Kultursommer Rheinland-Pfalz 2022 "Kompass Europa: Ostwind"
Der Kultursommer lädt dazu ein, die Kunst und Kultur Osteuropas besser kennenzulernen. Nicht nur die EU-Staaten Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn, sondern auch Russland, Belarus, die Ukraine, Moldau, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Georgien und Aserbaidschan stehen dabei im Fokus.
Der Kultursommer lädt dazu ein, die Kunst und Kultur Osteuropas besser kennenzulernen. Nicht nur die EU-Staaten Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn, sondern auch Russland, Belarus, die Ukraine, Moldau, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Georgien und Aserbaidschan stehen dabei im Fokus.
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KOMPASS EUROPA<br />
Der Zar wunderte sich über diese Rede und sagte: »Du bist der<br />
Klügste in meinem Reich, und ich will dich zum vornehmsten<br />
Manne machen; wenn du mir aber noch das vollbringst, was<br />
ich dir sagen werde, so sollst du mir wie ein Sohn sein.« Das<br />
Mädchen sprach: »Sage, Zar, was du sagen willst, und wenn es<br />
möglich ist, will ich mich bemühen, es zu vollbringen.« Der Zar<br />
sagte: »Heute in drei Tagen sollst du wieder hierherkommen.<br />
Wenn du kommst, sollst du reiten und nicht reiten, sollst mir ein<br />
Geschenk bringen und nicht bringen; alle, groß und klein, wollen<br />
wir herauskommen und dich empfangen, und du sollst die Leute<br />
dahin bringen, dass sie dich empfangen und nicht empfangen.«<br />
Die Hirtin ging zurück in ihr Dorf und gab den Bauern den Auftrag,<br />
drei, vier Hasen und zwei Tauben lebendig zu fangen. Die<br />
Bauern taten das.<br />
Am dritten Tag, als sie zum Zar gehen sollte, steckte sie<br />
die Hasen je einen in einen Sack, gab sie den Bauern zu tragen<br />
und sagte: »Wenn ich euch sage, ihr sollt sie loslassen, dann lasst<br />
sie los.« Sie selbst nahm die beiden Tauben, setzte sich rittlings<br />
auf eine Ziege und machte sich auf zum Zar. (…) Dann befahl sie<br />
den Bauern, vor den Augen der Leute die Hasen loszulassen. Sobald<br />
die das sahen, rannten sie fort, die Hasen zu fangen. Die<br />
Hirtin, die rittlings auf der Ziege saß, ging bald zu Fuß, die Ziege<br />
zwischen den Beinen, bald hob sie die Füße in die Höhe und ritt<br />
auf der Ziege.<br />
Als sie zum Zar hintrat, zog sie die beiden Tauben aus dem<br />
Busen und reichte sie ihm. In dem Augenblick, wo er die Hand<br />
ausstreckte, die Tauben zu nehmen, ließ sie sie los, und die Tauben<br />
flogen weg. Da sagte die Hirtin: »Du siehst, Zar, die Leute<br />
haben mich empfangen und nicht empfangen; ich bin geritten<br />
und nicht geritten; ich habe dir ein Geschenk gebracht und nicht<br />
gebracht.« Da sagte ihr der Zar: »Von heute an sollst du mir wie<br />
ein Sohn sein.« Sie aber flüsterte ihm ins Ohr: »Ich bin kein Bursche,<br />
ich bin ein Mädchen.« Der Zar, der nicht verheiratet war,<br />
nahm sie zur Frau. Und so wurde die Hirtin durch ihre Klugheit<br />
Zarin.<br />
Aus: Das große Märchenbuch. Gesammelt und mit einem Nachwort<br />
von Christian Strich, 2007, Diogenes Verlag AG Zürich (gekürzt)