als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
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Ein Bericht von<br />
Daniela Franke<br />
und KBB<br />
der flugleiter 2008/01<br />
DFS Intern<br />
28<br />
Erfolgsstory: CISM in der DFS<br />
Es ist inzwischen etwa 10 Jahre her, dass die DFS mit der Entwicklung<br />
und Umsetzung eines Programms zur psychologischen Bewältigung<br />
von Stressreaktionen nach kritischen Ereignissen startete.<br />
Die Besonderheit der Tätigkeit des Fluglotsen und der<br />
ständig wachsende Luftverkehr machte es notwendig,<br />
eine für dieses Berufsfeld nutzbringende und anwendbare<br />
Form der Krisenintervention einzurichten. Jörg<br />
Leonhardt, Human Factors Experte und Referent im<br />
Sicherheitsmanagement der DFS, fand im „Critical Incident<br />
Stress Management“, CISM, die richtige Methode<br />
zur Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe.<br />
Critical Incident Stress Management kann im Deutschen<br />
etwa mit „Stressbearbeitung nach belastenden<br />
Ereignissen“ übersetzt werden. Darunter sind alle<br />
Vorkommnisse zu verstehen, die bei einem Menschen<br />
„ungewöhnliche“ Reaktionen hervorrufen.<br />
Nicht allein die Schwere des Vorfalls ist entscheidend<br />
Ausschlaggebender Faktor, so die nahezu einhellige Meinung<br />
der Fachleute, ist dabei nicht primär die Schwere,<br />
die Dramatik des Vorfalls. Wesentlich sind vielmehr die<br />
individuellen Reaktionen des mit jeweiligen Ereignis<br />
konfrontierten Mitarbeiters. Beim Betroffenen, natürlich<br />
auch bei einer Mehrzahl von Betroffenen, können derart<br />
starke emotionale Reaktionen provoziert werden, dass<br />
deren „Funktionsfähigkeit“ in mehrfacher Hinsicht, <strong>als</strong>o<br />
sowohl fachlich <strong>als</strong> auch allgemein psychisch beeinträchtigt<br />
wird. Gemeint ist damit, dass die vom jeweiligen<br />
Vorfall betroffenen Menschen sehr oft nicht ohne<br />
weiteres „zur Tagesordnung“ zurückkehren können. Die<br />
durchaus unterschiedlich vorhandenen Fähigkeiten des<br />
Einzelnen, die vorangegangene Streßsituation zu verarbeiten<br />
und zu bewältigen, reichen dazu meist nicht<br />
mehr aus. Daher ist die strukturierte Unterstützung einer<br />
außen stehenden Person notwendig, um die eigene psychische<br />
Stabilität wieder zu erlangen.<br />
Kollegen unterstützen Kollegen- das Peer Modell<br />
Um diese essentiell wichtige Unterstützung anbieten<br />
zu können, hat die DFS „Peers“ ausgebildet. Sie sind<br />
Kolleginnen und Kollegen der gleichen Berufsgruppe,<br />
die eine spezielle Ausbildung durchlaufen haben und<br />
daher eine Krisenintervention durchführen können.<br />
Alle Peers üben ihre Aufgabe ehrenamtlich aus!<br />
Jörg Leonhardt erklärt dazu, dass inzwischen für fast<br />
alle dezentralen Standorte kollegiale Berater ausgebildet<br />
wurden oder werden. Um eine hohe Vertraulichkeit<br />
zu erlangen, werden diese von der eigenen Belegschaft<br />
gewählt. Die Schulung umfasst vier fachliche<br />
Ausbaustufen, die jeweils drei Tage dauern.<br />
1. Individual Crisis Intervention and Peer Support<br />
2. Group Crisis Intervention<br />
3. Advanced Group Crisis Intervention<br />
4. Strategic Planning<br />
Alle Kurse werden von der „International Critical Incident<br />
Stress Foundation“, ICISF, zertifiziert. So ist der<br />
hohe Qualitätsstandard der Ausbildung sicher gestellt.<br />
Als CISM Interventionen werden alle vorbeugenden<br />
und begleitenden Maßnahmen bezeichnet, die Menschen<br />
bei der Verarbeitung verschiedenster Stressreaktionen<br />
nach belastenden Ereignissen unterstützen.<br />
Dies kann zum Beispiel in Form spezieller Schulungsmaßnahmen<br />
ebenso geschehen wie im Einsatz und<br />
der Durchführung verschiedener, auf die Belastungsreaktion<br />
abgestimmter Maßnahmen.<br />
CISM verhindert effektiv negative Spätfolgen<br />
Bei mangelhafter Verarbeitung der vorhandenen<br />
Störung(en) ohne CISM Intervention durch einen geschulten<br />
Peer können chronische Beschwerden auftreten.<br />
Sie äußern sich u.a. in einer starken Einschränkung der<br />
Lebensqualität, dem Abbrechen der sozialen Kontakte,<br />
in extremen Einzelfällen sogar in Form der schwer zu heilenden<br />
und in die Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheit<br />
„Post Traumatic Stress Disorder (PTSD)“ (Posttraumatisches<br />
Belastungssyndrom, PTBS).<br />
Es ist wichtig hervorzuheben, dass alle CISM-Maßnahmen<br />
keine Therapie darstellen, sondern ausschließlich<br />
der Gesundung und deren Erhalt ansonsten normal<br />
reagierender Menschen auf unnormale Ereignisse<br />
(„Critical Incidents“) dienen. CISM steht natürlich für<br />
jeden betroffenen Mitarbeiter der DFS im Bedarfsfall<br />
zur Verfügung, findet jedoch zumeist Anwendung im<br />
operativen Dienst.<br />
Kernpunkte der Krisenintervention sind:<br />
• schnelle Hilfe<br />
• meist vor Ort<br />
• normalisierend<br />
• echte Unterstützung<br />
• Aussprache von persönlich Erlebtem<br />
• Besprechen und Anerkennen der Gefühle<br />
• Gefühle werden kognitiv bearbeitet statt verdrängt/<br />
verneint<br />
• Reaktionen werden innerhalb der Gruppe ausgetauscht<br />
und kommuniziert<br />
• Reaktionen werden <strong>als</strong> normal besprochen und erlebt<br />
• Stressbewältigungstechniken werden erklärt