Forschungsreport Daten – Innovation – Privatheit
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
Mit Inverser Transparenz das Gestaltungsdilemma der digitalen Arbeitswelt lösen. Forschungsreport von Andreas Boes, Thomas Hess, Alexander Pretschner, Tobias Kämpf, Elisabeth Vogl (Hrsg.)
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Worauf kommt es beim Einsatz
Inverser Transparenz in der Praxis an?
• Context matters. Bei der Entwicklung und Umsetzung von
Use Cases ist das Zusammenspiel zwischen technischen
Rahmenbedingungen (Gestaltung von Arbeitssystemen),
dem organisationalen Setting (vorherrschende Führungskultur,
Gestaltung von Organisationsstrukturen und Status
der kollektiven Interessenregulation im Betrieb) sowie den
individuellen Ressourcen und Dispositionen mit Blick auf
Data Empowerment und Data Literacy zu berücksichtigen.
• Inverse Transparenz ist keine punktuelle Intervention. Das
Konzept impliziert einen ganzheitlichen Veränderungsprozess.
Der Einsatz Inverser Transparenz in der betrieblichen
Praxis muss moderiert werden und an einem gemeinsam
entwickelten Zielbild orientiert werden. Idealerweise wird
der Prozess durch eine Betriebsvereinbarung begleitet, die
Rechte und Pflichten im Umgang mit Daten festlegt und
Orientierung und Vertrauen schafft.
• Kommunikation und Vertrauen als Schlüssel. Erfolg kann
das Konzept nur haben, wenn die Chancen, die es bietet,
transparent kommuniziert werden und über konkrete Use
Cases greifbar werden. Entscheidend ist, den Mehrwert für
die beteiligten Akteure und Akteurinnen aufzuzeigen, auf
eine Win-Win-Situation hinzuarbeiten und Vertrauen durch
soziale Aushandlungsprozesse herzustellen.
Was sind unsere
Handlungsempfehlungen?
Für Entwicklerinnen und Entwickler
• Softwaredesign sollte in Zukunft stärker an der Perspektive
der Datensouveräne ansetzen und nicht nur auf die Bedarfe
der Anwenderunternehmen fokussieren.
• Entwicklerinnen und Entwickler sollten kritisch hinterfragen,
welche persönlichen Daten funktional notwendig sind,
und sicherstellen, dass Datenströme für Datensouveräne
nachvollziehbar und zuordenbar sind.
• Sie müssen dafür sensibilisiert werden, dass sie mit ihren
Entscheidungen wesentlich dazu beitragen, dass sich
Anwenderinnen und Anwender bewusst zur Nutzung ihrer
Daten verhalten können.
Für Führungskräfte
• Führungskräfte sollten zwischen statischen Kontextfaktoren
(zum Beispiel Kultur, Hierarchie, Organisationsstrukturen)
und dynamischen Kontextfaktoren (zum Beispiel
Führungs- und Qualifizierungskonzepte) differenzieren und
letztere zielgerichtet gestalten.
• Für den erfolgreichen Einsatz Inverser Transparenz müssen
Führungskräfte die Weichen in Richtung Data Empowerment
stellen – durch eine beteiligungsorientierte Führungskultur
auf Augenhöhe, eine lernförderlicher Fehlerkultur sowie
einen situativen Führungsstil, der Mitarbeitenden abhängig
von ihren individuellen Kompetenzen Freiräume öffnet.
• Führungskräfte sollten sich auf einen kollektiven Aushandlungsprozess
mit Beschäftigten einlassen, der klärt, welche
Daten wie genutzt werden sollen und dürfen und welches
Maß an Inverser Transparenz gewünscht und zielführend ist.
Die betriebliche Mitbestimmung
• Die Mitbestimmung sollte Inverse Transparenz als Instrument
erschließen, um die „Black-Box“ der betrieblichen
Datenverwendung zu öffnen. Die gesteigerte Transparenz
bietet die Chance, die eigene Handlungsfähigkeit zu
erweitern und einen privatheitsfreundlichen und vertrauensvollen
Umgang mit Daten in der digitalen Arbeitswelt
sicherzustellen.
• Datensouveränität und Data Empowerment sollten als
strategische Gestaltungsfelder der Betriebsratsarbeit
entwickelt werden, um den Übergang zur Informationsökonomie
aktiv mitzugestalten.
• Die betriebliche Mitbestimmung sollte neue Wege der
kollektiven Interessenregulation eruieren, um einen nachhaltigen
Umgang mit Daten in der digitalen Arbeitswelt zu
ermöglichen. Statt statischer a priori Regulierung, empfiehlt
sich der Einsatz prozessualer und beteiligungsorientierter
Vorgehensmodelle zu prüfen.
Kleine und mittelständische Unternehmen
• Mit der fortschreitenden digitalen Transformation wird auch
in KMU der Umgang mit datenbasierter Transparenz zum
Thema. Beim Aufbau von Datennutzungskulturen sollten
sie darauf achten, dass Informationsasymmetrien zwischen
Führungskräften und Beschäftigten vermieden werden.
• Es empfiehlt sich, eine Bestandsaufnahme zu machen,
welche Daten in digitalen Arbeitsprozessen anfallen, und zu
analysieren, wie unterschiedliche Zielgruppen diese Daten
gewinnbringend nutzen können.
• KMU sollten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigen,
souverän mit Daten umzugehen. Um Ressourcen zu
schonen, sollten KMU systematisch den Erfahrungsaustausch
mit Unternehmen unterschiedlicher Größen und
Branchen suchen. Auf diesem Weg können sie von bereits erprobten
Vorgehensmodellen und Good Practices profitieren.
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FAZIT