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2_2017 Leseprobe

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www.biogas.org Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 20. Jahrgang<br />

2_<strong>2017</strong><br />

Bi<br />

seit 20 jahren<br />

GaS Journal<br />

Das Fachmagazin der Biogas-Branche<br />

Stromexport: Rekordüberschuss<br />

in 2016 S. 22<br />

EEG <strong>2017</strong> – wie der<br />

Übergang gelingt S. 38<br />

Mexiko: Biogas aus<br />

Feigenkaktus S. 68<br />

Biogas<br />

aus<br />

Maisstroh


Inhalt<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Alles aus einer Hand - Ihren Anforderungen entsprechend!<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Editorial<br />

Biogas, sicher, günstig<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

gerade haben wir als Verband unseren 25.<br />

Geburtstag gefeiert. Mit 25 fühlt man sich<br />

erwachsen, voller Kraft und Tatendrang,<br />

man meint alles zu wissen und in der Regel<br />

auch besser als alle anderen …<br />

Irgendwann merkt man dann aber, dass<br />

manches, was andere schon gedacht oder<br />

gemacht haben, doch gar nicht so falsch<br />

war. Man ergänzt die eigenen Erfahrungen<br />

mit den Erkenntnissen der anderen und<br />

entwickelt neue Meinungen. Das nennt<br />

man dann Reifungsprozess. Der menschliche<br />

Reifungsprozess ist zum Glück anders<br />

als der eines Verbandes, aber ein paar Parallelen<br />

gibt es sicherlich. So haben wir im<br />

Sturm und Drang, der beim Fachverband<br />

Biogas schon gleich nach der Gründung<br />

eingesetzt hat, schnell vieles gemeinsam<br />

vorangebracht und auch einige Erfolge<br />

erzielt. Zu Beginn der 2010er Jahre gab<br />

es erste Erkenntnisse, dass ein uneingeschränktes<br />

Wachstum nicht dauerhaft<br />

funktionieren kann, aber solange es ging,<br />

gab es keine Not zum Umsteuern.<br />

Dann kam die angekündigte Vollbremsung,<br />

und durch harte Arbeit ist es gelungen,<br />

dass der Karren nicht gleich auf dem<br />

Schrottplatz landete. Aber jetzt müssen wir<br />

uns entscheiden, wie wir weiter reisen. Das<br />

Ziel ist klar: ein nachhaltiger Betrieb der<br />

Biogasanlagen. Nachhaltig im Sinne der<br />

Betriebswirtschaft, aber auch im Sinne unserer<br />

Umwelt und Gesellschaft. Wie können<br />

wir dieses Ziel erreichen? Wir müssen für<br />

die Gesellschaft eine Dienstleistung erbringen,<br />

für die wir auch bezahlt werden. Letzteres<br />

hat bisher das Erneuerbare-Energien-<br />

Gesetz gewährleistet.<br />

Nun müssen wir aber auch andere Finanzierungsmöglichkeiten<br />

erschließen<br />

und vor allem die Dienstleistungen erbringen:<br />

Das sind zum Beispiel eine positive<br />

Klimawirkung durch Vermeidung<br />

von Treibhausgasemissionen, intensivere<br />

Kreislaufwirtschaft, eine verlässliche Energiebereitstellung<br />

und zukünftig vielleicht<br />

auch Biodiversität in der Kulturlandschaft.<br />

Eine entscheidende Bedeutung in unserer<br />

Gesellschaft wird zukünftig die CO 2<br />

-Vermeidung<br />

haben, dies wird die Währung der<br />

Zukunft. Hier können wir punkten, wenn<br />

wir unsere Hausaufgaben machen.<br />

Apropos Hausaufgaben: Das Jahr <strong>2017</strong><br />

wird eine Reihe von zusätzlichen, zum Teil<br />

kostspieligen Auflagen bringen, beispielhalft<br />

seien nur die Umsetzung der Düngeverordnung<br />

oder die wasserrechtlichen<br />

Auflagen durch die Verordnung über Anlagen<br />

im Umgang mit wassergefährdenden<br />

Stoffen (AwSV) genannt. Weitere kommen<br />

hinzu. Es muss uns gelingen, die Anforderungen<br />

zu erfüllen und gleichzeitig einen<br />

wirtschaftlichen Anlagenbetrieb sicherzustellen.<br />

Hierzu wird der Fachverband Biogas<br />

seinen Beitrag durch Begleitung der<br />

Vorschriften bei der Entstehung sowie dann<br />

der Umsetzung leisten, und er wird für eine<br />

immer schnelle Bereitstellung der für die<br />

Anlagenbetreiber relevanten Informationen<br />

sorgen. Nur wenn es uns gelingt, die Anforderungen<br />

der Gesellschaft an uns zu erfüllen,<br />

wird auch zukünftig eine Finanzierung<br />

unserer Anlagen möglich sein.<br />

Auch in diesem Heft finden Sie wieder<br />

die Informationen zu den aktuellen Entwicklungen<br />

Sicherheit, Betriebswirtschaft<br />

und Flexibilisierung. Im Titelthema dieser<br />

Ausgabe geht es um die Vergärung von<br />

Maisstroh als kostengünstige Substratalternative.<br />

Dabei versuchen Anlagenbetreiber<br />

und Unternehmen, Reststoffpotenziale<br />

stärker zu nutzen. Als Branche müssen wir<br />

aber auch weiter denken und uns konkret<br />

überlegen, wie Biogas zukünftig überleben<br />

kann. Hierzu hat das Präsidium das Projekt<br />

„Zukunft Biogas“ ins Leben gerufen. Dabei<br />

erarbeiten 15 Biogasexperten aus dem<br />

Haupt- und Ehrenamt im Fachverband Biogas<br />

eine Zukunftsstrategie für unsere Branche.<br />

Die ersten Ergebnisse werden Mitte<br />

März in der Kuratoriumssitzung unseres<br />

Verbandes zur Diskussion gestellt.<br />

Ziel ist es, bis zum Frühsommer konkrete<br />

Maßnahmen zu entwickeln, mit denen wir<br />

sicherstellen können, dass die Biogastechnologie<br />

auch langfristig gesellschaftlich akzeptiert<br />

ist und damit ein wirtschaftlicher<br />

Betrieb möglich ist. Wichtige Ansatzpunkte<br />

werden dabei sicher die schon genannten<br />

Aspekte wie Klimaschutz und Systemdienstleistungen<br />

sein. Wenn es uns gelingt,<br />

eine tragfähige Strategie für die Branche zu<br />

entwickeln, werden wir auch am 14. Februar<br />

2042, dem 50. Geburtstag unseres<br />

Verbandes, auf eine erwachsene Branche<br />

mit dem Toast „Biogas, sicher, günstig“ anstoßen<br />

können.<br />

Herzlichst Ihr<br />

Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

3


Inhalt<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Editorial<br />

3 Biogas, sicher, günstig<br />

Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />

Hauptgeschäftsführer des<br />

Fachverbandes Biogas e.V.<br />

AKTUELLES<br />

6 Meldungen<br />

8 Termine<br />

9 Biogas-Kids<br />

10 Trendwende für Biomethan<br />

im Verkehr?<br />

Von Thomas Gaul<br />

14 CO 2<br />

-Bepreisung fossiler Energien<br />

in allen Sektoren notwendig<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

18 Save the date:<br />

BIOGAS Convention & Trade Fair<br />

POLITIK<br />

20 Die Kohle bestimmt weiterhin das Denken<br />

Von Bernward Janzing<br />

22 2016: Abermals Rekordwert beim<br />

Stromexport<br />

Von Bernward Janzing<br />

24 Pläne für die künftige EU-Energiepolitik<br />

ab 2020<br />

Von Julia Münch<br />

Titelthema<br />

26<br />

26 Körnermaisstroh – ein Substrat,<br />

das Hoffnungen weckt<br />

Von M.Sc. Monika Fleschhut und<br />

Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />

34 Maisstroh macht Bakterien froh<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

PRAXIS<br />

38 Der Übergang von fester Einspeisevergütung<br />

zur Ausschreibung<br />

Von Alfons Himmelstoß<br />

44 In der „Dunkelflaute“ die Preisspitzen<br />

mitnehmen<br />

Von Thomas Gaul<br />

48 „Biogasanlagen sind die flexibelsten und<br />

am einfachsten einsetzbaren EE-Anlagen“<br />

Von Jochen Schwill<br />

52 Logistik für Gärprodukte<br />

Von Thomas Gaul<br />

56 Interview<br />

Umlaufwasser entkalken und entsalzen<br />

Interviewerin: PD Dr. Marianne<br />

Karpenstein-Machan<br />

4


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Inhalt<br />

titelFoto: Darkves_fotolia i Fotos: Darkves_fotolia, Martina Bräsel, Martin Egbert<br />

64 68<br />

60 Interview<br />

„Biogasbranche ist spürbar<br />

kompetenter geworden“<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

62 Bilanzkrater sind vermeidbar<br />

Von Rainer Casaretto<br />

64 Biogas aus Molke mit Koksstaub gewinnen<br />

Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />

INTERNATIONAL<br />

Mexiko<br />

68 Feigenkaktus liefert Biogas<br />

Von Klaus Sieg<br />

Indien<br />

79 KVP-Projekt: Tagebuch Indien<br />

Von Antje Kramer<br />

VERBAND<br />

Aus der Geschäftsstelle<br />

80 Start ins Superwahljahr <strong>2017</strong><br />

Von Dr. Stefan Rauh und<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

84 Aus den Regionalgruppen<br />

86 Aus den Regionalbüros<br />

91 AK Direktvermarktung<br />

Flexibilität voranbringen!<br />

Von Dr. Stefan Rauh<br />

92 Mit Biogas Energie speichern<br />

Von Harald Uphoff, BEE<br />

94 Später Start mit dem EEG<br />

Von Bernward Janzing<br />

RECHT<br />

96 Clearingstelle EEG<br />

Votum zur Inbetriebnahme einer Holzvergasungsanlage<br />

und Schiedsspruch zur<br />

nachträglichen Vergütungskorrektur<br />

Von Elena Richter<br />

98 Impressum<br />

Beilagenhinweis:<br />

Das Biogas Journal<br />

enthält Beilagen der Firmen<br />

greentec und WDV / Molliné.<br />

5


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Fossile Brennstoffe belasten die Handelsbilanz<br />

Berlin – Trotz anhaltend niedriger Preise<br />

für fossile Energien an den internationalen<br />

Märkten beanspruchen die Einfuhren von<br />

Mineralöl, Erdgas und Kohle weiterhin erhebliche<br />

Anteile an den Importausgaben<br />

vieler Staaten. Das gilt für große Schwellen-<br />

und Entwicklungsländer ebenso wie<br />

für viele Industriestaaten. Wie aus aktuellen<br />

Daten der Welthandelsorganisation<br />

(WTO) hervorgeht, erreichten im Jahr 2015<br />

die weltweiten Importkosten für Brennstoffe<br />

rund 1,7 Billionen Euro. „Der Energiehunger<br />

reißt ein Loch in die Haushalte vieler<br />

Staaten. Hingegen würde ein forcierter<br />

Umstieg auf Erneuerbare Energien benötigte<br />

Mittel für dringend notwendige Investitionen<br />

freisetzen“, erklärt der Geschäftsführer<br />

der Agentur für Erneuerbare Energien<br />

(AEE) Philipp Vohrer.<br />

Laut den WTO-Daten gehören große<br />

Schwellen- und Entwicklungsländer zu den<br />

am stärksten von Belastungen durch fossile<br />

Energieimporte betroffenen Staaten. So<br />

müssen Indien und Pakistan jeweils rund<br />

ein Fünftel ihrer gesamten Netto-Importausgaben<br />

für fossile Energien aufwenden.<br />

In Indien mussten für diese Einfuhren<br />

nach Abzug von Exporten 2015 insgesamt<br />

72 Milliarden Dollar bezahlt werden. Das<br />

war weit mehr als doppelt so viel, wie etwa<br />

im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur<br />

Verfügung stand: Laut Weltbank-Angaben<br />

erreichten die Gesundheitsausgaben Indiens<br />

2014 rund 29 Milliarden Dollar. Noch<br />

stärker ist die Belastung durch die Importe<br />

fossiler Energien im benachbarten Pakistan,<br />

wo diese wertmäßig 22 Prozent an den<br />

Gesamteinfuhren beanspruchen.<br />

EnviTec eröffnet eigenes Labor für biologischen Service<br />

Lohne – Modernste Ausstattung für präzise Analysen<br />

– das bietet das soeben eröffnete zweite Labor<br />

der EnviTec Biogas AG. Nach dem bereits 2015 erfolgreich<br />

in Betrieb genommenen Labor im italienischen<br />

Verona bietet nun auch das am Firmensitz<br />

Lohne ansässige Laboratorium Komplettservice aus<br />

einer Hand.<br />

Die Investition in modernste eigene Labortechnik offeriert<br />

EnviTec-Kunden eine effiziente und vor allem<br />

zeitsparende Analyse: Innerhalb weniger Stunden<br />

liegen den Experten bereits erste Ergebnisse einer<br />

Probe vor. Um den aktuellen Anforderungen zu entsprechen,<br />

nutzen die EnviTec-Spezialisten akkreditierfähige<br />

Methoden, nach denen auch in anderen<br />

Großlaboren Untersuchungen durchgeführt werden.<br />

Das 77 Quadratmeter große Laboratorium komplettiert<br />

damit das Service-Angebot des Biogas-<br />

Allrounders, denn jede Stunde Betriebsausfall einer<br />

Anlage bedeutet für den Betreiber einen erheblichen<br />

Einnahmeverlust.<br />

Die regelmäßige Untersuchung der Substratqualität<br />

und der Umgebungsbedingungen der Anaerob-Biologie<br />

im Fermenter ist für eine biologische Langzeitbetreuung<br />

des laufenden Betriebs unerlässlich. Nur<br />

so können negative Trends erkannt und frühzeitig<br />

geändert werden.<br />

Dies ermöglicht eine proaktive Handlungsweise<br />

und kann langfristige Beeinträchtigungen der<br />

Gasproduktion verhindern. „Die Vergärung ist ein<br />

natürlicher Prozess, bei dem es immer wieder zu<br />

Schwankungen kommt – keine Biogasanlage ist<br />

wie die andere“, sagt Clemens Willenborg, Prokurist<br />

und zuständiger Abteilungsleiter des biologischen<br />

Service.<br />

China als Exportweltmeister musste 2015<br />

trotz stark gefallener Ölpreise immer noch<br />

mehr als ein Zehntel seiner Importausgaben<br />

für fossile Energieträger aufwenden –<br />

ungeachtet der Ausbeutung eigener Vorkommen.<br />

Der Netto-Wert aller nach China<br />

importierten fossilen Brennstoffe betrug<br />

2015 rund 154 Milliarden Euro. Der Energiehunger<br />

des Landes belastet damit nicht<br />

nur Umwelt und Klima, sondern auch die<br />

Handelsbilanz.<br />

Deutschland kostete der Import fossiler<br />

Brennstoffe 2015 knapp 60 Milliarden<br />

Euro, das waren wertmäßig rund 6 Prozent<br />

der Gesamteinfuhren. Trotz des Ausbaus<br />

der Erneuerbaren Energien am Strommarkt<br />

liegt die Abhängigkeit Deutschlands<br />

von Energieimporten konstant bei 70 Prozent.<br />

„Nur wenn wir den Anteil Erneuerbarer<br />

Energien auch im Wärme- und Verkehrsbereich<br />

konsequent ausweiten, werden wir<br />

uns von den wirtschaftlichen und ökologischen<br />

Belastungen der fossilen Energien<br />

lösen können“, betont Vohrer. Denn in diesen<br />

Bereichen wird das Gros der fossilen<br />

Importe verwendet. Angesichts der aktuell<br />

wieder steigenden Ölpreise rechnet Vohrer<br />

künftig mit noch deutlich höheren Importkosten<br />

für Öl und Gas.<br />

6


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Aktuelles<br />

Bio-CNG und die Umwelt sagen „Danke!“<br />

Berlin – Das Bundeskabinett<br />

hat Mitte Februar beschlossen,<br />

die für Ergas- und Biomethankraftstoff<br />

geltende Steuerbegünstigung<br />

zu verlängern. Die<br />

neue gesetzliche Regelung gilt<br />

nun über das Jahr 2018 hinaus<br />

bis 2026, ab 2024 soll die<br />

Förderung dann stufenweise<br />

zurückgefahren werden. Damit<br />

ist die Zeit des Wartens und<br />

der Unsicherheit vorbei. Spät<br />

genug ist es, da zwischenzeitlich<br />

bereits spürbare Abwanderungstendenzen<br />

und Markterosion<br />

eingesetzt haben.<br />

Den Kraftstoff CNG als wirklich<br />

förderungswürdig anzuerkennen,<br />

ist die richtige Entscheidung.<br />

Denn seine bereits existente<br />

regenerative Wirklichkeit sowie das riesige<br />

Biomethan- und Erdgaskraftstoff sollen bis 2026 steuerbegünstigt bleiben.<br />

Potenzial stellen CNG in eine Reihe mit den<br />

Zukunftsantrieben Brennstoffzelle, H 2<br />

-Gas<br />

(Wasserstoff) und Strom. Wenn<br />

man es genau nimmt, sogar in<br />

die deutlich führende Position!<br />

Denn Nachhaltigkeit, Produktionsanlagen,<br />

Infrastruktur,<br />

Fahrzeugangebot, Reichweite,<br />

Verfügbarkeit, Netztransport –<br />

all das ist bei CNG bereits seit<br />

Jahren vorhanden. Zwar sind<br />

noch deutliche Verbesserungen<br />

für eine bessere Marktdurchdringung<br />

zwingend erforderlich,<br />

doch der Aufwand<br />

hierfür ist sowohl zeitlich,<br />

technisch als auch finanziell<br />

überschaubar. Den ersten<br />

Anschub für die notwendigen<br />

Maßnahmen und Investitionen<br />

sollte die nun endlich<br />

beschlossene Verlängerung der Steuervergünstigung<br />

geben.<br />

Foto: bluedesign_ fotolia<br />

Methanemissionen bei<br />

Biogasmotoren vermeiden<br />

Gülzow – Gasmotoren an Biogasanlagen,<br />

aber auch in Gaskraftwerken wandeln Biogas<br />

oder Biomethan in erneuerbaren Strom<br />

und Wärme um. Dabei emittieren sie CO 2<br />

als Produkt des Verbrennungsprozesses, jedoch<br />

auch unverbranntes Methan, dessen<br />

Treibhausgas-Potenzial erheblich höher<br />

bewertet wird. Wie hoch dieser sogenannte<br />

Methanschlupf genau ausfällt und wie man<br />

ihn reduzieren kann, dazu gibt es bislang<br />

relativ wenige wissenschaftlich fundierte<br />

Kenntnisse.<br />

Forscher der Technischen Universität<br />

München (TUM) und der Leibniz Universität<br />

Hannover untersuchten deshalb die<br />

Methan-Emissionen in Biogasmotoren im<br />

Detail. Ziel des Projektes war es, Wissen<br />

und Methoden zu entwickeln, um die Verbrennung<br />

bei Gasmotoren zu optimieren,<br />

den Wirkungsgrad zu steigern und gleichzeitig<br />

die Kohlenwasserstoff-Emissionen<br />

im Motor zu reduzieren. Dazu erfassten die<br />

Forscher in experimentellen Motorenversuchen<br />

detaillierte Daten zu den Methanemissionen<br />

und untersuchten verschiedene<br />

Maßnahmen zu deren Reduzierung.<br />

Die Modellierung und Berechnung der innermotorischen<br />

Vorgänge erfolgte mittels<br />

dreidimensionaler Strömungsberechnungen<br />

(CFD) und reaktionskinetischer Modellierungen.<br />

Im Ergebnis zeigte sich, dass das Verbrennungs-Luftverhältnis<br />

den größten Einfluss<br />

auf die Emissionen von Kohlenwasserstoffen<br />

(THC – total hydrocarbons), zu denen<br />

Methan gehört, hat. Wandtemperatur, Volumen<br />

der Brennraumspalte, Zündsystem<br />

und Gemischbildung sind weitere wichtige<br />

Einflussfaktoren. Die Herausforderung für<br />

die Forscher bestand nun darin, Maßnahmen<br />

zur THC-Reduzierung zu finden, die<br />

weder den Wirkungsgrad verringern, noch<br />

die Stickoxid-Emissionen erhöhen.<br />

Im Ergebnis erfüllen eine Abgasnachbehandlung,<br />

hohe Kühlmitteltemperaturen<br />

und niedrige Ladelufttemperaturen diese<br />

Prüfstand für Gasmotoren an der TUM.<br />

Bedingungen am besten. Auf Basis der<br />

umfangreichen Untersuchungsergebnisse<br />

entwickelten die Wissenschaftler dann<br />

eine Bewertungsmatrix, die es der Motorenindustrie<br />

ermöglicht, THC-Reduktionsmaßnahmen<br />

abzuleiten und diese Erkenntnisse<br />

in die Entwicklung neuer Motoren einfließen<br />

zu lassen. Auch die entwickelte CFD-<br />

Berechnungsmethodik kann für zukünftige<br />

Auslegungen eingesetzt werden.<br />

Foto: TUM – LVK<br />

7


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Termine<br />

Alle Termine finden Sie auch auf der Seite www.biogas.org/Termine<br />

Intensivschulungen zu<br />

Ausschreibungen <strong>2017</strong><br />

8. März<br />

Nürnberg<br />

www.landgasthof-gentner.de<br />

13. März<br />

Walsrode<br />

www.forellenhof.de<br />

16. März<br />

Leipheim<br />

www.wald-vogel.de<br />

20. März<br />

Münster<br />

www.factoryhotel.de<br />

23. März<br />

Landsberg bei Halle<br />

www.mercure.com<br />

Service GmbH<br />

Hinweis: Die Intensivschulungen sind<br />

nur für Mitglieder des Fachverbandes<br />

Biogas e. V. und auf 20 Teilnehmer<br />

pro Schulung begrenzt. Melden Sie<br />

sich online an unter:<br />

www.biogas.org/Service/Termine<br />

Betreiberschulung im Sinne der TRGS 529<br />

Termine des Schulungsverbundes<br />

Biogas finden Sie unter:<br />

http://www.schulungsverbund-biogas.<br />

de/terminkalender/<br />

14. März<br />

Erfahrungsaustausch – Weiterbildung<br />

der Sachkundigen für den Betrieb einer<br />

Biogasanlage<br />

Für die Anmeldung nutzen Sie das<br />

Formular oder direkt online unter:<br />

www.dvgw-veranstaltungen.de/434509<br />

Würzburg<br />

www.dvgw-veranstaltungen.de<br />

14. März<br />

8. Biogastagung der Landwirtschaftskammer<br />

Niedersachsen<br />

Verden (Aller)<br />

www.lwk-niedersachsen.de<br />

GüteGemeinschaft<br />

Gärprodukte e.V.<br />

14. bis 15. März<br />

GGG-Fachseminar „Gärprodukte im<br />

Wandel der Zeit“<br />

Leipzig<br />

www.gaerprodukte.de<br />

15. März<br />

Conference Power-to-Gas<br />

Düsseldorf<br />

www.otti.eu.<br />

16. bis 19. März<br />

New Energy Husum<br />

Husum<br />

www.new-energy.de<br />

28. März<br />

Technical Workshop on biomethane<br />

production in small to medium scale units<br />

Leipzig<br />

www.biomethane-map.eu<br />

29. März<br />

1. Fachgespräch „Sichere Instandhaltung<br />

von Biogasanlagen“<br />

im NOVUM Businesscenter GmbH<br />

Schweinfurter Str. 11<br />

97080 Würzburg<br />

Meinungs- und Erfahrungsaustausch<br />

von Serviceunternehmen, befähigten<br />

Personen und zugelassenen<br />

Überwachungsstellen sowie Behördenvertretern<br />

und Versicherern zu<br />

Instandhaltungsmaßnahmen bei<br />

Biogasanlagen. Anmeldung über Fax<br />

(08161 984670) oder Terminkalender<br />

auf der Homepage des Fachverbandes<br />

Biogas: www.biogas.org<br />

29. bis 30. März<br />

3 rd International Conference on Monitoring<br />

& Process Control of Anaerobic Digestion<br />

Plants (CMP)<br />

Leipzig<br />

www.energetische-biomassenutzung.de<br />

3. bis 7. April<br />

Geförderte AHK-Geschäftsreise nach<br />

Dänemark<br />

Kolding<br />

www.energiewaechter.de<br />

27. bis 28. April<br />

Betreiberschulung im Sinne der TRGS 529<br />

Zusmarshausen<br />

www.biogasfachberatung.de<br />

9. bis 10. Mai<br />

Biogas-Innovationskongress<br />

Osnabrück<br />

www.biogas-innovationskongress.de<br />

9. bis 11. Mai<br />

Qualifizierung für Angestellte<br />

Nienburg<br />

www.klimaschutz-leb.de<br />

15. bis 18. Mai<br />

AHK-Geschäftsreise nach Estland und<br />

Litauen<br />

Tallinn<br />

www.energiewaechter.de<br />

8


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

BIOGAS-KIDS<br />

Aktuelles<br />

Biogas aus Ma sstroh<br />

Mais ist der wichtigste und<br />

weil das zurückbleibende<br />

der am häufigsten verwendete<br />

Rohstoff, um daraus<br />

tungsmöglichkeiten bot. Ein<br />

Maisstroh nur wenig Verwer-<br />

Biogas zu produzieren. Das<br />

weiterer Vorteil: Maisstroh<br />

liegt daran, dass der Mais so<br />

ist ein sehr kostengünstiges<br />

energiereich ist und die Biogasbakterien<br />

ihn ausgesproge!<br />

Auch für die Ernte des<br />

Substrat für die Biogasanlachen<br />

lecker finden. Außerdem<br />

gibt es bei uns sehr viel<br />

Maschinen. Dazu wird das<br />

Maisstrohs gibt es inzwischen<br />

Anbaufläche für Mais. Für<br />

Maisstroh – wie beim Getreide<br />

auch – zu einem Schwad<br />

Nachschub ist also gesorgt.<br />

Nun liegt es ja im Wesen des<br />

gelegt. Anschließend wird<br />

Menschen, dass er erfinderisch<br />

ist und dass er Technodewagen<br />

aufgesammelt und<br />

dieser vom Häcksler oder Lalogien<br />

und Verfahren nach seinen Bedürfnissen immer am Hof siliert. Fertig ist das frische Futter für die Biogasbakterien!<br />

Damit die Gasausbeute für Maisstroh mög-<br />

weiter entwickelt. Noch vor Jahren konnten die Betreiber<br />

von Biogasanlagen kein Stroh in ihren Anlagen verwerten,<br />

weil die Verfahrenstechnik dafür nicht ausgereift werden, damit das Erntegut nicht austrocknet.<br />

lichst hoch ausfällt, muss aber möglichst schnell geerntet<br />

war. Deshalb kommt fast ausschließlich Silomais, also die<br />

gehäckselte ganze Maispflanze zum Einsatz. Inzwischen Ganz schön viel<br />

haben Praxisversuche nachgewiesen, dass die Vergärung 2015 wurde in Deutschland auf rund 455.000 Hektar Körnermais<br />

von Maisstroh zu einer Gasausbeute von rund 85 Prozent angebaut. Das Maisstroh, das dabei übrig bleibt, könnte zu einem<br />

führt. Also nicht viel weniger als bei Silomais! Das freut großen Teil für die Biogasproduktion geerntet werden. Damit<br />

jetzt besonders die Landwirte, die Körnermais anbauen, könnten etwa 50.000 Hektar Silomaisfläche eingespart werden.<br />

Warum klappern wir mit den<br />

Zähnen, wenn wir frieren?<br />

Hast du dich das auch schon mal gefragt? Wenn wir frieren,<br />

fangen wir an zu zittern. Die Muskeln ziehen sich<br />

dabei schnell zusammen und lassen kurz darauf wieder<br />

locker. Durch diese Bewegung wird der Muskel besser<br />

durchblutet und der Körper erzeugt Wärme. Auch die<br />

Kaumuskeln zittern bei Kälte. Unser Unterkiefer ist durch<br />

Gelenke locker verbunden mit dem Kopf und bewegt sich<br />

auch mit den Muskeln mit. Deshalb schlagen unsere Zähne<br />

aufeinander und wir hören ein leises Klappergeräusch.<br />

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geschippert. Hast du<br />

dir schon einmal klar gemacht, dass bei einer solchen lustigen Seereise<br />

auch Unmengen an Abfällen entstehen? Und wohin damit? Bisher ist<br />

es vorgeschrieben, dass Abwasser in Kläranlagen gereinigt wird, bevor<br />

es ins Meer geleitet wird. Der dabei entstehende Abwasserschlamm<br />

wird gemeinsam mit Speiseresten gesammelt, entwässert, getrocknet<br />

und zum Teil an Land in speziellen Anlagen verbrannt. Vielfach<br />

ist es aber auch noch erlaubt, Speisereste und Abwässer im Meer zu<br />

entsorgen. Welch ein Umweltfrevel! Wie gut wäre es, stattdessen<br />

direkt Biogas daraus zu gewinnen. Auch diese Möglichkeiten werden<br />

inzwischen untersucht. Doch bis es soweit ist, wird es wohl noch einige<br />

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9


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Trendwende für Biomethan<br />

im Verkehr?<br />

Für die Biokraftstoff-Branche ist es ein fester Termin: Im Januar findet in Berlin der Kongress<br />

„Kraftstoffe der Zukunft“ statt. Nachdem die Staatengemeinschaft im vergangenen Jahr in<br />

Paris ein internationales Klimaschutzabkommen geschlossen hat, müssten die Signale für<br />

klimafreundliche Biokraftstoffe eigentlich auf „Grün“ stehen. Von der EU-Kommission in<br />

Brüssel kommen jedoch ganz andere Signale. Für Biomethan im Kraftstoffsektor zeichnet<br />

sich mit der Verlängerung der Steuerbegünstigung indes eine hellere Perspektive ab.<br />

Von Thomas Gaul<br />

Zoltan Elek<br />

kritisierte, dass<br />

obwohl Biomethan<br />

als Kraftstoff gut zu<br />

den ambitionierten<br />

Klimaschutzzielen<br />

passe, die politischen<br />

Rahmenbedingungen<br />

dazu führten,<br />

dass Biomethan<br />

als Kraftstoff ohne<br />

Zukunft erscheine.<br />

Wir brauchen alle Möglichkeiten der<br />

CO 2<br />

-Einsparung.“ Das sagte Horst<br />

Seide, Präsident des Fachverbandes<br />

Biogas e.V., auf dem Kongress „Kraftstoffe<br />

der Zukunft“ Ende Januar in<br />

Berlin. Eine Möglichkeit, die bereits seit längerem auf<br />

dem Markt ist, ist der Antrieb von Gasfahrzeugen mit<br />

Biomethan. Und es sind ja auch mehr Autos mit Biomethan-/Erdgasantrieb<br />

unterwegs als Elektroautos, die<br />

im Übrigen ja nur dann als CO 2<br />

-frei bezeichnet werden<br />

können, wenn die Emissionen bei der Stromerzeugung<br />

ausgeblendet werden. Der von den Bioenergie- und Biokraftstoffverbänden<br />

ausgerichtete Kongress konnte mit<br />

540 Teilnehmern in diesem Jahr mehr Zuspruch als im<br />

Vorjahr verzeichnen.<br />

Fotos: Thomas Gaul<br />

Wichtiges Signal aus Brüssel<br />

Als wichtiges Signal wurde auf dem Kongress gewertet,<br />

dass die Steuerermäßigung für Biomethan als<br />

Kraftstoff verlängert wird. Sie wäre ansonsten 2018<br />

ausgelaufen. Der Parlamentarische Staatssekretär im<br />

Bundesverkehrsministerium Norbert Barthle (CDU)<br />

kündigte auf dem Kongress die Verlängerung der Steuervergünstigungen<br />

für Flüssigerdgas (LNG) und komprimiertes<br />

Erdgas (CNG) in Absprache mit dem Bundesfinanzministerium<br />

an. Dass die im Koalitionsvertrag<br />

im November 2013 beschlossene Verlängerung bisher<br />

nicht umgesetzt wurde, hat bereits in den vergangenen<br />

zwei Jahren zu einem starken Rückgang des Absatzes<br />

von Erdgasfahrzeugen um jeweils über 30 Prozent geführt.<br />

So sank die Zahl der neu zugelassenen Wagen,<br />

die Biomethan bzw. Erdgas tanken können, 2016 gegenüber<br />

dem Vorjahr um fast 40 Prozent auf nur noch<br />

3.240 Fahrzeuge. Erstmals reduzierte sich im vergangenen<br />

Jahr auch die Zahl der Tankstellen.<br />

In den nächsten Jahren steht zudem die reguläre technische<br />

Überprüfung von gut 300 Erdgastankstellen an.<br />

Ohne klare und langfristige Rahmenbedingungen ist<br />

zu befürchten, dass das Netz ausgedünnt wird, was im<br />

Widerspruch zur EU-Richtlinie 2014/94/EU über den<br />

Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe<br />

(AFID) stehen würde. Auch der in der AFID geforderte<br />

Aufbau eines Tankstellennetzes für Flüssigerdgas<br />

(LNG) sowie die durch das Verkehrsministerium entwickelten<br />

Förderinitiativen für den Kauf von LNG-Lkw<br />

sind durch die noch immer ausstehende Umsetzung<br />

der Verlängerung der Steuerermäßigung gefährdet.<br />

Erdgas mit einer Beimischungsquote an Biomethan<br />

aus Abfällen und Reststoffen von 20 Prozent reduziert<br />

die CO 2<br />

-Emissionen im Vergleich zu Benzin um über<br />

30 Prozent und gegenüber Diesel um rund 20 Prozent.<br />

Bereits 2011 hatte die Initiative Erdgasmobilität eine<br />

Erklärung an die Bundesregierung übergeben, um bis<br />

2024 einen Anteil von 4 Prozent zu erreichen. Dies<br />

würde eine CO 2<br />

-Einsparung um bis zu 1,6 Millionen<br />

Tonnen bedeuten. Die Bundesregierung hat die Unterstützung<br />

zugesagt. Erdgasfahrzeuge emittieren darüber<br />

hinaus deutlich weniger Stickoxid- und Feinstaub als<br />

vergleichbare Dieselfahrzeuge und verursachen insbesondere<br />

bei Lkw und Bussen bis zu 50 Prozent weniger<br />

Lärm. Die EU-Kommission hat 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren<br />

gegen Deutschland wegen Nichteinhaltung<br />

der Luftschadstoffe in über 60 Kommunen<br />

eingeleitet.<br />

10


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Aktuelles<br />

Möglich wäre, dass für den in Europa 2020 angestrebten<br />

Anteil von 10 Prozent Erneuerbare Energien im<br />

Verkehrssektor von den Mitgliedsstaaten der EU eine<br />

spezielle Teilquote von 0,5 Prozent für besonders fortschrittliche<br />

Biokraftstoffe eingerichtet wird. Fachverbands-Präsident<br />

Horst Seide findet unverständlich,<br />

warum das Bundesumweltministerium diese Quote<br />

auf 0,05 Prozent senken will. Für Biomethan fordert<br />

Seide eine Quote von mindestens 0,15 Prozent, was<br />

in etwa dem heutigen Marktgeschehen entspricht. Im<br />

Vergleich zu fossilen Kraftstoffen vermeidet Biomethan<br />

bis zu 84 Prozent THG-Emissionen.<br />

Artur Auernhammer:<br />

„Die von der EU-<br />

Kommission vorgeschlagene<br />

Förderung<br />

von Biokraftstoffen<br />

aus Reststoffen und<br />

Abfällen ist richtig.<br />

Sie können aber<br />

Biokraftstoffe aus<br />

Anbaubiomasse nicht<br />

ersetzen.“<br />

„Runder Tisch“ für grüne Mobilität<br />

In seiner Einleitung zu dem Forum „Biomethan in<br />

Deutschland“ zeigte sich René Walter vom Fachverband<br />

Biogas e.V. optimistisch: „Das Jahr <strong>2017</strong> könnte<br />

eine Trendwende bringen.“ Den Grund sieht er vor allem<br />

darin, dass sich die Akteure der Branche zu einem<br />

„Runden Tisch“ in Sachen Erdgasmobilität im Bundesverkehrsministerium<br />

treffen. Biomethanproduzenten,<br />

Fahrzeughersteller und Tankstellenbetreiber können<br />

hier lösungsorientiert an der Fragestellung arbeiten,<br />

woran es bei der „Grünen Mobilität“ mit Biomethan<br />

noch hakt.<br />

Einige dieser Punkte wurden von Horst Seide in seiner<br />

Rede auch benannt. „Der Preis an der Zapfsäule ist das<br />

Hauptargument für den Verbraucher“, machte er deutlich.<br />

Und hier erscheint Biomethan nicht so günstig,<br />

wie es sein könnte. Das liegt einerseits an der seit längerem<br />

beklagten Preisauszeichnung an der Tankstelle,<br />

die den höheren Energiegehalt des Biomethans nicht<br />

berücksichtigt. Zudem werden auch noch Netzentgelte<br />

aufgeschlagen, kritisierte Seide: „Die Berechnung der<br />

Netzentgelte passt nicht zur Tankstelle. Bei mir an der<br />

Tankstelle sind es 10 ct/kg, die für den Betrieb des<br />

Kompressors fällig werden.“<br />

Weitere Hürden erwartet der Präsident des Fachverbandes<br />

durch die Umsetzung der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung<br />

(BImSchV). Durch die zusätzliche<br />

Belastung mit dem Quotenwert könnte sich Biomethan<br />

verteuern und Erdgas für Tankstellenbetreiber günstiger<br />

sein. Horst Seide plädierte daher für eine Unterquote<br />

für besonders fortschrittliche Biokraftstoffe, zu denen<br />

Biomethan zu rechnen sei: „Damit ließe sich der Status<br />

quo halten.“ Bei der Wahl des Förder instrumentes<br />

müsse letztlich die Frage lauten, wie das angestrebte<br />

Ziel der Dekarbonisierung am besten zu erreichen sei.<br />

Um 80 Prozent CO 2<br />

-Minderung in 2050 zu erreichen,<br />

müssten jedes Jahr 2,3 Prozentpunkte Treibhausgasminderung<br />

hinzukommen.<br />

Über notwendige Weichenstellungen aus Sicht des<br />

Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft<br />

(BDEW) sprach in Berlin Eric Ahlers. Zu den Handlungsfeldern,<br />

die der BDEW in seiner „Roadmap Eco-<br />

Mobilität“ beschreibt, gehört auch die Nutzung von<br />

CNG und LNG im Verkehrsbereich. Der BDEW positioniert<br />

die Erdgasmobilität als „Baustein“ der Energiewende<br />

im Verkehrssektor, betonte Ahlers. Durch<br />

Erhebungen bei den Mitgliedsunternehmen liefere der<br />

BDEW zudem Datenmaterial zu Fuhrpark und Gasabsatz.<br />

Die Berücksichtigung der Klimavorteile, wie geringere<br />

Emissionen und weniger Feinstaub, sollten in<br />

den Beschaffungsrichtlinien von Bund, Ländern und<br />

Kommunen zum Ausdruck kommen. Als weitere Handlungsfelder<br />

identifiziert der BDEW ein Förderprogramm<br />

für innovative Fahrzeuge im Schwerlastverkehr, um die<br />

LNG-Mobilität voranzubringen.<br />

Dr. Dietrich Klein:<br />

„Was nicht im Verkehr<br />

an Treibhausgas-Einsparung<br />

erreicht wird, müssen<br />

dann andere Sektoren<br />

wie die Landwirtschaft<br />

leisten.“<br />

„Veganes“ Biomethan<br />

Die „extrem guten“ Werte von Biomethan bei der Einsparung<br />

von Treibhausgasen hob Zoltan Elek hervor,<br />

Geschäftsführer der Landwärme GmbH. Zudem sei der<br />

Einsatz von Biomethan die preisgünstigste Form der<br />

CO 2<br />

-Minderung. Mit Biomethan aus Gülle und Reststoffen<br />

ließe sich die THG-Quote häufig am günstigsten<br />

erfüllen. Die europaweite Verfügbarkeit ist durch die Infrastruktur<br />

des Erdgasnetzes in Europa gewährleistet.<br />

Und obwohl Biomethan als Kraftstoff gut zu den ambitionierten<br />

Klimaschutzzielen passte, führten die politischen<br />

Rahmenbedingungen dazu, dass Biomethan<br />

als Kraftstoff ohne Zukunft erscheine, kritisierte Elek.<br />

Zwar wird an über 200 Biogasanlagen Biomethan in<br />

das Erdgasnetz eingespeist. Doch von ursprünglich 15<br />

Anlagen sind nur noch 4 für die Quote zertifizierte Biomethananlagen<br />

in Betrieb. Nur noch etwa 1.000 TJ<br />

Biomethan werden als Kraftstoff abgesetzt, was etwa<br />

1 Prozent der Quote entspricht. Und sowohl die Ab-<br />

11


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Dr. Max Peiffer<br />

geht davon aus,<br />

dass die Rolle<br />

konventioneller<br />

Biokraftstoffe aus<br />

Stärke, Pflanzenöl<br />

und Zucker wohl<br />

abnehmen wird.<br />

satzzahlen für Erdgasfahrzeuge als auch die Anzahl<br />

der Tankstellen weisen nach unten. Zu den Ursachen<br />

gehört für Elek das Vermischungsverbot bei tierischen<br />

Fetten. Seit 2012 sind Biokraftstoffe aus tierischen<br />

Ölen und Fetten von der Quote ausgeschlossen. Eine<br />

weitreichende Auslegung führte ab 2013 dazu, dass<br />

Kraftstoff nur noch in „ausschließlich veganen“ Biomethananlagen<br />

erzeugt wird. Bis heute ist eine Verordnung<br />

zur Klärung der Situation nicht umgesetzt,<br />

beklagte Zoltan Elek. Die Folge ist jedoch, dass tierische<br />

Fette und Öle weiterhin gesammelt, zu Biodiesel<br />

verarbeitet und in die Nachbarländer exportiert werden.<br />

Elek fordert hier eine einheitliche, länderübergreifende<br />

Regelung und insbesondere Gleichberechtigung für<br />

alle Biokraftstoffe. Ein großes Problem ist zudem die<br />

Nachweisführung, machte Elek deutlich: Eine klassische<br />

Biomethan-Abfallanlage verarbeitet bis zu 40<br />

unterschiedliche Stoffe. In der Nabisy-Datenbank werden<br />

alleine für Biomethan 105 aktive Stoffschlüssel<br />

geführt. Für jeden Stoffschlüssel muss jeden Monat<br />

eine eigene THG-Berechnung erstellt werden. Dabei<br />

gibt es für Biomethan nur drei Standardwerte. Hinzu<br />

kommt, dass durch die Anhebung der Referenzwerte<br />

weniger Biomethan zur Quotenerfüllung benötigt wird.<br />

Das könnte einen Rückgang der Nachfrage um rund<br />

10 Prozent zur Folge haben, befürchtet Zoltan Elek.<br />

Bei gleichen Kosten für die Beimischung lässt sich mit<br />

Biodiesel mehr Quote generieren. Die Quotenpreise für<br />

Biomethan könnten in der Folge um 30 bis 40 Prozent<br />

zurückgehen.<br />

Kritik übte Elek auch an der Rohstoffbasis für fortschrittliche<br />

Biokraftstoffe, wie sie im Entwurf der 38.<br />

BImSchV festgelegt ist: Hier finden sich zum einen Nebenprodukte<br />

von Kraftstoffen, die ab 2020 abgeschafft<br />

werden sollen, wie Abwässer aus der Palmölproduktion,<br />

leere Palmfruchtbündel und Rohglycerin, sowie Exoten<br />

wie Traubentrester, Nussschalen und entkernte Maiskolben,<br />

aus denen noch kein kommerzieller Kraftstoff<br />

produziert wurde. Ohnehin droht die EU-Kommission<br />

damit, den Anteil der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse<br />

von 7 Prozent im Jahr 2020 auf 3,8 Prozent im Jahr<br />

2030 abzusenken. Damit würde aber das vom Europäischen<br />

Rat für das Jahr 2030 beschlossene Ziel von 27<br />

Prozent Erneuerbare Energien verfehlt, kritisieren die<br />

Bioenergie- und Biokraftstoffverbände, die den Kongress<br />

am 23. und 24. Januar in Berlin ausrichteten.<br />

Um den Treibhausgasausstoß um 30 Prozent zu reduzieren,<br />

sei eine Energiewende im Verkehr nötig. „Was<br />

nicht im Verkehr an Treibhausgas-Einsparung erreicht<br />

wird, müssen dann andere Sektoren wie die Landwirtschaft<br />

leisten“, machte Dr. Dietrich Klein deutlich,<br />

Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen<br />

Bioethanolwirtschaft. Die aus landwirtschaftlichen<br />

Rohstoffen hergestellten Kraftstoffe wie Biodiesel und<br />

Bioethanol senken die THG-Emissionen bereits heute<br />

um durchschnittlich 70 Prozent. Artur Auernhammer,<br />

Vorsitzender des Vorstandes des Bundesverbandes Bioenergie<br />

(BBE) kommentierte: „Die von der EU-Kommission<br />

vorgeschlagene Förderung von Biokraftstoffen<br />

aus Reststoffen und Abfällen ist richtig. Sie können<br />

aber Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse nicht ersetzen,<br />

sondern müssen einen zusätzlichen Beitrag zur Reduzierung<br />

fossiler Kraftstoffe leisten.“ Der Anteil dieser<br />

neuen Kraftstoffe soll ab 2021 stufenweise von 1,5<br />

Prozent auf 6,8 Prozent in 2030 erhöht werden. Doch<br />

ob und wie diese Anteile erreicht werden sollen und<br />

können, ist völlig unklar. Entsprechende Anlagen sind<br />

über einen Labormaßstab nicht hinausgekommen.<br />

Weniger Bedeutung für konventionelle<br />

Biokraftstoffe<br />

Der Münchener Rechtsanwalt Dr. Max Peiffer, der sich<br />

mit dem Biokraftstoffrecht befasst, geht davon aus,<br />

dass die Rolle konventioneller Biokraftstoffe aus Stärke,<br />

Pflanzenöl und Zucker wohl abnehmen wird. Der<br />

internationale Biomethanhandel werde an Bedeutung<br />

gewinnen, so Peiffer: „Die Grenzen werden fallen.“<br />

Das ist aber auch nicht immer ganz einfach, wie das<br />

vor dem Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren<br />

zum Biomethanhandel zwischen Deutschland und<br />

Schweden zeigt. Einen Überblick über den europäischen<br />

Markt lieferte Frank Hofmann vom Fachverband<br />

Biogas e.V. Seinen Ausführungen zufolge gibt es in Europa<br />

495 Biogas-Aufbereitungsanlagen. Während der<br />

Zubau in Deutschland mit nur noch zehn in 2016 in<br />

Betrieb gegangenen Anlagen stagniert, entwickeln sich<br />

die Märkte in Großbritannien und Frankreich besser.<br />

„Der Biomethanmarkt in Europa hat noch Potenzial“,<br />

sagte Hofmann.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

Freier Journalist<br />

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Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

BEE-Neujahrsempfang<br />

CO 2<br />

-Bepreisung fossiler Energien in<br />

allen Sektoren notwendig<br />

Diskutanten auf dem<br />

Podium, von links:<br />

Moderatorin Martina<br />

Richwien, Caren Lay,<br />

Thomas Bareiß, Robert<br />

Habeck, Prof. Dr. Hubert<br />

Weiger und Stefan<br />

Körzell.<br />

Mitte Februar fand im Berliner Maritim Hotel der traditionelle Neujahrsempfang<br />

des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE) statt. Kernthemen waren die<br />

CO 2<br />

-Bepreisung, Stromsteuer, Energiewendefonds und Mieterstrom.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

<strong>2017</strong> E.h. Fritz Brickwedde seine Rede<br />

werde ein entscheidendes Jahr,<br />

begann BEE-Präsident Dr.-Ing.<br />

vor über 1.000 Zuhörern. Damit zielte er nicht nur auf<br />

die anstehende Bundestagswahl ab, sondern auch auf<br />

den immer weiter um sich greifenden Populismus in<br />

Deutschland. Fakten würden heute in bemerkenswerter<br />

Weise interpretiert. Die neuen Rechten auf der ganzen<br />

Welt leugneten den Klimawandel.<br />

Brickwedde erinnerte an eine bedeutende Rede des<br />

früheren Bundespräsidenten und Ökonomen Horst<br />

Köhler, der im Dezember vergangenen Jahres beklagt<br />

habe, dass die weltweite Verbrennung fossiler Energieträger<br />

die Anreicherung von Treibhausgasen in der<br />

Atmosphäre auf ein beispielloses Niveau getrieben<br />

hat. Köhler habe zudem davor gewarnt, dass es in den<br />

nächsten Jahrzehnten weltweit zu rund 200 Millionen<br />

Klimaflüchtlingen kommen kann, sollten die ehrgeizigen<br />

Pariser Klimaziele nicht erreicht werden.<br />

Köhler habe außerdem beklagt, dass das überlange<br />

Festhalten an der Kohle der Gesellschaft politisch und<br />

finanziell gigantische Kosten verursacht habe. Laut<br />

Köhler sei die globale Erwärmung das größte Marktversagen<br />

in der Geschichte der Menschheit. Darum<br />

forderte Brickwedde: „Wir brauchen jetzt endlich einen<br />

wirksamen Preis auf CO 2<br />

.“ Einen Tag vor dem<br />

Neujahrsempfang hat jedoch laut Brickwedde das EU-<br />

Parlament durch seine Beschlüsse den Europäischen<br />

Emissionshandel auf absehbare Zeit als wirkungsloses<br />

Klimaschutzinstrument zementiert.<br />

„Um die Erderwärmung wenigstens bei 2 Grad Celsius<br />

zu begrenzen, müssten jährlich mindestens 4,7 Prozent<br />

der Emissionszertifikate aus dem Markt genommen<br />

werden. Das EU-Parlament hat aber nur eine jährliche<br />

Reduktion von 2,2 Prozent beschlossen. Damit<br />

werden die Klimaziele deutlich verfehlt. Soll die Erwärmung<br />

auf 1,5 Grad begrenzt werden, müssten zügig sogar<br />

22 Prozent der Emissionszertifikate aus dem Markt<br />

genommen werden“, machte Brickwedde deutlich.<br />

2016 lagen die Zertifikatepreise bei rund 5 Euro pro<br />

Tonne statt bei 80 Euro, wie das Umweltbundesamt<br />

die realen CO 2<br />

-Kosten berechnet hat. Das EEG habe im<br />

Gegensatz zum Emissionshandel bewiesen, dass es Investitions-<br />

und Innovationsanreize in klimafreundliche<br />

Technologien setzen kann. Für den Stromsektor schlägt<br />

der Verbandspräsident vor, die Stromsteuer abzuschaffen<br />

und stattdessen eine CO 2<br />

-Bepreisung auf die fossile<br />

Stromerzeugung einzuführen.<br />

Industrieprivilegien über Bundeshaushalt<br />

finanzieren<br />

Die Höhe des Preises sollte zwischen positiven und negativen<br />

Strompreisen variiert werden. Die CO 2<br />

-Steuer<br />

würde bei positiven Strompreisen den CO 2<br />

-Preis um<br />

etwa 20 Euro pro Tonne erhöhen. Bei negativen Strompreisen<br />

solle die CO 2<br />

-Steuer deutlich höher liegen und<br />

die Klimakosten abbilden. Die CO 2<br />

-Bepreisung würde<br />

im Stromsektor die EEG-Umlage senken, sobald die<br />

Differenzkosten zu den Erneuerbaren Energien verringert<br />

würden. Brickwedde: „Die Industrieprivilegien<br />

14


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Aktuelles<br />

sollten nicht durch die EEG-Umlage, sondern über den<br />

Bundeshaushalt finanziert werden. Würde die Politik<br />

das machen, könnte die Umlage um 1,5 Cent pro Kilowattstunde<br />

sinken.“<br />

Eine CO 2<br />

-Bepreisung auf fossile Brennstoffe im Wärmesektor<br />

solle die Verbraucher zu einem klima- und<br />

umweltfreundlichen Umgang mit Raumwärme und<br />

Warmwasser motivieren. Brickwedde forderte die<br />

Bundesregierung auf, die Förderung von Öl- und Gasheizungen<br />

sofort einzustellen. Diese Förderung passe<br />

nicht mehr in die Zeit. Auch sei es ein Unding, dass das<br />

Thema Kohleausstieg in die nächste Legislaturperiode<br />

geschoben werde. Brickwedde hofft, dass die Politik<br />

alsbald das Thema Mieterstrom regelt und eine entsprechende<br />

Verordnung auf den Weg bringt, die praktikabel<br />

sei. Mit Mieterstrom werde die Energiewende<br />

weiter in die Städte getragen.<br />

„Die Zukunft heißt“, so der BEE-Präsident, „Deutschland<br />

setzt auf Erneuerbare Energien und Dezentralität.<br />

Wir fahren elektrisch oder mit effizienten Biokraftstoffen.<br />

Unsere Häuser werden mit erneuerbarem Strom<br />

versorgt und mit regenerativen Energieträgern erwärmt.<br />

Die Wirtschaft, die in der Zukunft global mitmischen<br />

will, setzt auf Energieeffizienz, Energiespeicher, auf<br />

Erneuerbare Energien und digitale, übergreifende Verknüpfung.“<br />

Zypries zählte Erreichtes auf<br />

Politische Gastrednerin in diesem Jahr war Brigitte Zypries,<br />

die neue Bundesministerin für Wirtschaft und<br />

Energie. Sie hat damit im Grunde die Zusage von ihrem<br />

Vorgänge Sigmar Gabriel eingelöst, der einige Tage zuvor<br />

zum neuen Bundesaußenminister ernannt worden war.<br />

Aufgrund ihrer jungen Amtszeit stellte sie das „quasi“<br />

Erreichte ihres Vorgängers sowie der Bundesregierung<br />

in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, die schon ein<br />

Stück weit auch nach Wahlkampf klangen.<br />

So lobte sie den beschlossenen Klimaplan 2050, „der<br />

nun erstmals Klimaziele für die einzelnen Sektoren<br />

festlegt“. Diese Ziele gelte es nun mit Leben auszufüllen.<br />

Die Bundesregierung habe einen neuen Kompass<br />

geschaffen für die Energiepolitik. Dieser zeige<br />

an: 1. Efficiency first in allen Sektoren. 2. Die direkte<br />

Nutzung von Erneuerbaren stärken – nicht nur im<br />

Stromsektor. 3. Erneuerbaren Strom im Wärme-, Verkehrs-<br />

und Industriesektor einsetzen – soll heißen: die<br />

Sektorenkopplung zu vertiefen.<br />

Bei all dem müsse die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />

Wirtschaft erhalten bleiben. Nur dann könne die<br />

Energiewende ein echtes Modernisierungs- und Investitionsprogramm<br />

sein, weil sie dann auch gesellschaftlich<br />

akzeptiert sei. „Die Bundesregierung hat mit zwei<br />

Reformen des EEG die Erneuerbaren Energien näher<br />

an den Markt herangeführt. Mit dem Gesetz zur Reform<br />

des Strommarktes ist dieser fit gemacht worden<br />

für die Aufnahme wachsender Anteile Erneuerbarer“,<br />

erklärte die Ministerin. EEG und Strommarkt seien<br />

aufeinander abgestimmt<br />

und zukunftsfest. Ein<br />

Kernproblem seien noch<br />

die Netzengpässe für den<br />

Stromtransport von Nord<br />

nach Süd.<br />

Netzausbau fehlt<br />

Tempo<br />

Mit der fluktuierenden<br />

Stromerzeugung aus Erneuerbaren<br />

Energien auf<br />

der einen Seite und dem<br />

Lastmanagement auf der<br />

Nachfrageseite sei die<br />

Steuerung des Gesamtsystems<br />

nach wie vor eine<br />

Herausforderung. „Die<br />

richtige Antwort darauf<br />

ist: Smart Grid, Smart<br />

Home, Smart Meter – also<br />

die Digitalisierung der Energiewende“, sagte Zypries.<br />

Mit Sorge sieht die Politikerin, dass der Netzausbau<br />

nicht mit der nötigen Geschwindigkeit zum Ausbau der<br />

Erneuerbaren Energien im Stromsektor vorankommt.<br />

Beides müsse besser synchronisiert<br />

werden.<br />

Es mache keinen Sinn,<br />

Strom zu produzieren, der<br />

nicht zum Verbraucher<br />

transportiert werden könne.<br />

Das führe zur Unterminierung<br />

der Glaubwürdigkeit<br />

der Energiewende.<br />

Der Netzausbau müsse<br />

beschleunigt werden. Im<br />

Fotos: Silke Reents<br />

BEE-Präsident Dr.-Ing. Fritz Brickwedde:<br />

„Wir erwarten von der<br />

Politik, ihre ratifizierten<br />

Ziele auch umzusetzen“<br />

Brigitte Zypries:<br />

„Wir wollen, dass die<br />

Mieter am Ausbau der<br />

Erneuerbaren Energien<br />

beteiligt werden“<br />

ersten Schritt müsse mit<br />

den neuen verfügbaren<br />

Technologien mehr Strom<br />

in bestehenden Netzen<br />

transportiert werden.<br />

Zweitens brauche es einen<br />

Schub bei der Genehmigung<br />

von Netzvorhaben.<br />

„Bis 2025 müssen<br />

die großen Gleichstromleitungen<br />

von Nord nach Süd gebaut sein. Bis dahin<br />

entscheidet der Ausbau des sogenannten Start-Netzes,<br />

wie viel Strom wir transportieren können. Für den Ausbau<br />

sind jedoch die Länder zuständig“, hob Zypries<br />

hervor. Zum Mieterstrom sagte die Bundesministerin,<br />

dass sich gerade an dem Tag des Neujahrsempfangs<br />

die Regierungskoalition auf Eckpunkte zu einem Gesetz<br />

verständigt habe. Das entsprechende Gesetz solle<br />

noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet<br />

werden. Zudem stellte sie in Aussicht, dass die<br />

Förderung von Öl- und Gasheizungen eingestellt wird.<br />

15


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Horst Seide, Präsident<br />

des Fachverbandes<br />

Biogas e.V., links im<br />

Bild, bedankt sich<br />

bei Fritz Brickwedde<br />

für den überreichten<br />

Rosenstrauß, mit dem<br />

Brickwedde ihm zum<br />

25-jährigen Bestehen<br />

des Fachverbandes<br />

gratuliert hatte.<br />

„EEG-Umlage ist vertretbarer Preis“<br />

Weiterer Gastredner des Abends war Prof. Dr. Michael<br />

Heise, Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe. Sein Unternehmen<br />

sei der Meinung, dass Deutschland Vorreiter<br />

beim Klimaschutz sein sollte. Er hält die Höhe der<br />

EEG-Umlage für „einen absolut vertretbaren Preis für<br />

die Fortentwicklung der Erneuerbaren Energien und für<br />

den Umweltschutz“. Dennoch seien Wege, die die Umlage<br />

sinken lassen würden, von Bedeutung. Ein wichtiges<br />

Handlungsfeld sieht Heise genauso wie schon seine<br />

Vorredner in der CO 2<br />

-Bepreisung. Mit dem Handelssystem<br />

sei man eigentlich einen guten Schritt gegangen,<br />

„aber es erfüllt zurzeit nicht seine Funktion. Es ist mehr<br />

oder weniger wirkungslos.“<br />

Leider hätte sich seit 2009 ein großer Zertifikateüberschuss<br />

im ETS-Handelssystem aufgebaut. Die Politik<br />

solle versuchen, das Handelssystem wiederzubeleben<br />

und zu neuer Wirkung zu bringen. Heise ist davon<br />

überzeugt, dass der technologische Fortschritt helfen<br />

werde, die gesteckten ehrgeizigen Ziele zu erreichen.<br />

Der Klimaschutz sei für das Unternehmen Allianz von<br />

essenzieller Bedeutung. „Wir können die Schäden des<br />

Klimawandels in den eigenen Bilanzen ablesen“, betonte<br />

der Volkswirt. Allein in den letzten beiden Jahren<br />

seien jeweils global über 100 Milliarden US-Dollar an<br />

klimawandelbedingten Schäden entstanden.<br />

Die Energiewende dürfe nicht zur Produktionsabwanderung<br />

aus Deutschland führen. Heise warb: „Wir müssen<br />

zeigen, wie Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg<br />

miteinander verbunden werden können. Dann verbessern<br />

sich unsere Chancen, dass wir uns in der globalen<br />

Arena durchsetzen können.“<br />

CO 2<br />

-Bepreisung richtige Logik<br />

Die abschließende Podiumsdiskussion war sehr lebhaft,<br />

nicht zuletzt aufgrund der Diskussionsbeiträge<br />

von Schleswig-Holsteins grünem Energieminister Robert<br />

Habeck. Neben ihm saßen MdB Caren Lay, Die<br />

Linke, MdB Thomas Bareiß, CDU, Prof. Dr. Hubert Weiger,<br />

BUND, und Stefan Körzell, DGB, in der Runde.<br />

Habeck: „Eine systematische CO 2<br />

-Bepreisung mit Mindestpreisen<br />

und im Gegenzug der Ausbau der Erneuerbaren,<br />

die den Strom günstiger machen – das ist die<br />

richtige Logik, damit die Sektorenkopplung gelingen<br />

kann.“ Auch Habeck ist für die Abschaffung der Stromsteuer.<br />

Wenn der europäische Emissionshandel nicht<br />

anziehe, dann brauche es eine nationale Umsetzung<br />

und einen Mindestpreis. „Das muss gemacht werden,<br />

aber nur um den Sektorenübergang gerechter zu regeln.<br />

Die Umstiegsszenarien können nur über klar definierte<br />

Ausstiegsziele gehen. Der CO 2<br />

-Preis müsste ja bei 45<br />

Euro pro Tonne liegen, damit eine Lenkungswirkung<br />

zum Ausstieg greift. Wir müssen für alle fossilen Energien<br />

und den gesamten Industriepark sagen, ab welchem<br />

Zeitpunkt X mit den CO 2<br />

-Emissionen Schluss ist.<br />

Die Leute, die sich heute eine Ölheizung anschaffen –<br />

womöglich staatlich gefördert –, die werden verarscht.<br />

Den Menschen müsste eigentlich gesagt werden, dass<br />

die fossilen Energien in 20 Jahren unbezahlbar sind“,<br />

betonte der Energieminister.<br />

Thomas Bareiß hält die CO 2<br />

-Bepreisung auch für richtig,<br />

widersprach aber der Meinung, dass der Emissionshandel<br />

nicht funktioniere. Das System solle nicht<br />

kaputt geredet werden. Caren Lay würde auch unterstützen,<br />

dass das, was der europäische Emissionshandel<br />

nicht schafft, national ausgeglichen wird. Sie ist<br />

auch für die Abschaffung der Stromsteuer, fordert aber<br />

stattdessen Investitionen in einen Energiewendefonds,<br />

damit die Wende sozial abgefedert werden kann. Außerdem<br />

fordert sie, „diese sinnlosen und überbordenden<br />

Industrierabatte zu reduzieren“.<br />

Hubert Weiger ist davon überzeugt, dass sich mit guter<br />

fachlicher Raumordnungsplanung lokale Energiewendeprojekte<br />

planen und steuern lassen. Der Bevölkerung<br />

müsse viel deutlicher vermittelt werden als bisher, dass<br />

die Energiewende mit dem Ausbau der Erneuerbaren<br />

die Landschaft und das Landschaftsbild verändern<br />

werden. „Nach allen unseren Erfahrungen wissen wir,<br />

dass die Menschen viel mehr bereit sind, aktiver mitzumachen,<br />

wenn die Energiewende in einen größeren<br />

Gesamtzusammenhang gestellt wird. Nämlich als tatsächlich<br />

unverzichtbar, um eine wesentlich größere Gefahr<br />

– den laufenden Klimawandel – in seiner Wirkung<br />

zu verringern“, erklärte Weiger.<br />

Stefan Körzell ist genauso wie Caren Lay für einen<br />

Energiewendefonds. Er sagt: „Die Kosten müssen sozialverträglich<br />

verlagert werden.“ Er führte zudem aus:<br />

„Nur gute Arbeit kann die Energiewende voranbringen.<br />

Green Jobs sind nicht gleich Good Jobs.“ Die Menschen<br />

seien darauf angewiesen, gutes Geld zu verdienen, genauso<br />

wie die Unternehmen darauf angewiesen seien,<br />

eine gute Vergütung zu bekommen.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Tel. 0 54 09/90 69 426<br />

E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />

16


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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17


Aktuelles<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Save the date<br />

12. – 14. Dezember <strong>2017</strong>, Nürnberg<br />

Gewohnter Ort, neuer Termin: Vom 12. bis 14. Dezember <strong>2017</strong> findet in der<br />

Nürnberg Messe die 27. Jahrestagung und Fachmesse des Fachverbandes Biogas,<br />

die BIOGAS Convention & Trade Fair statt.<br />

Das neue Konzept vom F,achverband Biogas e.V. und<br />

der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG)<br />

geht in die nächste Runde: Im gewohnten Umfeld des<br />

Nürnberger Messegeländes (NCC-Mitte) wird wieder die<br />

weltweit größte Veranstaltung ausschließlich für Biogas<br />

stattfinden. Thematische Schwerpunkte beim „Familientreffen“<br />

der Biogasakteure vom 12. bis 14. Dezember<br />

werden die Auswirkungen der Bundestagswahl<br />

auf die Zukunft der Branche, aktuelle Fragestellungen<br />

zur Flexibilisierung von Anlagen sowie die Ergebnisse<br />

und Folgen aus den ersten Ausschreibungsrunden<br />

sein. Weitere Herausforderungen, denen sich Betreiber<br />

werden stellen müssen, werden den Teilnehmern vorgestellt<br />

und intensiv diskutiert. Kerninhalte sind: EEG<br />

<strong>2017</strong>, DüV, AwSV, TA Luft, Sicherheit, Abfallvergärung,<br />

Gärproduktaufbereitung oder Genehmigung.<br />

Neben Leitvorträgen werden Workshops für Mitglieder<br />

und internationale Gäste angeboten. Im Rahmen der<br />

BIOGAS Convention findet ferner die Mitgliederversammlung<br />

<strong>2017</strong> statt, und am 13. Dezember können<br />

sich Aussteller, Teilnehmer und Referenten in entspannter<br />

Atmosphäre auf der Abendveranstaltung im<br />

persönlichen Gespräch austauschen. Am 15. Dezember<br />

besteht zum Abschluss die Gelegenheit, Biogasanlagen<br />

in der Region rund um Nürnberg zu besuchen.<br />

Die Anmeldephase für die Fachmesse „BIOGAS Trade<br />

Fair“ läuft bereits, unter www.biogas-convention.com/<br />

Ausstellerservice können Firmen direkt online ihre<br />

Standfläche buchen. Das Tagungsprogramm und der<br />

Ticketshop für Teilnehmer und Besucher der BIOGAS<br />

Convention & Trade Fair werden ab Mai/Juni <strong>2017</strong> veröffentlicht.<br />

18


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Aktuelles<br />

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19


Politik<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Die Kohle<br />

bestimmt<br />

weiterhin das<br />

Denken<br />

Foto: Petair_fotolia<br />

Saarpolygon: Ein<br />

Denkmal für die Kohle<br />

und den Bergbau. Es<br />

steht in 150 Metern Höhe<br />

auf der Halde Duhamel<br />

in Ensdorf. Es könnte<br />

auch als Symbol für die<br />

SPD-Politik im Saarland<br />

stehen, die immer<br />

kohlefreundlich war.<br />

„Deutlich länger als anderswo“ ist der Weg zur Energiewende im Saarland.<br />

Von Bernward Janzing<br />

Bei dieser Ausgangslage ist die Energiewende<br />

natürlich eine Herausforderung: Zu fast<br />

zwei Drittel basiert die Stromerzeugung des<br />

Saarlandes heute noch auf der Steinkohle.<br />

Auch wenn das Saarland selbst keine Kohle<br />

mehr fördert, so zeugt doch die Energieinfrastruktur<br />

weiterhin deutlich von einer Historie in diesem Sektor.<br />

Noch laufen in dem kleinen Land an gleich fünf Standorten<br />

Kohlekraftwerke.<br />

Entsprechend schwer tut sich die Politik, der fossilen<br />

Energie den Rücken zu kehren. Erneuerbare Energien<br />

spielen daher im Land nur eine untergeordnete Rolle,<br />

sie decken den landesweiten Strombedarf zu bescheidenen<br />

15 Prozent. Und auch die Ziele sind wenig<br />

ambitioniert: Bis zum Jahr 2020 sollen die Erneuerbaren<br />

Energien 20 Prozent des Stromverbrauchs decken<br />

– während man deutschlandweit dann schon beim<br />

doppelten Wert angelangt sein wird. Entsprechend<br />

schreibt auch die Agentur für Erneuerbare Energien<br />

in ihrem jüngsten Statusreport über den kleinsten der<br />

deutschen Flächenstaaten: „Auch wenn es hier in den<br />

letzten Jahren zu einem Wachstum kam, ist der Weg zur<br />

vollständigen Energiewende im Saarland noch deutlich<br />

länger als anderswo.“<br />

SPD ist Kohlepartei<br />

Auch nach der Landtagswahl am 26. März sind energiepolitisch<br />

kaum Überraschungen zu erwarten. Auch<br />

wenn sich eine Mehrheit ohne die CDU ergäbe – rein<br />

rechnerisch könnte das mit SPD, Grünen und Linkspartei<br />

unter Umständen gelingen –, wäre ein deutlicher<br />

Schwenk gegenüber der Energiepolitik der amtierenden<br />

Großen Koalition wenig wahrscheinlich. SPD-Landeschef<br />

Heiko Maas betont gerne, dass aus Sicht der<br />

SPD „fossil befeuerte Kraftwerke für das Industrieland<br />

Saarland eine besondere Bedeutung besitzen“. Und<br />

deswegen werde die SPD diese „auch in Zukunft aktiv<br />

unterstützen“.<br />

Umweltverbände kritisieren diese Kohlepolitik der<br />

Landesregierung immer wieder. „Der vorläufige Weiterbetrieb<br />

der Kohlekraftwerke Quierschied (Weiher)<br />

und Bexbach wird als Erfolg gefeiert“, monierte jüngst<br />

Christoph Hassel, Landesvorsitzender des BUND Saarland.<br />

Speziell das Kraftwerk Bexbach belaste mit einem<br />

jährlichen Ausstoß von über 70 Kilogramm Quecksilber<br />

die Umwelt erheblich.<br />

Die Betreiberfirma Steag hatte im vergangenen Jahr die<br />

Stilllegung der beiden Kraftwerke mit zusammen rund<br />

1.500 Megawatt Leistung beantragt, doch dann entschied<br />

der Netzbetreiber Amprion, dass sie systemrelevant<br />

seien. Bei einer Stilllegung sei eine „nicht unerhebliche<br />

Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder<br />

Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu<br />

erwarten“. Nun müssen die beiden Blöcke zunächst bis<br />

Ende November 2019 in Betriebsbereitschaft gehalten<br />

werden.<br />

Wirtschafts- und Energieministerin Anke Rehlinger<br />

(SPD) begrüßte die Entscheidung des Übertragungs-<br />

20


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Politik<br />

netzbetreibers und nannte die Kraftwerke<br />

eine „notwendige Brücke in das Zeitalter<br />

der Erneuerbaren Energien“. Außerdem<br />

sei dieser Beschluss „für den regionalen<br />

Energie- und Industriestandort, die Steag<br />

und deren saarländische Beschäftigte eine<br />

gute Botschaft“.<br />

Regierung torpediert EU-<br />

Emissionshandel zugunsten der<br />

Stahlindustrie<br />

Aber nicht nur für die Kohlekraftwerke<br />

setze sich die Landesregierung ein, klagt<br />

der BUND, auch die Stahlindustrie werde<br />

von der Politik zu sehr geschont: „Die<br />

Landesregierung torpediert die geplante<br />

Reform des EU-Emissionshandels aus<br />

Rücksicht auf die Stahlindustrie im Land<br />

in einer Art und Weise, die nur sehr schwer<br />

zu ertragen ist.“<br />

Mit den Erneuerbaren Energien geht es<br />

im Saarland unterdessen nur langsam<br />

voran; bei der Bioenergie stagniert der<br />

Markt ohnehin, sie trägt keine 2 Prozent<br />

zum Strommix bei. Zu den bedeutendsten<br />

Projekten des Landes in diesem Sektor gehört<br />

immerhin die Nahwärmeversorgung<br />

Fürth/Dörrenbach. Sie ist – auch wenn<br />

sie im Vergleich zu ähnlichen Projekten in<br />

anderen Ländern spät kommt – das erste<br />

Bioenergiedorf im Saarland. Umgesetzt<br />

wurde das Projekt durch eine Bürgerenergiegenossenschaft<br />

(BEG). Nach deren Angaben<br />

sind inzwischen 203 Wärmekunden<br />

am Netz.<br />

Auch für die Solarenergie im Land wurden<br />

die Ausbauerwartungen in jüngster Zeit<br />

nach unten korrigiert. Im Jahr 2015 lag die<br />

Gesamtleistung der installierten Photovoltaik<br />

bei 402 Megawatt, der Zubau erreichte<br />

in jenem Jahr lediglich 9,7 Megawatt.<br />

Gerade 0,6 Prozent der bundesweiten Ausbaumenge<br />

entfielen im ganzen Jahr auf das<br />

Saarland. Damit sei das Land „sowohl im<br />

Verhältnis zur Bevölkerungszahl (1,2 Prozent)<br />

als auch zur Fläche (0,7 Prozent) nur<br />

unterdurchschnittlich vertreten“, musste<br />

der Saarländische Energiebeirat, ein Gremium<br />

aus Vertretern der Landesregierung<br />

und der Energiewirtschaft, von Verbänden,<br />

Kammern, Gewerkschaften und Wissenschaft,<br />

in seinem jüngsten Bericht bilanzieren.<br />

Der bisher prognostizierte Ausbaukorridor<br />

für Photovoltaik wurde von einst<br />

10 bis 25 Megawatt jährlich inzwischen<br />

auf 10 bis 15 Megawatt zurückgenommen.<br />

Die Windenergie nähert sich immerhin<br />

einem Wert von 5 Prozent des Stromverbrauchs<br />

im Saarland. Die installierte Windenergieleistung<br />

stieg bis zum Sommer<br />

2016 auf 283 Megawatt, bei einer Anzahl<br />

von 141 Windkraftanlagen. Bis Ende des<br />

Jahres 2020 sei eine Gesamtleistung zwischen<br />

420 und 530 MW möglich, schätzt<br />

der Energiebeirat.<br />

Es braucht Windräder im Wald<br />

Mit den nunmehr prognostizierten Ausbaupfaden<br />

der Einzeltechnologien wird bis<br />

2020 eine jährliche Erzeugung zwischen<br />

1,34 und 1,61 Milliarden Kilowattstunden<br />

Regenerativstrom erwartet. Damit wäre<br />

das Ziel, ein Fünftel des Strombedarfs aus<br />

Erneuerbaren Energien zu decken, gerade<br />

noch erreichbar. Voraussetzung dafür<br />

aber ist der Zubau von Windrädern auch<br />

im Wald.<br />

Der BUND fordert nun von der künftigen<br />

Landesregierung eine Vorrangpolitik für die<br />

Erneuerbaren Energien und Antworten auf<br />

die Frage, wie es weitergeht nach Erreichen<br />

des 20-Prozent-Ziels. Denn längerfristige<br />

Perspektiven hat die Politik noch nicht<br />

eröffnet. Der Umweltverband verlangt außerdem<br />

eine „Stärkung der Kommunen als<br />

Motor der Energiewende von unten“, einen<br />

sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung<br />

und den Erlass eines Klimaschutzgesetzes<br />

sowie die Einrichtung einer<br />

saarländischen Energieagentur „als Motor<br />

der Energiewende“ im Land.<br />

Auch eine verstärkte energetische Nutzung<br />

der Biomasse im Saarland steht auf<br />

der Wunschliste des BUND. Er regt eine<br />

Initiative zur energetischen Nutzung des<br />

kommunalen Grünguts an, ebenso eine<br />

Unterstützung eines Projektes des Instituts<br />

für Zukunftsenergiesysteme (IZES)<br />

zur Holzkaskadennutzung. Und weil zum<br />

Thema Energiewende nicht nur die Erneuerbaren<br />

zählen, sondern auch eine Verbesserung<br />

der Effizienz, sollte das Land nach<br />

den Wünschen des BUND die kleinen und<br />

mittelgroßen Unternehmen in diesem Bereich<br />

künftig stärker fördern.<br />

Autor<br />

Bernward Janzing<br />

Freier Journalist<br />

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Politik<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

2016: Abermals Rekordwert<br />

beim Stromexport<br />

Im vierten Quartal stützte Deutschland sogar das französische<br />

Stromnetz nach Ausfall von zahlreichen Atomreaktoren.<br />

Von Bernward Janzing<br />

dass auch nur ein einziger Meiler aus politischen<br />

Gründen abgeschaltet worden wäre.<br />

Der Strommangel Frankreichs zeigt sich<br />

auch an den Börsenpreisen: Während am<br />

deutschen Spotmarkt im November Strom<br />

im Mittel für 38 Euro je Megawattstunde<br />

zu bekommen war, kostete dieser in Frankreich<br />

im gleichen Zeitraum durchschnittlich<br />

65 Euro. Im Dezember war der Preisvorteil<br />

auf deutscher Seite ähnlich mit 37<br />

Euro gegenüber 59 Euro.<br />

Deutschland hat im Jahr 2016<br />

abermals einen neuen Rekordüberschuss<br />

beim Stromexport<br />

erzielt. Nach vorläufigen Zahlen<br />

der Arbeitsgemeinschaft<br />

Energiebilanzen flossen im vergangenen<br />

Jahr rund 82 Milliarden Kilowattstunden<br />

ins Ausland, während im gleichen Zeitraum<br />

nur 26,6 Milliarden importiert wurden. Damit<br />

bleibt ein Saldo von gut 55 Milliarden<br />

Kilowattstunden. Im Jahr zuvor hatte der<br />

Wert noch bei 51,8 Milliarden gelegen, und<br />

schon das war ein historischer Spitzenwert<br />

gewesen. Der Exportüberschuss entspricht<br />

etwa der Erzeugung von fünf Atomkraftwerken<br />

oder gut 9 Prozent des deutschen<br />

Inlandsverbrauchs. Der Exportüberschuss<br />

steigt seit Jahren; bis um die Jahrtausendwende<br />

waren Importe und Exporte weitgehend<br />

ausgeglichen.<br />

Die größten Mengen gingen im vergangenen<br />

Jahr – in dieser Reihenfolge – in die<br />

Niederlande, die Schweiz, nach Österreich<br />

und Polen. Selbst Tschechien bezog 2016<br />

per Saldo Strom aus Deutschland, wie sich<br />

aus Analysen des Fraunhofer ISE in Freiburg<br />

ergibt. Der Exportüberschuss in die<br />

Schweiz erreichte mit rund 14,6 Milliarden<br />

Kilowattstunden 2016 gar einen Rekordwert,<br />

nachdem die Eidgenossen vor allem<br />

am Standort Beznau große Sicherheitsprobleme<br />

mit ihren alten Atomreaktorblöcken<br />

haben. Die Atomstromerzeugung in der<br />

Schweiz ist daher 2016 nach ersten Abschätzungen<br />

auf das niedrigste Niveau seit<br />

25 Jahren gefallen.<br />

Ende 2016 benötigte Frankreich<br />

viel Strom aus Deutschland<br />

Zuletzt stützte Deutschland sogar das französische<br />

Stromnetz: Im vierten Quartal<br />

floss jeden Monat mehr Strom zum westlichen<br />

Nachbarn als in umgekehrte Richtung.<br />

Ursache waren Stillstände der dortigen<br />

Atomreaktoren. Zeitweise waren 20 der<br />

58 Atomkraftwerke außer Betrieb, einige<br />

wegen Routinekontrollen, andere wegen<br />

Sicherheitsproblemen, nachdem der französische<br />

Kraftwerkspark langsam alt und<br />

anfälliger wird.<br />

Die Ausfälle waren entsprechend drastisch:<br />

Im November erzeugten die französischen<br />

AKW 13 Prozent weniger Strom als im gleichen<br />

Monat des Vorjahres, im Dezember<br />

noch 9 Prozent. Im Gesamtjahr lag die Mindererzeugung<br />

bei rund 33 Milliarden Kilowattstunden,<br />

ein Minus von fast 8 Prozent.<br />

Damit erzeugte Frankreich im Jahr 2016<br />

die geringste Menge an Atomstrom seit<br />

Ende der Neunzigerjahre – und dies ohne<br />

Foto: blende11.photo_fotolia<br />

200 Euro pro MWh in Frankreich<br />

Im Januar erreichten die Spotmarktpreise<br />

in Frankreich stundenweise gar Werte über<br />

200 Euro je Megawattstunde, das sind 20<br />

Cent je Kilowattstunde. In den Zeitungen<br />

war gleichzeitig zu lesen: „In Frankreich<br />

wird der Strom knapp“. Der Netzbetreiber<br />

RTE entwickelte zudem einen Notfallplan:<br />

Mit zwei Dutzend energieintensiven Industriebetrieben<br />

schlossen die Behörden<br />

ein Abkommen, wonach diese bei einem<br />

drohenden Blackout binnen Sekunden den<br />

Verbrauch herunterfahren. Auf Plakaten<br />

warb das Atomland zugleich für das Stromsparen<br />

– während Deutschland selbst in<br />

den kalten Januartagen keine Versorgungsengpässe<br />

zu verzeichnen hatte.<br />

So war Deutschland auch im Januar wieder<br />

in großem Stil Stromexporteur. Die mitunter<br />

geäußerte Kritik, Deutschland würde<br />

seinen Strom zu Billigpreisen ans Ausland<br />

verscherbeln, lässt sich übrigens nicht<br />

erhärten, wie Analysen des ISE auf Basis<br />

von Daten des Statistischen Bundesamtes<br />

zeigen: Seit Jahren liegen die Preise des<br />

importierten und des exportierten Stroms<br />

etwa auf gleichem Niveau. Erstmals 2016<br />

war der Preis des ausgeführten Stroms mit<br />

35 Euro je Megawattstunde etwas niedriger<br />

als der Preis des eingeführten Stroms mit<br />

37 Euro. In der Summe hat Deutschland<br />

mit seinem Stromexport im vergangenen<br />

Jahr aufgrund der hohen Überschussmengen<br />

rund 1,4 Milliarden Euro mehr an Einnahmen<br />

erzielt, als für die Importe bezahlt<br />

werden musste.<br />

Autor<br />

Bernward Janzing<br />

Freier Journalist<br />

Wilhelmstr. 24a<br />

79098 Freiburg<br />

Tel. 07 61/202 23 53<br />

E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />

22


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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Politik<br />

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Politik<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Pläne für die künftige<br />

EU-Energiepolitik ab 2020<br />

Die Europäische Kommission hat ihre Pläne für die<br />

künftige Energiepolitik offenbart: Für die Erneuerbaren<br />

Energien ist die Vorlage nicht ambitioniert ausgefallen,<br />

die Chance wurde verpasst, den Ausbau begründet durch<br />

das Pariser Abkommen zu beschleunigen, um das<br />

1,5-Grad-Ziel zu halten. So, wie die politische Lage in<br />

Europa derzeit aussieht, ist es aber bemerkenswert, dass<br />

überhaupt eine zweite Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />

vorliegt.<br />

Von Julia Münch<br />

Am 30. November 2016 hat die Generaldirektion<br />

Energie der EU-Kommission ihr sogenanntes<br />

„Winter-Paket“ vorgestellt, das<br />

Entwürfe für Richtlinien und Verordnungen<br />

im Bereich Energie enthält. Im Einzelnen<br />

sind dies über 1.000 Seiten, die unter anderem eine<br />

Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, eine<br />

neue Energieeffizienzrichtlinie, eine Richtlinie zur integrierten<br />

EU-Governance und sowohl eine Richtlinie zu<br />

gemeinsamen Regeln im europäischen Strommarkt als<br />

auch eine Verordnung zum europäischen Strommarkt<br />

enthalten, um nur einige der wichtigsten Regelungen<br />

zu nennen. In diesem Artikel wird eine erste allgemeine<br />

Einschätzung zum Winterpaket und den Auswirkungen<br />

auf die Energiewende gegeben.<br />

Positiv ist, dass es überhaupt ein Ziel für den Anteil<br />

Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch<br />

geben wird. Das politische Klima für Erneuerbare Energien<br />

hat sich innerhalb vieler europäischer Länder so<br />

weit verschlechtert, dass allein die Veröffentlichung<br />

eines Entwurfs einer Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />

(RED II) von 2020 bis 2030 schon als Erfolg gelten<br />

muss. Allerdings sind die Ziele mitnichten ehrgeizig:<br />

27 Prozent soll der Anteil der Erneuerbaren Energien<br />

am Gesamtenergieverbrauch in 2030 betragen, das<br />

Energieeffizienzziel wird voraussichtlich auf 30 Prozent<br />

gesetzt.<br />

Für beide Ziele standen Forderungen von 40 Prozent<br />

im Raum, die aber politisch nicht durchsetzbar waren.<br />

Zudem gibt es keine verbindlichen nationalen Ziele<br />

mehr, was den Druck auf einzelne Mitgliedstaaten stark<br />

verringert. Die genannten Ziele werden voraussichtlich<br />

nach Hochrechnungen ohne besondere Anstrengung<br />

ohnehin erreicht werden. So werden sie den Erfordernissen<br />

des Pariser Abkommens nicht gerecht, da sie die<br />

erforderliche Dekarbonisierung nicht in dem nötigen<br />

Maße beschleunigen werden.<br />

Kein fossiles und nukleares<br />

Ausstiegsszenario formuliert<br />

Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius<br />

ist so kaum zu schaffen. Für den Verkehrsbereich<br />

wird es kein gesondertes Unterziel mehr geben. Nicht<br />

zu finden ist in dem Gesetzespaket und sonstigen Erwägungen<br />

der EU-Kommission eine Abkehr von fossilen<br />

und nuklearen Energieträgern oder auch nur ein<br />

Plan zum Ausstieg aus diesen oder zur Abschaffung<br />

von Subventionen in diesem Bereich.<br />

Darüber hinaus scheint es, dass die Erneuerbare-<br />

Energien-Richtlinie schrittweise ausgehöhlt wird: Es<br />

werden Kernthemen in andere Gesetze oder andere Generaldirektionen<br />

verlagert. So werden der vorrangige<br />

Netzzugang/die vorrangige Einspeisung sowie die Regeln<br />

zu Kapazitätsmärkten künftig in der Strommarkt-<br />

Verordnung geregelt. Fördersysteme für Erneuerbare<br />

Energien sollen nur erlaubt sein, wenn sie mit den<br />

„Beihilfeleitlinien für Energie und Umwelt“ vereinbar<br />

sind, die 2014 von der Generaldirektion Wettbewerb<br />

verabschiedet worden sind.<br />

Diese Forderung ist umso erstaunlicher, als damit die<br />

Hoheit über die Ausgestaltung der Fördersysteme an<br />

die Generaldirektion Wettbewerb abgegeben wird, die<br />

in bloßen Leitlinien bestimmen kann, wie die Förderung<br />

für Erneuerbare Energien auszusehen hat, anstatt<br />

dass dies in einem ordentlichen Gesetz von der Generaldirektion<br />

Energie festgelegt wird.<br />

Biogas soll unter „Biomassebrennstoff“<br />

gefasst werden<br />

Neu im Entwurf der „Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />

II“ (RED II) ist, dass Biogas nicht mehr zu den Biokraftstoffen<br />

gehören wird, sondern zu sogenannten „Biomassebrennstoffen“<br />

(„biomass fuels“), die gasförmige<br />

und feste Brenn- und Kraftstoffe aus Biomasse umfassen.<br />

Auf das 27-Prozent-Ziel können Strom, Wärme,<br />

Kälte und Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien angerechnet<br />

werden. Die Kommission will allerdings die<br />

Verwendung von Nahrungsmittel- und Futterpflanzen<br />

stark begrenzen, am liebsten ganz abschaffen, um keine<br />

sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen<br />

zu induzieren.<br />

Kraftstoffe aus Futter- und Nahrungsmittelpflanzen<br />

sollen daher ab 2021 nur noch mit bis zu 7 Prozent<br />

auf das Gesamtziel angerechnet werden können, dieser<br />

Wert soll bis 2030 kontinuierlich auf 3,8 Prozent<br />

sinken. Um überhaupt auf das 27-Prozent-Ziel angerechnet<br />

werden zu können, sind allerdings Nachhaltigkeitskriterien<br />

einzuhalten, die ab 2021 für alle Biomassebrennstoffe,<br />

also auch in der Verwendung von<br />

Biogas für die Strom- und Wärmeproduktion, gelten<br />

sollen.<br />

24


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Politik<br />

Die Nachhaltigkeitskriterien müssen nur Neuanlagen erfüllen,<br />

der Bestand bleibt geschützt. Allerdings gilt: Wird<br />

die Kapazität einer Anlage erhöht, so gilt diese Leistung als<br />

neue Anlage und fällt unter die neuen Bestimmungen. Das<br />

System der Herkunftsnachweise (Guarantees of Origin)<br />

wird auf die gesamten Erneuerbaren Energien ausgeweitet.<br />

Keine verbindlichen Unterziele mehr für den<br />

Verkehrsbereich<br />

Es soll kein Unterziel mehr für den Verkehrssektor geben,<br />

aber ein Minimumziel für sogenannte treibhausgasarme<br />

Biokraftstoffe ab 2021: Der Anteil soll ab 2012 1,5 Prozent<br />

betragen und bis 2030 auf 6,8 Prozent ansteigen. In<br />

diese Quote fallen aber nicht nur Biokraftstoffe, sondern<br />

auch Elektromobilität und abfallbasierte fossile Kraftstoffe.<br />

Letztere sind Kraftstoffe, die aus nicht biologischen<br />

Abfallströmen produziert werden. Ein Anteil von mindestens<br />

0,5 Prozent (in 2021) bis 3,6 Prozent (in 2030) soll<br />

davon aus fortschrittlichen Biokraftstoffen oder aus Biogas<br />

stammen. Der Beitrag von Kraftstoffen aus Energiepflanzen<br />

darf aber maximal nur 1,7 Prozent betragen.<br />

Änderungen soll es auch beim Einspeisevorrang geben:<br />

Nach dem Entwurf der neuen Verordnung für einen europäischen<br />

Strommarkt soll die Einspeisung von Elektrizität<br />

nicht-diskriminierend und marktbasiert erfolgen. Der Einspeisevorrang<br />

gilt in Mitgliedstaaten der EU – in denen<br />

mehr als 15 Prozent der Erneuerbare-Energien-Anlagen<br />

bereits einen Einspeisevorrang genießen – nur noch für<br />

kleine Anlagen unter 250 kW installierter elektrischer<br />

Leistung oder bei Demonstrationsanlagen; ab 2026 halbiert<br />

sich diese Größe (Vorrang nur für Anlagen bis 125<br />

kW). Alte Anlagen, die vor Inkrafttreten der Richtlinie in<br />

Betrieb gehen, fallen nicht unter diese Regelung, der Bestandsschutz<br />

gilt. Allerdings: Wenn die Erzeugungskapazitäten<br />

erhöht werden oder ein neuer Netzanschlussvertrag<br />

ausgehandelt werden muss, gelten auch hier die neuen<br />

Regeln.<br />

Dies ist nur eine erste Einschätzung und kurze Zusammenfassung.<br />

Die Entwürfe werden jetzt in Ausschüssen<br />

verhandelt und dann im Europäischen Parlament und im<br />

Ministerrat abgestimmt. Die Gesetze werden wohl nicht<br />

vor 2018 verabschiedet werden. Jetzt gilt es, den Handlungsdruck<br />

zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass die Ziele<br />

ehrgeiziger und die Rahmenbedingungen für Erneuerbare<br />

Energien insgesamt günstiger werden.<br />

Autorin<br />

Julia Münch<br />

Fachreferentin<br />

Referat International<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenst. 12 · 85356 Freising<br />

Tel. 0 81 61/98 46 60<br />

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praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

26<br />

Foto: www.agrarfoto.at


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis / Titel<br />

Körnermaisstroh – ein Substrat,<br />

das Hoffnungen weckt<br />

Beim Anbau von Körnermais fällt Körnermaisstroh ohne Mehraufwand an. Da es sich um<br />

einen Reststoff handelt, gibt es zahlreiche gute Gründe für die Nutzung als Biogassubstrat.<br />

Aber wie wird Maisstroh geerntet und welche Erträge können dabei erzielt werden? Ist<br />

das Substrat eigentlich silierfähig? Werden bei der Vergärung sinnvolle Methanausbeuten<br />

erreicht und rechnet sich der Einsatz auch aus ökonomischer Sicht? Diese Fragen werden<br />

an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in einem mehrjährigen Forschungsprojekt<br />

beantwortet. Die bisher erzielten Ergebnisse wecken durchaus Hoffnung.<br />

Von M.Sc. Monika Fleschhut und Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />

Durch den Anbau von Körnermais fallen jedes<br />

Jahr in Deutschland rund 3,8 Millionen<br />

(Mio.) Tonnen (t) Trockenmasse (TM)<br />

Maisstroh an, die bislang nicht geerntet<br />

werden, sondern zur Humusreproduktion<br />

und Nährstoffrückführung auf dem Feld verbleiben.<br />

Zum Vergleich: Silomais wird in einer Größenordnung<br />

von 12 bis 14 Mio. t TM in deutschen Biogasanlagen<br />

eingesetzt. Maisstroh steht also grundsätzlich in relevanten<br />

Mengen zur Verfügung und bietet quantitativ<br />

ein echtes Substitutionspotenzial. Als Reststoff fällt<br />

das Substrat ohne jeglichen Flächenverbrauch an und<br />

verursacht folglich keine Nutzungskonkurrenzen. Weil<br />

bis zur Ernte kein Produktionsaufwand erforderlich ist<br />

und das Substrat auch nicht mit anderen Nutzungsrichtungen<br />

konkurriert, ist Körnermaisstroh per se sehr<br />

günstig.<br />

Während die Strohbergung oftmals mit ackerbaulichen<br />

Nachteilen verbunden wird, gibt es auch zahlreiche<br />

Vorteile: Gerade in Fruchtfolgen mit einem hohen Körnermaisanteil<br />

können durch die Abfuhr von Maisstroh<br />

das Strohmanagement und die Bodenbearbeitung für<br />

die Folgefrucht erleichtert und kann somit das Infektionsrisiko,<br />

zum Beispiel mit Fusarien oder Maiszünsler,<br />

vermindert werden. Werden nach der Vergärung in der<br />

Biogasanlage die Biogasgärreste wieder ausgebracht,<br />

kann von einem weitgehend geschlossenen Kreislauf<br />

ausgegangen werden.<br />

Da Maisstroh außerdem nicht unter den „Mais- und<br />

Getreidekorndeckel“ (§ 39h EEG <strong>2017</strong>) fällt, der die<br />

Nutzung von Mais (als Ganzpflanze, Maiskorn-Spindel-<br />

Gemisch, Körnermais und Lieschkolbenschrot) und<br />

Getreidekörnern künftig auf 50 Masseprozent – in den<br />

Folgejahren sogar auf 44 Masseprozent – begrenzt,<br />

sind vorerst keine gesetzlichen Restriktionen für den<br />

Einsatz von Maisstroh in der Biogasanlage zu erwarten.<br />

In Summe gibt es also eine Vielzahl guter Gründe,<br />

Maisstroh für die Biogasproduktion zu nutzen. Das<br />

macht aber nur dann Sinn, wenn eine entsprechende<br />

Sub strateignung gegeben ist. Wesentliche Kriterien<br />

hierfür sind möglichst hohe Erträge und Methanausbeuten,<br />

eine prinzipielle Siliereignung und unproblematische<br />

Vergärung und schlussendlich auch eine<br />

stimmige Ökonomie.<br />

Untersuchungen der LfL<br />

Um die Menge und Qualität des bei der Körnerernte<br />

anfallenden Maisstrohs bestimmen zu können, wurden<br />

von 2014 bis 2016 am Standort Freising „pflanzenbauliche<br />

Exaktversuche“ mit Körnermais durchgeführt und<br />

wurde die Ertragsstruktur von Korn und Restpflanze ( =<br />

Maisstroh) ermittelt. Dabei wurde auch der Einfluss von<br />

Sortenwahl (vier/fünf Sorten) und Erntezeitpunkt (drei<br />

Erntetermine im Zeitraum Anfang Oktober bis Anfang<br />

November) geprüft. Alle Varianten wurden in dreifacher<br />

Wiederholung in einer Blockanlange getestet. Die so<br />

ermittelten Maisstroherträge sind als „Maisstrohpotenzial“<br />

zu verstehen und der nach dem Drusch anfallenden<br />

und damit theoretisch erntbaren Maisstrohmenge<br />

gleichzusetzen.<br />

Welche Strohmengen davon tatsächlich geborgen werden<br />

können, wurde systematisch in praxisnah durchgeführten<br />

dreijährigen „Erntetechnikversuchen“ an der<br />

LfL-Versuchsstation Grub untersucht. Dazu wurden<br />

acht Ernteverfahren (vier Schwadtechniken in Kombination<br />

mit zwei Bergungsvarianten) in Großparzellen<br />

von mindestens 630 Quadratmetern Größe mit vierfacher<br />

Wiederholung getestet und analysiert.<br />

Als Schwadtechniken kamen der BioChipper (BioG<br />

GmbH), der Schwadhäcksler UP-6400 (Uidl Biogas<br />

GmbH/Agrinz Technologies GmbH), der Merge Maxx<br />

900/902 (Kuhn S.A.) und der Mais Star* Collect (Carl<br />

Geringhoff Vertriebsgesellschaft mbH & Co.KG) zum<br />

Einsatz. Bei den Schwadtechniken BioChipper und<br />

Schwadhäcksler UP-6400 handelt es sich um modifizierte<br />

Mulcher mit Schwadfunktion von 6 bzw. 6,4<br />

27


praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Fotos: Monika Fleschhut<br />

Der Merge Maxx von<br />

Kuhn nimmt das Maisstroh<br />

in einem separaten<br />

Arbeitsgang mit<br />

Pick-ups vom Boden<br />

auf. Querförderbänder<br />

legen es mittig hinter<br />

dem Schlepper ab.<br />

Das Stroh wird dabei<br />

nicht weiter zerkleinert.<br />

Gut zu sehen ist, dass<br />

zwischen den Reihen<br />

nur noch wenig Stroh<br />

liegen geblieben ist.<br />

Metern Arbeitsbreite. Damit werden nach dem Maisdrusch<br />

die Maisstoppeln gemulcht und wird zeitgleich<br />

das Maisstroh durch den Sog der Schlegelwelle aufgenommen,<br />

zerkleinert und seitlich im Schwad abgelegt.<br />

Beim 9 Meter breiten Merge Maxx wird das Maisstroh<br />

ebenfalls in einem separaten Arbeitsgang, jedoch ohne<br />

weitere Zerkleinerung über Pick-ups aufgenommen<br />

und auf ein Querförderband transportiert. Der Mais<br />

Star* Collect ist ein modifizierter Pflücker für Mähdrescher,<br />

bei dem unterhalb der Pflückeinheit eine Auffangwanne<br />

verbaut ist, wodurch die Schwadablage des<br />

Maisstrohs direkt beim Dreschen erfolgen kann.<br />

Für die nachfolgende Bergung des geschwadeten Maisstrohs<br />

wurden Feldhäcksler (mit Pick-up-Vorsatz) und<br />

Ladewagen im Vergleich getestet. Neben der Ermittlung<br />

des Maisstrohpotenzials wurden der „auf Schwad<br />

gelegte Strohertrag“ und der „abgefahrene Strohertrag“<br />

erfasst und TS- und Rohaschegehalte (als Maß<br />

für die Verschmutzung) bestimmt.<br />

Für verschiedene Proben sowohl aus dem pflanzenbaulichen<br />

Exaktversuch als auch aus dem praxisnahen Erntetechnikversuch<br />

wurden anhand von Silierversuchen<br />

im Labormaßstab und einem ersten Silierversuch im<br />

größeren Maßstab im Silotunnel die Siliereigenschaf-<br />

Der Pflückvorsatz Mais Star* Collect von der Firma Geringhoff ist ein Kolbenpflücker für Mähdrescher. Dieser Pflückvorsatz legt das Stroh<br />

mittig vor dem Mähdrescher ab. Das Schwad liegt dann zwischen den Rädern. Weiteres Material fällt nach dem Dreschvorgang hinten<br />

aus dem Mähdrescher raus auf das vorhandene Schwad. Die Maisstoppeln sind angerissen, was gut für die Maiszünslerbekämpfung ist.<br />

Zwischen den Reihen ist wenig Maisstroh zu finden.<br />

28


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis / Titel<br />

ten geprüft. Zur Beurteilung der Maisstrohqualität<br />

wurde die stoffliche Zusammensetzung nasschemisch<br />

mithilfe der Weender/Van Soest-Analyse untersucht<br />

und wurden die spezifischen Methanausbeuten im Labormaßstab<br />

mittels Batchversuchen nach VDI 4630<br />

(2006) ermittelt.<br />

Maisstrohpotenzial und Methanausbeuten<br />

In den bisherigen Versuchen hat sich gezeigt, dass das<br />

Maisstrohpotenzial im Mittel bei 11,0 t TM pro ha -1 lag,<br />

die Kornerträge betrugen durchschnittlich 12,1 t TM<br />

pro ha -1 . Daraus ergibt sich ein mittleres Korn-Stroh-<br />

Verhältnis von rund 1:0,9, das eine grobe Abschätzung<br />

des Strohanfalls anhand des Kornertrages erlaubt.<br />

Im labortechnischen Maßstab erweist sich Körnermaisstroh<br />

als sehr gut vergärbar und liefert vergleichsweise<br />

hohe Methanausbeuten. Im mehrjährigen Gesamtdurchschnitt<br />

(n=127) wurde für Maisstroh eine spezifische<br />

Methanausbeute von rund 320 Normliter je Kilogramm<br />

organischer TM [Nl (kg oTM) -1 ] ermittelt, wobei<br />

sich die Werte zwischen einem Minimum von 281 Nl<br />

CH 4<br />

(kg oTM) -1 und einem Maximum von 379 Nl CH 4<br />

(kg oTM) -1 bewegten.<br />

Damit erreicht Maisstroh etwa 80 bis 95 Prozent der<br />

Methanausbeute von Silomais [Silomais erreicht im<br />

Labormaßstab unter den gleichen Bedingungen rund<br />

360 Nl CH 4<br />

(kg oTM) -1 ]. Im Vergleich mit zahlreichen<br />

alternativen Substraten (wie zum Beispiel Buchweizen,<br />

Biogas-Blühmischungen, Durchwachsene Silphie, Igniscum)<br />

ist das Methanertragspotenzial folglich als<br />

überdurchschnittlich hoch zu bewerten und teilweise<br />

ebenbürtig zu klassischen Substraten wie Gras oder<br />

Getreide-GPS.<br />

Demnach ist anzunehmen, dass die Restpflanze<br />

auch bei einer Ernte ab der Körnerreife noch einen<br />

hohen Anteil an gut verdaulichen Bestandteilen<br />

aufweist und die fehlende Stärke vermutlich weitestgehend<br />

durch vergärbare Faserbestandteile<br />

kompensiert wird. Könnte das gesamte vorhandene<br />

Maisstrohpotenzial ohne Ernteverluste geerntet<br />

werden, würden die Methanhektarerträge<br />

[Strohertrag in t TM pro ha -1 * spezifische Methanausbeute<br />

in Nm 3 CH 4<br />

(t oTM) -1 * oTM-Gehalt] bei<br />

rund 3.000 bis 3.500 Nm 3 CH 4<br />

ha -1 liegen, also<br />

etwas weniger als die Hälfte von Silomais. Je später<br />

geerntet wird, desto geringer sind jedoch die<br />

Methanhektarerträge, weil die spezifischen Methanausbeuten<br />

mit zunehmender Abreife (oftmals<br />

signifikant) sinken und auch das Maisstrohpotenzial<br />

tendenziell abnimmt. Vermutlich sind dafür<br />

Bröckelverluste an den Blättern verantwortlich.<br />

Auch die Sortenwahl kann eine Rolle spielen, wobei<br />

aufgrund der starken Jahreseffekte ein eindeutiger<br />

Sorteneffekt bislang nicht bestätigt werden konnte. Da<br />

aktuelle Körnermaissorten aber bislang nicht für eine<br />

Koppelnutzung gezüchtet waren, sind durch Zuchtfortschritt<br />

sicherlich noch Optimierungen zu erwarten.<br />

Der Biochipper von der Firma BioG aus Österreich ist ein Kombinationsgerät. Im Grunde handelt<br />

es sich um einen Schlegelmulcher mit Hammerschlegeln, die die Maisstoppeln und das Stroh<br />

zerkleinern. Gleichzeitig wird von den Schlegeln das Material durch den Luftsog angesaugt<br />

und auf Querförderbänder abgelegt, die das Stroh dann ins Schwad ablegen. Die Maisstoppeln<br />

sind sehr kurz, was sehr gut ist für die Maiszünslerbekämpfung. Allerdings bringt die Maschine<br />

nicht alles Stroh ins Schwad, was aus Praxissicht nicht weiter schlimm ist.<br />

Abfuhrraten und Methanhektarerträge<br />

Im Erntetechnikversuch wurden bei einem Maisstrohpotenzial<br />

zwischen 9,8 t pro ha -1 und 11,7 t pro ha -1 unter<br />

praxisnahen Bedingungen Stroherträge von durchschnittlich<br />

4,6 bis 6,3 t TM pro ha -1 abgefahren. Das<br />

deckt sich in etwa mit den Erfahrungen aus der Praxis:<br />

Die Erträge werden hierbei auf 3 bis 7 t TM pro ha -1<br />

beziffert. Es können also durchaus relevante Substratmengen<br />

geborgen werden, zugleich sind aber die Ernteverluste<br />

oftmals noch sehr hoch und liegen nicht selten<br />

in der gleichen Größenordnung wie die Erntemengen.<br />

Im Versuch erwiesen sich alle geprüften Ernteverfahren<br />

als praktikabel. In den Einzeljahren konnten zwischen<br />

den vier Schwadtechniken durchaus signifikante Unterschiede<br />

in den Abfuhrraten festgestellt werden, im<br />

dreijährigen Vergleich wurden jedoch nahezu identische<br />

Abfuhrraten erzielt. Feldhäcksler und Ladewagen<br />

erwiesen sich als völlig gleichwertig bei den Abfuhrraten,<br />

wobei die Zerkleinerung beim Feldhäcksler intensiver<br />

ist.<br />

Einen Effekt auf die Abfuhrraten hatten insbesondere<br />

auch die Erntebedingungen. So ergaben sich bei einer<br />

verzögerten Strohbergung, also bei einer längeren<br />

Feldliegezeit des Maisstrohs nach der Körnerernte,<br />

überwiegend negative Effekte auf die Abfuhrraten. Die<br />

TS-Gehalte des geborgenen Maisstrohs waren in den<br />

einzelnen Versuchsjahren sehr variabel und lagen bei<br />

durchschnittlich 40 bis 45 Prozent (2014/2016) und<br />

60 Prozent (2015). Unmittelbar vor dem Körnerdrusch<br />

waren die TS-Gehalte der Restpflanze (= Maisstroh)<br />

jedoch im Bereich von Silomais (30 bis 35 Prozent ).<br />

29


praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Tabelle 1: Datengrundlage für den Kostenvergleich von Maissilage und Maisstroh-Silage<br />

abgefahrener<br />

FM-Ertrag<br />

abgefahrener<br />

TM-Ertrag<br />

TM-<br />

Anteil<br />

Silierverluste oTM-Anteil oTM-Ertrag<br />

nach Silierung<br />

Methanausbeute<br />

Methanhektarertrag<br />

„Hektar-Stromertrag“<br />

6)<br />

t FM ha -1 t TM ha -1 % % TM % t oTM ha -1 Nm 3 (t oTM) -1 Nm 3 ha -1 kWh el<br />

(ha) -1<br />

Maissilage<br />

(Ganzpflanze)<br />

51 1) 17,0 33 6 95 15,2 337 4) 5.116 20.423<br />

Maisstroh-Silage 9,7 2) 4,9 51 8 3) 93 2) 4,2 295 5) 1.237 4.937<br />

1)<br />

Durchschnittsertrag von Silomais in den Jahren 2009 bis 2014 (Bayerisches Landesamt für Statistik).<br />

2)<br />

Zweijährige Ergebnisse des praxisnahen Erntetechnikversuches, die auch für die Praxis realistisch sind.<br />

3)<br />

Silierverluste gemäß Experteneinschätzung.<br />

4)<br />

Methanausbeute von Silomais in Anlehnung an den LfL-Biogasrechner (http://www.lfl.bayern.de/iba/energie/049711).<br />

5)<br />

Methanausbeute von Maisstroh bezogen auf oTM: 87,5 Prozent von Silomais (gemäß den Ergebnissen der Batchversuche).<br />

6)<br />

Annahme: Elektrischer Nutzungsgrad der Methanverwertung durch KWK: 40 Prozent.<br />

Entgegen der optischen Wahrnehmung sind die TS-<br />

Gehalte auch bei stark abgereiften Restpflanzen keineswegs<br />

hoch. Allerdings kann es in Abhängigkeit von<br />

den Witterungsverhältnissen während der Ernte noch<br />

zu einer deutlichen Nachtrocknung des Ernteguts kommen.<br />

Deshalb ist es ratsam, das Maisstroh unverzüglich<br />

nach der Körnerernte zu bergen. Mit Rohaschegehalten<br />

von durchschnittlich 7,9 Prozent (2014) beziehungsweise<br />

6,2 Prozent (2015) kann die Verschmutzung<br />

als unproblematisch eingestuft werden. Der „natürliche“<br />

Rohaschegehalt der Restpflanze liegt bei rund<br />

4 Prozent, der Anstieg der Rohaschegehalte um 2 bis<br />

4 Prozentpunkte ist folglich auf den Schmutzeintrag<br />

während der Ernte zurückzuführen.<br />

Werden für die Berechnung der Methanhektarerträge<br />

die tatsächlich abgefahrenen Stroherträge und die gemessenen<br />

Rohaschegehalte zugrunde gelegt, ergibt<br />

sich ein Methanhektarertrag von rund 1.500 Nm 3 CH 4<br />

pro ha -1 , also rund 20 bis 25 Prozent von Silomais.<br />

Siliereignung von Körnermaisstroh<br />

Voraussetzung für die ganzjährige Nutzung von Maisstroh<br />

ist eine entsprechende Siliereignung. Die Bezeichnung<br />

„Stroh“ verleitet zu der Annahme, dass sich<br />

das Substrat nur schlecht silieren lässt. Standardisierte<br />

Silierversuche haben jedoch gezeigt, dass Maisstroh<br />

grundsätzlich gut siliert und die TM-Verluste gering<br />

sind, wenn Sauerstoffabschluss gewährleistet ist. Auch<br />

die aerobe Stabilität war nach der Öffnung der Silos<br />

überwiegend hoch. Dies konnte in den Versuchen auch<br />

bei höheren TS-Gehalten und schlechteren Maisstrohqualitäten<br />

(zum Beispiel bei längeren Feldliegezeiten)<br />

bestätigt werden, wobei in diesen Fällen bereits Verluste<br />

durch Umsetzungsprozesse auf dem Feld vorausgegangen<br />

sein könnten.<br />

Eine Herausforderung stellt sicherlich die Verdichtbarkeit<br />

von Maisstroh im Silo dar. Bei einem ersten<br />

Silierversuch im Silotunnel lagen die ermittelten Dichten<br />

bei nur rund der Hälfte von Silomais. Das hat Kon-<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis / Titel<br />

Tabelle 2: Kosten der Maissilage und Maisstroh-Silage „frei Eintrag“ bei kostenfreiem Maisstroh „ab Feld“<br />

(Euro gerundet auf ganze Zahlen)<br />

Vollkosten „frei<br />

stehender Bestand“<br />

(ohne Flächenkosten)<br />

Ernte + Transport (5 km)<br />

+ Einsilieren<br />

Lagerung im<br />

Fahrsilo<br />

Entnahme +<br />

Beschickung<br />

Vollkosten „frei Eintrag“ (ohne Flächenkosten)<br />

EUR<br />

ha -1<br />

EUR<br />

ha -1<br />

EUR<br />

ha -1<br />

EUR<br />

ha -1<br />

EUR<br />

ha -1<br />

EUR EUR Cent<br />

(t FM) -1 (t TM) -1 (Nm³ CH 4<br />

) -1<br />

Cent<br />

(kWh el<br />

) -1<br />

Maissilage 1)<br />

(Ganzpflanze)<br />

1.245 386 147 46 1.824 38 114 36 8,9<br />

Maisstroh-<br />

Silage 2) 0 162 62 19 243 27 54 20 4,9<br />

1)<br />

Kosten gemäß LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner (siehe auch:<br />

https://www.stmelf.bayern.de/idb/silomais.html)<br />

2)<br />

Annahme: 1,5-facher Lagerraumbedarf bei Maisstroh-Silage im Vergleich zu Silomais<br />

sequenzen für den erforderlichen Siloraum und birgt<br />

die Gefahr des Verderbs bei Luftzutritt. Inwiefern die<br />

Ergebnisse des Silotunnels auch auf die Silierung in<br />

Fahrsilos übertragen werden können, muss mit weiteren<br />

Versuchen geklärt werden. In der Praxis scheint die<br />

Silierung von Maisstroh gut zu funktionieren. Oftmals<br />

arbeiten die Praktiker mit Mischsilagen oder es wird<br />

eine „Deckschicht“ aus feuchteren Substraten (zum<br />

Beispiel Gras oder Zwischenfrüchten) auf das Silo aufgebracht.<br />

Was kostet die Kilowattstunde aus<br />

Maistroh-Silage?<br />

Die Versuchsergebnisse der LfL zu Menge und Qualität<br />

der Maisstroh-Silage bestätigen die grundsätzliche Eignung<br />

als Substrat und zeigen das Potenzial auf. Sollte<br />

dieses Potenzial auch aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht erschlossen werden und wie wettbewerbsfähig ist<br />

das Maisstroh?<br />

Der Großversuch lieferte auch erste Daten zu den Kosten<br />

der eingesetzten Maschinen. Die Vollkosten der<br />

Maisstrohbereitstellung vom Schwad bis zum Fermenter<br />

lagen bei 243 Euro je Hektar. Auf diesem Hektar<br />

wurden 4,9 t TM Maisstroh geborgen, danach wurde<br />

das vom Feldhäcksler zerkleinerte Gut über 5 Kilometer<br />

ins Fahrsilo transportiert, dort mit üblicher Technik<br />

eingelagert, mit 8 Prozent Lagerverlusten wieder<br />

ausgelagert und schließlich damit die Biogasanlage<br />

beschickt (siehe auch Tabelle 1). Wird der Methanhektarertrag<br />

von 1.237 Nm³ mit einem Wirkungsgrad von<br />

40 Prozent verstromt, ergäben sich daraus Vollkosten je<br />

erzeugter elektrischer Kilowattstunde in Höhe von 4,9<br />

Cent (siehe auch Tabelle 2). Mit diesen 4,9 Cent je Kilowattstunde<br />

ist Maisstroh-Silage mehr als nur ein neuer,<br />

ernstzunehmender Wettbewerber im Substratmix, vorausgesetzt<br />

der im Folgenden aufgezählten Annahmen:<br />

Das Maisstroh steht tatsächlich kostenfrei „liegend auf<br />

dem Feld“ zur Verfügung. Nicht ökonomisch bewertet<br />

31


praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Tabelle 3: Kosten der Maisstroh-Silage im direkten Wettbewerb zwischen Körnermais- und<br />

Silomaisanbau (Euro auf ganze Zahlen gerundet)<br />

Flächenkosten<br />

Gewinnbeitrag aus<br />

Körnermaisverkauf 1 )<br />

Verfahrenskosten der<br />

Maisstroh-Silage „liegend<br />

ab Feld“ bis „frei Eintrag“<br />

EUR ha -1 EUR ha -1 EUR ha -1 ha -1<br />

EUR<br />

wurden bisher mögliche einzelbetriebliche Effekte wie<br />

beispielsweise auf den Humushaushalt, die Nährstoffbilanz,<br />

die Feldhygiene (zum Beispiel Einsparung des<br />

Mulchens) oder die Bodenverdichtung durch eine zusätzliche<br />

Überfahrt mit der Häckselkette und die eventuell<br />

bisher im Betrieb nicht vorhandene Ausbringung<br />

der Gärrestrücklieferung.<br />

Aus der einzelbetrieblichen Situation heraus können<br />

hier aber nicht nur Kosten anfallen (zum Beispiel<br />

Nährstoffentzug durch Maisstroh-Abfuhr ohne Rücklieferung<br />

des Gärrests), sondern sind auch Gutschriften<br />

denkbar (zum Beispiel Düngewert des zurückgelieferten<br />

Gärrests ist höher als der Düngewert des alternativ<br />

im Winter auf der Fläche verbleibenden und verrotteten<br />

Maisstrohs).<br />

Vollkosten „frei Eintrag“<br />

Cent<br />

(Nm 3 CH 4<br />

) -1<br />

Cent<br />

(kWh el.<br />

) -1<br />

0 88 243 155 12,5 3,1<br />

250 88 243 405 32,7 8,2<br />

500 88 243 655 52,9 13,3<br />

750 88 243 905 73,1 18,3<br />

1.000 88 243 1.155 93,4 23,4<br />

1)<br />

vgl. LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner (https://www.stmelf.bayern.de/idb/koernermais.html)<br />

Neben diesen pflanzenbaulichen<br />

Nebeneffekten wurden<br />

in der Bewertung vor allem<br />

auch verfahrenstechnische<br />

Nebeneffekte noch nicht berücksichtigt.<br />

Wird das gehäckselte<br />

Maisstroh in einem größeren<br />

Masseanteil eingesetzt,<br />

stellt sich beispielsweise die<br />

bisher noch nicht untersuchte<br />

Frage einer Substratvorzerkleinerung.<br />

Ist die Vergärung von<br />

Maisstrohsilage aktuell<br />

wirtschaftlich?<br />

Langjährige Auswertungen an<br />

der LFL ergeben, dass viele<br />

maisbetont gefütterte Biogasanlagen<br />

mit einem Substratkostenniveau<br />

(„frei Eintrag“)<br />

von mehr als 10 Cent je eingespeister<br />

Kilowattstunde arbeiten. Die Vollkosten klassischer<br />

Maissilage ohne Flächennutzungskosten belaufen<br />

sich auf 8,9 Cent, bei Flächennutzungskosten<br />

von 500 Euro je Hektar auf 11,4 Cent je erzeugbarer<br />

Kilowattstunde. Damit ist die Vergärung von Maisstroh<br />

mit 4,9 Cent je erzeugbarer elektrischer Kilowattstunde<br />

sicher wirtschaftlich, für all die bereits erwähnten<br />

einzelbetrieblichen Nebeneffekte ist mit gut 5 Cent<br />

je Kilowattstunde (umgerechnet ungefähr 250 Euro<br />

je Hektar) reichlich Luft vorhanden. Aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht sollte die Strohvergärung von Körnermaisbeständen<br />

nicht scheitern.<br />

Ist die Vergärung von Maisstroh-Silage auch<br />

im neuen EEG <strong>2017</strong> wirtschaftlich?<br />

Wechselt eine Biogasanlage ins neue EEG <strong>2017</strong>, muss<br />

sie bekanntlich den sogenannten „Mais- und Getreidekorndeckel“<br />

(§39h EEG <strong>2017</strong>) einhalten. Bei Wechsel<br />

im Jahr <strong>2017</strong> wird der Einsatz von Mais als Ganz-<br />

Foto: www.agrarfoto.at<br />

32


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis / Titel<br />

pflanze, Maiskorn-Spindel-Gemisch, Körnermais und<br />

Lieschkolbenschrot auf 50 Massseprozent gedeckelt –<br />

bis vorerst 2021 verschärft sich dieser Deckel in zwei<br />

Schritten auf maximal 44 Masseprozent.<br />

Vom Deckel betroffene Biogasanlagen müssen sich fragen,<br />

was nach Maissilage das oder die nächstbesten<br />

Substrate sind. In regionaler Abhängigkeit kann dies<br />

ein Vertreter der aktuell intensiv diskutierten Alternativen<br />

sein (Silphie, Zuckerrübe etc.), aber auch die Maisstroh-Silage.<br />

Steht dieses Maisstroh durch intensiven<br />

Körnermaisanbau rund um die Biogasanlage noch unverwertet<br />

zur Verfügung, sollte nicht auf den Wechsel<br />

ins EEG gewartet werden.<br />

Ist die Vergärung von Maisstroh-Silage auch<br />

wirtschaftlich, falls Körnermais anstatt<br />

Silomais angebaut wird?<br />

Steht das Maisstroh nicht „sowieso“ und „kostenfrei“<br />

zur Verfügung, sind in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />

zum einen die Flächenkosten, zum anderen der<br />

Gewinnbeitrag aus der Körnermaisnutzung einzuberechnen.<br />

Ohne Flächenkosten betrug dieser Gewinnbeitrag<br />

in den vergangenen fünf Jahren (2011 bis<br />

2015) laut LfL-Internet-Deckungsbeitragsrechner<br />

durchschnittlich 87,90 Euro je Hektar. Werden zusätzlich<br />

die Flächenkosten berücksichtigt, erreichen die<br />

Vollkosten „frei Eintrag“ bereits bei einem Pachtniveau<br />

ab 350 Euro je Hektar die oben definierte Zielmarke<br />

von 10 Cent je erzeugter Kilowattstunde (siehe Tabelle<br />

3). Damit ist die diskutierte Variante nur sinnvoll, falls<br />

ausreichend Fläche günstig zur Verfügung steht.<br />

Fazit: Beim Anbau von Körnermais fallen als Reststoff<br />

nicht unerhebliche Mengen an Maisstroh an. Unter<br />

Praxisbedingungen können davon rund 5 t TM geborgen<br />

werden mit TS-Gehalten von zumeist 40 bis 50<br />

Prozent, wobei die Erträge als auch TS-Gehalte in Abhängigkeit<br />

von den Erntebedingungen stark variieren<br />

können. Weil Maisstroh ein erstaunlich hohes Methanbildungspotenzial<br />

aufweist, das bei rund 80 bis 95<br />

Prozent von Silomais liegt, ist es ein aussichtsreiches<br />

Biogassubstrat.<br />

Die Methanhektarerträge liegen bei rund 20 bis 25<br />

Prozent im Vergleich zu Silomais. Auch die Siliereignung<br />

scheint gegeben zu sein. Ein entscheidender Vorteil<br />

ist, dass für die Nutzung von Maisstroh keinerlei<br />

zusätzliche Flächen und bis zur Ernte auch kein Produktionsaufwand<br />

erforderlich sind, was sich in sehr geringen<br />

Vollkosten von umgerechnet 4,9 Cent (kWh el<br />

) -1<br />

niederschlägt. Ungeklärt ist derzeit noch, wie sich das<br />

Substrat bei kontinuierlicher Fütterung verhält und ob<br />

beziehungsweise ab welchen Einsatzmengen eine Aufbereitung<br />

oder anlagentechnische Veränderungen notwendig<br />

sind. Diese Fragestellungen sollen in weiteren<br />

Versuchen geklärt werden.<br />

Autoren<br />

M.Sc. Monika Fleschhut<br />

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung<br />

Am Gereuth 4 · 85354 Freising<br />

Tel. 0 81 61/71-43 18<br />

E-Mail: Monika.Fleschhut@LfL.bayern.de<br />

www.LfL.bayern.de<br />

Dipl.-Ing. agr. Martin Strobl<br />

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)<br />

Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur (IBA)<br />

Menzinger Str. 54 · 80638 München<br />

Tel. 089/17 800 474<br />

E-Mail: martin.strobl@LfL.bayern.de<br />

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33


praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Maisstroh macht Bakterien froh<br />

In Regionen mit Körnermaisanbau bleibt in der Regel die Restpflanze (Stroh) auf dem<br />

Feld liegen und wird in den Boden eingegrubbert oder untergepflügt. Dabei ist dieser<br />

Reststoff durchaus interessant als Gärsubstrat in Biogasanlagen. Aber auch Getreidestroh<br />

bietet Potenzial. Zwei Praxisbeispiele zeigen, wie das Material eingesetzt werden kann.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Aufnahme des Maisstrohs<br />

auf dem Feld<br />

mit dem Kurzschnittladewagen.<br />

Im oberösterreichischen Utzenaich im Innkreis,<br />

rund 40 Kilometer südlich von Passau, betreibt die<br />

BioG GmbH eine Biogasanlage mit Ringfermenter<br />

überwiegend mit Maisstroh, und das seit sieben<br />

Jahren mit immer größerem Erfolg. Seit elf Jahren<br />

ist die 500-kW-Anlage in Betrieb. Bereits im zweiten<br />

Betriebsjahr schaute sich Geschäftsführer Josef Höckner<br />

mit seinen drei gleichberechtigten Partnern nach<br />

Alternativen zum Silomais um. Die Einspeisevergütung<br />

nach dem Ökostromgesetz bot damals nur 14,5 Cent<br />

pro Kilowattstunde. Den teuren Silomais wollte er daher<br />

ersetzen.<br />

Da in der Region viel Körnermais angebaut wird, begann<br />

er mit dem kostengünstig zur Verfügung stehenden Körnermaisstroh<br />

zu experimentieren, denn das blieb nach<br />

dem Drusch auf den Feldern liegen. „Damals haben wir<br />

mit Schwadtechnik für Grünland versucht, das Körnermaisstroh<br />

in Reihen abzulegen – und das bei etwa 15<br />

bis 20 Zentimeter langen Maisstoppeln. Das hat nicht<br />

besonders gut geklappt. Deshalb begannen wir, ein eigenes<br />

Erntesystem für Maisstroh zu entwickeln. Herausgekommen<br />

ist dabei der sogenannte Biochipper“,<br />

blickt Höckner zurück.<br />

Stoppeln schlegeln und Stroh schwaden in<br />

einem Arbeitsgang<br />

Die Maschine ermöglicht die Ernte von Feldresten, wie<br />

zum Beispiel Maisstoppeln, Maisstroh, Stoppelresten<br />

der Rapspflanze, Aufwüchsen von Brach- sowie Landschaftspflegeflächen.<br />

Die Arbeitsgänge Aufsaugen,<br />

Häckseln und Schwaden erfolgen in einem Arbeitsgang.<br />

Die angebaute Technik führt die Biomasse zu<br />

einem Schwad zusammen und ermöglicht die Ernte<br />

per Ladewagen. Der Biochipper wird angeboten<br />

mit Arbeitsbreiten von 3 bis 6 Metern, somit kann er<br />

beim Gegenfahren ein Schwad von bis zu 12 Metern<br />

zusammenführen. Vorteil auf Maisflächen: das Stroh<br />

wird nicht nur geschwadet, sondern auch die Stoppeln<br />

werden mit Hammerschlegeln in der Länge stark eingekürzt,<br />

was sich positiv auf die Maiszünsler-Bekämpfung<br />

auswirkt.<br />

„Wir nehmen das Strohschwad mit dem Kurzschnittladewagen<br />

auf, der sonst üblicherweise auf dem Grünland<br />

zur Grassilagebergung eingesetzt wird. Die Erntekette<br />

mit dem Ladewagen ist deutlich preisgünstiger,<br />

als wenn wir mit dem Feldhäcksler plus Häckselwagen<br />

fahren würden. Wir fahren nicht weiter als 4 Kilometer.<br />

Außerdem erreichen wird mit dem Ladewagen eine höhere<br />

Ladedichte“, berichtet Höckner.<br />

Während der Häckselwagen beim Maisstroh nur eine<br />

Ladedichte von 100 Kilogramm pro Kubikmeter realisiert,<br />

kann der Ladewagen die zweieinhalbfache Masse<br />

pro Kubikmeter transportieren. Der Biochipper kostet<br />

pro Stunde 120 Euro. Er schafft laut Höckner 3 bis 4<br />

Hektar pro Stunde. Der Ladewagen schlägt mit 240<br />

Euro pro Stunde zu Buche. Die Kette besteht dann aus<br />

zwei großen beziehungsweise drei kleinen Ladewagen.<br />

Die schaffen 3,5 Hektar pro Stunde. 60 Euro pro Stunde<br />

sind für die Siloarbeiten anzusetzen. Die Kosten pro<br />

Tonne Trockensubstanz (TS) liegen bei 29 Euro. Mit der<br />

verwendeten Erntetechnik lassen sich gut 50 Prozent<br />

des anfallenden Maisstrohs von den Flächen holen.<br />

34<br />

Foto: Monika Fleschhut


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis / Titel<br />

Fotos: BioG GmbH<br />

Maisstroh und Zwischenfrüchte werden<br />

zusammen siliert<br />

Je nach Witterung wird im Herbst von 200 bis 300 Hektar<br />

das Maisstroh geerntet. Das Stroh wird wie Silomais<br />

im Fahrsilo auf einen großen Haufen gekippt und mit<br />

Walzenschleppern verdichtet. In das Maisstroh werden<br />

Sommerzwischenfrüchte von 80 Hektar einsiliert. Das<br />

Material wird ebenfalls mit Ladewagen angefahren. Die<br />

Zwischenfrüchte sind Mischungen aus Sonnenblumen,<br />

Buchweizen, Ölrettich, Phacelia, Sudangras, Alexandrinerklee<br />

und Mungo. Während das Maisstroh einen<br />

TS-Gehalt von 40 bis 60 Prozent hat, hat die Zwischenfrucht<br />

einen TS-Gehalt von 20-25 Prozent.<br />

„In der Mischung im Silohaufen haben wir dann einen<br />

TS-Gehalt von 35 bis 40 Prozent. Ein guter Mischungspartner<br />

sind auch Rübenschnitzel aus der Zuckerproduktion.<br />

Das siliert auch sehr gut zusammen. Mit dem<br />

Biogasertrag sind wir zufrieden. Das Maisstroh liefert<br />

300 Normliter Methan pro Kilogramm organische Trockensubstanz“,<br />

freut sich Höckner.<br />

Der experimentierfreudige Biogasproduzent weist darauf<br />

hin, dass das Maisstroh nicht zu trocken werden<br />

darf. Darum müsse es schnell von den Flächen runter.<br />

Noch schneller arbeiten müssten sie bei der Rapsstrohernte.<br />

Von dieser Biomasse werden 30 Hektar geerntet.<br />

Neben dem Stroh wird noch Grünroggen von 40 Hektar<br />

sowie Gras von Überschwemmungsflächen vergoren.<br />

Zudem Stallmist und Silomais, letzterer macht aber<br />

nur 20 Prozent des Gesamtinputs aus. Wie Höckner<br />

erläutert, wird das Maisstroh-Zwischenfrucht-Gemisch<br />

direkt verfüttert. Das heißt, das Material siliert nicht<br />

erst wochenlang durch.<br />

Aus dem Fahrsilo entnommen, wird das Maisstroh in<br />

den Feststoffdosierer gefüllt. Dabei handelt es sich um<br />

einen Biofeeder, der von BioG auch selbst entwickelt<br />

worden ist. „Die Herausforderung besteht darin, dass<br />

der Feststoffdosierer mit sogenannter Brückenbildung<br />

des Materials zurechtkommen muss“, hebt Höckner<br />

hervor. Der Biofeeder fördert das Stroh dann zu einem<br />

Zerkleinerungs-Aggregat.<br />

Stroh muss aufgefasert werden<br />

„Wir haben uns neun verschiedene Zerkleinerungsgeräte<br />

angeschaut. Vier hatten wir eingebaut. Zwei sind heute<br />

noch auf der Anlage in Betrieb: e ine Prallmühle von<br />

BHS Sonthofen und ein Limator von Lindner. Die Fremdkörperunempfindlichkeit<br />

war bei diesen Geräten die<br />

größte Herausforderung. Wir haben die Verschleißteile<br />

weiterentwickelt. Die Schlaghämmer sind nunmit einer<br />

speziellen Aufschweißung versehen, sodass die Werkzeuge<br />

nicht stumpf werden“, erläutert der Praktiker.<br />

Die Zerkleinerer und der Feststoffdosierer kommunizieren<br />

miteinander. Das heißt, dass der Dosierer immer<br />

so viel Material an die Zerkleinerer abgibt, sodass<br />

diese immer mit etwa 80 Prozent Auslastung arbeiten.<br />

Besonders wichtig sei, dass das Stroh aufgeschlagen<br />

wird. Es solle nicht geschnitten, sondern aufgefasert<br />

werden. Die Faserlänge spiele dabei keine Rolle. Die<br />

Fasern müssten möglichst vereinzelt sein. Im März<br />

wird eine Wangenmixpumpe hinter die Zerkleinerer geschaltet.<br />

Dann wird von Trocken- auf Flüssigfütterung<br />

umgestellt.<br />

Eigentlich wollte er das Stroh gar nicht zerkleinern,<br />

„aber dann konnten wir das Substrat nicht mehr<br />

rühren“. Der Eigenstromverbrauch der Anlage lag zu<br />

Beginn bei 5 Prozent, kurz nach der Umstellung auf<br />

Zerkleinerung lag er bei 7 Prozent, nach Optimierungen<br />

liegt er heute wieder bei 5 Prozent. Die Verweilzeit<br />

beträgt 80 Tage, dann ist das Material ausgegoren.<br />

Die Gärtemperatur liegt zurzeit bei 49 Grad Celsius.<br />

„Das ist für unseren Substratmix die ideale Temperatur.<br />

Ursprünglich lagen wir bei 40 bis 42 Grad Celsius.<br />

Die 49 Grad verbessern die Viskosität des Gärsubstrats<br />

und erhöhen den Abbaugrad“, sagt Höckner. Die 8.680<br />

Jahresvolllaststunden der Anlage belegen die Professionalität<br />

des Anlagenbetreibers und seiner drei Partner.<br />

Fermenter und Nachgärer haben jeweils ein Nettovolumen<br />

von 2.200 Kubikmetern.<br />

Wenn der TS-Gehalt im Fermenter zu hoch ansteigt,<br />

wird aus dem Gärdüngerlager rezirkuliert. Eigentlich<br />

wird nur vom Nachgärer in den Hauptfermenter re-<br />

Auf der Biogasanlage<br />

in Utzenaich wird<br />

das Maisstroh per<br />

Ladewagen vom Feld<br />

geholt und am Fahrsilo<br />

abgeladen. Ein Walzschlepper<br />

verteilt das<br />

Material im Silo und<br />

fährt es fest.<br />

35


praxis / Titel<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Biogasanlage, auf der<br />

das BTM-System (siehe<br />

rechts im Bild grüne,<br />

blaue und orange<br />

Anlagenteile) installiert<br />

worden ist.<br />

zirkuliert. Diese Maßnahme findet maximal zwei- bis<br />

dreimal pro Jahr statt. In den Sommermonaten wird<br />

auch Gülle vergoren, im Winter nicht. „Wenn die<br />

Rührgeschwindigkeit unter 2 Zentimeter pro Sekunde<br />

sinkt, beginnen wir mit dem Rezirkulieren. Gleichzeitig<br />

schauen wir uns aber auch die Stromaufnahme der<br />

Rührwerke an“, erklärt Höckner, der vom Maisstroheinsatz<br />

überzeugt ist.<br />

Biologischer, mechanischer, thermischer<br />

Aufschluss<br />

Mit der Nutzbarmachung landwirtschaftlicher Reststoffe<br />

beschäftigt sich auch die MWK Bionik GmbH in Bad<br />

Endorf am Chiemsee (Bayern). Das Unternehmen hat<br />

das sogenannte BMT System ® entwickelt, das speziell<br />

darauf ausgelegt ist, Getreidestroh, Maisstroh oder<br />

strohhaltigen Mist zu verarbeiten. Biologische, mechanische<br />

und thermische Wirkfaktoren spielen dabei zusammen.<br />

„Nachgezüchtete Mikroben aus der Tiefsee liefern<br />

die biologische Kraft, um bei einer Temperatur von<br />

mehr als 70 Grad Celsius die robusten und wasserfesten<br />

Ligninschichten aufzusprengen. Wir wollen an die vom<br />

Lignin eingeschlossenen Kohlenhydrate ran. Das Lignin<br />

selbst können wir nicht vergären“, macht Gründer und<br />

Geschäftsführer Matthias Wackerbauer deutlich.<br />

Die Mikrobenkultur „LignoX ® “ ist eine Mischung aus<br />

Enzymen, natürlichen Mikroorganismen und pflanzlichen<br />

Wirkstoffen. Auf der Biogasanlage wird das BMT<br />

System im Substratfluss zwischen Substratlager und<br />

Fermenter integriert. Wie funktioniert das nun genau?<br />

Ausgegorener Gärdünger (Gärprodukt) wird aus dem<br />

Lagerbehälter dem BMT-System zugeführt und in drei<br />

Stufen auf 90 Grad Celsius erhitzt. Dabei wird vor der<br />

ersten Erhitzungsstufe das LignoX ® in die Rohrleitung<br />

dem fließenden Gärdünger zudosiert.<br />

Mischsubstrat bleibt eine Stunde bei<br />

70 Grad im Mischbehälter<br />

Bei der Erwärmung beginnen die LignoX-Mikroben,<br />

sich zu vermehren. Nach der dreistufigen Erwärmung<br />

wird das heiße Gärprodukt-LignoX-Gemisch in einen<br />

gesonderten Mischbehälter gepumpt, wo es mit dem<br />

Stroh vermischt wird. Das Substrat im Mischbehälter<br />

hat eine Temperatur von 70 bis 75 Grad Celsius. Das<br />

Material bleibt etwa eine Stunde im Mischbehälter. Anschließend<br />

wird es in den Fermenter gepumpt. Durch<br />

die Zugabe von kaltem Gärdünger in die Rohrleitung<br />

kühlt das Strohgemisch auf etwa 45 Grad Celsius ab.<br />

Im Fermenter findet dann durch den Substratabbau die<br />

eigentliche Biogasproduktion statt.<br />

Der Mischbehälter arbeitet drucklos. Lokaler Druck von<br />

1 bar entsteht nur beim Umpumpen des Substrats. Diese<br />

kurzen Druckphasen reichen aus, um auf das Material<br />

einzuwirken. Für die Erhitzung des Materials nehmen<br />

die Entwickler Wärme vom Abgaswärmetauscher sowie<br />

vom Motorkühlwasser des Blockheizkraftwerks. Zum<br />

Anmaischen des Strohs lasse sich neben Gärresten<br />

wunderbar auch Regen- beziehungsweise Sickerwasser<br />

oder Rindergülle verwenden.<br />

Pro Tonne Stroh werden laut Wackerbauer 1 bis 2 Kilogramm<br />

LignoX ® benötigt. Ein Kilogramm davon kostet<br />

5,80 Euro. „Mit diesem Verfahren sind wir in der Lage,<br />

900 Liter Biogas pro Kilogramm organische Trockensubstanz<br />

(oTS) mit 52 Prozent Methangehalt zu gewinnen.<br />

Das entspricht 468 Liter Methan pro Kilogramm<br />

oTS. Wir liefern die BMT-Anlage in Containerbauweise.<br />

Sie kann käuflich erworben oder aber auch geleast werden“,<br />

hebt Wackerbauer hervor.<br />

Seit eineinhalb Jahren betreibt die MWK Bionik eine<br />

Referenzanlage, die seither im Fermenter weder Sinknoch<br />

Schwimmschichten zeigt. An das eingesetzte<br />

Stroh werden gewisse Anforderungen gestellt: So ist<br />

eine Halmlänge von 65 Millimetern gewünscht. 10 Prozent<br />

der Halme dürften bis 120 Millimeter lang sein.<br />

Das Stroh sollte einen TS-Gehalt von 83 bis 85 Prozent<br />

haben. „Wir haben bis 60 Prozent TS jede Möglichkeit,<br />

jeden Feststoff zu vergären, der stark ligninhaltig ist.<br />

Bei Maisstroh müssen wir aufgrund des hohen Feuchtegehaltes<br />

die Wärmezufuhr über das Touchpanel anders<br />

einstellen. Heute sind wir in der Lage, mit einer Tonne<br />

Stroh etwa 3,8 Tonnen andere Einsatzstoffe zu ersetzen“,<br />

unterstreicht Wackerbauer die Leistungsfähigkeit<br />

seiner Anlage.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Tel. 0 54 09/90 69 426<br />

E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />

36<br />

Foto: MWK Bionik GmbH


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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37


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Der Übergang von fester<br />

Einspeise vergütung zur Ausschreibung<br />

Wer heute das Ende des EEG in den uns bekannten Formen fordert, hat wesentliche<br />

Bestandteile des Gesetzes nicht verstanden oder reduziert das EEG auf die reine Vergütung<br />

von Strom aus Erneuerbaren Energien.<br />

Von Alfons Himmelstoß<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des EEG war<br />

und ist immer noch der Zugang zum Netz<br />

der Netzbetreiber und der Vorrang vor konventionellen<br />

Energieträgern. Den Zugang<br />

haben wir immer noch, den Vorrang durch<br />

die Deckelung aber nur noch eingeschränkt. Der Ausbaupfad<br />

für Bestands- und Neuanlagen liegt zwischen<br />

<strong>2017</strong> und 2019 bei 150 Megawatt (MW), zwischen<br />

2020 und 2022 dann bei 200 MW. Der Fachverband<br />

Biogas rechnet für 2016 mit einem Zubau von rund<br />

150 Biogasanlagen. Dieser Zubau konzentriert sich<br />

überwiegend auf Kleinanlagen mit 75 kW installierter<br />

elektrischer Leistung oder darunter.<br />

Der derzeit gültige Deckel von 100 MW wird nur mit<br />

rund 11 MW genutzt. Diese Entwicklung wird sich in<br />

den nächsten Jahren nicht grundsätzlich ändern, da<br />

der Neubau praktisch zum Erliegen gekommen ist. Der<br />

Abbildung 1: Derzeitige Zusammensetzung der Vergütung<br />

7,0 ct/kWh<br />

0,5 ct/kWh<br />

0,7 ct/kWh<br />

1,0 ct/kWh<br />

2,0 ct/kWh<br />

9,6 ct/kWh<br />

11,2 ct/kWh<br />

Stromverkauf (0 - 150 kW)<br />

Stromverkauf (150 - 500 kW)<br />

Wärmeverkauf<br />

KWK-Bonus<br />

NaWaRo-Bonus<br />

Formaldehyd-Bonus<br />

Gülle-Bonus<br />

Ausbaupfad ermöglicht aber auch den Bestandsanlagen<br />

interessante Perspektiven für die Ausschreibung,<br />

wenn sie sich rechtzeitig auf die EEG-Novelle von <strong>2017</strong><br />

einstellen.<br />

Gerade in den ersten Jahren wird der Ausbaupfad sicher<br />

nicht erreicht. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Obergrenze gemäß EEG <strong>2017</strong> in Höhe<br />

von 16,88 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) erreicht<br />

werden kann. Diese Vergütungshöhe wird sich mit zunehmender<br />

Akzeptanz sicher deutlich verringern. Das<br />

zeigen auch die Ergebnisse aus den Ausschreibungsverfahren<br />

für Wind- und Solaranlagen. Aber was ist jetzt<br />

zu tun? Der Biogasanlagenbetreiber Peter Pfiffig (erfundene<br />

Person) erläutert uns seine Gedanken gemeinsam<br />

mit seinem, eher etwas griesgrämigen, Berufskollegen<br />

Stefan Unlust (ebenfalls erfundene Person).<br />

Als erstes erfolgt eine Analyse der bestehenden Möglichkeiten<br />

und eine Auswertung des EEG <strong>2017</strong>, das am<br />

8. Juli 2016 beschlossen wurde. Als Rahmen setzten<br />

wir Folgendes an:<br />

Die Anlage von Peter Pfiffig kann mit folgenden Parametern<br />

gut beschrieben werden:<br />

f fInbetriebnahme der der Anlage Anlage 2007. 2007.<br />

f fInstallierte Leistung Leistung 500 500 kW kW el<br />

.<br />

el<br />

.<br />

f fJährliche Jährliche Stromproduktion 4 Millio-<br />

4 Millionen<br />

kWh/a, die Bemessungsleistung<br />

liegt liegt damit damit bei bei 457 457 kW kW el<br />

.<br />

el<br />

.<br />

f f<br />

Eingangsstoffe NawaRo NawaRo plus plus Gülle, Gülle,<br />

insgesamt etwa 30 Tonnen pro Tag.<br />

f f<br />

Der Der KWK-Bonus wird wird für für 1.000.000<br />

1.000.000 kWh kWh th<br />

genutzt.<br />

th<br />

genutzt.<br />

f f<br />

Die Die Wärme Wärme wird wird zu zu einem einem Preis Preis von<br />

von 2,0 2,0 ct/kWh verkauft.<br />

f f<br />

Der Der Anspruch auf auf den den Formaldehyd- Formaldehydbonus<br />

Bonus besteht.<br />

f f<br />

Die Die Boni Boni für für Landschaftspflegema-<br />

Landschaftspflegematerial<br />

und Technologie werden nicht<br />

genutzt. genutzt.<br />

f f<br />

Anlagenpreis: 2 Millionen 2 Euro Euro<br />

inklusive inklusive der der Eigenleistungen.<br />

Die gesamte Vergütung beträgt bei Peter Pfiffig damit<br />

rund 20,8 ct/kWh. Rechnen wir den Verkauf der Wärme<br />

hinzu, beträgt die Vergütung dann 21,3 ct/kWh (siehe<br />

Abbildung 1). Die Einsatzstoffe stammen überwiegend<br />

von eigenen Flächen. Die Gärrestlagerkapazität<br />

ist ausreichend für mindestens 180 Tage. Im Großen<br />

38


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

Abbildung 2: Zusammensetzung der Vergütung mit Flexibilisierung<br />

und Ganzen betreibt Peter Pfiffig eine runde und ertragsstarke<br />

Biogasanlage, wie sie sicher nicht überall<br />

zu finden ist.<br />

Es stellen sich aber folgende Fragen:<br />

1. Welche Verdienstmöglichkeiten bestehen im Rahmen<br />

der Flexibilisierung der Anlage?<br />

2. Kommen die 270 Tage zur Lagerung von Gärrest<br />

wirklich?<br />

3. Was mache ich nach meinen 20 Jahren (2027<br />

endet mein Vergütungsanspruch), Weiterbetrieb<br />

oder Stilllegung?<br />

4. Was bringt mir die Ausschreibung?<br />

5. Was kostet das?<br />

6. Welche Termine muss ich berücksichtigen?<br />

1,0 ct/kWh<br />

1,5 ct/kWh<br />

0,2 ct/kWh<br />

13,9 ct/kWh<br />

3,0 ct/kWh<br />

Marktprämie<br />

Direktvermarktung<br />

Wärmeverkauf<br />

Flexzuschlag<br />

Zusatzerlös durch<br />

Stromhändler<br />

Rollen wir jetzt seine Gedanken von hinten auf und beginnen<br />

mit der Ausschreibung:<br />

ffFür Bestandsanlagen gibt es eine 10-jährige<br />

Anschlussförderung. Das ist dann die sogenannte<br />

P2-Anlage oder das 2. Leben.<br />

ffDie maximale Vergütungshöhe beträgt 16,9 ct/kWh<br />

(13,9 ct/kWh Marktprämie und 3 ct/kWh Direktvermarktung).<br />

ffDer Betreiber hat Anspruch auf einen Flexibilisierungszuschlag<br />

in Höhe von 40 Euro je installiertem<br />

kW.<br />

ffVorgeschrieben ist eine doppelte Überbauung<br />

der Bemessungsleistung (ab 100 kW installierter<br />

elektrischer Leistung, also mindestens 456 kW x 2<br />

= 912 kW installiert).<br />

ffDas erste Gebot für die Ausschreibung kann Peter<br />

Pfiffig frühestes 2019 abgeben. Sein Anspruch<br />

auf die derzeitige EEG-Förderung darf nur noch<br />

maximal 8 Jahre betragen.<br />

Damit ergeben sich über die Ausschreibung folgende<br />

Einnahmemöglichkeiten:<br />

ffFür den Verkauf von Strom maximal 676.000 Euro<br />

pro Jahr als Marktprämie über das EEG.<br />

ffFür den Flexibilisierungszuschlag (2 x 500 kW el<br />

à<br />

40 Euro/kW el<br />

) 40.000 Euro pro Jahr.<br />

ffZusätzlich 8.000 Euro als Direktvermarktungserlös<br />

durch den Stromhändler.<br />

Insgesamt ergeben sich Einnahmen in Höhe von<br />

724.000 Euro pro Jahr oder 18,1 ct/kWh. Würde Peter<br />

Pfiffig seine Anlage aber schon jetzt um zwei weitere<br />

BHKW zu je 500 kW erweitern, dann würde sich der<br />

Flexibilitätszuschlag von 40.000 Euro pro Jahr auf<br />

60.000 Euro pro Jahr erhöhen. Die Einnahmen erhöhen<br />

sich jetzt auf 744.000 Euro pro Jahr oder 18,6<br />

ct/kWh. Dazu kommt noch der Ertrag aus der Abgabe<br />

von Wärme. Da es keinen KWK-Bonus mehr gibt, ist<br />

auch die Verhandlungsbasis mit den Abnehmern nicht<br />

mehr ganz so einseitig. 4 ct/kWh entsprechen etwa 40<br />

Abbildung 3: Mögliche jährliche Zusatzeinnahmen in<br />

den nächsten 10 Jahren für Peter Pfiffig<br />

100 T€<br />

80 T€<br />

60 T€<br />

40 T€<br />

20 T€<br />

0 T€<br />

97.500 T€<br />

Flexibilitätsprämie<br />

22.000 T€<br />

Zusatzerlöse durch<br />

Stromhändler<br />

Eurocent je Liter Heizöl. Einnahmen aus dem Verkauf<br />

von 1.000.000 kWh Wärme pro Jahr zu einem Preis von<br />

4,0 ct/kWh – das sind 40.000 Euro pro Jahr oder 1,0<br />

ct/kWh. Die Einnahmen steigen jetzt auf 784.000 Euro<br />

jährlich oder 19,6 ct/kWh.<br />

Dabei ist zu beachten, dass es diese Vergütungshöhe<br />

sicher nur in den ersten Jahren geben wird. Unter<br />

optimalen Voraussetzungen sinkt die Vergütungshöhe<br />

mit jedem Jahr, das der Betreiber später an einer<br />

Ausschreibung erfolgreich teilnimmt, von derzeit 21,3<br />

ct/kWh (inkl. Wärme) auf maximal 19,6 ct/kWh (zwei<br />

zusätzliche BHKW mit je 500 kW, ebenfalls inkl. Wärme).<br />

Unter optimalen Bedingungen fehlen also gut 9<br />

Prozent der Einnahmen. Wichtig: Diese Zahlen gelten<br />

nur für Bestandsanlagen.<br />

Unter weniger guten Bedingungen ergibt die Ausschreibung<br />

angenommen nur 14,0 ct/kWh (statt 16,9 ct/kWh<br />

Marktprämie und Direktvermarktung), dann sinkt nach<br />

der oben angeführten Berechnung die Vergütungshöhe<br />

auf 16,7 ct/kWh (statt 19,6 ct/kWh), also um rund 28<br />

Prozent.<br />

8.000 T€<br />

Managementprämie<br />

39


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Abbildung 4: Zusammensetzung der Vergütung mit Flexibilisierung<br />

2,0 ct/kWh<br />

1,0 ct/kWh<br />

7,0 ct/kWh<br />

0,6 ct/kWh 0,2 ct/kWh<br />

2,4 ct/kWh<br />

11,2 ct/kWh<br />

Stromverkauf (0 - 150 kW)<br />

Stromverkauf (150 - 500 kW)<br />

Wärmeverkauf<br />

KWK-Bonus<br />

NaWaRo-Bonus<br />

Formaldehyd-Bonus<br />

Gülle-Bonus<br />

Tabelle 1: Zusätzliche Einnahmen durch<br />

Flexibilisierung<br />

Flexibilitätsprämie 975.000 €<br />

Managementprämie 80.000 €<br />

Zusatzerlös 220.000 €<br />

Gesamt 1.275.000 €<br />

0,5 ct/kWh<br />

0,7 ct/kWh<br />

9,6 ct/kWh<br />

Tabelle 2: Aufstellung Investitionskosten<br />

Peter Pfiffig muss dazu aber auch die gesetzlichen<br />

Auflagen einhalten. Das sind im<br />

Wesentlichen:<br />

ffMindestens die doppelte Überbauung<br />

der Anlage (was nicht gegeben ist).<br />

ffWahrscheinlich ein Gärrestlager für<br />

270 Tage, das dann gasdicht abgedeckt<br />

ist (was auch nicht gegeben ist).<br />

ffEine Fernsteuerbarkeit der Anlage (was<br />

kein Problem ist).<br />

ffUmsetzung der 49,5-Hz-Problematik<br />

(SysstabV – was erledigt ist).<br />

Jetzt betrachten wir den technischen<br />

Zustand der Biogasanlage:<br />

ffDas BHKW ist jetzt rund 75.000 Stunden<br />

in Betrieb. Eine Generalüberholung<br />

oder ein Ersatz stehen demnächst an.<br />

ffDas Gärrestlager (GRL) mit rund 5.100<br />

Kubikmetern (m³) Fassungsvermögen<br />

Flexibilitätsprämie<br />

Zusatzerlös vom Stromhändler<br />

Managementprämie<br />

2 BHKW inkl. Gebäude, Heizung und Elektroinstallation 700.000 €<br />

Anbindung an das Netz und Erweiterung der Trafo-Station 80.000 €<br />

Gärrestlager mit Gasspeicher und Rührtechnik 250.000 €<br />

Leitungsbau für Substrat, Biogas und Heizungsbau 100.000 €<br />

Gaskühlung und Entschwefelung 60.000 €<br />

Erdarbeiten, Fundamente 30.000 €<br />

Planung, Genehmigung, Gutachten 50.000 €<br />

Gesamt 1.270.000 €<br />

ermöglicht die Lagerung für 180 Tage<br />

und hat zusätzlich eine kleine Reserve.<br />

Das GRL ist nicht abgedeckt.<br />

ffEs gibt keine doppelte Überbauung der<br />

Anlage.<br />

ffDie Problematik mit 49,5 Hz wurde<br />

bereits zu Anfang des Jahres behoben.<br />

ffDie Fernsteuerbarkeit der Anlage ist<br />

möglich, aber noch nicht gegeben.<br />

ffFür den Anlagenbetrieb liegen alle Bauund<br />

Änderungsgenehmigungen vor.<br />

Jetzt zum betrieblichen Rahmen:<br />

ffDie Biogasanlage ist in den betrieblichen<br />

Ablauf integriert und ist eines von<br />

mehreren Standbeinen des Betriebes.<br />

ffDie Tilgung der Darlehen erfolgt pünktlich;<br />

die Bonität und Ertragslage des<br />

Betriebes ist in Ordnung.<br />

ffDie Betreibernachfolge ist im Familienbetrieb<br />

geregelt.<br />

Peter Pfiffig kennt den Markt für Biomasse<br />

und die Biogasbranche. Er besucht regelmäßig<br />

weiterbildende Seminare (vielleicht<br />

sogar die des Fachverbandes Biogas) und<br />

weiß, was los ist. Die Möglichkeiten der Flexibilisierung<br />

aus dem EEG 2009 kennt er;<br />

damit ausführlich beschäftigt hat er sich<br />

aber noch nicht. Nachdem er sich aber eingehend<br />

damit beschäftigt, mit Planern und<br />

Beratern gesprochen und mit Berufskollegen<br />

diskutiert hat, kommt er zu folgenden<br />

Ergebnissen:<br />

Flexibilitätsprämie<br />

Die Flexibilitätsprämie beträgt 130 Euro<br />

pro kW (die Berechnung erfolgt nach Anlage<br />

3 zum EEG 2014, ist aber etwas verwirrend).<br />

Die Prämie gibt es maximal für<br />

10 Jahre und maximal bis Ende des jetzigen<br />

20-jährigen EEG-Vergütungszeitraums<br />

der Anlage. Für Peter Pfiffig ist es das Jahr<br />

2027. Geht er also <strong>2017</strong> in die Flexibilisierung,<br />

kann er sie bis 2027 nutzen. Geht er<br />

erst 2018 in die Flexibilisierung, endet sie<br />

trotzdem 2027.<br />

1. Mit seiner installierten Leistung von<br />

500 kW und einer Bemessungsleistung<br />

von 457 kW kann er die Anlage nicht<br />

flexibel betreiben.<br />

2. Bei der Installation eines zusätzlichen<br />

BHKW mit 500 kW kann er mit 497 kW<br />

in die Flexibilisierung gehen [497 kW =<br />

(2 x 500 kW) - (457 kW x 1,1)]. Seine<br />

Flexibilitätsprämie beträgt dann 64.700<br />

Euro pro Jahr oder 1,62 ct/kWh.<br />

3. Bei der Installation von zwei zusätzlichen<br />

BHKW mit je 500 kW kann er<br />

mit 997 kW in die Flexibilisierung<br />

gehen beziehungsweise maximal mit<br />

der Hälfte der installierten elektrischen<br />

Leistung [997 kW = (3 x 500 kW) -<br />

(457 kW x 1,1)]. Seine Flexibilitätsprämie<br />

beträgt dann 97.500 Euro pro Jahr<br />

oder 2,44 ct/kWh.<br />

40


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

Tabelle 3: Welche Kosten fallen tatsächlich an?<br />

Er muss aber auch in der Lage sein, die kontinuierlich<br />

produzierte Biogasmenge entsprechend zu lagern. Bei<br />

einem zusätzlichen BHKW mit 500 kW kann er mit<br />

einem Gasspeichervolumen von 2.700 m³ arbeiten.<br />

Bei zwei zusätzlichen BHKW mit je 500 kW sollten<br />

3.700 m³ Volumen vorhanden sein.<br />

Managementprämie<br />

Unabhängig von der installierten Leistung hat Peter<br />

Pfiffig auch Anspruch auf die Managementprämie. Sie<br />

beträgt in seinem Fall 8.000 Euro pro Jahr oder 0,2<br />

ct/kWh. Mehrere Stromhändler bieten zusätzlich noch<br />

einen sogenannten Zusatzerlös für die Vermarktung von<br />

Strom an. In unserem Fall kann zum Beispiel die nat-<br />

GAS AG einen Zusatzerlös anbieten. Der Zusatzerlös<br />

beträgt bei Peter Pfiffig 22.000 Euro pro Jahr oder 0,6<br />

ct/kWh.<br />

Für den Zeitraum der nächsten 10 Jahre stellen sich damit<br />

die Zusatzeinnahmen wie in Abbildung 3 dar (wenn<br />

zwei BHKW installiert werden). Die Vergütung auf seiner<br />

Abrechnung sieht dann so aus wie in Abbildung 4. Einfacher<br />

und übersichtlicher wird es sicher nicht. Aber die<br />

Einnahmen steigen jetzt von 21,3 ct/kWh (inkl. Verkauf<br />

von Wärme) auf 24,5 ct/kWh (auch inkl. Wärme). Für<br />

die nächsten 10 Jahre ergibt sich damit ein Plus in der<br />

Abrechnung wie in Tabelle 1 aufgeführt.<br />

Kosten für die Flexibilisierung 1.270.000 €<br />

Abzüglich der „Sowieso-Kosten BHKW“ -250.000 €<br />

Abzüglich der „Sowieso-Kosten Gärrestlager“ -380.000 €<br />

Tats. Mehraufwand für die Flexibilisierung 640.000 €<br />

Zusatzeinnahmen für die nächsten 10 Jahre 1.275.000 €<br />

Erlöse für 10 Jahre 635.000 €<br />

Erlöse pro Jahr 63.500 €<br />

Wie Erträge aus der Biogasanlage dem Betrieb erst zufließen,<br />

nachdem die Biogasanlage gebaut wurde, so ist<br />

es auch hier nicht anders. Den zusätzlichen Erträgen<br />

stehen erstmals beträchtliche Ausgaben gegenüber,<br />

siehe Tabelle 2.<br />

Die Erhöhung der Anlagenleistung um 2 x 500 kW el<br />

wurde bewusst gewählt. Das derzeitige BHKW hat eine<br />

Laufleistung von rund 75.000 Betriebsstunden. Würde<br />

jetzt ein weiteres BHKW mit derselben Leistung installiert<br />

werden, hätte auch dieses BHKW 2027 eine Laufleistung<br />

von rund 75.000 Betriebsstunden. Zu Beginn<br />

der Ausschreibung steht also wieder die Generalüber-<br />

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41


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Tabelle 4: Variantenvergleich<br />

derzeitige<br />

Einnahmen <strong>2017</strong><br />

zusätzlich<br />

mit Flex <strong>2017</strong><br />

nach 2027<br />

Stromverkauf (0 - 150 kW) 146.577 € 146.577 € 0 €<br />

Stromverkauf (150 - 500 kW) 257.937 € 257.937 € 0 €<br />

Wärmeverkauf 20.000 € 20.000 € 0 €<br />

KWK-Bonus 28.537 € 28.537 € 0 €<br />

NawaRo-Bonus 280.000 € 280.000 € 0 €<br />

Formaldehyd-Bonus 40.000 € 40.000 € 0 €<br />

Gülle-Bonus 79.420 € 79.420 € 0 €<br />

Flexibilitätsprämie 0 € 97.500 € 0 €<br />

Zusatzerlös vom Stromhändler 0 € 22.000 € 0 €<br />

Managementprämie 0 € 8.000 € 0 €<br />

Marktprämie (max.) 0 € 0 € 556.000 €<br />

Direktvermarktung 0 € 0 € 120.000 €<br />

Wärmeverkauf 0 € 0 € 40.000 €<br />

Flexzuschlag 0 € 0 € 60.000 €<br />

Marktprämie 0 € 0 € 8.000 €<br />

Zwischensumme 1 852.470 € 979.970 € 784.000 €<br />

Zusatzerlöse<br />

Steigerung der Gasausbeute<br />

(Abdeckung GRL)<br />

100% 115% 92%<br />

0 € 13.700 € 13.700 €<br />

Vorteil in der Düngewirkung 0 € 11.200 € 11.200 €<br />

Verringerung Ausfallzeiten 0 € 16.600 € 16.600 €<br />

Steigerung<br />

BHKW-Wirkungsgrad<br />

13.700 € 13.700 € 13.700 €<br />

Zwischensumme 2 13.700 € 55.200 € 55.200 €<br />

Gesamt 866.170 € 1.035.170 € 839.200 €<br />

100% 120% 97%<br />

holung oder eine Ersatzinvestition an. Wird die Anlage<br />

aber um zwei weitere, baugleiche BHKW erweitert,<br />

so stehen 2027 (zu Beginn der Ausschreibung) beide<br />

BHKW mit je 37.500 Betriebsstunden bereit. Eine<br />

zusätzliche Investition fällt nicht an. Der in Tabelle 2<br />

angeführten Investition in Höhe von rund 1.270.000<br />

Euro steht ein Mehrertrag in Höhe von 1.275.000 Euro<br />

gegenüber. Berauschend ist das leider bis jetzt noch<br />

nicht. Erstmal.<br />

„Sowiesokosten“<br />

Aber welche Investitionen fallen in den nächsten zehn<br />

Jahren sowieso an? Wir sind also bei den „Sowiesokosten“:<br />

ffBei einer Laufleistung von 75.000 Betriebsstunden<br />

steht eine Ersatzinvestition in Höhe von rund<br />

350.000 Euro an. Alternativ kann mit mindestens<br />

zwei Generalüberholungen inklusive des Austausches<br />

diverser BHKW-Teile die Lebensdauer des<br />

BHKW verlängert werden. Die Kosten dazu werden<br />

bei rund 250.000 Euro liegen.<br />

ffMit der Änderung der AWsV und der DüngeV wird<br />

mit hoher Sicherheit die Lagerzeit für Gärrest auf<br />

270 Tage angehoben werden. Entsprechend dem<br />

EEG 2009 sind neu errichtete Gärrestlager gasdicht<br />

abzudecken.<br />

Es stehen also hier folgende Arbeiten an: Behälterbau,<br />

Gasspeicher, Rührtechnik, Umbau und Erweiterung der<br />

Rührtechnik, Biogas- und Substratleitungen, Erdarbeiten<br />

sowie Planung und Kosten für die Genehmigung.<br />

Damit können Kosten in Höhe von 380.000 Euro anfallen.<br />

Dessen ist sich auch der Betreiber Stefan Unlust<br />

bewusst. Er hofft, mit einfachen Lösungen dieses Problem<br />

zu umgehen. Aber mit zusätzlichen Kosten rechnet<br />

er auch. Tabelle 3 fasst die Kosten noch einmal<br />

zusammen.<br />

Unberücksichtigt in Tabelle 3 bleiben dabei folgende positive<br />

Effekte, die die Wirtschaftlichkeit weiter steigern:<br />

1. Durch die gasdichte Abdeckung im GRL steigt<br />

die Biogasausbeute in Abhängigkeit von der<br />

Verweilzeit im Fermenter sicher an. Die gleiche<br />

Biogasproduktion kann mit mindestens 5 Prozent<br />

weniger Einsatzstoffen erreicht werden. Bei einem<br />

Silomaispreis von 30 Euro pro Tonne und einer<br />

Einsparung von 1,25 Tonnen pro Tag sind das rund<br />

13.700 Euro im Jahr.<br />

2. Durch die erheblich verlängerte Lagerzeit des<br />

Gärrestes kann der begehrte biologische Dünger<br />

deutlich gezielter ausgebracht werden. Bei einem<br />

Stickstoffgehalt von etwa 3,5 Kilogramm pro Tonne<br />

Gärrest können mindestens 25 Prozent Stickstoff<br />

mehr genutzt werden. Bei einem Stickstoff-Preis<br />

von 1 Euro pro Kilogramm kann damit ein Mehrerlös<br />

von 11.200 Euro jährlich kalkuliert werden.<br />

3. Durch die Installation weiterer BHKW reduzieren sich<br />

die Ausfall- und Stillstandszeiten der/des BHKW. Bei<br />

einer Störung wird ein stehendes BHKW zugeschaltet.<br />

Damit können sicher 2 Prozent mehr an Strom<br />

eingespeist werden. Bei 4.000.000 kWh pro Jahr<br />

sind das 80.000 kWh im Jahr mehr. Die Einspeisevergütung<br />

von Peter Pfiffig liegt bei 20,7 ct/kWh,<br />

damit steigt der Ertrag um 16.600 Euro pro Jahr.<br />

4. Der technische Fortschritt hat sich gerade beim<br />

elektrischen Wirkungsgrad der BHKW deutlich<br />

gezeigt. Waren noch vor zehn Jahren Wirkungsgrade<br />

42


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

von 36 Prozent gut, liegen diese Werte jetzt bei 40 Prozent.<br />

Für die gleiche elektrische Leistung wird also 11 Prozent weniger<br />

Biogas benötigt. Setzen wir nur 5 Prozent an, so können<br />

auch hier bei einem Silomaispreis von 30 Euro pro Tonne und<br />

einer Einsparung von 1,25 Tonnen pro Tag rund 13.700 Euro<br />

pro Jahr zusätzlich erlöst werden.<br />

Praxis<br />

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Alle Erlöse zusammen betragen dann 55.200 Euro pro Jahr oder<br />

beträchtliche 1,4 ct/kWh. Sie können aber nicht generell auf jede<br />

Anlage übertragen werden. Daher wurden sie auch nicht auf die<br />

zehnjährigen Erträge angerechnet.<br />

Ratschläge<br />

ffBiogas erfordert, wie Landwirtschaft, ein langfristiges Denken<br />

in Dekaden. Kurzfristige Entscheidungen haben sich in der<br />

Regel nicht bewährt.<br />

ffDie Biogasanlage ist Bestandteil des landwirtschaftlichen<br />

Betriebes und muss in diesen eingefügt sein.<br />

ffMit der Flexibilitätsprämie aus dem EEG 2009 und der Restlaufzeit<br />

von zehn Jahren kann die Biogasanlage auf den aktuellen<br />

Stand gebracht und gehalten werden, um ohne Kosten in<br />

die Ausschreibung zu gehen. Dann können wir auch mit einer<br />

geringeren Vergütung gut leben.<br />

ffInvestieren Sie nachhaltig. Ein kurzfristiges Denken ergibt<br />

keinen Sinn. Der Bau einer Gärresttrocknung zur Erlangung<br />

des KWK-Bonus ist nicht nachhaltig.<br />

ffBehalten Sie die politische Entwicklung im Auge. Fast alle<br />

Aussagen zur Entwicklung von Erneuerbarer Energie aus den<br />

Neunzigerjahren haben sich als grundfalsch erwiesen.<br />

ffBesprechen Sie Ihre langfristigen Ziele frühzeitig mit dem<br />

Steuerberater und der finanzierenden Bank. Beide brauchen<br />

länger als Sie, weil sie nicht so mit der doch recht komplizierten<br />

Materie vertraut sind.<br />

ffSammeln Sie rechtzeitig Erfahrungen mit der Flexibilisierung<br />

der Anlage. Das dazu nötige Wissen kommt nicht einfach so<br />

zugeflogen.<br />

ffSuchen Sie sich einen erfahrenen Berater, Planer und Anlagenbauer.<br />

Die gerade zwischen 2004 und 2012 zu findenden<br />

Goldgräber und Glücksritter mit windigen Konzepten sind zum<br />

Glück fast alle weg.<br />

ffWenn Sie den Betrieb Ihrer Biogasanlage auch nach der<br />

20-jährigen Vergütungsdauer beabsichtigen, fangen Sie jetzt<br />

mit den Vorbereitungen an.<br />

ffLassen Sie sich Zeit für Ihre Entscheidung.<br />

Autor<br />

Alfons Himmelstoß<br />

Geschäftsführer<br />

AEV Energy GmbH<br />

Hohendölzschener Str. 1a<br />

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43


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

In der „Dunkelflaute“ die<br />

Preisspitzen mitnehmen<br />

Zuckerrübenlager als<br />

eine Art Energiespeicher.<br />

Da die Rüben<br />

schnell Gas liefern,<br />

füttert Friedrich Hake<br />

sie so, dass abends der<br />

Gasspeicher schnell<br />

gefüllt ist.<br />

Anfang des Jahres war es vielerorts windstill und trüb. Bei solchen Wetterlagen zeigt sich,<br />

was Biogasanlagen leisten. Bei angepasster Fahrweise können vom Betreiber die auftretenden<br />

Preisspitzen an der Strombörse mitgenommen werden. Experten gehen davon aus,<br />

dass solche Situationen künftig häufiger auftreten könnten.<br />

Von Thomas Gaul<br />

Vom Einstieg in die Regelenergie hatte sich<br />

so mancher Biogasanlagenbetreiber mehr<br />

versprochen. Doch nach verheißungsvollem<br />

Start sanken die Preise für diese Systemdienstleistung.<br />

Aber wer den Markt beobachtet<br />

und die Preisspitzen an der Strombörse mitnimmt,<br />

kann seine Erlöse optimieren.<br />

Und das hat gerade in diesem Januar gut funktioniert,<br />

wo das herrschte, was die Strommarktexperten als<br />

„Dunkelflaute“ bezeichnen: An den trüben Wintertagen<br />

speisen die Photovoltaikanlagen kaum Strom ins<br />

Netz, und bei nur schwachen Winden standen auch die<br />

Windräder meist still. Hinzu kam, dass im Nachbarland<br />

Frankreich mehrere Atomkraftwerke wegen Wartungsarbeiten<br />

abgeschaltet waren, der Strombedarf aber hoch<br />

war, weil dort viele Heizungen mit Strom betrieben werden.<br />

Mit jedem Grad, um das die Temperatur fällt, steigt<br />

die Stromnachfrage um 2.400 Megawatt. Das entspricht<br />

der Leistung von zwei bis drei Reaktorblöcken.<br />

Friedrich Hake hat die Situation genau im Blick: „Auf<br />

der Internetseite der Strombörse EPEX kann ich die<br />

Preise für den nächsten Tag sehen.“ Zusammen mit vier<br />

anderen Gesellschaftern betreibt Hake eine Biogasanlage<br />

in der Nähe von Hameln mit einer installierten elektrischen<br />

Leistung von 1.630 kW. „Wenn ich sehe, dass<br />

der Strompreis in den Abendstunden hoch ist, nehme<br />

ich diese Preisspitzen mit“, erläutert Hake seine Strategie.<br />

Dazu muss der Gasspeicher gut gefüllt sein, um ihn<br />

am Abend leerzufahren. „Im Moment sind die Strompreise<br />

wieder sehr interessant“, sagt Hake. So wurden<br />

in den Abendstunden im Januar bis zu 15 Cent pro kWh<br />

aufgerufen, während es sonst nur 4 bis 5 Cent sind. „Da<br />

lohnt es sich schon, im Internet nachzuschauen, zumal<br />

man ja als Landwirt ohnehin auch nach dem Wetter<br />

schauen muss“, ergänzt der Biogasproduzent.<br />

Erfahrungen mit der Direktvermarktung<br />

Mit der Direktvermarktung des Stroms begann Hake<br />

im Jahr 2012. Vermarktet wird über das Leipziger<br />

Handelshaus energy-to-market (e2m); zusammen mit<br />

anderen Anlagen erfolgt eine Bündelung durch die<br />

GeLa. Nach erfolgreicher Präqualifikation wird seit<br />

2013 Minutenreserveleistung (MRL) und Sekundärregelleistung<br />

(SRL) angeboten. Zunächst wurden auch<br />

rund 20.000 Euro pro Quartal mehr erlöst: „67 Prozent<br />

gehen zu unseren Gunsten, der Rest bleibt beim Stromhändler“,<br />

erklärt Friedrich Hake. Doch 2016 gingen<br />

die Erlöse dann auf nur noch 2.000 Euro im Quartal<br />

zurück. Bei einer Vertragsverlängerung um weitere drei<br />

Jahre wurde ihm angeboten, dass ihm 70 Prozent der<br />

Erlöse gutgeschrieben werden.<br />

Ende 2005 ging die Anlage ans Netz und fiel damit<br />

unter das EEG 2004. An den Start ging die Anlage mit<br />

einem Jenbacher-Motor, der inzwischen 550 kWel leistet.<br />

Im November 2006 kam ein weiteres Jenbacher-<br />

Aggregat mit einer elektrischen Leistung von 1.080 kW<br />

44


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

hinzu. Die Erfahrungen mit der flexiblen Betriebsweise<br />

waren bislang gut, schildert Hake. „Wir versuchen<br />

aber auch, Teillastbetrieb zu vermeiden.“ Bis zu einer<br />

Leistung von 40 Prozent können die Motoren von e2m<br />

heruntergeregelt werden.<br />

Hake zufolge dauerte der längste Abruf 13 Minuten.<br />

In der Regel kommt beim Herunterfahren der Motoren<br />

auch schon wieder das Signal zum Hochfahren. Bei<br />

der Fahrweise der Motoren verfolgt Hake seine eigene<br />

Strategie. Damit er sicher startet, geschieht dies beim<br />

zweiten Motor stets manuell. „Das ginge auch über den<br />

,Teamviewer‘, aber unser Mitarbeiter ist ohnehin um<br />

7.00 Uhr morgens auf der Anlage und kann den Motor<br />

dann starten.“ Seit Januar kann die Anlage auch PRL,<br />

ist aber dafür noch nicht präqualifiziert.<br />

Auf jeden Fall achtet Hake darauf, dass mit Blick auf<br />

die Stunden mit höherem Strombedarf und entsprechenden<br />

Preisen an der Strombörse der Gasspeicher<br />

zum Abend hin gut gefüllt ist. „Wir haben einen anderen<br />

Ansatz bei der Flexibilisierung gewählt, erläutert<br />

er: „Wir haben die Flexprämie nicht zum Überbauen<br />

genutzt, sondern setzen darauf, dass die bestehenden<br />

BHKW länger laufen.“ Hake setzt beim Substratinput<br />

zu einem Drittel Zuckerrüben ein, die im Herbst und<br />

Winter frisch verfüttert werden. Da diese bekanntlich<br />

schnell Gas liefern, lässt sich auch so der Gasspeicher<br />

schnell füllen.<br />

Fotos: Thomas Gaul<br />

Die Schwankungen nehmen zu<br />

Das ist auch notwendig, denn die Preisschwankungen<br />

am Strommarkt werden nach Ansicht von Experten zunehmen:<br />

„Wir sehen inzwischen wieder den Trend zu<br />

steigenden Preisen, aber vor allem die Schwankungen<br />

nehmen zu“, sagt Christian Dorfner, Vorstand der SK<br />

Verbundenergie AG in Regensburg. Das Unternehmen<br />

bündelt Biogasanlagen zu einem virtuellen Speicherkraftwerk,<br />

steuert diese mittels individueller Fahrpläne<br />

dynamisch und in Echtzeit und bedient mit ihnen die<br />

Anlagenbetreiber<br />

Friedrich Hake hat am<br />

PC die Preise an der<br />

Strombörse immer<br />

genau im Blick.<br />

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45


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Biogasanlage der<br />

Alternative Energien<br />

Wesertal GmbH & Co.<br />

KG in der Nähe von<br />

Hameln.<br />

„Das BHKW wird dann<br />

eingeschaltet, wenn der<br />

Strombedarf hoch ist und<br />

somit die Preise an der<br />

Börse steigen“<br />

Christian Dorfner<br />

verschiedenen Märkte für<br />

Strom und Regelenergie.<br />

„Die Situation, wie wir sie<br />

im Januar und bisher im Februar<br />

am Strommarkt hatten,<br />

ist im Grunde ein Blick<br />

in die Zukunft“, so Dorfner.<br />

Die konventionelle Kraftwerkskapazität<br />

in Deutschland<br />

schmilzt dahin wie<br />

Butter in der Sonne. „Aktuell<br />

führen die schlechten<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu, dass<br />

etliche konventionelle Kraftwerke zur Stilllegung angemeldet<br />

werden oder vom Netz gehen“, fasst Stefan<br />

Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes<br />

der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), die Lage<br />

zusammen: „Investitionen in den Kraftwerksneubau<br />

sind bereits zum Erliegen gekommen.“<br />

Dem BDEW-Chef bereitet Sorge, dass die ganz offensichtlich<br />

unverzichtbaren konventionellen Kraftwerke<br />

derzeit mit hoher Geschwindigkeit vom Markt verschwinden.<br />

In den vergangenen fünf Jahren wurden<br />

insgesamt 82 konventionelle Stromerzeuger mit einer<br />

Leistung von mehr als 12 Gigawatt zur Stilllegung angemeldet,<br />

weil sich ihr Betrieb im Marktumfeld der<br />

Energiewende nicht mehr rechnet. Und das Kraftwerkesterben<br />

geht weiter. Gerade erst hat die Bundesregierung<br />

die Emissionsgrenzwerte für konventionelle Kraftwerke<br />

verschärft. In der Ungewissheit, ob sie mit ihren<br />

Anlagen je wieder Geld verdienen können, rüsten viele<br />

Betreiber ihre Anlagen dafür aber nicht mehr nach – sie<br />

legen sie lieber gleich still.<br />

„Die Stromnachfrage muss bei jeder Wetterlage gedeckt<br />

und das Stromnetz stabil gehalten werden“,<br />

sagt Kapferer. Und das ist die Chance für Biogas. Als<br />

speicher- und planbarer regenerativer Energieträger<br />

kann Biogas die Lücken schließen, die an kalten und<br />

dunklen Wintertagen durch den Produktionsausfall bei<br />

Wind und Photovoltaik gerissen werden. „Das BHKW<br />

wird dann eingeschaltet, wenn der Strombedarf hoch<br />

ist und somit die Preise an der Börse steigen“, verdeutlicht<br />

Dorfner. So zum Beispiel am Dienstag, dem 24.<br />

Januar, als elektrisch betriebene Züge, U-Bahnen und<br />

Fahrstühle die Menschen an den Arbeitsplatz brachten<br />

und die Fabriken ihre Arbeit aufnahmen, stieg<br />

Deutschlands Stromverbrauch rasch auf 83 Gigawatt.<br />

Die Windkraft an Land lieferte jedoch fast über den<br />

ganzen Tag hinweg weniger als 1 Gigawatt.<br />

In der Mittagszeit halfen ein paar Solaranlagen, die<br />

gesamte Produktion aus Wind und PV kurz mal auf 3<br />

Gigawatt zu hieven. Wäre nicht die konstante Leistung<br />

von über 5 Gigawatt der Biogasanlagen vorhanden,<br />

würde die Last der Stromerzeugung ganz auf den fossilen<br />

Energieträgern ruhen. „Wobei der Kohlepreis Ende<br />

2016 sprunghaft um über 30 Prozent gestiegen ist,<br />

was dazu führt, dass die Kohlekraftwerke entsprechend<br />

später zugeschaltet werden“, ergänzt Christian Dorfner.<br />

Die Biogasanlagen könnten diese Strommarktsituationen<br />

grundlegend entschärfen, stellt er in Aussicht:<br />

„Flexible Biogasanlagen können ihre Produktion genau<br />

in diese hohen Nachfrage-Stunden legen. Dadurch würden<br />

die Preisspitzen von bis zu 16 ct/kWh entlastet.“<br />

Für die Biogasanlagen-Betreiber sind diese Preisunterschiede<br />

natürlich sehr lukrativ. Zudem haben Biogasanlagen,<br />

wenn sie am kurzfristigen Intraday-Handel, in<br />

dem noch kürzere Viertelstunden-Zeitscheiben gehandelt<br />

werden, bei Preisen von bis zu 50 ct/kWh und mehr<br />

teilnehmen, noch bessere Chancen, so Dorfner.<br />

Der einzelne Betreiber dürfte jedoch mit der Fahrplanerstellung<br />

überfordert sein, sodass es ohne automatisierte<br />

Unterstützung nicht geht. Die Biogasanlagen<br />

werden so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende<br />

leisten, aber nicht alle damit verbundenen Probleme<br />

lösen können. „Eine Biogasanlage kann sehr kurzfristige<br />

Netzschwankungen im Sekundenbereich auch<br />

gar nicht ausgleichen“, erklärt der SKVE-Vorstand.<br />

Dafür kämen zunehmend auch Batterien ins Spiel.<br />

„Der Verschleiß, wenn das BHKW innerhalb nur weniger<br />

Sekunden oder Minuten hochgefahren und dann<br />

wieder gestoppt wird, ist einfach zu hoch“, gibt er zu<br />

bedenken. Dorfner favorisiert eine „harmonischere“<br />

wartungsschonende Fahrweise der BHKW-Motoren, bei<br />

der diese immer mindestens zwei oder mehr Stunden<br />

konstant laufen.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

Freier Journalist<br />

Im Wehrfeld 19a · 30989 Gehrden<br />

Mobil: 01 72/512 71 71<br />

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46


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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47


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

„Biogasanlagen sind die flexibelsten und<br />

am einfachsten einsetzbaren EE-Anlagen“<br />

Biogas ist das Stiefkind der letzten EEG-Novellen. Dies ist nicht nur für viele Betreiber von<br />

Biogasanlagen, sondern auch aus Sicht eines Virtuellen Kraftwerks unverständlich. Denn<br />

ein Blick in die nicht allzu ferne Zukunft zeigt: Wir werden in Deutschland mittelfristig<br />

mehr Flexibilität im Stromsystem brauchen. Das ist das Ergebnis der Kurzstudie „Flexibilität<br />

im Strommarkt 2.0“ der r2b energy consulting GmbH, die Next Kraftwerke in Auftrag<br />

gegeben hat.<br />

Von Jochen Schwill<br />

Biogas kann und wird einen wichtigen Beitrag<br />

dazu leisten, dass die in naher Zukunft<br />

benötigte Flexibilität vorhanden ist. Das<br />

wissen wir. Denn wir vernetzen seit Jahren<br />

tausende Biogasanlagen in unserem Virtuellen<br />

Kraftwerk. Und das nicht ohne Grund. Die angesprochene<br />

Studie zeigt: Flexibilität bleibt die große<br />

Herausforderung für das Stromsystem. Die Nachfrage<br />

nach Flexibilität wird steigen und ebenso der Preis dafür.<br />

Für Biogasanlagenbetreiber bedeutet dies: Auf der<br />

bestehenden Erfahrung aufbauen und flexibilisieren.<br />

Warum sollten sie das tun? Ein wichtiger Grund für<br />

die derzeit niedrigen Preise für Flexibilität sind die<br />

bestehenden massiven Überkapazitäten auf konventioneller<br />

Kraftwerksseite. Es ist heute nicht nur zu viel<br />

Strom im Markt, was den Börsenstrompreis drückt und<br />

Stromexporte erhöht, sondern auch zu viel Flexibilität.<br />

Gleichzeitig ist aber die Abmeldung vieler bestehender<br />

konventioneller Kraftwerke bereits beschlossen, ebenso<br />

wie der Rückbau der Kernenergie nach 2020.<br />

Bis 2020 werden nach unseren Berechnungen mindestens<br />

9.800 Megawatt (MW) und bis 2025 etwa 17.900<br />

MW an konventionellen Kapazitäten abgebaut. Wir sind<br />

davon überzeugt, dass wir dann eine starke Knappheit<br />

auf dem Markt sehen werden. Diese wird noch verstärkt<br />

durch eine starke Zunahme an fluktuierenden Erneuerbaren<br />

Energien im System durch den weiteren Ausbau<br />

von Solar und Wind. In der Kombination steigt die Nachfrage<br />

nach Flexibilität – und ebenso der Preis dafür.<br />

Flexibilitätsbedarf wird drastisch steigen<br />

Zum Beispiel erwarten wir für das Jahr 2025 einen um<br />

25 Prozent gesteigerten Bedarf an Flexibilität beim<br />

Ausgleich von Knappheitssituationen im Vergleich zu<br />

2016. Um diesen erhöhten Bedarf an Flexibilität zu<br />

decken, gibt es unterschiedliche Optionen, die wiederum<br />

für unterschiedliche Märkte – Regelenergiemarkt,<br />

Day-Ahead-Markt, Intraday-Markt – attraktiv sind.<br />

Die Bereitstellung von Flexibilität durch Biogasanlagen<br />

ist eben eine solche Option. Denn Biogasanlagen<br />

sind immer noch die flexibelsten und am einfachsten<br />

einsetzbaren erneuerbaren Anlagen, um Flexibilität am<br />

Markt anzubieten. Das wird schon an dem Beitrag deutlich,<br />

den Biogasanlagen bereits heute für ein stabiles<br />

Stromsystem leisten. Ein Beitrag, der unserer Meinung<br />

nach oft nicht ausreichend anerkannt wird.<br />

Alleine wir vernetzen heute in unserem Next Pool fast<br />

ein Drittel der rund 9.000 Biogasanlagen in der EEG-<br />

Förderung in Deutschland. Damit bieten wir zum einen<br />

Regelenergie an. Wir können die Anlagen innerhalb von<br />

48


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

Sekunden herauf- oder herunterregeln. Mit dieser Fähigkeit<br />

bieten die Anlagen bereits heute die wertvolle<br />

Sekundärregelleistung (SRL) an. Wir allein stellen mit<br />

den Biogasanlagen in unserem Next Pool mehr als 10<br />

Prozent der gesamten negativen SRL in Deutschland.<br />

Nach unseren Schätzungen kann mehr als ein Viertel<br />

der negativen SRL heute durch Biogasanlagen bereitgestellt<br />

werden. In diese Schätzung fließt unser Portfolio<br />

und das weiterer Aggregatoren in Deutschland ein,<br />

die auch dezentrale Anlage vernetzen. Das zeigt das<br />

Ausmaß, mit dem Bioenergie schon heute zur Netzstabilität<br />

beiträgt.<br />

Biogasanlagen können kilowattscharf<br />

Abrufe bedienen<br />

Bei der Lieferung von Regelenergie ist nicht nur die<br />

schnelle Reaktionsfähigkeit ein Vorteil der Technologie.<br />

Biogasanlagen können auch sehr exakt die Abrufe<br />

nach Regelenergie abfahren. Während Großkraftwerke<br />

in der Regel in 10-MW-Schritten fahren, sind Biogasanlagen<br />

in der Lage, kilowattscharf dem Abruf zu folgen.<br />

Biogasanlagen haben auch dazu beigetragen, dass<br />

die Vorhaltung von Regelenergie wesentlich günstiger<br />

geworden ist.<br />

Vernetzt in Virtuellen Kraftwerken haben sie das Angebot<br />

für Regelenergie erheblich erhöht. So sind die<br />

durchschnittlichen Leistungspreise stetig gesunken<br />

und damit auch die Kosten für die Regelenergievorhaltung.<br />

Das wiederum entlastet die Netzentgelte, die die<br />

Endverbraucher zahlen – zumindest dahingehend, dass<br />

sie nicht noch stärker angestiegen sind. In Zahlen sieht<br />

das so aus: Laut der Bundesnetzagentur sind die Kosten<br />

für die Vorhaltung der Sekundärregelleistung von<br />

593 Millionen Euro in 2010 auf 227 Millionen Euro<br />

in 2014 gesunken (siehe Abbildung). Das ist eine Senkung<br />

von rund 366 Millionen Euro innerhalb von vier<br />

Blick in die Next-Box,<br />

der Kommunikationsschnittstelle<br />

zwischen<br />

Biogasanlage und<br />

Direktvermarkter.<br />

Fotos: Next Kraftwerke GmbH<br />

ÜBERWACHUNG VON BIOGAS-ANLAGEN<br />

Biogas 401<br />

Mehrkanal-Gasanalysator<br />

Biogas 905<br />

Mehrkanal-Gasanalysator<br />

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Die beiden Gas-Analysatoren Biogas 401<br />

und Biogas 905 über wachen kontinuierlich<br />

oder dis kon ti nuierlich die Qualität des<br />

Biogases auf die Gaskompo nenten hin.<br />

Optional warnen zusätzliche Umgebungsluft-Sensoren<br />

frühzeitig vor gesundheitsge<br />

fähr denden, explo sions fähigen und<br />

nichtbrenn baren Gasen und Dämpfen.<br />

❯❯❯ Biogas Know-how seit 2001 ❮❮❮<br />

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49


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Kosten der Vorhaltung von Regelenergie<br />

Kosten der Vorhaltung von Regelenergie<br />

in Mio. Euro<br />

106,6<br />

111,8<br />

82,3<br />

85,2<br />

103,4<br />

100,6<br />

104,2<br />

67,4<br />

156,1<br />

106,0<br />

227,6<br />

267,1<br />

371,9<br />

352,9<br />

593,1<br />

KRAFTWERKE<br />

267,1©NEXT 227,6©NEXT<br />

Vorhaltung<br />

Primärregelung<br />

Vorhaltung<br />

Sekundärreserve<br />

Vorhaltung<br />

Minutenreserve<br />

2010<br />

2011 2012 2013 2014<br />

Quelle: Monitoringberichte 2013, 2014 & 2015 der Bundesnetzagentur<br />

Jahren. Neben der Bereitstellung von Regelenergie verlagern<br />

auch immer mehr Biogasanlagen ihre Stromproduktion<br />

in Zeiten höherer Strompreise an der Strombörse.<br />

Dies geschieht abseits des Regelenergiemarkts der<br />

Übertragungsnetzbetreiber am regulären Strommarkt<br />

an der Börse. Die Anlagen erhalten über unser Leitsystem<br />

Preissignale von der Börse und richten daran ihre<br />

Stromproduktion aus.<br />

Täglicher Flex-Hub: 40 MW<br />

Schauen wir auf die Entwicklung in den vergangenen<br />

fünf Jahren, müssen wir feststellen, dass sich hier<br />

enorm viel getan hat. Und wir sehen, dass die Zahlen<br />

stetig steigen. In unserem Virtuellen Kraftwerk laufen<br />

bereits 310 Technische Einheiten mit einer Leistung<br />

von rund 120 MW bedarfsorientiert. Der flexible Hub<br />

pro Tag beträgt dabei etwa 40 MW. Dies ist die Leistung,<br />

die jederzeit flexibel abrufbar ist. So können diese<br />

Biogasanlagen im Virtuellen Kraftwerk an der Strombörse<br />

agieren wie eine große Batterie.<br />

Um genauer zu sein, bieten allein diese Biogasanlagen<br />

in unserem Portfolio damit mehr Flexibilität als die<br />

aktuell größten Batterien in Deutschland. Diese liegen<br />

bei einer Leistung von etwa 10 bis 15 MW. Auch wenn<br />

sich gerade sehr viel tut in der Entwicklung größerer<br />

Batterien, kann sich ein flexibler Hub von 40 MW an<br />

der Strombörse sehen lassen. Zum Vergleich: Ein deutscher<br />

Kraftwerksbetreiber investiert momentan 100<br />

Millionen Euro in sechs Großbatteriesysteme à 15 MW,<br />

der daraus resultierende flexible Hub dürfte bei rund<br />

45 MW liegen. Angesichts dieser Investitionskosten<br />

lässt sich abschätzen, welche Summen das Stromsystem<br />

bereits dadurch gespart hat, dass Virtuelle Kraftwerke<br />

die Flexibilitätspotenziale von dezentralen Biogasanlagen<br />

gehoben und dem System zur Verfügung<br />

gestellt haben.<br />

Damit wollen wir in keiner Weise die enorme Bedeutung<br />

von Batterien für die zukünftige Versorgungssicherheit<br />

kleinreden. In einem Stromsystem, das mehrheitlich<br />

auf Wind und Sonne setzt, ist die Frage nach der Speicherung<br />

von Energie eine, die beantwortet werden<br />

muss. Auf dem Weg dahin gibt es derzeit jedoch noch<br />

kostengünstigere Möglichkeiten, Flexibilität bereitzustellen:<br />

Indem zunächst die Flexibilität gehoben wird,<br />

die bereits existiert – zum Beispiel in Biogasanlagen.<br />

Aufgrund unserer Erfahrung sind wir überzeugt, dass<br />

Biogas sich als Technologie sehr gut schlägt. Natürlich<br />

ist keine Technologie perfekt. Von großflächigem Maisanbau<br />

bis vergleichsweise teuer – Biogas hat schon viel<br />

Schelte einstecken müssen. In diesen Debatten wird<br />

jedoch aus unserer Sicht zu selten anerkannt, wie viel<br />

Biogas heute schon für die Versorgungssicherheit in<br />

Deutschland leistet. Wir finden, dieser Beitrag lässt<br />

sich nicht wegreden und muss bei der Bewertung der<br />

Technologie immer einbezogen werden.<br />

Autor<br />

Jochen Schwill<br />

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50


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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51


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Eine Alternative auf<br />

kürzeren Strecken sind<br />

schleppergezogene<br />

Tankanhänger, die das<br />

Überladen am Feldrand<br />

ermöglichen.<br />

Logistik für Gärprodukte<br />

Vom Stall zur Biogasanlage, vom Gärproduktlager auf den Acker: Gülle und Gärsubstrate<br />

müssen in großen Mengen über unterschiedlich lange Distanzen transportiert werden. Das<br />

ist nicht nur eine Kostenfrage, auch die Zeiträume werden für den Transport immer enger.<br />

Da ist schlagkräftige Logistik gefragt.<br />

Von Thomas Gaul<br />

Gärsubstrat und Wirtschaftsdünger müssen<br />

über immer größere Distanzen verbracht<br />

werden. Die neue Düngeverordnung (DüV)<br />

dürfte das Problem noch verschärfen.<br />

Denn die Menge an Gärsubstrat, die nach<br />

guter fachlicher Praxis in der Nähe der Biogasanlage<br />

ausgebracht wird, dürfte sich reduzieren. Außerdem<br />

wird es eine zeitliche Verschiebung geben.<br />

War es vor allem in Ackerbauregionen üblich, einen großen<br />

Teil des Gärproduktes im Spätsommer zur Strohausgleichsdüngung<br />

auf die Felder zu fahren, wird dies<br />

künftig nicht mehr möglich sein. Gärprodukte als auch<br />

andere Wirtschaftsdünger werden künftig hauptsächlich<br />

im Frühjahr ausgebracht werden. Das ist auch<br />

pflanzenbaulich und ökologisch sinnvoll, da die Pflanzen<br />

dann den höchsten Nährstoffbedarf haben.<br />

Philipp Staritz vom Lohnunternehmen Blunk GmbH in<br />

Rendswühren bei Neumünster in Schleswig-Holstein<br />

kann bereits jetzt diesen Trend erkennen. In den letzten<br />

Jahren hat sich die ausgebrachte Menge im Spätsommer<br />

und Herbst schon deutlich reduziert, und der Einsatz im<br />

Frühjahr hat – auch mithilfe von Nitrifikationshemmstoffen<br />

– zugenommen. „Die Düngung kommt geballt im Frühjahr“,<br />

so Staritz, „das hat Auswirkungen auf die Logistik.“<br />

Steigende Anforderungen an die Technik<br />

Die Ansprüche an die Technik zum Transport steigen,<br />

sollen große Mengen Wirtschaftsdünger in kurzen Zeiträumen<br />

unter den Augen der Öffentlichkeit transportiert<br />

werden. Mit den üblichen großvolumigen Güllewagen<br />

ist ein Befahren der im Frühjahr noch feuchten<br />

Felder kaum mehr möglich. Um keine Schadverdichtungen<br />

im Boden zu verursachen, wird der Trend in<br />

Richtung kleinere, bodenschonend bereifte Ausbringfahrzeuge<br />

gehen, die das Gärsubstrat zum Vermeiden<br />

von Emissionen in die oberste Bodenschicht schlitzen<br />

oder nah an den Pflanzenreihen ablegen.<br />

Das bedeutet aber auch, dass zum Transport andere<br />

Fahrzeuge zum Einsatz kommen müssen. Die inzwischen<br />

bei den Güllefässern erreichten Fassgrößen<br />

überschreiten bei vollständiger Füllung die von der<br />

StVZO vorgegebenen Grenzen. Hier bieten Lkw mit<br />

speziellen Tankaufliegern große Vorteile. Damit lassen<br />

sich bei größeren Transportentfernungen die Kosten<br />

senken. Sie kommen auch dort ins Spiel, wenn es darum<br />

geht, Wirtschaftsdünger aus Überschussregionen<br />

in Ackerbaugebiete zu exportieren, wo sie in Biogasanlagen<br />

als Substrat eingesetzt werden und nach der Vergärung<br />

den Bedarf an Mineraldünger reduzieren helfen.<br />

Aktuellen Angaben zufolge sind allein in den Veredelungsregionen<br />

im Westen Niedersachsens etwa 80.000<br />

Tonnen Stickstoff und 40.000 Tonnen Phosphat zu viel<br />

„im System“. Mit der Logistik von Gärprodukten und<br />

Gülle befassen sich bereits mehrere Forschungsvorhaben.<br />

In dem Projekt „Bauernhof Niedersachsen“ haben<br />

die Universitäten Osnabrück und Göttingen gemeinsam<br />

untersucht, ob sich der Wirtschaftsdüngertransfer aus<br />

den Veredelungsregionen zu Biogasanlagen in Ackerbauregionen<br />

rechnet.<br />

Ergebnis der Modellkalkulation: Der Transport von flüssiger<br />

Schweinegülle mit einem Gülleauflieger lohnt<br />

sich für den Biogasanlagenbetreiber bis zu einer Entfernung<br />

von 200 Kilometern (km), mit einem Kombiliner<br />

bis 300 km. Bei separierter Schweinegülle liegt<br />

52


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

Fotos: Werkbilder<br />

die wirtschaftliche Transportdistanz bei 400 km, bei<br />

Hühnertrockenkost geht sie sogar bis 700 km.<br />

Transfer von Wirtschaftsdünger in<br />

Biogasanlagen<br />

Wird die Gülle in der Biogasanlage vergoren, sind auch<br />

längere Strecken ökologisch sinnvoll, der Transport hat<br />

kaum Auswirkungen auf die Emissionen. Das liegt vor<br />

allem daran, dass die Vergärung der Wirtschaftsdünger<br />

im Vergleich zur Ausbringung der unbehandelten Gülle<br />

große Mengen an Treibhausgasemissionen einspart, vor<br />

allem Methan.<br />

Wirtschaftsdünger ist für Biogasanlagen-Betreiber interessant,<br />

weil die Biogaserzeuger in der vieharmen<br />

Region damit Anspruch auf den Güllebonus haben. Für<br />

den Bonus müssen sie mindestens 30 Masseprozent<br />

Gülle oder Mist einsetzen. Mist ist deshalb beliebt, weil<br />

er eine größere Gasausbeute hat – besonders Hähnchenmist.<br />

Denn weil die Tiere ständig scharren, um<br />

Nahrung auf dem Boden zu suchen, ist der Mist sehr<br />

locker und konzentriert.<br />

Bei den Transporten in die Ackerbauregion werden sogenannte<br />

Kombitrailer genutzt. Sie besitzen zwei bis<br />

drei Kammern. Außen liegen meistens die Kammern<br />

für Gülle, in der Mitte dagegen ist der Lagerraum für<br />

Getreide. Es gibt auch Fahrzeuge, bei denen ein Güllekessel<br />

fest auf der Ladefläche verschraubt ist und<br />

außen herum das Getreide gelagert wird. Fahrzeuge,<br />

deren Kammern längs unterteilt sind, lassen sich zur<br />

Entleerung nach hinten kippen.<br />

Das hat logistische Vorteile. Ist die Getreidekammer<br />

dagegen wie bei einigen Fahrzeugen in der Mitte angeordnet,<br />

lässt sich Getreide nur nach unten abladen. Mit<br />

diesen Kombifahrzeugen werden die Wirtschaftsdünger<br />

zu den Abnehmern transportiert. Auf dem Rückweg<br />

nehmen die Transporteure Getreide aus den Ackerbauregionen<br />

mit und liefern es zu Mischfutterwerken in der<br />

Region Südoldenburg. Spezialisierte Nährstoffbörsen<br />

und Transporteure kooperieren dazu mit Futterherstellern<br />

und organisieren die Logistik rund um die Kette<br />

Futtermittel – Nährstoffe.<br />

Wichtig ist, die Standzeiten des Lieferfahrzeugs zu reduzieren<br />

und eine Ladestelle für die Rückfracht in der<br />

Nähe der Gärproduktladestelle bzw. der Gülleabgabestelle<br />

zu finden. Die Transporteure teilen den Mischfutterherstellern<br />

mit, wo sie Wirtschaftsdünger entladen.<br />

Sie suchen dann eine geeignete Ladestelle und übernehmen<br />

die Abrechnung, die Transporteure beschränken<br />

sich auf den Transport als Dienstleistung, so das<br />

übliche Vorgehen.<br />

Die praktische Umsetzung des Nährstofftransports<br />

sieht so aus: Die Spediteure laden die Gülle bei den abgebenden<br />

Betrieben frühmorgens oder teilweise auch<br />

schon am Abend vorher. Dann fahren sie ab 5.00 Uhr<br />

los. Die Transportentfernung beträgt 150 bis maximal<br />

250 km, damit die Fahrer in einer Schicht hin- und wieder<br />

zurückkommen. Die Fahrzeuge sind dann zwischen<br />

7 und 8 Uhr bei den Aufnahmestellen für die Gülle und<br />

dann entsprechend am frühen Vormittag auch bei den<br />

Getreidelagern.<br />

Die Kombitrailer fassen in der Regel 26 Kubikmeter<br />

Gülle, was im Schnitt ein Transportgewicht von 24,8<br />

bis 25 Tonnen (t) bedeutet. Denn Gülle oder Gärprodukte<br />

sind etwas leichter als Wasser. Einschließlich<br />

Leergewicht von etwa 16 bis 17 t kommen sie damit<br />

auf ein Gesamtgewicht von rund 40 t. Auf dem Rückweg<br />

nehmen sie rund 24 t Getreide mit zurück. Die<br />

Nährstoffverwertung Oldenburger Münsterland (NOM)<br />

schickt zehn dieser besonderen Transportfahrzeuge an<br />

den Start.<br />

Die NOM ist ein Zusammenschluss von Lohn-, Transport-<br />

und Entsorgungsunternehmen, die mit Mischfutterwerken<br />

der Region kooperieren. Die eingesetzten<br />

Kombi-Trailer bringen Getreide in Richtung Oldenburg<br />

und transportieren in separaten Behältnissen auf dem<br />

Rückweg auf demselben Lkw Gülle oder Gärreste aus<br />

Biogasanlagen in die Ackerbauregionen. Die Fahrzeuge<br />

verfügen über voneinander getrennte Kammern. Eine<br />

für Schüttgut, wie zum Beispiel Getreide, und eine für<br />

Flüssigkeiten, zum Beispiel Gülle.<br />

Ein 40-Tonnen-Lkw kann rund 26 t Getreide als Ladung<br />

mitnehmen, damit füllt er rund 40 Prozent seines Volumens<br />

aus. Der Freiraum kann somit als zweite Kammer<br />

für Flüssigkeit genutzt werden. Pro Fahrt kann so<br />

nahezu die gleiche Menge transportiert werden wie in<br />

Silofahrzeugen ohne Doppelkammer. Kombifahrzeuge<br />

der Firmen Heitling aus Melle, Harmer Maschinenbau<br />

aus Bakum, Kotte Landtechnik aus Rieste, Firma Wie-<br />

Der Transport mit dem<br />

Lkw ist am kostengünstigsten.<br />

53


Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Für höhere Transportleistungen kommen auch spezielle Lkw mit vier Achsen infrage.<br />

Duoliner: Kombinierte<br />

Fahrzeuge für den<br />

Transport von Gülle<br />

und Getreide haben<br />

sich insbesondere bei<br />

Fahrten bewährt, die<br />

Gülle in Ackerbauregionen<br />

bringen und von<br />

dort auf dem Rückweg<br />

Getreide mitnehmen.<br />

se, Petershagen, und Firma<br />

Feldbinder, Stade, sind im<br />

Einsatz. Reine Gülle-Lkw<br />

können zwar mit 28 Kubikmetern<br />

etwas mehr Gülle<br />

laden als die Kombitrailer.<br />

Aber dafür müssen sie leer<br />

zurückfahren. Daher sind die Kombitrailer auf weiten<br />

Strecken deutlich effizienter als reine Gülletransporter.<br />

Mist wird dagegen in speziellen Walking-Floor-Fahrzeugen<br />

transportiert, das übernehmen in der Regel spezialisierte<br />

Unternehmen.<br />

Eine Frage der Kosten<br />

Die Transportkosten variieren stark und werden von der<br />

Wahl des Fahrzeugs und der Entfernung bestimmt. Sie<br />

teilen sich auf in Fixkosten je Tonne und Fahrt sowie in<br />

variable Kosten je t und km. Bei einem Gülle-Auflieger<br />

ist zum Beispiel von Fixkosten von 2,60 Euro pro t und<br />

Fahrt auszugehen, hat die Professur für Produktion und<br />

Logistik der Uni Göttingen ermittelt. Dazu kommen 8,5<br />

ct/t und km. Bei Kombilinern und Kippern dagegen treten<br />

je Fahrt Fixkosten von 4 Euro/t auf, die variablen<br />

Kosten dagegen liegen nur bei 5 ct/t und km.<br />

Beim Transport spielt auch die Lkw-Maut inzwischen<br />

eine große Rolle, sie kann bei 300 km Entfernung<br />

1 bis 2 Euro je Kubikmeter ausmachen. Der Lkw ist<br />

durch geringe Kosten selbst auf kürzeren Distanzen<br />

das preiswerteste Transportmittel. Spezielle Agrotrucks<br />

sind durch Niederdruckbereifung, geringere Nutzlast<br />

und höheren Dieselverbrauch teurer, aber immer noch<br />

günstiger als ein 150-kW-Schlepper mit Tridemfass.<br />

Hinzu kommt, dass Lkw und Agrotruck durch die höhere<br />

Fahrgeschwindigkeit mehr Umläufe am Arbeitstag<br />

schaffen und daher eine größere Menge transportieren.<br />

Wie Dr. Martin Wesenberg, Geschäftsführer des Bun-<br />

54


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Praxis<br />

desverbandes der Lohnunternehmer berechnet hat,<br />

liegen die Verfahrenskosten pro Stunde beim Schlepper<br />

mit Tridemfass bei 98 Euro, beim Agrotruck bei 87<br />

Euro und beim Lkw bei 84 Euro.<br />

Tendenz zum Leichtbau<br />

Der Trend geht auch bei Transportfahrzeugen zu gewichtsoptimierten<br />

Fahrzeugen aus Kunststoff oder GFK<br />

(Glasfaserkunststoff). Das Gewicht dieser Fahrzeuge<br />

liegt um 40 Prozent unter dem der aus Stahl gefertigten<br />

Tanks. In der Variante als Auflieger können sie<br />

sowohl von Sattelzugmaschinen, Agrotrucks als auch<br />

von Schleppern mit Dollyachsen gezogen werden.<br />

Das hat Vorteile, weil sich damit sämtliche Felder erreichen<br />

lassen, macht auch Philipp Staritz deutlich: „Der<br />

Lkw ist mit Abstand am günstigsten, kommt aber nicht<br />

überall hin.“ Solche Fahrzeuge werden von den Firmen<br />

Annaburger und von Zunhammer gebaut. „Wir investieren<br />

auch weiterhin in schleppergezogene Gespanne“,<br />

sagt Staritz. Eine solche Lösung hat auch Krampe auf<br />

der letzten EuroTier vorgestellt: Der Tankaufbau auf<br />

einem Dreiachs-Anhänger kann gegen einen Kipper<br />

getauscht werden, um die Auslastung des Fahrzeuges<br />

zu verbessern. Das Volumen dieser Fahrzeuge beträgt<br />

meist 21 m³, passend etwa zur Ausbringung mit Selbstfahrern.<br />

Auf einen Feldrandcontainer kann in diesen<br />

Fällen verzichtet werden.<br />

Zunehmend werden neue Fahrzeugkonzepte in Leichtbauweise<br />

eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der Annaburger<br />

„HighwayTanker LS 38.28“, der durch seine<br />

gewichtsoptimierte Fahrgestellkonstruktion bis zu 30<br />

m³ Gülle oder Gärprodukt transportieren kann. Bei anderen<br />

Anbietern sind weiterhin Tanks aus Stahl (verzinkt<br />

oder innen- und außenbeschichtet) das Mittel der<br />

Wahl. Nur bei Stahlbehältern kann eine Vakuumpumpe<br />

zur Befüllung eingesetzt werden.<br />

Maximale Korrosionsbeständigkeit verspricht Kässbohrer<br />

für ihren aus Edelstahl gefertigten Tanktrailer<br />

STN 30. Tankauflieger für Sattelzugmaschinen sind<br />

mit einem Volumen von 27 bis 40,5 m 3 lieferbar. Da die<br />

Fahrzeuge auftragsbezogen gefertigt werden, lassen<br />

sich viele Kundenwünsche realisieren. Neue Aufgaben<br />

kommen auf die Fahrzeugbauer durch die Dokumentationspflichten<br />

zu.<br />

So muss in den Niederlanden eine Vorrichtung zur Probenahme<br />

am Tankwagen vorhanden sein. Erst wenn die<br />

Probe analysiert ist, gibt es vom dortigen Wirtschaftsministerium<br />

eine Freigabe für den Transport. Der niederländische<br />

Aufliegerhersteller D-Tec hat im vergangenen<br />

Jahr ein Fahrzeug mit einem Nah-Infrarot-Sensor<br />

zur Analyse der Inhaltsstoffe vorgestellt. Damit kann in<br />

Echtzeit die Zusammensetzung von Gülle und Gärprodukt<br />

festgestellt werden.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

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praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Interview<br />

Umlaufwasser entkalken<br />

und entsalzen<br />

Im Gespräch mit Gunter Brandt von der<br />

Gesellschaft für umweltfreundliche Technologie<br />

(GUT) e.V. Kassel und Einbeck über die<br />

Kontrolle und Wartung von Wärmenetzen.<br />

Interviewerin:<br />

PD Dr. Marianne Karpenstein-Machan<br />

Zur Person<br />

Der Physiker Gunter Brandt beschäftigt sich<br />

seit 1979 mit regenerativen Energieversorgungs-<br />

und rationellen Energienutzungssystemen.<br />

Er hat im Rahmen von Bioenergiedorfprojekten<br />

und anderen Projekten schon mehr<br />

als zehn Wärmenetze in Dörfern und Städten<br />

geplant und als Bauleiter umgesetzt.<br />

Biogas Journal: Herr Brandt, Sie haben viel Erfahrung<br />

mit Wärmenetzen. Zunächst einmal zu den Begriffen:<br />

Nah- und Fernwärme. Sind diese Begriffe klar definiert?<br />

Gunter Brandt: Es gibt keine klare Abgrenzung zwischen<br />

beiden Begriffen. Wenn drei Faktoren zusammenkommen,<br />

würde ich von Fernwärme sprechen: Netzlängen<br />

über 10 Kilometer, Systemtrennungen (das Wärmenetz<br />

hat einen eigenen separaten Wasserkreislauf und die<br />

Gebäude sind über Wärmetauscher angeschlossen)<br />

und Wärmeleistungen über 1 Megawatt. Trotzdem würde<br />

ich, auch wenn alle Faktoren zusammenkommen, in<br />

einem Dorf nicht von Fernwärme sprechen.<br />

Biogas Journal: In Bioenergiedörfern wird die Wartung<br />

des Nahwärmenetzes sehr unterschiedlich gehandhabt.<br />

Wie viel Wartungsaufwand ist aus Ihrer Sicht<br />

notwendig?<br />

Brandt: Wärmenetze sind nicht wartungsintensiv. Es ist<br />

eher eine Kontrollaufgabe, die kontinuierlich erfolgen<br />

muss. Mit einer Lecküberwachung passiert das ja auch<br />

kontinuierlich. Bei der Lecküberwachung wird dedektiert,<br />

ob sich im Dichtungsschaum des Rohres Feuchte<br />

befindet. Ob die Feuchte von innen oder außen kommt,<br />

kann man erst erkennen, wenn man das Rohr freilegt,<br />

das Mantelrohr aufschneidet und die Isolierung entfernt.<br />

In den meisten Feuchtefällen kommt die Nässe<br />

von außen durch undichte Muffen, selten handelt es<br />

sich um undichte Schweißnähte oder noch seltener um<br />

einen Rohrbruch.<br />

Biogas Journal: Eine Leckageüberwachung ist also auf<br />

jeden Fall sinnvoll für Wärmenetze?<br />

Brandt: Ja, aber sie werden nur in Nahwärmeleitungen<br />

mit Medium führenden Rohren aus Metall eingesetzt<br />

(zum Beispiel Kunststoffmantelrohr), nicht bei Mediumrohren<br />

aus Kunststoff. Im Rohr-Isolierschaum zwischen<br />

Mantelrohr aus Polyethylenrohr und Mediumrohr<br />

aus Stahl sind Sensordrähte eingezogen. Der Isolierwiderstand<br />

wird kontinuierlich überwacht.<br />

Starkes Sinken des Isolierwiderstandes deutet auf einen<br />

Feuchteeinbruch hin, der sowohl von einer Undichte<br />

im Mediumrohr herrühren kann als auch von einer<br />

Undichte im Mantelrohr, das die mechanische Umhüllung<br />

und das Schutzrohr für den Isolierschaum zum<br />

Erdreich hin darstellt. Man kann dann durch verschiedene<br />

Messverfahren den ungefähren Ort einer feuchten<br />

Stelle eingrenzen. Aber erst durch weitere Messungen,<br />

wie zum Beispiel zwischen zwei Häusern, kann dann<br />

das Leck auf den Meter genau geortet werden.<br />

In Nahwärmenetzen mit Kunststoffrohren kann man<br />

nur mit einer Thermokamera nach dem Leck suchen,<br />

sofern das Leckwasser nicht örtlich erkennbar austritt.<br />

Hier grenzt man zunächst ein, wo sich das Leck<br />

befinden könnte. Hat man z.B. drei Teilnetze, das<br />

heißt drei verschiedene Netzstränge, dann kann man<br />

sie einzeln absperren und prüfen und so schon eingrenzen,<br />

wo sich das Leck befinden könnte. Grundsätzlich<br />

setzt man bei kleinen Nahwärmenetzen nur<br />

wenige Absperreinrichtungen ein, weil sich gezeigt<br />

hat, dass diese bei Havarien auch kaum weiterhelfen,<br />

die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bei<br />

großen Fernwärmenetzen müssen die Absperreinrichtungen<br />

regelmäßig betätigt und auf Funktion überprüft<br />

werden, was in der Praxis oft vernachlässigt wird<br />

oder gar unterbleibt. Ein großes Leck offenbart sich in<br />

der Regel sehr schnell durch sichtbaren Wasseraustritt,<br />

es sei denn der Schadensort liegt in einem Sandboden<br />

mit sehr stark drainierender Wirkung. Auf der anderen<br />

Seite sollte man auch vor einem kleinen Leck im Kunststoffnetz<br />

keine große Angst haben und gegebenenfalls<br />

abwarten, bis die Leckage soweit ansteigt, bis sie durch<br />

Thermografie oder Wasseraustritt ortbar wird.<br />

Biogas Journal: Auch die Wasseraufbereitung für das<br />

Wärmenetz ist in den Dörfern sehr unterschiedlich. In<br />

manchen Dörfern wird das Wasser gar nicht aufbereitet<br />

und es erfolgt lediglich eine regelmäßige pH-Messung.<br />

Ist das in Ordnung?<br />

56


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis<br />

Brandt: Ja, man kann dieser Philosophie folgen, das<br />

muss nicht immer schädlich sein. Bei hartem Wasser<br />

bildet sich jedoch vorzugsweise an den heißesten Stellen<br />

– also primär in den Wärmetauschern der Wärmeerzeuger<br />

– Wasserstein (Kalk). Bei großdimensionierten<br />

Wärmetauschern alter Heizkesseltechnologien konnte<br />

man diesen Effekt vielleicht noch tolerieren, zumal das<br />

Wasser durch die Kalkabscheidung sogar weicher wurde,<br />

sofern bei ausreichender Dichtigkeit im Kreislauf<br />

nicht nachgespeist werden musste.<br />

Dabei konnte sich auch in den Rohren über die Zeit<br />

ein dünner Niederschlag aus Kalk bilden. Wenn dieser<br />

Niederschlag sehr gleichmäßig erfolgte, dann ergab<br />

sich eine feine Patina, die nicht unbedingt stören<br />

musste, vielleicht sogar passivierend wirken konnte.<br />

Problematisch ist jedoch immer die Kalkschicht, die<br />

sich im Wärmeüberträger bildet. Ein moderner Hochleistungswärmetauscher<br />

beispielsweise reagiert extrem<br />

„allergisch“ auf die Bildung von Kalkschichten, denn<br />

Kalk ist ein schlechter Wärmeleiter.<br />

Hochleistungswärmetauscher haben eine extrem hohe<br />

Wärmeübertragung pro Flächeneinheit, die dadurch<br />

erzielt wird, dass das Wasser als Wärmeträger die<br />

engen Kanäle zwischen den Metallplatten mit hoher<br />

Geschwindigkeit und Turbulenz durchströmt. Eine<br />

zunehmende Kalkschicht auf den Metallflächen verschlechtert<br />

nicht nur den Wärmeübergang, sondern<br />

auch der Durchflusswiderstand steigt an. Dieser Prozess<br />

ist schleichend, und im schlimmsten Fall können<br />

sich die Kanäle zusetzen.<br />

Biogas Journal: Neben Kalk können auch weitere Salze,<br />

Chloride, Sulfate und Eisen im Wasser störend sein.<br />

Müssen die entfernt werden?<br />

Brandt: Präventiv sollte bei größeren Netzen eine Wasserenthärtung<br />

erfolgen. Dabei wird der Härtebildner<br />

aber nur gegen ein anderes Salz ausgetauscht, das in<br />

der Lösung und damit im Umlauf bleibt. Dieses „Austauschsalz“<br />

kann, da das Wasser weiterhin eine höhere<br />

Leitfähigkeit behält, elektrochemische Effekte beim<br />

Rohrmaterial und den Armaturen begünstigen.<br />

Daher wird heute empfohlen, das umlaufende Heizwasser<br />

auch zu entsalzen. Damit entfernen wir störende<br />

Ionen. Gegenwärtig bauen wir ein Nahwärmenetz in der<br />

Kleinstadt Rauschenberg, wobei das Netz von vornherein<br />

nur mit weitgehend entsalztem Wasser gefüllt wird.<br />

Aber wir sind uns nicht ganz sicher, ob vollkommen<br />

entsalztes Wasser der Weisheit letzter Schluss ist, da<br />

das Wasser dann keinerlei Puffer mehr für den pH-Wert<br />

besitzt, dieser also labiler werden kann.<br />

Bereits geringfügige Mengen an Restkalk können den<br />

pH-Wert des Wasser abpuffern und somit stabilisieren.<br />

Aus diesem Grund nehmen wir es auch hin, wenn das<br />

aufbereitete Netzwasser sich mit geringen Mengen Be-<br />

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57


praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

standswasser aus den angeschlossenen Hausanlagen<br />

mischt und kleine Mengen Kalk aufnimmt. Allerdings<br />

haben wir den Effekt starker pH-Schwankungen bei<br />

denjenigen Netzen, die wir mit Entsalzungsanlagen auf<br />

der Basis der Umkehrosmose ausgestattet haben, bisher<br />

nicht beobachten können. Deshalb sind wir jetzt mutiger<br />

geworden und setzen auf voll entsalztes Füllwasser.<br />

Biogas Journal: Bei der Umkehrosmose werden also<br />

alle störenden Stoffe aus dem Wasser herausgeholt?<br />

Brandt: Mit der Umkehrosmose bekommt man sowohl<br />

die Kalkbildner und deren Gegenspieler, aber auch<br />

organische Störstoffe heraus. Bei der Umkehrosmose<br />

wird die Eigenschaft hochfeiner Membranen genutzt,<br />

größere Ionen nicht passieren zu lassen. Da bei längerem<br />

Anlagenstillstand eine Belagbildung und damit<br />

das Verstopfen der Mikroporen droht, habe ich eine<br />

Beschaltung realisiert, die in regelmäßigen Abständen<br />

dafür sorgt, dass zwangsweise weiteres entsalztes Wasser<br />

über die Umkehrosmoseanlage nachgespeist wird.<br />

Biogas Journal: Was ist mit dem Eisen-III-Oxid, dem<br />

Magnetit, das das Wasser dunkel verfärbt?<br />

Brandt: Das stört, weil es sich als Schlamm in beruhigten<br />

Zonen niederschlägt, aber auch Ventile und andere<br />

Stellorgane in ihrer Funktion beeinträchtigen kann.<br />

Aber auch Pumpenstörungen insbesondere bei Hocheffizienzpumpen,<br />

deren Motorläufer mit superstarken<br />

Magneten ausgestattet sind, können durch Magnetit<br />

verursacht werden. Hierbei lagert sich Magnetit, angezogen<br />

von dem Motormagneten, als hochfeines Sediment<br />

mit zunehmender Krustenbildung in dem Ringspalt<br />

zwischen Magnetläufer und Gehäuse ab – bis der<br />

Spalt gefüllt ist und der Motor blockiert wird.<br />

Magnetit sollte man herausholen, indem man im Umlauf<br />

einen guten Filter mit zusätzlichem Magneteinsatz<br />

einbaut. Häufig setzen sich solche Filter bereits kurz<br />

nach Betriebsbeginn zu und sollten deshalb präventiv<br />

am Anfang öfter gereinigt werden. Oft wird dabei gleich<br />

der Schmutz mit entfernt, der sich aus der Bauphase<br />

des Nahwärmenetzes noch im Umlauf befindet oder der<br />

aus gelösten Ablagerungen stammt. Auch in den Hausanlagen<br />

sollten die Feinsiebe, die hier allerdings aus<br />

Kostengründen keine Magnetfilter sind, in den ersten<br />

ein, zwei Jahren des Öfteren gereinigt werden.<br />

Biogas Journal: Das Magnetit bekomme ich also nicht<br />

mit der Umkehrosmose heraus?<br />

Brandt: Nein, denn bei der Befüllung über die Umkehrosmose<br />

wird ja Leitungswasser verwendet, bei dem das<br />

Wasserwerk zuvor hoffentlich das Eisen herausgeholt<br />

hat – sonst bekämen wir braunes Wasser! Das Magnetit<br />

bildet sich erst im Nahwärmenetz selber und in den<br />

Wärmeerzeugungsanlagen und bei den Kundenanlagen.<br />

Ursache ist der im Wasser gelöste Sauerstoff,<br />

der mit dem Füllwasser in das Netz gelangt, sofern das<br />

Wasser bei der Befüllung nicht komplett entgast wird.<br />

Trotzdem ist ja erst einmal Luft und damit Sauerstoff im<br />

Rohrnetz, bevor es gefüllt wird. Diese Luft, verbunden<br />

mit der Luftfeuchte, bewirkt die Bildung von Eisen-II-<br />

Oxyd, landläufig als Rost bezeichnet. Bei Befüllung<br />

des Netzes reagiert dieser Rost mit dem verbleibenden<br />

Restsauerstoff weiter zu Eisen-III-Oxid.<br />

Biogas Journal: Wie oft sollte das Wasser des Wärmenetzes<br />

kontrolliert werden?<br />

Brandt: Wenn neben dem Wärmenetz auch andere<br />

sensible Anlagen, wie zum Beispiel Biogasanlage und<br />

Blockheizkraftwerk vorhanden sind, muss sowieso täglich<br />

ein Kontrollgang gemacht werden. Dann sollte auch<br />

immer ein Blick auf das Wärmenetz geworfen und sollten<br />

die Werte für Netztemperaturen, Netzdrücke und Nachspeisemengen<br />

in einem Betriebsbuch notiert werden.<br />

Die Eintragungen in das Betriebsbuch erzwingen, dass<br />

man trotz Routine immer wichtige Daten und Vorgänge<br />

registriert und damit Veränderungen sofort mitbekommt.<br />

Was die Messungen des Wasserzustandes betrifft, sollte<br />

man anfangs kurzfristig und danach vierteljährlich<br />

den pH-Wert überprüfen und die elektrische Leitfähigkeit<br />

messen. In der Anfangszeit, solange häufig neue<br />

Kunden ans Netz gehen, sind die Kontrollen im dichteren<br />

Zeitabstand angeraten. Sobald sich die Werte auf<br />

dem gewünschten Niveau stabilisiert haben, sind Messungen<br />

nur noch in längeren Intervallen erforderlich,<br />

mindestens aber einmal pro Jahr.<br />

Biogas Journal: In einem Dorf traten Schwierigkeiten<br />

auf, weil offensichtlich ein Wärmetaucher mit ungeeignetem<br />

Material verwendet wurde. Sollten generell<br />

Edelstahlwärmetauscher verwendet werden?<br />

Brandt: Heute werden in der Regel Edelstahlwärmetauscher<br />

eingesetzt. Bei geeigneter Legierung bereiten die<br />

kaum Probleme. Bei Hausanlagen mit Systemtrennung<br />

kommt es jedoch oft vor, dass der Wärmekunde in seinem<br />

hausinternen Netz eine schlechte Wasserqualität<br />

hat, gefördert durch unerkannte Undichten und Sauerstoffeintrag.<br />

Wenn dann noch häufig mit Leitungswasser<br />

nachgefüllt wird und sich somit viele Kalkbildner<br />

im Umlauf befinden, kommt es zur Belagbildung im<br />

Wärmetauscher, der das Nahwärmenetz von der Hausanlage<br />

trennt. Außerdem gibt es im Heizwasserumlauf<br />

einer solchen Hausanlage viel Korrosion.<br />

Biogas Journal: Herr Brandt, vielen Dank für das<br />

Gespräch!<br />

Interviewerin<br />

PD Dr. Marianne Karpenstein-Machan<br />

Universität Göttingen<br />

Interdisziplinäres Zentrum für Nachhaltige Entwicklung<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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59


praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Interview<br />

»Biogasbranche ist spürbar<br />

kompetenter geworden«<br />

Im Gespräch mit Dipl. Ing. Josef K. Ziegler, Sprecher des AK Sicherheit, über Sicherheit, Sicherheitsstandards,<br />

Schadensfälle und zunehmende Anforderungen an Betreiber.<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Biogas Journal: Herr Ziegler, in der letzten<br />

Zeit waren auch überregional wieder verschiedenste<br />

Unfallereignisse in den Medien<br />

– hat die Branche nichts gelernt?<br />

Josef K. Ziegler: Ja und nein. Ich bin ja<br />

hauptberuflich als Sachverständiger laufend<br />

mit verschiedensten Anlagen unterschiedlichster<br />

Ausstattung konfrontiert.<br />

Die Betreiber sind sensibler und spürbar<br />

kompetenter geworden. Die Notwendigkeit<br />

von grundlegenden Sicherheitsstandards<br />

wird durchaus eingesehen. Es gibt aber<br />

eine Bandbreite von unterschiedlichen Ansichten<br />

der Betreiber, was als notwendiger<br />

Sicherheitsstandard angesehen wird – und<br />

was dann tatsächlich auch gelebt wird.<br />

Biogas Journal: Was sind die Hauptursachen?<br />

Lässt sich bei den Vorfällen eine<br />

Systematik erkennen?<br />

Ziegler: Die meisten Unfälle passieren in<br />

einem Zustand außerhalb des Normalbetriebes.<br />

Wenn die Anlage gasdicht ist, die<br />

Fütterung, die Rührtechnik, die Heizung,<br />

das BHKW und die Steuerung funktionieren,<br />

dann ist eine Biogasanlage kein Hexenwerk.<br />

Der Betreiber erkennt dann sehr<br />

schnell, wenn etwas aus dem Ruder läuft.<br />

Die Probleme lassen sich grob in ein paar<br />

Gruppen einteilen: Besondere Betriebszustände<br />

wie Inbetriebnahmephase, Instandhaltungsarbeiten,<br />

Behälterrevisionen,<br />

Extremwetterereignisse etc. erfordern ein<br />

besonnenes Vorgehen bereits im Vorfeld.<br />

Da wird oft in erschreckend nachlässiger<br />

Weise an die jeweilige Aufgabe herangegangen.<br />

Einstieg in Schächte und Behälter ohne<br />

Belüften und Freimessen, sorgloser Umgang<br />

mit Maschinen, in diesem Bereich<br />

passierten in letzter Zeit besonders tragische<br />

Unfälle. Dabei sind das Gefahren, die<br />

mit Biogas meist gar nichts zu tun haben,<br />

aber sie passieren auf Biogasanlagen. Außenstehende<br />

unterscheiden da nicht.<br />

Altersbedingte Ausfälle, Brände etc. lassen<br />

sich eher schlecht im Voraus planen,<br />

aber man müsste in der vorbeugenden Wartung<br />

aufmerksamer unterwegs sein.<br />

Eine explosive Atmosphäre erkennt man<br />

nicht an der schlechten Luft. Man kann<br />

ganz normal atmen und oft ist nur deswegen<br />

nichts passiert, weil Biogas eben<br />

extrem träge reagiert. Und trotzdem, auch<br />

wenn das Zündfenster noch so klein ist,<br />

es existiert. Selbst Fachfirmen gehen hier<br />

sehr naiv an die Sache ran.<br />

Was die Freisetzungshavarien angeht, da<br />

sind die Behörden aufgrund der jüngsten<br />

Vorfälle besonders hinterher. Dort wird sich<br />

meines Erachtens die Situation durch die<br />

Einführung der Umwallung entspannen.<br />

Biogas Journal: Was macht der Fachverband,<br />

speziell der AK Sicherheit, um dem<br />

entgegenzuwirken?<br />

Ziegler: Wir sehen drei Säulen der Prävention:<br />

1. Der kompetente Betreiber: Wir haben<br />

vor drei Jahren den Schulungsverbund zusammen<br />

mit den anderen großen Verbänden<br />

DVGW, DWA und den Berufsgenossenschaften<br />

gegründet. Inzwischen konnten<br />

über 4.300 Betreiber zu den aktuellen<br />

Anforderungen geschult werden. Bei etwa<br />

8.000 Biogasanlagen und notwendigerweise<br />

zwei geschulten Personen pro Anlage<br />

fehlen aber noch einige.<br />

Zum einen liegt das an Billiganbietern und<br />

Firmenschulungen außerhalb des Schulungsverbundes<br />

mit teilweise qualitativ<br />

zweifelhalten Schulungsinhalten, die auf<br />

diesen Zug aufspringen, und zum anderen<br />

an den Betreibern, die sich notorisch<br />

jedem Zusatzaufwand verweigern. Da wären<br />

Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaften<br />

gefordert, hier konsequenter<br />

hinterherzugehen und „schwarze Schafe“<br />

in der Branche herauszufiltern.<br />

2. Der kompetente Hersteller: Viele Probleme<br />

muss der Betreiber verantworten, obwohl<br />

sie bereits vom Hersteller verursacht<br />

wurden. Falsch dimensionierte Anlagenteile,<br />

nicht funktionierende Sicherheitseinrichtungen,<br />

Leitern statt Treppen usw. Hier<br />

wurden früher aufgrund des Preisdrucks<br />

viele Problemstellen eingebaut, die jetzt<br />

mühselig behoben werden müssen.<br />

3. Der kompetente Sachverständige: Viele<br />

Sicherheitsprüfungen (vor allem die Prüfungen<br />

nach BetrSichV) finden im Schnelldurchlauf<br />

statt. Oft werden diese Gutachten<br />

vom Hersteller selbst oder im Rahmen<br />

von anderen Dienstleistungen (Umweltgutachten,<br />

biologische Beratung etc.) mit<br />

angeboten. Aber damit ist dem Betreiber<br />

nicht gedient, am Stand der Technik<br />

kommt er nicht vorbei. Wenn der Schaden<br />

entstanden ist, sieht sich der Betreiber<br />

mit Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft<br />

oder der Versicherungen konfrontiert – mit<br />

teils fatalen juristischen und finanziellen<br />

Folgen.<br />

Der AK Sicherheit hat für kritische Themen<br />

Arbeitsblätter entwickelt, die auf der<br />

Homepage des Fachverbandes abgerufen<br />

werden können. Insbesondere in der Arbeitshilfe<br />

A-003 haben wir in mühevoller<br />

Kleinarbeit den Stand der Technik zusammengefasst.<br />

Wenn sich Betreiber und<br />

Sachverständige daran orientieren würden,<br />

wären in Bezug auf die gängigen Regelwerke<br />

die meisten Anforderungen erfüllt.<br />

Biogas Journal: Wie viel weitere sicherheitstechnische<br />

Auflagen braucht es noch?<br />

Ziegler: Wir haben zwei Regelbereiche:<br />

a) den Stand der Technik, der federführend<br />

über das Bundesumweltministerium<br />

60


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis<br />

(BMUB) mit dem BImSchG abgedeckt wird,<br />

und b) den Arbeitsschutz, der im Bundesarbeitsministerium<br />

(BMAS) mit BetrSichV,<br />

GefStoffV und ProdSG behandelt wird.<br />

Das BMAS hat durch die Herausgabe der<br />

TRGS 529 „Tätigkeiten bei der Herstellung<br />

von Biogas“ und die Aktualisierung der<br />

Technischen Information TI4 „Sicherheit<br />

auf landwirtschaftlichen Biogasanlagen“<br />

durch die Berufsgenossenschaften seine<br />

Anforderungen an Technik und Betriebsorganisation<br />

im Wesentlichen formuliert.<br />

Das BMUB hat den Anspruch, die TI4<br />

durch eigene technische Regeln zum<br />

Stand der Technik in der Anlagensicherheit<br />

zu ersetzen und neue Anforderungen<br />

zum Immissionsschutz festzulegen. Letztere<br />

werden voraussichtlich in der neuen<br />

TA Luft fixiert werden, da versuchen wir auf<br />

realistische Grenzwerte hinzuarbeiten. Mal<br />

sehen, wie weit das möglich ist.<br />

Eine Alternative zur TI4 ist meines Erachtens<br />

nicht notwendig. Im Zuge der letzten<br />

Überarbeitung im März 2016 wurden einige<br />

Anpassungen vorgenommen. In einigen<br />

Teilen ließe sie sich noch aktualisieren.<br />

Aber das meiste ist bereits in anderen<br />

Blättern niedergeschrieben und kann zusammenfassend<br />

in der A003 nachgelesen<br />

werden. Weiterer Regelungsbedarf darüber<br />

hinaus sollte mit den Fachleuten diskutiert<br />

werden. Dafür haben wir extra den<br />

Koordinierungskreis von DVGW, DWA und<br />

Fachverband gegründet. Aber seitens der<br />

Behörden ist die Resonanz sehr gering. Es<br />

bleibt abzuwarten, was aus dem BMUB tatsächlich<br />

noch kommt.<br />

Biogas Journal: Was sagen Sie den Betreibern,<br />

die meinen, dass sie sich das wirtschaftlich<br />

nicht mehr leisten können?<br />

Ziegler: Ich betreibe selber eine Anlage<br />

und weiß, wie mühselig das Geschäft ist.<br />

Ich weiß aber auch, dass die grundlegenden<br />

Sicherheitsanforderungen nicht die<br />

wirklich großen Kosten verursachen. Für<br />

ein paar Füllstandssensoren bekomme ich<br />

eine Rechnung, für die Energieverluste im<br />

Fahrsilo nicht. Das Problem liegt im Kopf,<br />

das heißt, an der Bereitschaft, sich mit<br />

dem unangenehmen Thema, insbesondere<br />

im Hinblick auf den Papierkram, zu<br />

beschäftigen. Dabei gibt es genügend Leute,<br />

die zu einem fairen Preis zum Thema<br />

Sicherheit beraten und auch unterstützen<br />

können. Der Fachverband wird in Kürze<br />

eine separate Liste dazu herausbringen.<br />

Biogas Journal: Was liegt Ihnen persönlich<br />

noch am Herzen?<br />

Ziegler: Die Störfallverordnung. Sollten<br />

zusätzliche Lagerkapazitäten notwendig<br />

werden und diese Behälter geruchs- oder<br />

gasdicht ausgeführt werden müssen, fallen<br />

tausende Anlagen darunter. Diese Verordnung<br />

bringt aber keinen Sicherheitsgewinn<br />

für Biogasanlagen – nur einen erheblichen<br />

Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand,<br />

der von der eigentlichen Arbeit<br />

abhält. Wir haben in der Branche keine<br />

mehrstufigen Hierarchien und verschiedene<br />

Abteilungen, wo Entscheidungsprozesse<br />

und Verantwortungen zu regeln sind.<br />

Der Betreiber ist das alles in Personalunion.<br />

Als technisch verantwortliche Person<br />

muss er kompetent sein, das ist die Kernanforderung<br />

für Sicherheit, alles andere ist<br />

nachrangig.<br />

Die Risiken einer Biogasanlage sind verfahrenstechnisch<br />

bedingt und nicht abhängig<br />

von der Größe eines Gärproduktlagers.<br />

Zumal unser „Gefahrstoff“, der Dritte<br />

und die Umwelt gefährdet, auslaufendes<br />

Substrat ist, worauf bereits mit der Umwallung<br />

reagiert worden ist. Biogas sollte im<br />

Anhang 1 der StörfallV namentlich erwähnt<br />

werden, wie so viele andere Stoffe, und<br />

das CO 2<br />

berücksichtigt werden, also eine<br />

Mengenschwelle von 20.000 Kilogramm<br />

für Biogas eingeführt werden, damit würde<br />

sich das Problem entspannen.<br />

Biogas Journal: Welche Anforderungen sehen<br />

Sie für die Zukunft?<br />

Dipl. Ing. Josef K. Ziegler, Inreetec GmbH,<br />

Sprecher des AK Sicherheit, Sachverständiger<br />

und Betreiber einer Biogasanlage.<br />

Ziegler: Die Banken kalkulieren bei Krediten<br />

bereits jetzt nur bis zum Ende der EEG-<br />

Laufzeit. Da wird der finanzielle Spielraum<br />

eng, was mit dem kommenden Ausschreibungsmodell<br />

auch nicht einfacher wird.<br />

Damit werden wir noch mehr in die öffentliche<br />

Energieversorgung eingebunden und<br />

entfernen uns noch mehr von den landwirtschaftlichen<br />

Wurzeln. Der Betreiber<br />

hat einen Strompreis anzubieten, der dann<br />

in der Regel „auf Kante genäht ist“, sonst<br />

kommt er nicht dran.<br />

Wenn in der Kalkulation keine Investition<br />

für ein weiteres Gärproduktlager vorgesehen<br />

ist, dann kann sich der Betreiber das<br />

auch nicht leisten. Punkt.<br />

Wir müssen uns mit den Regelsetzern auf<br />

einen praxisgerechten Stand der Technik<br />

einigen und diesen dann verteidigen. Wir<br />

müssen unsere Hausaufgaben machen<br />

und dürfen die Schlamperei Einzelner<br />

nicht gutheißen. Wenn die Mängel in den<br />

Erfahrungsberichten der Sachverständigen<br />

und spektakuläre Schadensfälle weniger<br />

werden, dann lässt man uns eher in Ruhe –<br />

aber erst dann.<br />

Interviewer<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Tel. 0 54 09/90 69 426<br />

E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />

Foto: Josef K. Ziegler<br />

61


praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Bilanzkrater sind vermeidbar<br />

Im Auftrag namhafter Kreditinstitute untersuchten wir innerhalb kürzester Zeit etliche<br />

Anlagen aus dem Kreditbestand. Es bestätigte sich unter anderem in dieser kurzen<br />

Zeitabfolge ein über die Jahre immer wieder auftretendes Problem: Wiegezellen und<br />

Einsatzstofftagebücher versus Fahrzeugwaage.<br />

Von Rainer Casaretto<br />

a) Virtuelle Vermögensmassen durch<br />

virtuelle Lagerbestände<br />

Über die geeichte Fahrzeugwaage werden die in der Ernte<br />

angelieferten Massen erfasst und der Buchhaltung<br />

aufgegeben. Über die Wiegezellen der Beschicker wird<br />

die Masse erfasst, die dem Silo entnommen und dem<br />

Gärprozess zugeführt wird. Die Silierverluste werden<br />

pauschal abgezogen. Die Differenz aus der Erntemenge<br />

Illustrationen: Rainer Casaretto<br />

und dem bereits dem Fermenter zugeführten Material<br />

wird dann von der Buchhaltung als Lagerbestand ausgewiesen.<br />

Oftmals werden schon die Massen an verdorbener<br />

Ware nicht mehr separat erfasst und beginnen<br />

über die Jahre einen virtuellen Lagerbestand zu bilden.<br />

Wiegezellen: Die Wiegezellen reagieren sehr empfindlich<br />

auf Scherkräfte. Sie nehmen jeden „Rempler“ mit<br />

dem Radlader übel und verlangen nach einer neuen Kalibrierung.<br />

Aus diesem Grund verlangt zum Beispiel die<br />

Firma OmniCert Umweltgutachter GmbH eine vierteljährliche<br />

Kalibrierung dieser Wiegeeinrichtungen über<br />

die vollständige Befüllung mittels eines Radladers. Der<br />

Betreiber fährt über die geeichte Fahrzeugwaage und<br />

befüllt den Beschicker, die Masse jeder Fuhre wird erfasst<br />

und dann das Ergebnis mit der Anzeige der Wiegezellen<br />

abgeglichen. Wiegetoleranzen von bis zu 20<br />

Prozent bezogen auf die Jahresmasse wurden so schon<br />

in der Praxis ermittelt.<br />

Bei 10.000 Tonnen Rohstoff und einem mittleren Preis<br />

von 35,00 Euro pro Tonne ergibt sich ein Lagerbestand<br />

im Wert von 350.000 Euro. Gibt der Betreiber der<br />

Buchhaltung also einen Silierverlust von 7 Prozent an,<br />

verbleiben 325.500 Euro oder 9.300 Tonnen (t). Die<br />

Wiegezellen (und damit das Tagebuch) erfassten im<br />

Jahr 7.440 t. Auf der Siloplatte befindet sich noch eine<br />

visuell wahrnehmbare Restmasse, die der Betreiber folgerichtig<br />

auf 1.860 t beziehungsweise<br />

65.100 Euro beziffert.<br />

Die Wiegezellen haben aber tatsächlich<br />

744 t oder 26.040 Euro zu wenig erfasst,<br />

was einer „unauffälligen“ Menge<br />

von täglich rund 2 t entspricht. Der Betreiber<br />

hat sich vollkommen zu Unrecht<br />

über die Effizienz seines Gärprozesses<br />

gefreut. Verwiegungsfehler in diese<br />

Richtung werden von der vermuteten<br />

Anlageneffizienz überlagert: „Ich erreiche<br />

130 Prozent der KTBL-Werte“. Verwiegungsfehler<br />

in die andere Richtung<br />

fallen hingegen leicht auf, die Gasblase<br />

füllt sich nicht richtig, das BHKW schaltet<br />

in Teillast und beides entgeht dem<br />

Betreiber ganz sicher nicht.<br />

Auch wenn er es anfänglich noch auf<br />

Qualitätsschwankungen der Rohstoffe<br />

zurückführt, bei dauerhaftem Teillastbetrieb wird er auf<br />

die Wiegezellen aufmerksam. Hält man nun ein Kreditportfolio<br />

von einer einzigen Gesellschaft, die ihrerseits<br />

30 baugleiche Anlagen betreibt und zentral managt,<br />

bekommt das kumulierte Risiko eine Bedeutung von<br />

(30 x 26.040) 781.200 Euro. Wird der Lagerbestand<br />

so über Jahre fortgeschrieben, erreichen wir beängstigende<br />

Größenordnungen (Bilanzkrater).<br />

b) Illegaler Anlagenbetrieb<br />

durch nachlässigen Umgang mit<br />

Genehmigungsauflagen<br />

Ebenso häufig muss die mangelnde Einhaltung der<br />

Genehmigungsauflagen inklusive deren Nebenbestimmungen<br />

kritisiert werden. Wobei es sich in den allermeisten<br />

Fällen um leicht zu lösende Sachverhalte handelt.<br />

Betreiber müssen sich dieser jedoch bewusst sein,<br />

um sie adressieren zu können.<br />

62


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis<br />

Hin und wieder muss auch eine Auflage mit dem Betreiber<br />

besprochen werden, wie folgendes Beispiel zeigt:<br />

Wurde die Pflanzung von 27 Obstbäumen beauflagt<br />

und es stehen nur 25 Obstbäume da, ist<br />

das zwar auf den ersten Blick ein Verstoß<br />

gegen die Genehmigungsauflage. Wuchsen<br />

aber 2 Obstbäume nicht an, so waren sie<br />

doch gepflanzt und von illegalem Anlagenbetrieb<br />

wird niemand ernsthaft sprechen<br />

wollen.<br />

Ganz anders verhält es sich aber, wenn ungenehmigte<br />

Rohstoffe eingesetzt werden,<br />

wenn mehr Masse als genehmigt eingesetzt<br />

wird oder wenn mehr Biogas produziert<br />

wurde als in der Genehmigung festgeschrieben.<br />

Ebenso häufig sind Verstöße<br />

gegen sicherheitstechnische Auflagen zu<br />

beobachten. Hierbei verhält es sich analog<br />

zu den Genehmigungsauflagen. Es ist<br />

wichtig, die Themen zu kennen, um sie anschließend<br />

beheben zu können.<br />

Wie „passt scho“ die originären Interessen<br />

der Kreditgeber gefährdet<br />

Nein, ein Pflaster aus Panzerband stellt keine fachgerechte<br />

und professionelle Reparatur dar! Der Flicken<br />

verhindert den Gasaustritt zwar nicht, zeigt aber: Dem<br />

Betreiber ist das Leck keinesfalls entgangen. Panzerband<br />

drauf und passt scho! Das Problem liegt nun<br />

aber nicht nur in einem möglichen Verlust des Versicherungsschutzes,<br />

womit elementare Interessen der<br />

Kreditgeber berührt werden, sondern in dem Risiko der<br />

Stilllegung infolge eines illegalen Anlagenbetriebes.<br />

Hier sei auf das Urteil des OVG Lüneburg verwiesen:<br />

„Im Fall der formellen Illegalität einer immissionsschutzrechtlich<br />

genehmigungsbedürftigen Anlage darf<br />

die zuständige Behörde von dem Erlass einer Stilllegungsanordnung<br />

regelmäßig nur dann absehen, wenn<br />

der Betreiber alles unternimmt, um die erforderliche<br />

immissionsschutzrechtliche Genehmigung alsbald zu<br />

erlangen und die Genehmigungsfähigkeit der Anlage<br />

offensichtlich ist.“ (OVG Lüneburg 12. Senat, Beschluss<br />

vom 12. Dezember 2013, 12 ME 194/13 § 20<br />

Absatz 2 Satz 1 BImSchG)<br />

Das Amtsgericht Cloppenburg verurteilte einen Betreiber<br />

zur Zahlung von 120.000 Euro wegen überhöhter<br />

Stromeinspeisung, nachdem die Staatsanwaltschaft<br />

erst 2.600.000 Euro (gesamter Umsatz aus dem<br />

Tatzeitraum) gefordert hatte. Auch die Zahlung von<br />

120.000 Euro beeinträchtigt die Liquidität und der<br />

Vorgang wird den Kreditgeber sicher nicht erfreut haben.<br />

Frühwarnsystem<br />

Wir haben ein Frühwarnsystem für die Kreditwirtschaft<br />

entwickelt, mit dessen Hilfe all die erwartbaren Liquiditätsprobleme<br />

nicht erst mit dem Vorliegen einer Bilanz –<br />

die eher der Geschichtsforschung dient –, sondern<br />

jährlich zum 28. Februar bezogen auf das jeweilige<br />

Vorjahr sichtbar werden. Dieses Frühwarnsystem wurde<br />

modular aufgebaut und vermeidet künftig unnötige<br />

Doppelarbeiten, da es die Anforderungen an das Rating<br />

berücksichtigt. Für die Finanz-IT stellen wir die<br />

Formeln für die Programmierung zur Verfügung, womit<br />

eine hausinterne Umsetzung erfolgen kann.<br />

Betreiber reagieren positiv<br />

Nun mag man im ersten Augenblick denken, ein solches<br />

Vorgehen könne bei den Darlehnsnehmern Ängste<br />

auslösen. Wenn aber – wie bereits geschehen – die<br />

Kunden nach dem Betriebsbesuch in der Bank anrufen<br />

und sich für das Gespräch bedanken, ist die Sorge sicher<br />

unbegründet. Durch das Frühwarnsystem werden<br />

gleichzeitig auch viele ungenutzte Ertragspotenziale<br />

sichtbar.<br />

Die Betreiber reagieren sowohl auf die Tipps bezüglich<br />

des Ertragspotenzials positiv als auch auf Hinweise<br />

zu Genehmigungsauflagen, da sie in aller Regel nicht<br />

willentlich oder vorsätzlich dagegen verstoßen wollen.<br />

Letztlich gilt der Grundsatz: „Wenn der Darlehnsnehmer<br />

Geld verdient, kann die Bank zukünftigen Vorhaben<br />

positiv gegenüber stehen“. Hier treffen zwei sich<br />

überschneidende Interessenlagen aufeinander, was<br />

letztendlich zu einem positiven Ergebnis führt.<br />

Autor<br />

Rainer Casaretto<br />

Geschäftsführer<br />

BIOGAS-AKADEMIE ® CAMPUS GmbH<br />

Sperlingsgang 8 · 24220 Flintbek<br />

Tel. 0 43 47/70 85 24<br />

E-Mail: info@biogas-akademie.de<br />

63


praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Biogas aus<br />

Molke mit<br />

Koksstaub<br />

gewinnen<br />

Foto: Martina Bräsel<br />

Molke in Biogas zu verwandeln, ist lohnenswert, aber auch eine technische<br />

und biologische Herausforderung. Ein Schweizer Unternehmen<br />

entwickelte eine Pilotanlage und sammelt damit reichlich Erfahrung.<br />

Dr. Andreas Wilke führte in seinem Labor<br />

an der Hochschule Offenburg Testversuche<br />

mit dem Trägermaterial durch. Erst die<br />

Langzeitversuche zeigten das Problem mit<br />

den Ablagerungen.<br />

Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />

Die Käserei Monte Ziego ist die<br />

größte handwerkliche Bio-Ziegenkäserei<br />

in Deutschland. Aus<br />

rund 800.000 Litern Ziegenmilch<br />

fertigt sie jährlich rund<br />

130 Tonnen Käse. Die Produktion ist sehr<br />

energieaufwendig, deshalb will das Unternehmen<br />

mit Biogas und Sonnenstrom zur<br />

ersten Null-Energie-Käserei Deutschlands<br />

werden.<br />

Seit Ende 2014 betreibt Monte Ziego eine<br />

eigene Biogasanlage, die vom Schweizer<br />

Unternehmen Ecobell mit Sitz in Rüschlikon<br />

konzipiert und entwickelt wurde. Sie<br />

soll aus der Restflüssigkeit, der Molke, die<br />

bei der Käseproduktion anfällt, erst Biogas<br />

und dann Wärme und Strom erzeugen. Das<br />

ist eine verfahrenstechnische Herausforderung,<br />

denn Molke, die auch Käsemilch<br />

genannt wird, besteht zu 94 Prozent aus<br />

Wasser. Enthalten sind auch noch etwa 4<br />

Prozent Milchzucker, Molkeprotein und viele<br />

Mineralstoffe.<br />

Die Käsemilch ist ein wertvoller Abfall, der<br />

vorher ungenutzt blieb, denn die Mengen,<br />

die bei Monte Ziego anfallen, sind zu gering<br />

für eine industrielle Verwertung. Es<br />

gibt bislang noch keine ausgereiften Verfahren<br />

in dieser Größenordnung. „Die Molkevergärungsanlagen,<br />

die es gibt, sind in<br />

der Regel für Großmolkereien ausgelegt“,<br />

verdeutlicht Markus Bieri. Da dort „in Hinsicht<br />

auf Kapital- und Energieeinsatz eine<br />

andere Philosophie vorherrscht“, seien sie<br />

oft aufwendig und würden größere Mengen<br />

Betriebsenergie verbrauchen.<br />

Deshalb entwickelte der Ingenieur gemeinsam<br />

mit seinem Unternehmenspartner Marc<br />

Stalder eine Pilotanlage. „Mit ihr konnten<br />

wir hier bei Monte Ziego schon wertvolle<br />

Erfahrungen sammeln“, berichtet Bieri.<br />

Das Projekt wurde mit Mitteln des Landes<br />

(100.000 Euro aus dem Landespreis Biogas)<br />

und des Badenova-Innovationsfonds<br />

(241.000 Euro) realisiert.<br />

Sauermolke ist besser<br />

Die Betriebsgröße erforderte eine sehr kompakte<br />

Biogasanlage, die für einen Durchsatz<br />

von 1,2 Millionen Liter jährlich ausgelegt<br />

ist. Im Winterbetrieb fließen nur 1,2 Kubikmeter<br />

Molke pro Tag durch die Anlage. In<br />

der produktionsreichen Sommerzeit sind es<br />

deutlich mehr. Der Fermentationsprozess<br />

besteht aus drei Prozessphasen: Im 8.000<br />

Liter fassenden Molketank, der auch als<br />

Mengenpuffer dient, wird zuerst die Milchsäurebildung<br />

optimiert. „Wir haben gelernt,<br />

dass wir die Molke zuerst leicht ansäuern<br />

müssen“, sagt Bieri, „der Molkeeintrag<br />

kann damit pH-Wert abhängig gesteuert<br />

werden“.<br />

Im nächsten Schritt wird die Sauermolke<br />

bedarfsgerecht dosiert in die beiden Hauptgärtanks<br />

(je 10.000 Liter) eingeleitet. Hier<br />

geschieht die eigentliche Fermentation der<br />

Molke zu Biogas. Die hydraulische Verweilzeit<br />

der Käsemilch im Fermenter beträgt<br />

etwa zehn Tage. Der pH-Wert liegt knapp<br />

unter 7, die Temperatur beträgt 36 Grad<br />

Celsius. Im Anschluss gelangt die Gärlösung<br />

in den Nachgärtank.<br />

„Dort werden die verbliebenen langkettigen<br />

organischen Verbindungen aufgeschlossen“,<br />

erklärt der Ingenieur. Die Nachgärung<br />

diene vor allem dazu, die organischen Substanzen<br />

bestmöglich abzubauen. Mit dem<br />

anfallenden Methangas werde ein Blockheizkraftwerk<br />

betrieben. Da die Käserei einen<br />

hohen Bedarf an thermischer Energie<br />

hat, wandelt es das Biogas zu 70 Prozent in<br />

thermische Energie um, nur zu 30 Prozent<br />

wird Strom produziert.<br />

Bentonit ungeeignet<br />

„Statt Füllkörperreaktoren verwenden wir<br />

Flotationsreaktoren“, erklärt Bieri, denn<br />

Füllkörper könnten mit der Zeit verstopfen.<br />

Die Reaktionsbehälter enthalten also<br />

nur das Gärsubstrat. Durch regelmäßiges<br />

64


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

praxis<br />

Umpumpen werden die Biogas-Mikroben in der Schwebe<br />

gehalten. Der Nachteil: Bei einem hohen Durchfluss können<br />

die Mikroben ausgeschleust werden. Um dies zu verhindern,<br />

muss ein Trägermaterial die Bakterien an sich binden. „Um<br />

den Bakterien eine Besiedlungsfläche zu bieten, die nicht in<br />

die Reaktion eingreift, gaben wir Bentonit hinzu“, so Bieri.<br />

Im Vorfeld hatte die Hochschule Offenburg, die das Projekt<br />

wissenschaftlich begleitet, verschiedene dieser Tonmineralien<br />

getestet. Die Laborversuche brachten gute Ergebnisse: Der<br />

Zusatzstoff wirkte positiv auf die Gasentwicklung. Auch in der<br />

Praxis lief die Pilotanlage mit Bentonit zunächst sehr gut, dann<br />

traten Probleme auf. Erst das Öffnen der einzelnen Elemente<br />

brachte die Erkenntnis.<br />

Bieri erklärt die Hintergründe: „Bei unserem Verfahren wird<br />

die Molke in den ersten Tank gepumpt, danach fließt die Gärlösung<br />

passiv durch die Tanks.“ Mittels Überläufen gelangt das<br />

Gärmedium von einem Behälter zum anderen. Diese Überläufe<br />

setzten sich zu und auch der Siphon nach dem Nachgärtank<br />

verstopfte. Es zeigte sich, dass die Strömungsgeschwindigkeit<br />

des Prozesses für diesen Zusatzstoff zu gering ist, dadurch<br />

kommt es zu Ablagerungen. „Wenn das Tonmaterial nicht<br />

ständig in Bewegung gehalten wird, gibt es Verstopfungen“,<br />

weiß der Ingenieur. Langzeitversuche im Universitätslabor Offenburg<br />

hätten diesen Verdacht anschließend bestätigt.<br />

Effizienzsteigerung mit Koksstaub<br />

Die Grafik zeigt, wie sich die Biogasproduktion in Abhängigkeit<br />

von den beigefügten Trägerstoffen entwickelte. „Vom 28. Juni<br />

bis zum 16. Juli führten wir der Anlage nur Bentonit zu“, erklärt<br />

Bieri. Beim Hauptgärtank (GT1) nahm die Biogasmenge<br />

ab dem 11. Juli stetig ab. Deshalb gab der Ingenieur ab dem<br />

17. Juli dem GT1 zusätzlich 200 Kilogramm (kg) Koksstaub<br />

(C85) hinzu. „Die Gasproduktion ging am Tag danach leicht<br />

zurück, stieg jedoch in den Folgetagen an und überstieg die<br />

Gasproduktion des zweiten Hauptgärtanks (GT2), der nur mit<br />

Bentonit lief“, erklärt Bieri.<br />

Ab dem 10. August erhielt auch der GT2 Koksstaub. Der Ingenieur<br />

gab 370 kg C85 hinzu und füllte nochmals 25 kg<br />

Bentonit nach. „Das war ein fataler Fehler, wie sich später herausstellte“,<br />

sagt der Experte, denn das zusätzliche Bentonit<br />

förderte die Verstopfung. Doch zunächst stieg in den Folgetagen<br />

die Biogasproduktion deutlich an und übertraf die allein<br />

mit Bentonit erreichten Mengen.<br />

Am 3. September gab es einen Totalausfall. „Er beruhte auf einer<br />

Fehlfunktion der Molkepumpen“, erklärt er. Nach der Behebung<br />

dieses Problems stieg die Biogasproduktion wieder auf<br />

die Werte der Vortage an. Doch nun bereiteten die Bentonitablagerungen<br />

in den Leitungssystemen Probleme. Sie waren<br />

bis dahin unerkannt geblieben. „Die ganzen nachfolgenden<br />

Wintermonate beschäftigten wir uns mit den Auswirkungen“,<br />

bedauert der Ingenieur. Danach setzte er als Trägermaterial<br />

nur noch Koksstaub ein. „Dieser Zusatzstoff bringt gute Ergebnisse<br />

und die Biogasproduktion ist insgesamt gestiegen“,<br />

so Bieri.<br />

Auch die Gasqualität sei hervorragend, der Methangehalt liege<br />

zwischen 60 und 65 Prozent. Welcher Anteil an Kohlenstaub<br />

die beste Ausbeute bringt, ist noch unklar. Der Ingenieur<br />

65<br />

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praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Abbildung 1: Tägliche Biogasproduktion in m³ vom 28. Juni bis 1. Oktober 2015<br />

80.00<br />

70.00<br />

60.00<br />

50.00<br />

40.00<br />

30.00<br />

20.00<br />

10.00<br />

0.00<br />

m 3 Gas m³ TOTAL/Tag Gas m³ GT1/d Gas m³ GT2/d Gas m³ NGT/d<br />

Abbildung 2: Biogas-BHKW-Betriebsstunden: Januar 2015 bis Oktober 2016<br />

h<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

28.06.15<br />

30.06.15<br />

02.07.15<br />

04.07.15<br />

06.07.15<br />

08.07.15<br />

10.07.15<br />

12.07.15<br />

14.07.15<br />

16.07.15<br />

18.07.15<br />

20.07.15<br />

22.07.15<br />

24.07.15<br />

26.07.15<br />

28.07.15<br />

30.07.15<br />

01.08.15<br />

03.08.15<br />

05.08.15<br />

07.08.15<br />

09.08.15<br />

11.08.15<br />

13.08.15<br />

15.08.15<br />

17.08.15<br />

19.08.15<br />

21.08.15<br />

23.08.15<br />

25.08.15<br />

27.08.15<br />

29.08.15<br />

31.08.15<br />

02.09.15<br />

04.09.15<br />

06.09.15<br />

08.09.15<br />

10.09.15<br />

12.09.15<br />

14.09.15<br />

16.09.15<br />

18.09.15<br />

20.09.15<br />

22.09.15<br />

24.09.15<br />

26.09.15<br />

28.09.15<br />

30.09.15<br />

Jan.<br />

15<br />

Feb.<br />

15<br />

März<br />

15<br />

Apr.<br />

15<br />

Mai<br />

15<br />

Juni<br />

15<br />

Juli<br />

15<br />

Aug.<br />

15<br />

Sep.<br />

15<br />

Okt.<br />

15<br />

Nov.<br />

15<br />

Dez.<br />

15<br />

Jan.<br />

16<br />

Feb.<br />

16<br />

März<br />

16<br />

Apr.<br />

16<br />

Mai<br />

16<br />

Juni<br />

16<br />

Juli<br />

16<br />

tüftelt noch an der richtigen Zusammensetzung<br />

und Dosierung. Der Staub muss<br />

schwer genug sein, damit er absinkt, pumpbar<br />

sein und keine Ablagerungen bilden.<br />

Es hat sich auch gezeigt, dass sich durch<br />

die gröbere Körnung des Kohlenpulvers der<br />

Prozess veränderte. „Wir mussten die Art,<br />

wie die Gärlösung umgesetzt wird, anpassen,<br />

was uns weiteres Lehrgeld kostete“,<br />

berichtet Bieri.<br />

Fazit: Im Oktober 2014 ging die Anlage in<br />

Betrieb. Nachdem Bentonit als Trägermaterial<br />

viele Nachteile hatte, wurde ab Juni<br />

2015 Koksstaub beigefügt. Nach der Umstellung<br />

und dem stetigen Ausspülen von<br />

Bentonit erhöhten sich die Betriebsstunden<br />

des BHKW.<br />

„Das Projekt hat sich trotz mancher Rückschläge<br />

schon allein wegen der Energieund<br />

Kosteneinsparungen gelohnt“, sagt<br />

Bieri. So wurden in der Zeit bis Mai 2016<br />

rund 365 Kubikmeter Molke verwertet und<br />

9.100 Kubikmeter Methan produziert.<br />

Dies entspricht einer Energiemenge von<br />

Grafiken: Markus Bieri<br />

Aug.<br />

16<br />

Sep.<br />

16<br />

Okt.<br />

16<br />

90.800 Kilowattstunden<br />

und einer CO 2<br />

-Einsparung<br />

von 14,6 Tonnen. Ziel ist,<br />

dass die Anlage bei höchster<br />

Auslastung nach Abzug<br />

des Eigenbedarfs einen<br />

jährlichen Ertrag von mindestens<br />

131.800 Kilowattstunden<br />

an Wärmeenergie<br />

und 58.000 Kilowattstunden<br />

an Strom bringt. Damit<br />

wären rund 45 Prozent des<br />

Gesamt energiebedarfs der<br />

Käserei abgedeckt.<br />

Zudem werden die hochwertigen<br />

Gärreste von Landwirten<br />

abgeholt, die damit ihre<br />

Felder düngen, und der biologische<br />

Sauerstoffbedarf<br />

der Restlösung verringert<br />

sich durch die Vergärung<br />

deutlich. Sie darf problemlos<br />

in die Kläranlage eingeleitet<br />

werden. „Auch hier<br />

werden Kosten und Energie<br />

gespart“, fügt Bieri hinzu.<br />

Vor allem sei die Anlage ein<br />

sehr gutes Studienobjekt.<br />

„Wir haben viele Erfahrungen<br />

gewonnen, die wir bei<br />

weiteren Projekten nutzen<br />

können“, so Bieri. Deshalb<br />

schätzt er das Wissen<br />

hoch ein, das er über die<br />

Vergärung von organischen<br />

Flüssigabfällen sammeln<br />

konnte. Auch sei es gelungen,<br />

den innerbetrieblichen<br />

Stoffkreislauf zu schließen.<br />

„Die Molke muss nun nicht<br />

mehr als Abfall entsorgt werden“,<br />

die Klärgebühren würden<br />

eingespart und Energie<br />

gewonnen. Auf jeden Fall ist<br />

die Käserei mit der eigenen<br />

Molke-Biogasanlage dem Ziel, erste Null-<br />

Energie-Käserei Deutschlands zu werden<br />

ein gutes Stück näher gerückt.<br />

Autorin<br />

Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

Freie Journalistin<br />

Hohlgraben 27 · 71701 Schwieberdingen<br />

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Mexiko<br />

Feigenkaktus liefert Biogas<br />

Biogasanlage der Kooperative Comite Estatal<br />

Sistema Producto Nopal. Die Gärbehälter sind mit<br />

schwarzer Folie ummantelt. Zur Verschönerung<br />

wurden Feigenkakteen außen herum gepflanzt.<br />

Das Potenzial für Bioenergie in Mexiko ist groß. Das Land<br />

will bis 2024 einen Anteil von 35 Prozent Erneuerbarer am<br />

Energiemix erreichen. Derzeit sind es gut 18 Prozent, wovon<br />

den größten Teil Wasser- und Windkraft stellen. Energie aus<br />

Biomasse spielt mit 0,3 Prozent noch kaum eine Rolle. Der<br />

Anteil soll aber innerhalb dieses Zeitraumes auf immerhin<br />

3 Prozent steigen. Eine Einspeisevergütung für Strom aus<br />

Erneuerbaren Energien gibt es nicht.<br />

Von Klaus Sieg<br />

Mexiko-Stadt<br />

Karge Berge, vertrocknete Büsche, Gestrüpp<br />

und gelbes Gras vor bizarren Felsformationen.<br />

Mehr Mexiko geht nicht. Ist es da noch<br />

verwunderlich, dass Juan Manuel Castañeda<br />

Muñoz und die anderen Mitglieder seiner<br />

Kooperative ihre Biogasanlage mit Kakteen betreiben?<br />

„Kaktus wächst sehr schnell.“ Der Farmer zeigt über<br />

die Plantage der Kooperative bei Cavillo im Bundesstaat<br />

Aguascalientes.<br />

Wie eine Armee stehen die kniehohen Nopal – zu<br />

deutsch Feigenkaktus – in Reih und Glied. Zwischen<br />

den Reihen warten Holzkisten auf ihre Befüllung. Um<br />

die fünfzig Arbeiter verdienen hier mit Ernte und Pflege<br />

ihren Lebensunterhalt. „Seit wir die Biogasanlage betreiben,<br />

beschäftigen wir zwölf Arbeiter mehr“, erklärt<br />

Castañeda. Das ist wichtig in einer Region, aus der viele<br />

Menschen auf der Suche nach Arbeit in die USA auswandern<br />

– solange es noch geht.<br />

Juan Manuel Castañeda Muñoz ist Mitglied des Comite<br />

Estatal Sistema Producto Nopal. Die 50 Farmer der Kooperative<br />

haben auf insgesamt 560 Hektar Nopal angebaut.<br />

Für die Biogasanlage wächst Feigenkaktus auf<br />

einer Fläche von 70 Hektar. Im Prinzip. Der schmackhafte<br />

und gesunde Kaktus wird in Mexiko als Gemüse<br />

geschätzt. Doch die Preise schwanken sehr. „Zwischen<br />

November und Februar sind die Preise sehr hoch, dann<br />

läuft die Anlage nur mit einem Drittel Auslastung, weil<br />

wir die Kakteen lieber verkaufen.“<br />

Kakteen lassen sich 20 Jahre lang nutzen<br />

In dieser Jahreszeit produzieren die anderen Regionen<br />

Mexikos nicht so viel Kakteen. Hier, im mittleren Norden<br />

Mexikos, wächst die genügsame Pflanze jedoch das<br />

ganze Jahr gut. Also lohnt es sich eher in den Monaten<br />

mit großem, landesweitem Angebot, die Kakteen der<br />

Plantage zu vergären. Bis zu zwanzig Jahre kann man<br />

68


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

eine Kaktuspflanze beernten. Als Lebensmittel<br />

wachsen die Blätter um die<br />

30 Tage, als Energiepflanze bis zu vier<br />

Monate. „Aber nicht länger, sonst sinkt<br />

der Methanertrag.“ Castañeda bricht<br />

ein hellgrünes Blatt von einer Pflanze.<br />

Die Stachel sind entgegen der Erwartung<br />

weich, später fallen sie sogar ganz<br />

heraus.<br />

Der Methanertrag des Feigenkaktus<br />

beträgt 860 Kubikmeter pro Tonne Trockenmasse,<br />

was 10 Tonnen Frischmasse<br />

entspricht. Damit ist der stachelige<br />

Geselle in Bezug auf sein Gewicht nicht<br />

besonders ertragreich. In Anbetracht<br />

der Hektarerträge aber schon. „Wir ernten<br />

in drei Ernten insgesamt 600 Tonnen<br />

Frischmasse pro Jahr und Hektar.“<br />

Zudem hat Kaktus in der Biogasanlage<br />

mit 16 Stunden eine sehr kurze Verweildauer.<br />

Ein Blick auf die Anlage in der Nähe<br />

der Plantage aber verdeutlicht: Für<br />

ihren Betrieb muss einiges an Masse<br />

bewegt werden. Die Kakteenblätter<br />

werden zerkleinert und kommen ohne<br />

die Zugabe von Wasser in die Fermenter.<br />

Beigemischt wird lediglich 1 Prozent<br />

Kuhdung. Der Nopal gärt in vier<br />

jeweils 1.000 Kubikmeter großen Behältern.<br />

Die 4 Meter hohen Behälter<br />

sind lediglich aus Folie, Eisengittern,<br />

etwas Beton sowie Steinen und Erde<br />

gebaut. „Alle Bauteile gibt es lokal zu<br />

kaufen, die Arbeiten konnte ein mexikanisches<br />

Unternehmen ausführen“,<br />

erklärt Miguel Angel Perales de la Cruz,<br />

der Konzept, Finanzierung und Konstruktion<br />

der Anlage für die Kooperative<br />

geplant hat. Geheizt werden diese Zwitter<br />

aus einer Lagune und einem Reaktor<br />

allerdings nicht.<br />

„Wenn wir voll produzieren, liegt hier<br />

alles voller Kaktusblätter“, so Perales<br />

weiter. Die Hoffläche vor der Anlage ist<br />

zwei bis drei Fußballfelder groß. Und<br />

sie strahlt komplett in hellem Beton,<br />

was auf den Projektpartner Cruz Azul verweist. Der<br />

große mexikanische Betonhersteller nimmt die über<br />

7 Millionen Kilowattstunden Elektrizität ab, die der<br />

ein Megawatt große Generator von Caterpillar pro Jahr<br />

erzeugt. Cruz Azul hat auch weit über die Hälfte der<br />

Investitionskosten von umgerechnet 2 Millionen Euro<br />

übernommen.<br />

Der andere Teil stammt von dem mexikanischen Nationalrat<br />

der Wissenschaft und Technologie (CONACYT).<br />

Platz für eine Erweiterung ist vorgesehen, wird aber<br />

Fotos: Martin Egbert<br />

Juan Manuel Castaneda Munoz, Mitglied des Comite Estatal Sistema Producto Nopal.<br />

Für die Biogasanlage wächst der Feigenkaktus auf 70 Hektar.<br />

Kakteenblätter dienen als Gärsubstrat für die Biogasanlage der Kooperative Comite<br />

Estatal Sistema Producto Nopal. Ein kleiner Radlader schiebt die Blätter in den<br />

Annahmebehälter.<br />

wohl so schnell nicht umgesetzt. Dass die Anlage schon<br />

in ihrer jetzigen Größe nicht auf voller Last läuft, liegt<br />

auch daran, dass der staatliche Versorger und Netzbetreiber<br />

Comisión Federal de Electricidad (CFE) eine<br />

Einspeisung nur zu bestimmten Zeiten zulässt, um das<br />

Netz nicht zu überlasten.<br />

Lange Genehmigungsphasen<br />

Zwar hat die mexikanische Regierung mit einer Energiereform<br />

das Monopol der CFE aufgelöst. In vielen<br />

69


International<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Die festen Bestandteile<br />

der Gärreste sollen in<br />

der Automobilindustrie<br />

für die Füllung von<br />

Autositzen verwendet<br />

werden.<br />

Angelegenheiten aber agiert diese nach wie vor zäh.<br />

Zwischen der Genehmigung zur Produktion von Strom<br />

und der für die Einspeisung vergingen im Fall der Nopal-Biogasanlage<br />

zum Beispiel zwei Jahre. Die Gestehungskosten<br />

für den Strom aus Kakteen belaufen sich<br />

auf umgerechnet knapp 4 Eurocent pro Kilowattstunde.<br />

Cruz Azul zahlt der Kooperative mehr als das Doppelte.<br />

Der Staat fördert lediglich sogenannte saubere<br />

Energien über Investitionsanreize, Förderprogramme<br />

und ab Januar 2018 mit Clean Energy Certificates. Zu<br />

diesen sauberen Energien zählen aber auch moderne<br />

Gas- und Atomkraftwerke.<br />

Die Vereinbarung mit Cruz Azul ist für die Kaktusfarmer<br />

deshalb ein guter Deal, zumindest in Zeiten hohen<br />

Angebotes an Nopal. Vor allem aber soll die Anlage, die<br />

seit September 2015 Strom liefert, mit der Erzeugung<br />

von Fest- und Flüssigdünger Geld verdienen. Der wird<br />

in einer eigens dafür gebauten Halle produziert. Laboruntersuchungen<br />

und Feldversuche bescheinigen ihm<br />

eine gute Wirkung. Was allerdings fehlt, ist ein Absatzmarkt<br />

für den Biodünger. So landet er bislang großteils<br />

auf den eigenen Plantagen der Kooperative.<br />

Düngerproduktion und der Eigenverbrauch der Energie<br />

stehen auch im Mittelpunkt des Anlagenkonzeptes<br />

von Sistema Biobolsa. „Mit den Reststoffen aus ihrer<br />

Biogasanlage düngt diese Milchfarm 80 Prozent ihrer<br />

Flächen.“ Alex Eaton zeigt über die sieben Lagunen,<br />

deren von der Sonne ausgeblichene Folien sich unter<br />

dem Druck des Methans aufblähen. Alte Autoreifen<br />

liegen auf der Folie, um den Druck der 280 Kubikmeter<br />

großen Anlage der Rancho Sinai bei Zumpango de<br />

Ocampo, nordöstlich von Mexico City, zu regulieren.<br />

Der US-Amerikaner Eaton hat Sistema Biobolsa vor<br />

sieben Jahren gegründet. Er läuft auf eine der Folien<br />

und fängt an zu wippen. Ein Glucksen in der Lagune<br />

verrät, dass dort ausschließlich Flüssigkeit gärt, dank<br />

eines Separators, der die Feststoffe heraustrennt.<br />

Kleinen Anlagen fehlt es an Wartung<br />

Konstruiert hat Eatons Team diesen aus einem auf dem<br />

lokalen Markt erhältlichen Motor. Die Gesamtkosten<br />

der Anlage belaufen sich so auf nur rund umgerechnet<br />

15.000 Euro. Zwei Drittel der Kosten hat Sistema Biobolsa<br />

als zinslosen Kredit gewährt. Ein gutes Drittel hat<br />

das Agrarministerium zugeschossen. Es gibt Budgets<br />

für derartige Investitionshilfen. Nicht immer werden<br />

diese allerdings sinnvoll eingesetzt, bemängeln Experten,<br />

zu häufig herrsche dabei das Prinzip Gießkanne.<br />

Viele Kleinbiogasanlagen sollen nicht funktionieren,<br />

unter anderem weil die Hersteller keine nachhaltige<br />

Wartung bieten.<br />

Nicht so Sistema Biobolsa. Als Kreditgeber hat das<br />

Unternehmen ein Interesse daran, dass die Anlagen<br />

dauerhaft Methan produzieren. Davon profitieren natürlich<br />

auch die Betreiber. „Die Investition hat die<br />

Farm schnell wieder drin“, erklärt Alex Eaton. Und<br />

somit kann sie auch den Kredit abbezahlen. Alleine<br />

für Industriedünger müsste die Rancho Sinai pro Jahr<br />

und Hektar fast 290 Euro ausgeben. Ein bedeutender<br />

Posten, denn sie baut auf 100 Hektar das Futter für<br />

ihre 250 Kühe an. Hinzu kommen Einsparungen von<br />

Energiekosten von fast 3.000 Euro pro Jahr.<br />

Mit Biogas heizt die Farm nicht nur das Warmwasser<br />

zur Reinigung der Melkgerätschaften, sondern treibt<br />

auch den Motor der Melkmaschine an. Sistema Biobolsa<br />

hat einen Honda-Diesel-Motor so modifiziert, dass er<br />

mit Methan läuft. Über einen Keilriemen treibt dieser<br />

die Melkmaschine an. Der Keilriemen kann aber auch<br />

70


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

Miguel Angel Perales De la Cruz, der Konzept,<br />

Finanzierung und Konstruktion der Anlage für die<br />

Kooperative geplant hat.<br />

Alex Eaton, der US-Amerikaner hat Sistema Biobolsa<br />

vor sieben Jahren gegründet.<br />

Violeta Bravo de Sepúlveda stammt aus Mexiko.<br />

Sie arbeitet für ein Projekt der TU Cottbus-Senftenberg<br />

und des Zentrums für Forschung und technologische<br />

Entwicklung der Elektrochemie (CIDETEQ)<br />

im mexikanischen Querétaro.<br />

auf einen Dieselmotor umgelegt werden, falls nicht genug<br />

Biogas in der Lagune entsteht oder der Gasmotor<br />

aus einem anderen Grund nicht funktioniert.<br />

Alex Eaton hatte Sistema Biobolsa zunächst als kleine<br />

NGO gestartet und dann in ein Unternehmen mit Sitz<br />

in Mexiko City umgewandelt. Heute beschäftigt Sistema<br />

Biobolsa 45 Mitarbeiter. Es gibt kleine Ableger in<br />

Zentralamerika und demnächst in Kenia sowie in Indi-<br />

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71


International<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Umspannwerk in<br />

Cavillo im Bundesstaat<br />

Aquascalientes.<br />

„Lagunen sind preisgünstig, aber auch eine<br />

Black Box, die kaum zu kontrollieren ist“<br />

Violeta Bravo de Sepúlveda<br />

en. In Mexiko hat Sistema Biobolsa schon über 3.000<br />

Anlagen installiert. Die Größen reichen von 4 bis 280<br />

Kubikmeter. Als Module lassen sie sich kombinieren.<br />

Der überwiegende Teil sind kleine Haushaltsanlagen,<br />

mit denen Familien kochen.<br />

Kleine Farmer leiden auch in Mexiko besonders unter<br />

niedrigen Milchpreisen. Schon die Einsparungen von<br />

umgerechnet 30 Euro für Erdgas<br />

im Monat sind eine große Hilfe.<br />

Zudem können kleine Farmer mit<br />

Biogas ihre Milch kostengünstig<br />

pasteurisieren und so besser direkt<br />

vermarkten. Etwa einhundert größere<br />

Anlagen hat Sistema Biobolsa<br />

gebaut. In ihnen wird das Methan<br />

genutzt zum Heizen der Verschläge<br />

von Ferkeln, in Käsereien oder für<br />

den Antrieb von Melkmaschinen<br />

wie auf der Rancho Sinai.<br />

Dort löst sich der Frühnebel langsam auf, der über die<br />

Wiesen wabert. Man könnte sich fast in Schleswig-<br />

Holstein wähnen. Knapp 2.300 Meter liegt die Region<br />

um Zumpango de Ocampo hoch. Das sorgt nachts für<br />

niedrige Temperaturen. Der Methanertrag der Anlage<br />

schwankt deshalb zwischen 60 und 100 Kubikmeter<br />

pro Tag, je nach Jahreszeit und Wetter. „Lagunen sind<br />

preisgünstig, aber auch eine Black Box, die kaum zu<br />

kontrollieren ist“, sagt Violeta Bravo de Sepúlveda.<br />

„Viele funktionieren gar nicht oder schlecht und holen<br />

nicht das vorhandene Potenzial an Methan aus den<br />

Substraten“, so die Wissenschaftlerin weiter.<br />

Violeta Bravo de Sepúlveda stammt aus Mexiko, hat in<br />

Deutschland studiert und arbeitet für ein Projekt der<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-<br />

Senftenberg und des Zentrums für Forschung und technologische<br />

Entwicklung der Elektrochemie (CIDETEQ)<br />

im mexikanischen Querétaro, einem bedeutenden Industriestandort<br />

im gleichnamigen Bundesstaat.<br />

Mit dem Geflügelproduzenten Pilgrims Pride hat sie<br />

zum Beispiel eine Pilotanlage zur Behandlung der Abwässer<br />

betrieben. Pilgrims Pride verarbeitet 300.000<br />

Hühner pro Tag. Dabei fallen 2.000 Kubikmeter Abwasser<br />

an, das reich an Fett und Blut ist. Das Unternehmen<br />

vergärt diese seit zwölf Jahren in Lagunen mit<br />

einem Volumen von insgesamt 46.000 Kubikmetern.<br />

Sie produzieren 6.000 Kubikmeter Methan pro Tag.<br />

Das reicht für ein Drittel der benötigten Prozesswärme<br />

des Lebensmittelbetriebes, die insgesamt fünf Dampfmaschinen<br />

produzieren. Für mehr aber auch nicht, da<br />

bereits alle Abwässer genutzt werden. „Sie bräuchten<br />

eine effizientere Biogasanlage.“<br />

280 Kubikmeter<br />

große Biogasanlage<br />

der Rancho Sinai bei<br />

Zumpango de Ocampo,<br />

nordöstlich von Mexico<br />

City.<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Der Honda Diesel-Motor ist so modifiziert, dass er mit Methan betrieben werden kann. Über den<br />

Keilriemen treibt er die Melkmaschine auf der Farm Rancho Sinai an.<br />

Kuhdung-Sammelplatz in der Nähe der Stadt Queretaro. Lkw sammeln den<br />

Dung von Rinderfarmen in der Umgebung ein. Zurzeit wird er nicht energetisch<br />

genutzt, sondern in Avocadoplantagen ausgebracht.<br />

Gemüseanbau in<br />

Gewächshäusern –<br />

der Agropark in<br />

Queretaro.<br />

Wissenstransfer aus Cottbus<br />

Violeta Bravo de Sepúlveda hat auf dem Firmengelände<br />

deshalb einen 10 Kubikmeter großen Pilotreaktor in<br />

den realen Anlagenbetrieb integriert und erforscht. Das<br />

dabei angewandte Anaerobic-Sequencing-Batch-Verfahren<br />

(ASBR) bietet im Vergleich zu konventionellen<br />

Biogasverfahren eine erhebliche Einsparung im Eigenenergieverbrauch<br />

sowie eine stoffgruppenspezifische<br />

Verweilzeit im Fermenter, die zu einer deutlich höheren<br />

Ausbeute führt. Eine ähnliche Anlage für Schlachtabfälle<br />

war bereits an der BTU Cottbus erprobt worden.<br />

„Wir konnten zeigen, dass Pilgrims Pride seinen gesamten<br />

Wärmebedarf mit einer solchen Anlage decken<br />

könnte“, erklärt die Wissenschaftlerin. Das Unternehmen<br />

plant nun in diese Richtung, nicht zuletzt auch,<br />

weil es wahrscheinlich nur so kommende Umweltauflagen<br />

erfüllen können wird. Einen genauen Zeit- und<br />

Finanzierungsplan aber gibt es noch nicht.<br />

Violeta Bravo de Sepúlveda arbeitet schon am nächsten<br />

Projekt. Mit dem Futtermittelhersteller La Perla soll<br />

eine Biogasanlage entstehen, die mit über 100 Millionen<br />

Kilowattstunden pro Jahr mehr als den gesamten<br />

Wärmebedarf des Unternehmens abdeckt. Dafür sollen<br />

185.000 Tonnen Gülle, fast 4.000 Tonnen Gemüseabfälle<br />

aus Treibhäusern sowie große Mengen Altfett<br />

als auch Molke vergoren werden. So sollen besonders<br />

klimarelevante Methanemissionen um 5.300 Tonnen<br />

pro Jahr reduziert werden.<br />

74


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

Klärbecken der Biogasanlage des Geflügelproduzenten Pilgrims Pride.<br />

Das Projekt forscht unter anderem an der Entwicklung einer geeigneten<br />

Logistik für den Transport der Substrate sowie den technischen<br />

Herausforderungen ihrer gemeinsamen Vergärung. Dafür<br />

läuft im Labor des Institutes seit Januar <strong>2017</strong> eine Biogas-Testanlage.<br />

„Altfett bringt viermal so viel Methan wie Dung“, weiß Violeta<br />

Bravo de Sepúlveda schon jetzt.<br />

Eine Fahrt rund um die Stadt Querétaro zeigt eindrucksvoll die<br />

Potenziale der Region: In der Sonne glitzert ein Meer aus Gewächshäusern<br />

des Agroparks. Hier wachsen Tomaten und Paprika für das<br />

ganze Land. Nicht weit entfernt erscheint der legendäre Monolith<br />

Peña de Bernal am Horizont. Jedes Jahr am 21. März versammeln<br />

sich an dem Felsen Scharen von Esoterikern, um seine Energie zu<br />

empfangen. Doch die wahren Energieberge erheben sich davor:<br />

auf dem Dung-Sammelplatz.<br />

Steigende Lebensmittelproduktion und wachsende<br />

Abfallberge<br />

Lange Trucks kippen ihre Ladung ab, die sie in den Rinderfarmen<br />

der Umgebung eingesammelt haben. Radlader schieben und<br />

schichten die braune Masse zu haushohen Haufen. Hier, in der<br />

Gemeinde Ezequiel Montes, wird der Großteil des in Mexiko konsumierten<br />

Rindfleisches gezüchtet. Der gesammelte Dung geht zurzeit<br />

noch unbehandelt als Dünger auf Avocadoplantagen. Mexikos<br />

Landwirtschaft wächst. Und mit ihr das Aufkommen an Dung und<br />

organischen Abfällen. Bereits jetzt gibt es zum Beispiel 5 Millionen<br />

Bauernhöfe mit etwa 18 Millionen Schweinen. Es wächst auch<br />

die Lebensmittelproduktion sowie das Aufkommen an Abwässern<br />

und Siedlungsabfällen. Jede Sekunde fallen in Mexiko 82.000<br />

Liter Abwasser an. Und täglich 100.000 Tonnen Hausmüll.<br />

Die mexikanische Regierung hat sich selbst verpflichtet, die Treibhausgasemissionen<br />

des Landes bezogen auf das Emissionsniveau<br />

im Jahr 2000 bis 2020 um 30 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent<br />

zu reduzieren. Und da kommt die energetische Nutzung von<br />

Methan ins Spiel, nicht zuletzt auch wegen des drastischen Preisverfalls<br />

von CO 2<br />

-Zertifikaten. „Eigentlich sollte dieses Projekt über<br />

den CO 2<br />

-Zertifikathandel Geld verdienen.“ Rodolfo Montelongo<br />

75<br />

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International<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Biogasanlage der<br />

Kooperative Comite<br />

Estatal Sistema<br />

Producto Nopal.<br />

zeigt auf drei dicke schwarze Rohre zum kontrollierten<br />

Abfackeln von Methan, die über der Abfalldeponie<br />

von San Nicolas im Bundesstaat Aguascalientes in den<br />

blauen Himmel ragen. Installiert wurden diese 1998.<br />

Zehn Jahre später beschloss sein Arbeitgeber, das britische<br />

Unternehmen Ylem Energy, noch einmal über 5<br />

Millionen US-Dollar in die Hand zu nehmen und das<br />

Methan zur Erzeugung von Elektrizität zu nutzen.<br />

Deponiegasstrom für Nissan<br />

Seit Dezember 2011 speisen zwei Generatoren von<br />

Caterpillar mit einer Leistung von insgesamt 2,4 Megawatt<br />

Strom ins Netz. Abgefackelt wird das Methan<br />

aus der Deponie nur noch, wenn die Generatoren ausfallen.<br />

Der Stromverkauf stellt 100 Prozent der Einnahmen<br />

der Anlage. Abnehmer für<br />

die 10 Gigawattstunden im Jahr ist<br />

der japanische Autohersteller Nissan,<br />

der seine Produktion für Mexiko im<br />

Gewerbegebiet der Stadt Aguascalientes<br />

betreibt. Wie viel Nissan für die<br />

Kilowattstunde bezahlt, darf Rodolfo<br />

Montelongo nicht verraten. Nur so<br />

viel, dass der Preis unter dem Tarif für<br />

Industriebetriebe des Hauptversorgers<br />

liegt, also unter rund 5 Eurocent<br />

für die Kilowattstunde.<br />

„Das ist eine Herausforderung für<br />

uns“, sagt Montelongo beim Rundgang<br />

über die Deponie. Auf dem<br />

offenen Teil kippen Mülllaster ihre<br />

Ladung aus. Per Hand suchen Sammler<br />

Verwertbares heraus. Schwarze<br />

Kunststoffrohre schlängeln sich über<br />

den ausgetrockneten Boden der geschlossenen Deponie.<br />

250 Gasquellen wurden bisher in den Müllberg<br />

gelegt oder gebohrt. „Wir jagen ständig dem Methan<br />

hinterher“, erklärt der technische Leiter José Luis Valadez<br />

Bustos.<br />

Verschiedene Materialien im Abfall, die Auswaschung<br />

organischer Anteile durch Regen und schwankende<br />

Temperaturen sorgen für ein unstetes Aufkommen.<br />

Hinzu kommen nicht reparierte Risse, durch die Sauerstoff<br />

eindringt, oder die zu späte Abdichtung einzelner<br />

Abschnitte der Deponie. Vom Müllaufkommen und der<br />

Leistung der Anlage her könnten in San Nicolas bis zu<br />

19 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden.<br />

Die würde Nissan auch abnehmen. Nur kann dieses<br />

Potenzial bislang noch nicht gewonnen werden.<br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

Müllabfuhr in Mexiko City.<br />

Müllsammler durchsuchen den Abfall nach Verwertbarem.<br />

Acht Deponiegasanlagen in Betrieb<br />

Auf acht Deponien in Mexiko wird bislang das Methan<br />

für die Stromproduktion genutzt. Mit einer installierten<br />

Leistung von 17 Megawatt befindet sich die größte<br />

in Monterrey. Ab 500 Tonnen Tagesaufkommen lohnt<br />

sich eine Deponiegasanlage. Da der Trend in Mexiko hin<br />

zu größeren Deponien geht, werden sicher noch mehr<br />

entstehen. Ylem Energy baut zurzeit an zwei neuen Deponiegas-Anlagen.<br />

Aber wäre es nicht besser, mit Biogasanlagen<br />

zu arbeiten? Rodolfo Montelongo schüttelt<br />

den Kopf. „Das wäre zwar effizient und kostengünstig,<br />

doch es gibt keine wirklich funktionierende Mülltrennung<br />

in Mexiko.“<br />

Auch Alvaro Zurita und Esteban Salinas von dem Projekt<br />

„Energetische Nutzung von städtischen Abfällen“ der<br />

Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />

bestätigen, dass vor allem die fehlende Trennung bei<br />

der Nutzung organischer Abfälle eine zu überwindende<br />

Hürde darstellt. Wegen ungenügend oder ungeeignet<br />

aufbereiteter Abfälle hat auch die bislang einzige Biogasanlage<br />

an einer Deponie technische Probleme. Finanziert<br />

hat die Anlage in Atlacumulco im Bundesstaat<br />

Mexiko das mexikanische Umweltministerium.<br />

Die Abfallentsorgung Mexikos wird in vielen Kommunen<br />

von einem unübersichtlichen Geflecht aus öffentlichen<br />

und privaten Akteuren organisiert. Die Müllwagen und<br />

ihre Fahrer stellen die Kommunen. Die Besatzungen<br />

der Wagen sind private Selbstständige, die nebenbei<br />

den recycelbaren Abfall aussortieren und verkaufen.<br />

Ihre Jobs sind begehrt und werden unter der Hand von<br />

den Fahrern vergeben. Die wiederum sind in starken<br />

Gewerkschaften organisiert.<br />

Von recycelbaren Stoffen leben auch viele Sammler,<br />

die auf eigene Faust mit einem Sack auf dem Rücken<br />

Haushalte und Betriebe abklappern. Ein Blick auf die<br />

erstaunlich sauberen Straßen Mexico Citys zeigt, dass<br />

das System irgendwie funktioniert. Nur ist es derart von<br />

partikularen Interessen geprägt, dass sich schwer etwas<br />

verändern lässt. Zudem verhindern sehr niedrige Deponiegebühren<br />

Investitionen vonseiten der Betreiber.<br />

77


International<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Eine von 250 Gasquellen auf der Deponie<br />

von San Niclas.<br />

José Luis Valadez Bastos, technischer Leiter der<br />

Deponiegasanlage von San Nicolas im Bundesstaat<br />

Aguascalientes.<br />

Das Deponiegas wird über ein Rohrleitungsnetz erfasst<br />

und über eine Gassammelstelle dem Generator<br />

zugeführt.<br />

Generator-Container<br />

von Ylem Energy<br />

mit zwei Caterpillar<br />

Generatoren, die eine<br />

Leistung von insgesamt<br />

2,4 Megawatt Strom ins<br />

Netz speisen.<br />

In Xalapa um das Abfallmanagement<br />

kümmern<br />

In Zusammenarbeit mit dem Energie- als auch dem<br />

Umweltministerium versucht die GIZ auf verschiedenen<br />

Ebenen die energetische Nutzung von Abfällen voranzubringen.<br />

Zum Beispiel beraten Zurita und Salinas<br />

gerade ein Projekt in Xalapa im Bundesstaat Veracruz,<br />

wo die Interamerikanische Entwicklungsbank eine Abfallvergärungsanlage<br />

an einer Deponie finanziert. „Da<br />

müssen wir uns vor allem mit dem Abfallmanagement<br />

beschäftigen“, weiß Esteban Salinas.<br />

Vieles ist im Fluss in Mexiko, manches in die richtige<br />

Richtung. Die Ausgestaltung der Energiereform zum<br />

Beispiel, verschiedene Umweltauflagen sowie ein nationaler<br />

Handel mit CO 2<br />

-Zertifikaten, der sich zurzeit<br />

noch in der Pilotphase befindet. Manche Großprojekte<br />

tauchen regelmäßig immer wieder in den Medien auf,<br />

ohne wirklich voranzukommen. Wie zum Beispiel die<br />

Nutzung des Deponiegases von Bordo Poniente, der<br />

2012 geschlossenen, einst größten Abfalldeponie der<br />

Welt, für den neuen Flughafen von Mexiko Stadt. Oder<br />

der Bau der weltgrößten Biogasanlage am Großmarkt<br />

der Megametropole für täglich 2.000 Tonnen organische<br />

Abfälle.<br />

Eugenia Kolb von der Deutsch-Mexikanischen Industrie-<br />

und Handelskammer (AHK Mexiko) sieht trotzdem<br />

gute Chancen für Unternehmen aus Deutschland auf<br />

dem Markt für Bioenergie in Mexiko. Die AHK Mexiko<br />

bietet deshalb regelmäßig Informationsveranstaltungen<br />

und -reisen für Akteure der Branche an. Als<br />

nächstes kommen mexikanische Experten vom 13. bis<br />

zum 17. März nach Deutschland. Nähere Informationen<br />

gibt es unter: http://mexiko.ahk.de/events/aktuell/<br />

inforeise-abfallnutzung-und-bioenergie-<strong>2017</strong>/<br />

Autor<br />

Klaus Sieg<br />

Freier Journalist<br />

Rothestr. 66 · 22765 Hamburg<br />

Tel. 040/380 89 359 16<br />

E-Mail: klaus@siegtext.de<br />

www.siegtext.de<br />

78


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

International<br />

KVP-Projekt: Tagebuch Indien<br />

In Indien läuft alles ein bisschen anders. Und hinterlässt<br />

dabei nicht selten ein Gefühl von Erstaunen<br />

bei uns Europäern. Das durfte ich gleich am<br />

Anfang meines ersten Aufenthalts im vergangenen<br />

Jahr erleben. Die Indian Biogas Association<br />

(IBA) war gerade erst in ihre neuen Räumlichkeiten<br />

umgezogen. Während bei uns zu einer Büroeinweihung<br />

Sekt und (im Glücksfall) Häppchen Usus sind –<br />

nach den manchmal etwas zu langen Reden –, findet<br />

in Indien eine sogenannte „Puja“ statt, ein hinduistisches<br />

Ritual.<br />

Dazu wird ein Priester ins Haus bestellt, der erstmal<br />

relativ lange die notwendigen Utensilien – diverse<br />

Schüsseln und Schalen mit Obst, Süßigkeiten, Blumen<br />

und Ölen – auf dem Boden auf Decken aufbaut.<br />

Jeder Teilnehmer bekommt einen roten Segenspunkt<br />

auf die Stirn, bestehend aus roter Farbe und Reiskörnern<br />

(die dann nach und nach wieder abbröckeln). Der<br />

Priester stimmt einen monotonen Gesang an und die<br />

Teilnehmer legen immer wieder nach Aufforderung Blumen<br />

oder Süßigkeiten in eine Schüssel, bis diese ganz<br />

gefüllt ist. Zum Abschluss bekommt jeder einen roten<br />

Faden um das Handgelenk gebunden, eine Art Glücksund<br />

Segensbringer. Im Anschluss gibt es, ähnlich wie<br />

bei uns, noch einen Happen zu essen. So begann für<br />

mich mehr oder weniger das KVP-Projekt Indien.<br />

Die Kammer- und Verbandspartnerschaft (KVP) zwischen<br />

dem Fachverband Biogas und der IBA startete<br />

bereits im Dezember 2015. Das auf drei Jahre angelegte<br />

Projekt, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

finanziert und von sequa gesteuert wird, hat zum Ziel,<br />

durch die Unterstützung des Privatsektors einen Beitrag<br />

zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in den<br />

Partnerländern des BMZ zu leisten. Der Fokus liegt<br />

dabei auf der Organisationsentwicklung von Kammern<br />

und Verbänden, dem Aufbau sowie der Entwicklung von<br />

Dienstleistungsangeboten für Unternehmen, Interessenvertretung<br />

und Politikdialog sowie CSR.<br />

Seit der Büroeinweihung ist nun fast ein Jahr vergangen.<br />

Inzwischen haben wir ein kleines Team vor Ort<br />

aufgebaut und erste Maßnahmen des KVP-Projekts<br />

umgesetzt. Für das kommende Jahr sind vor allem<br />

Trainingsmaßnahmen geplant, Teilnahmen an nationalen<br />

und internationalen Events sowie vor allem die<br />

Fortführung der in 2016 bereits eingeleiteten aktiven<br />

Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministry of New<br />

and Renewable Energy. Und vielleicht noch die eine<br />

oder andere weitere Zeremonie, um die Götter und das<br />

Universum weiterhin positiv zu stimmen.<br />

Autorin<br />

Antje Kramer<br />

Projektmanagerin KVP Indien<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12<br />

85356 Freising<br />

Tel. 0 81 61/98 46 60<br />

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79


Aus der<br />

Verbandsarbeit<br />

Bericht aus der Geschäftsstelle<br />

Start ins<br />

Superwahljahr<br />

<strong>2017</strong><br />

Das Jahr <strong>2017</strong> ist ein Jahr mit zahlreichen wichtigen<br />

Wahlen: Nicht nur der Bundestag wird im September<br />

gewählt, sondern auch die Landtage in drei Bundesländern.<br />

Im März wird im Saarland gewählt und im<br />

Mai folgen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.<br />

Neben den Bundestags- und Landtagswahlen<br />

wird auch im Fachverband gewählt.<br />

Von Dr. Stefan Rauh und<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

In der Amtszeit der kommenden Regierung werden die entscheidenden<br />

Weichen für die Weiterentwicklung der Erneuerbaren-Energien-<br />

und der Biogasbranche gestellt. Hier<br />

entscheidet sich, ob die Rahmenbedingungen so gestaltet<br />

werden, dass eine wirtschaftliche Biogaserzeugung weiter<br />

möglich ist und Biogas weiter seinen Beitrag zur Energiewende<br />

leisten kann. Aus diesem Grund ist das Referat Politik in Sachen<br />

„Wahlkampagne“ mit den anderen befreundeten Verbänden in<br />

enger Abstimmung.<br />

Derzeit zeichnet sich wohl ab, dass das Thema Energie nicht im<br />

besonderen Fokus des Wahlkampfes stehen soll, hier ist eher<br />

mit der Flüchtlingskrise sowie dem Fortgang der EU zu rechnen.<br />

Nichtsdestotrotz ist es unser Ziel, die Bioenergie entsprechend in<br />

den Wahlprogrammen sowie dem Koalitionsvertrag zu platzieren.<br />

Ein Bekenntnis zur Rolle von Biogas als wesentlicher Mosaikstein<br />

der Energiewende wäre ein wichtiges Statement für die künftige<br />

Arbeit in den Ministerien, wie auch immer diese besetzt werden.<br />

Bei vielen Entscheidungen spielen der Bundesrat und damit<br />

auch die Länder eine wichtige Rolle – gerade bei Verordnungen.<br />

Deshalb ist es genauso wichtig, sich im Landtagswahlkampf ein-<br />

80


Engagiert. Aktiv. Vor Ort. Und in Berlin: Der Fachverband Biogas e.V.<br />

zubringen. Dies wird an vorderster Front von den Regionalreferenten<br />

der jeweiligen Bundesländer übernommen.<br />

Wichtig ist dabei die tatkräftige Unterstützung<br />

der Mitglieder vor Ort.<br />

Erste Wahlen im FvB durchgeführt<br />

Im Dezember <strong>2017</strong> wählt im Rahmen der Biogas Convention<br />

die Mitgliederversammlung das Präsidium. Laut<br />

Satzung müssen davor die Gremien des FvB ebenfalls<br />

neu gewählt werden. Das bedeutet, dass die Sprecher<br />

der Arbeitskreise neu gewählt werden genauso wie die<br />

Regionalgruppensprecher sowie die Vertreter des Betreiberbeirates<br />

beziehungsweise des Firmenbeirates.<br />

Einige Wahlen wurden bereits erfolgreich durchgeführt.<br />

Unter anderem wurde im Januar in Süd-Württemberg,<br />

Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />

gewählt. Weitere Wahlen folgen in den kommenden<br />

Wochen und Monaten. In einigen Regionen wird mit<br />

den anstehenden Wahlen ein Generationswechsel eingeläutet.<br />

Verdiente Ehrenämter, die in die zweite Reihe<br />

rücken, werden dabei durch die Ehrennadel des FvB<br />

geehrt (siehe Kasten).<br />

Anfang Februar wurde auch der Sprecher des Arbeitskreises<br />

Direktvermarktung, Bodo Drescher, in seinem<br />

Amt bestätigt. Weitere Informationen zur Arbeit des AK<br />

Direktvermarktung finden Sie im Bericht des AK (siehe<br />

Seite 91).<br />

Die Wahl des Firmenbeirates fand am 17. Februar in<br />

Berlin im Rahmen einer Firmenvollversammlung statt.<br />

Der Firmenbeirat setzt sich für die nächste Amtszeit<br />

aus folgenden Personen zusammen:<br />

ffGesamtanlagenhersteller:<br />

Henrik Borgmeyer, Markus Ott, Christoph Spurk.<br />

ffService- und Wartungsunternehmen:<br />

Dr. Helmut Kern, Stefan Heins.<br />

ffKomponentenhersteller:<br />

Kai Jens Basedow, Alfred Gayer.<br />

ffPlaner und Berater:<br />

Uwe Welteke-Fabricius, Dr. Matthias Plöchl.<br />

Schwerpunkte Öffentlichkeitsarbeit <strong>2017</strong><br />

Auf Basis der Vorschläge von ehren- und hauptamtlichen<br />

Mitarbeitern und den aktuellen politischen Rahmenbedingungen<br />

hat der Fachverband Biogas kürzlich<br />

die Schwerpunkte für die Öffentlichkeitsarbeit <strong>2017</strong><br />

festgelegt. Primäres Ziel ist, Menschen für Biogas zu<br />

begeistern. Um dies zu erreichen und um die Daseinsberechtigung<br />

von Biogas öffentlich zu betonen, wurden<br />

„Klima- und Umweltschutz“ als Dachthemen für<br />

die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Jahr festgelegt. Als<br />

operative Schwerpunkte, zu denen gezielte Aktionen<br />

stattfinden sollen, hat der Fachverband „Güllevergärung“<br />

und „regionale Wertschöpfung“ ausgewählt.<br />

Zu den Kernthemen erarbeitet der Fachverband Biogas<br />

Informations- und Aktionsmaterialien und führt gemeinsam<br />

mit den Mitgliedern Veranstaltungen durch.<br />

Um möglichst breitflächig für Biogas zu begeistern,<br />

werden zudem die Social-Media-Kanäle verstärkt genutzt.<br />

Neben Facebook hat der Fachverband auch seine<br />

Kommunikation auf Twitter seit Anfang des Jahres<br />

wieder aufgenommen. Über die Schwerpunkte hinaus<br />

werden Flexibilität, Wärme, Biodiversität und Sektorenkopplung<br />

– teilweise auch regionsabhängig – eine<br />

Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit spielen. Zudem hatte<br />

der Fachverband Biogas am 14. Februar seinen 25. Geburtstag<br />

– ein Jubiläum, das uns ebenfalls das weitere<br />

Jahr über begleiten wird.<br />

Aus dem Referat International ist zu berichten, dass<br />

sich das Projekt des Kammer- und Verbandspartnerschaftsprojekts<br />

(KVP) mit der Indian Biogas Association<br />

(IBA) sehr gut weiterentwickelt. In einem kürzlich<br />

stattgefundenen Projekttreffen in Neu-Delhi wurden<br />

die Ziele und Aufgaben für das Jahr <strong>2017</strong> definiert,<br />

zum Beispiel ist eine aktive Teilnahme beider Verbände<br />

an der IFAT India in Mumbai Ende September geplant.<br />

Im Anschluss führte der Fachverband Biogas zusammen<br />

mit der IBA eine Trainingstour in den Städten Neu-<br />

Delhi, Pune und Ahmedabad durch. Die Trainingstour<br />

Für alle Kategorien wurden weitere Nachrücker gewählt,<br />

die den Firmenbeirat bei Bedarf ergänzen und<br />

unterstützen. Ein ausführlicher Bericht zur Versammlung<br />

und dem neugewählten Firmenbeirat wird im<br />

nächsten Journal zu finden sein.<br />

Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />

Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />

Regional. Verlässlich. Klimafreundlich. Biogas kann‘s!<br />

81


Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Erstmals Ehrennadel<br />

verliehen<br />

Der Fachverband Biogas feiert seinen 25. Geburtstag. Grund genug,<br />

den zahlreichen ehrenamtlichen Begleitern Dank zu sagen.<br />

Deshalb wurde beschlossen, verdienten Mitgliedern im Ehrenamt<br />

die Ehrennadel in Silber zu verleihen.<br />

Eine Ehrennadel wiegt zwar nicht die enorme Leistung unserer<br />

vielen Aktiven auf, soll aber trotzdem die große Wertschätzung für<br />

die Tätigkeiten zeigen. Ohne unser Ehrenamt wäre der Verband<br />

nicht einmal halb so viel wert!<br />

Die ersten Ehrennadeln wurden im Zuge der Regionalgruppenwahlen<br />

verliehen (siehe Berichte der Regionalreferenten, Seite<br />

86-90). Überreicht wurden die ersten Ehrennadeln an Siggi Wucher<br />

sowie Horst Ludley, die aus Altersgründen den Staffelstab<br />

an die nächste Generation weitergegeben haben.<br />

stieß auf sehr große Resonanz bei Unternehmen, Studenten<br />

und politischen Entscheidungsträgern. Der Erfolg<br />

lässt eine Wiederholung der Tour in weiteren Städten<br />

Indiens wahrscheinlich werden.<br />

In Costa Rica veranstaltete der Fachverband Biogas zusammen<br />

mit dem dortigen Biogasverband (AsoBiogás)<br />

und dem staatlichen Bildungsinstitut (Instituto Nacional<br />

de Aprendizaje) zwei Workshops. Unter anderem<br />

ging es hier um neue Qualifizierungsangebote im Bereich<br />

Biogas.<br />

Im Referat Qualifizierung und Sicherheit stehen nach<br />

wie vor die Sicherheitsgrundschulungen im Fokus der<br />

Arbeit. Bis Mitte Februar konnten bereits über 4.300<br />

verantwortliche Personen von Biogasanlagen erfolgreich<br />

geschult werden. Für die nächsten Monate stehen<br />

die ersten Auffrischungsschulungen gemäß TRGS 529<br />

auf der Tagesordnung. Von zunehmender Bedeutung ist<br />

auch das Thema sichere Instandhaltung auf Biogasanlagen.<br />

Aus diesem Grund organisiert der Fachverband<br />

am 29. März in Würzburg ein Fachgespräch mit der<br />

Zielgruppe der Firmen.<br />

Autoren<br />

Dr. Stefan Rauh<br />

Geschäftsführer<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

Geschäftsführer<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12 ∙ 85356 Freising<br />

Tel. 0 81 61/98 46 60<br />

E-Mail: info@biogas.org<br />

Foto: fineart-collection_fotolia<br />

82


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

Mischen – Fördern –<br />

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Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Regionalgruppe Niederbayern<br />

Wärmeschilder in Reibersdorf übergeben<br />

Am Mittwoch, den 21. Dezember<br />

trafen sich rund 40 Gäste<br />

auf der Biogasanlage von Artur<br />

Braun am Roithof bei Straubing<br />

zu einer kleinen Feierstunde.<br />

Regionalreferent Markus Bäuml<br />

begrüßte zahlreiche Gäste und lobte die<br />

Beteiligten für den aufgebrachten Mut, die<br />

Biogaswärme vor Ort zu vermarkten. Biogasanlagen<br />

mit einem Nahwärmenetz sind<br />

ein hervorragendes Praxisbeispiel, wie die<br />

Sektorenkopplung im Kontext der Energiewende<br />

funktioniert.<br />

Einerseits wird bedarfsgerecht und flexibel<br />

Strom produziert, andererseits wird die dabei<br />

entstehende Wärme in das Nahwärmenetz<br />

der Energiegenossenschaft Reibersdorf<br />

eingespeist. Mit Biogas kommen die<br />

Menschen warm und klimafreundlich durch<br />

die kalte Jahreszeit. Da häufig nur über die<br />

Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien,<br />

nicht aber über die Wärmeversorgung<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Wärmeschildübergabe an die Energiegenossenschaft<br />

Reibersdorf, die 2015 gegründet wurde. Sie<br />

betreibt ein 3.700 Meter langes Wärmenetz und<br />

versorgt seitdem die dortigen Haushalte mit klimafreundlicher<br />

Wärme aus Biogas und Holz. Damit<br />

wird eine beachtliche Menge an Heizöl eingespart<br />

und somit weniger CO 2<br />

ausgestoßen.<br />

gesprochen wird, will der Fachverband<br />

Biogas mit seinen Winter-Wärme-Aktionen<br />

nochmal gezielt auf die nachhaltige Wärme<br />

aus Biogas hinweisen.<br />

In Reibersdorf, nahe an der Donau gelegen,<br />

konnten gleich mehrere Maßnahmen<br />

durch dieses Projekt realisiert werden. „Der<br />

Hochwasserschutz wurde hier mithilfe der<br />

Bioenergienutzung in vorbildlicher Weise<br />

umgesetzt“, hob MdL Josef Zellmeier hervor<br />

und lobte dabei die schnelle Umsetzung,<br />

die durch den guten Zusammenhalt<br />

in der Dorfgemeinschaft ermöglicht wurde.<br />

Auf die Notwendigkeit der Bioenergie für<br />

den Umweltschutz verwies MdB Alois Rainer:<br />

„Wir mussten bei der zurückliegenden<br />

EEG-Novelle hart für die Bioenergie kämpfen.<br />

Aber sie ist es auch wert, denn sie bietet<br />

gerade bei der dezentralen Energieversorgung<br />

besondere Vorteile.“<br />

Autor<br />

Markus Bäuml<br />

Regionalreferent Süd-Ost<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Im Fuhrtal 23 · 93133 Burglengenfeld<br />

Tel. 0 94 71/601 95 50<br />

E-Mail: markus.baeuml@biogas.org<br />

Regionalgruppe Schleswig-Holstein<br />

Biogaswärme spart jährlich 280.000 Liter Heizöl<br />

Biogas ist das Multitalent unter<br />

den Erneuerbaren Energien.<br />

Die Biogasanlage der Familie<br />

Martensen in Nordfriesland<br />

produziert zeitgleich Strom und<br />

Wärme. Während der Strom in das Netz eingespeist<br />

wird, wird die Wärme regional genutzt.<br />

Ein großer Wärmeabnehmer ist die DI-<br />

AKO Nordfriesland in Breklum. 85 Prozent<br />

des Klinikkomplexes werden mit der Wärme<br />

der Biogasanlage im benachbarten Sönnebüll<br />

beheizt. Dazu wurde ein Blockheizkraftwerk<br />

auf dem Klinikgelände installiert, das<br />

Biogas in Strom und Wärme umwandelt. Die<br />

Wärme heizt dann den Klinikkomplex. 2,8<br />

Millionen Kilowattstunden Biogas sparen<br />

rund 280.000 Liter Heizöl ein und tragen<br />

direkt zur CO 2<br />

-Vermeidung bei. Rund 900<br />

Tonnen CO 2<br />

können allein in Breklum eingespart<br />

werden. Biogasanlagen können aber<br />

noch mehr. Das Gas kann gespeichert und<br />

in Strom und Wärme umgewandelt werden,<br />

wenn es gebraucht wird, also wenn<br />

die Sonne nicht scheint oder der Wind mal<br />

Foto: Iris Jaeger<br />

Biogas kann auch Wärme – das zeigen von nun an zwei Schilder, die vom Fachverband Biogas und der<br />

Familie Martensen aufgestellt wurden (von links): Stellvertretender Regionalgruppensprecher Karl-<br />

Wilhelm Rave, Jürgen Marquardt, Mitarbeiter der Martensen & Sohn Biogas KG, Regionalgruppensprecher<br />

und Biogasanlagenbetreiber Hans-Ulrich Martensen mit Sohn Daniel, Regionalreferentin Nord Silke<br />

Weyberg und der Bürgermeister von Breklum Heinrich Bahnsen.<br />

nicht weht. Daher wird Biogas auch Kitt der<br />

Energiewende genannt. Da die Möglichkeiten<br />

von Biogas nicht überall bekannt sind,<br />

hat der Fachverband Biogas gemeinsam mit<br />

Familie Martensen zwei Schilder aufgestellt,<br />

die über die Wärmeversorgung und Funktionsweise<br />

von Biogas informieren.<br />

Autorin<br />

Dipl.-Ing. agr. Silke Weyberg<br />

Regionalreferentin Nord<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Warmbüchenstr. 3 · 30159 Hannover<br />

Tel. 05 11/36 70 428<br />

84


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

Regionalgruppe Oberbayern<br />

Wärmeschildübergabe in Fraunberg<br />

Die Bewohner des Ortsteils Harham in Fraunberg im Landkreis Erding beziehen<br />

seit 2006 Wärme aus der nahegelegenen Biogasanlage von Martin Hintermaier.<br />

Die Häuser werden dort zu 50 Prozent mit umwelt- und klimafreundlicher Heizenergie<br />

aus Biogas versorgt. Damit wird eine beachtliche Menge an Heizöl eingespart<br />

und somit weniger CO 2<br />

ausgestoßen. Nach dem Motto „Biogaswärme sichtbar<br />

machen“ und als Anerkennung für die Nutzung nachhaltig erzeugter Wärme<br />

erhielten am 17. Februar alle Abnehmer für ihr Haus ein Biogaswärmeschild mit<br />

der Aufschrift „Wir heizen mit Biogaswärme“.<br />

Die bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf,<br />

war zu der Schilderübergabe auf die Biogasanlage Hintermaier gekommen, die<br />

sich in ihrem Heimatwahlkreis in ihrer Nachbarschaft befindet. Während ihres<br />

Besuchs betonte sie die Wichtigkeit von Biogas als Teil der Energiewende und<br />

sprach sich für die Wertschöpfung im ländlichen Raum aus. Der Klimawandel sei<br />

nicht zu leugnen, auch wenn jemand in Amerika anderes behaupte, Biogas sei ein<br />

Teil davon, dem entgegenzuwirken.<br />

Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas e.V., bedankte sich<br />

für den Besuch und betonte den engen Schulterschluss mit der Politik in Bayern.<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Ministerin Ulrike Scharf (Bildmitte, graue Jacke) war bei der Übergabe der<br />

kleinen Wärmeschilder an die Hausbesitzer dabei. Sie hob in ihrer Rede die<br />

Bedeutung von Biogas in der Energiewende hervor.<br />

Explizit bedankten sich sowohl Rauh als auch Fachverbands-Präsidiumsmitglied<br />

Josef Götz für den Einsatz des bayerischen Landeskabinetts für eine Anschlussregelung<br />

für Biogas bei der letzten Novellierung des EEG. Autorin: Helene Barth<br />

Regionalgruppe Südwürttemberg<br />

Siggi Wuchers Nachfolge auf 9 Mitstreiter verteilt!<br />

Im Rahmen der 11. Biogastage in Bad<br />

Waldsee wurden am 4. Januar die ehrenamtlichen<br />

Vertreter des Fachverbandes<br />

Biogas für die Regionalgruppe<br />

Südwürttemberg neu gewählt. Dazu<br />

hatte der bisherige Gruppensprecher Siggi<br />

Wucher ein neues Konzept auf die Beine<br />

gestellt. Wohl wissend, dass seine Fußstapfen<br />

einen Nachfolger abschrecken würden,<br />

arbeitete er zielstrebig auf eine ganze<br />

Mannschaft als Vertretung hin. Immerhin<br />

ist Südwürttemberg als einer der vier badenwürttembergischen<br />

Regierungsbezirke der<br />

bei weitem stärkste hinsichtlich Biogas mit<br />

45 Prozent aller Biogasanlagen (>400) und<br />

55 Prozent der Bemessungsleistung (~200<br />

MW) von ganz Baden-Württemberg. Ziel<br />

seines Konzeptes war daher, den Sprecher<br />

sowie den Betreiberbeirat und ihre beiden<br />

Stellvertreter zu „unterfüttern“ mit einem<br />

Kreisvertreter aus zumindest sechs der acht<br />

Landkreise. Deren Aufgaben sollen sein:<br />

1. Die Kooperation untereinander<br />

zu verbessern.<br />

2. Gemeinschaftliches Auftreten<br />

gegenüber Behörden.<br />

3. Die Öffentlichkeitsarbeit geschickt<br />

zu gestalten.<br />

4. Stärker Basis-Positionen<br />

in die Bundesarbeit des<br />

Fachverbandes Biogas<br />

einzubringen.<br />

Und das Beste: Er hat auch die<br />

„MitstreiterInnen“ gewonnen,<br />

dieses Modellprojekt in die Tat<br />

umzusetzen. Neun Personen<br />

sind es, wobei sich hinter den<br />

Kreissprechern zumeist eine<br />

veritable Kreisgruppe verbirgt.<br />

Zunächst ein großes Dankeschön<br />

an alle neuen Regionalvertreter<br />

für ihre Bereitschaft,<br />

sich zu engagieren. Erstmalig<br />

ist mit Tamara Linz eine Frau<br />

in der Führungsriege der RG<br />

Südwürttemberg. Herzlichen<br />

Glückwunsch und viel Erfolg<br />

konnten da Verbands-Geschäftsführer<br />

Stefan Rauh und<br />

Regionalreferent Otto Körner<br />

nur wünschen. Franz Josef Schenk legte<br />

programmatisch vor: Alle sind eingeladen,<br />

in den Kreisen und auf Regionsebene nach<br />

Kräften mitzukämpfen, Präsenz zu zeigen<br />

und unsere Qualifikation als Biogasbranche<br />

in der Energiewende herauszustellen.<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Eine starke Truppe (von rechts): Die neu gewählten Vertreter<br />

Markus Jehle (stellvertretender RG-Sprecher und Vertreter<br />

Landkreis Ravensburg), Lothar Braun-Keller (stellvertretender<br />

Betreiberbeirat), Dennis Striebel (Vertreter Landkreis Reutlingen),<br />

Hermann Müller (Betreiberbeirat), Franz-Josef Schenk (RG-<br />

Sprecher Südwürttemberg), Tamara Linz (Vertreterin Landkreis<br />

Biberach), Daniel Jerg (Vertreter Landkreis Alb-Donau), Stefan<br />

Rauh, Otto Körner und Dietmar Hipper (Vertreter Landkreis<br />

Sigmaringen). Es fehlt Jörg Kautt (Vertreter Landkreis Tübingen).<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />

Regionalreferent Süd<br />

Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />

Tel. 07 71/18 59 98 44<br />

E-Mail: otto.koerner@biogas.org<br />

85


Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Dr. Höher geht in den Ruhestand<br />

Regional<br />

büro<br />

NORD<br />

Der Referatsleiter im Niedersächsischen<br />

Landwirtschaftsministerium Dr. Gerd Höher<br />

gilt zurecht als Urgestein und Vorkämpfer<br />

der Biogasbranche. Der gelernte Förster hat<br />

mit unglaublichem Engagement mit Beginn<br />

des Biogasanlagenbaus ein Austauschforum<br />

eingerichtet, das bei allen Problemlagen der Branche<br />

immer den perspektivischen Blick hat. Zum 1. März<br />

dieses Jahres scheidet Gerd Höher aus dem aktiven<br />

Dienst aus.<br />

Auch beim letzten Biogasforum unter seiner Federführung<br />

hat er sich nicht zu lange mit dem Rückblick aufgehalten,<br />

sondern klar den Blick nach vorn gerichtet.<br />

Er sieht die Chance für Biogas eindeutig im Bereich<br />

der Gülle- und Mistvergärung zur Minimierung der<br />

Treibhausgase und in der Systemdienstleistung für die<br />

Landwirtschaft. Untermauert wurde das Thema durch<br />

unterschiedliche Beiträge aus der Tierärztlichen Hochschule,<br />

von 3N und Jens Gevecke als Betreiber, der<br />

schon jetzt im Bereich Mistvergärung als Dienstleister<br />

für die Region tätig ist. Einig sind sich die Forumsteilnehmer,<br />

dass dieser Austausch zwischen Verbänden,<br />

Kammer, Wissenschaft und Praxis auf alle Fälle weiter<br />

betrieben werden soll. Vielleicht auch mit Unterstützung<br />

des Umweltministeriums, dessen Vertreter die<br />

Veranstaltung äußerst interessiert verfolgten.<br />

Anlagenbesichtigung und Wahlen in der<br />

Regionalgruppe Südniedersachsen<br />

Flexibilisierung und Direktvermarktung ist in aller Munde.<br />

Viele Betreiber machen sich Gedanken, wie sie ihre<br />

Anlagen zukunftsfähig aufstellen. Wer seinen Schwerpunkt<br />

weiterhin in der Stromproduktion sieht, muss<br />

sich auch Gedanken über die flexible Fahrweise machen.<br />

Daher hat die Regionalgruppe Südniedersachsen<br />

zu einem Austausch eingeladen. Betreibersprecher<br />

Friedrich Hake stellte seine Anlage und seine Überlegungen<br />

für einen Einstieg in die Direktvermarktung<br />

und auch die flexible Fahrweise vor. Weiterhin stellte<br />

Hendrik Habermann eine 2012er-Anlage vor. Er ist<br />

aufgrund der kurzen Laufzeit noch recht zurückhaltend<br />

mit weiteren sofortigen Investitionen.<br />

Den Austausch unter Betreibern hat der Regionalgruppensprecher<br />

Lüneburger Heide noch mit Informationen<br />

bereichert, da er seine Anlage 2016 doppelt überbaut<br />

hat und in die Flexibilisierung eingestiegen ist. Die anwesenden<br />

Betreiber waren sich einig, dass dieser regelmäßige<br />

Praxisaustausch sehr wichtig ist und zukünftig<br />

Bestandteil der Regionalgruppentreffen sein wird.<br />

Dies wird der neue Regionalgruppenvorstand gern<br />

umsetzen. Dr. Sarah Gehrig wurde als Regionalgruppensprecherin<br />

bestätigt, neuer Stellvertreter ist Mario<br />

Sommer, Betreiber aus Gieboldehausen. Als Betreibersprecher<br />

wurde Friedrich Hake aus Hameln bestätigt,<br />

der nun mit Gerd Schulze-Stölting auch einen Stellvertreter<br />

hat.<br />

Regionalvorstand<br />

Südniedersachsen, von<br />

links: Gerd Schulze-<br />

Stölting, stellvertretender<br />

Betreibersprecher,<br />

Dr. Sarah Gehrig,<br />

Regionalgruppensprecherin,<br />

und Friedrich<br />

Hake, Betreibersprecher.<br />

Es fehlt auf dem Foto<br />

der stellvertretende Regionalgruppensprecher<br />

Mario Sommer.<br />

Foto: Silke Weyberg<br />

Schleswig-Holstein: Regionalgruppenvorstand<br />

bestätigt und verstärkt<br />

Hans-Ulrich Martensen wurde als Regionalgruppensprecher<br />

Schleswig-Holstein genauso wie sein Stellvertreter<br />

Karl-Wilhelm Rave und Betreibersprecher<br />

Hans-Sigfried Oldsen bestätigt. Das erfolgreiche Trio,<br />

das beispielsweise deutliche Verbesserungen beim Einspeisemangement<br />

für Biogasanlagen erreichen konnte,<br />

wird verstärkt durch Boy Kruse, Anlagenbetreiber aus<br />

Dithmarschen, der die Position des stellvertretenden<br />

Betreibersprechers besetzt.<br />

Geschäftsführer Dr. Stefan Rauh freute sich über das<br />

schlagkräftige Team und referierte im Anschluss über<br />

Perspektiven für Biogas. Beim Vortrag wurde deutlich,<br />

dass sich jeder Betreiber Gedanken machen muss, wie<br />

er sich für die Zukunft aufstellen will. Den einen richti-<br />

86


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

gen Weg gibt es da nicht. Sicher ist, dass reine Stromlieferung<br />

nicht mehr auskömmlich sein wird. Genauso<br />

deutlich wurde aber auch, dass Biogasanlagen absolut<br />

ihre Berechtigung im Strommarkt haben, wenn sie sich<br />

flexibel auf die Gegebenheiten einstellen. Aber auch<br />

der Wärme- und Mobilitätsbereich sowie die Direkteinspeisung<br />

ins Gasnetz dürften interessant sein.<br />

Speicherung war auch das Thema von Rainer Casaretto,<br />

der einen Überblick über den Stand unterschiedlicher<br />

Batteriespeicher gab. Schwerpunkt des neu gewählten<br />

Vorstands wird die weitere Kooperation mit den<br />

unterschiedlichen Institutionen in Schleswig-Holstein<br />

sein, die im Bereich Biogas tätig sind. Insbesondere<br />

die weitere Optimierung der Zusammenarbeit der Erneuerbaren-Verbände<br />

und die gemeinsame politische<br />

Außenvertretung stehen im Fokus der Arbeit.<br />

Regionalgruppe Nordhannover<br />

Mitgliederservice vor Ort<br />

Detailliertes Fachwissen müssen Betreiber von Biogasanlagen<br />

vorweisen können. Bei immer wieder neu<br />

auftretenden Themen ist der telefonische Mitgliederservice<br />

des Fachverbandes wichtiger Ansprechpartner.<br />

Marion Wiesheu, die den Bereich betreut, war nach<br />

Dorfmark gekommen, um anhand der Konformitätserklärung<br />

Mitgliederfragen zu allen aktuell anstehenden<br />

Fragen zu klären. Das kam sehr gut an. Die Versammlung<br />

war beeindruckt von ihrem umfassenden Wissen.<br />

Harm Grobrügge, bei der Versammlung für weitere vier<br />

Jahre bestätigter Regionalgruppensprecher, lud Marion<br />

Wiesheu daraufhin auch gleich wieder für das kommende<br />

Jahr ein.<br />

Neben Harm Grobrügge wurden auch die weiteren Mitglieder<br />

des Vorstands der Regionalgruppe bestätigt.<br />

Hermann Cordes fungiert wieder als stellvertretender<br />

Regionalgruppensprecher, Henning Gottschalk als Betreibersprecher<br />

und Ernst Schnakenberg als sein Stellvertreter.<br />

Für das nächste Treffen wurde ein Betreiberaustauch<br />

zum Thema Flexibilisierung angeregt.<br />

Autorin<br />

Dipl.-Ing. agr. Silke Weyberg<br />

Regionalreferentin Nord<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Warmbüchenstr. 3 · 30159 Hannover<br />

Tel. 05 11/36 70 428<br />

E-Mail: silke.weyberg@biogas.org<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Wahlen in den Regionalgruppen<br />

Am 16. Februar fand in Wittlich die Regionalgruppenwahl<br />

statt. Im Rahmen<br />

der jährlichen DLR-Veranstaltung (DLR:<br />

Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum)<br />

kamen einige Mitglieder zusammen, um<br />

am Ende der Veranstaltung die Wahlen<br />

der Regionalgruppe Rheinland-Pfalz vorzunehmen.<br />

Christian Glahn wurde als Regionalgruppensprecher<br />

wiedergewählt und Werner Streich als sein Stellvertreter.<br />

Thomas Endres hat sich als Betreiberratssprecher<br />

wieder zur Verfügung gestellt. Thomas Endres wird in<br />

Zukunft unterstützt von dem Betreiber Thomas Heidberg,<br />

der als Stellvertreter in die Verbandsarbeit reinschnuppern<br />

wird.<br />

Regional<br />

büro<br />

West<br />

Ansonsten stehen auch in den anderen Regionalgruppen<br />

die Wahlen im Jahr <strong>2017</strong> an. Für die Regionalgruppe<br />

Hessen und Nordrhein-Westfalen werden noch<br />

aktive Unterstützer in den Ehrenämtern gesucht. Bei<br />

Interesse bitte beim Regionalreferenten melden.<br />

Autor<br />

M.Sc. Ulrich Drochner<br />

Regionalreferent West<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Corneliusstr. 16-18<br />

40215 Düsseldorf<br />

Tel. 02 11/99 43 36 95<br />

E-Mail: ulrich.drochner@biogas.org<br />

Es referiert (stehend)<br />

Regionalgruppensprecher<br />

Christian Glahn<br />

im Rahmen der<br />

DLR-Veranstaltung.<br />

87


Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Gepa Porsche überreicht Dr. Horst Ludley<br />

die Silberne Ehrennadel des Fachverbandes<br />

Biogas e.V. für seinen unermüdlichen<br />

Einsatz pro Biogas in den vergangenen<br />

20 Jahren.<br />

Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern –<br />

weitere Staffelstabübergabe<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Regional<br />

büro<br />

ost<br />

Am 26. Januar erfolgte in der Regionalgruppe<br />

Mecklenburg-Vorpommern der Auftakt<br />

zu den diesjährigen Wahlveranstaltungen<br />

in der Region Ostdeutschland. Eingeladen<br />

wurden die Mitglieder der Regionalgruppe<br />

in das Innovations- und Bildungszentrum<br />

Hohen-Luckow bei Rostock, wo vor dem eigentlichen<br />

Wahlakt ein interessantes Vortragsprogramm auf die<br />

Teilnehmer wartete.<br />

Der Regionalgruppensprecher Dr. Horst Ludley eröffnete<br />

mit seinem Bericht zur Regionalgruppenarbeit<br />

in Mecklenburg-Vorpommern. Seit der Gründung der<br />

Regionalgruppe am 11. September 1999 gab es eine<br />

stetige Entwicklung der Mitgliederzahlen. Aktuell hat<br />

die Regionalgruppe 92 Mitglieder, davon überwiegend<br />

Anlagenbetreiber (39). Die Schwerpunkte der Regionalgruppenarbeit<br />

liegen in der Öffentlichkeitsarbeit<br />

(jährliche Auftritte auf der Landwirtschaftsmesse<br />

MeLa in Mühlengeez mit mehr als 70.000 Besuchern,<br />

Wärmeschildaktion, Mitveranstalter Bioenergieseminar),<br />

der Umsetzung eines umfangreichen<br />

Schulungs- und Projektprogramms und der Arbeit in<br />

verschiedenen Arbeitskreisen, auch außerhalb des<br />

Fachverbandes Biogas.<br />

Am 31. Januar wurde unter sehr aktivem Mittun des<br />

Regionalgruppensprechers Horst Ludley der Landesverband<br />

Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern<br />

gegründet! In einem Ausblick sprach Ludley<br />

Möglichkeiten an, die Verbandsarbeit, besonders die<br />

noch bessere Einbeziehung der Mitglieder im großen<br />

Flächenland Mecklenburg-Vorpommern, zu optimieren.<br />

Die Bedeutung dieser Aussagen wurde mehr als<br />

deutlich an der doch überschaubaren Teilnehmerzahl<br />

am Regionalgruppentreffen. Wir haben zu viele passive<br />

Verbandsmitglieder, sie zu mobilisieren für aktives<br />

Mittun sollte eine der vorrangigsten Aufgaben<br />

der Regionalgruppenarbeit sein. Und das nicht nur in<br />

Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Als Vertreterin des Fachverbandes Biogas e.V. nahm<br />

die Leiterin des Referats Genehmigung, Gepa Porsche,<br />

am Regionalgruppentreffen mit Wahl teil. In<br />

ihrem mit großer Aufmerksamkeit verfolgten Vortrag<br />

zum Stand und Entwicklungen der Genehmigungen<br />

von Biogasanlagen ging sie aus der prall gefüllten ersten<br />

Übersichtsfolie zu jüngst novellierten bzw. sich in<br />

der Bearbeitung befindlichen Regelwerken und Normen<br />

speziell auf die AwSV und deren Zusammenhänge<br />

zum Düngegesetz und der Düngeverordnung ein.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Ausführungen war die<br />

Novelle der Technischen Anleitung zur Reinhaltung<br />

der Luft (TA Luft). Mit dem Problemfeld Fachrecht auf<br />

der einen Seite und Vergütungsrecht auf der anderen<br />

Seite (EEG) sowie der Novelle der Störfallverordnung<br />

schloss Porsche den Vortrag.<br />

Die Vortragsreihe fortgesetzt wurde von Antje Zibell<br />

von der LMS Agrarberatung mit Sitz in Rostock. Im<br />

Vortrag wurden von 50 Landwirtschaftsbetrieben mit<br />

Biogasanlagen aus dem Jahr 2015 die Betriebszweigergebnisse<br />

vorgestellt. Die interessanten Ergebnisse<br />

wurden besonders auch hinsichtlich der zukünftigen<br />

Ausschreibungsproblematik gesehen und bewertet.<br />

Der Vortragstitel lautete: Was sind die „Obergrenzen“<br />

der Vergütung aus Sicht von Mecklenburg-Vorpommern<br />

wert? Die durchschnittlichen Stromgestehungs-<br />

88


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

kosten der 50 Anlagen liegen bei 18,9 Cent pro Kilowattstunde,<br />

wobei es eine sehr große Bandbreite<br />

zwischen den Anlagen gibt. Sehr bemerkenswert,<br />

dass der Mittelwert der 25 besten Anlagen deutlich<br />

unter dem Gesamtmittelwert liegt. Wie alle in Hohen-<br />

Luckow gehaltenen Vorträge ist auch der von Frau<br />

Zibell auf Anfrage über den neugewählten Regionalgruppensprecher<br />

zu erhalten.<br />

Maik Orth vom Innovations- und Bildungszentrum<br />

Hohen-Luckow gab in seinem Vortrag „Erschließung<br />

neuer Märkte für Biogas“ Einblicke in die Arbeit des<br />

IBZ, auch einmal außerhalb der klassischen Biogasthemen.<br />

Der Nähe zu Rostock geschuldet und damit<br />

der maritimen Lage ist zum Beispiel ein neues<br />

Thema die Entwicklung von Biogastechnologien zur<br />

energetischen Verwertung maritimer Abfälle. In das<br />

weitgefächerte Netzwerk Biogas Maritim eingebunden,<br />

arbeitet das IBZ sowohl an Bordlösungen als<br />

auch an Landlösungen für die umweltgerechte und<br />

effiziente Behandlung von biogenen Reststoffen. Der<br />

Technologie- und Wissenstransfer zur Behandlung<br />

landwirtschaftlicher Reststoffe zum Beispiel aus einer<br />

Milchviehfarm in Dubai wurde als ein weiteres<br />

Arbeitsthema vorgestellt.<br />

Nach den Fachvorträgen erfolgte die Wahl des Regionalgruppensprechers<br />

und der anderen Wahlfunktionen.<br />

Als Wahlleiterin fungierte Gepa Porsche aus dem<br />

Hauptstadtbüro Berlin. Die Wahl erfolgte als offene<br />

Wahl. Hier das Wahlergebnis: Da der bisherige Regionalgruppensprecher<br />

Horst Ludley sich nicht mehr<br />

zur Wahl stellte, wurde als neuer Sprecher Maik Orth<br />

einstimmig gewählt. Wiedergewählt wurden ebenfalls<br />

einstimmig als Stellvertretender Regionalgruppensprecher<br />

Hannes Krempp, als Betreiberbeiratssprecher<br />

Bernd Pommerehne und als dessen Stellvertreter<br />

Peter Corßen.<br />

Gepa Porsche überreichte im Auftrag der Geschäftsführung<br />

des Fachverbandes Biogas im Anschluss an<br />

die Wahlhandlung mit großer Freude dem scheidenden<br />

Regionalgruppensprecher Horst Ludley für seine<br />

langjährige erfolgreiche Verbandsarbeit die Silberne<br />

Ehrennadel des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

Ludley kann man getrost als ein Urgestein unseres<br />

Fachverbandes nennen. Am 5. Januar 1995 wurde<br />

er Mitglied im Fachverband Biogas. Seit mehr als 22<br />

Jahren vertritt er proaktiv die Ziele, Ideen und Aufgaben<br />

des Verbandes und der gesamten Biogasbranche.<br />

In Hohen-Luckow übergab er jetzt den Staffelstab an<br />

seinen Nachfolger Maik Orth, mit dem er schon jahrelang<br />

eng und freundschaftlich am IBZ zusammengearbeitet<br />

hat.<br />

1974 schloss Horst Ludley sein Studium zum Diplomagraringenieur<br />

an der Universität Rostock ab, 1982<br />

promovierte er. Zugang zu den Erneuerbaren Energien<br />

bekam er nach der Wende mit der Gründung des<br />

Forschungsvereins der Universität Rostock A.F.E.R.<br />

e.V. (Agrar-Förderung und -Entwicklung Rostock)<br />

mit Büro in Hohen-Luckow 1991 und als Mitglied<br />

von EUROSOLAR. Erste Bildungsaktivitäten zu Biogas<br />

brachten ihn zur Mitgliedschaft im Fachverband<br />

Biogas e.V. Am 11. September 1999 wurde während<br />

der Landwirtschaftsmesse MeLa die Regionalgruppe<br />

Mecklenburg-Vorpommern gegründet, seitdem ist<br />

Horst Ludley ohne Unterbrechung Regionalgruppensprecher<br />

gewesen.<br />

Mit der Arbeit in seinem Ingenieurbüro IBBAT-Biogasanlagentechnik<br />

als Verfahrenstechniker und als<br />

Sachverständiger nach WHG war Horst Ludley immer<br />

an die Entwicklungsprozesse der Biogasbranche unmittelbar<br />

angebunden. Seine vielfältigen Aktivitäten<br />

in verschiedenen Schulungsprojekten, Arbeitskreisen<br />

wie dem Fachausschuss Erneuerbare Energien/Nachwachsende<br />

Rohstoffe beim Landesbauernverband<br />

Mecklenburg-Vorpommern, dem Landesenergierat,<br />

der AG Öffentlichkeitsarbeit des Fachverbandes Biogas,<br />

dem Firmenbeirat und dem Vorbereitungsgremium<br />

zur Gründung des Landesverbandes Erneuerbare<br />

Energien, seine Mitarbeit im KTBL und bei EU-Projekten<br />

– alles zeugt von außergewöhnlichem Engagement<br />

für die Sache unserer Biogasbranche.<br />

An dieser Stelle soll Dir dafür, lieber Horst Ludley, ein<br />

herzliches Dankeschön gesagt werden. Und ein Weiter<br />

so! im sich jetzt schon abzeichnenden Unruhestand.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. Volker Schulze<br />

Regionalreferent Ost<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Alfred-Hess-Str. 8 · 99094 Erfurt<br />

Tel. 03 61/26 25 33 66<br />

E-Mail: volker.schulze@biogas.org<br />

89


Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

11. Biogastage Bad Waldsee:<br />

vorsichtiger Optimismus<br />

Regional<br />

büro<br />

süd<br />

Siggi Wucher (Mitte) nach der Verleihung der Silbernen Ehrennadel des<br />

Fachverbandes Biogas e.V. Links im Bild: Otto Körner, Regionalreferent<br />

Süd. Rechts: Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer Fachverband Biogas e.V.<br />

Am 4. und 5. Januar fanden<br />

zum 11. Mal die Biogastage<br />

Bad Waldsee in der Schwäbischen<br />

Bauernschule statt. An<br />

beiden Tagen nutzten über<br />

200 Besucher die ausverkaufte<br />

Veranstaltung. Neben den Themen,<br />

die den Fachverband Biogas derzeit beschäftigen,<br />

erfuhren die Teilnehmer Aktuelles<br />

aus Politik, Recht und Technik.<br />

So berichtete der Bundestagsabgeordnete<br />

Waldemar Westermayer zu den Perspektiven<br />

und Einschätzungen zur Biogasnutzung<br />

aus Berlin. Das beherrschende Thema<br />

der Veranstaltung war die Flexibilisierung.<br />

Insgesamt war während der zwei Tage in<br />

Bad Waldsee zu verspüren, dass ein vorsichtiger<br />

Optimismus in der Branche keimt.<br />

Bislang erstmalig wurde von Dr. Stefan<br />

Rauh die Dimension der Biogasnutzung im<br />

Vergleich zu Wind- und Sonnenstrom dargestellt,<br />

die Erstaunliches ergab: Müsste<br />

die Stromproduktion der bundesdeutschen<br />

Biogasanlagen durch Windkraft oder Sonnenstrom<br />

ersetzt werden, so wäre dafür bei<br />

Wind von der gesamt installierten Windkraftleistung<br />

2015 von 44,5 Gigawatt etwa<br />

ein Drittel als Ersatz erforderlich. Bei der<br />

Sonnenkraft wäre es sogar mehr als der gesamte<br />

in 2015 bestehende PV-Anlagenbestand<br />

von 39,8 Gigawatt, der anstelle von<br />

Biogas nötig wäre. Einen Ausstieg aus Biogas<br />

entsprechend dem Ziel des EEG 2014<br />

hätte eine Deckungslücke zur Folge in<br />

Höhe von 42 Terawattstunden pro Jahr bis<br />

2035 – das entspricht knapp zwei Drittel<br />

des baden-württembergischen Stromverbrauches.<br />

Interessanterweise kommt das<br />

Bundeswirtschaftsministerium in seinem<br />

„Impulspapier Strom 2030“ zum Ergebnis,<br />

dass bis 2050 mit einer Erhöhung der energetischen<br />

Nutzung von Biomasse gerechnet<br />

wird. Dabei zeigt sich in der Anwendung<br />

erstens eine Beibehaltung des Einsatzes im<br />

Wärmebereich und zweitens eine teilweise<br />

Verlagerung von Strom zu Verkehrs- und Industrieanwendungen.<br />

Die Flexibilisierung tauchte<br />

bei den Forschungsergebnissen<br />

der Universität<br />

(Prof. Kazdan) mit der Zuckerrübe<br />

auf, die als rasch<br />

umsetzbares Substrat (Zuckergehalte)<br />

sehr gut dazu<br />

geeignet ist, flexible Biogasproduktion<br />

sicherzustellen,<br />

ohne zusätzlichen<br />

Speicherbedarf. Die heute<br />

produzierten BHKW,<br />

so die Kernaussage von<br />

Foto: Fachverband Biogas e.V.<br />

Michael Wentzke, IG Biogasmotoren,<br />

sind gut in<br />

der Lage, pro Jahr 1.000<br />

Starts zu verkraften. Das<br />

heißt, zwei bis drei Starts<br />

pro Tag sind technisch gesehen<br />

kein Problem.<br />

Als Substrat mit aktuell<br />

hohem Aufmerksamkeitsgrad zählt Maisstroh<br />

zu einer sicherlich kostensenkenden<br />

Fütterung, wie Josef Höckner von der<br />

BioG GmbH, Utzenaich/Österreich mit<br />

10-jährigen Erfahrungen berichtete. In<br />

Baden-Württemberg liegen dummerweise<br />

die Körnermaisregionen dort, wo kaum Biogasanlagen<br />

vorhanden sind. Zur Motivation<br />

und Darstellung von Beispielen der Flexibilisierung<br />

zeigten Johannes Schwarz von<br />

der SKV Verbundenergie AG und die beiden<br />

Praktiker Philipp Ewald aus Bräunlingen<br />

und Andreas Schneider aus Schnürpflingen<br />

spannende individuelle Wege auf. Die Umsetzung<br />

derselben führte zu heftigen Diskussionen,<br />

bei denen die Anforderungen<br />

der Genehmigungsbehörden zwischen einer<br />

innerhalb von drei Monaten zugesagten<br />

immissionsschutzrechtlichen Änderungsanzeige<br />

und einem mehr als zweijährigen,<br />

mit etlichen Sondergutachten gespickten<br />

(Verhinderungs-)Verfahren schwankten.<br />

Biogas-Idol verabschiedet:<br />

Siggi Wucher<br />

Seit nunmehr 25 Jahren rackerte er für die<br />

Regionalgruppe Südwürttemberg (und weit<br />

darüber hinaus), der biogasstärksten Region<br />

Baden-Württembergs. Und dazu hat er<br />

ein gerüttelt Maß beigetragen mit seinem<br />

umtriebigen, nicht zu bremsenden Engagement<br />

und großer Überzeugungskraft. Damit<br />

ist er „andersgläubigen“ nicht selten auf<br />

die Füße getreten, ob seinen Naturschutz-<br />

Freunden im BUND oder Politikern und<br />

Behörden.<br />

Eine ausführlichere Würdigung Siggi Wuchers<br />

enthält das Jubiläumsheft „25 Jahre<br />

Fachverband Biogas“ vom Februar <strong>2017</strong>,<br />

Seite 62 bis 63. Nach den Wahlen zur<br />

neuen Vertretung der Regionalgruppe Südwürttemberg<br />

überreichte Dr. Stefan Rauh,<br />

Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas<br />

e.V., an Siggi Wucher die Ehrennadel des<br />

Fachverbandes Biogas für seine herausragenden<br />

Verdienste. Er ist damit der erste<br />

„Nadelträger“ bundesweit geworden. Die<br />

in Bad Waldsee anwesenden über 100<br />

Fachverbandsmitglieder würdigten seine<br />

langjährigen Aktivitäten mit minutenlangem<br />

Applaus und Standing Ovations und<br />

verabschiedeten ihn auf das Herzlichste.<br />

Wir wünschen ihm für seinen Unruhestand<br />

Gesundheit, Zufriedenheit und dem ruhelosen<br />

Geist etwas mehr Ruhe. Und wie<br />

es seine Art ist: Er sicherte sofort zu, als<br />

Ratgeber, wo immer es ihm möglich ist,<br />

uns zu unterstützen. Ganz herzlichen Dank<br />

sagt Dir die ganze Biogas-Familie Baden-<br />

Württembergs!<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />

Regionalreferent Süd<br />

Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />

Tel. 07 71/18 59 98 44<br />

E-Mail: otto.koerner@biogas.org<br />

90


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

AK Direktvermarktung<br />

Flexibilität<br />

voranbringen!<br />

Mit dieser Überschrift lassen<br />

sich die Ziele des Arbeitskreises<br />

Direktvermarktung<br />

sowie der dazugehörigen<br />

Betreiber-Expertengruppe<br />

zusammenfassen. Der Arbeitskreis tagte<br />

am 2. Februar in München, um die zukünftigen<br />

Kernthemen zu diskutieren. Die<br />

Mitglieder waren sich einig, dass es das<br />

Hauptziel sein muss, das Vertrauen der<br />

Betreiber in eine Flexibilisierung zu stärken.<br />

Gleichzeitig sollen Hemmnisse bei<br />

Genehmigung und Netzanschluss abgebaut<br />

werden.<br />

Erste konkrete Maßnahmen wurden in der<br />

Betreiber-Expertengruppe erarbeitet und<br />

auf den Weg gebracht. Zum einen sollen<br />

Flexpraxistage in den Regionalgruppen<br />

dazu beitragen, das vorhandene Wissen<br />

erfolgreicher Flexprojekte an andere Betreiber<br />

weiterzugeben. Dazu werden Anlagenkonzepte<br />

besichtigt und anschließend<br />

offene Praxisfragen diskutiert. Erste erfolgreiche<br />

Veranstaltungen haben bereits<br />

in Niedersachsen und Bayern stattgefunden.<br />

Weitere sollen folgen. Best-practice-<br />

Beispiele werden zudem im Rahmen einer<br />

Serie im Biogas Journal präsentiert (siehe<br />

Seite 44).<br />

In der Betreiber-Expertengruppe wurde zudem<br />

eine Checkliste für den Einstieg in die<br />

Direktvermarktung auf den Weg gebracht,<br />

die im Rahmen der Sitzung des Arbeitskreises<br />

am 2. Februar final abgestimmt<br />

wurde. Mitglieder haben damit nun eine<br />

Grundlage für erste Schritte auf dem Weg<br />

in die Flexibilität. Die Checkliste kann von<br />

der Homepage des Fachverbandes Biogas<br />

heruntergeladen werden – allerdings nur<br />

von Mitgliedern.<br />

Autor<br />

Dr. Stefan Rauh<br />

Geschäftsführer<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

Angerbrunnenstr. 12 ∙ 85356 Freising<br />

Tel. 0 81 61/98 46 60<br />

E-Mail: info@biogas.org<br />

DIE BESSERE<br />

SEPARATIONSTECHNIK<br />

PRESSSCHNECKEN-ABSCHEIDER<br />

Der Bioselect separiert Flüssigmist und<br />

Gärreste in einem geschlossenen System<br />

durchbruchsicher und geruchsneutral. Die<br />

verschleißarme Schnecken- und Filtertechnik<br />

hat eine Selbstreinigungsfunktion.<br />

Eine zusätzliche Reinigung durch den<br />

Betreiber ist nicht notwendig. Den<br />

Bioselect gibt es in vier Größen mit<br />

max. Durchsatzmengen von<br />

20 - 150 m³/h je Gerät.<br />

www.boerger.de<br />

Börger GmbH | D-46325 Borken-Weseke | Tel. 02862 9103 30<br />

91


Verband<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Mit Biogas Energie speichern<br />

Gastbeitrag von Harald Uphoff, kommissarischer Geschäftsführer des<br />

Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) e.V.<br />

Der Atomausstieg ist längst<br />

beschlossen und der Kohleausstieg<br />

scheint nur noch<br />

eine Frage der Zeit. Doch<br />

woher soll in Zukunft der<br />

Strom kommen, wenn die Sonne<br />

nicht scheint und der Wind nicht<br />

weht? Aus Speichern. Biogene Gase<br />

sind kurz- und langfristig speicherbar.<br />

Zunächst müssen Speicher als<br />

essenzielle Elemente im Energiesystem<br />

begriffen werden. Speicher<br />

sind auch heute notwendig und werden<br />

in hohem Maße genutzt. Es geht hierbei<br />

nicht nur um Pumpspeicherkraftwerke,<br />

denn auch Kohle- und Gaskraftwerke benötigen<br />

Speicher: die Kohlehalde vor dem<br />

Kraftwerk und das Gasnetz. Auch die Natur<br />

speichert Energie. Durch Photosynthese<br />

wird Kohlenstoff in der Biomasse eingelagert,<br />

der mithilfe von Verbrennung oder<br />

biologischer Zersetzung CO 2<br />

-neutral entladen<br />

werden kann. Biomasse ist gespeicherte<br />

Energie.<br />

Für jede Form der Energiespeicherung sind<br />

drei Komponenten kennzeichnend: das Ladesystem,<br />

die Speicherung an sich und das<br />

Entladesystem. Kurzzeitspeicher ermöglichen<br />

es, Energie über wenige Stunden oder<br />

Tage zu verlagern. Die Langzeitspeicherung<br />

dient dem saisonalen Ausgleich und gewährleistet<br />

mithilfe eines passenden Entladesystems<br />

die Versorgungssicherheit.<br />

Das Kurzzeitspeicherungsproblem kann als<br />

gelöst betrachtet werden, denn Batterien<br />

sind eine künftige kostengünstige Flexibilitätsoption.<br />

Zusätzlich erbringen bereits<br />

heute flexibel betriebene Biogasanlagen<br />

einen wichtigen Beitrag zur kurzzeitigen<br />

Energiespeicherung: Ihre Gasspeicher werden<br />

zur Verlagerung der Stromproduktion<br />

genutzt. Langzeitspeicher dienen zur Überbrückung<br />

längerer Zeiträume mit geringer<br />

erneuerbarer Stromerzeugung.<br />

In der Speicherdebatte wird ausgeblendet,<br />

dass für Langzeitspeicher ebenfalls<br />

Lade- und Entladeprozesse nötig sind:<br />

Mittel- und langfristig können Biogas und<br />

Biomethan zusammen mit anderen Technologien<br />

als Ladesystem für die Langzeitspeicherung<br />

etabliert werden. Damit<br />

erfolgt die sukzessive Ablösung heute genutzter<br />

Langzeitspeicher wie Kohle, Kraftstoffe<br />

und Erdgas. Auch das Entladesystem<br />

ist mit verfügbaren Technologien umsetzbar:<br />

Blockheizkraftwerke (BHKW) und<br />

Gaskraftwerke wandeln die gespeicherte<br />

Energie in Elektrizität und Wärme. Biogene<br />

und strombasierte Kraftstoffe versorgen<br />

den Verkehrssektor, dessen Kraftstoffbedarf<br />

durch die direkte Nutzung elektrischer<br />

Energie sinken wird. Somit ist auch das<br />

Thema Langzeitspeicherung gut lösbar.<br />

Die erforderlichen Technologien des Lade-,<br />

Speicherungs- und Endladeprozesses sind<br />

bereits verfügbar oder in fortgeschrittenen<br />

Einführungsphasen.<br />

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi)<br />

lässt gerade Langzeitstudien zu Speichern<br />

erstellen. In den Arbeitsgruppensitzungen<br />

wird auch diskutiert, in welchen Bereichen<br />

Bioenergie in Zukunft eine Rolle spielen<br />

soll. Das BMWi sah hier bis vor kurzem<br />

noch einen Trend Richtung Schiffs- und<br />

Luftverkehr sowie Prozesswärme in der<br />

Industrie. Zugleich möchte es die Kraft-<br />

Wärme-Kopplung (KWK) schrittweise dekarbonisieren.<br />

In den Diskussionen wurde<br />

schnell klar: Eine Dekarbonisierung der<br />

KWK ohne Bioenergie ist kaum möglich.<br />

Ebenfalls heiß debattiert wurde die langfristige<br />

Rolle der KWK selbst. Immerhin<br />

hat man sich darauf geeinigt, dass Dekarbonisierung<br />

und Flexibilisierung der KWK<br />

in Zukunft eine zentrale Rolle spielen<br />

sollen.<br />

Parallel heizte das kalte Wetter im<br />

Januar dieses Jahres die allgemeine<br />

Diskussion in der Öffentlichkeit<br />

an. In Frankreich, Belgien und der<br />

Schweiz waren zahlreiche Atomreaktoren<br />

wegen Sicherheitsproblemen<br />

ausgefallen. Zugleich sorgten<br />

die tiefen Temperaturen für eine hohe<br />

Nachfrage durch Stromheizungen.<br />

Aufgrund der Hochdruckwetterlage wurde<br />

auch zeitweise relativ wenig Windstrom<br />

erzeugt. Obwohl die Stromversorgung in<br />

Deutschland zu allen Zeiten sicher war und<br />

sogar durchgehend Strom exportiert wurde,<br />

führte dies zu einer öffentlichen Diskussion<br />

um die sogenannte Winter-Dunkelflaute<br />

mit wenig Solar- und Windstrom.<br />

Zwar ist es keine Neuigkeit, dass nachts<br />

keine Sonne scheint und bei einer Flaute<br />

nur wenig Wind weht. Dennoch wurde die<br />

Situation für die öffentliche Kritik an der<br />

Energiewende genutzt. Der Bundesverband<br />

der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)<br />

hat wieder Subventionen für konventionelle<br />

Kraftwerke eingefordert. Und die Kohlelobby<br />

stößt bei jeder Gelegenheit ins gleiche<br />

Horn und behauptet, dass die Energiewende<br />

ohne Langzeitspeicher nicht möglich sei.<br />

Ob Biogas und andere Erneuerbare Gase<br />

eine zentrale Rolle als Langzeitspeicher<br />

und Backup spielen werden, hängt vor allem<br />

vom Grad der Dekarbonisierung ab.<br />

Der Klimaschutzplan der Bundesregierung<br />

sieht zwar eine CO 2<br />

-Einsparung zwischen<br />

80 und 95 Prozent vor. Tatsächlich ist eine<br />

Einsparung von 95 Prozent bis spätestens<br />

2050 notwendig, um die Erderhitzung auf<br />

unter 2 Grad zu begrenzen. Dies ist ohne<br />

Erneuerbare Gase wie Biogas nicht möglich.<br />

Wer das Pariser Klimaschutzabkommen<br />

einhalten will, kommt also an Biogas und<br />

den anderen Erneuerbaren Gasen als Langzeitspeicher<br />

nicht vorbei. Wenn aber klar<br />

ist, dass wir auch langfristig Biogas brauchen,<br />

dann tun wir gut daran, die Technologie<br />

in den nächsten Jahren und Jahrzehnten<br />

immer weiter zu entwickeln.<br />

92


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

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Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Später Start mit dem EEG<br />

In Rheinland-Pfalz und im Saarland kommt das Biogas erst voran, als sich der Betrieb der<br />

Anlagen auch wirtschaftlich lohnt. Die Geschichte der modernen Biogasnutzung – Teil 3.<br />

Von Bernward Janzing<br />

„Ich bin quer<br />

durch Deutschland<br />

gereist und habe<br />

mir Biogasanlagen<br />

angeschaut“<br />

Es hat ein wenig gedauert, bis das Biogas auch<br />

in Rheinland-Pfalz und im Saarland heimisch<br />

wurde. „Aus den Siebziger- und Achtzigerjahren<br />

sind mir keine Projekte bekannt“, sagt<br />

Christian Glahn, Regionalgruppensprecher<br />

für Rheinland-Pfalz und das Saarland, „erst mit dem<br />

EEG im Jahr 2000 ging es in den beiden Ländern los mit<br />

dem Biogas“. Von Tüftlern, wie sie sich in Bayern und<br />

Baden-Württemberg in den frühen Achtzigerjahren –<br />

abseits jeden Wirtschaftlichkeitsdenkens – um den<br />

Durchbruch des Biogases mühten, sei in Rheinland-<br />

Pfalz und im Saarland nichts überliefert.<br />

„Es hängt eben immer an Einzelpersonen, und solche<br />

frühen Pioniere, wie sie manche anderen Bundesländer<br />

hatten, gab es hier nicht“, sagt auch Christoph Spurk,<br />

der als Mitbegründer der Firma Ökobit in Föhren im<br />

Landkreis Trier-Saarburg zumindest für die regionale<br />

Biogaswirtschaft ein Pionier war. Im Oktober 2000<br />

gegründet sei das Biogas-Unternehmen das erste im<br />

Lande gewesen, sagt Spurk.<br />

Zu diesem Zeitpunkt gab es gerade zwei Anlagen in<br />

Rheinland-Pfalz, die erste davon wurde 1997 gebaut,<br />

die zweite 1999, wie eine Statistik<br />

des Dienstleistungszentrums Ländlicher<br />

Raum (DLR) in Bitburg zeigt.<br />

Eine der ersten Anlagen stand in einem<br />

Hühnerbetrieb in Prüm in der<br />

Westeifel. Entsprechend gehörten<br />

die Anlagen, die Ökobit in den folgenden<br />

Jahren realisierte, auch zu<br />

den regionalen Pionierprojekten.<br />

Das Unternehmen ging aus einem<br />

Heinz Hoffmann Ingenieurbüro hervor. „Seit 1996<br />

hatte ich mich mit der Verwertung<br />

von pflanzlichen Abfallstoffen beschäftigt,<br />

zum Beispiel mit Speiseresten<br />

und den Resten aus Fettabscheidern“, sagt<br />

Spurk. Als mit dem EEG dann das Biogas wirtschaftlich<br />

attraktiv wurde, war das für ihn das Startsignal zur Firmengründung.<br />

Eine der ersten Anlagen, die Ökobit realisierte, war<br />

das Projekt Spielmannsholz in Üttfeld im Eifelkreis<br />

Bitburg-Prüm. „Ich bin quer durch Deutschland gereist<br />

und habe mir Biogasanlagen angeschaut“, erinnert<br />

sich der Initiator, Landwirt Heinz Hoffmann. Im<br />

Jahr 2001 entschloss er sich dann, auch selbst in die<br />

Stromerzeugung mit Biogas einzusteigen. Damit ging<br />

ein kompletter Umbau seines landwirtschaftlichen<br />

Betriebs einher. Rund 80 Prozent der Fläche von 180<br />

Hektar, die Hoffmann bewirtschaftete, nutzte er fortan<br />

zur Energiegewinnung, nur noch 20 Prozent für die<br />

Landwirtschaft. „Wir fanden, dass das Risiko dank des<br />

2000 eingeführten Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />

überschaubar war“, sagte Hoffmann später. Die Anlage,<br />

anfangs auf eine Leistung von 110 Kilowatt ausgelegt,<br />

wurde 2011 auf 300 Kilowatt ausgebaut; zugleich<br />

wurde in Zusammenarbeit mit dem Stromkonzern RWE<br />

im Rahmen eines Pilotprojektes ein Speicher für Biogas<br />

installiert.<br />

Eine weitere frühe Anlage erbaute die Firma Ökobit im<br />

selben Landkreis in Lauperath. Auch sie wurde 2001<br />

realisiert. Günter Eckertz entschied sich früh für eine<br />

möglichst weitgehende Nutzung der Wärme, denn neben<br />

400 Kilowatt Strom fallen dort auch 580 Kilowatt<br />

Wärme an. Diese wird über eine Wärmeleitung von 2,5<br />

Kilometern Länge an 20 Haushalte der Gemeinde Lauperath<br />

geliefert, zudem an das Dorfgemeinschaftshaus<br />

sowie einen Gastronomiebetrieb.<br />

Rührwerke für Kläranlagen bereiteten<br />

anfangs Probleme<br />

Zu den Pionierprojekten in der Pfalz zählt außerdem der<br />

Hof Veldenz in Lauterecken (Westpfalz), der 260 Hektar<br />

Ackerland bewirtschaftet. Helmut Steinhauer nahm<br />

seine Anlage mit 180 Kilowatt im Jahr 2002 in Betrieb,<br />

zwei Jahre später erweiterte er sie um ein weiteres Modul<br />

gleicher Leistung. Obwohl um diese Zeit die Zahl der<br />

Anlagen im Land schon rapide zunahm – in Bayern, sagt<br />

Steinhauer, habe es bereits 800 Anlagen gegeben –,<br />

war er vor technischen Problemen nicht gefeit. „Mit<br />

den Rührwerken hatten wir Probleme“, erinnert sich<br />

der Landwirt, „die waren ursprünglich für Kläranlagen<br />

gebaut, die konnten mit dem hohen Gehalt an Trockensubstanz<br />

nicht umgehen.“ Als er den Gehalt an Feststoffen<br />

reduzierte, sei es besser geworden.<br />

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm habe sich schnell zum<br />

Zentrum des Biogases in der Pfalz entwickelt, sagt<br />

Steinhauer. Heute gebe es dort an die 50 Anlagen. In<br />

seinem Heimatlandkreis Kusel gebe es gerade vier. Auf<br />

die Frage, warum man in dem Bundesland erst nach der<br />

Jahrtausendwende in die Biogaserzeugung einstieg,<br />

hat Steinhauer eine ganz einfache Antwort: „Die Sache<br />

muss sich rechnen, und das war erst mit dem EEG der<br />

Fall.“ Und dann muss Steinhauer noch etwas loswer-<br />

94


Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Verband<br />

den: Mit viel Euphorie sei er damals in die Biogaserzeugung<br />

eingestiegen. Nun wolle er den nächsten<br />

Schritt gehen, seine Anlage flexibilisieren, um damit<br />

im Sinne der Stromwirtschaft immer dann einspeisen<br />

zu können, wenn der Strom wirklich benötigt wird.<br />

Doch das sei wirtschaftlich kaum attraktiv: „Ich bin<br />

gerade völlig hin- und hergerissen.“ Angesichts des<br />

immer wieder diskutierten Bedarfs an Flexibilität im<br />

Stromnetz sei dies eine eigentümliche Konstellation.<br />

2000 – Brennerei Billen nimmt Anlage<br />

in Betrieb<br />

Zu den Ersten, die nach dem Start des EEG auf Biogas<br />

setzten, zählte auch die Brennerei Billen in Kaschenbach,<br />

ebenfalls im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Sie ging<br />

bereits im Jahr 2000 in Betrieb und wurde in mehreren<br />

Schritten auf heute 300 Kilowatt ausgebaut. Über<br />

ein 1,1 Kilometer langes Nahwärmenetz versorgt die<br />

Anlage 13 Haushalte und den örtlichen Festsaal mit<br />

Wärme. Die Anlage wird mit nachwachsenden Rohstoffen<br />

wie Mais, Gras und mit der Gülle von Kühen<br />

betrieben.<br />

Zukunftsenergietourismus wird hier außerdem angeboten:<br />

eine Besichtigung von Biogasanlage und Hof<br />

mitsamt Kuhstall und Melkrobotern – und mit anschließender<br />

Schnapsprobe. Sucht man weiter nach<br />

Pionieren in der Region, wird auch der Wendelinushof<br />

in St. Wendel im Saarland gerne genannt. Mit ihrem<br />

Inbetriebnahmejahr 2006 zählt dieses Projekt – aus<br />

bundesweiter Perspektive – allerdings nicht mehr unbedingt<br />

zu den frühen Projekten.<br />

Das Beratungszentrum Nachwachsende Rohstoffe am<br />

DLR Eifel in Bitburg hat wiederholt die Biogasbranche<br />

im Land analysiert. In der jüngsten Erhebung von<br />

2014 kommt das DLR auf eine installierte elektrische<br />

Leistung von rund 58 Megawatt. Diese Anlagen können<br />

zusammen rund 463 Millionen Kilowattstunden<br />

Strom im Jahr erzeugen. Heute gibt es annähernd 150<br />

Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz. Bei einem landesweiten<br />

Stromverbrauch von annähernd 30 Milliarden<br />

Kilowattstunden deckt das Biogas etwa 1,5 Prozent des<br />

Bedarfs. Ähnlich hoch ist der Anteil des Biogases am<br />

Strommix im Saarland, wo jährlich 112 Millionen Kilowattstunden<br />

in den Aggregaten mit ihren Fermentern<br />

erzeugt werden.<br />

Die regionale Verteilung der Biogasanlagen ist in Rheinland-Pfalz<br />

sehr unterschiedlich. „Auffallend sind die<br />

dünnbestückten Flächen entlang des Rheins und die<br />

mit einer hohen Dichte an Biogasanlagen versehenen<br />

Landkreise im Nordwesten des Bundeslandes“, stellt<br />

das DLR in seiner Marktanalyse fest. Erklären lasse<br />

sich dies durch den starken Gemüse- und Weinanbau<br />

in Rheinhessen und der Pfalz sowie den damit verbundenen<br />

geringeren Anteil an Kofermenten. In den nordwestlichen<br />

Regionen, wie zum Beispiel Bitburg-Prüm<br />

und Wittlich, sei der starke Viehbestand Grund für die<br />

hohe Dichte an Biogasanlagen.<br />

Forschung im<br />

Südwesten entdeckt<br />

Biogas erst spät<br />

Parallel zur Marktentwicklung<br />

kam auch in der Forschung<br />

das Thema Biogas<br />

erst spät in Rheinland-Pfalz an. Während in Bayern und<br />

Baden-Württemberg – etwa in Triesdorf und Weihenstephan,<br />

in Aulendorf und Hohenheim – Hochschulen<br />

und Landwirtschaftsschulen sich des Themas Biogas<br />

annahmen, kam dieses in Rheinland-Pfalz erst in der<br />

zweiten Hälfte der Neunzigerjahre auf, etwa am Umweltcampus<br />

Birkenfeld der Hochschule Trier. Ebenso<br />

sprang auch die Fachhochschule Bingen erst spät auf<br />

das Thema auf.<br />

Zwischenzeitlich gibt es jedoch manche Forschungsansätze<br />

in der Saar-Pfalz-Region. So beschäftigt sich<br />

das Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens (PFI) seit<br />

einigen Jahren mit Biogas, die Einrichtung betreibt im<br />

Energiepark Pirmasens-Winzeln eine eigene Anlage.<br />

Angekoppelt ist seit 2014 auch eine Power-to-Gas-Pilotanlage.<br />

Sie nutzt Überschussstrom mittels Elektrolyse<br />

zur Produktion von Wasserstoff, der im Anschluss<br />

mit dem Kohlendioxid aus der Biogasanlage in Biomethan<br />

umgesetzt wird.<br />

Auch an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am<br />

Institut für Mikrobiologie und Weinforschung wurde unter<br />

Professor Helmut König an Biogas geforscht. Seit<br />

Oktober 2015 aber ist König im Ruhestand. Der Ansatz,<br />

Traubentrester zu vergären, hat sich aus wirtschaftlichen<br />

Gründen ohnehin nie in großem Stil durchsetzen<br />

können. Wäre diese Option ökonomisch attraktiver gewesen,<br />

hätte das Bundesland dem Biogas noch einen<br />

ganz eigenen Schwung geben können – schließlich<br />

stammen rund zwei Drittel des deutschen Weines aus<br />

den rheinland-pfälzischen Weinbaugebieten Ahr, Mittelrhein,<br />

Mosel, Nahe, Pfalz und Rheinhessen.<br />

Autor<br />

Bernward Janzing<br />

Freier Journalist<br />

Wilhelmstr. 24a ·79098 Freiburg<br />

Tel. 07 61/202 23 53<br />

E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />

Erste Biogasanlagen<br />

von Ökobit in Rheinland-<br />

Pfalz in den Jahren 2001<br />

bis 2004.<br />

Fotos: Ökobit GmbH<br />

95


Recht<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Clearingstelle EEG<br />

Votum zur Inbetriebnahme einer Holzvergasungsanlage<br />

und Schiedsspruch zur<br />

nachträglichen Vergütungskorrektur<br />

Die Clearingstelle EEG hat in zwei Verfahren Fragen zur Inbetriebnahme einer<br />

Holzvergasungsanlage (Votum 2016/21) sowie zu Vergütungsnachforderungen nach<br />

dem 28. Februar (Schiedsspruch 2016/43) beantwortet.<br />

Von Elena Richter<br />

Im Votum 2016/21 (abrufbar unter https://www.<br />

clearingstelle-eeg.de/votv/2016/21) hat die Clearingstelle<br />

EEG entschieden, dass die streitgegenständliche<br />

Holzvergasungsanlage noch nicht<br />

gemäß Paragraf (§) 3 Nummer 5 EEG 2012 in Betrieb<br />

genommen wurde.<br />

Die Anlagenbetreiberin hatte Komponenten einer Holzvergasungsanlage<br />

im Freien aufgestellt und<br />

in Betrieb gesetzt. Hierzu gehörten<br />

auch ein Vergaser, ein BHKW<br />

und eine unter anderem<br />

aus Fässern bestehende<br />

Gaskühlung/-reinigung.<br />

Die Anlagenkomponenten<br />

wollte<br />

die Anlagenbetreiberin<br />

später je nach<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

des Anlagenbetriebs<br />

eventuell ergänzen<br />

und/oder innerhalb des<br />

Hofgeländes versetzen.<br />

Da der gelieferte Vergaser<br />

technische Probleme aufwies,<br />

die sich auch auf den Motor auswirkten,<br />

wurden die vorhandenen Komponenten zunächst<br />

nur kurzzeitig betrieben. Umbauten am Vergaser wurden<br />

anschließend geplant und sollten nach Klärung der<br />

Vergütung erfolgen.<br />

Aus einem Sachverständigengutachten zur technischen<br />

Betriebsbereitschaft ergab sich, dass für einen<br />

dauerhaften Betrieb die Gaskühlung/-reinigung unzureichend<br />

war und ein Witterungsschutz für das BHKW<br />

fehle. Die Clearingstelle EEG kam daher zu dem Ergebnis,<br />

dass die streitgegenständliche Holzvergasungsanlage<br />

zum Zeitpunkt der geltend gemachten Inbetriebnahme<br />

noch nicht technisch betriebsbereit war.<br />

Denn damit diese zur dauerhaften Stromerzeugung in<br />

der Lage gewesen wäre, hätten erst noch wesentliche<br />

Anlagenbestandteile – hier jedenfalls die Gaskühlung/-<br />

reinigung – deutlich ergänzt oder ausgetauscht werden<br />

müssen. Die Anspruchstellerin hat zudem nicht zur<br />

Überzeugung der Clearingstelle EEG nachgewiesen,<br />

dass das BHKW technisch betriebsbereit war.<br />

Ob andere Anlagenkomponenten betriebsbereit waren<br />

(beispielsweise der Vergaser), konnte daher offenbleiben.<br />

Auch sonstige Fragen (beispielsweise zum Anlagenbegriff)<br />

waren nicht mehr zu entscheiden. Hierzu<br />

hat die Clearingstelle EEG nur ergänzende Hinweise<br />

gegeben, um nach einer Neuinbetriebsetzung weitere<br />

Fragen – soweit möglich – zu vermeiden.<br />

Im Schiedsspruch 2016/43 (abrufbar unter https://<br />

www.clearingstelle-eeg.de/votv/2016/21) hat die Clearingstelle<br />

EEG im konkreten Fall entschieden, dass der<br />

Netzbetreiber Vergütungsnachzahlungen auszahlen<br />

und wälzen kann, die die Anlagenbetreiberin erst nach<br />

dem 28. Februar des Folgejahres gefordert hat.<br />

Zwar lagen dem Netzbetreiber für die im Jahr 2014 eingespeisten<br />

Strommengen bis zum 28. Februar 2015<br />

alle Nachweise auch für den KWK-Bonus des EEG<br />

2009 (3 ct/kWh) vor, die Anlagenbetreiberin hatte aber<br />

zunächst nur den KWK-Bonus des EEG 2004 (2 ct/<br />

kWh) in Rechnung gestellt.<br />

Dass die Anlagenbetreiberin einen Anspruch auf den<br />

Differenzbetrag hatte, war für die Parteien nicht klärungsbedürftig<br />

und auch für die Clearingstelle EEG<br />

bestanden hieran keine Zweifel. Zudem standen dem<br />

Anspruch keine Verjährungsfragen entgegen. Der dies<br />

feststellende Schiedsspruch ist ein Titel, auf den der<br />

Netzbetreiber und der ihm nachgelagerte Übertragungsnetzbetreiber<br />

entsprechende Korrekturen am<br />

bundesweiten Ausgleich stützen können.<br />

Autorin<br />

Elena Richter<br />

Mitglied der Clearingstelle EEG<br />

Charlottenstraße. 65 · 10117 Berlin<br />

Tel. 030/206 14 16-0<br />

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E-Mail: info@biogas.org<br />

Internet: www.biogas.org<br />

ISSN 1619-8913<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

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