Forschungsreport Daten – Innovation – Privatheit
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
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Da sind wir beim Thema Datenkultur. Worauf kommt
es dabei an?
Man muss sich klar machen, was es heißt, eine datengetriebene
Organisation zu werden. Es reicht nicht, Data Scientists und
KI-Experten einzustellen. Es geht um einen Transformationsprozess,
dem ein massives Umdenken vorangehen muss. Gleichzeitig
muss man immer auch im Blick behalten, welche Handlungen
man aus den entsprechenden Daten ableiten will. Dieser Schritt
fehlt häufig. Und Unternehmen müssen lernen, wie sie nicht nur
die Potenziale ihrer Daten erkennen können, sondern auch deren
Grenzen. Das ist ein iterativer Prozess, der nie abgeschlossen sein
wird.
Für Sie ist Data Literacy die Schlüsselqualifikation
des 21. Jahrhunderts. Was verbirgt sich
dahinter?
Das Konzept umfasst eine Reihe von Fähigkeiten, die künftig jeder
Mensch brauchen wird, um in einer zunehmend datafizierten Welt
souverän agieren zu können. Data Literacy ist mehr als Datenverarbeitung
und -analyse im engen Sinne. Für mich startet es mit
einer Fragestellung in der realen Welt – einer unternehmerischen,
politischen, gesellschaftlichen oder auch wissenschaftlichen. Im
Vorfeld muss ermittelt werden: Inwiefern lässt sich diese Frage
mit Hilfe von Daten beantworten? Welche Expertise brauche ich
dafür? Dann erst beginnt das, was wir landläufig unter Datenkompetenzen
verstehen, also Daten beschaffen, aufbereiten und
analysieren. Data Literacy beinhaltet auch, Daten im Kontext interpretieren
und vor allem Handlungen aus diesen Daten ableiten
und deren Ergebnisse evaluieren zu können.
Wie können Unternehmen ihre Beschäftigten in
puncto Data Literacy befähigen?
Sie sollten zunächst identifizieren, welche Aufgaben diejenigen
haben werden, die mit dem Thema Daten oder Künstliche Intelligenz
in Berührung kommen könnten, und hieraus Kompetenzen
ableiten, die sich auf diese Jobs und Rollen beziehen. Auf dieser
Basis können dann Pläne und Instrumente für die Weiterbildung
entstehen. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit sogenannten
Smart Data Labs gemacht. Sie zielen darauf, sich Data Literacy direkt
in der Praxis anzueignen. Sie sind Innovations- und Lernlabore
zugleich, die gezielt die Frage beantworten wollen: Wie kann man
Innovation aus Daten schaffen? Idealerweise lösen sie nicht nur
eine inhaltlich-technische Aufgabe, an deren Ende ein Prototyp
steht, der weiterentwickelt werden kann oder auch nicht. Sie helfen
auch dabei, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Datenpotenziale
in der Organisation vorhanden sind, und sie stoßen
einen interdisziplinären Lernprozess zum Umgang mit Daten an.
Sie plädieren also dafür, in kleineren Lernräumen
anzusetzen?
Natürlich ist es die theoretisch beste Lösung, einen ganzheitlichen
Datenstrategieprozess anzustoßen. Aber nach meiner Erfahrung
funktioniert das nicht überall. Das Tagesgeschäft läuft weiter und
es fehlen Freiräume. Deswegen ist es oft klüger zu sagen: Wir entzünden
erst einmal eine kleine Flamme, aus der dann später vielleicht
ein großes Feuer der Begeisterung für Daten werden kann.
Das Gespräch führte Dr. Jutta Witte
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Wie kann man Data Literacy fördern?
Es gibt momentan viele Willenserklärungen, erste Ansätze und
auch tolle Projekte, um Data Literacy zu fördern. Ich würde mir
dennoch eine breitere Perspektive wünschen. Dazu gehört auch,
dass man Datenethik und Werthaltungen in jedem Prozessschritt
der Wertschöpfung aus Daten mitdenkt mit dem Ziel, für die Gesellschaft
das Richtige zu tun. Wer Data Literacy voranbringen
will, darf also nicht nur auf die handwerklich-technische Ebene
eingehen. Er muss bewusst auch die gesellschaftlichen Herausforderungen
einbeziehen.
IMPULSE