Forschungsreport Daten – Innovation – Privatheit
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
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achtwöchigen Sprints. Nach jedem Sprint holen sie das Feedback
des Lenkungskreises ein, eines sozialpartnerschaftlich besetzten
Gremiums auf Managementebene. Dennoch ist kein Lab wie das
andere. Welche Themen im Fokus stehen, wie sie bearbeitet und
erprobt werden, liegt allein in den Händen des Teams. Die beteiligten
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen begleiten die Labs
„nur“ als Beratende, Moderatoren und Coaches.
Ein Lab geht online
Für einige im Software-AG-Lab bedeutete diese neue Form der beteiligungsorientierten
Gestaltung einen Sprung ins kalte Wasser.
Zum einen, weil sie als Softwareentwickler und -entwicklerinnen
plötzlich Teil eines Forschungsvorhabens wurden, das nicht primär
technisch ausgerichtet, sondern vor allem sozialwissenschaftlich
getrieben war. Zum anderen, weil sie eine eigene Dynamik und
Routinen für die Zusammenarbeit finden und ihr Arbeitsprogramm
immer wieder neu entwickeln mussten. Eine echte Herausforderung
– vor allem In Pandemiezeiten. „Ich habe gedacht: So ein
Lab – während Corona – mutige Sache“, erinnert sich Christopher
Weiß. Ein halbes Jahr haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung
(ISF) München, von der Ludwig- Maximilians-Universität München
(LMU) und der TUM sowie die beiden Projektkoordinierenden
bei der Software AG, Christian Gengenbach und Klotilda Muca,
investiert, um ein Gestaltungsinstrument, das bislang immer von
Präsenz gelebt hat, in den virtuellen Raum zu verlegen. Nicht nur
das zweitägige Kick-off, bei dem die Beschäftigten der Software
AG ihre gemeinsame Vision entwarfen und die entscheidenden
Weichen für die Gestaltungsarbeit der nächsten Monate stellten,
lief komplett über die Kollaborationsplattform Mural, sondern
auch alle Synchronisationstreffen, Retrospektiven und die regelmäßigen
Feedbackrunden mit dem Lenkungskreis. Irgendwann
wurde die Online-Zusammenarbeit für die beiden Teams, deren
Mitglieder sich zum Teil zuvor nicht einmal kannten, zur Routine.
Und auch wenn alle zwischenzeitlich für mehr Face-to-face-Arbeit
ihr Homeoffice gerne einmal verlassen hätten: Im Nachhinein
sehen viele Beteiligte das „Lab remote“ und den intensiven und
lebendigen Austausch im Informationsraum durchaus als Gewinn.
alte Denkmuster verlassen und individuelle Anwendungen ausdiskutieren
müssen und der nur Akzeptanz finden wird, wenn er
konkrete praxisbezogene Mehrwerte erzeugt und eine Kultur des
Vertrauens herrscht. Nach der Konsolidierung der Umfrageergebnisse
und der Evaluierung von Befragungen und Use Cases in
Workshops mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Betriebsräten
können die Teams eine positive Bilanz ziehen. Von vier angedachten
Szenarien haben sich zwei als besonders aussichtsreich
erwiesen. Der Use Case „Process Visibility“ musste am Ende zwar
aus Zeitgründen zurückgestellt, könnte mit mehr Programmierarbeit
aber weiterentwickelt werden. Und die „Selbstauskunft“ hat
inzwischen so weit Gestalt angenommen, dass ihr Prototyp erfolgreich
getestet wurde und theoretisch ins produktive iTrac der
Software AG überführt werden könnte. Klar ist am Ende: Den zehn
Frauen und Männern, die das Lab vorangetrieben haben, haben
sich nicht nur völlig neue Perspektiven auf den Umgang mit Daten
geöffnet. Sie haben aus ihren Arbeitsbereichen heraus auch das
Konzept der Inversen Transparenz praxistauglich gemacht, viele
offene Fragen beantwortet und neue auf die Agenda der Software
AG gebracht. Weitergebracht hat das Lab nicht zuletzt auch jede
und jeden persönlich: „Man lernt viel über sich selbst“, sagt Juliane
Harbarth. Insofern ist Forschung für sie auch immer Inspiration.
Von Dr. Jutta Witte
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Neue Perspektiven geöffnet
Was nehmen die Teilnehmenden mit aus ihrer monatelangen Gestaltungsarbeit?
Inverse Transparenz bedeutet nicht einfach nur
„mehr Transparenz“, sondern ist ein Ansatz, der Promotoren und
Promotorinnen im Unternehmen braucht, für den alle Beteiligten
III PRAXIS