Brennercom Sailing Week 2022
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AKTUELL<br />
Führen oder geführt werden?<br />
Segeln als Symbol. Wir befragen zwei erfahrene Berater und<br />
Coaches, die beide gerne segeln, wo sie Zusammenhänge sehen.<br />
Radius: Führen Sie lieber oder<br />
werden geführt?<br />
Petra Gamper: Das hängt von der Situation<br />
und vom Umfeld ab. Beim Tanzen<br />
werde ich als Frau gerne geführt und<br />
kann mich den Impulsen einer starken<br />
führenden Hand anvertrauen. Beim<br />
Segeln mit einer Yacht ist es ein Teamwork,<br />
um gut voranzukommen.<br />
Manfred Trienbacher: Bin der Meinung,<br />
Führung hat auch damit zu tun,<br />
Verantwortung für Entscheidungen<br />
zu übernehmen, die nicht immer<br />
einfach sind. Ehrlich gesagt, führe ich<br />
gern, wenn die Kompetenz es zulässt.<br />
Trotzdem ist es auch sehr angenehm,<br />
in einem gleichwertigen Team zusammenzuarbeiten<br />
und die Führung einer<br />
Moderation abzugeben.<br />
Radius: Welche Rolle im Teamwork<br />
spielen Sie am liebsten?<br />
M. Trienbacher: Ich denke, Teams funktionieren<br />
dann am besten, wenn die<br />
Werte und Haltung der Teammitglieder<br />
ähnlich ist. Im Team sehe ich mich auch<br />
als Coach, um die anderen dabei zu unterstützen,<br />
das gemeinsame Ziel und die<br />
Werte zu erkennen. Dann kann man mit<br />
Leidenschaft an die Umsetzung gehen.<br />
P. Gamper: Wenn ich mich kompetent<br />
fühle, gehe ich gerne in Führung. Zum<br />
Beispiel, wenn ich Seminare halte, wenn<br />
ich Organisationsaufgaben erledige,<br />
wenn ich von Haltung – äußerer und<br />
innerer – sprechen und daran mit Menschen<br />
arbeiten und Weiterentwicklung<br />
fördern kann. Je älter ich werde, umso<br />
mehr kann ich mich auch zurücknehmen<br />
und andere führen lassen.<br />
Radius: Und welche Rolle reizt Sie auf<br />
dem Segelboot?<br />
P. Gamper: Auf den Segeltörns, die ich<br />
unternommen habe, war ich bei den<br />
„Matrosen“, also den Befehlsempfängern.<br />
Ich habe bemerkt, wie männliche<br />
und weibliche Skipper unterschiedlich<br />
Befehle erteilen. Es braucht klare Ansagen,<br />
klar. Jedoch die Art und Weise,<br />
die mitschwingende Forderung, die<br />
Dringlichkeit, das Machtgehabe äußern<br />
sich unterschiedlich im Tonfall und der<br />
Empathie des Skippers.<br />
M. Trienbacher: Dies ist eine schöne<br />
Analogie zum Thema Unternehmensführung.<br />
Es ist in erster Linie wichtig,<br />
dass jeder weiß, welche Aufgaben ihm<br />
zugeteilt sind. Wirkliches Teamwork ist<br />
dann gefragt, wenn etwas Unerwartetes<br />
passiert: Wie wird reagiert? Übernimmt<br />
jemand auch Aufgaben eines<br />
anderen Teammitglieds? Da ich selbst<br />
keine Skipper-Erfahrung habe, würde<br />
ich den Skipper dabei unterstützen, ein<br />
gutes „Wir-Gefühl“ mit Respekt und gegenseitiger<br />
Wertschätzung zu schaffen.<br />
Die Autoren<br />
Radius: Was haben Sie vom Segeln fürs<br />
Berufsleben gelernt?<br />
M. Trienbacher: Bei den Hafenmanövern<br />
habe ich gelernt, dass der<br />
Skipper mehrere wachsame Augen<br />
benötigt, sonst wird eine kleine, aber<br />
wichtige Rolle eines Teammitglieds<br />
(z.B. Fender setzen) übersehen. Im<br />
Segelteam und vor allem in beruflichen<br />
Teams ist es mir wichtig geworden,<br />
sich auf Ziele zu einigen – noch vor<br />
persönlichen Befindlichkeiten.<br />
P. Gamper: Die beeindruckendste Erfahrung<br />
hatte ich auf den Kornaten, als<br />
wir fast bei Windstille nicht den Motor<br />
anmachten, sondern unter der ruhigen<br />
Führung unserer Skipperin Butterfly segelten<br />
statt aufzukreuzen, also hektisch<br />
in Aktivismus zu verfallen. Wir kamen<br />
gut voran, obwohl es sich wie Stillstand<br />
anfühlte.<br />
Radius: Eine weitere Erkenntnis aus der<br />
Segelwelt, für das Berufsleben?<br />
M. Trienbacher: Nicht der Wind, sondern<br />
das Segel bestimmt die Richtung. Bei<br />
den Segelregatten sieht man viele unterschiedliche<br />
Strategien mit denselben bzw.<br />
ähnlichen Voraussetzungen. Erfolge und<br />
Misserfolge lösen sich ab. Jedoch Ausdauer<br />
und Teamstärke, der Zusammenhalt machen<br />
sich langfristig immer bezahlt.<br />
P. Gamper: Ja. Beim Segeln brauchst du<br />
nicht mit dem Wind zu diskutieren. Er<br />
ist so wie er ist; auch wenn er fehlt. Du<br />
brauchst ein klares Ziel, wo du hin willst.<br />
Je nach Windrichtung musst du dann die<br />
Strategie wählen (aufkreuzen, wie „scharf“,<br />
optimal wenden usw.). Wenn der Wind zu<br />
heftig wird, ist es besser, einen sicheren<br />
Hafen aufzusuchen und auf bessere oder<br />
passendere Verhältnisse zu warten.<br />
Das Segeln ist pure Lebensschule.<br />
Dr. Petra Gamper, Seminarleiterin<br />
und Coach für Haltung, Empathie<br />
und Gesundheit, Meran,<br />
www.petra-gamper.com.<br />
Dr. Manfred Trienbacher – Trienbacher<br />
Consulting unterstützt Sie<br />
Dr. Petra Gamper Dr. Manfred Trienbacher<br />
bei der Bestimmung von Unternehmenswerten und -marken sowie als Skipper bei digitalen<br />
Projekten, Eppan, www.trienbacher.com. Beide sind Kooperationspartner von vival.institute.