind diese Preisunterschiede<br />
natürlich sehr lukrativ. Zudem haben Biogasanlagen,<br />
wenn sie am kurzfristigen Intraday-Handel, in<br />
dem noch kürzere Viertelstunden-Zeitscheiben gehandelt<br />
werden, bei Preisen von bis zu 50 ct/kWh und mehr<br />
teilnehmen, noch bessere Chancen, so Dorfner.<br />
Der einzelne Betreiber dürfte jedoch mit der Fahrplanerstellung<br />
überfordert sein, sodass es ohne automatisierte<br />
Unterstützung nicht geht. Die Biogasanlagen<br />
werden so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende<br />
leisten, aber nicht alle damit verbundenen Probleme<br />
lösen können. „Eine Biogasanlage kann sehr kurzfristige<br />
Netzschwankungen im Sekundenbereich auch<br />
gar nicht ausgleichen“, erklärt der SKVE-Vorstand.<br />
Dafür kämen zunehmend auch Batterien ins Spiel.<br />
„Der Verschleiß, wenn das BHKW innerhalb nur weniger<br />
Sekunden oder Minuten hochgefahren und dann<br />
wieder gestoppt wird, ist einfach zu hoch“, gibt er zu<br />
bedenken. Dorfner favorisiert eine „harmonischere“<br />
wartungsschonende Fahrweise der BHKW-Motoren, bei<br />
der diese immer mindestens zwei oder mehr Stunden<br />
konstant laufen.<br />
Autor<br />
Thomas Gaul<br />
Freier Journalist<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
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47
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
„Biogasanlagen sind die flexibelsten und<br />
am einfachsten einsetzbaren EE-Anlagen“<br />
Biogas ist das Stiefkind der letzten EEG-Novellen. Dies ist nicht nur für viele Betreiber von<br />
Biogasanlagen, sondern auch aus Sicht eines Virtuellen Kraftwerks unverständlich. Denn<br />
ein Blick in die nicht allzu ferne Zukunft zeigt: Wir werden in Deutschland mittelfristig<br />
mehr Flexibilität im Stromsystem brauchen. Das ist das Ergebnis der Kurzstudie „Flexibilität<br />
im Strommarkt 2.0“ der r2b energy consulting GmbH, die Next Kraftwerke in Auftrag<br />
gegeben hat.<br />
Von Jochen Schwill<br />
Biogas kann und wird einen wichtigen Beitrag<br />
dazu leisten, dass die in naher Zukunft<br />
benötigte Flexibilität vorhanden ist. Das<br />
wissen wir. Denn wir vernetzen seit Jahren<br />
tausende Biogasanlagen in unserem Virtuellen<br />
Kraftwerk. Und das nicht ohne Grund. Die angesprochene<br />
Studie zeigt: Flexibilität bleibt die große<br />
Herausforderung für das Stromsystem. Die Nachfrage<br />
nach Flexibilität wird steigen und ebenso der Preis dafür.<br />
Für Biogasanlagenbetreiber bedeutet dies: Auf der<br />
bestehenden Erfahrung aufbauen und flexibilisieren.<br />
Warum sollten sie das tun? Ein wichtiger Grund für<br />
die derzeit niedrigen Preise für Flexibilität sind die<br />
bestehenden massiven Überkapazitäten auf konventioneller<br />
Kraftwerksseite. Es ist heute nicht nur zu viel<br />
Strom im Markt, was den Börsenstrompreis drückt und<br />
Stromexporte erhöht, sondern auch zu viel Flexibilität.<br />
Gleichzeitig ist aber die Abmeldung vieler bestehender<br />
konventioneller Kraftwerke bereits beschlossen, ebenso<br />
wie der Rückbau der Kernenergie nach 2020.<br />
Bis 2020 werden nach unseren Berechnungen mindestens<br />
9.800 Megawatt (MW) und bis 2025 etwa 17.900<br />
MW an konventionellen Kapazitäten abgebaut. Wir sind<br />
davon überzeugt, dass wir dann eine starke Knappheit<br />
auf dem Markt sehen werden. Diese wird noch verstärkt<br />
durch eine starke Zunahme an fluktuierenden Erneuerbaren<br />
Energien im System durch den weiteren Ausbau<br />
von Solar und Wind. In der Kombination steigt die Nachfrage<br />
nach Flexibilität – und ebenso der Preis dafür.<br />
Flexibilitätsbedarf wird drastisch steigen<br />
Zum Beispiel erwarten wir für das Jahr 2025 einen um<br />
25 Prozent gesteigerten Bedarf an Flexibilität beim<br />
Ausgleich von Knappheitssituationen im Vergleich zu<br />
2016. Um diesen erhöhten Bedarf an Flexibilität zu<br />
decken, gibt es unterschiedliche Optionen, die wiederum<br />
für unterschiedliche Märkte – Regelenergiemarkt,<br />
Day-Ahead-Markt, Intraday-Markt – attraktiv sind.<br />
Die Bereitstellung von Flexibilität durch Biogasanlagen<br />
ist eben eine solche Option. Denn Biogasanlagen<br />
sind immer noch die flexibelsten und am einfachsten<br />
einsetzbaren erneuerbaren Anlagen, um Flexibilität am<br />
Markt anzubieten. Das wird schon an dem Beitrag deutlich,<br />
den Biogasanlagen bereits heute für ein stabiles<br />
Stromsystem leisten. Ein Beitrag, der unserer Meinung<br />
nach oft nicht ausreichend anerkannt wird.<br />
Alleine wir vernetzen heute in unserem Next Pool fast<br />
ein Drittel der rund 9.000 Biogasanlagen in der EEG-<br />
Förderung in Deutschland. Damit bieten wir zum einen<br />
Regelenergie an. Wir können die Anlagen innerhalb von<br />
48
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
Sekunden herauf- oder herunterregeln. Mit dieser Fähigkeit<br />
bieten die Anlagen bereits heute die wertvolle<br />
Sekundärregelleistung (SRL) an. Wir allein stellen mit<br />
den Biogasanlagen in unserem Next Pool mehr als 10<br />
Prozent der gesamten negativen SRL in Deutschland.<br />
Nach unseren Schätzungen kann mehr als ein Viertel<br />
der negativen SRL heute durch Biogasanlagen bereitgestellt<br />
werden. In diese Schätzung fließt unser Portfolio<br />
und das weiterer Aggregatoren in Deutschland ein,<br />
die auch dezentrale Anlage vernetzen. Das zeigt das<br />
Ausmaß, mit dem Bioenergie schon heute zur Netzstabilität<br />
beiträgt.<br />
Biogasanlagen können kilowattscharf<br />
Abrufe bedienen<br />
Bei der Lieferung von Regelenergie ist nicht nur die<br />
schnelle Reaktionsfähigkeit ein Vorteil der Technologie.<br />
Biogasanlagen können auch sehr exakt die Abrufe<br />
nach Regelenergie abfahren. Während Großkraftwerke<br />
in der Regel in 10-MW-Schritten fahren, sind Biogasanlagen<br />
in der Lage, kilowattscharf dem Abruf zu folgen.<br />
Biogasanlagen haben auch dazu beigetragen, dass<br />
die Vorhaltung von Regelenergie wesentlich günstiger<br />
geworden ist.<br />
Vernetzt in Virtuellen Kraftwerken haben sie das Angebot<br />
für Regelenergie erheblich erhöht. So sind die<br />
durchschnittlichen Leistungspreise stetig gesunken<br />
und damit auch die Kosten für die Regelenergievorhaltung.<br />
Das wiederum entlastet die Netzentgelte, die die<br />
Endverbraucher zahlen – zumindest dahingehend, dass<br />
sie nicht noch stärker angestiegen sind. In Zahlen sieht<br />
das so aus: Laut der Bundesnetzagentur sind die Kosten<br />
für die Vorhaltung der Sekundärregelleistung von<br />
593 Millionen Euro in 2010 auf 227 Millionen Euro<br />
in 2014 gesunken (siehe Abbildung). Das ist eine Senkung<br />
von rund 366 Millionen Euro innerhalb von vier<br />
Blick in die Next-Box,<br />
der Kommunikationsschnittstelle<br />
zwischen<br />
Biogasanlage und<br />
Direktvermarkter.<br />
Fotos: Next Kraftwerke GmbH<br />
ÜBERWACHUNG VON BIOGAS-ANLAGEN<br />
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Biogases auf die Gaskompo nenten hin.<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Kosten der Vorhaltung von Regelenergie<br />
Kosten der Vorhaltung von Regelenergie<br />
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106,6<br />
111,8<br />
82,3<br />
85,2<br />
103,4<br />
100,6<br />
104,2<br />
67,4<br />
156,1<br />
106,0<br />
227,6<br />
267,1<br />
371,9<br />
352,9<br />
593,1<br />
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Vorhaltung<br />
Primärregelung<br />
Vorhaltung<br />
Sekundärreserve<br />
Vorhaltung<br />
Minutenreserve<br />
2010<br />
2011 2012 2013 2014<br />
Quelle: Monitoringberichte 2013, 2014 & 2015 der Bundesnetzagentur<br />
Jahren. Neben der Bereitstellung von Regelenergie verlagern<br />
auch immer mehr Biogasanlagen ihre Stromproduktion<br />
in Zeiten höherer Strompreise an der Strombörse.<br />
Dies geschieht abseits des Regelenergiemarkts der<br />
Übertragungsnetzbetreiber am regulären Strommarkt<br />
an der Börse. Die Anlagen erhalten über unser Leitsystem<br />
Preissignale von der Börse und richten daran ihre<br />
Stromproduktion aus.<br />
Täglicher Flex-Hub: 40 MW<br />
Schauen wir auf die Entwicklung in den vergangenen<br />
fünf Jahren, müssen wir feststellen, dass sich hier<br />
enorm viel getan hat. Und wir sehen, dass die Zahlen<br />
stetig steigen. In unserem Virtuellen Kraftwerk laufen<br />
bereits 310 Technische Einheiten mit einer Leistung<br />
von rund 120 MW bedarfsorientiert. Der flexible Hub<br />
pro Tag beträgt dabei etwa 40 MW. Dies ist die Leistung,<br />
die jederzeit flexibel abrufbar ist. So können diese<br />
Biogasanlagen im Virtuellen Kraftwerk an der Strombörse<br />
agieren wie eine große Batterie.<br />
Um genauer zu sein, bieten allein diese Biogasanlagen<br />
in unserem Portfolio damit mehr Flexibilität als die<br />
aktuell größten Batterien in Deutschland. Diese liegen<br />
bei einer Leistung von etwa 10 bis 15 MW. Auch wenn<br />
sich gerade sehr viel tut in der Entwicklung größerer<br />
Batterien, kann sich ein flexibler Hub von 40 MW an<br />
der Strombörse sehen lassen. Zum Vergleich: Ein deutscher<br />
Kraftwerksbetreiber investiert momentan 100<br />
Millionen Euro in sechs Großbatteriesysteme à 15 MW,<br />
der daraus resultierende flexible Hub dürfte bei rund<br />
45 MW liegen. Angesichts dieser Investitionskosten<br />
lässt sich abschätzen, welche Summen das Stromsystem<br />
bereits dadurch gespart hat, dass Virtuelle Kraftwerke<br />
die Flexibilitätspotenziale von dezentralen Biogasanlagen<br />
gehoben und dem System zur Verfügung<br />
gestellt haben.<br />
Damit wollen wir in keiner Weise die enorme Bedeutung<br />
von Batterien für die zukünftige Versorgungssicherheit<br />
kleinreden. In einem Stromsystem, das mehrheitlich<br />
auf Wind und Sonne setzt, ist die Frage nach der Speicherung<br />
von Energie eine, die beantwortet werden<br />
muss. Auf dem Weg dahin gibt es derzeit jedoch noch<br />
kostengünstigere Möglichkeiten, Flexibilität bereitzustellen:<br />
Indem zunächst die Flexibilität gehoben wird,<br />
die bereits existiert – zum Beispiel in Biogasanlagen.<br />
Aufgrund unserer Erfahrung sind wir überzeugt, dass<br />
Biogas sich als Technologie sehr gut schlägt. Natürlich<br />
ist keine Technologie perfekt. Von großflächigem Maisanbau<br />
bis vergleichsweise teuer – Biogas hat schon viel<br />
Schelte einstecken müssen. In diesen Debatten wird<br />
jedoch aus unserer Sicht zu selten anerkannt, wie viel<br />
Biogas heute schon für die Versorgungssicherheit in<br />
Deutschland leistet. Wir finden, dieser Beitrag lässt<br />
sich nicht wegreden und muss bei der Bewertung der<br />
Technologie immer einbezogen werden.<br />
Autor<br />
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50
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
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51
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Eine Alternative auf<br />
kürzeren Strecken sind<br />
schleppergezogene<br />
Tankanhänger, die das<br />
Überladen am Feldrand<br />
ermöglichen.<br />
Logistik für Gärprodukte<br />
Vom Stall zur Biogasanlage, vom Gärproduktlager auf den Acker: Gülle und Gärsubstrate<br />
müssen in großen Mengen über unterschiedlich lange Distanzen transportiert werden. Das<br />
ist nicht nur eine Kostenfrage, auch die Zeiträume werden für den Transport immer enger.<br />
Da ist schlagkräftige Logistik gefragt.<br />
Von Thomas Gaul<br />
Gärsubstrat und Wirtschaftsdünger müssen<br />
über immer größere Distanzen verbracht<br />
werden. Die neue Düngeverordnung (DüV)<br />
dürfte das Problem noch verschärfen.<br />
Denn die Menge an Gärsubstrat, die nach<br />
guter fachlicher Praxis in der Nähe der Biogasanlage<br />
ausgebracht wird, dürfte sich reduzieren. Außerdem<br />
wird es eine zeitliche Verschiebung geben.<br />
War es vor allem in Ackerbauregionen üblich, einen großen<br />
Teil des Gärproduktes im Spätsommer zur Strohausgleichsdüngung<br />
auf die Felder zu fahren, wird dies<br />
künftig nicht mehr möglich sein. Gärprodukte als auch<br />
andere Wirtschaftsdünger werden künftig hauptsächlich<br />
im Frühjahr ausgebracht werden. Das ist auch<br />
pflanzenbaulich und ökologisch sinnvoll, da die Pflanzen<br />
dann den höchsten Nährstoffbedarf haben.<br />
Philipp Staritz vom Lohnunternehmen Blunk GmbH in<br />
Rendswühren bei Neumünster in Schleswig-Holstein<br />
kann bereits jetzt diesen Trend erkennen. In den letzten<br />
Jahren hat sich die ausgebrachte Menge im Spätsommer<br />
und Herbst schon deutlich reduziert, und der Einsatz im<br />
Frühjahr hat – auch mithilfe von Nitrifikationshemmstoffen<br />
– zugenommen. „Die Düngung kommt geballt im Frühjahr“,<br />
so Staritz, „das hat Auswirkungen auf die Logistik.“<br />
Steigende Anforderungen an die Technik<br />
Die Ansprüche an die Technik zum Transport steigen,<br />
sollen große Mengen Wirtschaftsdünger in kurzen Zeiträumen<br />
unter den Augen der Öffentlichkeit transportiert<br />
werden. Mit den üblichen großvolumigen Güllewagen<br />
ist ein Befahren der im Frühjahr noch feuchten<br />
Felder kaum mehr möglich. Um keine Schadverdichtungen<br />
im Boden zu verursachen, wird der Trend in<br />
Richtung kleinere, bodenschonend bereifte Ausbringfahrzeuge<br />
gehen, die das Gärsubstrat zum Vermeiden<br />
von Emissionen in die oberste Bodenschicht schlitzen<br />
oder nah an den Pflanzenreihen ablegen.<br />
Das bedeutet aber auch, dass zum Transport andere<br />
Fahrzeuge zum Einsatz kommen müssen. Die inzwischen<br />
bei den Güllefässern erreichten Fassgrößen<br />
überschreiten bei vollständiger Füllung die von der<br />
StVZO vorgegebenen Grenzen. Hier bieten Lkw mit<br />
speziellen Tankaufliegern große Vorteile. Damit lassen<br />
sich bei größeren Transportentfernungen die Kosten<br />
senken. Sie kommen auch dort ins Spiel, wenn es darum<br />
geht, Wirtschaftsdünger aus Überschussregionen<br />
in Ackerbaugebiete zu exportieren, wo sie in Biogasanlagen<br />
als Substrat eingesetzt werden und nach der Vergärung<br />
den Bedarf an Mineraldünger reduzieren helfen.<br />
Aktuellen Angaben zufolge sind allein in den Veredelungsregionen<br />
im Westen Niedersachsens etwa 80.000<br />
Tonnen Stickstoff und 40.000 Tonnen Phosphat zu viel<br />
„im System“. Mit der Logistik von Gärprodukten und<br />
Gülle befassen sich bereits mehrere Forschungsvorhaben.<br />
In dem Projekt „Bauernhof Niedersachsen“ haben<br />
die Universitäten Osnabrück und Göttingen gemeinsam<br />
untersucht, ob sich der Wirtschaftsdüngertransfer aus<br />
den Veredelungsregionen zu Biogasanlagen in Ackerbauregionen<br />
rechnet.<br />
Ergebnis der Modellkalkulation: Der Transport von flüssiger<br />
Schweinegülle mit einem Gülleauflieger lohnt<br />
sich für den Biogasanlagenbetreiber bis zu einer Entfernung<br />
von 200 Kilometern (km), mit einem Kombiliner<br />
bis 300 km. Bei separierter Schweinegülle liegt<br />
52
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
Fotos: Werkbilder<br />
die wirtschaftliche Transportdistanz bei 400 km, bei<br />
Hühnertrockenkost geht sie sogar bis 700 km.<br />
Transfer von Wirtschaftsdünger in<br />
Biogasanlagen<br />
Wird die Gülle in der Biogasanlage vergoren, sind auch<br />
längere Strecken ökologisch sinnvoll, der Transport hat<br />
kaum Auswirkungen auf die Emissionen. Das liegt vor<br />
allem daran, dass die Vergärung der Wirtschaftsdünger<br />
im Vergleich zur Ausbringung der unbehandelten Gülle<br />
große Mengen an Treibhausgasemissionen einspart, vor<br />
allem Methan.<br />
Wirtschaftsdünger ist für Biogasanlagen-Betreiber interessant,<br />
weil die Biogaserzeuger in der vieharmen<br />
Region damit Anspruch auf den Güllebonus haben. Für<br />
den Bonus müssen sie mindestens 30 Masseprozent<br />
Gülle oder Mist einsetzen. Mist ist deshalb beliebt, weil<br />
er eine größere Gasausbeute hat – besonders Hähnchenmist.<br />
Denn weil die Tiere ständig scharren, um<br />
Nahrung auf dem Boden zu suchen, ist der Mist sehr<br />
locker und konzentriert.<br />
Bei den Transporten in die Ackerbauregion werden sogenannte<br />
Kombitrailer genutzt. Sie besitzen zwei bis<br />
drei Kammern. Außen liegen meistens die Kammern<br />
für Gülle, in der Mitte dagegen ist der Lagerraum für<br />
Getreide. Es gibt auch Fahrzeuge, bei denen ein Güllekessel<br />
fest auf der Ladefläche verschraubt ist und<br />
außen herum das Getreide gelagert wird. Fahrzeuge,<br />
deren Kammern längs unterteilt sind, lassen sich zur<br />
Entleerung nach hinten kippen.<br />
Das hat logistische Vorteile. Ist die Getreidekammer<br />
dagegen wie bei einigen Fahrzeugen in der Mitte angeordnet,<br />
lässt sich Getreide nur nach unten abladen. Mit<br />
diesen Kombifahrzeugen werden die Wirtschaftsdünger<br />
zu den Abnehmern transportiert. Auf dem Rückweg<br />
nehmen die Transporteure Getreide aus den Ackerbauregionen<br />
mit und liefern es zu Mischfutterwerken in der<br />
Region Südoldenburg. Spezialisierte Nährstoffbörsen<br />
und Transporteure kooperieren dazu mit Futterherstellern<br />
und organisieren die Logistik rund um die Kette<br />
Futtermittel – Nährstoffe.<br />
Wichtig ist, die Standzeiten des Lieferfahrzeugs zu reduzieren<br />
und eine Ladestelle für die Rückfracht in der<br />
Nähe der Gärproduktladestelle bzw. der Gülleabgabestelle<br />
zu finden. Die Transporteure teilen den Mischfutterherstellern<br />
mit, wo sie Wirtschaftsdünger entladen.<br />
Sie suchen dann eine geeignete Ladestelle und übernehmen<br />
die Abrechnung, die Transporteure beschränken<br />
sich auf den Transport als Dienstleistung, so das<br />
übliche Vorgehen.<br />
Die praktische Umsetzung des Nährstofftransports<br />
sieht so aus: Die Spediteure laden die Gülle bei den abgebenden<br />
Betrieben frühmorgens oder teilweise auch<br />
schon am Abend vorher. Dann fahren sie ab 5.00 Uhr<br />
los. Die Transportentfernung beträgt 150 bis maximal<br />
250 km, damit die Fahrer in einer Schicht hin- und wieder<br />
zurückkommen. Die Fahrzeuge sind dann zwischen<br />
7 und 8 Uhr bei den Aufnahmestellen für die Gülle und<br />
dann entsprechend am frühen Vormittag auch bei den<br />
Getreidelagern.<br />
Die Kombitrailer fassen in der Regel 26 Kubikmeter<br />
Gülle, was im Schnitt ein Transportgewicht von 24,8<br />
bis 25 Tonnen (t) bedeutet. Denn Gülle oder Gärprodukte<br />
sind etwas leichter als Wasser. Einschließlich<br />
Leergewicht von etwa 16 bis 17 t kommen sie damit<br />
auf ein Gesamtgewicht von rund 40 t. Auf dem Rückweg<br />
nehmen sie rund 24 t Getreide mit zurück. Die<br />
Nährstoffverwertung Oldenburger Münsterland (NOM)<br />
schickt zehn dieser besonderen Transportfahrzeuge an<br />
den Start.<br />
Die NOM ist ein Zusammenschluss von Lohn-, Transport-<br />
und Entsorgungsunternehmen, die mit Mischfutterwerken<br />
der Region kooperieren. Die eingesetzten<br />
Kombi-Trailer bringen Getreide in Richtung Oldenburg<br />
und transportieren in separaten Behältnissen auf dem<br />
Rückweg auf demselben Lkw Gülle oder Gärreste aus<br />
Biogasanlagen in die Ackerbauregionen. Die Fahrzeuge<br />
verfügen über voneinander getrennte Kammern. Eine<br />
für Schüttgut, wie zum Beispiel Getreide, und eine für<br />
Flüssigkeiten, zum Beispiel Gülle.<br />
Ein 40-Tonnen-Lkw kann rund 26 t Getreide als Ladung<br />
mitnehmen, damit füllt er rund 40 Prozent seines Volumens<br />
aus. Der Freiraum kann somit als zweite Kammer<br />
für Flüssigkeit genutzt werden. Pro Fahrt kann so<br />
nahezu die gleiche Menge transportiert werden wie in<br />
Silofahrzeugen ohne Doppelkammer. Kombifahrzeuge<br />
der Firmen Heitling aus Melle, Harmer Maschinenbau<br />
aus Bakum, Kotte Landtechnik aus Rieste, Firma Wie-<br />
Der Transport mit dem<br />
Lkw ist am kostengünstigsten.<br />
53
Praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Für höhere Transportleistungen kommen auch spezielle Lkw mit vier Achsen infrage.<br />
Duoliner: Kombinierte<br />
Fahrzeuge für den<br />
Transport von Gülle<br />
und Getreide haben<br />
sich insbesondere bei<br />
Fahrten bewährt, die<br />
Gülle in Ackerbauregionen<br />
bringen und von<br />
dort auf dem Rückweg<br />
Getreide mitnehmen.<br />
se, Petershagen, und Firma<br />
Feldbinder, Stade, sind im<br />
Einsatz. Reine Gülle-Lkw<br />
können zwar mit 28 Kubikmetern<br />
etwas mehr Gülle<br />
laden als die Kombitrailer.<br />
Aber dafür müssen sie leer<br />
zurückfahren. Daher sind die Kombitrailer auf weiten<br />
Strecken deutlich effizienter als reine Gülletransporter.<br />
Mist wird dagegen in speziellen Walking-Floor-Fahrzeugen<br />
transportiert, das übernehmen in der Regel spezialisierte<br />
Unternehmen.<br />
Eine Frage der Kosten<br />
Die Transportkosten variieren stark und werden von der<br />
Wahl des Fahrzeugs und der Entfernung bestimmt. Sie<br />
teilen sich auf in Fixkosten je Tonne und Fahrt sowie in<br />
variable Kosten je t und km. Bei einem Gülle-Auflieger<br />
ist zum Beispiel von Fixkosten von 2,60 Euro pro t und<br />
Fahrt auszugehen, hat die Professur für Produktion und<br />
Logistik der Uni Göttingen ermittelt. Dazu kommen 8,5<br />
ct/t und km. Bei Kombilinern und Kippern dagegen treten<br />
je Fahrt Fixkosten von 4 Euro/t auf, die variablen<br />
Kosten dagegen liegen nur bei 5 ct/t und km.<br />
Beim Transport spielt auch die Lkw-Maut inzwischen<br />
eine große Rolle, sie kann bei 300 km Entfernung<br />
1 bis 2 Euro je Kubikmeter ausmachen. Der Lkw ist<br />
durch geringe Kosten selbst auf kürzeren Distanzen<br />
das preiswerteste Transportmittel. Spezielle Agrotrucks<br />
sind durch Niederdruckbereifung, geringere Nutzlast<br />
und höheren Dieselverbrauch teurer, aber immer noch<br />
günstiger als ein 150-kW-Schlepper mit Tridemfass.<br />
Hinzu kommt, dass Lkw und Agrotruck durch die höhere<br />
Fahrgeschwindigkeit mehr Umläufe am Arbeitstag<br />
schaffen und daher eine größere Menge transportieren.<br />
Wie Dr. Martin Wesenberg, Geschäftsführer des Bun-<br />
54
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Praxis<br />
desverbandes der Lohnunternehmer berechnet hat,<br />
liegen die Verfahrenskosten pro Stunde beim Schlepper<br />
mit Tridemfass bei 98 Euro, beim Agrotruck bei 87<br />
Euro und beim Lkw bei 84 Euro.<br />
Tendenz zum Leichtbau<br />
Der Trend geht auch bei Transportfahrzeugen zu gewichtsoptimierten<br />
Fahrzeugen aus Kunststoff oder GFK<br />
(Glasfaserkunststoff). Das Gewicht dieser Fahrzeuge<br />
liegt um 40 Prozent unter dem der aus Stahl gefertigten<br />
Tanks. In der Variante als Auflieger können sie<br />
sowohl von Sattelzugmaschinen, Agrotrucks als auch<br />
von Schleppern mit Dollyachsen gezogen werden.<br />
Das hat Vorteile, weil sich damit sämtliche Felder erreichen<br />
lassen, macht auch Philipp Staritz deutlich: „Der<br />
Lkw ist mit Abstand am günstigsten, kommt aber nicht<br />
überall hin.“ Solche Fahrzeuge werden von den Firmen<br />
Annaburger und von Zunhammer gebaut. „Wir investieren<br />
auch weiterhin in schleppergezogene Gespanne“,<br />
sagt Staritz. Eine solche Lösung hat auch Krampe auf<br />
der letzten EuroTier vorgestellt: Der Tankaufbau auf<br />
einem Dreiachs-Anhänger kann gegen einen Kipper<br />
getauscht werden, um die Auslastung des Fahrzeuges<br />
zu verbessern. Das Volumen dieser Fahrzeuge beträgt<br />
meist 21 m³, passend etwa zur Ausbringung mit Selbstfahrern.<br />
Auf einen Feldrandcontainer kann in diesen<br />
Fällen verzichtet werden.<br />
Zunehmend werden neue Fahrzeugkonzepte in Leichtbauweise<br />
eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der Annaburger<br />
„HighwayTanker LS 38.28“, der durch seine<br />
gewichtsoptimierte Fahrgestellkonstruktion bis zu 30<br />
m³ Gülle oder Gärprodukt transportieren kann. Bei anderen<br />
Anbietern sind weiterhin Tanks aus Stahl (verzinkt<br />
oder innen- und außenbeschichtet) das Mittel der<br />
Wahl. Nur bei Stahlbehältern kann eine Vakuumpumpe<br />
zur Befüllung eingesetzt werden.<br />
Maximale Korrosionsbeständigkeit verspricht Kässbohrer<br />
für ihren aus Edelstahl gefertigten Tanktrailer<br />
STN 30. Tankauflieger für Sattelzugmaschinen sind<br />
mit einem Volumen von 27 bis 40,5 m 3 lieferbar. Da die<br />
Fahrzeuge auftragsbezogen gefertigt werden, lassen<br />
sich viele Kundenwünsche realisieren. Neue Aufgaben<br />
kommen auf die Fahrzeugbauer durch die Dokumentationspflichten<br />
zu.<br />
So muss in den Niederlanden eine Vorrichtung zur Probenahme<br />
am Tankwagen vorhanden sein. Erst wenn die<br />
Probe analysiert ist, gibt es vom dortigen Wirtschaftsministerium<br />
eine Freigabe für den Transport. Der niederländische<br />
Aufliegerhersteller D-Tec hat im vergangenen<br />
Jahr ein Fahrzeug mit einem Nah-Infrarot-Sensor<br />
zur Analyse der Inhaltsstoffe vorgestellt. Damit kann in<br />
Echtzeit die Zusammensetzung von Gülle und Gärprodukt<br />
festgestellt werden.<br />
Autor<br />
Thomas Gaul<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Interview<br />
Umlaufwasser entkalken<br />
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Im Gespräch mit Gunter Brandt von der<br />
Gesellschaft für umweltfreundliche Technologie<br />
(GUT) e.V. Kassel und Einbeck über die<br />
Kontrolle und Wartung von Wärmenetzen.<br />
Interviewerin:<br />
PD Dr. Marianne Karpenstein-Machan<br />
Zur Person<br />
Der Physiker Gunter Brandt beschäftigt sich<br />
seit 1979 mit regenerativen Energieversorgungs-<br />
und rationellen Energienutzungssystemen.<br />
Er hat im Rahmen von Bioenergiedorfprojekten<br />
und anderen Projekten schon mehr<br />
als zehn Wärmenetze in Dörfern und Städten<br />
geplant und als Bauleiter umgesetzt.<br />
Biogas Journal: Herr Brandt, Sie haben viel Erfahrung<br />
mit Wärmenetzen. Zunächst einmal zu den Begriffen:<br />
Nah- und Fernwärme. Sind diese Begriffe klar definiert?<br />
Gunter Brandt: Es gibt keine klare Abgrenzung zwischen<br />
beiden Begriffen. Wenn drei Faktoren zusammenkommen,<br />
würde ich von Fernwärme sprechen: Netzlängen<br />
über 10 Kilometer, Systemtrennungen (das Wärmenetz<br />
hat einen eigenen separaten Wasserkreislauf und die<br />
Gebäude sind über Wärmetauscher angeschlossen)<br />
und Wärmeleistungen über 1 Megawatt. Trotzdem würde<br />
ich, auch wenn alle Faktoren zusammenkommen, in<br />
einem Dorf nicht von Fernwärme sprechen.<br />
Biogas Journal: In Bioenergiedörfern wird die Wartung<br />
des Nahwärmenetzes sehr unterschiedlich gehandhabt.<br />
Wie viel Wartungsaufwand ist aus Ihrer Sicht<br />
notwendig?<br />
Brandt: Wärmenetze sind nicht wartungsintensiv. Es ist<br />
eher eine Kontrollaufgabe, die kontinuierlich erfolgen<br />
muss. Mit einer Lecküberwachung passiert das ja auch<br />
kontinuierlich. Bei der Lecküberwachung wird dedektiert,<br />
ob sich im Dichtungsschaum des Rohres Feuchte<br />
befindet. Ob die Feuchte von innen oder außen kommt,<br />
kann man erst erkennen, wenn man das Rohr freilegt,<br />
das Mantelrohr aufschneidet und die Isolierung entfernt.<br />
In den meisten Feuchtefällen kommt die Nässe<br />
von außen durch undichte Muffen, selten handelt es<br />
sich um undichte Schweißnähte oder noch seltener um<br />
einen Rohrbruch.<br />
Biogas Journal: Eine Leckageüberwachung ist also auf<br />
jeden Fall sinnvoll für Wärmenetze?<br />
Brandt: Ja, aber sie werden nur in Nahwärmeleitungen<br />
mit Medium führenden Rohren aus Metall eingesetzt<br />
(zum Beispiel Kunststoffmantelrohr), nicht bei Mediumrohren<br />
aus Kunststoff. Im Rohr-Isolierschaum zwischen<br />
Mantelrohr aus Polyethylenrohr und Mediumrohr<br />
aus Stahl sind Sensordrähte eingezogen. Der Isolierwiderstand<br />
wird kontinuierlich überwacht.<br />
Starkes Sinken des Isolierwiderstandes deutet auf einen<br />
Feuchteeinbruch hin, der sowohl von einer Undichte<br />
im Mediumrohr herrühren kann als auch von einer<br />
Undichte im Mantelrohr, das die mechanische Umhüllung<br />
und das Schutzrohr für den Isolierschaum zum<br />
Erdreich hin darstellt. Man kann dann durch verschiedene<br />
Messverfahren den ungefähren Ort einer feuchten<br />
Stelle eingrenzen. Aber erst durch weitere Messungen,<br />
wie zum Beispiel zwischen zwei Häusern, kann dann<br />
das Leck auf den Meter genau geortet werden.<br />
In Nahwärmenetzen mit Kunststoffrohren kann man<br />
nur mit einer Thermokamera nach dem Leck suchen,<br />
sofern das Leckwasser nicht örtlich erkennbar austritt.<br />
Hier grenzt man zunächst ein, wo sich das Leck<br />
befinden könnte. Hat man z.B. drei Teilnetze, das<br />
heißt drei verschiedene Netzstränge, dann kann man<br />
sie einzeln absperren und prüfen und so schon eingrenzen,<br />
wo sich das Leck befinden könnte. Grundsätzlich<br />
setzt man bei kleinen Nahwärmenetzen nur<br />
wenige Absperreinrichtungen ein, weil sich gezeigt<br />
hat, dass diese bei Havarien auch kaum weiterhelfen,<br />
die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bei<br />
großen Fernwärmenetzen müssen die Absperreinrichtungen<br />
regelmäßig betätigt und auf Funktion überprüft<br />
werden, was in der Praxis oft vernachlässigt wird<br />
oder gar unterbleibt. Ein großes Leck offenbart sich in<br />
der Regel sehr schnell durch sichtbaren Wasseraustritt,<br />
es sei denn der Schadensort liegt in einem Sandboden<br />
mit sehr stark drainierender Wirkung. Auf der anderen<br />
Seite sollte man auch vor einem kleinen Leck im Kunststoffnetz<br />
keine große Angst haben und gegebenenfalls<br />
abwarten, bis die Leckage soweit ansteigt, bis sie durch<br />
Thermografie oder Wasseraustritt ortbar wird.<br />
Biogas Journal: Auch die Wasseraufbereitung für das<br />
Wärmenetz ist in den Dörfern sehr unterschiedlich. In<br />
manchen Dörfern wird das Wasser gar nicht aufbereitet<br />
und es erfolgt lediglich eine regelmäßige pH-Messung.<br />
Ist das in Ordnung?<br />
56
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis<br />
Brandt: Ja, man kann dieser Philosophie folgen, das<br />
muss nicht immer schädlich sein. Bei hartem Wasser<br />
bildet sich jedoch vorzugsweise an den heißesten Stellen<br />
– also primär in den Wärmetauschern der Wärmeerzeuger<br />
– Wasserstein (Kalk). Bei großdimensionierten<br />
Wärmetauschern alter Heizkesseltechnologien konnte<br />
man diesen Effekt vielleicht noch tolerieren, zumal das<br />
Wasser durch die Kalkabscheidung sogar weicher wurde,<br />
sofern bei ausreichender Dichtigkeit im Kreislauf<br />
nicht nachgespeist werden musste.<br />
Dabei konnte sich auch in den Rohren über die Zeit<br />
ein dünner Niederschlag aus Kalk bilden. Wenn dieser<br />
Niederschlag sehr gleichmäßig erfolgte, dann ergab<br />
sich eine feine Patina, die nicht unbedingt stören<br />
musste, vielleicht sogar passivierend wirken konnte.<br />
Problematisch ist jedoch immer die Kalkschicht, die<br />
sich im Wärmeüberträger bildet. Ein moderner Hochleistungswärmetauscher<br />
beispielsweise reagiert extrem<br />
„allergisch“ auf die Bildung von Kalkschichten, denn<br />
Kalk ist ein schlechter Wärmeleiter.<br />
Hochleistungswärmetauscher haben eine extrem hohe<br />
Wärmeübertragung pro Flächeneinheit, die dadurch<br />
erzielt wird, dass das Wasser als Wärmeträger die<br />
engen Kanäle zwischen den Metallplatten mit hoher<br />
Geschwindigkeit und Turbulenz durchströmt. Eine<br />
zunehmende Kalkschicht auf den Metallflächen verschlechtert<br />
nicht nur den Wärmeübergang, sondern<br />
auch der Durchflusswiderstand steigt an. Dieser Prozess<br />
ist schleichend, und im schlimmsten Fall können<br />
sich die Kanäle zusetzen.<br />
Biogas Journal: Neben Kalk können auch weitere Salze,<br />
Chloride, Sulfate und Eisen im Wasser störend sein.<br />
Müssen die entfernt werden?<br />
Brandt: Präventiv sollte bei größeren Netzen eine Wasserenthärtung<br />
erfolgen. Dabei wird der Härtebildner<br />
aber nur gegen ein anderes Salz ausgetauscht, das in<br />
der Lösung und damit im Umlauf bleibt. Dieses „Austauschsalz“<br />
kann, da das Wasser weiterhin eine höhere<br />
Leitfähigkeit behält, elektrochemische Effekte beim<br />
Rohrmaterial und den Armaturen begünstigen.<br />
Daher wird heute empfohlen, das umlaufende Heizwasser<br />
auch zu entsalzen. Damit entfernen wir störende<br />
Ionen. Gegenwärtig bauen wir ein Nahwärmenetz in der<br />
Kleinstadt Rauschenberg, wobei das Netz von vornherein<br />
nur mit weitgehend entsalztem Wasser gefüllt wird.<br />
Aber wir sind uns nicht ganz sicher, ob vollkommen<br />
entsalztes Wasser der Weisheit letzter Schluss ist, da<br />
das Wasser dann keinerlei Puffer mehr für den pH-Wert<br />
besitzt, dieser also labiler werden kann.<br />
Bereits geringfügige Mengen an Restkalk können den<br />
pH-Wert des Wasser abpuffern und somit stabilisieren.<br />
Aus diesem Grund nehmen wir es auch hin, wenn das<br />
aufbereitete Netzwasser sich mit geringen Mengen Be-<br />
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57
praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
standswasser aus den angeschlossenen Hausanlagen<br />
mischt und kleine Mengen Kalk aufnimmt. Allerdings<br />
haben wir den Effekt starker pH-Schwankungen bei<br />
denjenigen Netzen, die wir mit Entsalzungsanlagen auf<br />
der Basis der Umkehrosmose ausgestattet haben, bisher<br />
nicht beobachten können. Deshalb sind wir jetzt mutiger<br />
geworden und setzen auf voll entsalztes Füllwasser.<br />
Biogas Journal: Bei der Umkehrosmose werden also<br />
alle störenden Stoffe aus dem Wasser herausgeholt?<br />
Brandt: Mit der Umkehrosmose bekommt man sowohl<br />
die Kalkbildner und deren Gegenspieler, aber auch<br />
organische Störstoffe heraus. Bei der Umkehrosmose<br />
wird die Eigenschaft hochfeiner Membranen genutzt,<br />
größere Ionen nicht passieren zu lassen. Da bei längerem<br />
Anlagenstillstand eine Belagbildung und damit<br />
das Verstopfen der Mikroporen droht, habe ich eine<br />
Beschaltung realisiert, die in regelmäßigen Abständen<br />
dafür sorgt, dass zwangsweise weiteres entsalztes Wasser<br />
über die Umkehrosmoseanlage nachgespeist wird.<br />
Biogas Journal: Was ist mit dem Eisen-III-Oxid, dem<br />
Magnetit, das das Wasser dunkel verfärbt?<br />
Brandt: Das stört, weil es sich als Schlamm in beruhigten<br />
Zonen niederschlägt, aber auch Ventile und andere<br />
Stellorgane in ihrer Funktion beeinträchtigen kann.<br />
Aber auch Pumpenstörungen insbesondere bei Hocheffizienzpumpen,<br />
deren Motorläufer mit superstarken<br />
Magneten ausgestattet sind, können durch Magnetit<br />
verursacht werden. Hierbei lagert sich Magnetit, angezogen<br />
von dem Motormagneten, als hochfeines Sediment<br />
mit zunehmender Krustenbildung in dem Ringspalt<br />
zwischen Magnetläufer und Gehäuse ab – bis der<br />
Spalt gefüllt ist und der Motor blockiert wird.<br />
Magnetit sollte man herausholen, indem man im Umlauf<br />
einen guten Filter mit zusätzlichem Magneteinsatz<br />
einbaut. Häufig setzen sich solche Filter bereits kurz<br />
nach Betriebsbeginn zu und sollten deshalb präventiv<br />
am Anfang öfter gereinigt werden. Oft wird dabei gleich<br />
der Schmutz mit entfernt, der sich aus der Bauphase<br />
des Nahwärmenetzes noch im Umlauf befindet oder der<br />
aus gelösten Ablagerungen stammt. Auch in den Hausanlagen<br />
sollten die Feinsiebe, die hier allerdings aus<br />
Kostengründen keine Magnetfilter sind, in den ersten<br />
ein, zwei Jahren des Öfteren gereinigt werden.<br />
Biogas Journal: Das Magnetit bekomme ich also nicht<br />
mit der Umkehrosmose heraus?<br />
Brandt: Nein, denn bei der Befüllung über die Umkehrosmose<br />
wird ja Leitungswasser verwendet, bei dem das<br />
Wasserwerk zuvor hoffentlich das Eisen herausgeholt<br />
hat – sonst bekämen wir braunes Wasser! Das Magnetit<br />
bildet sich erst im Nahwärmenetz selber und in den<br />
Wärmeerzeugungsanlagen und bei den Kundenanlagen.<br />
Ursache ist der im Wasser gelöste Sauerstoff,<br />
der mit dem Füllwasser in das Netz gelangt, sofern das<br />
Wasser bei der Befüllung nicht komplett entgast wird.<br />
Trotzdem ist ja erst einmal Luft und damit Sauerstoff im<br />
Rohrnetz, bevor es gefüllt wird. Diese Luft, verbunden<br />
mit der Luftfeuchte, bewirkt die Bildung von Eisen-II-<br />
Oxyd, landläufig als Rost bezeichnet. Bei Befüllung<br />
des Netzes reagiert dieser Rost mit dem verbleibenden<br />
Restsauerstoff weiter zu Eisen-III-Oxid.<br />
Biogas Journal: Wie oft sollte das Wasser des Wärmenetzes<br />
kontrolliert werden?<br />
Brandt: Wenn neben dem Wärmenetz auch andere<br />
sensible Anlagen, wie zum Beispiel Biogasanlage und<br />
Blockheizkraftwerk vorhanden sind, muss sowieso täglich<br />
ein Kontrollgang gemacht werden. Dann sollte auch<br />
immer ein Blick auf das Wärmenetz geworfen und sollten<br />
die Werte für Netztemperaturen, Netzdrücke und Nachspeisemengen<br />
in einem Betriebsbuch notiert werden.<br />
Die Eintragungen in das Betriebsbuch erzwingen, dass<br />
man trotz Routine immer wichtige Daten und Vorgänge<br />
registriert und damit Veränderungen sofort mitbekommt.<br />
Was die Messungen des Wasserzustandes betrifft, sollte<br />
man anfangs kurzfristig und danach vierteljährlich<br />
den pH-Wert überprüfen und die elektrische Leitfähigkeit<br />
messen. In der Anfangszeit, solange häufig neue<br />
Kunden ans Netz gehen, sind die Kontrollen im dichteren<br />
Zeitabstand angeraten. Sobald sich die Werte auf<br />
dem gewünschten Niveau stabilisiert haben, sind Messungen<br />
nur noch in längeren Intervallen erforderlich,<br />
mindestens aber einmal pro Jahr.<br />
Biogas Journal: In einem Dorf traten Schwierigkeiten<br />
auf, weil offensichtlich ein Wärmetaucher mit ungeeignetem<br />
Material verwendet wurde. Sollten generell<br />
Edelstahlwärmetauscher verwendet werden?<br />
Brandt: Heute werden in der Regel Edelstahlwärmetauscher<br />
eingesetzt. Bei geeigneter Legierung bereiten die<br />
kaum Probleme. Bei Hausanlagen mit Systemtrennung<br />
kommt es jedoch oft vor, dass der Wärmekunde in seinem<br />
hausinternen Netz eine schlechte Wasserqualität<br />
hat, gefördert durch unerkannte Undichten und Sauerstoffeintrag.<br />
Wenn dann noch häufig mit Leitungswasser<br />
nachgefüllt wird und sich somit viele Kalkbildner<br />
im Umlauf befinden, kommt es zur Belagbildung im<br />
Wärmetauscher, der das Nahwärmenetz von der Hausanlage<br />
trennt. Außerdem gibt es im Heizwasserumlauf<br />
einer solchen Hausanlage viel Korrosion.<br />
Biogas Journal: Herr Brandt, vielen Dank für das<br />
Gespräch!<br />
Interviewerin<br />
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59
praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Interview<br />
»Biogasbranche ist spürbar<br />
kompetenter geworden«<br />
Im Gespräch mit Dipl. Ing. Josef K. Ziegler, Sprecher des AK Sicherheit, über Sicherheit, Sicherheitsstandards,<br />
Schadensfälle und zunehmende Anforderungen an Betreiber.<br />
Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Biogas Journal: Herr Ziegler, in der letzten<br />
Zeit waren auch überregional wieder verschiedenste<br />
Unfallereignisse in den Medien<br />
– hat die Branche nichts gelernt?<br />
Josef K. Ziegler: Ja und nein. Ich bin ja<br />
hauptberuflich als Sachverständiger laufend<br />
mit verschiedensten Anlagen unterschiedlichster<br />
Ausstattung konfrontiert.<br />
Die Betreiber sind sensibler und spürbar<br />
kompetenter geworden. Die Notwendigkeit<br />
von grundlegenden Sicherheitsstandards<br />
wird durchaus eingesehen. Es gibt aber<br />
eine Bandbreite von unterschiedlichen Ansichten<br />
der Betreiber, was als notwendiger<br />
Sicherheitsstandard angesehen wird – und<br />
was dann tatsächlich auch gelebt wird.<br />
Biogas Journal: Was sind die Hauptursachen?<br />
Lässt sich bei den Vorfällen eine<br />
Systematik erkennen?<br />
Ziegler: Die meisten Unfälle passieren in<br />
einem Zustand außerhalb des Normalbetriebes.<br />
Wenn die Anlage gasdicht ist, die<br />
Fütterung, die Rührtechnik, die Heizung,<br />
das BHKW und die Steuerung funktionieren,<br />
dann ist eine Biogasanlage kein Hexenwerk.<br />
Der Betreiber erkennt dann sehr<br />
schnell, wenn etwas aus dem Ruder läuft.<br />
Die Probleme lassen sich grob in ein paar<br />
Gruppen einteilen: Besondere Betriebszustände<br />
wie Inbetriebnahmephase, Instandhaltungsarbeiten,<br />
Behälterrevisionen,<br />
Extremwetterereignisse etc. erfordern ein<br />
besonnenes Vorgehen bereits im Vorfeld.<br />
Da wird oft in erschreckend nachlässiger<br />
Weise an die jeweilige Aufgabe herangegangen.<br />
Einstieg in Schächte und Behälter ohne<br />
Belüften und Freimessen, sorgloser Umgang<br />
mit Maschinen, in diesem Bereich<br />
passierten in letzter Zeit besonders tragische<br />
Unfälle. Dabei sind das Gefahren, die<br />
mit Biogas meist gar nichts zu tun haben,<br />
aber sie passieren auf Biogasanlagen. Außenstehende<br />
unterscheiden da nicht.<br />
Altersbedingte Ausfälle, Brände etc. lassen<br />
sich eher schlecht im Voraus planen,<br />
aber man müsste in der vorbeugenden Wartung<br />
aufmerksamer unterwegs sein.<br />
Eine explosive Atmosphäre erkennt man<br />
nicht an der schlechten Luft. Man kann<br />
ganz normal atmen und oft ist nur deswegen<br />
nichts passiert, weil Biogas eben<br />
extrem träge reagiert. Und trotzdem, auch<br />
wenn das Zündfenster noch so klein ist,<br />
es existiert. Selbst Fachfirmen gehen hier<br />
sehr naiv an die Sache ran.<br />
Was die Freisetzungshavarien angeht, da<br />
sind die Behörden aufgrund der jüngsten<br />
Vorfälle besonders hinterher. Dort wird sich<br />
meines Erachtens die Situation durch die<br />
Einführung der Umwallung entspannen.<br />
Biogas Journal: Was macht der Fachverband,<br />
speziell der AK Sicherheit, um dem<br />
entgegenzuwirken?<br />
Ziegler: Wir sehen drei Säulen der Prävention:<br />
1. Der kompetente Betreiber: Wir haben<br />
vor drei Jahren den Schulungsverbund zusammen<br />
mit den anderen großen Verbänden<br />
DVGW, DWA und den Berufsgenossenschaften<br />
gegründet. Inzwischen konnten<br />
über 4.300 Betreiber zu den aktuellen<br />
Anforderungen geschult werden. Bei etwa<br />
8.000 Biogasanlagen und notwendigerweise<br />
zwei geschulten Personen pro Anlage<br />
fehlen aber noch einige.<br />
Zum einen liegt das an Billiganbietern und<br />
Firmenschulungen außerhalb des Schulungsverbundes<br />
mit teilweise qualitativ<br />
zweifelhalten Schulungsinhalten, die auf<br />
diesen Zug aufspringen, und zum anderen<br />
an den Betreibern, die sich notorisch<br />
jedem Zusatzaufwand verweigern. Da wären<br />
Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaften<br />
gefordert, hier konsequenter<br />
hinterherzugehen und „schwarze Schafe“<br />
in der Branche herauszufiltern.<br />
2. Der kompetente Hersteller: Viele Probleme<br />
muss der Betreiber verantworten, obwohl<br />
sie bereits vom Hersteller verursacht<br />
wurden. Falsch dimensionierte Anlagenteile,<br />
nicht funktionierende Sicherheitseinrichtungen,<br />
Leitern statt Treppen usw. Hier<br />
wurden früher aufgrund des Preisdrucks<br />
viele Problemstellen eingebaut, die jetzt<br />
mühselig behoben werden müssen.<br />
3. Der kompetente Sachverständige: Viele<br />
Sicherheitsprüfungen (vor allem die Prüfungen<br />
nach BetrSichV) finden im Schnelldurchlauf<br />
statt. Oft werden diese Gutachten<br />
vom Hersteller selbst oder im Rahmen<br />
von anderen Dienstleistungen (Umweltgutachten,<br />
biologische Beratung etc.) mit<br />
angeboten. Aber damit ist dem Betreiber<br />
nicht gedient, am Stand der Technik<br />
kommt er nicht vorbei. Wenn der Schaden<br />
entstanden ist, sieht sich der Betreiber<br />
mit Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft<br />
oder der Versicherungen konfrontiert – mit<br />
teils fatalen juristischen und finanziellen<br />
Folgen.<br />
Der AK Sicherheit hat für kritische Themen<br />
Arbeitsblätter entwickelt, die auf der<br />
Homepage des Fachverbandes abgerufen<br />
werden können. Insbesondere in der Arbeitshilfe<br />
A-003 haben wir in mühevoller<br />
Kleinarbeit den Stand der Technik zusammengefasst.<br />
Wenn sich Betreiber und<br />
Sachverständige daran orientieren würden,<br />
wären in Bezug auf die gängigen Regelwerke<br />
die meisten Anforderungen erfüllt.<br />
Biogas Journal: Wie viel weitere sicherheitstechnische<br />
Auflagen braucht es noch?<br />
Ziegler: Wir haben zwei Regelbereiche:<br />
a) den Stand der Technik, der federführend<br />
über das Bundesumweltministerium<br />
60
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis<br />
(BMUB) mit dem BImSchG abgedeckt wird,<br />
und b) den Arbeitsschutz, der im Bundesarbeitsministerium<br />
(BMAS) mit BetrSichV,<br />
GefStoffV und ProdSG behandelt wird.<br />
Das BMAS hat durch die Herausgabe der<br />
TRGS 529 „Tätigkeiten bei der Herstellung<br />
von Biogas“ und die Aktualisierung der<br />
Technischen Information TI4 „Sicherheit<br />
auf landwirtschaftlichen Biogasanlagen“<br />
durch die Berufsgenossenschaften seine<br />
Anforderungen an Technik und Betriebsorganisation<br />
im Wesentlichen formuliert.<br />
Das BMUB hat den Anspruch, die TI4<br />
durch eigene technische Regeln zum<br />
Stand der Technik in der Anlagensicherheit<br />
zu ersetzen und neue Anforderungen<br />
zum Immissionsschutz festzulegen. Letztere<br />
werden voraussichtlich in der neuen<br />
TA Luft fixiert werden, da versuchen wir auf<br />
realistische Grenzwerte hinzuarbeiten. Mal<br />
sehen, wie weit das möglich ist.<br />
Eine Alternative zur TI4 ist meines Erachtens<br />
nicht notwendig. Im Zuge der letzten<br />
Überarbeitung im März 2016 wurden einige<br />
Anpassungen vorgenommen. In einigen<br />
Teilen ließe sie sich noch aktualisieren.<br />
Aber das meiste ist bereits in anderen<br />
Blättern niedergeschrieben und kann zusammenfassend<br />
in der A003 nachgelesen<br />
werden. Weiterer Regelungsbedarf darüber<br />
hinaus sollte mit den Fachleuten diskutiert<br />
werden. Dafür haben wir extra den<br />
Koordinierungskreis von DVGW, DWA und<br />
Fachverband gegründet. Aber seitens der<br />
Behörden ist die Resonanz sehr gering. Es<br />
bleibt abzuwarten, was aus dem BMUB tatsächlich<br />
noch kommt.<br />
Biogas Journal: Was sagen Sie den Betreibern,<br />
die meinen, dass sie sich das wirtschaftlich<br />
nicht mehr leisten können?<br />
Ziegler: Ich betreibe selber eine Anlage<br />
und weiß, wie mühselig das Geschäft ist.<br />
Ich weiß aber auch, dass die grundlegenden<br />
Sicherheitsanforderungen nicht die<br />
wirklich großen Kosten verursachen. Für<br />
ein paar Füllstandssensoren bekomme ich<br />
eine Rechnung, für die Energieverluste im<br />
Fahrsilo nicht. Das Problem liegt im Kopf,<br />
das heißt, an der Bereitschaft, sich mit<br />
dem unangenehmen Thema, insbesondere<br />
im Hinblick auf den Papierkram, zu<br />
beschäftigen. Dabei gibt es genügend Leute,<br />
die zu einem fairen Preis zum Thema<br />
Sicherheit beraten und auch unterstützen<br />
können. Der Fachverband wird in Kürze<br />
eine separate Liste dazu herausbringen.<br />
Biogas Journal: Was liegt Ihnen persönlich<br />
noch am Herzen?<br />
Ziegler: Die Störfallverordnung. Sollten<br />
zusätzliche Lagerkapazitäten notwendig<br />
werden und diese Behälter geruchs- oder<br />
gasdicht ausgeführt werden müssen, fallen<br />
tausende Anlagen darunter. Diese Verordnung<br />
bringt aber keinen Sicherheitsgewinn<br />
für Biogasanlagen – nur einen erheblichen<br />
Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand,<br />
der von der eigentlichen Arbeit<br />
abhält. Wir haben in der Branche keine<br />
mehrstufigen Hierarchien und verschiedene<br />
Abteilungen, wo Entscheidungsprozesse<br />
und Verantwortungen zu regeln sind.<br />
Der Betreiber ist das alles in Personalunion.<br />
Als technisch verantwortliche Person<br />
muss er kompetent sein, das ist die Kernanforderung<br />
für Sicherheit, alles andere ist<br />
nachrangig.<br />
Die Risiken einer Biogasanlage sind verfahrenstechnisch<br />
bedingt und nicht abhängig<br />
von der Größe eines Gärproduktlagers.<br />
Zumal unser „Gefahrstoff“, der Dritte<br />
und die Umwelt gefährdet, auslaufendes<br />
Substrat ist, worauf bereits mit der Umwallung<br />
reagiert worden ist. Biogas sollte im<br />
Anhang 1 der StörfallV namentlich erwähnt<br />
werden, wie so viele andere Stoffe, und<br />
das CO 2<br />
berücksichtigt werden, also eine<br />
Mengenschwelle von 20.000 Kilogramm<br />
für Biogas eingeführt werden, damit würde<br />
sich das Problem entspannen.<br />
Biogas Journal: Welche Anforderungen sehen<br />
Sie für die Zukunft?<br />
Dipl. Ing. Josef K. Ziegler, Inreetec GmbH,<br />
Sprecher des AK Sicherheit, Sachverständiger<br />
und Betreiber einer Biogasanlage.<br />
Ziegler: Die Banken kalkulieren bei Krediten<br />
bereits jetzt nur bis zum Ende der EEG-<br />
Laufzeit. Da wird der finanzielle Spielraum<br />
eng, was mit dem kommenden Ausschreibungsmodell<br />
auch nicht einfacher wird.<br />
Damit werden wir noch mehr in die öffentliche<br />
Energieversorgung eingebunden und<br />
entfernen uns noch mehr von den landwirtschaftlichen<br />
Wurzeln. Der Betreiber<br />
hat einen Strompreis anzubieten, der dann<br />
in der Regel „auf Kante genäht ist“, sonst<br />
kommt er nicht dran.<br />
Wenn in der Kalkulation keine Investition<br />
für ein weiteres Gärproduktlager vorgesehen<br />
ist, dann kann sich der Betreiber das<br />
auch nicht leisten. Punkt.<br />
Wir müssen uns mit den Regelsetzern auf<br />
einen praxisgerechten Stand der Technik<br />
einigen und diesen dann verteidigen. Wir<br />
müssen unsere Hausaufgaben machen<br />
und dürfen die Schlamperei Einzelner<br />
nicht gutheißen. Wenn die Mängel in den<br />
Erfahrungsberichten der Sachverständigen<br />
und spektakuläre Schadensfälle weniger<br />
werden, dann lässt man uns eher in Ruhe –<br />
aber erst dann.<br />
Interviewer<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Tel. 0 54 09/90 69 426<br />
E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />
Foto: Josef K. Ziegler<br />
61
praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Bilanzkrater sind vermeidbar<br />
Im Auftrag namhafter Kreditinstitute untersuchten wir innerhalb kürzester Zeit etliche<br />
Anlagen aus dem Kreditbestand. Es bestätigte sich unter anderem in dieser kurzen<br />
Zeitabfolge ein über die Jahre immer wieder auftretendes Problem: Wiegezellen und<br />
Einsatzstofftagebücher versus Fahrzeugwaage.<br />
Von Rainer Casaretto<br />
a) Virtuelle Vermögensmassen durch<br />
virtuelle Lagerbestände<br />
Über die geeichte Fahrzeugwaage werden die in der Ernte<br />
angelieferten Massen erfasst und der Buchhaltung<br />
aufgegeben. Über die Wiegezellen der Beschicker wird<br />
die Masse erfasst, die dem Silo entnommen und dem<br />
Gärprozess zugeführt wird. Die Silierverluste werden<br />
pauschal abgezogen. Die Differenz aus der Erntemenge<br />
Illustrationen: Rainer Casaretto<br />
und dem bereits dem Fermenter zugeführten Material<br />
wird dann von der Buchhaltung als Lagerbestand ausgewiesen.<br />
Oftmals werden schon die Massen an verdorbener<br />
Ware nicht mehr separat erfasst und beginnen<br />
über die Jahre einen virtuellen Lagerbestand zu bilden.<br />
Wiegezellen: Die Wiegezellen reagieren sehr empfindlich<br />
auf Scherkräfte. Sie nehmen jeden „Rempler“ mit<br />
dem Radlader übel und verlangen nach einer neuen Kalibrierung.<br />
Aus diesem Grund verlangt zum Beispiel die<br />
Firma OmniCert Umweltgutachter GmbH eine vierteljährliche<br />
Kalibrierung dieser Wiegeeinrichtungen über<br />
die vollständige Befüllung mittels eines Radladers. Der<br />
Betreiber fährt über die geeichte Fahrzeugwaage und<br />
befüllt den Beschicker, die Masse jeder Fuhre wird erfasst<br />
und dann das Ergebnis mit der Anzeige der Wiegezellen<br />
abgeglichen. Wiegetoleranzen von bis zu 20<br />
Prozent bezogen auf die Jahresmasse wurden so schon<br />
in der Praxis ermittelt.<br />
Bei 10.000 Tonnen Rohstoff und einem mittleren Preis<br />
von 35,00 Euro pro Tonne ergibt sich ein Lagerbestand<br />
im Wert von 350.000 Euro. Gibt der Betreiber der<br />
Buchhaltung also einen Silierverlust von 7 Prozent an,<br />
verbleiben 325.500 Euro oder 9.300 Tonnen (t). Die<br />
Wiegezellen (und damit das Tagebuch) erfassten im<br />
Jahr 7.440 t. Auf der Siloplatte befindet sich noch eine<br />
visuell wahrnehmbare Restmasse, die der Betreiber folgerichtig<br />
auf 1.860 t beziehungsweise<br />
65.100 Euro beziffert.<br />
Die Wiegezellen haben aber tatsächlich<br />
744 t oder 26.040 Euro zu wenig erfasst,<br />
was einer „unauffälligen“ Menge<br />
von täglich rund 2 t entspricht. Der Betreiber<br />
hat sich vollkommen zu Unrecht<br />
über die Effizienz seines Gärprozesses<br />
gefreut. Verwiegungsfehler in diese<br />
Richtung werden von der vermuteten<br />
Anlageneffizienz überlagert: „Ich erreiche<br />
130 Prozent der KTBL-Werte“. Verwiegungsfehler<br />
in die andere Richtung<br />
fallen hingegen leicht auf, die Gasblase<br />
füllt sich nicht richtig, das BHKW schaltet<br />
in Teillast und beides entgeht dem<br />
Betreiber ganz sicher nicht.<br />
Auch wenn er es anfänglich noch auf<br />
Qualitätsschwankungen der Rohstoffe<br />
zurückführt, bei dauerhaftem Teillastbetrieb wird er auf<br />
die Wiegezellen aufmerksam. Hält man nun ein Kreditportfolio<br />
von einer einzigen Gesellschaft, die ihrerseits<br />
30 baugleiche Anlagen betreibt und zentral managt,<br />
bekommt das kumulierte Risiko eine Bedeutung von<br />
(30 x 26.040) 781.200 Euro. Wird der Lagerbestand<br />
so über Jahre fortgeschrieben, erreichen wir beängstigende<br />
Größenordnungen (Bilanzkrater).<br />
b) Illegaler Anlagenbetrieb<br />
durch nachlässigen Umgang mit<br />
Genehmigungsauflagen<br />
Ebenso häufig muss die mangelnde Einhaltung der<br />
Genehmigungsauflagen inklusive deren Nebenbestimmungen<br />
kritisiert werden. Wobei es sich in den allermeisten<br />
Fällen um leicht zu lösende Sachverhalte handelt.<br />
Betreiber müssen sich dieser jedoch bewusst sein,<br />
um sie adressieren zu können.<br />
62
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis<br />
Hin und wieder muss auch eine Auflage mit dem Betreiber<br />
besprochen werden, wie folgendes Beispiel zeigt:<br />
Wurde die Pflanzung von 27 Obstbäumen beauflagt<br />
und es stehen nur 25 Obstbäume da, ist<br />
das zwar auf den ersten Blick ein Verstoß<br />
gegen die Genehmigungsauflage. Wuchsen<br />
aber 2 Obstbäume nicht an, so waren sie<br />
doch gepflanzt und von illegalem Anlagenbetrieb<br />
wird niemand ernsthaft sprechen<br />
wollen.<br />
Ganz anders verhält es sich aber, wenn ungenehmigte<br />
Rohstoffe eingesetzt werden,<br />
wenn mehr Masse als genehmigt eingesetzt<br />
wird oder wenn mehr Biogas produziert<br />
wurde als in der Genehmigung festgeschrieben.<br />
Ebenso häufig sind Verstöße<br />
gegen sicherheitstechnische Auflagen zu<br />
beobachten. Hierbei verhält es sich analog<br />
zu den Genehmigungsauflagen. Es ist<br />
wichtig, die Themen zu kennen, um sie anschließend<br />
beheben zu können.<br />
Wie „passt scho“ die originären Interessen<br />
der Kreditgeber gefährdet<br />
Nein, ein Pflaster aus Panzerband stellt keine fachgerechte<br />
und professionelle Reparatur dar! Der Flicken<br />
verhindert den Gasaustritt zwar nicht, zeigt aber: Dem<br />
Betreiber ist das Leck keinesfalls entgangen. Panzerband<br />
drauf und passt scho! Das Problem liegt nun<br />
aber nicht nur in einem möglichen Verlust des Versicherungsschutzes,<br />
womit elementare Interessen der<br />
Kreditgeber berührt werden, sondern in dem Risiko der<br />
Stilllegung infolge eines illegalen Anlagenbetriebes.<br />
Hier sei auf das Urteil des OVG Lüneburg verwiesen:<br />
„Im Fall der formellen Illegalität einer immissionsschutzrechtlich<br />
genehmigungsbedürftigen Anlage darf<br />
die zuständige Behörde von dem Erlass einer Stilllegungsanordnung<br />
regelmäßig nur dann absehen, wenn<br />
der Betreiber alles unternimmt, um die erforderliche<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigung alsbald zu<br />
erlangen und die Genehmigungsfähigkeit der Anlage<br />
offensichtlich ist.“ (OVG Lüneburg 12. Senat, Beschluss<br />
vom 12. Dezember 2013, 12 ME 194/13 § 20<br />
Absatz 2 Satz 1 BImSchG)<br />
Das Amtsgericht Cloppenburg verurteilte einen Betreiber<br />
zur Zahlung von 120.000 Euro wegen überhöhter<br />
Stromeinspeisung, nachdem die Staatsanwaltschaft<br />
erst 2.600.000 Euro (gesamter Umsatz aus dem<br />
Tatzeitraum) gefordert hatte. Auch die Zahlung von<br />
120.000 Euro beeinträchtigt die Liquidität und der<br />
Vorgang wird den Kreditgeber sicher nicht erfreut haben.<br />
Frühwarnsystem<br />
Wir haben ein Frühwarnsystem für die Kreditwirtschaft<br />
entwickelt, mit dessen Hilfe all die erwartbaren Liquiditätsprobleme<br />
nicht erst mit dem Vorliegen einer Bilanz –<br />
die eher der Geschichtsforschung dient –, sondern<br />
jährlich zum 28. Februar bezogen auf das jeweilige<br />
Vorjahr sichtbar werden. Dieses Frühwarnsystem wurde<br />
modular aufgebaut und vermeidet künftig unnötige<br />
Doppelarbeiten, da es die Anforderungen an das Rating<br />
berücksichtigt. Für die Finanz-IT stellen wir die<br />
Formeln für die Programmierung zur Verfügung, womit<br />
eine hausinterne Umsetzung erfolgen kann.<br />
Betreiber reagieren positiv<br />
Nun mag man im ersten Augenblick denken, ein solches<br />
Vorgehen könne bei den Darlehnsnehmern Ängste<br />
auslösen. Wenn aber – wie bereits geschehen – die<br />
Kunden nach dem Betriebsbesuch in der Bank anrufen<br />
und sich für das Gespräch bedanken, ist die Sorge sicher<br />
unbegründet. Durch das Frühwarnsystem werden<br />
gleichzeitig auch viele ungenutzte Ertragspotenziale<br />
sichtbar.<br />
Die Betreiber reagieren sowohl auf die Tipps bezüglich<br />
des Ertragspotenzials positiv als auch auf Hinweise<br />
zu Genehmigungsauflagen, da sie in aller Regel nicht<br />
willentlich oder vorsätzlich dagegen verstoßen wollen.<br />
Letztlich gilt der Grundsatz: „Wenn der Darlehnsnehmer<br />
Geld verdient, kann die Bank zukünftigen Vorhaben<br />
positiv gegenüber stehen“. Hier treffen zwei sich<br />
überschneidende Interessenlagen aufeinander, was<br />
letztendlich zu einem positiven Ergebnis führt.<br />
Autor<br />
Rainer Casaretto<br />
Geschäftsführer<br />
BIOGAS-AKADEMIE ® CAMPUS GmbH<br />
Sperlingsgang 8 · 24220 Flintbek<br />
Tel. 0 43 47/70 85 24<br />
E-Mail: info@biogas-akademie.de<br />
63
praxis<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Biogas aus<br />
Molke mit<br />
Koksstaub<br />
gewinnen<br />
Foto: Martina Bräsel<br />
Molke in Biogas zu verwandeln, ist lohnenswert, aber auch eine technische<br />
und biologische Herausforderung. Ein Schweizer Unternehmen<br />
entwickelte eine Pilotanlage und sammelt damit reichlich Erfahrung.<br />
Dr. Andreas Wilke führte in seinem Labor<br />
an der Hochschule Offenburg Testversuche<br />
mit dem Trägermaterial durch. Erst die<br />
Langzeitversuche zeigten das Problem mit<br />
den Ablagerungen.<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Die Käserei Monte Ziego ist die<br />
größte handwerkliche Bio-Ziegenkäserei<br />
in Deutschland. Aus<br />
rund 800.000 Litern Ziegenmilch<br />
fertigt sie jährlich rund<br />
130 Tonnen Käse. Die Produktion ist sehr<br />
energieaufwendig, deshalb will das Unternehmen<br />
mit Biogas und Sonnenstrom zur<br />
ersten Null-Energie-Käserei Deutschlands<br />
werden.<br />
Seit Ende 2014 betreibt Monte Ziego eine<br />
eigene Biogasanlage, die vom Schweizer<br />
Unternehmen Ecobell mit Sitz in Rüschlikon<br />
konzipiert und entwickelt wurde. Sie<br />
soll aus der Restflüssigkeit, der Molke, die<br />
bei der Käseproduktion anfällt, erst Biogas<br />
und dann Wärme und Strom erzeugen. Das<br />
ist eine verfahrenstechnische Herausforderung,<br />
denn Molke, die auch Käsemilch<br />
genannt wird, besteht zu 94 Prozent aus<br />
Wasser. Enthalten sind auch noch etwa 4<br />
Prozent Milchzucker, Molkeprotein und viele<br />
Mineralstoffe.<br />
Die Käsemilch ist ein wertvoller Abfall, der<br />
vorher ungenutzt blieb, denn die Mengen,<br />
die bei Monte Ziego anfallen, sind zu gering<br />
für eine industrielle Verwertung. Es<br />
gibt bislang noch keine ausgereiften Verfahren<br />
in dieser Größenordnung. „Die Molkevergärungsanlagen,<br />
die es gibt, sind in<br />
der Regel für Großmolkereien ausgelegt“,<br />
verdeutlicht Markus Bieri. Da dort „in Hinsicht<br />
auf Kapital- und Energieeinsatz eine<br />
andere Philosophie vorherrscht“, seien sie<br />
oft aufwendig und würden größere Mengen<br />
Betriebsenergie verbrauchen.<br />
Deshalb entwickelte der Ingenieur gemeinsam<br />
mit seinem Unternehmenspartner Marc<br />
Stalder eine Pilotanlage. „Mit ihr konnten<br />
wir hier bei Monte Ziego schon wertvolle<br />
Erfahrungen sammeln“, berichtet Bieri.<br />
Das Projekt wurde mit Mitteln des Landes<br />
(100.000 Euro aus dem Landespreis Biogas)<br />
und des Badenova-Innovationsfonds<br />
(241.000 Euro) realisiert.<br />
Sauermolke ist besser<br />
Die Betriebsgröße erforderte eine sehr kompakte<br />
Biogasanlage, die für einen Durchsatz<br />
von 1,2 Millionen Liter jährlich ausgelegt<br />
ist. Im Winterbetrieb fließen nur 1,2 Kubikmeter<br />
Molke pro Tag durch die Anlage. In<br />
der produktionsreichen Sommerzeit sind es<br />
deutlich mehr. Der Fermentationsprozess<br />
besteht aus drei Prozessphasen: Im 8.000<br />
Liter fassenden Molketank, der auch als<br />
Mengenpuffer dient, wird zuerst die Milchsäurebildung<br />
optimiert. „Wir haben gelernt,<br />
dass wir die Molke zuerst leicht ansäuern<br />
müssen“, sagt Bieri, „der Molkeeintrag<br />
kann damit pH-Wert abhängig gesteuert<br />
werden“.<br />
Im nächsten Schritt wird die Sauermolke<br />
bedarfsgerecht dosiert in die beiden Hauptgärtanks<br />
(je 10.000 Liter) eingeleitet. Hier<br />
geschieht die eigentliche Fermentation der<br />
Molke zu Biogas. Die hydraulische Verweilzeit<br />
der Käsemilch im Fermenter beträgt<br />
etwa zehn Tage. Der pH-Wert liegt knapp<br />
unter 7, die Temperatur beträgt 36 Grad<br />
Celsius. Im Anschluss gelangt die Gärlösung<br />
in den Nachgärtank.<br />
„Dort werden die verbliebenen langkettigen<br />
organischen Verbindungen aufgeschlossen“,<br />
erklärt der Ingenieur. Die Nachgärung<br />
diene vor allem dazu, die organischen Substanzen<br />
bestmöglich abzubauen. Mit dem<br />
anfallenden Methangas werde ein Blockheizkraftwerk<br />
betrieben. Da die Käserei einen<br />
hohen Bedarf an thermischer Energie<br />
hat, wandelt es das Biogas zu 70 Prozent in<br />
thermische Energie um, nur zu 30 Prozent<br />
wird Strom produziert.<br />
Bentonit ungeeignet<br />
„Statt Füllkörperreaktoren verwenden wir<br />
Flotationsreaktoren“, erklärt Bieri, denn<br />
Füllkörper könnten mit der Zeit verstopfen.<br />
Die Reaktionsbehälter enthalten also<br />
nur das Gärsubstrat. Durch regelmäßiges<br />
64
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
praxis<br />
Umpumpen werden die Biogas-Mikroben in der Schwebe<br />
gehalten. Der Nachteil: Bei einem hohen Durchfluss können<br />
die Mikroben ausgeschleust werden. Um dies zu verhindern,<br />
muss ein Trägermaterial die Bakterien an sich binden. „Um<br />
den Bakterien eine Besiedlungsfläche zu bieten, die nicht in<br />
die Reaktion eingreift, gaben wir Bentonit hinzu“, so Bieri.<br />
Im Vorfeld hatte die Hochschule Offenburg, die das Projekt<br />
wissenschaftlich begleitet, verschiedene dieser Tonmineralien<br />
getestet. Die Laborversuche brachten gute Ergebnisse: Der<br />
Zusatzstoff wirkte positiv auf die Gasentwicklung. Auch in der<br />
Praxis lief die Pilotanlage mit Bentonit zunächst sehr gut, dann<br />
traten Probleme auf. Erst das Öffnen der einzelnen Elemente<br />
brachte die Erkenntnis.<br />
Bieri erklärt die Hintergründe: „Bei unserem Verfahren wird<br />
die Molke in den ersten Tank gepumpt, danach fließt die Gärlösung<br />
passiv durch die Tanks.“ Mittels Überläufen gelangt das<br />
Gärmedium von einem Behälter zum anderen. Diese Überläufe<br />
setzten sich zu und auch der Siphon nach dem Nachgärtank<br />
verstopfte. Es zeigte sich, dass die Strömungsgeschwindigkeit<br />
des Prozesses für diesen Zusatzstoff zu gering ist, dadurch<br />
kommt es zu Ablagerungen. „Wenn das Tonmaterial nicht<br />
ständig in Bewegung gehalten wird, gibt es Verstopfungen“,<br />
weiß der Ingenieur. Langzeitversuche im Universitätslabor Offenburg<br />
hätten diesen Verdacht anschließend bestätigt.<br />
Effizienzsteigerung mit Koksstaub<br />
Die Grafik zeigt, wie sich die Biogasproduktion in Abhängigkeit<br />
von den beigefügten Trägerstoffen entwickelte. „Vom 28. Juni<br />
bis zum 16. Juli führten wir der Anlage nur Bentonit zu“, erklärt<br />
Bieri. Beim Hauptgärtank (GT1) nahm die Biogasmenge<br />
ab dem 11. Juli stetig ab. Deshalb gab der Ingenieur ab dem<br />
17. Juli dem GT1 zusätzlich 200 Kilogramm (kg) Koksstaub<br />
(C85) hinzu. „Die Gasproduktion ging am Tag danach leicht<br />
zurück, stieg jedoch in den Folgetagen an und überstieg die<br />
Gasproduktion des zweiten Hauptgärtanks (GT2), der nur mit<br />
Bentonit lief“, erklärt Bieri.<br />
Ab dem 10. August erhielt auch der GT2 Koksstaub. Der Ingenieur<br />
gab 370 kg C85 hinzu und füllte nochmals 25 kg<br />
Bentonit nach. „Das war ein fataler Fehler, wie sich später herausstellte“,<br />
sagt der Experte, denn das zusätzliche Bentonit<br />
förderte die Verstopfung. Doch zunächst stieg in den Folgetagen<br />
die Biogasproduktion deutlich an und übertraf die allein<br />
mit Bentonit erreichten Mengen.<br />
Am 3. September gab es einen Totalausfall. „Er beruhte auf einer<br />
Fehlfunktion der Molkepumpen“, erklärt er. Nach der Behebung<br />
dieses Problems stieg die Biogasproduktion wieder auf<br />
die Werte der Vortage an. Doch nun bereiteten die Bentonitablagerungen<br />
in den Leitungssystemen Probleme. Sie waren<br />
bis dahin unerkannt geblieben. „Die ganzen nachfolgenden<br />
Wintermonate beschäftigten wir uns mit den Auswirkungen“,<br />
bedauert der Ingenieur. Danach setzte er als Trägermaterial<br />
nur noch Koksstaub ein. „Dieser Zusatzstoff bringt gute Ergebnisse<br />
und die Biogasproduktion ist insgesamt gestiegen“,<br />
so Bieri.<br />
Auch die Gasqualität sei hervorragend, der Methangehalt liege<br />
zwischen 60 und 65 Prozent. Welcher Anteil an Kohlenstaub<br />
die beste Ausbeute bringt, ist noch unklar. Der Ingenieur<br />
65<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Abbildung 1: Tägliche Biogasproduktion in m³ vom 28. Juni bis 1. Oktober 2015<br />
80.00<br />
70.00<br />
60.00<br />
50.00<br />
40.00<br />
30.00<br />
20.00<br />
10.00<br />
0.00<br />
m 3 Gas m³ TOTAL/Tag Gas m³ GT1/d Gas m³ GT2/d Gas m³ NGT/d<br />
Abbildung 2: Biogas-BHKW-Betriebsstunden: Januar 2015 bis Oktober 2016<br />
h<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
28.06.15<br />
30.06.15<br />
02.07.15<br />
04.07.15<br />
06.07.15<br />
08.07.15<br />
10.07.15<br />
12.07.15<br />
14.07.15<br />
16.07.15<br />
18.07.15<br />
20.07.15<br />
22.07.15<br />
24.07.15<br />
26.07.15<br />
28.07.15<br />
30.07.15<br />
01.08.15<br />
03.08.15<br />
05.08.15<br />
07.08.15<br />
09.08.15<br />
11.08.15<br />
13.08.15<br />
15.08.15<br />
17.08.15<br />
19.08.15<br />
21.08.15<br />
23.08.15<br />
25.08.15<br />
27.08.15<br />
29.08.15<br />
31.08.15<br />
02.09.15<br />
04.09.15<br />
06.09.15<br />
08.09.15<br />
10.09.15<br />
12.09.15<br />
14.09.15<br />
16.09.15<br />
18.09.15<br />
20.09.15<br />
22.09.15<br />
24.09.15<br />
26.09.15<br />
28.09.15<br />
30.09.15<br />
Jan.<br />
15<br />
Feb.<br />
15<br />
März<br />
15<br />
Apr.<br />
15<br />
Mai<br />
15<br />
Juni<br />
15<br />
Juli<br />
15<br />
Aug.<br />
15<br />
Sep.<br />
15<br />
Okt.<br />
15<br />
Nov.<br />
15<br />
Dez.<br />
15<br />
Jan.<br />
16<br />
Feb.<br />
16<br />
März<br />
16<br />
Apr.<br />
16<br />
Mai<br />
16<br />
Juni<br />
16<br />
Juli<br />
16<br />
tüftelt noch an der richtigen Zusammensetzung<br />
und Dosierung. Der Staub muss<br />
schwer genug sein, damit er absinkt, pumpbar<br />
sein und keine Ablagerungen bilden.<br />
Es hat sich auch gezeigt, dass sich durch<br />
die gröbere Körnung des Kohlenpulvers der<br />
Prozess veränderte. „Wir mussten die Art,<br />
wie die Gärlösung umgesetzt wird, anpassen,<br />
was uns weiteres Lehrgeld kostete“,<br />
berichtet Bieri.<br />
Fazit: Im Oktober 2014 ging die Anlage in<br />
Betrieb. Nachdem Bentonit als Trägermaterial<br />
viele Nachteile hatte, wurde ab Juni<br />
2015 Koksstaub beigefügt. Nach der Umstellung<br />
und dem stetigen Ausspülen von<br />
Bentonit erhöhten sich die Betriebsstunden<br />
des BHKW.<br />
„Das Projekt hat sich trotz mancher Rückschläge<br />
schon allein wegen der Energieund<br />
Kosteneinsparungen gelohnt“, sagt<br />
Bieri. So wurden in der Zeit bis Mai 2016<br />
rund 365 Kubikmeter Molke verwertet und<br />
9.100 Kubikmeter Methan produziert.<br />
Dies entspricht einer Energiemenge von<br />
Grafiken: Markus Bieri<br />
Aug.<br />
16<br />
Sep.<br />
16<br />
Okt.<br />
16<br />
90.800 Kilowattstunden<br />
und einer CO 2<br />
-Einsparung<br />
von 14,6 Tonnen. Ziel ist,<br />
dass die Anlage bei höchster<br />
Auslastung nach Abzug<br />
des Eigenbedarfs einen<br />
jährlichen Ertrag von mindestens<br />
131.800 Kilowattstunden<br />
an Wärmeenergie<br />
und 58.000 Kilowattstunden<br />
an Strom bringt. Damit<br />
wären rund 45 Prozent des<br />
Gesamt energiebedarfs der<br />
Käserei abgedeckt.<br />
Zudem werden die hochwertigen<br />
Gärreste von Landwirten<br />
abgeholt, die damit ihre<br />
Felder düngen, und der biologische<br />
Sauerstoffbedarf<br />
der Restlösung verringert<br />
sich durch die Vergärung<br />
deutlich. Sie darf problemlos<br />
in die Kläranlage eingeleitet<br />
werden. „Auch hier<br />
werden Kosten und Energie<br />
gespart“, fügt Bieri hinzu.<br />
Vor allem sei die Anlage ein<br />
sehr gutes Studienobjekt.<br />
„Wir haben viele Erfahrungen<br />
gewonnen, die wir bei<br />
weiteren Projekten nutzen<br />
können“, so Bieri. Deshalb<br />
schätzt er das Wissen<br />
hoch ein, das er über die<br />
Vergärung von organischen<br />
Flüssigabfällen sammeln<br />
konnte. Auch sei es gelungen,<br />
den innerbetrieblichen<br />
Stoffkreislauf zu schließen.<br />
„Die Molke muss nun nicht<br />
mehr als Abfall entsorgt werden“,<br />
die Klärgebühren würden<br />
eingespart und Energie<br />
gewonnen. Auf jeden Fall ist<br />
die Käserei mit der eigenen<br />
Molke-Biogasanlage dem Ziel, erste Null-<br />
Energie-Käserei Deutschlands zu werden<br />
ein gutes Stück näher gerückt.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />
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Mexiko<br />
Feigenkaktus liefert Biogas<br />
Biogasanlage der Kooperative Comite Estatal<br />
Sistema Producto Nopal. Die Gärbehälter sind mit<br />
schwarzer Folie ummantelt. Zur Verschönerung<br />
wurden Feigenkakteen außen herum gepflanzt.<br />
Das Potenzial für Bioenergie in Mexiko ist groß. Das Land<br />
will bis 2024 einen Anteil von 35 Prozent Erneuerbarer am<br />
Energiemix erreichen. Derzeit sind es gut 18 Prozent, wovon<br />
den größten Teil Wasser- und Windkraft stellen. Energie aus<br />
Biomasse spielt mit 0,3 Prozent noch kaum eine Rolle. Der<br />
Anteil soll aber innerhalb dieses Zeitraumes auf immerhin<br />
3 Prozent steigen. Eine Einspeisevergütung für Strom aus<br />
Erneuerbaren Energien gibt es nicht.<br />
Von Klaus Sieg<br />
Mexiko-Stadt<br />
Karge Berge, vertrocknete Büsche, Gestrüpp<br />
und gelbes Gras vor bizarren Felsformationen.<br />
Mehr Mexiko geht nicht. Ist es da noch<br />
verwunderlich, dass Juan Manuel Castañeda<br />
Muñoz und die anderen Mitglieder seiner<br />
Kooperative ihre Biogasanlage mit Kakteen betreiben?<br />
„Kaktus wächst sehr schnell.“ Der Farmer zeigt über<br />
die Plantage der Kooperative bei Cavillo im Bundesstaat<br />
Aguascalientes.<br />
Wie eine Armee stehen die kniehohen Nopal – zu<br />
deutsch Feigenkaktus – in Reih und Glied. Zwischen<br />
den Reihen warten Holzkisten auf ihre Befüllung. Um<br />
die fünfzig Arbeiter verdienen hier mit Ernte und Pflege<br />
ihren Lebensunterhalt. „Seit wir die Biogasanlage betreiben,<br />
beschäftigen wir zwölf Arbeiter mehr“, erklärt<br />
Castañeda. Das ist wichtig in einer Region, aus der viele<br />
Menschen auf der Suche nach Arbeit in die USA auswandern<br />
– solange es noch geht.<br />
Juan Manuel Castañeda Muñoz ist Mitglied des Comite<br />
Estatal Sistema Producto Nopal. Die 50 Farmer der Kooperative<br />
haben auf insgesamt 560 Hektar Nopal angebaut.<br />
Für die Biogasanlage wächst Feigenkaktus auf<br />
einer Fläche von 70 Hektar. Im Prinzip. Der schmackhafte<br />
und gesunde Kaktus wird in Mexiko als Gemüse<br />
geschätzt. Doch die Preise schwanken sehr. „Zwischen<br />
November und Februar sind die Preise sehr hoch, dann<br />
läuft die Anlage nur mit einem Drittel Auslastung, weil<br />
wir die Kakteen lieber verkaufen.“<br />
Kakteen lassen sich 20 Jahre lang nutzen<br />
In dieser Jahreszeit produzieren die anderen Regionen<br />
Mexikos nicht so viel Kakteen. Hier, im mittleren Norden<br />
Mexikos, wächst die genügsame Pflanze jedoch das<br />
ganze Jahr gut. Also lohnt es sich eher in den Monaten<br />
mit großem, landesweitem Angebot, die Kakteen der<br />
Plantage zu vergären. Bis zu zwanzig Jahre kann man<br />
68
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
eine Kaktuspflanze beernten. Als Lebensmittel<br />
wachsen die Blätter um die<br />
30 Tage, als Energiepflanze bis zu vier<br />
Monate. „Aber nicht länger, sonst sinkt<br />
der Methanertrag.“ Castañeda bricht<br />
ein hellgrünes Blatt von einer Pflanze.<br />
Die Stachel sind entgegen der Erwartung<br />
weich, später fallen sie sogar ganz<br />
heraus.<br />
Der Methanertrag des Feigenkaktus<br />
beträgt 860 Kubikmeter pro Tonne Trockenmasse,<br />
was 10 Tonnen Frischmasse<br />
entspricht. Damit ist der stachelige<br />
Geselle in Bezug auf sein Gewicht nicht<br />
besonders ertragreich. In Anbetracht<br />
der Hektarerträge aber schon. „Wir ernten<br />
in drei Ernten insgesamt 600 Tonnen<br />
Frischmasse pro Jahr und Hektar.“<br />
Zudem hat Kaktus in der Biogasanlage<br />
mit 16 Stunden eine sehr kurze Verweildauer.<br />
Ein Blick auf die Anlage in der Nähe<br />
der Plantage aber verdeutlicht: Für<br />
ihren Betrieb muss einiges an Masse<br />
bewegt werden. Die Kakteenblätter<br />
werden zerkleinert und kommen ohne<br />
die Zugabe von Wasser in die Fermenter.<br />
Beigemischt wird lediglich 1 Prozent<br />
Kuhdung. Der Nopal gärt in vier<br />
jeweils 1.000 Kubikmeter großen Behältern.<br />
Die 4 Meter hohen Behälter<br />
sind lediglich aus Folie, Eisengittern,<br />
etwas Beton sowie Steinen und Erde<br />
gebaut. „Alle Bauteile gibt es lokal zu<br />
kaufen, die Arbeiten konnte ein mexikanisches<br />
Unternehmen ausführen“,<br />
erklärt Miguel Angel Perales de la Cruz,<br />
der Konzept, Finanzierung und Konstruktion<br />
der Anlage für die Kooperative<br />
geplant hat. Geheizt werden diese Zwitter<br />
aus einer Lagune und einem Reaktor<br />
allerdings nicht.<br />
„Wenn wir voll produzieren, liegt hier<br />
alles voller Kaktusblätter“, so Perales<br />
weiter. Die Hoffläche vor der Anlage ist<br />
zwei bis drei Fußballfelder groß. Und<br />
sie strahlt komplett in hellem Beton,<br />
was auf den Projektpartner Cruz Azul verweist. Der<br />
große mexikanische Betonhersteller nimmt die über<br />
7 Millionen Kilowattstunden Elektrizität ab, die der<br />
ein Megawatt große Generator von Caterpillar pro Jahr<br />
erzeugt. Cruz Azul hat auch weit über die Hälfte der<br />
Investitionskosten von umgerechnet 2 Millionen Euro<br />
übernommen.<br />
Der andere Teil stammt von dem mexikanischen Nationalrat<br />
der Wissenschaft und Technologie (CONACYT).<br />
Platz für eine Erweiterung ist vorgesehen, wird aber<br />
Fotos: Martin Egbert<br />
Juan Manuel Castaneda Munoz, Mitglied des Comite Estatal Sistema Producto Nopal.<br />
Für die Biogasanlage wächst der Feigenkaktus auf 70 Hektar.<br />
Kakteenblätter dienen als Gärsubstrat für die Biogasanlage der Kooperative Comite<br />
Estatal Sistema Producto Nopal. Ein kleiner Radlader schiebt die Blätter in den<br />
Annahmebehälter.<br />
wohl so schnell nicht umgesetzt. Dass die Anlage schon<br />
in ihrer jetzigen Größe nicht auf voller Last läuft, liegt<br />
auch daran, dass der staatliche Versorger und Netzbetreiber<br />
Comisión Federal de Electricidad (CFE) eine<br />
Einspeisung nur zu bestimmten Zeiten zulässt, um das<br />
Netz nicht zu überlasten.<br />
Lange Genehmigungsphasen<br />
Zwar hat die mexikanische Regierung mit einer Energiereform<br />
das Monopol der CFE aufgelöst. In vielen<br />
69
International<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Die festen Bestandteile<br />
der Gärreste sollen in<br />
der Automobilindustrie<br />
für die Füllung von<br />
Autositzen verwendet<br />
werden.<br />
Angelegenheiten aber agiert diese nach wie vor zäh.<br />
Zwischen der Genehmigung zur Produktion von Strom<br />
und der für die Einspeisung vergingen im Fall der Nopal-Biogasanlage<br />
zum Beispiel zwei Jahre. Die Gestehungskosten<br />
für den Strom aus Kakteen belaufen sich<br />
auf umgerechnet knapp 4 Eurocent pro Kilowattstunde.<br />
Cruz Azul zahlt der Kooperative mehr als das Doppelte.<br />
Der Staat fördert lediglich sogenannte saubere<br />
Energien über Investitionsanreize, Förderprogramme<br />
und ab Januar 2018 mit Clean Energy Certificates. Zu<br />
diesen sauberen Energien zählen aber auch moderne<br />
Gas- und Atomkraftwerke.<br />
Die Vereinbarung mit Cruz Azul ist für die Kaktusfarmer<br />
deshalb ein guter Deal, zumindest in Zeiten hohen<br />
Angebotes an Nopal. Vor allem aber soll die Anlage, die<br />
seit September 2015 Strom liefert, mit der Erzeugung<br />
von Fest- und Flüssigdünger Geld verdienen. Der wird<br />
in einer eigens dafür gebauten Halle produziert. Laboruntersuchungen<br />
und Feldversuche bescheinigen ihm<br />
eine gute Wirkung. Was allerdings fehlt, ist ein Absatzmarkt<br />
für den Biodünger. So landet er bislang großteils<br />
auf den eigenen Plantagen der Kooperative.<br />
Düngerproduktion und der Eigenverbrauch der Energie<br />
stehen auch im Mittelpunkt des Anlagenkonzeptes<br />
von Sistema Biobolsa. „Mit den Reststoffen aus ihrer<br />
Biogasanlage düngt diese Milchfarm 80 Prozent ihrer<br />
Flächen.“ Alex Eaton zeigt über die sieben Lagunen,<br />
deren von der Sonne ausgeblichene Folien sich unter<br />
dem Druck des Methans aufblähen. Alte Autoreifen<br />
liegen auf der Folie, um den Druck der 280 Kubikmeter<br />
großen Anlage der Rancho Sinai bei Zumpango de<br />
Ocampo, nordöstlich von Mexico City, zu regulieren.<br />
Der US-Amerikaner Eaton hat Sistema Biobolsa vor<br />
sieben Jahren gegründet. Er läuft auf eine der Folien<br />
und fängt an zu wippen. Ein Glucksen in der Lagune<br />
verrät, dass dort ausschließlich Flüssigkeit gärt, dank<br />
eines Separators, der die Feststoffe heraustrennt.<br />
Kleinen Anlagen fehlt es an Wartung<br />
Konstruiert hat Eatons Team diesen aus einem auf dem<br />
lokalen Markt erhältlichen Motor. Die Gesamtkosten<br />
der Anlage belaufen sich so auf nur rund umgerechnet<br />
15.000 Euro. Zwei Drittel der Kosten hat Sistema Biobolsa<br />
als zinslosen Kredit gewährt. Ein gutes Drittel hat<br />
das Agrarministerium zugeschossen. Es gibt Budgets<br />
für derartige Investitionshilfen. Nicht immer werden<br />
diese allerdings sinnvoll eingesetzt, bemängeln Experten,<br />
zu häufig herrsche dabei das Prinzip Gießkanne.<br />
Viele Kleinbiogasanlagen sollen nicht funktionieren,<br />
unter anderem weil die Hersteller keine nachhaltige<br />
Wartung bieten.<br />
Nicht so Sistema Biobolsa. Als Kreditgeber hat das<br />
Unternehmen ein Interesse daran, dass die Anlagen<br />
dauerhaft Methan produzieren. Davon profitieren natürlich<br />
auch die Betreiber. „Die Investition hat die<br />
Farm schnell wieder drin“, erklärt Alex Eaton. Und<br />
somit kann sie auch den Kredit abbezahlen. Alleine<br />
für Industriedünger müsste die Rancho Sinai pro Jahr<br />
und Hektar fast 290 Euro ausgeben. Ein bedeutender<br />
Posten, denn sie baut auf 100 Hektar das Futter für<br />
ihre 250 Kühe an. Hinzu kommen Einsparungen von<br />
Energiekosten von fast 3.000 Euro pro Jahr.<br />
Mit Biogas heizt die Farm nicht nur das Warmwasser<br />
zur Reinigung der Melkgerätschaften, sondern treibt<br />
auch den Motor der Melkmaschine an. Sistema Biobolsa<br />
hat einen Honda-Diesel-Motor so modifiziert, dass er<br />
mit Methan läuft. Über einen Keilriemen treibt dieser<br />
die Melkmaschine an. Der Keilriemen kann aber auch<br />
70
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
Miguel Angel Perales De la Cruz, der Konzept,<br />
Finanzierung und Konstruktion der Anlage für die<br />
Kooperative geplant hat.<br />
Alex Eaton, der US-Amerikaner hat Sistema Biobolsa<br />
vor sieben Jahren gegründet.<br />
Violeta Bravo de Sepúlveda stammt aus Mexiko.<br />
Sie arbeitet für ein Projekt der TU Cottbus-Senftenberg<br />
und des Zentrums für Forschung und technologische<br />
Entwicklung der Elektrochemie (CIDETEQ)<br />
im mexikanischen Querétaro.<br />
auf einen Dieselmotor umgelegt werden, falls nicht genug<br />
Biogas in der Lagune entsteht oder der Gasmotor<br />
aus einem anderen Grund nicht funktioniert.<br />
Alex Eaton hatte Sistema Biobolsa zunächst als kleine<br />
NGO gestartet und dann in ein Unternehmen mit Sitz<br />
in Mexiko City umgewandelt. Heute beschäftigt Sistema<br />
Biobolsa 45 Mitarbeiter. Es gibt kleine Ableger in<br />
Zentralamerika und demnächst in Kenia sowie in Indi-<br />
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71
International<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Umspannwerk in<br />
Cavillo im Bundesstaat<br />
Aquascalientes.<br />
„Lagunen sind preisgünstig, aber auch eine<br />
Black Box, die kaum zu kontrollieren ist“<br />
Violeta Bravo de Sepúlveda<br />
en. In Mexiko hat Sistema Biobolsa schon über 3.000<br />
Anlagen installiert. Die Größen reichen von 4 bis 280<br />
Kubikmeter. Als Module lassen sie sich kombinieren.<br />
Der überwiegende Teil sind kleine Haushaltsanlagen,<br />
mit denen Familien kochen.<br />
Kleine Farmer leiden auch in Mexiko besonders unter<br />
niedrigen Milchpreisen. Schon die Einsparungen von<br />
umgerechnet 30 Euro für Erdgas<br />
im Monat sind eine große Hilfe.<br />
Zudem können kleine Farmer mit<br />
Biogas ihre Milch kostengünstig<br />
pasteurisieren und so besser direkt<br />
vermarkten. Etwa einhundert größere<br />
Anlagen hat Sistema Biobolsa<br />
gebaut. In ihnen wird das Methan<br />
genutzt zum Heizen der Verschläge<br />
von Ferkeln, in Käsereien oder für<br />
den Antrieb von Melkmaschinen<br />
wie auf der Rancho Sinai.<br />
Dort löst sich der Frühnebel langsam auf, der über die<br />
Wiesen wabert. Man könnte sich fast in Schleswig-<br />
Holstein wähnen. Knapp 2.300 Meter liegt die Region<br />
um Zumpango de Ocampo hoch. Das sorgt nachts für<br />
niedrige Temperaturen. Der Methanertrag der Anlage<br />
schwankt deshalb zwischen 60 und 100 Kubikmeter<br />
pro Tag, je nach Jahreszeit und Wetter. „Lagunen sind<br />
preisgünstig, aber auch eine Black Box, die kaum zu<br />
kontrollieren ist“, sagt Violeta Bravo de Sepúlveda.<br />
„Viele funktionieren gar nicht oder schlecht und holen<br />
nicht das vorhandene Potenzial an Methan aus den<br />
Substraten“, so die Wissenschaftlerin weiter.<br />
Violeta Bravo de Sepúlveda stammt aus Mexiko, hat in<br />
Deutschland studiert und arbeitet für ein Projekt der<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-<br />
Senftenberg und des Zentrums für Forschung und technologische<br />
Entwicklung der Elektrochemie (CIDETEQ)<br />
im mexikanischen Querétaro, einem bedeutenden Industriestandort<br />
im gleichnamigen Bundesstaat.<br />
Mit dem Geflügelproduzenten Pilgrims Pride hat sie<br />
zum Beispiel eine Pilotanlage zur Behandlung der Abwässer<br />
betrieben. Pilgrims Pride verarbeitet 300.000<br />
Hühner pro Tag. Dabei fallen 2.000 Kubikmeter Abwasser<br />
an, das reich an Fett und Blut ist. Das Unternehmen<br />
vergärt diese seit zwölf Jahren in Lagunen mit<br />
einem Volumen von insgesamt 46.000 Kubikmetern.<br />
Sie produzieren 6.000 Kubikmeter Methan pro Tag.<br />
Das reicht für ein Drittel der benötigten Prozesswärme<br />
des Lebensmittelbetriebes, die insgesamt fünf Dampfmaschinen<br />
produzieren. Für mehr aber auch nicht, da<br />
bereits alle Abwässer genutzt werden. „Sie bräuchten<br />
eine effizientere Biogasanlage.“<br />
280 Kubikmeter<br />
große Biogasanlage<br />
der Rancho Sinai bei<br />
Zumpango de Ocampo,<br />
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73
International<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Der Honda Diesel-Motor ist so modifiziert, dass er mit Methan betrieben werden kann. Über den<br />
Keilriemen treibt er die Melkmaschine auf der Farm Rancho Sinai an.<br />
Kuhdung-Sammelplatz in der Nähe der Stadt Queretaro. Lkw sammeln den<br />
Dung von Rinderfarmen in der Umgebung ein. Zurzeit wird er nicht energetisch<br />
genutzt, sondern in Avocadoplantagen ausgebracht.<br />
Gemüseanbau in<br />
Gewächshäusern –<br />
der Agropark in<br />
Queretaro.<br />
Wissenstransfer aus Cottbus<br />
Violeta Bravo de Sepúlveda hat auf dem Firmengelände<br />
deshalb einen 10 Kubikmeter großen Pilotreaktor in<br />
den realen Anlagenbetrieb integriert und erforscht. Das<br />
dabei angewandte Anaerobic-Sequencing-Batch-Verfahren<br />
(ASBR) bietet im Vergleich zu konventionellen<br />
Biogasverfahren eine erhebliche Einsparung im Eigenenergieverbrauch<br />
sowie eine stoffgruppenspezifische<br />
Verweilzeit im Fermenter, die zu einer deutlich höheren<br />
Ausbeute führt. Eine ähnliche Anlage für Schlachtabfälle<br />
war bereits an der BTU Cottbus erprobt worden.<br />
„Wir konnten zeigen, dass Pilgrims Pride seinen gesamten<br />
Wärmebedarf mit einer solchen Anlage decken<br />
könnte“, erklärt die Wissenschaftlerin. Das Unternehmen<br />
plant nun in diese Richtung, nicht zuletzt auch,<br />
weil es wahrscheinlich nur so kommende Umweltauflagen<br />
erfüllen können wird. Einen genauen Zeit- und<br />
Finanzierungsplan aber gibt es noch nicht.<br />
Violeta Bravo de Sepúlveda arbeitet schon am nächsten<br />
Projekt. Mit dem Futtermittelhersteller La Perla soll<br />
eine Biogasanlage entstehen, die mit über 100 Millionen<br />
Kilowattstunden pro Jahr mehr als den gesamten<br />
Wärmebedarf des Unternehmens abdeckt. Dafür sollen<br />
185.000 Tonnen Gülle, fast 4.000 Tonnen Gemüseabfälle<br />
aus Treibhäusern sowie große Mengen Altfett<br />
als auch Molke vergoren werden. So sollen besonders<br />
klimarelevante Methanemissionen um 5.300 Tonnen<br />
pro Jahr reduziert werden.<br />
74
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
Klärbecken der Biogasanlage des Geflügelproduzenten Pilgrims Pride.<br />
Das Projekt forscht unter anderem an der Entwicklung einer geeigneten<br />
Logistik für den Transport der Substrate sowie den technischen<br />
Herausforderungen ihrer gemeinsamen Vergärung. Dafür<br />
läuft im Labor des Institutes seit Januar <strong>2017</strong> eine Biogas-Testanlage.<br />
„Altfett bringt viermal so viel Methan wie Dung“, weiß Violeta<br />
Bravo de Sepúlveda schon jetzt.<br />
Eine Fahrt rund um die Stadt Querétaro zeigt eindrucksvoll die<br />
Potenziale der Region: In der Sonne glitzert ein Meer aus Gewächshäusern<br />
des Agroparks. Hier wachsen Tomaten und Paprika für das<br />
ganze Land. Nicht weit entfernt erscheint der legendäre Monolith<br />
Peña de Bernal am Horizont. Jedes Jahr am 21. März versammeln<br />
sich an dem Felsen Scharen von Esoterikern, um seine Energie zu<br />
empfangen. Doch die wahren Energieberge erheben sich davor:<br />
auf dem Dung-Sammelplatz.<br />
Steigende Lebensmittelproduktion und wachsende<br />
Abfallberge<br />
Lange Trucks kippen ihre Ladung ab, die sie in den Rinderfarmen<br />
der Umgebung eingesammelt haben. Radlader schieben und<br />
schichten die braune Masse zu haushohen Haufen. Hier, in der<br />
Gemeinde Ezequiel Montes, wird der Großteil des in Mexiko konsumierten<br />
Rindfleisches gezüchtet. Der gesammelte Dung geht zurzeit<br />
noch unbehandelt als Dünger auf Avocadoplantagen. Mexikos<br />
Landwirtschaft wächst. Und mit ihr das Aufkommen an Dung und<br />
organischen Abfällen. Bereits jetzt gibt es zum Beispiel 5 Millionen<br />
Bauernhöfe mit etwa 18 Millionen Schweinen. Es wächst auch<br />
die Lebensmittelproduktion sowie das Aufkommen an Abwässern<br />
und Siedlungsabfällen. Jede Sekunde fallen in Mexiko 82.000<br />
Liter Abwasser an. Und täglich 100.000 Tonnen Hausmüll.<br />
Die mexikanische Regierung hat sich selbst verpflichtet, die Treibhausgasemissionen<br />
des Landes bezogen auf das Emissionsniveau<br />
im Jahr 2000 bis 2020 um 30 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent<br />
zu reduzieren. Und da kommt die energetische Nutzung von<br />
Methan ins Spiel, nicht zuletzt auch wegen des drastischen Preisverfalls<br />
von CO 2<br />
-Zertifikaten. „Eigentlich sollte dieses Projekt über<br />
den CO 2<br />
-Zertifikathandel Geld verdienen.“ Rodolfo Montelongo<br />
75<br />
WWW.TERBRACK-MASCHINENBAU.DE
International<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Biogasanlage der<br />
Kooperative Comite<br />
Estatal Sistema<br />
Producto Nopal.<br />
zeigt auf drei dicke schwarze Rohre zum kontrollierten<br />
Abfackeln von Methan, die über der Abfalldeponie<br />
von San Nicolas im Bundesstaat Aguascalientes in den<br />
blauen Himmel ragen. Installiert wurden diese 1998.<br />
Zehn Jahre später beschloss sein Arbeitgeber, das britische<br />
Unternehmen Ylem Energy, noch einmal über 5<br />
Millionen US-Dollar in die Hand zu nehmen und das<br />
Methan zur Erzeugung von Elektrizität zu nutzen.<br />
Deponiegasstrom für Nissan<br />
Seit Dezember 2011 speisen zwei Generatoren von<br />
Caterpillar mit einer Leistung von insgesamt 2,4 Megawatt<br />
Strom ins Netz. Abgefackelt wird das Methan<br />
aus der Deponie nur noch, wenn die Generatoren ausfallen.<br />
Der Stromverkauf stellt 100 Prozent der Einnahmen<br />
der Anlage. Abnehmer für<br />
die 10 Gigawattstunden im Jahr ist<br />
der japanische Autohersteller Nissan,<br />
der seine Produktion für Mexiko im<br />
Gewerbegebiet der Stadt Aguascalientes<br />
betreibt. Wie viel Nissan für die<br />
Kilowattstunde bezahlt, darf Rodolfo<br />
Montelongo nicht verraten. Nur so<br />
viel, dass der Preis unter dem Tarif für<br />
Industriebetriebe des Hauptversorgers<br />
liegt, also unter rund 5 Eurocent<br />
für die Kilowattstunde.<br />
„Das ist eine Herausforderung für<br />
uns“, sagt Montelongo beim Rundgang<br />
über die Deponie. Auf dem<br />
offenen Teil kippen Mülllaster ihre<br />
Ladung aus. Per Hand suchen Sammler<br />
Verwertbares heraus. Schwarze<br />
Kunststoffrohre schlängeln sich über<br />
den ausgetrockneten Boden der geschlossenen Deponie.<br />
250 Gasquellen wurden bisher in den Müllberg<br />
gelegt oder gebohrt. „Wir jagen ständig dem Methan<br />
hinterher“, erklärt der technische Leiter José Luis Valadez<br />
Bustos.<br />
Verschiedene Materialien im Abfall, die Auswaschung<br />
organischer Anteile durch Regen und schwankende<br />
Temperaturen sorgen für ein unstetes Aufkommen.<br />
Hinzu kommen nicht reparierte Risse, durch die Sauerstoff<br />
eindringt, oder die zu späte Abdichtung einzelner<br />
Abschnitte der Deponie. Vom Müllaufkommen und der<br />
Leistung der Anlage her könnten in San Nicolas bis zu<br />
19 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden.<br />
Die würde Nissan auch abnehmen. Nur kann dieses<br />
Potenzial bislang noch nicht gewonnen werden.<br />
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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
Müllabfuhr in Mexiko City.<br />
Müllsammler durchsuchen den Abfall nach Verwertbarem.<br />
Acht Deponiegasanlagen in Betrieb<br />
Auf acht Deponien in Mexiko wird bislang das Methan<br />
für die Stromproduktion genutzt. Mit einer installierten<br />
Leistung von 17 Megawatt befindet sich die größte<br />
in Monterrey. Ab 500 Tonnen Tagesaufkommen lohnt<br />
sich eine Deponiegasanlage. Da der Trend in Mexiko hin<br />
zu größeren Deponien geht, werden sicher noch mehr<br />
entstehen. Ylem Energy baut zurzeit an zwei neuen Deponiegas-Anlagen.<br />
Aber wäre es nicht besser, mit Biogasanlagen<br />
zu arbeiten? Rodolfo Montelongo schüttelt<br />
den Kopf. „Das wäre zwar effizient und kostengünstig,<br />
doch es gibt keine wirklich funktionierende Mülltrennung<br />
in Mexiko.“<br />
Auch Alvaro Zurita und Esteban Salinas von dem Projekt<br />
„Energetische Nutzung von städtischen Abfällen“ der<br />
Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
bestätigen, dass vor allem die fehlende Trennung bei<br />
der Nutzung organischer Abfälle eine zu überwindende<br />
Hürde darstellt. Wegen ungenügend oder ungeeignet<br />
aufbereiteter Abfälle hat auch die bislang einzige Biogasanlage<br />
an einer Deponie technische Probleme. Finanziert<br />
hat die Anlage in Atlacumulco im Bundesstaat<br />
Mexiko das mexikanische Umweltministerium.<br />
Die Abfallentsorgung Mexikos wird in vielen Kommunen<br />
von einem unübersichtlichen Geflecht aus öffentlichen<br />
und privaten Akteuren organisiert. Die Müllwagen und<br />
ihre Fahrer stellen die Kommunen. Die Besatzungen<br />
der Wagen sind private Selbstständige, die nebenbei<br />
den recycelbaren Abfall aussortieren und verkaufen.<br />
Ihre Jobs sind begehrt und werden unter der Hand von<br />
den Fahrern vergeben. Die wiederum sind in starken<br />
Gewerkschaften organisiert.<br />
Von recycelbaren Stoffen leben auch viele Sammler,<br />
die auf eigene Faust mit einem Sack auf dem Rücken<br />
Haushalte und Betriebe abklappern. Ein Blick auf die<br />
erstaunlich sauberen Straßen Mexico Citys zeigt, dass<br />
das System irgendwie funktioniert. Nur ist es derart von<br />
partikularen Interessen geprägt, dass sich schwer etwas<br />
verändern lässt. Zudem verhindern sehr niedrige Deponiegebühren<br />
Investitionen vonseiten der Betreiber.<br />
77
International<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Eine von 250 Gasquellen auf der Deponie<br />
von San Niclas.<br />
José Luis Valadez Bastos, technischer Leiter der<br />
Deponiegasanlage von San Nicolas im Bundesstaat<br />
Aguascalientes.<br />
Das Deponiegas wird über ein Rohrleitungsnetz erfasst<br />
und über eine Gassammelstelle dem Generator<br />
zugeführt.<br />
Generator-Container<br />
von Ylem Energy<br />
mit zwei Caterpillar<br />
Generatoren, die eine<br />
Leistung von insgesamt<br />
2,4 Megawatt Strom ins<br />
Netz speisen.<br />
In Xalapa um das Abfallmanagement<br />
kümmern<br />
In Zusammenarbeit mit dem Energie- als auch dem<br />
Umweltministerium versucht die GIZ auf verschiedenen<br />
Ebenen die energetische Nutzung von Abfällen voranzubringen.<br />
Zum Beispiel beraten Zurita und Salinas<br />
gerade ein Projekt in Xalapa im Bundesstaat Veracruz,<br />
wo die Interamerikanische Entwicklungsbank eine Abfallvergärungsanlage<br />
an einer Deponie finanziert. „Da<br />
müssen wir uns vor allem mit dem Abfallmanagement<br />
beschäftigen“, weiß Esteban Salinas.<br />
Vieles ist im Fluss in Mexiko, manches in die richtige<br />
Richtung. Die Ausgestaltung der Energiereform zum<br />
Beispiel, verschiedene Umweltauflagen sowie ein nationaler<br />
Handel mit CO 2<br />
-Zertifikaten, der sich zurzeit<br />
noch in der Pilotphase befindet. Manche Großprojekte<br />
tauchen regelmäßig immer wieder in den Medien auf,<br />
ohne wirklich voranzukommen. Wie zum Beispiel die<br />
Nutzung des Deponiegases von Bordo Poniente, der<br />
2012 geschlossenen, einst größten Abfalldeponie der<br />
Welt, für den neuen Flughafen von Mexiko Stadt. Oder<br />
der Bau der weltgrößten Biogasanlage am Großmarkt<br />
der Megametropole für täglich 2.000 Tonnen organische<br />
Abfälle.<br />
Eugenia Kolb von der Deutsch-Mexikanischen Industrie-<br />
und Handelskammer (AHK Mexiko) sieht trotzdem<br />
gute Chancen für Unternehmen aus Deutschland auf<br />
dem Markt für Bioenergie in Mexiko. Die AHK Mexiko<br />
bietet deshalb regelmäßig Informationsveranstaltungen<br />
und -reisen für Akteure der Branche an. Als<br />
nächstes kommen mexikanische Experten vom 13. bis<br />
zum 17. März nach Deutschland. Nähere Informationen<br />
gibt es unter: http://mexiko.ahk.de/events/aktuell/<br />
inforeise-abfallnutzung-und-bioenergie-<strong>2017</strong>/<br />
Autor<br />
Klaus Sieg<br />
Freier Journalist<br />
Rothestr. 66 · 22765 Hamburg<br />
Tel. 040/380 89 359 16<br />
E-Mail: klaus@siegtext.de<br />
www.siegtext.de<br />
78
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
International<br />
KVP-Projekt: Tagebuch Indien<br />
In Indien läuft alles ein bisschen anders. Und hinterlässt<br />
dabei nicht selten ein Gefühl von Erstaunen<br />
bei uns Europäern. Das durfte ich gleich am<br />
Anfang meines ersten Aufenthalts im vergangenen<br />
Jahr erleben. Die Indian Biogas Association<br />
(IBA) war gerade erst in ihre neuen Räumlichkeiten<br />
umgezogen. Während bei uns zu einer Büroeinweihung<br />
Sekt und (im Glücksfall) Häppchen Usus sind –<br />
nach den manchmal etwas zu langen Reden –, findet<br />
in Indien eine sogenannte „Puja“ statt, ein hinduistisches<br />
Ritual.<br />
Dazu wird ein Priester ins Haus bestellt, der erstmal<br />
relativ lange die notwendigen Utensilien – diverse<br />
Schüsseln und Schalen mit Obst, Süßigkeiten, Blumen<br />
und Ölen – auf dem Boden auf Decken aufbaut.<br />
Jeder Teilnehmer bekommt einen roten Segenspunkt<br />
auf die Stirn, bestehend aus roter Farbe und Reiskörnern<br />
(die dann nach und nach wieder abbröckeln). Der<br />
Priester stimmt einen monotonen Gesang an und die<br />
Teilnehmer legen immer wieder nach Aufforderung Blumen<br />
oder Süßigkeiten in eine Schüssel, bis diese ganz<br />
gefüllt ist. Zum Abschluss bekommt jeder einen roten<br />
Faden um das Handgelenk gebunden, eine Art Glücksund<br />
Segensbringer. Im Anschluss gibt es, ähnlich wie<br />
bei uns, noch einen Happen zu essen. So begann für<br />
mich mehr oder weniger das KVP-Projekt Indien.<br />
Die Kammer- und Verbandspartnerschaft (KVP) zwischen<br />
dem Fachverband Biogas und der IBA startete<br />
bereits im Dezember 2015. Das auf drei Jahre angelegte<br />
Projekt, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />
finanziert und von sequa gesteuert wird, hat zum Ziel,<br />
durch die Unterstützung des Privatsektors einen Beitrag<br />
zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in den<br />
Partnerländern des BMZ zu leisten. Der Fokus liegt<br />
dabei auf der Organisationsentwicklung von Kammern<br />
und Verbänden, dem Aufbau sowie der Entwicklung von<br />
Dienstleistungsangeboten für Unternehmen, Interessenvertretung<br />
und Politikdialog sowie CSR.<br />
Seit der Büroeinweihung ist nun fast ein Jahr vergangen.<br />
Inzwischen haben wir ein kleines Team vor Ort<br />
aufgebaut und erste Maßnahmen des KVP-Projekts<br />
umgesetzt. Für das kommende Jahr sind vor allem<br />
Trainingsmaßnahmen geplant, Teilnahmen an nationalen<br />
und internationalen Events sowie vor allem die<br />
Fortführung der in 2016 bereits eingeleiteten aktiven<br />
Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministry of New<br />
and Renewable Energy. Und vielleicht noch die eine<br />
oder andere weitere Zeremonie, um die Götter und das<br />
Universum weiterhin positiv zu stimmen.<br />
Autorin<br />
Antje Kramer<br />
Projektmanagerin KVP Indien<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12<br />
85356 Freising<br />
Tel. 0 81 61/98 46 60<br />
E-Mail: info@biogas.org<br />
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79
Aus der<br />
Verbandsarbeit<br />
Bericht aus der Geschäftsstelle<br />
Start ins<br />
Superwahljahr<br />
<strong>2017</strong><br />
Das Jahr <strong>2017</strong> ist ein Jahr mit zahlreichen wichtigen<br />
Wahlen: Nicht nur der Bundestag wird im September<br />
gewählt, sondern auch die Landtage in drei Bundesländern.<br />
Im März wird im Saarland gewählt und im<br />
Mai folgen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.<br />
Neben den Bundestags- und Landtagswahlen<br />
wird auch im Fachverband gewählt.<br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
In der Amtszeit der kommenden Regierung werden die entscheidenden<br />
Weichen für die Weiterentwicklung der Erneuerbaren-Energien-<br />
und der Biogasbranche gestellt. Hier<br />
entscheidet sich, ob die Rahmenbedingungen so gestaltet<br />
werden, dass eine wirtschaftliche Biogaserzeugung weiter<br />
möglich ist und Biogas weiter seinen Beitrag zur Energiewende<br />
leisten kann. Aus diesem Grund ist das Referat Politik in Sachen<br />
„Wahlkampagne“ mit den anderen befreundeten Verbänden in<br />
enger Abstimmung.<br />
Derzeit zeichnet sich wohl ab, dass das Thema Energie nicht im<br />
besonderen Fokus des Wahlkampfes stehen soll, hier ist eher<br />
mit der Flüchtlingskrise sowie dem Fortgang der EU zu rechnen.<br />
Nichtsdestotrotz ist es unser Ziel, die Bioenergie entsprechend in<br />
den Wahlprogrammen sowie dem Koalitionsvertrag zu platzieren.<br />
Ein Bekenntnis zur Rolle von Biogas als wesentlicher Mosaikstein<br />
der Energiewende wäre ein wichtiges Statement für die künftige<br />
Arbeit in den Ministerien, wie auch immer diese besetzt werden.<br />
Bei vielen Entscheidungen spielen der Bundesrat und damit<br />
auch die Länder eine wichtige Rolle – gerade bei Verordnungen.<br />
Deshalb ist es genauso wichtig, sich im Landtagswahlkampf ein-<br />
80
Engagiert. Aktiv. Vor Ort. Und in Berlin: Der Fachverband Biogas e.V.<br />
zubringen. Dies wird an vorderster Front von den Regionalreferenten<br />
der jeweiligen Bundesländer übernommen.<br />
Wichtig ist dabei die tatkräftige Unterstützung<br />
der Mitglieder vor Ort.<br />
Erste Wahlen im FvB durchgeführt<br />
Im Dezember <strong>2017</strong> wählt im Rahmen der Biogas Convention<br />
die Mitgliederversammlung das Präsidium. Laut<br />
Satzung müssen davor die Gremien des FvB ebenfalls<br />
neu gewählt werden. Das bedeutet, dass die Sprecher<br />
der Arbeitskreise neu gewählt werden genauso wie die<br />
Regionalgruppensprecher sowie die Vertreter des Betreiberbeirates<br />
beziehungsweise des Firmenbeirates.<br />
Einige Wahlen wurden bereits erfolgreich durchgeführt.<br />
Unter anderem wurde im Januar in Süd-Württemberg,<br />
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />
gewählt. Weitere Wahlen folgen in den kommenden<br />
Wochen und Monaten. In einigen Regionen wird mit<br />
den anstehenden Wahlen ein Generationswechsel eingeläutet.<br />
Verdiente Ehrenämter, die in die zweite Reihe<br />
rücken, werden dabei durch die Ehrennadel des FvB<br />
geehrt (siehe Kasten).<br />
Anfang Februar wurde auch der Sprecher des Arbeitskreises<br />
Direktvermarktung, Bodo Drescher, in seinem<br />
Amt bestätigt. Weitere Informationen zur Arbeit des AK<br />
Direktvermarktung finden Sie im Bericht des AK (siehe<br />
Seite 91).<br />
Die Wahl des Firmenbeirates fand am 17. Februar in<br />
Berlin im Rahmen einer Firmenvollversammlung statt.<br />
Der Firmenbeirat setzt sich für die nächste Amtszeit<br />
aus folgenden Personen zusammen:<br />
ffGesamtanlagenhersteller:<br />
Henrik Borgmeyer, Markus Ott, Christoph Spurk.<br />
ffService- und Wartungsunternehmen:<br />
Dr. Helmut Kern, Stefan Heins.<br />
ffKomponentenhersteller:<br />
Kai Jens Basedow, Alfred Gayer.<br />
ffPlaner und Berater:<br />
Uwe Welteke-Fabricius, Dr. Matthias Plöchl.<br />
Schwerpunkte Öffentlichkeitsarbeit <strong>2017</strong><br />
Auf Basis der Vorschläge von ehren- und hauptamtlichen<br />
Mitarbeitern und den aktuellen politischen Rahmenbedingungen<br />
hat der Fachverband Biogas kürzlich<br />
die Schwerpunkte für die Öffentlichkeitsarbeit <strong>2017</strong><br />
festgelegt. Primäres Ziel ist, Menschen für Biogas zu<br />
begeistern. Um dies zu erreichen und um die Daseinsberechtigung<br />
von Biogas öffentlich zu betonen, wurden<br />
„Klima- und Umweltschutz“ als Dachthemen für<br />
die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Jahr festgelegt. Als<br />
operative Schwerpunkte, zu denen gezielte Aktionen<br />
stattfinden sollen, hat der Fachverband „Güllevergärung“<br />
und „regionale Wertschöpfung“ ausgewählt.<br />
Zu den Kernthemen erarbeitet der Fachverband Biogas<br />
Informations- und Aktionsmaterialien und führt gemeinsam<br />
mit den Mitgliedern Veranstaltungen durch.<br />
Um möglichst breitflächig für Biogas zu begeistern,<br />
werden zudem die Social-Media-Kanäle verstärkt genutzt.<br />
Neben Facebook hat der Fachverband auch seine<br />
Kommunikation auf Twitter seit Anfang des Jahres<br />
wieder aufgenommen. Über die Schwerpunkte hinaus<br />
werden Flexibilität, Wärme, Biodiversität und Sektorenkopplung<br />
– teilweise auch regionsabhängig – eine<br />
Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit spielen. Zudem hatte<br />
der Fachverband Biogas am 14. Februar seinen 25. Geburtstag<br />
– ein Jubiläum, das uns ebenfalls das weitere<br />
Jahr über begleiten wird.<br />
Aus dem Referat International ist zu berichten, dass<br />
sich das Projekt des Kammer- und Verbandspartnerschaftsprojekts<br />
(KVP) mit der Indian Biogas Association<br />
(IBA) sehr gut weiterentwickelt. In einem kürzlich<br />
stattgefundenen Projekttreffen in Neu-Delhi wurden<br />
die Ziele und Aufgaben für das Jahr <strong>2017</strong> definiert,<br />
zum Beispiel ist eine aktive Teilnahme beider Verbände<br />
an der IFAT India in Mumbai Ende September geplant.<br />
Im Anschluss führte der Fachverband Biogas zusammen<br />
mit der IBA eine Trainingstour in den Städten Neu-<br />
Delhi, Pune und Ahmedabad durch. Die Trainingstour<br />
Für alle Kategorien wurden weitere Nachrücker gewählt,<br />
die den Firmenbeirat bei Bedarf ergänzen und<br />
unterstützen. Ein ausführlicher Bericht zur Versammlung<br />
und dem neugewählten Firmenbeirat wird im<br />
nächsten Journal zu finden sein.<br />
Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />
Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />
Regional. Verlässlich. Klimafreundlich. Biogas kann‘s!<br />
81
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Erstmals Ehrennadel<br />
verliehen<br />
Der Fachverband Biogas feiert seinen 25. Geburtstag. Grund genug,<br />
den zahlreichen ehrenamtlichen Begleitern Dank zu sagen.<br />
Deshalb wurde beschlossen, verdienten Mitgliedern im Ehrenamt<br />
die Ehrennadel in Silber zu verleihen.<br />
Eine Ehrennadel wiegt zwar nicht die enorme Leistung unserer<br />
vielen Aktiven auf, soll aber trotzdem die große Wertschätzung für<br />
die Tätigkeiten zeigen. Ohne unser Ehrenamt wäre der Verband<br />
nicht einmal halb so viel wert!<br />
Die ersten Ehrennadeln wurden im Zuge der Regionalgruppenwahlen<br />
verliehen (siehe Berichte der Regionalreferenten, Seite<br />
86-90). Überreicht wurden die ersten Ehrennadeln an Siggi Wucher<br />
sowie Horst Ludley, die aus Altersgründen den Staffelstab<br />
an die nächste Generation weitergegeben haben.<br />
stieß auf sehr große Resonanz bei Unternehmen, Studenten<br />
und politischen Entscheidungsträgern. Der Erfolg<br />
lässt eine Wiederholung der Tour in weiteren Städten<br />
Indiens wahrscheinlich werden.<br />
In Costa Rica veranstaltete der Fachverband Biogas zusammen<br />
mit dem dortigen Biogasverband (AsoBiogás)<br />
und dem staatlichen Bildungsinstitut (Instituto Nacional<br />
de Aprendizaje) zwei Workshops. Unter anderem<br />
ging es hier um neue Qualifizierungsangebote im Bereich<br />
Biogas.<br />
Im Referat Qualifizierung und Sicherheit stehen nach<br />
wie vor die Sicherheitsgrundschulungen im Fokus der<br />
Arbeit. Bis Mitte Februar konnten bereits über 4.300<br />
verantwortliche Personen von Biogasanlagen erfolgreich<br />
geschult werden. Für die nächsten Monate stehen<br />
die ersten Auffrischungsschulungen gemäß TRGS 529<br />
auf der Tagesordnung. Von zunehmender Bedeutung ist<br />
auch das Thema sichere Instandhaltung auf Biogasanlagen.<br />
Aus diesem Grund organisiert der Fachverband<br />
am 29. März in Würzburg ein Fachgespräch mit der<br />
Zielgruppe der Firmen.<br />
Autoren<br />
Dr. Stefan Rauh<br />
Geschäftsführer<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
Geschäftsführer<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 ∙ 85356 Freising<br />
Tel. 0 81 61/98 46 60<br />
E-Mail: info@biogas.org<br />
Foto: fineart-collection_fotolia<br />
82
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
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Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Regionalgruppe Niederbayern<br />
Wärmeschilder in Reibersdorf übergeben<br />
Am Mittwoch, den 21. Dezember<br />
trafen sich rund 40 Gäste<br />
auf der Biogasanlage von Artur<br />
Braun am Roithof bei Straubing<br />
zu einer kleinen Feierstunde.<br />
Regionalreferent Markus Bäuml<br />
begrüßte zahlreiche Gäste und lobte die<br />
Beteiligten für den aufgebrachten Mut, die<br />
Biogaswärme vor Ort zu vermarkten. Biogasanlagen<br />
mit einem Nahwärmenetz sind<br />
ein hervorragendes Praxisbeispiel, wie die<br />
Sektorenkopplung im Kontext der Energiewende<br />
funktioniert.<br />
Einerseits wird bedarfsgerecht und flexibel<br />
Strom produziert, andererseits wird die dabei<br />
entstehende Wärme in das Nahwärmenetz<br />
der Energiegenossenschaft Reibersdorf<br />
eingespeist. Mit Biogas kommen die<br />
Menschen warm und klimafreundlich durch<br />
die kalte Jahreszeit. Da häufig nur über die<br />
Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien,<br />
nicht aber über die Wärmeversorgung<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Wärmeschildübergabe an die Energiegenossenschaft<br />
Reibersdorf, die 2015 gegründet wurde. Sie<br />
betreibt ein 3.700 Meter langes Wärmenetz und<br />
versorgt seitdem die dortigen Haushalte mit klimafreundlicher<br />
Wärme aus Biogas und Holz. Damit<br />
wird eine beachtliche Menge an Heizöl eingespart<br />
und somit weniger CO 2<br />
ausgestoßen.<br />
gesprochen wird, will der Fachverband<br />
Biogas mit seinen Winter-Wärme-Aktionen<br />
nochmal gezielt auf die nachhaltige Wärme<br />
aus Biogas hinweisen.<br />
In Reibersdorf, nahe an der Donau gelegen,<br />
konnten gleich mehrere Maßnahmen<br />
durch dieses Projekt realisiert werden. „Der<br />
Hochwasserschutz wurde hier mithilfe der<br />
Bioenergienutzung in vorbildlicher Weise<br />
umgesetzt“, hob MdL Josef Zellmeier hervor<br />
und lobte dabei die schnelle Umsetzung,<br />
die durch den guten Zusammenhalt<br />
in der Dorfgemeinschaft ermöglicht wurde.<br />
Auf die Notwendigkeit der Bioenergie für<br />
den Umweltschutz verwies MdB Alois Rainer:<br />
„Wir mussten bei der zurückliegenden<br />
EEG-Novelle hart für die Bioenergie kämpfen.<br />
Aber sie ist es auch wert, denn sie bietet<br />
gerade bei der dezentralen Energieversorgung<br />
besondere Vorteile.“<br />
Autor<br />
Markus Bäuml<br />
Regionalreferent Süd-Ost<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Im Fuhrtal 23 · 93133 Burglengenfeld<br />
Tel. 0 94 71/601 95 50<br />
E-Mail: markus.baeuml@biogas.org<br />
Regionalgruppe Schleswig-Holstein<br />
Biogaswärme spart jährlich 280.000 Liter Heizöl<br />
Biogas ist das Multitalent unter<br />
den Erneuerbaren Energien.<br />
Die Biogasanlage der Familie<br />
Martensen in Nordfriesland<br />
produziert zeitgleich Strom und<br />
Wärme. Während der Strom in das Netz eingespeist<br />
wird, wird die Wärme regional genutzt.<br />
Ein großer Wärmeabnehmer ist die DI-<br />
AKO Nordfriesland in Breklum. 85 Prozent<br />
des Klinikkomplexes werden mit der Wärme<br />
der Biogasanlage im benachbarten Sönnebüll<br />
beheizt. Dazu wurde ein Blockheizkraftwerk<br />
auf dem Klinikgelände installiert, das<br />
Biogas in Strom und Wärme umwandelt. Die<br />
Wärme heizt dann den Klinikkomplex. 2,8<br />
Millionen Kilowattstunden Biogas sparen<br />
rund 280.000 Liter Heizöl ein und tragen<br />
direkt zur CO 2<br />
-Vermeidung bei. Rund 900<br />
Tonnen CO 2<br />
können allein in Breklum eingespart<br />
werden. Biogasanlagen können aber<br />
noch mehr. Das Gas kann gespeichert und<br />
in Strom und Wärme umgewandelt werden,<br />
wenn es gebraucht wird, also wenn<br />
die Sonne nicht scheint oder der Wind mal<br />
Foto: Iris Jaeger<br />
Biogas kann auch Wärme – das zeigen von nun an zwei Schilder, die vom Fachverband Biogas und der<br />
Familie Martensen aufgestellt wurden (von links): Stellvertretender Regionalgruppensprecher Karl-<br />
Wilhelm Rave, Jürgen Marquardt, Mitarbeiter der Martensen & Sohn Biogas KG, Regionalgruppensprecher<br />
und Biogasanlagenbetreiber Hans-Ulrich Martensen mit Sohn Daniel, Regionalreferentin Nord Silke<br />
Weyberg und der Bürgermeister von Breklum Heinrich Bahnsen.<br />
nicht weht. Daher wird Biogas auch Kitt der<br />
Energiewende genannt. Da die Möglichkeiten<br />
von Biogas nicht überall bekannt sind,<br />
hat der Fachverband Biogas gemeinsam mit<br />
Familie Martensen zwei Schilder aufgestellt,<br />
die über die Wärmeversorgung und Funktionsweise<br />
von Biogas informieren.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. agr. Silke Weyberg<br />
Regionalreferentin Nord<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Warmbüchenstr. 3 · 30159 Hannover<br />
Tel. 05 11/36 70 428<br />
84
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
Regionalgruppe Oberbayern<br />
Wärmeschildübergabe in Fraunberg<br />
Die Bewohner des Ortsteils Harham in Fraunberg im Landkreis Erding beziehen<br />
seit 2006 Wärme aus der nahegelegenen Biogasanlage von Martin Hintermaier.<br />
Die Häuser werden dort zu 50 Prozent mit umwelt- und klimafreundlicher Heizenergie<br />
aus Biogas versorgt. Damit wird eine beachtliche Menge an Heizöl eingespart<br />
und somit weniger CO 2<br />
ausgestoßen. Nach dem Motto „Biogaswärme sichtbar<br />
machen“ und als Anerkennung für die Nutzung nachhaltig erzeugter Wärme<br />
erhielten am 17. Februar alle Abnehmer für ihr Haus ein Biogaswärmeschild mit<br />
der Aufschrift „Wir heizen mit Biogaswärme“.<br />
Die bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf,<br />
war zu der Schilderübergabe auf die Biogasanlage Hintermaier gekommen, die<br />
sich in ihrem Heimatwahlkreis in ihrer Nachbarschaft befindet. Während ihres<br />
Besuchs betonte sie die Wichtigkeit von Biogas als Teil der Energiewende und<br />
sprach sich für die Wertschöpfung im ländlichen Raum aus. Der Klimawandel sei<br />
nicht zu leugnen, auch wenn jemand in Amerika anderes behaupte, Biogas sei ein<br />
Teil davon, dem entgegenzuwirken.<br />
Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas e.V., bedankte sich<br />
für den Besuch und betonte den engen Schulterschluss mit der Politik in Bayern.<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Ministerin Ulrike Scharf (Bildmitte, graue Jacke) war bei der Übergabe der<br />
kleinen Wärmeschilder an die Hausbesitzer dabei. Sie hob in ihrer Rede die<br />
Bedeutung von Biogas in der Energiewende hervor.<br />
Explizit bedankten sich sowohl Rauh als auch Fachverbands-Präsidiumsmitglied<br />
Josef Götz für den Einsatz des bayerischen Landeskabinetts für eine Anschlussregelung<br />
für Biogas bei der letzten Novellierung des EEG. Autorin: Helene Barth<br />
Regionalgruppe Südwürttemberg<br />
Siggi Wuchers Nachfolge auf 9 Mitstreiter verteilt!<br />
Im Rahmen der 11. Biogastage in Bad<br />
Waldsee wurden am 4. Januar die ehrenamtlichen<br />
Vertreter des Fachverbandes<br />
Biogas für die Regionalgruppe<br />
Südwürttemberg neu gewählt. Dazu<br />
hatte der bisherige Gruppensprecher Siggi<br />
Wucher ein neues Konzept auf die Beine<br />
gestellt. Wohl wissend, dass seine Fußstapfen<br />
einen Nachfolger abschrecken würden,<br />
arbeitete er zielstrebig auf eine ganze<br />
Mannschaft als Vertretung hin. Immerhin<br />
ist Südwürttemberg als einer der vier badenwürttembergischen<br />
Regierungsbezirke der<br />
bei weitem stärkste hinsichtlich Biogas mit<br />
45 Prozent aller Biogasanlagen (>400) und<br />
55 Prozent der Bemessungsleistung (~200<br />
MW) von ganz Baden-Württemberg. Ziel<br />
seines Konzeptes war daher, den Sprecher<br />
sowie den Betreiberbeirat und ihre beiden<br />
Stellvertreter zu „unterfüttern“ mit einem<br />
Kreisvertreter aus zumindest sechs der acht<br />
Landkreise. Deren Aufgaben sollen sein:<br />
1. Die Kooperation untereinander<br />
zu verbessern.<br />
2. Gemeinschaftliches Auftreten<br />
gegenüber Behörden.<br />
3. Die Öffentlichkeitsarbeit geschickt<br />
zu gestalten.<br />
4. Stärker Basis-Positionen<br />
in die Bundesarbeit des<br />
Fachverbandes Biogas<br />
einzubringen.<br />
Und das Beste: Er hat auch die<br />
„MitstreiterInnen“ gewonnen,<br />
dieses Modellprojekt in die Tat<br />
umzusetzen. Neun Personen<br />
sind es, wobei sich hinter den<br />
Kreissprechern zumeist eine<br />
veritable Kreisgruppe verbirgt.<br />
Zunächst ein großes Dankeschön<br />
an alle neuen Regionalvertreter<br />
für ihre Bereitschaft,<br />
sich zu engagieren. Erstmalig<br />
ist mit Tamara Linz eine Frau<br />
in der Führungsriege der RG<br />
Südwürttemberg. Herzlichen<br />
Glückwunsch und viel Erfolg<br />
konnten da Verbands-Geschäftsführer<br />
Stefan Rauh und<br />
Regionalreferent Otto Körner<br />
nur wünschen. Franz Josef Schenk legte<br />
programmatisch vor: Alle sind eingeladen,<br />
in den Kreisen und auf Regionsebene nach<br />
Kräften mitzukämpfen, Präsenz zu zeigen<br />
und unsere Qualifikation als Biogasbranche<br />
in der Energiewende herauszustellen.<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Eine starke Truppe (von rechts): Die neu gewählten Vertreter<br />
Markus Jehle (stellvertretender RG-Sprecher und Vertreter<br />
Landkreis Ravensburg), Lothar Braun-Keller (stellvertretender<br />
Betreiberbeirat), Dennis Striebel (Vertreter Landkreis Reutlingen),<br />
Hermann Müller (Betreiberbeirat), Franz-Josef Schenk (RG-<br />
Sprecher Südwürttemberg), Tamara Linz (Vertreterin Landkreis<br />
Biberach), Daniel Jerg (Vertreter Landkreis Alb-Donau), Stefan<br />
Rauh, Otto Körner und Dietmar Hipper (Vertreter Landkreis<br />
Sigmaringen). Es fehlt Jörg Kautt (Vertreter Landkreis Tübingen).<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />
Regionalreferent Süd<br />
Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />
Tel. 07 71/18 59 98 44<br />
E-Mail: otto.koerner@biogas.org<br />
85
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Dr. Höher geht in den Ruhestand<br />
Regional<br />
büro<br />
NORD<br />
Der Referatsleiter im Niedersächsischen<br />
Landwirtschaftsministerium Dr. Gerd Höher<br />
gilt zurecht als Urgestein und Vorkämpfer<br />
der Biogasbranche. Der gelernte Förster hat<br />
mit unglaublichem Engagement mit Beginn<br />
des Biogasanlagenbaus ein Austauschforum<br />
eingerichtet, das bei allen Problemlagen der Branche<br />
immer den perspektivischen Blick hat. Zum 1. März<br />
dieses Jahres scheidet Gerd Höher aus dem aktiven<br />
Dienst aus.<br />
Auch beim letzten Biogasforum unter seiner Federführung<br />
hat er sich nicht zu lange mit dem Rückblick aufgehalten,<br />
sondern klar den Blick nach vorn gerichtet.<br />
Er sieht die Chance für Biogas eindeutig im Bereich<br />
der Gülle- und Mistvergärung zur Minimierung der<br />
Treibhausgase und in der Systemdienstleistung für die<br />
Landwirtschaft. Untermauert wurde das Thema durch<br />
unterschiedliche Beiträge aus der Tierärztlichen Hochschule,<br />
von 3N und Jens Gevecke als Betreiber, der<br />
schon jetzt im Bereich Mistvergärung als Dienstleister<br />
für die Region tätig ist. Einig sind sich die Forumsteilnehmer,<br />
dass dieser Austausch zwischen Verbänden,<br />
Kammer, Wissenschaft und Praxis auf alle Fälle weiter<br />
betrieben werden soll. Vielleicht auch mit Unterstützung<br />
des Umweltministeriums, dessen Vertreter die<br />
Veranstaltung äußerst interessiert verfolgten.<br />
Anlagenbesichtigung und Wahlen in der<br />
Regionalgruppe Südniedersachsen<br />
Flexibilisierung und Direktvermarktung ist in aller Munde.<br />
Viele Betreiber machen sich Gedanken, wie sie ihre<br />
Anlagen zukunftsfähig aufstellen. Wer seinen Schwerpunkt<br />
weiterhin in der Stromproduktion sieht, muss<br />
sich auch Gedanken über die flexible Fahrweise machen.<br />
Daher hat die Regionalgruppe Südniedersachsen<br />
zu einem Austausch eingeladen. Betreibersprecher<br />
Friedrich Hake stellte seine Anlage und seine Überlegungen<br />
für einen Einstieg in die Direktvermarktung<br />
und auch die flexible Fahrweise vor. Weiterhin stellte<br />
Hendrik Habermann eine 2012er-Anlage vor. Er ist<br />
aufgrund der kurzen Laufzeit noch recht zurückhaltend<br />
mit weiteren sofortigen Investitionen.<br />
Den Austausch unter Betreibern hat der Regionalgruppensprecher<br />
Lüneburger Heide noch mit Informationen<br />
bereichert, da er seine Anlage 2016 doppelt überbaut<br />
hat und in die Flexibilisierung eingestiegen ist. Die anwesenden<br />
Betreiber waren sich einig, dass dieser regelmäßige<br />
Praxisaustausch sehr wichtig ist und zukünftig<br />
Bestandteil der Regionalgruppentreffen sein wird.<br />
Dies wird der neue Regionalgruppenvorstand gern<br />
umsetzen. Dr. Sarah Gehrig wurde als Regionalgruppensprecherin<br />
bestätigt, neuer Stellvertreter ist Mario<br />
Sommer, Betreiber aus Gieboldehausen. Als Betreibersprecher<br />
wurde Friedrich Hake aus Hameln bestätigt,<br />
der nun mit Gerd Schulze-Stölting auch einen Stellvertreter<br />
hat.<br />
Regionalvorstand<br />
Südniedersachsen, von<br />
links: Gerd Schulze-<br />
Stölting, stellvertretender<br />
Betreibersprecher,<br />
Dr. Sarah Gehrig,<br />
Regionalgruppensprecherin,<br />
und Friedrich<br />
Hake, Betreibersprecher.<br />
Es fehlt auf dem Foto<br />
der stellvertretende Regionalgruppensprecher<br />
Mario Sommer.<br />
Foto: Silke Weyberg<br />
Schleswig-Holstein: Regionalgruppenvorstand<br />
bestätigt und verstärkt<br />
Hans-Ulrich Martensen wurde als Regionalgruppensprecher<br />
Schleswig-Holstein genauso wie sein Stellvertreter<br />
Karl-Wilhelm Rave und Betreibersprecher<br />
Hans-Sigfried Oldsen bestätigt. Das erfolgreiche Trio,<br />
das beispielsweise deutliche Verbesserungen beim Einspeisemangement<br />
für Biogasanlagen erreichen konnte,<br />
wird verstärkt durch Boy Kruse, Anlagenbetreiber aus<br />
Dithmarschen, der die Position des stellvertretenden<br />
Betreibersprechers besetzt.<br />
Geschäftsführer Dr. Stefan Rauh freute sich über das<br />
schlagkräftige Team und referierte im Anschluss über<br />
Perspektiven für Biogas. Beim Vortrag wurde deutlich,<br />
dass sich jeder Betreiber Gedanken machen muss, wie<br />
er sich für die Zukunft aufstellen will. Den einen richti-<br />
86
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
gen Weg gibt es da nicht. Sicher ist, dass reine Stromlieferung<br />
nicht mehr auskömmlich sein wird. Genauso<br />
deutlich wurde aber auch, dass Biogasanlagen absolut<br />
ihre Berechtigung im Strommarkt haben, wenn sie sich<br />
flexibel auf die Gegebenheiten einstellen. Aber auch<br />
der Wärme- und Mobilitätsbereich sowie die Direkteinspeisung<br />
ins Gasnetz dürften interessant sein.<br />
Speicherung war auch das Thema von Rainer Casaretto,<br />
der einen Überblick über den Stand unterschiedlicher<br />
Batteriespeicher gab. Schwerpunkt des neu gewählten<br />
Vorstands wird die weitere Kooperation mit den<br />
unterschiedlichen Institutionen in Schleswig-Holstein<br />
sein, die im Bereich Biogas tätig sind. Insbesondere<br />
die weitere Optimierung der Zusammenarbeit der Erneuerbaren-Verbände<br />
und die gemeinsame politische<br />
Außenvertretung stehen im Fokus der Arbeit.<br />
Regionalgruppe Nordhannover<br />
Mitgliederservice vor Ort<br />
Detailliertes Fachwissen müssen Betreiber von Biogasanlagen<br />
vorweisen können. Bei immer wieder neu<br />
auftretenden Themen ist der telefonische Mitgliederservice<br />
des Fachverbandes wichtiger Ansprechpartner.<br />
Marion Wiesheu, die den Bereich betreut, war nach<br />
Dorfmark gekommen, um anhand der Konformitätserklärung<br />
Mitgliederfragen zu allen aktuell anstehenden<br />
Fragen zu klären. Das kam sehr gut an. Die Versammlung<br />
war beeindruckt von ihrem umfassenden Wissen.<br />
Harm Grobrügge, bei der Versammlung für weitere vier<br />
Jahre bestätigter Regionalgruppensprecher, lud Marion<br />
Wiesheu daraufhin auch gleich wieder für das kommende<br />
Jahr ein.<br />
Neben Harm Grobrügge wurden auch die weiteren Mitglieder<br />
des Vorstands der Regionalgruppe bestätigt.<br />
Hermann Cordes fungiert wieder als stellvertretender<br />
Regionalgruppensprecher, Henning Gottschalk als Betreibersprecher<br />
und Ernst Schnakenberg als sein Stellvertreter.<br />
Für das nächste Treffen wurde ein Betreiberaustauch<br />
zum Thema Flexibilisierung angeregt.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. agr. Silke Weyberg<br />
Regionalreferentin Nord<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Warmbüchenstr. 3 · 30159 Hannover<br />
Tel. 05 11/36 70 428<br />
E-Mail: silke.weyberg@biogas.org<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Wahlen in den Regionalgruppen<br />
Am 16. Februar fand in Wittlich die Regionalgruppenwahl<br />
statt. Im Rahmen<br />
der jährlichen DLR-Veranstaltung (DLR:<br />
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum)<br />
kamen einige Mitglieder zusammen, um<br />
am Ende der Veranstaltung die Wahlen<br />
der Regionalgruppe Rheinland-Pfalz vorzunehmen.<br />
Christian Glahn wurde als Regionalgruppensprecher<br />
wiedergewählt und Werner Streich als sein Stellvertreter.<br />
Thomas Endres hat sich als Betreiberratssprecher<br />
wieder zur Verfügung gestellt. Thomas Endres wird in<br />
Zukunft unterstützt von dem Betreiber Thomas Heidberg,<br />
der als Stellvertreter in die Verbandsarbeit reinschnuppern<br />
wird.<br />
Regional<br />
büro<br />
West<br />
Ansonsten stehen auch in den anderen Regionalgruppen<br />
die Wahlen im Jahr <strong>2017</strong> an. Für die Regionalgruppe<br />
Hessen und Nordrhein-Westfalen werden noch<br />
aktive Unterstützer in den Ehrenämtern gesucht. Bei<br />
Interesse bitte beim Regionalreferenten melden.<br />
Autor<br />
M.Sc. Ulrich Drochner<br />
Regionalreferent West<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Corneliusstr. 16-18<br />
40215 Düsseldorf<br />
Tel. 02 11/99 43 36 95<br />
E-Mail: ulrich.drochner@biogas.org<br />
Es referiert (stehend)<br />
Regionalgruppensprecher<br />
Christian Glahn<br />
im Rahmen der<br />
DLR-Veranstaltung.<br />
87
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Gepa Porsche überreicht Dr. Horst Ludley<br />
die Silberne Ehrennadel des Fachverbandes<br />
Biogas e.V. für seinen unermüdlichen<br />
Einsatz pro Biogas in den vergangenen<br />
20 Jahren.<br />
Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern –<br />
weitere Staffelstabübergabe<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Regional<br />
büro<br />
ost<br />
Am 26. Januar erfolgte in der Regionalgruppe<br />
Mecklenburg-Vorpommern der Auftakt<br />
zu den diesjährigen Wahlveranstaltungen<br />
in der Region Ostdeutschland. Eingeladen<br />
wurden die Mitglieder der Regionalgruppe<br />
in das Innovations- und Bildungszentrum<br />
Hohen-Luckow bei Rostock, wo vor dem eigentlichen<br />
Wahlakt ein interessantes Vortragsprogramm auf die<br />
Teilnehmer wartete.<br />
Der Regionalgruppensprecher Dr. Horst Ludley eröffnete<br />
mit seinem Bericht zur Regionalgruppenarbeit<br />
in Mecklenburg-Vorpommern. Seit der Gründung der<br />
Regionalgruppe am 11. September 1999 gab es eine<br />
stetige Entwicklung der Mitgliederzahlen. Aktuell hat<br />
die Regionalgruppe 92 Mitglieder, davon überwiegend<br />
Anlagenbetreiber (39). Die Schwerpunkte der Regionalgruppenarbeit<br />
liegen in der Öffentlichkeitsarbeit<br />
(jährliche Auftritte auf der Landwirtschaftsmesse<br />
MeLa in Mühlengeez mit mehr als 70.000 Besuchern,<br />
Wärmeschildaktion, Mitveranstalter Bioenergieseminar),<br />
der Umsetzung eines umfangreichen<br />
Schulungs- und Projektprogramms und der Arbeit in<br />
verschiedenen Arbeitskreisen, auch außerhalb des<br />
Fachverbandes Biogas.<br />
Am 31. Januar wurde unter sehr aktivem Mittun des<br />
Regionalgruppensprechers Horst Ludley der Landesverband<br />
Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern<br />
gegründet! In einem Ausblick sprach Ludley<br />
Möglichkeiten an, die Verbandsarbeit, besonders die<br />
noch bessere Einbeziehung der Mitglieder im großen<br />
Flächenland Mecklenburg-Vorpommern, zu optimieren.<br />
Die Bedeutung dieser Aussagen wurde mehr als<br />
deutlich an der doch überschaubaren Teilnehmerzahl<br />
am Regionalgruppentreffen. Wir haben zu viele passive<br />
Verbandsmitglieder, sie zu mobilisieren für aktives<br />
Mittun sollte eine der vorrangigsten Aufgaben<br />
der Regionalgruppenarbeit sein. Und das nicht nur in<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Als Vertreterin des Fachverbandes Biogas e.V. nahm<br />
die Leiterin des Referats Genehmigung, Gepa Porsche,<br />
am Regionalgruppentreffen mit Wahl teil. In<br />
ihrem mit großer Aufmerksamkeit verfolgten Vortrag<br />
zum Stand und Entwicklungen der Genehmigungen<br />
von Biogasanlagen ging sie aus der prall gefüllten ersten<br />
Übersichtsfolie zu jüngst novellierten bzw. sich in<br />
der Bearbeitung befindlichen Regelwerken und Normen<br />
speziell auf die AwSV und deren Zusammenhänge<br />
zum Düngegesetz und der Düngeverordnung ein.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Ausführungen war die<br />
Novelle der Technischen Anleitung zur Reinhaltung<br />
der Luft (TA Luft). Mit dem Problemfeld Fachrecht auf<br />
der einen Seite und Vergütungsrecht auf der anderen<br />
Seite (EEG) sowie der Novelle der Störfallverordnung<br />
schloss Porsche den Vortrag.<br />
Die Vortragsreihe fortgesetzt wurde von Antje Zibell<br />
von der LMS Agrarberatung mit Sitz in Rostock. Im<br />
Vortrag wurden von 50 Landwirtschaftsbetrieben mit<br />
Biogasanlagen aus dem Jahr 2015 die Betriebszweigergebnisse<br />
vorgestellt. Die interessanten Ergebnisse<br />
wurden besonders auch hinsichtlich der zukünftigen<br />
Ausschreibungsproblematik gesehen und bewertet.<br />
Der Vortragstitel lautete: Was sind die „Obergrenzen“<br />
der Vergütung aus Sicht von Mecklenburg-Vorpommern<br />
wert? Die durchschnittlichen Stromgestehungs-<br />
88
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
kosten der 50 Anlagen liegen bei 18,9 Cent pro Kilowattstunde,<br />
wobei es eine sehr große Bandbreite<br />
zwischen den Anlagen gibt. Sehr bemerkenswert,<br />
dass der Mittelwert der 25 besten Anlagen deutlich<br />
unter dem Gesamtmittelwert liegt. Wie alle in Hohen-<br />
Luckow gehaltenen Vorträge ist auch der von Frau<br />
Zibell auf Anfrage über den neugewählten Regionalgruppensprecher<br />
zu erhalten.<br />
Maik Orth vom Innovations- und Bildungszentrum<br />
Hohen-Luckow gab in seinem Vortrag „Erschließung<br />
neuer Märkte für Biogas“ Einblicke in die Arbeit des<br />
IBZ, auch einmal außerhalb der klassischen Biogasthemen.<br />
Der Nähe zu Rostock geschuldet und damit<br />
der maritimen Lage ist zum Beispiel ein neues<br />
Thema die Entwicklung von Biogastechnologien zur<br />
energetischen Verwertung maritimer Abfälle. In das<br />
weitgefächerte Netzwerk Biogas Maritim eingebunden,<br />
arbeitet das IBZ sowohl an Bordlösungen als<br />
auch an Landlösungen für die umweltgerechte und<br />
effiziente Behandlung von biogenen Reststoffen. Der<br />
Technologie- und Wissenstransfer zur Behandlung<br />
landwirtschaftlicher Reststoffe zum Beispiel aus einer<br />
Milchviehfarm in Dubai wurde als ein weiteres<br />
Arbeitsthema vorgestellt.<br />
Nach den Fachvorträgen erfolgte die Wahl des Regionalgruppensprechers<br />
und der anderen Wahlfunktionen.<br />
Als Wahlleiterin fungierte Gepa Porsche aus dem<br />
Hauptstadtbüro Berlin. Die Wahl erfolgte als offene<br />
Wahl. Hier das Wahlergebnis: Da der bisherige Regionalgruppensprecher<br />
Horst Ludley sich nicht mehr<br />
zur Wahl stellte, wurde als neuer Sprecher Maik Orth<br />
einstimmig gewählt. Wiedergewählt wurden ebenfalls<br />
einstimmig als Stellvertretender Regionalgruppensprecher<br />
Hannes Krempp, als Betreiberbeiratssprecher<br />
Bernd Pommerehne und als dessen Stellvertreter<br />
Peter Corßen.<br />
Gepa Porsche überreichte im Auftrag der Geschäftsführung<br />
des Fachverbandes Biogas im Anschluss an<br />
die Wahlhandlung mit großer Freude dem scheidenden<br />
Regionalgruppensprecher Horst Ludley für seine<br />
langjährige erfolgreiche Verbandsarbeit die Silberne<br />
Ehrennadel des Fachverbandes Biogas e.V.<br />
Ludley kann man getrost als ein Urgestein unseres<br />
Fachverbandes nennen. Am 5. Januar 1995 wurde<br />
er Mitglied im Fachverband Biogas. Seit mehr als 22<br />
Jahren vertritt er proaktiv die Ziele, Ideen und Aufgaben<br />
des Verbandes und der gesamten Biogasbranche.<br />
In Hohen-Luckow übergab er jetzt den Staffelstab an<br />
seinen Nachfolger Maik Orth, mit dem er schon jahrelang<br />
eng und freundschaftlich am IBZ zusammengearbeitet<br />
hat.<br />
1974 schloss Horst Ludley sein Studium zum Diplomagraringenieur<br />
an der Universität Rostock ab, 1982<br />
promovierte er. Zugang zu den Erneuerbaren Energien<br />
bekam er nach der Wende mit der Gründung des<br />
Forschungsvereins der Universität Rostock A.F.E.R.<br />
e.V. (Agrar-Förderung und -Entwicklung Rostock)<br />
mit Büro in Hohen-Luckow 1991 und als Mitglied<br />
von EUROSOLAR. Erste Bildungsaktivitäten zu Biogas<br />
brachten ihn zur Mitgliedschaft im Fachverband<br />
Biogas e.V. Am 11. September 1999 wurde während<br />
der Landwirtschaftsmesse MeLa die Regionalgruppe<br />
Mecklenburg-Vorpommern gegründet, seitdem ist<br />
Horst Ludley ohne Unterbrechung Regionalgruppensprecher<br />
gewesen.<br />
Mit der Arbeit in seinem Ingenieurbüro IBBAT-Biogasanlagentechnik<br />
als Verfahrenstechniker und als<br />
Sachverständiger nach WHG war Horst Ludley immer<br />
an die Entwicklungsprozesse der Biogasbranche unmittelbar<br />
angebunden. Seine vielfältigen Aktivitäten<br />
in verschiedenen Schulungsprojekten, Arbeitskreisen<br />
wie dem Fachausschuss Erneuerbare Energien/Nachwachsende<br />
Rohstoffe beim Landesbauernverband<br />
Mecklenburg-Vorpommern, dem Landesenergierat,<br />
der AG Öffentlichkeitsarbeit des Fachverbandes Biogas,<br />
dem Firmenbeirat und dem Vorbereitungsgremium<br />
zur Gründung des Landesverbandes Erneuerbare<br />
Energien, seine Mitarbeit im KTBL und bei EU-Projekten<br />
– alles zeugt von außergewöhnlichem Engagement<br />
für die Sache unserer Biogasbranche.<br />
An dieser Stelle soll Dir dafür, lieber Horst Ludley, ein<br />
herzliches Dankeschön gesagt werden. Und ein Weiter<br />
so! im sich jetzt schon abzeichnenden Unruhestand.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. Volker Schulze<br />
Regionalreferent Ost<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Alfred-Hess-Str. 8 · 99094 Erfurt<br />
Tel. 03 61/26 25 33 66<br />
E-Mail: volker.schulze@biogas.org<br />
89
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
11. Biogastage Bad Waldsee:<br />
vorsichtiger Optimismus<br />
Regional<br />
büro<br />
süd<br />
Siggi Wucher (Mitte) nach der Verleihung der Silbernen Ehrennadel des<br />
Fachverbandes Biogas e.V. Links im Bild: Otto Körner, Regionalreferent<br />
Süd. Rechts: Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer Fachverband Biogas e.V.<br />
Am 4. und 5. Januar fanden<br />
zum 11. Mal die Biogastage<br />
Bad Waldsee in der Schwäbischen<br />
Bauernschule statt. An<br />
beiden Tagen nutzten über<br />
200 Besucher die ausverkaufte<br />
Veranstaltung. Neben den Themen,<br />
die den Fachverband Biogas derzeit beschäftigen,<br />
erfuhren die Teilnehmer Aktuelles<br />
aus Politik, Recht und Technik.<br />
So berichtete der Bundestagsabgeordnete<br />
Waldemar Westermayer zu den Perspektiven<br />
und Einschätzungen zur Biogasnutzung<br />
aus Berlin. Das beherrschende Thema<br />
der Veranstaltung war die Flexibilisierung.<br />
Insgesamt war während der zwei Tage in<br />
Bad Waldsee zu verspüren, dass ein vorsichtiger<br />
Optimismus in der Branche keimt.<br />
Bislang erstmalig wurde von Dr. Stefan<br />
Rauh die Dimension der Biogasnutzung im<br />
Vergleich zu Wind- und Sonnenstrom dargestellt,<br />
die Erstaunliches ergab: Müsste<br />
die Stromproduktion der bundesdeutschen<br />
Biogasanlagen durch Windkraft oder Sonnenstrom<br />
ersetzt werden, so wäre dafür bei<br />
Wind von der gesamt installierten Windkraftleistung<br />
2015 von 44,5 Gigawatt etwa<br />
ein Drittel als Ersatz erforderlich. Bei der<br />
Sonnenkraft wäre es sogar mehr als der gesamte<br />
in 2015 bestehende PV-Anlagenbestand<br />
von 39,8 Gigawatt, der anstelle von<br />
Biogas nötig wäre. Einen Ausstieg aus Biogas<br />
entsprechend dem Ziel des EEG 2014<br />
hätte eine Deckungslücke zur Folge in<br />
Höhe von 42 Terawattstunden pro Jahr bis<br />
2035 – das entspricht knapp zwei Drittel<br />
des baden-württembergischen Stromverbrauches.<br />
Interessanterweise kommt das<br />
Bundeswirtschaftsministerium in seinem<br />
„Impulspapier Strom 2030“ zum Ergebnis,<br />
dass bis 2050 mit einer Erhöhung der energetischen<br />
Nutzung von Biomasse gerechnet<br />
wird. Dabei zeigt sich in der Anwendung<br />
erstens eine Beibehaltung des Einsatzes im<br />
Wärmebereich und zweitens eine teilweise<br />
Verlagerung von Strom zu Verkehrs- und Industrieanwendungen.<br />
Die Flexibilisierung tauchte<br />
bei den Forschungsergebnissen<br />
der Universität<br />
(Prof. Kazdan) mit der Zuckerrübe<br />
auf, die als rasch<br />
umsetzbares Substrat (Zuckergehalte)<br />
sehr gut dazu<br />
geeignet ist, flexible Biogasproduktion<br />
sicherzustellen,<br />
ohne zusätzlichen<br />
Speicherbedarf. Die heute<br />
produzierten BHKW,<br />
so die Kernaussage von<br />
Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />
Michael Wentzke, IG Biogasmotoren,<br />
sind gut in<br />
der Lage, pro Jahr 1.000<br />
Starts zu verkraften. Das<br />
heißt, zwei bis drei Starts<br />
pro Tag sind technisch gesehen<br />
kein Problem.<br />
Als Substrat mit aktuell<br />
hohem Aufmerksamkeitsgrad zählt Maisstroh<br />
zu einer sicherlich kostensenkenden<br />
Fütterung, wie Josef Höckner von der<br />
BioG GmbH, Utzenaich/Österreich mit<br />
10-jährigen Erfahrungen berichtete. In<br />
Baden-Württemberg liegen dummerweise<br />
die Körnermaisregionen dort, wo kaum Biogasanlagen<br />
vorhanden sind. Zur Motivation<br />
und Darstellung von Beispielen der Flexibilisierung<br />
zeigten Johannes Schwarz von<br />
der SKV Verbundenergie AG und die beiden<br />
Praktiker Philipp Ewald aus Bräunlingen<br />
und Andreas Schneider aus Schnürpflingen<br />
spannende individuelle Wege auf. Die Umsetzung<br />
derselben führte zu heftigen Diskussionen,<br />
bei denen die Anforderungen<br />
der Genehmigungsbehörden zwischen einer<br />
innerhalb von drei Monaten zugesagten<br />
immissionsschutzrechtlichen Änderungsanzeige<br />
und einem mehr als zweijährigen,<br />
mit etlichen Sondergutachten gespickten<br />
(Verhinderungs-)Verfahren schwankten.<br />
Biogas-Idol verabschiedet:<br />
Siggi Wucher<br />
Seit nunmehr 25 Jahren rackerte er für die<br />
Regionalgruppe Südwürttemberg (und weit<br />
darüber hinaus), der biogasstärksten Region<br />
Baden-Württembergs. Und dazu hat er<br />
ein gerüttelt Maß beigetragen mit seinem<br />
umtriebigen, nicht zu bremsenden Engagement<br />
und großer Überzeugungskraft. Damit<br />
ist er „andersgläubigen“ nicht selten auf<br />
die Füße getreten, ob seinen Naturschutz-<br />
Freunden im BUND oder Politikern und<br />
Behörden.<br />
Eine ausführlichere Würdigung Siggi Wuchers<br />
enthält das Jubiläumsheft „25 Jahre<br />
Fachverband Biogas“ vom Februar <strong>2017</strong>,<br />
Seite 62 bis 63. Nach den Wahlen zur<br />
neuen Vertretung der Regionalgruppe Südwürttemberg<br />
überreichte Dr. Stefan Rauh,<br />
Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas<br />
e.V., an Siggi Wucher die Ehrennadel des<br />
Fachverbandes Biogas für seine herausragenden<br />
Verdienste. Er ist damit der erste<br />
„Nadelträger“ bundesweit geworden. Die<br />
in Bad Waldsee anwesenden über 100<br />
Fachverbandsmitglieder würdigten seine<br />
langjährigen Aktivitäten mit minutenlangem<br />
Applaus und Standing Ovations und<br />
verabschiedeten ihn auf das Herzlichste.<br />
Wir wünschen ihm für seinen Unruhestand<br />
Gesundheit, Zufriedenheit und dem ruhelosen<br />
Geist etwas mehr Ruhe. Und wie<br />
es seine Art ist: Er sicherte sofort zu, als<br />
Ratgeber, wo immer es ihm möglich ist,<br />
uns zu unterstützen. Ganz herzlichen Dank<br />
sagt Dir die ganze Biogas-Familie Baden-<br />
Württembergs!<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />
Regionalreferent Süd<br />
Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />
Tel. 07 71/18 59 98 44<br />
E-Mail: otto.koerner@biogas.org<br />
90
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
AK Direktvermarktung<br />
Flexibilität<br />
voranbringen!<br />
Mit dieser Überschrift lassen<br />
sich die Ziele des Arbeitskreises<br />
Direktvermarktung<br />
sowie der dazugehörigen<br />
Betreiber-Expertengruppe<br />
zusammenfassen. Der Arbeitskreis tagte<br />
am 2. Februar in München, um die zukünftigen<br />
Kernthemen zu diskutieren. Die<br />
Mitglieder waren sich einig, dass es das<br />
Hauptziel sein muss, das Vertrauen der<br />
Betreiber in eine Flexibilisierung zu stärken.<br />
Gleichzeitig sollen Hemmnisse bei<br />
Genehmigung und Netzanschluss abgebaut<br />
werden.<br />
Erste konkrete Maßnahmen wurden in der<br />
Betreiber-Expertengruppe erarbeitet und<br />
auf den Weg gebracht. Zum einen sollen<br />
Flexpraxistage in den Regionalgruppen<br />
dazu beitragen, das vorhandene Wissen<br />
erfolgreicher Flexprojekte an andere Betreiber<br />
weiterzugeben. Dazu werden Anlagenkonzepte<br />
besichtigt und anschließend<br />
offene Praxisfragen diskutiert. Erste erfolgreiche<br />
Veranstaltungen haben bereits<br />
in Niedersachsen und Bayern stattgefunden.<br />
Weitere sollen folgen. Best-practice-<br />
Beispiele werden zudem im Rahmen einer<br />
Serie im Biogas Journal präsentiert (siehe<br />
Seite 44).<br />
In der Betreiber-Expertengruppe wurde zudem<br />
eine Checkliste für den Einstieg in die<br />
Direktvermarktung auf den Weg gebracht,<br />
die im Rahmen der Sitzung des Arbeitskreises<br />
am 2. Februar final abgestimmt<br />
wurde. Mitglieder haben damit nun eine<br />
Grundlage für erste Schritte auf dem Weg<br />
in die Flexibilität. Die Checkliste kann von<br />
der Homepage des Fachverbandes Biogas<br />
heruntergeladen werden – allerdings nur<br />
von Mitgliedern.<br />
Autor<br />
Dr. Stefan Rauh<br />
Geschäftsführer<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 ∙ 85356 Freising<br />
Tel. 0 81 61/98 46 60<br />
E-Mail: info@biogas.org<br />
DIE BESSERE<br />
SEPARATIONSTECHNIK<br />
PRESSSCHNECKEN-ABSCHEIDER<br />
Der Bioselect separiert Flüssigmist und<br />
Gärreste in einem geschlossenen System<br />
durchbruchsicher und geruchsneutral. Die<br />
verschleißarme Schnecken- und Filtertechnik<br />
hat eine Selbstreinigungsfunktion.<br />
Eine zusätzliche Reinigung durch den<br />
Betreiber ist nicht notwendig. Den<br />
Bioselect gibt es in vier Größen mit<br />
max. Durchsatzmengen von<br />
20 - 150 m³/h je Gerät.<br />
www.boerger.de<br />
Börger GmbH | D-46325 Borken-Weseke | Tel. 02862 9103 30<br />
91
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Mit Biogas Energie speichern<br />
Gastbeitrag von Harald Uphoff, kommissarischer Geschäftsführer des<br />
Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) e.V.<br />
Der Atomausstieg ist längst<br />
beschlossen und der Kohleausstieg<br />
scheint nur noch<br />
eine Frage der Zeit. Doch<br />
woher soll in Zukunft der<br />
Strom kommen, wenn die Sonne<br />
nicht scheint und der Wind nicht<br />
weht? Aus Speichern. Biogene Gase<br />
sind kurz- und langfristig speicherbar.<br />
Zunächst müssen Speicher als<br />
essenzielle Elemente im Energiesystem<br />
begriffen werden. Speicher<br />
sind auch heute notwendig und werden<br />
in hohem Maße genutzt. Es geht hierbei<br />
nicht nur um Pumpspeicherkraftwerke,<br />
denn auch Kohle- und Gaskraftwerke benötigen<br />
Speicher: die Kohlehalde vor dem<br />
Kraftwerk und das Gasnetz. Auch die Natur<br />
speichert Energie. Durch Photosynthese<br />
wird Kohlenstoff in der Biomasse eingelagert,<br />
der mithilfe von Verbrennung oder<br />
biologischer Zersetzung CO 2<br />
-neutral entladen<br />
werden kann. Biomasse ist gespeicherte<br />
Energie.<br />
Für jede Form der Energiespeicherung sind<br />
drei Komponenten kennzeichnend: das Ladesystem,<br />
die Speicherung an sich und das<br />
Entladesystem. Kurzzeitspeicher ermöglichen<br />
es, Energie über wenige Stunden oder<br />
Tage zu verlagern. Die Langzeitspeicherung<br />
dient dem saisonalen Ausgleich und gewährleistet<br />
mithilfe eines passenden Entladesystems<br />
die Versorgungssicherheit.<br />
Das Kurzzeitspeicherungsproblem kann als<br />
gelöst betrachtet werden, denn Batterien<br />
sind eine künftige kostengünstige Flexibilitätsoption.<br />
Zusätzlich erbringen bereits<br />
heute flexibel betriebene Biogasanlagen<br />
einen wichtigen Beitrag zur kurzzeitigen<br />
Energiespeicherung: Ihre Gasspeicher werden<br />
zur Verlagerung der Stromproduktion<br />
genutzt. Langzeitspeicher dienen zur Überbrückung<br />
längerer Zeiträume mit geringer<br />
erneuerbarer Stromerzeugung.<br />
In der Speicherdebatte wird ausgeblendet,<br />
dass für Langzeitspeicher ebenfalls<br />
Lade- und Entladeprozesse nötig sind:<br />
Mittel- und langfristig können Biogas und<br />
Biomethan zusammen mit anderen Technologien<br />
als Ladesystem für die Langzeitspeicherung<br />
etabliert werden. Damit<br />
erfolgt die sukzessive Ablösung heute genutzter<br />
Langzeitspeicher wie Kohle, Kraftstoffe<br />
und Erdgas. Auch das Entladesystem<br />
ist mit verfügbaren Technologien umsetzbar:<br />
Blockheizkraftwerke (BHKW) und<br />
Gaskraftwerke wandeln die gespeicherte<br />
Energie in Elektrizität und Wärme. Biogene<br />
und strombasierte Kraftstoffe versorgen<br />
den Verkehrssektor, dessen Kraftstoffbedarf<br />
durch die direkte Nutzung elektrischer<br />
Energie sinken wird. Somit ist auch das<br />
Thema Langzeitspeicherung gut lösbar.<br />
Die erforderlichen Technologien des Lade-,<br />
Speicherungs- und Endladeprozesses sind<br />
bereits verfügbar oder in fortgeschrittenen<br />
Einführungsphasen.<br />
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi)<br />
lässt gerade Langzeitstudien zu Speichern<br />
erstellen. In den Arbeitsgruppensitzungen<br />
wird auch diskutiert, in welchen Bereichen<br />
Bioenergie in Zukunft eine Rolle spielen<br />
soll. Das BMWi sah hier bis vor kurzem<br />
noch einen Trend Richtung Schiffs- und<br />
Luftverkehr sowie Prozesswärme in der<br />
Industrie. Zugleich möchte es die Kraft-<br />
Wärme-Kopplung (KWK) schrittweise dekarbonisieren.<br />
In den Diskussionen wurde<br />
schnell klar: Eine Dekarbonisierung der<br />
KWK ohne Bioenergie ist kaum möglich.<br />
Ebenfalls heiß debattiert wurde die langfristige<br />
Rolle der KWK selbst. Immerhin<br />
hat man sich darauf geeinigt, dass Dekarbonisierung<br />
und Flexibilisierung der KWK<br />
in Zukunft eine zentrale Rolle spielen<br />
sollen.<br />
Parallel heizte das kalte Wetter im<br />
Januar dieses Jahres die allgemeine<br />
Diskussion in der Öffentlichkeit<br />
an. In Frankreich, Belgien und der<br />
Schweiz waren zahlreiche Atomreaktoren<br />
wegen Sicherheitsproblemen<br />
ausgefallen. Zugleich sorgten<br />
die tiefen Temperaturen für eine hohe<br />
Nachfrage durch Stromheizungen.<br />
Aufgrund der Hochdruckwetterlage wurde<br />
auch zeitweise relativ wenig Windstrom<br />
erzeugt. Obwohl die Stromversorgung in<br />
Deutschland zu allen Zeiten sicher war und<br />
sogar durchgehend Strom exportiert wurde,<br />
führte dies zu einer öffentlichen Diskussion<br />
um die sogenannte Winter-Dunkelflaute<br />
mit wenig Solar- und Windstrom.<br />
Zwar ist es keine Neuigkeit, dass nachts<br />
keine Sonne scheint und bei einer Flaute<br />
nur wenig Wind weht. Dennoch wurde die<br />
Situation für die öffentliche Kritik an der<br />
Energiewende genutzt. Der Bundesverband<br />
der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)<br />
hat wieder Subventionen für konventionelle<br />
Kraftwerke eingefordert. Und die Kohlelobby<br />
stößt bei jeder Gelegenheit ins gleiche<br />
Horn und behauptet, dass die Energiewende<br />
ohne Langzeitspeicher nicht möglich sei.<br />
Ob Biogas und andere Erneuerbare Gase<br />
eine zentrale Rolle als Langzeitspeicher<br />
und Backup spielen werden, hängt vor allem<br />
vom Grad der Dekarbonisierung ab.<br />
Der Klimaschutzplan der Bundesregierung<br />
sieht zwar eine CO 2<br />
-Einsparung zwischen<br />
80 und 95 Prozent vor. Tatsächlich ist eine<br />
Einsparung von 95 Prozent bis spätestens<br />
2050 notwendig, um die Erderhitzung auf<br />
unter 2 Grad zu begrenzen. Dies ist ohne<br />
Erneuerbare Gase wie Biogas nicht möglich.<br />
Wer das Pariser Klimaschutzabkommen<br />
einhalten will, kommt also an Biogas und<br />
den anderen Erneuerbaren Gasen als Langzeitspeicher<br />
nicht vorbei. Wenn aber klar<br />
ist, dass wir auch langfristig Biogas brauchen,<br />
dann tun wir gut daran, die Technologie<br />
in den nächsten Jahren und Jahrzehnten<br />
immer weiter zu entwickeln.<br />
92
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
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93
Verband<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Später Start mit dem EEG<br />
In Rheinland-Pfalz und im Saarland kommt das Biogas erst voran, als sich der Betrieb der<br />
Anlagen auch wirtschaftlich lohnt. Die Geschichte der modernen Biogasnutzung – Teil 3.<br />
Von Bernward Janzing<br />
„Ich bin quer<br />
durch Deutschland<br />
gereist und habe<br />
mir Biogasanlagen<br />
angeschaut“<br />
Es hat ein wenig gedauert, bis das Biogas auch<br />
in Rheinland-Pfalz und im Saarland heimisch<br />
wurde. „Aus den Siebziger- und Achtzigerjahren<br />
sind mir keine Projekte bekannt“, sagt<br />
Christian Glahn, Regionalgruppensprecher<br />
für Rheinland-Pfalz und das Saarland, „erst mit dem<br />
EEG im Jahr 2000 ging es in den beiden Ländern los mit<br />
dem Biogas“. Von Tüftlern, wie sie sich in Bayern und<br />
Baden-Württemberg in den frühen Achtzigerjahren –<br />
abseits jeden Wirtschaftlichkeitsdenkens – um den<br />
Durchbruch des Biogases mühten, sei in Rheinland-<br />
Pfalz und im Saarland nichts überliefert.<br />
„Es hängt eben immer an Einzelpersonen, und solche<br />
frühen Pioniere, wie sie manche anderen Bundesländer<br />
hatten, gab es hier nicht“, sagt auch Christoph Spurk,<br />
der als Mitbegründer der Firma Ökobit in Föhren im<br />
Landkreis Trier-Saarburg zumindest für die regionale<br />
Biogaswirtschaft ein Pionier war. Im Oktober 2000<br />
gegründet sei das Biogas-Unternehmen das erste im<br />
Lande gewesen, sagt Spurk.<br />
Zu diesem Zeitpunkt gab es gerade zwei Anlagen in<br />
Rheinland-Pfalz, die erste davon wurde 1997 gebaut,<br />
die zweite 1999, wie eine Statistik<br />
des Dienstleistungszentrums Ländlicher<br />
Raum (DLR) in Bitburg zeigt.<br />
Eine der ersten Anlagen stand in einem<br />
Hühnerbetrieb in Prüm in der<br />
Westeifel. Entsprechend gehörten<br />
die Anlagen, die Ökobit in den folgenden<br />
Jahren realisierte, auch zu<br />
den regionalen Pionierprojekten.<br />
Das Unternehmen ging aus einem<br />
Heinz Hoffmann Ingenieurbüro hervor. „Seit 1996<br />
hatte ich mich mit der Verwertung<br />
von pflanzlichen Abfallstoffen beschäftigt,<br />
zum Beispiel mit Speiseresten<br />
und den Resten aus Fettabscheidern“, sagt<br />
Spurk. Als mit dem EEG dann das Biogas wirtschaftlich<br />
attraktiv wurde, war das für ihn das Startsignal zur Firmengründung.<br />
Eine der ersten Anlagen, die Ökobit realisierte, war<br />
das Projekt Spielmannsholz in Üttfeld im Eifelkreis<br />
Bitburg-Prüm. „Ich bin quer durch Deutschland gereist<br />
und habe mir Biogasanlagen angeschaut“, erinnert<br />
sich der Initiator, Landwirt Heinz Hoffmann. Im<br />
Jahr 2001 entschloss er sich dann, auch selbst in die<br />
Stromerzeugung mit Biogas einzusteigen. Damit ging<br />
ein kompletter Umbau seines landwirtschaftlichen<br />
Betriebs einher. Rund 80 Prozent der Fläche von 180<br />
Hektar, die Hoffmann bewirtschaftete, nutzte er fortan<br />
zur Energiegewinnung, nur noch 20 Prozent für die<br />
Landwirtschaft. „Wir fanden, dass das Risiko dank des<br />
2000 eingeführten Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />
überschaubar war“, sagte Hoffmann später. Die Anlage,<br />
anfangs auf eine Leistung von 110 Kilowatt ausgelegt,<br />
wurde 2011 auf 300 Kilowatt ausgebaut; zugleich<br />
wurde in Zusammenarbeit mit dem Stromkonzern RWE<br />
im Rahmen eines Pilotprojektes ein Speicher für Biogas<br />
installiert.<br />
Eine weitere frühe Anlage erbaute die Firma Ökobit im<br />
selben Landkreis in Lauperath. Auch sie wurde 2001<br />
realisiert. Günter Eckertz entschied sich früh für eine<br />
möglichst weitgehende Nutzung der Wärme, denn neben<br />
400 Kilowatt Strom fallen dort auch 580 Kilowatt<br />
Wärme an. Diese wird über eine Wärmeleitung von 2,5<br />
Kilometern Länge an 20 Haushalte der Gemeinde Lauperath<br />
geliefert, zudem an das Dorfgemeinschaftshaus<br />
sowie einen Gastronomiebetrieb.<br />
Rührwerke für Kläranlagen bereiteten<br />
anfangs Probleme<br />
Zu den Pionierprojekten in der Pfalz zählt außerdem der<br />
Hof Veldenz in Lauterecken (Westpfalz), der 260 Hektar<br />
Ackerland bewirtschaftet. Helmut Steinhauer nahm<br />
seine Anlage mit 180 Kilowatt im Jahr 2002 in Betrieb,<br />
zwei Jahre später erweiterte er sie um ein weiteres Modul<br />
gleicher Leistung. Obwohl um diese Zeit die Zahl der<br />
Anlagen im Land schon rapide zunahm – in Bayern, sagt<br />
Steinhauer, habe es bereits 800 Anlagen gegeben –,<br />
war er vor technischen Problemen nicht gefeit. „Mit<br />
den Rührwerken hatten wir Probleme“, erinnert sich<br />
der Landwirt, „die waren ursprünglich für Kläranlagen<br />
gebaut, die konnten mit dem hohen Gehalt an Trockensubstanz<br />
nicht umgehen.“ Als er den Gehalt an Feststoffen<br />
reduzierte, sei es besser geworden.<br />
Der Eifelkreis Bitburg-Prüm habe sich schnell zum<br />
Zentrum des Biogases in der Pfalz entwickelt, sagt<br />
Steinhauer. Heute gebe es dort an die 50 Anlagen. In<br />
seinem Heimatlandkreis Kusel gebe es gerade vier. Auf<br />
die Frage, warum man in dem Bundesland erst nach der<br />
Jahrtausendwende in die Biogaserzeugung einstieg,<br />
hat Steinhauer eine ganz einfache Antwort: „Die Sache<br />
muss sich rechnen, und das war erst mit dem EEG der<br />
Fall.“ Und dann muss Steinhauer noch etwas loswer-<br />
94
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
den: Mit viel Euphorie sei er damals in die Biogaserzeugung<br />
eingestiegen. Nun wolle er den nächsten<br />
Schritt gehen, seine Anlage flexibilisieren, um damit<br />
im Sinne der Stromwirtschaft immer dann einspeisen<br />
zu können, wenn der Strom wirklich benötigt wird.<br />
Doch das sei wirtschaftlich kaum attraktiv: „Ich bin<br />
gerade völlig hin- und hergerissen.“ Angesichts des<br />
immer wieder diskutierten Bedarfs an Flexibilität im<br />
Stromnetz sei dies eine eigentümliche Konstellation.<br />
2000 – Brennerei Billen nimmt Anlage<br />
in Betrieb<br />
Zu den Ersten, die nach dem Start des EEG auf Biogas<br />
setzten, zählte auch die Brennerei Billen in Kaschenbach,<br />
ebenfalls im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Sie ging<br />
bereits im Jahr 2000 in Betrieb und wurde in mehreren<br />
Schritten auf heute 300 Kilowatt ausgebaut. Über<br />
ein 1,1 Kilometer langes Nahwärmenetz versorgt die<br />
Anlage 13 Haushalte und den örtlichen Festsaal mit<br />
Wärme. Die Anlage wird mit nachwachsenden Rohstoffen<br />
wie Mais, Gras und mit der Gülle von Kühen<br />
betrieben.<br />
Zukunftsenergietourismus wird hier außerdem angeboten:<br />
eine Besichtigung von Biogasanlage und Hof<br />
mitsamt Kuhstall und Melkrobotern – und mit anschließender<br />
Schnapsprobe. Sucht man weiter nach<br />
Pionieren in der Region, wird auch der Wendelinushof<br />
in St. Wendel im Saarland gerne genannt. Mit ihrem<br />
Inbetriebnahmejahr 2006 zählt dieses Projekt – aus<br />
bundesweiter Perspektive – allerdings nicht mehr unbedingt<br />
zu den frühen Projekten.<br />
Das Beratungszentrum Nachwachsende Rohstoffe am<br />
DLR Eifel in Bitburg hat wiederholt die Biogasbranche<br />
im Land analysiert. In der jüngsten Erhebung von<br />
2014 kommt das DLR auf eine installierte elektrische<br />
Leistung von rund 58 Megawatt. Diese Anlagen können<br />
zusammen rund 463 Millionen Kilowattstunden<br />
Strom im Jahr erzeugen. Heute gibt es annähernd 150<br />
Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz. Bei einem landesweiten<br />
Stromverbrauch von annähernd 30 Milliarden<br />
Kilowattstunden deckt das Biogas etwa 1,5 Prozent des<br />
Bedarfs. Ähnlich hoch ist der Anteil des Biogases am<br />
Strommix im Saarland, wo jährlich 112 Millionen Kilowattstunden<br />
in den Aggregaten mit ihren Fermentern<br />
erzeugt werden.<br />
Die regionale Verteilung der Biogasanlagen ist in Rheinland-Pfalz<br />
sehr unterschiedlich. „Auffallend sind die<br />
dünnbestückten Flächen entlang des Rheins und die<br />
mit einer hohen Dichte an Biogasanlagen versehenen<br />
Landkreise im Nordwesten des Bundeslandes“, stellt<br />
das DLR in seiner Marktanalyse fest. Erklären lasse<br />
sich dies durch den starken Gemüse- und Weinanbau<br />
in Rheinhessen und der Pfalz sowie den damit verbundenen<br />
geringeren Anteil an Kofermenten. In den nordwestlichen<br />
Regionen, wie zum Beispiel Bitburg-Prüm<br />
und Wittlich, sei der starke Viehbestand Grund für die<br />
hohe Dichte an Biogasanlagen.<br />
Forschung im<br />
Südwesten entdeckt<br />
Biogas erst spät<br />
Parallel zur Marktentwicklung<br />
kam auch in der Forschung<br />
das Thema Biogas<br />
erst spät in Rheinland-Pfalz an. Während in Bayern und<br />
Baden-Württemberg – etwa in Triesdorf und Weihenstephan,<br />
in Aulendorf und Hohenheim – Hochschulen<br />
und Landwirtschaftsschulen sich des Themas Biogas<br />
annahmen, kam dieses in Rheinland-Pfalz erst in der<br />
zweiten Hälfte der Neunzigerjahre auf, etwa am Umweltcampus<br />
Birkenfeld der Hochschule Trier. Ebenso<br />
sprang auch die Fachhochschule Bingen erst spät auf<br />
das Thema auf.<br />
Zwischenzeitlich gibt es jedoch manche Forschungsansätze<br />
in der Saar-Pfalz-Region. So beschäftigt sich<br />
das Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (PFI) seit<br />
einigen Jahren mit Biogas, die Einrichtung betreibt im<br />
Energiepark Pirmasens-Winzeln eine eigene Anlage.<br />
Angekoppelt ist seit 2014 auch eine Power-to-Gas-Pilotanlage.<br />
Sie nutzt Überschussstrom mittels Elektrolyse<br />
zur Produktion von Wasserstoff, der im Anschluss<br />
mit dem Kohlendioxid aus der Biogasanlage in Biomethan<br />
umgesetzt wird.<br />
Auch an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am<br />
Institut für Mikrobiologie und Weinforschung wurde unter<br />
Professor Helmut König an Biogas geforscht. Seit<br />
Oktober 2015 aber ist König im Ruhestand. Der Ansatz,<br />
Traubentrester zu vergären, hat sich aus wirtschaftlichen<br />
Gründen ohnehin nie in großem Stil durchsetzen<br />
können. Wäre diese Option ökonomisch attraktiver gewesen,<br />
hätte das Bundesland dem Biogas noch einen<br />
ganz eigenen Schwung geben können – schließlich<br />
stammen rund zwei Drittel des deutschen Weines aus<br />
den rheinland-pfälzischen Weinbaugebieten Ahr, Mittelrhein,<br />
Mosel, Nahe, Pfalz und Rheinhessen.<br />
Autor<br />
Bernward Janzing<br />
Freier Journalist<br />
Wilhelmstr. 24a ·79098 Freiburg<br />
Tel. 07 61/202 23 53<br />
E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />
Erste Biogasanlagen<br />
von Ökobit in Rheinland-<br />
Pfalz in den Jahren 2001<br />
bis 2004.<br />
Fotos: Ökobit GmbH<br />
95
Recht<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />
Clearingstelle EEG<br />
Votum zur Inbetriebnahme einer Holzvergasungsanlage<br />
und Schiedsspruch zur<br />
nachträglichen Vergütungskorrektur<br />
Die Clearingstelle EEG hat in zwei Verfahren Fragen zur Inbetriebnahme einer<br />
Holzvergasungsanlage (Votum 2016/21) sowie zu Vergütungsnachforderungen nach<br />
dem 28. Februar (Schiedsspruch 2016/43) beantwortet.<br />
Von Elena Richter<br />
Im Votum 2016/21 (abrufbar unter https://www.<br />
clearingstelle-eeg.de/votv/2016/21) hat die Clearingstelle<br />
EEG entschieden, dass die streitgegenständliche<br />
Holzvergasungsanlage noch nicht<br />
gemäß Paragraf (§) 3 Nummer 5 EEG 2012 in Betrieb<br />
genommen wurde.<br />
Die Anlagenbetreiberin hatte Komponenten einer Holzvergasungsanlage<br />
im Freien aufgestellt und<br />
in Betrieb gesetzt. Hierzu gehörten<br />
auch ein Vergaser, ein BHKW<br />
und eine unter anderem<br />
aus Fässern bestehende<br />
Gaskühlung/-reinigung.<br />
Die Anlagenkomponenten<br />
wollte<br />
die Anlagenbetreiberin<br />
später je nach<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
des Anlagenbetriebs<br />
eventuell ergänzen<br />
und/oder innerhalb des<br />
Hofgeländes versetzen.<br />
Da der gelieferte Vergaser<br />
technische Probleme aufwies,<br />
die sich auch auf den Motor auswirkten,<br />
wurden die vorhandenen Komponenten zunächst<br />
nur kurzzeitig betrieben. Umbauten am Vergaser wurden<br />
anschließend geplant und sollten nach Klärung der<br />
Vergütung erfolgen.<br />
Aus einem Sachverständigengutachten zur technischen<br />
Betriebsbereitschaft ergab sich, dass für einen<br />
dauerhaften Betrieb die Gaskühlung/-reinigung unzureichend<br />
war und ein Witterungsschutz für das BHKW<br />
fehle. Die Clearingstelle EEG kam daher zu dem Ergebnis,<br />
dass die streitgegenständliche Holzvergasungsanlage<br />
zum Zeitpunkt der geltend gemachten Inbetriebnahme<br />
noch nicht technisch betriebsbereit war.<br />
Denn damit diese zur dauerhaften Stromerzeugung in<br />
der Lage gewesen wäre, hätten erst noch wesentliche<br />
Anlagenbestandteile – hier jedenfalls die Gaskühlung/-<br />
reinigung – deutlich ergänzt oder ausgetauscht werden<br />
müssen. Die Anspruchstellerin hat zudem nicht zur<br />
Überzeugung der Clearingstelle EEG nachgewiesen,<br />
dass das BHKW technisch betriebsbereit war.<br />
Ob andere Anlagenkomponenten betriebsbereit waren<br />
(beispielsweise der Vergaser), konnte daher offenbleiben.<br />
Auch sonstige Fragen (beispielsweise zum Anlagenbegriff)<br />
waren nicht mehr zu entscheiden. Hierzu<br />
hat die Clearingstelle EEG nur ergänzende Hinweise<br />
gegeben, um nach einer Neuinbetriebsetzung weitere<br />
Fragen – soweit möglich – zu vermeiden.<br />
Im Schiedsspruch 2016/43 (abrufbar unter https://<br />
www.clearingstelle-eeg.de/votv/2016/21) hat die Clearingstelle<br />
EEG im konkreten Fall entschieden, dass der<br />
Netzbetreiber Vergütungsnachzahlungen auszahlen<br />
und wälzen kann, die die Anlagenbetreiberin erst nach<br />
dem 28. Februar des Folgejahres gefordert hat.<br />
Zwar lagen dem Netzbetreiber für die im Jahr 2014 eingespeisten<br />
Strommengen bis zum 28. Februar 2015<br />
alle Nachweise auch für den KWK-Bonus des EEG<br />
2009 (3 ct/kWh) vor, die Anlagenbetreiberin hatte aber<br />
zunächst nur den KWK-Bonus des EEG 2004 (2 ct/<br />
kWh) in Rechnung gestellt.<br />
Dass die Anlagenbetreiberin einen Anspruch auf den<br />
Differenzbetrag hatte, war für die Parteien nicht klärungsbedürftig<br />
und auch für die Clearingstelle EEG<br />
bestanden hieran keine Zweifel. Zudem standen dem<br />
Anspruch keine Verjährungsfragen entgegen. Der dies<br />
feststellende Schiedsspruch ist ein Titel, auf den der<br />
Netzbetreiber und der ihm nachgelagerte Übertragungsnetzbetreiber<br />
entsprechende Korrekturen am<br />
bundesweiten Ausgleich stützen können.<br />
Autorin<br />
Elena Richter<br />
Mitglied der Clearingstelle EEG<br />
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