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2_2017 Leseprobe

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Praxis<br />

Biogas Journal | 2_<strong>2017</strong><br />

Biogasanlage der<br />

Alternative Energien<br />

Wesertal GmbH & Co.<br />

KG in der Nähe von<br />

Hameln.<br />

„Das BHKW wird dann<br />

eingeschaltet, wenn der<br />

Strombedarf hoch ist und<br />

somit die Preise an der<br />

Börse steigen“<br />

Christian Dorfner<br />

verschiedenen Märkte für<br />

Strom und Regelenergie.<br />

„Die Situation, wie wir sie<br />

im Januar und bisher im Februar<br />

am Strommarkt hatten,<br />

ist im Grunde ein Blick<br />

in die Zukunft“, so Dorfner.<br />

Die konventionelle Kraftwerkskapazität<br />

in Deutschland<br />

schmilzt dahin wie<br />

Butter in der Sonne. „Aktuell<br />

führen die schlechten<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu, dass<br />

etliche konventionelle Kraftwerke zur Stilllegung angemeldet<br />

werden oder vom Netz gehen“, fasst Stefan<br />

Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes<br />

der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), die Lage<br />

zusammen: „Investitionen in den Kraftwerksneubau<br />

sind bereits zum Erliegen gekommen.“<br />

Dem BDEW-Chef bereitet Sorge, dass die ganz offensichtlich<br />

unverzichtbaren konventionellen Kraftwerke<br />

derzeit mit hoher Geschwindigkeit vom Markt verschwinden.<br />

In den vergangenen fünf Jahren wurden<br />

insgesamt 82 konventionelle Stromerzeuger mit einer<br />

Leistung von mehr als 12 Gigawatt zur Stilllegung angemeldet,<br />

weil sich ihr Betrieb im Marktumfeld der<br />

Energiewende nicht mehr rechnet. Und das Kraftwerkesterben<br />

geht weiter. Gerade erst hat die Bundesregierung<br />

die Emissionsgrenzwerte für konventionelle Kraftwerke<br />

verschärft. In der Ungewissheit, ob sie mit ihren<br />

Anlagen je wieder Geld verdienen können, rüsten viele<br />

Betreiber ihre Anlagen dafür aber nicht mehr nach – sie<br />

legen sie lieber gleich still.<br />

„Die Stromnachfrage muss bei jeder Wetterlage gedeckt<br />

und das Stromnetz stabil gehalten werden“,<br />

sagt Kapferer. Und das ist die Chance für Biogas. Als<br />

speicher- und planbarer regenerativer Energieträger<br />

kann Biogas die Lücken schließen, die an kalten und<br />

dunklen Wintertagen durch den Produktionsausfall bei<br />

Wind und Photovoltaik gerissen werden. „Das BHKW<br />

wird dann eingeschaltet, wenn der Strombedarf hoch<br />

ist und somit die Preise an der Börse steigen“, verdeutlicht<br />

Dorfner. So zum Beispiel am Dienstag, dem 24.<br />

Januar, als elektrisch betriebene Züge, U-Bahnen und<br />

Fahrstühle die Menschen an den Arbeitsplatz brachten<br />

und die Fabriken ihre Arbeit aufnahmen, stieg<br />

Deutschlands Stromverbrauch rasch auf 83 Gigawatt.<br />

Die Windkraft an Land lieferte jedoch fast über den<br />

ganzen Tag hinweg weniger als 1 Gigawatt.<br />

In der Mittagszeit halfen ein paar Solaranlagen, die<br />

gesamte Produktion aus Wind und PV kurz mal auf 3<br />

Gigawatt zu hieven. Wäre nicht die konstante Leistung<br />

von über 5 Gigawatt der Biogasanlagen vorhanden,<br />

würde die Last der Stromerzeugung ganz auf den fossilen<br />

Energieträgern ruhen. „Wobei der Kohlepreis Ende<br />

2016 sprunghaft um über 30 Prozent gestiegen ist,<br />

was dazu führt, dass die Kohlekraftwerke entsprechend<br />

später zugeschaltet werden“, ergänzt Christian Dorfner.<br />

Die Biogasanlagen könnten diese Strommarktsituationen<br />

grundlegend entschärfen, stellt er in Aussicht:<br />

„Flexible Biogasanlagen können ihre Produktion genau<br />

in diese hohen Nachfrage-Stunden legen. Dadurch würden<br />

die Preisspitzen von bis zu 16 ct/kWh entlastet.“<br />

Für die Biogasanlagen-Betreiber sind diese Preisunterschiede<br />

natürlich sehr lukrativ. Zudem haben Biogasanlagen,<br />

wenn sie am kurzfristigen Intraday-Handel, in<br />

dem noch kürzere Viertelstunden-Zeitscheiben gehandelt<br />

werden, bei Preisen von bis zu 50 ct/kWh und mehr<br />

teilnehmen, noch bessere Chancen, so Dorfner.<br />

Der einzelne Betreiber dürfte jedoch mit der Fahrplanerstellung<br />

überfordert sein, sodass es ohne automatisierte<br />

Unterstützung nicht geht. Die Biogasanlagen<br />

werden so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende<br />

leisten, aber nicht alle damit verbundenen Probleme<br />

lösen können. „Eine Biogasanlage kann sehr kurzfristige<br />

Netzschwankungen im Sekundenbereich auch<br />

gar nicht ausgleichen“, erklärt der SKVE-Vorstand.<br />

Dafür kämen zunehmend auch Batterien ins Spiel.<br />

„Der Verschleiß, wenn das BHKW innerhalb nur weniger<br />

Sekunden oder Minuten hochgefahren und dann<br />

wieder gestoppt wird, ist einfach zu hoch“, gibt er zu<br />

bedenken. Dorfner favorisiert eine „harmonischere“<br />

wartungsschonende Fahrweise der BHKW-Motoren, bei<br />

der diese immer mindestens zwei oder mehr Stunden<br />

konstant laufen.<br />

Autor<br />

Thomas Gaul<br />

Freier Journalist<br />

Im Wehrfeld 19a · 30989 Gehrden<br />

Mobil: 01 72/512 71 71<br />

E-Mail: gaul-gehrden@t-online.de<br />

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