E&W Dezember 2010 - GEW
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Foto: imago<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Alle reden von „Revolution“<br />
Ganztagsschulkongress – Lernkultur im Mittelpunkt<br />
Auf dem 7. Ganztagsschulkongress, den das Bundesbildungsministerium<br />
(BMBF) Mitte November<br />
in Berlin veranstaltet hat, ist über eine neue<br />
Lernkultur diskutiert worden. Doch die Frage, wer<br />
den quantitativen wie qualitativen Ausbau des<br />
Ganztags finanziert, blieb offen.<br />
Ganztagsschulen sind politisch populär<br />
(s. E&W-Schwerpunkt 10/<strong>2010</strong>). Bundesbildungsministerin<br />
Annette Schavan<br />
(CDU), der bayerische Kultusminister<br />
Ludwig Spaenle (CSU) und der ehemalige<br />
hessische Ministerpräsident Roland<br />
Koch (CDU), nun Vorsitzender des Stiftungsrates der<br />
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS),<br />
eröffneten den Ganztagsschulkongress. Noch 2003<br />
hätten die drei konservativen Politiker das von Rot-<br />
Grün gestartete Programm am liebsten verhindert.<br />
Sieben Jahre später priesen sie Ganztagsschulen als<br />
die Schulform des 21. Jahrhunderts.<br />
Das Thema Lernkultur stand im Zentrum des DKJS-<br />
Kongresses. Nur einen Tag zuvor war die Studie zur<br />
Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) erschienen.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass Ganztagsangebote<br />
pädagogischen Erwartungen der Eltern noch zu wenig<br />
gerecht werden (s. Interview S. 14).<br />
Nach dem erfolgreichen quantitativen Ausbau stehe<br />
nun die „Revolution der Lernkultur“ an, sagte Schavan.<br />
Eine „Revolution“ forderte auch die Schülerin<br />
Charlotte aus Dresden, die schon am Tag zuvor zum<br />
Vorbereitungstreffen der Schülerinnen und Schüler<br />
angereist war. Eine Revolution der Schule: „Die<br />
Schüler müssen bestimmen können, was im Unterricht<br />
gemacht wird, anstatt dass man ihnen die Themen<br />
vorsetzt. Wir müssen unseren Stundenplan<br />
selbst bestimmen können.“<br />
Vieles hat sich bewegt<br />
Viele der 1300 Pädagogen, Schüler und Eltern sind<br />
bereits dabei, Stundenpläne und Unterricht in ihren<br />
Gerät die Bewegung<br />
ins Stocken? Ganztagsschulen<br />
sorgen<br />
sich um ihre künftige<br />
Finanzierung.<br />
Ergebnisse der Studie zur Entwicklung<br />
von Ganztagsschulen<br />
(StEG)<br />
Der regelmäßige Besuch einer Ganztagsschule<br />
kann sich positiv auf Sozialverhalten und Lernfreude<br />
der Schülerinnen und Schüler auswirken.<br />
Das zeigt die dritte Studie zur Entwicklung von<br />
Ganztagsschulen (StEG). Deutlich wird auch,<br />
dass es dabei auf die Qualität der Schule und der<br />
Angebote ankommt. Und da haben viele Schulen<br />
noch Nachholbedarf. So sind Unterricht und<br />
Angebote insbesondere an Schulen der Sekundarstufe<br />
I inhaltlich wenig miteinander verknüpft.<br />
Über drei Erhebungen hinweg konnten die Wissenschaftler<br />
keinen positiven Trend feststellen.<br />
Verantwortlich für die Untersuchung waren das<br />
Deutsche Institut für Internationale Pädagogische<br />
Forschung (DIPF), das Deutsche Jugendinstitut<br />
(DJI), das Institut für Schulentwicklungsforschung<br />
(IfS) und die Universität Gießen. Die<br />
Autoren befragten zwischen 2005 und 2009<br />
mehr als 54500 Menschen aus 328 Schulen.<br />
www.projekt-steg.de A. L.<br />
Einrichtungen umzukrempeln. Der Leiter der Montessori-Grundschule<br />
in Greifswald, Nils Kleemann,<br />
hat die Arbeitspläne seines Kollegiums so geändert,<br />
dass alle Lehrkräfte eine 35-Stunden-Woche in der<br />
Schule verbringen. Ihren Unterricht könnten sie an<br />
den mit Laptops ausgestatten Lehrerarbeitsplätzen<br />
vorbereiten. Im Klassenzimmer unterrichteten<br />
grundsätzlich immer zwei Kollegen, berichtete Kleemann.<br />
Ein Weg, den mehr Schulen gehen sollten,<br />
meinte Eike Schulz vom Jugendamt Rostock: „Aber<br />
die Schulen müssen mutig sein.“<br />
Schulleiter und Berater von Ganztagsschulen trieb<br />
die Frage um, wie es weitergehen wird. Das Bauprogramm<br />
des Bundes ist 2009 ausgelaufen. Nun sind<br />
die Länder allein für Ausstattung, Inhalte<br />
und Personal verantwortlich.<br />
Anna Davis, Ganztagsschulberaterin<br />
der Berliner Serviceagentur, äußerte<br />
die Befürchtung, dass Ganztagsschulen,<br />
die in diesem Jahr gestartet sind,<br />
finanziell weniger Hilfe erhalten<br />
könnten. In Berlin etwa beträfe das alle<br />
zu Sekundarschulen fusionierten<br />
Real- und Hauptschulen.<br />
Doch konkrete Zusagen für eine Neuauflage<br />
des Ganztagsschulprogramms<br />
machte keiner der drei Politiker. So<br />
blieb die Sorge der Teilnehmenden,<br />
dass die Ganztagsschulbewegung ins<br />
Stocken geraten könnte, im Raum.<br />
Anna Lehmann, „taz“-Redakteurin<br />
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DE-ÖKO-005